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3. Krebs Symposium in Bad Salzhausen 2006
„Gibt es eine Wende in der Krebstherapie? - Individuell
abgestimmte Behandlung oder Standardtherapie?“
Ziel des Symposiums ist eine kritische Betrachtung moderner
Krebstherapien, um so eine individuelle und gezielte Behandlung zu
ermöglichen, welche die gesunden Zellen des Körpers schont.
Mit den Begrüßungsworten verband Dr. Herzog den Hinweis an die Besucher: Wenn
ich sie auffordern würde Ihren rechten Schuh mit Ihrem jeweiligen Nachbarn zu
tauschen, würden Sie sofort erkennen, das passt nicht, denn unsere Körper sind
nicht standardtisiert. Genauso ist es mit der Krebstherapie. Ziel ist ein neues Denken,
ein Wandel in der Therapie: Die individuelle Therapie für den einzelnen Patienten.
1. Vortrag Prof. Dr. rer. nat. Dr. med. Nikolas Zamboglou, Städt. Klinikum
Offenbach, Chefarzt der Strahlenklinik - Interstitielle Bestrahlung:
Erfolsgchancen auch bei vorbehandelten Patienten?
aus dem Inhalt:
Die Strahlentherapie als eine der drei Säulen der konservativen Tumorbehandlung
kann dank neuer Technologie gezielt wie das Messer des Chirurgen eingesetzt
werden. Das Versagen von Standardtherapien sei die größte Herausforderung für
den Arzt.
Bei 4000 behandelten Prostatakrebspatienten sei die Therapie bei jedem Patienten
unterschiedlich geplant und durchgeführt worden. Mit seiner Brachytherapietechnik
sei eine hohe Bestrahlungs-Einzeldosis bis 5 Gy mitten im Tumor möglich, jedoch
nur in Weichteiltumoren, nicht bei Knochentumoren und auch nicht bei Pankreas
(Gefahr der Perforation).Therapieresistenzen bei Tumorzellen können nach seinen
Worten mit großer Genauigkeit überwunden werden, denn mit dieser Methode
können Subvolumina, d.h. unterschiedliches krankes Gewebe im Tumor
unterschiedlich stark bestrahlt werden. In Zukunft würde noch mehr individualisiert.
Die rechtzeitige Entdeckung des Rezidivs sei von größter prognostischer Bedeutung
hinsichtlich der Lebenszeitverlängerung.
Anhand eindrucksvoller, teils bewegender Dias erläuterte Prof. Z. die Technik, die
Krankheitsverläufe und die Erfolge der interstitiellen Brachytherapie an
austherapierten Patienten am Klinikum Offenbach, Patienten, wo Chemotherapie
oder andere Therapien nach seinen Worten nicht mehr wirkten.
Auf Nachfrage bestätigt Prof. Z., dass die GKV die Kosten dieser Behandlung
übernehmen würde.
2. Vortrag Prof. Dr. med. Gundram Jung, Gruppenleiter Sektion für
experimentelle Immuntherapie, Universität Tübingen - Antikörper in der
Onkologie: Perspektiven einer zielgerichteten Therapie
aus dem Inhalt:
„Antikörper sind die individualisierten „Messer“ des Immunologen und nicht
vergleichbar mit Zytostatika. Das ist eine andere Welt!“ betont der Referent.
Ohne Antikörper, die nicht vom Chemiker stammen würden und die auch nicht zur
Bekämpfung des Krebses gemacht worden seien, gäbe es z.B. keine
Tumormarkertests. Antikörper seien keine Zellgifte wie die Zytostatika
Die Antikörper binden zunächst an den Tumorzellen an. Dabei besetzten/blockieren
sie Bindungsstellen auf den Tumorzellen, erst dann aktivieren sie eine Kaskade von
zunächst einmal körpereigenen anderen Mechanismen zur Tumorbekämpfung. D.h.
das eigene Immunsystem muss jetzt erkennen, wo und welcher Eindringling befindet
sich in meinem Körper, die eigentliche Tumorbindung des Antikörpers tötet den
Tumor nicht! Wichtig ist aber für die Onkologen die Klärung der Frage: Hat der
Patient überhaupt diese Antikörper auf seinen Tumorzellen?
Hier wird noch viel geforscht. Probleme sei, die Therapien würden auf kranke, wie
auf gesunde Zellen einwirken und leider nicht bei allen Patienten wirksam sein. Ein
weiters Problem sei, dass die bisherigen Modelle in Tierversuchen funktionieren
würden jetzt aber erst noch humanisiert werden müssten. Ein weiteres Problem:
Durch die Kopplung der Medikamente an radioaktive Substanzen oder an Zytostatika
wirken Medikamente im ganzen Körper. Sie sollen aber nur am Ziel wirken.
Abschließend merkte Dr. Jung an: Antikörper sind neue Substanzen zur
Krebsbekämpfung, die aber noch besser und billiger werden müssen. In diesem
Zusammenhang erläuterte Dr. J. die dramatische Situation mehrerer englischer
Patienten als Testpersonen bei der Entwicklung neuerer Medikamente
Ärgerlich in dem Zusammenhang seien Pressemeldungen, wo zum wiederholten
Male der Sieg über den Krebs verkündet würde.
Befremdlich wirkte sein Demarche gegen die Bürokratisierung in der
Medizinforschung und sein „Anstiften“, Selbsthilfegruppen sollten nach
amerikanischem Vorbild Druck auf staatliche Ebenen ausüben, Medizinforschung zu
erleichtern.
3. Vortrag Frau Dr. med. Jutta Hübner, Chefärztin der Onkologie in der
Habichtswald-Klinik Kassel - Biologische Krebstherapie - relevante Stärkung
des Immunsystems?
In einer launigen Darstellung erläutert die Referentin ihre Auseinandersetzung mit
dem Thema, wobei sie eine Verknüpfung zur Anzahl der Studien im jeweiligen
Themenbereich herstellte. Immunsystem und Krebs würden häufig eng
zusammenhängen. Tumore würden sich „entwickeln“ aus überlebenden Tumorzellen,
die dem Angriff des Immunsystems entkommen seien. Frau Dr. Hübner nannte das
Escape-Mechanismus. Tumorzellen würden deshalb immer intelligenter versuchen,
das Immunsystem „auszutrixen“. Hilfreich sei deshalb, das unter der
Krebserkrankung und der Schulmedizin leidende Immunsystem zu stärken und in
seinem Kampf gegen die Krebserkrankung zu unterstützen. „Immunzellen benötigen
für ihre Arbeit wichtige Inhaltstoffe der gesunden Ernährung wie Vitamine und
Spurenelemente“
Unter der Chemotherapie komme es meistens zu einem Abfall der weißen
Blutkörperchen. Es gibt nach ihren Worten Hinweise, dass eine gesunde,
ausgewogene Ernährung die Blutbildung unterstützen. Wesentliche Bestandteile der
Stabilisierung körpereigener Kräfte und des Immunsystems seien in der
Habichtswald-Klinik deshalb u.a. die Nahrungsergänzung sowie der gezielte Einsatz
von Mistel-Präparaten mit Wirkung auf die Lymphozyten und Verbesserung der
Endorphinsynthese
Misteltherapie würde jedoch nur bei mehrjähriger Anwendung wirken, ein Jahr reiche
nicht aus. Die Zurückhaltung der Ärzte hinsichtlich der Misteltherapie habe mit der
Studienlage zu tun. Nur 2 oder 3 Mistelstudien entsprächen dem wissenschaftlichen
Standard. Insgesamt seien die Studienergebnisse eher unterschiedlich und keine sei
dabei, die bei strenger Bewertung einen direkten Vorteil für den Patienten erbringen
würde
Die meisten der heute angewandten Tumortherapien wie z.B. die Chemotherapie
und die Strahlentherapie würden eher zu einer Unterdrückung des Immunsystems
führen. Die Gabe von Mistel habe Immunauswirkung und erziele eine positive
Wirkung auf das gesamte Stimmungsbild und die Durchhaltekraft des Patienten.
Diese endorphine Auswirkung spüre der Patient positiv z.B. im Zusammenhang mit
den Problemen bei einer Chemotherapie. Möglicherweise sei das dann auch der
Grund, warum die Misteltherapie immer wieder als wirkungsvoll propagiert würde.
Thymus nannte die Referentin die Schule des Immunsystems, weil der
Thymuskomplex sich in jungen Jahren entwickle. Es gäbe einen Synergieeffekt bei
der Chemotherapie mit 5 FU durch Thymuspräparate.
Auf die Enzyme, die den Stoffwechsel beeinflussen, ging die Referentin nicht weiter
ein. Als weitere Immunstimulantien nannte die Referentin
Faktor AF2
Chinesische Pilze
Orthomolekulare Ernährung
Echinazea
Aloe
Noni
Enthalten seien in diesen Substanzen zwar wichtige Bestandteile, deren nachhaltige
Wirkung auf das Immunsystem zumeist noch unbekannt sei. das würde
insbesondere für hochdosierte NE. Bzgl. Anwendung der chinesischen Pilze gäbe es
keine hier verwertbaren Daten. Es scheine aber so, dass die Verträglichkeit von
Chemotherapien bei Einsatz dieser Mittel besser werde. Allerdings würde sich jetzt
aber mehr die Frage stellen: Sollen NE in Tablettenform eingenommen werden oder
wäre es vorteilhafter das Mittagessen anders zusammenzustellen.
Bei Selen führte die Referentin aus: „Wir wissen noch nicht genau die Auswirkung
auf den einzelnen individuellen Patienten!“
Zusamenfassend meine die Referentin, man könne sagen, dass es Hinweise auf
eine Überlebenszeitverlängerung gäbe, jedoch einschränkend „könnte“, Daten und
verwertbare Kennzahlen seien unklar und Beweise gäbe es noch nicht. Die
Therapieergänzungen seien am ehesten mit einem „Blackboxdenken“ zu
kennzeichnen. Es sei aber sicher, dass es einen Einfluss auf
Nebenwirkungserscheinungen und Folgeerscheinungen von Chemotherapie gäbe
„….und das ist doch auch etwas!“
Einzel-Stellungnahme der Referentin bei der nachfolgenden Diskussion mit dem
Publikum:
WobeMugos sei ein pflanzlich/tierisches Kombinationspräparat, das u.a. wegen BSE
vom Markt genommen worden sei.
Bei der Anwendung der Misteltherapie während der Chemo- oder Strahlentherapie
müsse bedacht werden, dass die Mistel eine positive/endorphine Situation auslöse,
während die Chemo bzw. ST suppressiv also entgegengesetzt wirke? Hier müsse
gefragt werden: Nützt das dem Patienten?
NE solle bei Chemotherapie oder auch überhaupt nicht langfristig zugeführt werden,
wohl jedoch nach OP, wenn Patient z.B. nicht richtig essen kann
Insbesondere hochdosierte NE verschieben u.U. wichtige Immunfunktionen zum
Schaden des Patienten (nachteilig). Vitamine und Spurenelemente seien zum Teil in
der Lage, die Wirksamkeit von Chemotherapiemitteln oder einer Bestrahlung negativ
zu beeinflussen.
Bei Allergien und bei Leukämien keine Misteltherapie
An Selen benötigt der Körper 75 µg pro Tag maximal. Besser als Tabletten seien
Paranüsse. Sie haben viel Selen.
4. Vortrag Dr. med. Alexander Herzog, Chefarzt der Fachklinik für integrative
Krebstherapie in Bad Salzhausen - Chemotherapie im Jahr 2006: Niedrigere
Dosis bei gleichem Nutzen?
Dr. Herzog stellt an den Anfang seines Vortrages die Frage: Wem nützt die
Chemotherapie? Wer zieht aus der adjuvanten Chemotherapie Nutzen? Nur bei 7%
der Patienten würde Chemotherapie erfolgreich verlaufen. Bekannt sei auch, dass
Chemotherapie entsprechend dem „Dilemma“ der Zellteilungsphasen manchmal nur
wenige Minuten oder nur wenige Stunden wirken würde. Und schwierig sei die
Chemotherapie wenn es um die Bioverfügbarkeit, die Verteilung im Körper, den
Transport in die Zellen, den Wirkungsort und die Repairmechanismen gehen würde.
„Und dann das Problem: Zum Schluss bleiben die unempfindlichen Zellen übrig.“
Unwägbar sei auch die zeitliche Verzögerung zwischen Therapie und Wirkung,
„….manchmal bis zwei Monate“ und die Biologie der jeweiligen Tumorerkrankung
„…Tumore sind unterschiedlich!“ Anders als bei Antibiotika oder anderen
Medikamenten seien bei Chemotherapien die Dosierung und deren Dauer zu
betrachten. „Viel hilft viel“ sei nicht unbedingt zutreffend, denn „…viel zerstört auch
viel!“.
Dr. Herzog stellt als Konzepte bzgl. der niedrigdosierten Chemotherapie folgende
Überlegungen in den Raum:
1. niedrigdosierte Standarddosis und Standardintervalle
2. niedrigere aber häufigere Einzeldosen, wobei die Addition der Einzeldosen
durchaus auch schon mal in der Summe höher liegen kann als die Summe der bei
Standarddosis verabreichten Medikamente
3. täglich sehr kleine Dosen und durchgehend therapieren (metronomisch). Von
dieser Sichtweise, räumt der Referent ein, „…..bin ich nicht so ganz überzeugt“.
Es müssten auch die Kosten betrachtet werden. Medikamenten-Neuentwicklungen
würden immer teurer. Früher kostete eine Chemotherapie 1000 Euro heute 20.000.
Es würden sich die Fragen stellen:
Wer bezahlt das? und
Führt das demnächst zu Verteilungskämpfen?
Es folgte eine Darstellung der Studiensystematik.
Dr. Herzog schloss ab mit Überlegungen zu einem individuellen, patientenzentrierten
Ansatz der Therapien, zu Therapien mit weniger Nebenwirkungen und der
Überlegung, ob statt Zerstören des Tumors die Tumorwachstumskontrolle (…“der
Tumor wächst nicht mehr!“) ein Therapieziel sein könne, zumal in vielen Fällen
ohnehin nur eine Reduzierung der Tumormasse als Ergebnis von Therapien erzielt
werden könne.
Bielefeld, 02.04.2006
Wolfhard D. Frost
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