Universität Paderborn Fakultät für Mathematik Seminar: Geometrie Dozent: Martin Epkenhans Semester: WS 2005/06 Der Umkreis eines Dreiecks Nadine Pickert 6183259 [email protected] Carina Schmidt 6183672 [email protected] Christina Trilling 6183342 [email protected] ___________________________________________________________________ 7. Semester LS I/II Schein: Leistungsnachweis 2 Inhaltsverzeichnis 1. Existenz des Umkreises 3 2. Winkel im Umkreis 5 3. Euler-Gerade 8 4. Feuerbach-Kreis 10 Literaturverzeichnis 14 3 Kapitel 4 - § 2 Der Umkreis eines Dreiecks Sei a,b,c stets ein beliebiges Dreieck in der euklidischen Ebene E. 1. Existenz des Umkreises Existenzsatz: Es gibt genau einen Kreis durch die Punkte a, b, c, den so genannten Umkreis K= Kabc. (1) K=Kabc: [a,b,c] IxI² = [x,b,c] IaI² + [a,x,c] IbI² + [a,b,x] IcI² Es ist (2) m = mabc:= 1/(2[a,b,c]) ((IbI² - IcI²) a┴+ (IcI² - IaI²) b┴+ (IaI² - IbI²) c┴) der Umkreismittelpunkt, welcher der Schnittunkt der Mittelsenkrechten ist. Weiter ist (3) ρ = ρabc:= Ia-bI Ib-cI Ic-aI/ (2 I[a,b,c]I) der Umkreisradius. Beweis: 1) Eindeutigkeit: Klar, da sich zwei verschiedene Kreise in höchstens zwei Punkten schneiden. 2) Existenz: Variante a) Betrachte K= {x є E I (1)}. Nach dem Drei-Punkte-Kriterium gilt: a, b, c є K. Nach Division durch [a,b,c] ergibt sich nach Ausrechnen: IxI² = 2<x,m> + α mit m є E, α є R. Mit K≠ Ø und α = ρ² -ImI² (IxI² - 2<x,m> = ρ² -ImI²) ist (1) die allgemeine Gleichung eines Kreises. q.e.d. Variante b) Es gibt einen Kreis durch a,b,c Es gibt m є E und ρ > 0 mit Ia-mI = Ib-mI = Ic-mI = ρ. Falls dies gilt => m є Ma,b:= {x є E : <x - ½(a+b), a-b> = 0}, Mb,c und Mc,a. Nach § 11 Satz (4.2) schneiden sich die drei Mittelsenkrechten aber im Punkt (2). Hiernach gilt also бabc:= Ia-mI = Ib-mI = Ic-mI. Dies ist der Radius des Kreises durch a,b,c. Z.z.: бabc = ρabc. Œ sei c = 0. (da sich weder бabc noch ρabc nach (3) bei einer Translation ändern) Nach (2) ergibt sich mit der Regel der Orthogonalität: б²ab0 = 1/(4[a,b]²) I IbI² a – IaI² b I² = ((IaI IbI Ia-bI)/(2 I[a,b]I))² = ρ²ab0. q.e.d. 4 Vergleicht man (3) mit dem Flächeninhalt des Dreiecks Δ:= ½ I[a,b,c]I = ½ Ib-aI Ic-aI sinα *, so erhält man das Korollar: ρ = Ia-bI/ (2 sinγ) = Ib-cI/ (2 sinα) = Ic-aI/ (2 sinβ). Beweis: ρ = ((Ia-bI Ib-cI Ic-aI)/2)1/ (I[a,b,c]I) = ((Ia-bI Ib-cI Ic-aI)/2) 1/ (IIb-aI Ic-aI sinαI) * = Ib-cI/ (2 sinα) q.e.d. Bemerkung: (i) (ii) Entsteht das Dreieck a’, b’, c’ aus dem Dreieck a, b, c durch die Translation x → x+q, so gilt auch ma’b’c’ = mabc + q (der Mittelpunkt um q verschoben) und ρa’b’c’ = ρabc (der Radius bleibt gleich). (nachrechnen mit (2) und (3)) Für 0 ≠ α є R gilt darüber hinaus: m αa,αb,αc = α mabc ρ αa,αb,αc = IαI ρabc. 5 2. Winkel im Umkreis Definition: Sei K = {x є E : ׀x-m=׀ρ }, wähle zwei verschiedene Punkte a,b. Man kann sie auf zwei prinzipiell verschiedene Weisen, nämlich durch c und c’ auf verschiedene Seiten zu einem Dreieck mit dem Umkreis K ergänzen. Man nennt γ=θ(a-c,b-c) , γ’=θ(a-c’,b-c’) , Peripheriewinkel bzw. Umfangswinkel. Bemerkung: Nach Korollar 1 gilt für γ und γ’: sin γ = |a-b| / 2ρ = sin γ’. Satz (Umfangswinkelsatz): γ bleibt konstant, solange c auf einer Seite von avb gewählt wird. Beweis: Die Abbildung K/{a,b} |R, x θ(a-x,b-x) ist stetig. Satz: Die Summe von γ und γ’ ist π. Beweis: O.E. wähle c, c’ als Schnittpunkte der Mittelsenkrechten Mab mit K. Nach dem Satz von Thales gilt θ‘= θ(c-b,c’-b) = π/2. Mit dem Winkelsummensatz (Kapitel 3 §1 5.10) folgt: γ + γ’= π. (vgl. Abb. 62) 6 Definition: Zur Sehne durch a und b wird der Zentrumswinkel ω durch ω:= θ(a-m,b-m) definiert. (vgl. Abb. 63) Ta Proposition: Der Zentrumswinkel ω ist genau das Doppelte des kleineren der beiden Peripheriewinkel. Beweis: Wähle c als zweiten Schnittpunkt von avm mit K. Die Dreiecke a,b,m und b,m,c sind gleichschenklig (mit Schenkel ρ). Nach dem Winkelsummensatz gilt ω=2 γ, denn ω+ x = π, 2 γ+x= π. Es gilt ω<= π => 2 γ<= π => γ<= π/2 => (mit γ+ γ’= π) γ<= γ’. Definition: Sei a,b є K, a≠b, sei Ta die Tangente an K durch a. Man nennt δ := Winkel zwischen avb und Ta den Sehnen-Tangenten-Winkel. (vgl.Abb.63) Proposition: i) Sei α:= θ(b-a,m-a), so gilt: α + δ= π/2. ii) Für den Zentrumswinkel gilt : ω= π-2 α=2 δ Beweis: i) avm ist senkrecht zu Ta ii) Wegen dem Winkelsummensatz gilt ω= π-2 α. Mit δ= π/2- α (vgl. i)) folgt ω=2 δ. 7 Korollar: Der Sehnen-Tangenten-Winkel stimmt mit dem Peripherienwinkel über der Sehne überein, also gilt δ= γ. kleineren der beiden Beweis: Es gilt α+ δ = π/2 (wegen dem Winkelsummensatz gilt) 2 α+2 δ = π 2 α+ ω = π Durch Gleichsetzen der beiden Gleichungen folgt: ω=2δ Nach 2.6 gilt: ω=2 γ und somit folgt: 2γ=2δ γ=δ Bemerkung: Aus dem Beweis geht hervor, dass der kleinere der beiden Peripheriewinkel auf dem Bogen des Kreises liegt, der auf derselben Seite der Sehne wie der Mittelpunkt des Kreises liegt. 8 3. Die Euler-Gerade Satz (Euler-Gleichung): Mit s = ⅓ (a+b+c) Schwerpunkt, * h = 1/ [a,b,c] ∙ ( <a,b-c> a┴ + <b,c-a> b┴ + <c,a-b> c┴) Höhenschnittpunkt und m wie in (1.1) (2) Umkreismittelpunkt des Dreiecks a,b,c gilt: 3s = h + 2m, die so genannte Euler-Gleichung. Beweis: o.E.: Sei m = 0. (denn: s, h und m vermehren sich bei einer Translation x → x+q jeweils um q. Beide Seiten der Behauptung vermehren sich also um 3q, d.h die Euler-Gleichung ist invariant gegenüber Translationen.) Also IaI = IbI = IcI. (denn: Es gilt: Ia-mI = Ib-mI = Ic-mI) Die Höhe durch c hat die Geradengleichung <x-c,a-b> = 0. (denn: Die Höhe durch c steht senkrecht auf avb.) Setze q := a+b+c = 3s. Dann gilt: <q-c,a-b> = <a+b,a-b> = IaI² – IbI² = 0. (1. Bilde das Skalarprodukt von q-c und a-b. 2. q = a+b+c 3. ausrechnen 4. IaI = IbI ) => q = 3s liegt auf der Höhe durch c. (denn: <x-c,a-b> = <q-c,a-b> = 0; gleiche Geradengleichung) Analog liegt q dann auch auf den Höhen durch a und b. => h = q = 3s. q.e.d. Korollar: Folgende Aussagen sind äquivalent: (i) Zwei der drei Punkte h,s,m sind gleich. (ii) Alle drei Punkte h,s,m sind gleich. (iii) Das Dreieck a,b,c ist gleichseitig. Beweis: (i) => (ii): Verwende die Euler Gleichung => Behauptung. (z.B. h = s => 3s = s + 2m <=> 2s = 2m <=> s =m) q.e.d. (ii) => (iii): o.E.: Sei m = 0 = s, (denn: Begründung siehe Beweis 3.1) also IaI = IbI = IcI und a+b+c = 3s = 0. 1. Bilde das Skalarprodukt mit a und b, also IaI² + <a,b> + <a,c> = 0 und <b,a> + IbI² + <b,c> = 0. 2. Subtrahiere die beiden Gleichungen voneinander. IaI² + <a,b> + <a,c> – (<b,a> + IbI² + <b,c>) = 0 <a,c> – <b,c> = 0 (denn: IaI = IbI und <a,b> = <b,a>) => <a,c> = <b,c> Analog:<a,c> = <a,b>. (Bilde das Skalarprodukt mit b und c.) => <a,b> = <b,c> = <a,c> Damit ergibt sich: Ia-bI = Ib-cI = Ic-aI. q.e.d. 9 (denn: Skalarprodukte sind gleich => Winkel im Dreieck sind = 60° => Gleichseitigkeit) (iii) => (i): o.E.: Sei m = 0, also IaI = IbI = IcI. Aus der Gleichseitigkeit folgt wieder: <a,b> = <a,c> = <b,c>. Mit * (siehe Satz 3.1) folgt: h = 0. (ausrechnen) (z.B. <a,b-c> = <a,b> - <a,c> = 0) q.e.d. Satz von Euler: In einem nicht-gleichseitigen Dreieck liegen Höhenschnittpunkt, Schwerpunkt und Umkreismittelpunkt auf einer Geraden, der so genannten Euler-Geraden. Beweis: Nach der Euler-Gleichung in 3.1 gilt: h = 3s – 2m = s + 2(s-m) є G(s, s – m) = svm. q.e.d. 10 4. Der Feuerbach-Kreis Definition: In einem Dreieck a, b, c є E sind die Seitenmitten durch ½ (a+b), ½ (b+c) und ½ (c+a) gegeben. Den Kreis durch diese Seitenmitten nennt man den Feuerbach-Kreis des Dreiecks a, b, c. Satz (Feuerbach-Gleichung): Sei f der Mittelpunkt des Feuerbach-Kreises, dann gilt 3s = m + 2f, die so genannte Feuerbach-Gleichung. Beweis: Œ sei s = 0. (wegen Translation x → x + q Vermehrung beider Seiten um 3q => Gleichung invariant gegenüber Translation) Für die Seitenmitten gilt dann - ½ c (Seitenmitte von a, b), - ½ a, - ½ b. * (a+b+c = 3s = 0 a+b = -c ½ (a+b) = - ½ c, für die anderen Seitenmitten analog) Da der Mittelpunkt eines Kreises durch drei Punkte a, b, c nach Kapitel 1, Bemerkung (ii) homogen vom Grad 1 von diesen Punkten * abhängt, folgt f = - ½ m. q.e.d. Korollar: Es sind äquivalent: (i) Zwei der Punkte s, m, f sind gleich. (ii) Alle drei Punkte s, m, f sind gleich. (iii) Das Dreieck a, b, c ist gleichseitig. Beweis: Folgt aus dem Vergleich mit Korollar (3.2). Im Folgenden sei das Dreieck a, b, c nicht gleichseitig. 11 Lemma: Der Mittelpunkt f des Feuerbach-Kreises des Dreiecks a,b,c, liegt auf der EulerGeraden in der Mitte zwischen Umkreismittelpunkt m und Höhenschnittpunkt h, also: f = ½ (m + h). Beweis: Die Behauptung folgt aus Gleichsetzen der Feuerbach- und Euler-Gleichung. (3s = m + 2f = h + 2m = 3s <=> 2f = h + m <=> f = ½ (h + m) ) Korollar: Die Abstände der Punkte h,f,s,m verhalten sich wie 3:1:2. Beweis: Eliminiert man m aus der Feuerbach- und der Euler-Gleichung und schreibt die Feuerbach-Gleichung um, so folgt: f – h = 3 (s – f) und m – s = 2 (s – f). (Feuerbach: m = 3s – 2f <=> m – s = 2s – 2f <=> m – s = 2 (s – f) Euler: m = ½ (3s – h) Gleichsetzen: 3s – 2f = ½ (3s – h) <=> 6s – 4f = 3s – h <=> 3 (s – f) = f – h ) Der Übergang zur Betragsschreibweise liefert die Behauptung. q.e.d 12 Lemma: Der Radius ρ(f) des Feuerbach-Kreises ist gleich der Hälfte des Umkreisradius ρ. Beweis: Umschreiben der Feuerbach-Gleichung ergibt: m – a = 2 ( ½ (b+c) – f), also ρ =2∙ ρ(f). ( m = 3s – 2f <=> m = a+b+c – 2f <=> m – a = b+c – 2f <=> m – a = 2 (½ (b+c) – f) ) q.e.d. Lemma: Die Mitten der Höhenabschnitte zwischen Höhenschnittpunkt h und zugehörigem Eckpunkt (in Abb. 66 gekennzeichnet mit ●) liegen auf dem Feuerbach-Kreis. Beweis: Eliminiere m aus der Feuerbach- und Euler-Gleichung. => 4f = 3s + h. (m = 3s – 2f und m = ½ (3s – h) => 3s – 2f = ½ (3s – h) <=> 3s + h = 4f ) Hieraus ergibt sich: f – ½ (a+b) = ½ (h+c) – f. ( 4f = 3s + h => 4f = a+b+c + h <=> 2f = ½ (a+b+c + h) <=> f – ½ (a+b) = ½ (h+c) – f ) q.e.d. Lemma: Die Fußpunkte der drei Höhen (in Abb. 66 gekennzeichnet mit x) liegen auf dem Feuerbach-Kreis. Beweis: Ziehe durch f und m je eine Parallele F bzw. M zur Höhe H (siehe Abb. 66). Der Schnittpunkt p ist Mitte der Seite avb. Nach Lemma 4.4 und dem Strahlensatz gilt: Ip – qI = Iq – rI. Für die Dreiecke p,q,f und r,q,f folgt mit dem Satz von Pythagaros: If – pI = If – rI. Mit p liegt dann auch r auf dem Feuerbach-Kreis. (mit r Höhenfußpunkt von der Höhe durch c) (Analog wird gezeigt, dass die anderen beiden Fußpunkte der Höhen auf dem Feuerbach-Kreis liegen.) 13 Satz von Feuerbach: In einem Dreieck liegen die Seitenmitten, die Mitten der Höhenabschnitte (●) und die Fußpunkte der Höhen (x) auf einem Kreis ( 9-Punkte-Kreis). Korollar: Die Dreiecke a,b,c und a,b,h haben den gleichen Feuerbach-Kreis. Beweis: Beide Kreise haben den Punkt p = ½ (a+b) und die Mitten der beiden Verbindungsgeraden von h nach a und nach b gemeinsam. (denn: Zwei verschiedene Kreise schneiden sich in höchstens zwei Punkten. Aber: drei gemeinsame Punkte => Eindeutigkeit.) 14 Literaturverzeichnis Koecher, M., Krieg, A. (2000). Ebene Geometrie. 2.Auflage. Springer-Verlag. Berlin, Heidelberg, New York.