1 Film als Medium der Gedächtnisbildung – Zum Täter-OpferDiskurs in Roland Suso Richters Dresden Inhaltsverzeichnis Seite 1 Film als Gedächtnismedium – Zur Zielbestimmung ………………… 4 2 Methodologischer Ansatz und Forschungsstand…………………...... 5 2.1 Gedächtnis und Erinnerungskulturen ……..…………………………............ 5 2.2 Individuelles und kollektives Gedächtnis nach Maurice Halbwachs………. 6 2.3 Pathosformeln und europäisches Bildgedächtnis nach Aby Warburg……… 8 2.4 Erinnerungsorte nach Pierre Nora………....................................................... 10 2.5 Das kulturelle Gedächtnis nach Aleida und Jan Assmann………………….. 12 2.5.1 Kommunikatives und kulturelles Gedächtnis…………………….... 12 2.5.2 Gedächtnis als ars und vis, Funktionsgedächtnis und Speichergedächtnis………………………………………………… 14 2.6 Film als Medium des Gedächtnisses………………………………………… 15 3 Filmische Perspektivierung………….………………………………… 16 3.1 Sequenzplan…………………………………………………………………. 16 3.2 Figuren und Figurenkonstellationen……………………………………….... 20 3.2.1 Figurales Denken, Fühlen und Handeln……………………………. 21 3.2.2 Motivierung………………………………………………………… 24 3.2.3 Figuren und ihr soziales Umfeld…………………………………… 25 3.3 Erzählperspektive und Erzählhaltung………………………………………. 27 3.4 Raumentwurf………………………………………………………………... 30 3.5 Zeitgestaltung……………………………………………………………….. 31 3.6 Das Verhältnis zwischen dem Erzählten und dem Erzählen - Fazit………… 33 4 Praktischer Teil.………………………………………………………. 34 4.1 Didaktisierungsvorschlag Nr.1…………………………………………….... 34 4.2 Didaktisierungsvorschlag Nr.2……………………………………………… 38 5 Zusammenfassung……………………………………………………… 42 6 Literatur………………………………………………………………… 43 2 1 Film als Gedächtnismedium – Zur Zielbestimmung Ein solches Inferno hat es auf dem Bildschirm noch nicht gegeben. Es ist beschrieben, es ist dokumentiert, aber es ist in dieser Weise noch nicht gezeigt worden, was es heißt, wenn eine Stadt im Bombenhagel niederbrennt. Was es heißt, moralisch und physisch alles verloren zu haben. Was es heißt, in der Nacht des 13. Februar 1945 in Dresden gewesen zu sein.1 Die Untersuchungen zum Thema ,,Täter-Opfer-Diskurs‘‘ waren schon immer ein großes Thema in der Literaturwissenschaft. Der Begriff ,,Tätervolk“ bezieht sich auf eine These einer Kollektivschuld, die besagt, dass ein Volk als Ganzes für verbrecherische Taten eines Teils seiner Angehörigen verantwortlich ist. Einen Gegensatz zu dieser Definition bildet der Begriff ,,Opfer“, die geschädigte Person eines Verbrechens bezeichnet. Opfer können natürliche, juristische Personen oder Volksgruppen sein.2 Der Begriff ,,Dresden“ hat sich im Rahmen der großen Katastrophe des Zweiten Weltkriegs tief ins kollektive Gedächtnis eingegraben. Jede Nation bzw. Gesellschaft entwickelt im Laufe der Jahre ein kollektives Gedächtnis. Eine ganz bestimmte Vergangenheitsform wird erzeugt, wenn wir uns erinnern, wenn wir Zugang zur Vergangenheit haben. Literatur und Gedächtnis sind stark miteinander verbunden. Über Vergangenheit erfährt man aus Literatur. Sie vermittelt die Informationen über verschiedene Ereignisse, die in der Vergangenheit stattgefunden haben. Es entstehen immer mehr Texte, um den Menschen die Geschichte näher zu machen, zu vermitteln. Als Medium des Gedächtnisses bzw. der Vergangenheit gilt auch der Film. In dieser Arbeit wird der Einfluss der Vergangenheit auf das Gedächtnis am Beispiel des Films ,,Dresden‘‘ dargestellt. 1 Hanfeld, Michael: Über die Bombardierung von Dresden im Februar 1945. Internetseite: www.faz.net, Stand vom 16. März 2008. 2 Vgl. Internetseite: www.wikipedia.org/wiki/Täter/Opfer, Stand vom 30. März 2008. 3 2 Methodologischer Ansatz und Forschungsstand 2.1 Gedächtnis und Erinnerungskulturen Das Konzept des kollektiven Gedächtnisses stammt von dem französischen Philosophen und Soziologen Maurice Halbwachs. Der Begriff des kollektiven Gedächtnisses bezeichnet eine gemeinsame Gedächtnisleistung einer Gruppe von Menschen. Es nimmt Bezug auf die gegenwärtigen sozialen Verhältnisse und wirkt individuell auf eine Gruppe von Menschen.3 Das Gedächtnis hat einen prozesshaften Charakter, der von dauerndem Erinnern und Vergessen bestimmt wird.4 Beim kollektiven Gedächtnis wird zwischen dem kommunikativen Gedächtnis und dem kulturellen Gedächtnis unterschieden. Das kommunikative Gedächtnis liefert mündlich weitergegebene Erfahrungen, Traditionen und ist an Menschen gebunden, weil es von der Weitererzählung lebt. Im Gegensatz dazu steht das kulturelle Gedächtnis, welches nicht an Personen gebunden ist. Die Erinnerungen werden hier vielmehr niedergeschrieben.5 In Abhängigkeit davon, wie man sich erinnert und an welche Sachverhalte man sich erinnert, bildet sich das kulturelle Gedächtnis als ein kollektives Gedächtnis. Deshalb hat das Gedächtnis einen prozesshaften Charakter. Die Begriffe des Gedächtnisses und der Erinnerung sind eng miteinander verbunden. In der Umgangssprache steht der Bergriff das Gedächtnis für Erinnerungsvermögen aber auch für die Tätigkeit, frühere Erlebnisse und erworbenes Wissen zu reproduzieren. Unter dem Begriff die Erinnerungskultur wird die Gesamtheit der Verhaltenskonfigurationen und sozial zugelassener oder erworbener Umgangsformen einer Gesellschaft oder Gruppe gemeint.6 Im Zentrum stehen dabei in erster Linie die kollektiven wie subjektiven Wahrnehmungen historischer Zusammenhänge aus einer aktuellen Perspektive, weniger die Darstellung 3 4 5 6 Halbwachs, Maurice: Das kollektive Gedächtnis. Frankfurt/M.: Fischer (1985) 1991, S. 31. Zimniak, Paweł: Niederschlesien als Erinnerungsraum nach 1945. Literarische Fallstudien. Wrocław/Dresden: Neisse Verlag 2007, S. 45. Ebd., S. 45. Cornelißen, Christopher: Was heißt Erinnerungskultur? Begriff – Methoden – Perspektiven. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 54, München 2003, S. 548-563. 4 historisch-objektiven Wissens. Markant für eine Erinnerungskultur ist, dass kollektive Wahrnehmungen die subjektiven Wahrnehmungen prägen.7 2.2 Individuelles und kollektives Gedächtnis nach Maurice Halbwachs Maurice Halbwachs, ein bekannter französischer Soziologe und Philosoph, hat den Begriff das kulturelle Gedächtnis entwickelt. Im Jahre 1925 wurde seine Studie Das Gedächtnis und sozialen Bedingungen veröffentlicht, in der er die soziale Bedingtheit der Erinnerung nachweisen wollte.8 Seine Theorie, dass nach der jede noch so persönliche Erinnerung ein kollektives Phänomen ist, wurde stark kritisiert. 9 In seinem zweiten Buch Das kollektive Gedächtnis und in dem dritten Stätten der Verkündigung im Heiligen Land hat er sein Konzept und Funktionsweisen des kollektiven Gedächtnisses dargelegt. Heutzutage kann man drei Untersuchungsbereiche von Halbwachs’ Studien zum kollektiven Gedächtnis unterscheiden: 1. seine Theorie zur sozialen Bedingtheit individueller Erinnerung, 2. seine Untersuchungen zu Formen und Funktionen des Gedächtnisses zwischen den Generationen, 3. seine Ausbreitung des kollektiven Gedächtnisses auf den Bereich von der kultureller Überlieferung und Traditionsbildung, Es werden auch von Halbwachs zwei grundlegende Konzepte vom kollektiven Gedächtnis vereinbart: 1. kollektives Gedächtnis als organisches Gedächtnis des Individuums, 2. kollektive Gedächtnis im Bezug auf Vergangenheit, der durch Interaktionen, Kommunikationen, Medien und Institutionen innerhalb von sozialen Gruppen und Kulturgemeinschaften erfolgt,10 Halbwachs deutet im ersten Teil seiner Studie auf die kollektiven Anteile des autobiographischen Gedächtnisses an und zum Schluss schreibt er, dass ,,der Rückgriff auf 7 Ebd., S. 548-563. Errl, Astrid: Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen. Stuttgart/Weimar: J. B. Metzler 2005, S. 14. 9 Vgl. S. 14. 10 Vgl. S. 15. 8 5 soziale Bezugsrahmen unabdingbare Voraussetzung für jede individuelle Erinnerung ist.‛‛11 Er meint auch, dass das individuelle Gedächtnis sich in der Person durch ihre Teilnahme an kommunikativen Prozessen aufbaut, weil jeder Mensch ein soziales Wesen ist.12 Die ,,sozialen Rahmen‛‛ leiten sich im metaphorischen Sinne aus den ,,sozialen Rahmen‛‛ im wörtlichen Sinne ab. Das sind Denkschemata, die unsere Wahrnehmungen und Erinnerung in bestimmte Bahnen lenken.13 Die Inhalte vom kollektiven Gedächtnis werden von den sozialen Rahmen vermittelt. ,,Es würde in diesem Sinne ein kollektives Gedächtnis und einen gesellschaftlichen Rahmen des Gedächtnisses geben, und unser individuelles Denken wäre in dem Maße fähig sich zu erinnern, wie es sich innerhalb dieses Bezugsrahmens hält und an diesem Gedächtnis partizipiert. ‘‘14 Das kollektive und individuelle Gedächtnis stehen in einer Beziehung wechselseitiger Abhängigkeit.15 Individuelle Gedächtnisse verschmelzen zum kollektiven Gedächtnis. Sie sind Ausblickspunkt auf das kollektive Gedächtnis. Das individuelle Gedächtnis ist das Ergebnis der Teilnahme an mehreren Gruppengedächtnissen. Erinnerungen können so auf verschiedene Weise assoziiert werden. Das Individuum erinnert sich, indem es sich auf den Standpunkt einer Gruppe stellt. Das Gruppengedächtnis findet seine Verwirklichung in dem einzelnen individuellen Gedächtnis.16 Halbwachs unterscheidet verschiedene Ausprägungen von dem kollektiven Gedächtnis und gibt ein paar soziologische Beispiele aus der Umgebung der Familie, der Religionsgemeinschaft und der sozialen Klasse an. Ein intergenerationelles Gedächtnis ist kennzeichnend für das Familiengedächtnis, deren Träger die Familienmitglieder sind. Dieses Gedächtnis wird durch soziale Interaktionen und Kommunikation konstruiert. Die Dauermitglieder einer Gruppe erinnern sich besser an Vergangenes als Vorübergehende. Es kommt zum Austausch lebendiger Erinnerung zwischen Zeitzeugen und Nachkommen.17 Halbwachs akzentuiert, ,,dass die Geschichte im allgemeinen an dem Punkt beginnt, an dem die Tradition aufhört – in einem Augenblick, an dem das soziale Gedächtnis erlischt und sich zersetzt.‘‘18 Geschichte und Gedächtnis sind widersprüchlich. Nach Halbwachs ist Geschichte vielseitig und im Zentrum ihres Interesses stehen Gegensätze und Brüche. Das kollektive Gedächtnis ist partikular, dessen Träger zeitlich und räumlich begrenzte Gruppen sind. Die Identitätsbildung 11 ist eine zentrale Ebd., S. 15. Vgl. S. 15. 13 Vgl. Errl, Astrid: Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen. a.a.O., S. 15. 14 Halbwachs, Maurice: Das Gedächtnis und seine sozialen Bedingungen. Frankfurt/Main.: Suhrkamp 1985, S. 21. 15 Vgl. Errl, Astrid: Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen. a.a.O., S. 16. 16 Vgl. S. 16. 17 Vgl. S. 16 18 Vgl. Halbwachs, Maurice: Das Gedächtnis und seine sozialen Bedingungen. a.a.O., s. 66. 12 6 Funktion des Vergangenheitsbezugs. Das anliegen der Geschichte ist für Halbwachs die Vergangenheit. Andererseits orientiert sich das kollektive Gedächtnis an den Bedürfnissen und Interessen der Gruppe in der Gegenwart. Dabei sind Deformationen und Umgewichtungen zur Fiktion möglich. Nach Halbwachs ist die Erinnerung in sehr weitem Maße eine Rekonstruktion der Vergangenheit mit Hilfe von der Gegenwart entliehenen Konstellationen. In der Studie zur christlichen Gedächtnis – Topographie Palästinas ,,Stätten der Verkündigung im Heiligen Land‘‘ wendet Halbwachs seine Aufmerksamkeit stärker geformten kollektiven Gedächtnissen zu, deren Zeithorizonte über Tausende von Jahren hinwegreichen. Durch Traditionsbildung tritt Halbwachs in den Bereich des kollektiv konstruierten Wissens über eine ferne Vergangenheit und seiner Überlieferung ein. 19 Der Begriff des kollektiven Gedächtnisses von Halbwachs wird von einem sehr weitem, Disziplinen und Forschungsgegenstände übergreifendem Anwendungsbereich ausgezeichnet. Innerhalb der Psychologie setzte man sich immer wieder mit Halbwachs’ Theoretisierung der kollektiven Bedingtheit individueller Erinnerung auseinander und begriff die sozialen Bezugsrahmen als kulturspezifische Schemata.20 2.3 Pathosformeln und europäisches Bildgedächtnis nach Aby Warburg Aby Warburg, Kunst- und Kulturhistoriker entwickelte den bedeutenden Entwurf einer Konzeption des kollektiven Gedächtnisses. Er beschäftigte sich mit zwei kunsthistorischen Problemen: mit der Kontinuität einer Sternsymbolik und mit dem Nachleben der Antike in der Frührenaissance. Erst in der Mitte der 1920er Jahre verbindet er seine kunsthistorische Forschung ausführlich mit einer Theorie des kollektiven Gedächtnisses. Wiederkehr künstlerischer Formen, den er beobachtet, wurde von Warburg nicht als Resultat einer bewussten Aneignung der Antike durch Künstler späterer Epochen erklärt, sondern führte sie auf die erinnerungsauslösende Kraft kultureller Symbole zurück.21 Ein besonderer Rang kommt den Pathosformeln zu, die von Warburg als Symbole bezeichnet werden, in denen sich das antike Pathos eingestellt hatte. Zur besseren Erklärung der besonderen Überlebenskraft des den Symbolen innerlichen Affektgehalts, stützte sich Warburg auf das Modell des Gedächtnispsychologen Richard Semon.22 Bei Pathosformeln handelt es sich um kulturelle 19 Vgl. Errl, Astrid: Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen. a.a.O., S. 17. Ebd., S. 18. 21 Vgl. S. 19. 22 Vgl. S. 19. 20 7 Engramme oder Dynamogramme, die mnemische Energie speichern und unter veränderten historischen Umständen oder an weit entfernten Orten wieder zu entladen vermögen. Das Symbol ist eine kulturelle Energiekonserve. 23 Kultur kommt von dem Gedächtnis der Symbole her. Auf diese Weise baute Warburg ein Konzept des kollektiven Bildgedächtnisses auf. Er verbindet das soziale Gedächtnis mit den moralischen Fragen, weil das antike Pathos eine Erinnerung ist.24 Ausdruck und Orientierung, zwei Grundaspekte der Kultur, sind mit der Wiederaufnahme von Pathosformeln vereinigt. Der affektive Inhalt symbolischer Gestik bietet dem mit ihnen in Kontakt kommenden zivilisierten Künstler die Gelegenheit eines intensiven und präzisen Ausdrucks, aber stellt durch sein Entstehen aus primitiven Schichten der Kultur eine Bedrohung dar.25 Kunst bewegt sich immer in der gefahrenvollen Zone zwischen Magie und Logik, zwischen primitiver Ekstase und zivilisierter Selbstbeherrschung.26 Für Warburg ist die künstlerische Sophrosyne von Bedeutung, deren künstlerische Techniken den Akzent des metaphorischen Charakters der Symbole sein können. Nach Warburg ist das ein Leidschatz der Menschheit, der darauf wartet, in menschlichen Besitz umformt zu werden. Charakteristische Veränderungen und Aktualisierungen des sozialen Gedächtnisses werden von Warburg akzentuiert.27 ,,Die Abweichungen der Wiedergabe, im Spiegel der Zeit erschaut, geben die bewusst oder unbewusst auswählende Tendenz des Zeitalters wieder und damit kommt die wunschbildende, idealsetzende Gesamtseele an das Tageslicht.‘‘28 In Warburgs letztem Ausstellungsprojekt Mnemosyne, handelt es sich um einen Atlas, der ein epochen- und länderüberschreitendes Bildgedächtnis darstellen sollte. Sein Begriff des Gedächtnisses wird neben dem Ausdruck ,,soziales Gedächtnis‛‛ auch den des ,,europäischen Kollektivgedächtnisses‘‘ gebraucht.29 Das bedeutet eine enorme Ausweitung der Trägerschaft und ist möglich, weil Warburg als zentrales Medium des Kollektivgedächtnisses nicht die mündliche Rede, sondern das potentiell lange Zeiten überdauernde und weite Räume durchquerende Kunstwerk annimmt. So erlaubt Warburgs Gedächtnisbegriff, den historisch variablen und gruppen- oder nationenspezifischen Ausprägungen kultureller Erinnerung Rechnung zu tragen und zugleich 23 Ebd., S. 19. Vgl. S. 20. 25 Vgl. S. 20. 26 Ebd., S. 20. 27 Vgl. S. 20. 28 Gombrich, Ernest H.: Aby Warburg. Eine intelektuelle Biographie. Hamburg: Europäische Verlagsanstalt 1992, S. 359. 29 Vgl. Errl, Astrid: Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen. a.a.O., S. 20. 24 8 deren Einbettung in die europäisch-asiatische Erinnerungsgemeinschaft nicht aus dem Blick zu verlieren.30 2.4 Erinnerungsorte nach Pierre Nora Pierre Nora, ein französischer Geschichtswissenschaftler hat das Konzept der Erinnerungsorte entwickelt, in dem die Trennung zwischen der Geschichte und dem Gedächtnis sehr stark akzentuiert wird. Nora betont im Sinne Halbwachs’, dass die Geschichte und das Gedächtnis keine Synonyme sind, sondern Gegensätze.31 Im Gegensatz zu Halbwachs resümiert Nora mit Blick auf unsere Zeit. Zum Objekt seines Gedankens werden die Erinnerungsorte, die geographische Orte, Gebäude oder Kunstwerke genauso wie historische Persönlichkeiten, philosophische und wissenschaftliche Texte oder symbolische Handlungen umfassen können.32 Für Nora befindet sich die gegenwärtige Gesellschaft in einem Übergangsstadium, in dem die Verbindung zur wesenhaften, gruppen- und nationsspezifischen, identitätsbildenden Vergangenheit abbricht und von daher amtieren Erinnerungsorte als eine Art synthetischer Platzhalter für das nicht mehr erhältliche, natürliche kollektive Gedächtnis.33 Im Noras Werk Les lieux de mémoire handelt es sich um eine Sammlung von Aufsätzen über Elemente der französischen Kultur. Diese Elemente stehen für Anzeichen einer kollektiven Vergangenheit, aber in ihrer Anzahl ergeben sie kein anständiges Gesamtbild der Erinnerung.34 Erinnerungsorte sind Zeichen, die nicht nur auf erinnernde Ansichten der französischen Vergangenheit, sondern auf erinnernde Ansichten der französischen Vergangenheit relegieren.35 Nora unterscheidet drei Dimensionen der Erinnerungsorte: 1. Materielle Dimension: Bei Erinnerungsorten handelt es sich um kulturelle 30 Ebd., S. 21. Vgl. S. 23. 32 Vgl. S. 23. 33 Vgl. S. 23. 34 Vgl. S. 23. 35 Vgl. S. 24. 31 9 Objektivationen. Nicht nur greifbare Dinge werden gerechnet, aber auch vergangene Erfahrungen weisen eine materielle Dimension auf. 2. Funktionale Dimension: Solche Objektivationen müssen in der Gesellschaft eine Funktion erfüllen, z.B.: berühmte Bücher werden zu einem bestimmten Zweck hergestellt, bevor man sie zum Erinnerungsort hinzurechnet. 3. Symbolische Dimension: Der Objektivation, neben ihrer Funktion, muss schließlich eine symbolische Bedeutung zu Angehörig sein, z.B.: wenn Handlungen zum Ritual werden. Ein Gegenstand der Kultur wird erst dann zum Erinnerungsort, wenn die intentionale symbolische Zunahme der Objektivation zum Zeitpunkt ihrer Entstehung zugesprochen wird.36 Symbolische Dimension und Intentionalität sondern Erinnerungsorte von anderen kulturellen Objektivationen: Am Anfang muss es einen Willen geben, etwas im Gedächtnis festzuhalten. Gäbe man das Prinzip dieser Vorgängigkeit auf, würde man schnell von einer enggefaßten Definition […] zu einer möglichen, aber unscharfen Definition abgleiten, die theoretisch jedes einer Erinnerung würdige Objekt einschlösse. 37 Viele Kritiker stellen sich die Frage, was zum Erinnerungsort werden kann. Die Antwort darauf heißt, dass alle kulturellen Phänomene, die auf kollektiver Stufe absichtlich oder intuitiv in Zusammenhang mit Vergangenheit oder nationaler Identität zugestellt werden. 38 Noras Bildung einer Verfallsgeschichte des Gedächtnisses ist schwer nachzuvollziehen. Die gegenwärtigen Erinnerungskulturen sind mit Demokratisierung und Vermassung, dem Ende der Gedächtnisgesellschaften und dem Ende der Gedächtnisideologien entgegengesetzt.39 Das berühmteste Beispiel für eine erinnerungshistorisch ausgerichtete Geschichtsschreibung sind Erinnerungsorte von Nora, die nicht auf die klassischen, für die Geschichtswissenschaft kennzeichnenden gesellschaftlichen Disziplinen, Medien und Formen begrenzt sind. 40 Das Konzept von Nora wurde in verschiedenen Ländern Europas mit großer Begeisterung empfangen. Viele internationale Autoren und Autorinnen stehen für die Öffnung Deutschlands nach Europa, besonders wenn es sich um Erinnerungsgeschichte handelt. 41 36 Vgl. S. 24. Nora, Pierre: Zwischen Geschichte und Gedächtnis. Frankfurt/Main.: Fischer 1998 (1990), S. 32. 38 Vgl. Errl, Astrid: Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen. a.a.O., S. 25. 39 Vgl. S. 25. 40 Vgl. S. 25. 41 Vgl. S. 25. 37 10 2.5 Das kulturelle Gedächtnis nach Aleida und Jan Assmann Der Begriff des kulturellen Gedächtnisses wurde Ende der 1980er Jahre von Aleida und Jan Assmann geprägt. Bei diesem Konzept handelt es sich um die Verbindung von Kultur und Gedächtnis, die Schritt für Schritt, begrifflich differenziert und theoretisch fundiert aufgezeigt wird. Durch die Akzentsetzung der Verknüpfung von kultureller Erinnerung, kollektiver Identitätsbildung und politischer Legitimierung macht die Assmann’sche Theorie Phänomene beschreibbar.42 Mit dem Begriff des kulturellen Gedächtnisses wird ein vereinigtes Forschungsfeld aufklärt und dadurch werden verschiedene akademische Fächer wie Geschichts-, Religions-, Literaturwissenschaft oder Soziologie zusammengebracht. Durch ein gemeinsames Erkenntnisineresse bildet die Theorie des kulturellen Gedächtnisses die Voraussetzungen für einen Überblick disparter Felder.43 2.5.1 Kommunikatives und kulturelles Gedächtnis Jan und Aleida Assmann unterscheiden zwischen zwei Gedächtnis Rahmen, genauer zwischen dem kommunikativen und dem kulturellen Gedächtnis. Die Merkmale beider werden von Jan Assmann gegenüber gestellt, damit man die Unterscheide von Inhalten, Formen, Medien, Zeitstruktur und Träger beider Gedächtnis-Rahmen sehen kann:44 1. Das kommunikative Gedächtnis entsteht durch Alltagsinteraktion, hat die Geschichtserfahrungen der Zeitgenossen zum Inhalt und bezieht sich daher immer nur auf einen begrenzten Zeithorizont von ca. 80 bis 100 Jahren.45 Die Inhalte dieses 42 Vgl. S. 27. Vgl. S. 27. 44 Vgl. S. 28. 45 Ebd., S. 28. 43 11 Gedächtnisses sind nicht gleich, erfahren keine feste Bedeutungszuschreibung und jeder kann hier als gleich berechtigt gelten, um die kollektive Vergangenheit zu erinnern.46 2. Das kulturelle Gedächtnis bezeichnet vergegenwärtige Erinnerung, die fest an Objektivationen gebunden und zeremonialisiert wird. Die legendären Erfahrungen einer entfernten Vergangenheit werden zu seinem Gegenstand. 47 Die unten ausgezeichneten Merkmale bestimmen die Verwendung des Begriffs des kulturellen Gedächtnisses: Identitätskonkretheit bezieht sich auf die sozialen Gruppen, die ein kulturelles Gedächtnis aufbauen und ihre Identität wird daraus abgeleitet. Rekonstruktivität bedeutet, dass der Einblick in die Gegenwartbezogenheit jeder Erinnerung Rechnung getragen wird: Das kulturelle Gedächtnis ist ein nachträgliches Konstrukt. Geformtheit ist das erste distinktive Kennzeichen, das zwischen kommunikativem und kulturellem Gedächtnis zu unterscheiden dient. Organisiertheit bezeichnet die Institutionalisierung des kulturellen Gedächtnisses und Spezialisierung ihrer Trägerschaft. Verbindlichkeit des kulturellen Gedächtnisses bezieht sich auf eine deutliche Wertperspektive und ein Relevanzgefälle. Reflexivität bedeutet, dass das kulturelle Gedächtnis die Lebenswert der Gruppe, ihr Selbstbild und sich selbst reflektiert.48 ,,Gesellschaften imaginieren Selbstbilder und konstruieren über die Generationenfolge hinweg eine Identität, indem sie eine Kultur der Erinnerung ausbilden; und sie tun das […] auf ganz verschiedene Weise‘‘49 schreibt Jan Assmann in Das kollektive Gedächtnis, seinem beeinflussenden Buch im Bereich der kulturwissenschaftlichen Gedächtnisforschung. Er will die Unterschiede in der konnektiven Struktur von Gesellschaften auf Beispiel einer Kulturtypologie zeigen. Als Gegenstand seiner Untersuchungen wurden frühe Hochkulturen des Abendlandes und des alten Orients gewählt.50 Mündlichkeit und Schriftlichkeit sind zentrale Medien 46 des kulturellen Gedächtnisses und erfüllen eine Funktion der Vgl. S. 28. Vgl. S. 28. 48 Vgl. S. 29. 49 Assmann, Jan: Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. München: Beck 1992. S. 18. 50 Vgl. Errl, Astrid: Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen. a.a.O., S. 29. 47 12 Funktionsäquivalenz. Assmann spricht auch von der rituellen Kohärenz oraler Kulturen und der textuellen Kohärenz skripturaler Kulturen.51 Orale Kulturen beziehen sich auf die genaue Wiederholung ihrer Mythen und auf Repetition. Dagegen beruht textuelle Kohärenz auf der Auslagerung kulturellen Sinns in das Medium der Schrift und begleitet die kulturellen Verfahren der Anmerkung, der Nachahmung oder der Kritik. Von Assmann wird auch von den heißen und kalten Kulturen gesprochen. Als Beispiel der heißen Kultur kann das alte Israel gelten.52 Das Gedächtnis dieser Kultur beruht auf Mythen im Sinne der Geschichte über eine gemeinsame Vergangenheit, die Orientierung in der Gegenwart und Hoffnung für die Zukunft bieten.53 Das alte Ägypten und das mittelalterliche Judentum gelten als Beispiele der kalten Kultur. In den Schriftkulturen wird ein gemeinschaftlicher, identitätsbildender kultureller Inhalt durch normative und formative Texte gegründet und kontinuiert.54 2.5.2 Gedächtnis als ars und vis, Funktionsgedächtnis und Speichergedächtnis In dem Buch Erinnerungsräume wird von Aleida Assmann zwischen Gedächtnis als ars und als vis unterschieden. Die Ansicht von Gedächtnis als ars, als Kunst oder Technik bezieht sich auf die topologisch geprägte Form der antiken Mnemotechnik. Das Gedächtnis als ars ist ein Wissenspeicher, in den Informationen aufgestellt und in dem gleichen Bau erneut abgerufen werden können.55 Mit der Vorstellung von Gedächtnis als vis wird die Dimension der Zeit und ihr transformierendes Ergebnis auf die Gedächtnisinhalte betont. Dieses Gedächtnis bedeutet das Vergessen, weil aus der Menge der Erinnerungen nur die einigen ausgewählt werden können, die mit dem gegenwärtigen Zustand übereinstimmen.56 Eine weitere Unterscheidung wird von Aleida Assmann zwischen Funktions- und Speichergedächtnis gemacht. Der erste Begriff wird als bewohnte Gedächtnis genannt: ,,Es besteht aus bedeutungsgeladenen Elementen, die zur einer kohärenten Geschichte konfiguriert werden können und sich durch Gruppenbezug, Selektivität, Wertbindung und Zukunftsorientierung auszeichnen. ‘‘57 Das Speichergedächtnis ist das unbewohnte Gedächtnis, ,,eine amorphe Masse ungebundener, 51 Vgl. S. 30. Vgl. S. 30. 53 Ebd., S. 30. 54 Vgl. S. 30. 55 Vgl. S. 31. 56 Vgl. S. 31. 57 Assmann, Aleida: Erinnerungsraume. Forme und Wandlungen des kulturellen Gedächtnisses. München: Beck 1999, S. 134f. 52 13 bedeutungsneutraler Elemente, die keinen vitalen Bezug zur Gegenwart aufweisen. ‘‘58 Die Aufgabe des Funktionsgedächtnisses besteht darin, die Identitätskonstruktion oder die Legitimierung einer bestehenden Gesellschaftsform zu erfüllen. Das Speichergedächtnis dient als Reservoir zukünftiger Funktionsgedächtnisse, seine Elemente können in das Funktionsgedächtnis übergehen. Bei den beiden Gedächtnissen ist auch der Grad der Durchlässigkeit von Bedeutung, der die Chance von Veränderung und Erneuerung bestätigt.59 Durch die Unterscheidung zwischen den beiden Gedächtnissen kann besser verstanden werden, dass bei dem Begriff des kulturellen Gedächtnisses nicht einfach um eine Neuauflage des Traditionsbildung geht. Das kulturelle Gedächtnis besteht im Gegensatz zur Tradition sowohl im ,,Modus der Potentialität als Archiv ,,als Totalhorizont‘‘ als auch im ,,Modus der Aktualität. ‘‘60 Dieser Begriff, als Gesamtheit von Funktionsgedächtnis und Speichergedächtnis, bezeichnet nicht nur einen größeren Objektbereich, aber mit ihm kann beschrieben werden, woraus sich Traditionen speisen und was bei ihrer Konstitution in Vergessenheit gerät.61 2.6 Film als Medium des Gedächtnisses Der Film gehört zu den Medienproduktionen, er entwirft, inszeniert fiktionale Konstrukte von Realität. Je autonomer er sich künstlerisch konstruiert, um so weniger folgt er dem Zeitgeist.62 ,,Realismusillusion‘‘ wird durch das Sehen des Films und sein scheinbar realistisches Abbildungsverhalten beim Zuschauer viel eher und stärker erzeugt als durch das Lesen des Buches.63 Der Film gilt auch als Medium des Gedächtnisses. Die Bilder und Erzählungen sind die Domäne von Film, der aufgrund seines fotographischen Charakters immer konkret ist. Das ist seine Stärke: der Film zeigt den Menschen Bilder physischer Realität, er kann sie inszenieren und dokumentieren.64 Der Film ist für die Kultur des Erinnerns bzw. des Gedächtnisses von zentraler Bedeutung. Er soll die wahre Geschichte, die gesellschaftlichen 58 Ebd., S. 134f. Vgl. S. 32. 60 Assmann, Jan: Kollektives Gedächtnis und kulturelle Identität. In: Assmann/Hölscher 1988, S. 13. 61 Vgl. Errl, Astrid: Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen. Stuttgart/Weimar: J. B. Metzler 2005, S. 33. 62 Gast, Wolfgang: Zukunftsmodell ,,Technischer Fortschritt‘‘? Max Frischs Roman ,,Homo Faber‘‘ (1957) und Volker Schlöndorffs filmische Interpretation (1991). In: Reden und Schweigen in der deutschsprachigen Literatur nach 1945. Fallstudien. Wrocław/Dresden: Neisse Verlag 2006, S. 135. 63 Vgl. S. 135. 64 Hermann, Jörg: Film als Medium der Erinnerung. In: Magazin für Theologie und Ästhetik 37/2005. 59 14 Probleme zeigen und dadurch soll er auf das Gedächtnis der Menschen, auf ihre Erinnerungen Einfluss haben. 3 Filmische Perspektivierung 3.1 Sequenzplan Sequenz - Grundelement des Films, das aus zwei oder mehr Einstellungen besteht und einen gedanklichen oder formalen Zusammenhang bildet. Die Sequenz ist Baustein der Story und ihrer dramaturgischen Konstruktion.65 Sequenzplan – Inhaltsangabe, oft mit Zeitangaben (nach Sequenzen strukturiert und kommentiert); gibt Übersicht, zeigt die Handlungsfolge, die oft nicht identisch ist mit Plot und eigentlicher Handlungsstruktur aufgrund von ummontierter Chronologie.66 Dresden Teil Ι (Roland Suso Richter) – Sequenzplan Nr. Länge Handlung/Inhalt Kommentar 1 00:01:54 Vorspann, Angaben zu Produktion und schwarz – weiße Bilder Besetzung auf schwarzem Hintergrund, von Desden, Ton: die Informationen zum Zweiten Weltkrieg. Stimme von Adolf Hitler und von Sir Arthur Harris. 2 00:03:20 Anna assistiert ihrem künftigen Verlobten, Farbe: normal, dem Oberarzt Alexander, bei einer Operation. Ortsangabe/Schrift: Alexander muss ohne Betäubung operieren. Januar 1945 Martin Luther Krankenhaus. 65 Steinmetz, Rüdiger: Filme sehen lernen. Grundlagen der Filmästhetik. Frankfurt/Main: Zweitausendeins 2005, S. 41. 66 Beicken, Peter: Wie interpretiert man einen Film? Stuttgart: Philipp Reclam 2005, S. 196. 15 3 00:05:17 Die britischen Soldaten amüsieren sich in Im Hintergrund läuft ihrer Basis - sie werfen Balle ins Hitlers amerikanische Musik. Maul. Ortsangabe/Schrift: Britische Flugbasis “Morton Hall’’. 4 00:06:20 Anna kommt nach Hause. Seine Mutter, Magda Mauth sammelt das zertrümmerte Porzellan. Aus dem Radio tönt Goebbels’ Geschrei vom Endsieg und von Wunderwafen. 5 00:07:20 Auf dem Rückflug von einem Nachtangriff Ortsangabe/Schrift: auf Magdeburg werden einige britischen Magdeburg 21 Uhr 38 Flugzeuge abgeschossen. 6 00:09:17 Anna und Maria verbringen zusammen die Einstellungsgröße Zeit. Sie tanzen und hören die amerikanische ››Dreier‹‹. Musik. Gleich kommt Alexander, er macht die Musik aus. 7 8 00:15:28 00:16:11 Anna sitzt in ihrem Zimmer und hört Evas Antwort auf den Geräusche von außen: Annas Schwester Eva Krieg ist es, das Leben kommt mit ihrem Liebhaber, einem SA- in vollen Zügen zu Offizier zusammen. genießen. Nach dem Absturz befindet sich der englische Robert ist schwer Bomberpilot, Robert Newman in einer völlig verletzt. fremden Umgebung. Er entkommt wütenden Dorfbewohnern, die seine ebenfalls mit Fallschirmen gelandeten Kameraden abknallen. 9 10 00:19:48 00:20:41 In England konzentrieren sich die Planungen Ortsangabe/Schrift: des Bomberkommandos der britischen Hauptquartier des Luftwaffe zunehmend auf sie Städte im Osten britischen Deutschlands. Bomberkommandos. Robert schleppt mit schwindender Kraft nach Simon ist gewohnt, von Dresden. Auf seinem Weg durch die Straßen Kindern auf der Straße 16 begegnet er dem jüdischen Deutschen, Simon mit antisemitischen Goldberg. Sprüchen aufgezogen zu werden. 11 12 00:21:31 00:24:52 Im Operationssaal macht Alexander Anna Wechsel zwischen einen Heiratsantrag. Anna ist gerührt über Vogel- (Alexander) und seine unbeholfene, aber doch liebenswerte Froschperspektive Art. (Anna). Über die Augustusbrücke strömen Menschen, Die Nazis sind in die von der vorrückenden Roten Armee Dresden auch kurz vor geflüchtet sind, nach Dresden hinein. Ende des Krieges noch überdeutlich präsentiert. 13 00:26:29 Der schwer verletzte Robert schafft es, sich Robert sieht Anna zum unerkannt im Kellergewölbe eines Dresdner ersten mal. Krankenhauses zu verstecken. 14 00:28:43 In der britischen Flugbasis bringen die Soldaten Toast auf die Männer der Mona Lisa auf. 15 00:29:45 Die Familie Mauth frühstückt zusammen. Sie sprechen über Annas Verlobung mit Alexander. 16 17 00:32:18 00:36:20 Anna fährt mit ihrer Mutter mit der Detaileinstellung auf Straßenbahn. Sie sieht einen Mann, der den Schild, der auf dem gehängt wurde. Neben ihm steht eine Mann gehängt wurde: kahlköpfige Frau in Unterwäsche. Magda ,,Ich habe mit einer Mauth kehrt mit ihren Töchtern Anna und deutschen Frau Rassen Eva in ein schickes Cafe ein. Schande getrieben“. Anna geht ins Krankenhaus. Im Keller stießt Detaileinstelung auf das sie auf Robert. Sie hält ihn für einen Foto, auf dem sich Deserteur, der Hilfe braucht. Robert mit seiner Mutter befindet. 18 00:39:26 Robert geht hinaus. Durch die Fernsprechleitung möchte er Kontakt mit seiner britischen Basis herstellen. Leider 17 gelingt es ihm nicht. 19 00:41:16 Annas Vater entdeckt Roberts Versteck. Die Anna riskiert ihr Leben Gestapo durchsucht das Krankenhaus. Sie für Robert ohne zu sucht einen Spion. Robert muss sich in wissen warum. Sicherheit bringen. Unter falschen Identität wird er offiziell mit einem Trupp verletzten Soldaten ins Krankenhaus eingeliefert. 20 00:47:53 Carl zeigt Alexander die Fotos der Klinik in Detaileinstellung auf die Basel. Es zeigt sich, dass Carl schmutzige Fotos. Geschäfte mit schwarzem Alexander weiß von der Medikamentenverkauf macht. Er stiehlt eine verrätischen Tat von größere Menge Morphium, das für die Carl und unterstützt ihn, Versorgung der Verwandten gedacht ist, um wenn auch mit mit dem Erlös daraus zu flüchten und seine schlechtem Gewissen. neue Privatpraxis in der Schweiz zu finanzieren. 21 00:49:28 Mit dem Krankenwagen kommen zwei Jungs. Anna verrät Robert Der erste ist schwer verletzt und kurz danach nicht. stirbt er. Robert spricht mit dem zweiten Jungen. Anna beobachtet die beiden und erfährt, dass Robert ein Engländer ist. 22 00:56:54 In dem Hauptquartier des britischen Bomberkommandos entstehen die Pläne für die Bombardierung der deutschen Städte im Osten. 23 00:57:44 Im Krankenhaus findet eine Festnahme statt: Alexander kann Annas zwei Feldgendarmen führen eine Frau ab, Einsatz nicht verstehen weil sie einem Deserteur geholfen hat. Anna und erklärt ihren Eifer versucht einzugreifen. Sie wird von den Nazi- für verrückt. Anna Schergen kurzerhand festgenommen, weil sie erkennt, dass sie mit die Festnahme der Frau verhindrn will. Die Alexander nicht beiden stehen an der Wand und sollen glücklich werden wird. erschießen werden. Alexander rettet Anna 18 unmittelbar das Leben. 24 01:00:14 Anna geht zu Robert. Sie weint. Zwischen den beiden kommt es zu einem intimen Kontakt. Kurz danach verläßt Robert das Krankenhaus. 25 01:04:28 Anna bereitet sich auf ihre Verlobbung. Plötzlich läuft sie hinaus und trifft Robert auf der Straße. Die beiden fliehen vor Gestapo in die Frauenkirche. Auf der Kuppel der Kirche zeigt Anna Robert ihr geliebtes Dresden. Roberts Geständnis, einer der verhassten englischen Piloten zu sein, bringt Annas Gefühle völlig durcheinander. 26 01:09:43 Inzwischen sind die britischen Planungen für den nächsten großen Luftangriff abgeschlossen. Vice Air Marshal Arthur Harris, der Chef des Bomberkommandos, will die neben Berlin wichtigste Großstadt im deutschen Osten in Brand setzen: Dresden. 3.2.1 Figuren und Figurenkonstellationen Figur (lat. figura ═ Gestalt) ist menschliche oder menschenähnliche Gestalt in fiktionalen Texten.67 Die fiktiven Figuren sind nach Wilpert fiktive Gestalten, die in epischen und dramatischen Texten vorkommen.68 Literarische Figuren existieren auf dem Papier, sie bestehen aus Wörtern und Sätzen, sie referieren nicht auf natürliche Personen. Bei der Begegnung mit der natürlichen Person geht es um das Äußere, um die Außensicht. Beim Umgang mit literarischen Figuren ist die Dominanz der Innensicht vorherrschend. In Bezug auf die Figuren kann man sich fragen, wie die Figuren entworfen werden, d.h. ob sie dynamisch oder statisch sind. Die Figuren, die der Lebenserfahrung des Lesers entsprechen, 67 Nünning, Ansgar: Literatur und Kulturtheorie. In: Metzler Lexikon. Stuttgart/Weimar: J. B. Metzler 2004, S. 179. 68 Wilpert, Gero: Sachwörterbuch der Literatur. 7. Aufl. Stuttgart 1989, S. 298. 19 werden mit den Kategorien rund, dynamisch, individuell, realistisch bestimmt und diese, die nur auf dem Papier existieren als statisch, flach, nicht realistisch. Die Figuren gelten oft als Hauptfiguren, denen viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. In epischen und dramaturgischen Texten gibt es auch Figuren, die nur als Nebenfiguren, als Randfiguren entworfen werden. Es ist auch zu bedenken, dass es bestimmte Figurentypen gibt, die gattungs- oder epochenspezifisch sind.69 Figurenkonstellationen (lat. figura ═ Gestalt; constellatio: Stellung der Gestirne zueinander), Bezeichnung für die dynamische Struktur des Personals, d.h. der Gesamtheit aller vorkommenden literarischen Figuren, in einem Drama oder einem Erzähltext. Der im Rahmen strukturalistischer Ansätze geprägte Begriff der Figurenkonstellation bezieht sich auf das Verhältnis bzw. Eigenschaften der Figuren zueinander, also nicht bloß auf die statischen Merkmale bzw. Eigenschaften der Figuren, sondern v.a. auf die Anordnung der Figuren und die sich im Textverlauf wandelnden Beziehungen zwischen ihnen.70 In dem Film ,,Dresden“ wird der Zuschauer mit verschiedenen Figuren und Figurenkonstellationen konfrontiert. Es wird auch gezeigt, welchen Einfluss auf sie ihr soziales Umfeld nimmt. 3.2.1 Figurales Denken, Fühlen und Handeln Der Zuschauer bekommt bestimmte Informationen über die Figuren bzw. Gestalten, die im Film vorkommen. Er erfährt genau über das Äußere der Figur: Mimik und Körpersprache, Bekleidung usw. In dem Film ,,Dresden’’ von Roland Suso Richter werden verschiedene Figuren und Figurenkonstellationen dargestellt. Anna Mauth 69 Brackert, Helmut/Stückrath, Jörn: Literaturwissenschaft. Ein Grundkurs. Reinbek B. Hamburg: Rowohlt 1996, S. 41. 70 Nünning, Ansgar: Literatur und Kulturtheorie. a.a.O., S. 180. 20 Die Hauptfigur ist Anna Mauth, Chefarzttochter und Krankenschwester in Papas Klinik. Am Martin – Luther – Krankenhaus kümmert sie sich um die täglich wachsende Zahl an verwundeten und schwerverletzten Frontsoldaten. Während alle anderen in den Luftschutzkeller hasten, assistiert sie ihrem künftigen Verlobten, dem Oberarzt Alexander Wenninger, bei der Operation. Danach stehen sie auf der Terrasse und machen Zukunftspläne. Anna schimpft nur kurz: ,,Diese verdammten Amerikaner, dieser verdammte Krieg“ (Sequenz Nr. 2). Anna, die ihr Medizinstudium wegen des Krieges aufgegeben hat, imponieren Alexanders ärztliche Kompetenz und Entschlossenheit. Sie ist verletzt, dass Alexander bereits das Einverständnis ihres Vaters, des Klinikchefs Carl Mauth eingeholt hat, sagt aber dennoch ja. Anna stammt von einer reichen Familie ab. Ihr Vater, Carl Mauth ist Chef des Krankenhauses, er verkauft heimlich das Morphium an die Nazis, um sich mit dem Erlös aus dem schändlichen Handel in eine Basler Klinik einzukaufen (Sequenz Nr. 20). Er hasst die Nazis, muss aber mit ihnen kooperieren, um die kurz bevorstehende Flucht seiner Familie vor den Russen zu sichern. Eva, Annas Schwester ist überzeugtes Mitglied im ,,Bund deutscher Mädels“ und glaubt immer noch an den Endsieg. Obwohl Anna ihre Meinung nicht teilt, versteht sie sich gut mit ihr (Sequenz Nr. 16). Anna entdeckt, dass sich in den Kellergewölben der Klinik ein Mann versteckt hat. Sie hält den stummen Fremden für einen deutschen Deserteur (Sequenz Nr. 17). Ihr Bedürfnis, dem verletzten Mann zu helfen, siegt über ihr Misstrauen und ihre Angst. Heimlich versorgt sie ihn mit Essen und pflegt seine Wunde. Ohne ein Wort mit ihm gewechselt zu haben, fühlt sie sich von ihm als Frau verstanden und akzeptiert. Sie vertraut sich dem Pfarrer der Frauenkirche an. Er ermutigt sie, für andere Menschen einzustehen. Die erste heimliche Begegnung mit Robert hat Anna berührt, auch wenn sie es sich nicht eingestehen will (Sequenz Nr. 24). Die Verlobungsfeier hat Annas Mutter schon längst geplant. Roberts Geständnis, einer der verhassten englischen Piloten zu sein, bringt Annas Gefühle noch einmal völlig durcheinander (Sequenz Nr.11). Sie weiß noch nicht, hin und hergerissen zwischen ihren Gefühlen für Robert und ihre Familie, dass einige tausend Kilometer entfernt im Süden Englands knapp 800 Lancaster – Bomber starten und die Stadt nur wenige Stunden später in ein Flammeninferno verwandeln werden. Auf der Verlobungsfeier in Villa Mauth erweckt ein unerwarteter Gast- Robert die Aufmerksamkeit der Familie. Anna macht sich für diese Feier schön, aber ihre Freude ist getrübt, denn sie kann die Begegnung mit dem fremden Soldaten nicht vergessen. Sie ist 21 erfreut, auch den Pfarrer als ihren Gast begrüßen zu dürfen. Alexander spürt, dass etwas in Anna vorgeht. Kurz vor der ersten Angriffswelle wird Anna gegen ihren Willen von ihrem Vater in ein Auto verfrachtet und zu nächtliche Stunde zum Bahnhof gebracht. Völlig verstört irrt sie nach dem Luftangriff durch die zerbombte Stadt. Ihr eröffnet sich ein schlimmes Szenario. Auch der abgestürzte britische Pilot blickt erschüttert auf verschrumpelte Leichen, geschmolzene Häuser, aschgraue Landschaft. ,,Sag jetzt nicht“, haucht ihm die junge deutsche Krankenschwester zu, während Tränen über ihr schmutziges Gesicht rinnen, und dann, mit zärtlichem Augenaufschlag: ,,Ich liebe dich“. Der Zuschauer beobachtet, wie sich die Protagonistin während des Films benimmt, welche Entscheidungen sie trifft. Diese junge Krankenschwester ist nicht nur schön, sondern auch großmütig, nicht nur barmherzig, sondern bereit, sich in den Feind zu verlieben. In dem Film wird auch ein Klassenkonflikt dargestellt. Die Beziehung zwischen Anna und Alexander macht dem Zuschauer sichtbar, dass die beiden völlig unterschiedliche Charaktereigenschaften besitzen. Alexander Wenninger Alexander ist der engste Mitarbeiter Annas Vater. Er ist ein pflichtbewusster, junger Oberarzt, der im Martin – Luther – Krankenhaus arbeitet. In dem Film wird er als Aufsteiger dargestellt, der seine Karriere mit einem gewissen Maß an Opportunismus und Berechnung erkauft hat. Er spricht von seinen Gefühlen zu Anna nicht gern. Der Heiratsantrag bahnt sich an, Alexander fällt vor Anna auf die Knien, aber sie muss ihn dazu erst sanft zwingen (Sequenz Nr.11). Alexander weiß auch von der verräterischen Tat von Carl Mauth und unterstütz ihn, wenn auch mit schlechtem Gewissen (Sequenz Nr. 20). Für Jazzplatten, die Anna zu später Stunde gerne hört, hat er nichts übrig (Sequenz Nr. 6). Anna wirft ihm auch vor, dass er kalt ist und kritisiert ihn vor anderen. Alexander ist wütend und sagt zu Anna: ,,Du bist Krankenschwester und ich bin der Arzt. Kritisiere mich nicht mehr vor den anderen 22 Schwestern.“ (Sequenz Nr. 21). Er rettet auch unmittelbar das Leben von Anna, wenn sie an der Wand steht und erschießen werden soll. Er kann aber Annas Einsatz jedoch nicht verstehen und erklärt ihren Eifer für verrückt (Sequenz Nr. 23). Wenn der Bombenbangriff beginnt, erleben Alexander uns Anna, wie der Feuersturm ausbricht. Er will sie schonen. Auch bei der Begegnung mit Robert macht Alexander alles, um das Leben von Anna zu retten. Hier muss aber betont werden, dass sich Alexander mit seinem Nebenbuhler solidarisiert. Er überlebt den Angriff und hilft den verletzten Menschen, was zu seinem Pflicht gehört. Seine Haltung, besonders am Ende des Films, ist respektvoll und erregt Bewunderung zu seiner Person. 3.2.2 Motivierung Bei der Auseinandersetzung mit den literarischen Texten bzw. mit einem Film sollte man auch Motivierung von Ereignissen berücksichtigen. Unter Motivierung versteht man den Inbegriff der Beweggründe für das in einem erzählenden oder dramatischen Text dargestellte Geschehen. Das Geschehen wird zu einer Geschichte, wenn die dargestellten Veränderungen motiviert sind, Motivierung integriert die Ereignisse in einen Erklärungszusammenhang. Sie folgen nicht grundlos aufeinander, sondern nach Regeln und Gesetzen auseinander. Erst dann kann von einer Geschichte gesagt werden, wenn eine motivierte Entwicklung der Handlung erkennbar ist. Die Tatsache, dass der Zusammenhang einer Geschichte durch die motivationale Verkettung von Ereignissen hergestellt wird, ist ein allgemeines Merkmal narrativer Texte. Motivierung stellt eine Kohärenz von Erzählungen her. Schon in der Antike hat sich Aristoteles in seiner Poetik dazu geäußert, indem er auf die triadische Struktur narrativer Texte hingewiesen hat. Aristoteles zufolge soll die Handlung eines Dramas oder Epos eine Einheit, ein Ganzes mit Anfang, Mitte und Ende bilden. Er betont, dass es bei Anfangs- und Endpunkten keine enge Kausalveknüpfung mit dem vorgängigen bzw. nachfolgenden Geschehen gibt. Die Ausnahme ist eine Mitte, die auf etwas anderes folgt und etwas anderes nach sich zieht.71 Anfang – folgt nicht auf etwas, aber danach tritt etwas ein. Ende – umgekehrt, folgt auf etwas, danach tritt aber nichts mehr ein. Von daher dürfen Handlungen weder an beliebter Stelle einsetzen noch enden. Es gibt also handlungseröffnende, handlungsbegleitende und handlungsabschließende Ereignisse. Der 71 Martinez, Matias/Scheffel, Michael: Einführung in die Erzähltheorie. München: C. H. Beck 2005, S. 112. 23 Zusammenhang besteht hier darin, dass die handlungsbegleitenden Ereignisse die Folge der handlungseröffnenden und Voraussetzung für handlungsabschließende Ereignisse sind. Nach der Position von Scheffel/Martinez lassen sich drei Arten der Motivierung heraussondern: 1. naturalistisch – kausale, 2. final – numinose, 3. kompositorisch – ästhetische Motivierung. Die naturalistisch – kausale Motivierung beruht auf der Ursache – Wirkung, Ursache – Folge – Reaktion. Dazu gehören Figurenhandlungen, Geschehnisse (nichtintendierte Zustandsveränderungen), Gemengelagen sich überkreuzender Handlungen, nicht intentionales Geschehen und auch Zufälle. In dem Film ,,Dresden“ als Beispiel für diese Motivierung gelten die Sequenzen Nr. 23 und 24: Anna soll erschießen werden, Alexander rettet ihr Leben, erklärt dabei ihren Eifer für verrückt, sie erkennt, dass sie mit ihm nicht glücklich werden wird, geht heimlich zu Robert und zwischen den beiden kommt es zu einem intimen Kontakt. Die zweite Art der Motivierung, die final – numinose liegt vor, wenn der Handlungsverlauf von Anfang an festgelegt ist und von einer numinosen Instanz beherrscht wird. Die dritte Art der Motivierung, die kompositorisch – ästhetische erfüllt eine künstlerische Funktion und ist für die Gesamtstruktur des Textes von Bedeutung. Motiviert werden sowohl verknüpfte als auch freie Motive. Verknüpfte Motive sind Ereignisse, die unmittelbar handlungsfunktional sind. Bei den freien Motiven besteht eine semantische Relation zwischen dem einzelnen Motiv und der Gesamtheit der Handlung. Diese können entweder metaphorisch oder metonymisch gebraucht werden. Metaphorische Verwendung bezieht sich auf die Ähnlichkeit, partielle Merkmalsgleichheit d.h. wenn etwas für etwas steht. Metonymische Verwendung von Motiven betrifft hingegen räumliche, zeitliche oder kausale Nähe.72 3.2.3 Figuren und ihr soziales Umfeld In dem Film ,,Dresden“ wird der Zuschauer mit verschiedenen Figuren und Figurenkonstellationen konfrontiert. Es wird auch gezeigt, welchen Einfluss auf sie ihr soziales Umfeld nimmt. Man kann in dem Film zwei völlig unterschiedliche soziale Schichten unterscheiden. Als Beispiel für die erste soziale Schicht gilt die bürgerliche Arztfamilie Mauth. 72 Vgl. S. 114. 24 Die Familie Mauth Der Familienoberhaupt, Carl Mauth ist Klinikdirektor. Er verkauft heimlich das Morphium an die Nazis, um die kurz bevorstehende Fluch seiner Familie vor den Russen zu sichern. Er wird als ein Mensch dargestellt, der sich für die Zukunft seiner Familie tröstet, aber nicht immer mit gutem Gewissen. Magda Mauth, seine Frau, ist eine elegante Dame. Sie kümmert sich um das Haus. In ihrer Villa befinden sich schöne Kronleuchter und Stilmöbel. Das Ehepaar Mauth hat zwei Töchter. Anna, die ältere, ist eine Krankenschwester und arbeitet in der Klinik ihres Vaters. Sie ist nicht nur schön, sondern auch ehrgeizig und barmherzig. Ihre jüngere Schwester, Eva ist ein Mitglied im ,,Bund deutscher Mädels“, sie versorgt Flüchtlinge und glaubt an den Endsieg. Die Familie Mauth gehört zu den Bewohnern Dresdens, die nur den Krieg überleben wollen. Neben ihnen treten im Film auch zwei historische Figuren vor. Als erste wird die Gestalt des fiktiven Pfarrers der Frauenkirche gezeigt, der das Leben der Familie Mauth begeleitet. Als zweite wird die historische Figur des Gauleiters Martin Mutschmann vorgestellt, der als Nazi – Größe von allen gefürchtet wird. In Dresden wohnen aber auch die Vertreter einer völlig unterschiedlichen sozialen Schicht – die Juden. In dem Film wird die tödliche Isolierung der weniger jüdischen Deutschen am Beispiel von Simon Goldberg und seiner Frau, Maria gezeigt. Simon und Maria Goldberg Simon überbringt in seiner Funktion als Briefträger der verfolgten jüdischen Minderheit die Deportationsnachrichten. Man sieht, wie er auf der Straße von den Kindern mit antisemitischen Sprüchen aufgezogen wird. Die Bombardierung Dresdens rettet ihn vor der 25 Deportation ins Konzentrationslager. Seine Frau, Maria ist Annas Kollegin. Sie weiß ihren Mann in Sicherheit und dadurch ist sie zu einer Außenseiterin degradiert. Obwohl eine Scheidung sie retten würde, steht sie fest zu ihrem jüdischen Mann. Während des Bombenangriffs dürfen sich Simon und Maria nicht in einen schützenden Keller flüchten. Sie erleben den Angriff in ihrer Wohnung. Wenn es zur Bombardierung Dresdens kommt, die sozialen Unterschiede zwischen den Leuten nicht mehr von Bedeutung sind, weil die Bombe keinen Unterschied kennt und das Sterben demokratisiert. Alle wollen leben, überleben und dem Unheil entrinnen. Die einigen denken an Hab und Gut, die anderen haben nichts als Kampf um ihr Leben. Das Beispiel der Mauth und Goldberg Familien macht dem Zuschauer darauf aufmerksam, dass in der Situation der Lebensgefahr alle Menschen gleich sind und als Opfer und Schöpfer ihrer eigenen Apokalypse gelten. 3.3 Erzählperspektive und Erzählhaltung Einen Film analysieren bedeutet u.a. über Erzählperspektive und Erzählhaltung erfahren. Ein Regisseur erschafft sich einen Erzähler, der einer vorgestellten Zuschauergruppe eine Geschichte erzählt. Als Anregung für seine Geschichte kann er auf ein reales Geschehen, das es selbst erlebt hat oder das er einer Quelle entnommen hat, aber auch auf Fiktionen zurückgreifen. Oft werden die Geschichten aus der Perspektive der Hauptfigur erzählt, sodass der Zuschauer genau so viel wie die Hauptfigur weiß, das muss aber nicht unbedingt so sein. Im Gegenteil, ein Unterschied zwischen der Hauptfigur und der Erzählperspektive die Dramaturgie manchmal reicher und interessanter machen. Man kann Geschichten aus einer neutralen, übergeordneten Perspektive aus erzählen, die des Beobachters. In diesem Fall kann der Zuschauer Informationen bekommen, die nicht einmal die Hauptfigur des Films hat. Zum Aufbau von Spannung (Suspense) ist es sehr nützlich, drohende Gefahren bereits vor dem Filmhelden zu kennen, und dann zu bangen, ob der Held es schaffen wird, der Gefahr zu entkommen.73 Auch wenn gewisse Zusammenhänge bestehen: ein Erzähler im Film (Stimme oder Figur, z.B. innere Stimme der Hauptfigur), aber auch ein neutraler Erzähler oder eine Kunstfigur wie ein Engel, so können sich die Erzählperspektiven von sich unterscheiden. Häufig stimmen sie überein, aber es muss nicht so sein. Erzählstimmen (Voice Over) werden in schlecht 73 Vgl. Internetseite: www.movie-film.com/filmschule/regie/erzählhaltungen.htm, Stand vom 15. Mai 2008. 26 konzipierten Filmen auch dringend benötigt, um fehlende Visualisierung der Handlung und schlechte Vermittlung des Innenlebens der Hauptfigur zu kompensieren. Mann trifft diesen Einsatz der Erzählstimme besonders häufig bei Literaturadaptionen an, denen es nicht gelungen ist, die Vorlage in ein filmisches Drehbuch zu übertragen. Erzähler sollten idealerweise nur dort auftauchen, wo sie Dinge vermitteln, die nicht über Handlung, Bilder und Dialoge ausgedrückt werden können. Kommentierende Erzählstimmen verfehlen den eigentlichen Zweck dieses Gestattungsmittels. Die Perspektive oder Perspektiven sollten in jedem Fall so früh wie möglich eingenommen und dann während des Films auch durchgehalten und nicht geändert werden. Verstöße werden vom Zuschauer stets als sehr irritierend empfunden. Schließlich ist auch die Erzählperspektive ein Teil der Identifikation des Zuschauers mit der Geschichte und ihren Figuren. Erzählperspektive hat auch etwas mit ,,Vertrauen schaffen“ zu tun. So wie ein Märchenerzähler, wie die Großmutter das Vertrauen der zuhörenden Kinder genießt, so genießt auch die Erzählperspektive oder der Erzähler eines Films das Vertrauen der Zuschauer. Eine seltene Perspektive, die aber auch Verwendung gefunden hat, ist die Subjektive der Hauptfigur, des Protagonisten. Für den Zuschauer solcher Film ist es allerdings etwas seltsam, die Hauptfigur nur in Spiegeln und ansonsten nur sein/ihr Gegenüber zu sehen. Eine weitere, ebenfalls exotische Erzählperspektive ist die voyeuristische, bei der permanent der Eindruck, ,,geraubter“ Einblicke und Informationen erweckt wird. Auch diese Erzählperspektive ist nicht unproblematisch und gehört eher in den experimentellen Bereich.74 Die Kategorie der Erzählhaltung ist nicht ganz präzise zu trennen von der Kategorie des Erzählverhältnisses. Der Begriff ,,neutral“ erscheint beiden Kategorien. Es liegt aber auf der Hand, dass ein neutrales Erzählverhalten auch eine neutrale, alle Wertungen und Urteile vermeidende Erzählhaltung erfordert.75 74 75 Vgl. Internetseite: www.movie-film.com/filmschule/regie/erzählhaltungen.htm, Stand vom 15. Mai 2008. Biermann, Heinrich/Schurf, Bernd: Texte, Themen und Strukturen. München: Cornelsen Verlag 2006, S. 145. 27 Der Erzähler zeigt eine bestimmte Erzählhaltung: emphatisch (begeistert) affirmativ Haltung des Erzählers neutral einfache Zustimmung zum erzählten Geschehen skeptisch- und zu den Personen schwankend humorvoll distanziert ironisch kritisch ablehnend76 Das folgende Schema macht darauf aufmerksam, wie sich der Erzähler zum erzählten Geschehen und zu den Personen benimmt. Anfang 1948 prägte der französische Filmkritiker Alexandre Astruc den Begriff Caméra Stylo die Idee, dass ein Filmemacher mit der Kamera den Film ,,schreibe“ wie ein Schriftsteller mit dem Federhalter seinen Roman. Caméra Stylo wurde zur zentralen Losung des sogenannten Autorenfilms, der die künstlerische Einheit von Autor und Regisseur gegen die industrielle Arbeitsteilung in der Filmproduktion verteidigen wollte.77 Von daher gilt also die Kamera als Erzähler im Film und sie kann verschiedene Erzählhaltungen einnehmen, die von Rüdiger Steinmetz in seinem Buch Filme sehen lernen geschrieben werden. Die Filmkamera kann: zwischen der außerfilmischen Wirklichkeit und dem Zuschauer vermitteln. Dabei übernimmt sie eine mediatisierende, beobachtende Rolle, verzichtet darauf, selbst zu handeln, und entfaltet keine eigene Dynamik. Die beobachtende Kamera kann völlig statisch sein, oder sie kann die Bewegungen der abgebildeten Objekte nachvollziehen, indem sie ihnen folgt und sie im Bild hält. eine aktive subjektive und expressive Rolle übernehmen. Die autonome Kamera bewegt sich wie ein selbständiger Akteur im Raum. Neben den handelnden Schauspielern übernimmt die Kamera eine weitere, eigenständige Rolle im Film. Eine 76 77 Biermann, Heinrich/Schurf, Bernd: Texte, Themen und Strukturen. a.a.O. S. 146. Steinmetz, Rüdiger: Filme sehen lernen. Grundlagen der Filmästhetik. a.a.O., S. 17. 28 autonome Kamera, die sich nicht auf die Beobachterrolle beschränkt, ermöglicht ein mehrdimensionales Erzählen.78 Erzählhaltungen kommen selten in reiner Form vor; meist gibt es Mischformen und Kombinationen.79 In ,,Dresden“ hat man an bestimmten Stellen sowohl mit der beobachtender als auch mir der autonomen Kamera zu tun: die beobachtende Kamera kommt besonders in den Szenen vor, die sich im Krankenhaus abspielen, die autonome Kamera kommt nämlich in den Szenen in der britischen Flugbasis vor, 3.4 Raumentwurf Texte teilt man nach dem Verständnis von Jurij Lotman in sujethafte und sujetlose Texte. Narrative Texte sollen sujethaft sein. Sujethafte Texte sind solche, in denen es zu einer Grenzüberschreitung kommt. Die Überschreitung der klasifikatorischen Grenze kann gelungen werden. Solche Texte werden von Lotman rewolutionär genannt (eine erfolgreiche Grenzüberschreitung).80 Es gibt aber auch Texte, in denen eine Figur versucht die Grenze zu überschreiten, aber dieser Versuch gelingt nicht. Es gibt noch eine andere Variante: eine Figur kann versuchen die klasifikatorische Grenze zu überschreiten und der Versuch kann dann gelungen sein, wobei es dann wieder diese Grenze rückgängig gemacht wird. In beiden Fällen nennt man einen solchen Text einen resitutiven Text.81 Der Raum (die räumliche Kulisse) beeinflussen das Handeln und Fühlen der Figuren. Die erzählte Welt muss aus zwei Teilräumen bestehen, die komplementär zueinander stehen. Es muss eine Grenze geben und es muss eine Figur geben, die als Handlungsträger gilt. Räume werden semantisiert und codiert indem Sinne, dass ihre Struktur mit Hilfe von bestimmten Merkmalen beschreibbar ist. Der komplementäre Gegensatz der Teilräume entfaltet sich auf drei Ebenen: 78 topographisch, topologisch, semantisch. Vgl. S. 23. Vgl. S. 24. 80 Martinez, Matias/Scheffel, Martinez: Einführung in die Erzähltheorie. a.a.O., S. 140. 81 Vgl. S. 141. 79 29 Diese dreifache Codierung ist eine notwendige Voraussetzung für Entstehung einer klasifikatorischen Grenze. Diese Teilräume verbinden sich mit einer Opposition, d.h.: topographisch z.B.: Land vs. Stadt, der Norden vs. der Süden, Europa vs. Amerika; topologisch – verbindet sich mit Verknüpfungen quer durch den Raum z.B.: oben vs. unten, dort vs. hier, rechts vs. links; semantisch z.B.: vertraut vs. fremd, gut vs. böse, ländlich vs. städtisch, weiblich vs. männlich. In ,,Dresden“ gibt es solche Teilräume: topographisch: England und Deutschland (die englische Flugbasis ,,Morton Hall“ und die Stadt Dresden), topologisch: Westeuropa und Mitteleuropa, semantisch: Heimat und Fremde, gut und böse (in Bezug auf dem 2. Weltkrieg), Einer von den Hauptprotagonisten aus dem Film, der britische Bomberpilot Robert Newman, verlässt sein Land, England und macht einen Flug nach Deutschland. Er befindet sich in einer völlig fremden Umgebung neben Dresden. Es kommt also zu klassifikatorischen Grenzüberschreitung, weil diese Räume topgraphisch, topologisch und semantisch übertreten. Die räumliche Ordnung ist in Lotmanns Modell zentral für die Bedeutungskonstituierung narrativer Texte (hier: für den Film), weil jede kulturelle Ordnung der Welt topologisch strukturiert ist. Bei diesem Punkt kann man sich auch Beispielen aus dem Film stützen: im politischen Bereich: in Europa gab es geschlossenes und offenes System. In England herrschte Demokratie, in Deutschland Faschismus. Das waren Denksysteme des 20. Jahrhunderts. im soziale Bereich: in dem Film kommen auch sehr reiche Leute vor. Es gibt auch diese, die zu der Mittel- und Unterschicht gehörten. im religiösen Bereich: der Zuschauer wird auch mit den gläubigen und ungläubigen Leuten konfrontiert. Hier sieht man eine binäre Anordnung. In Bezug auf diese Beispiele lässt sich feststellen, dass man in allen Bereichen mit Oppositionen/Gegenständen zu tun hat. 3.5 Zeitgestaltung Im Hinblick auf die Zeit muss man fragen, ob und wie deutlich die erzählte Geschichte historisch verortet ist, ob sie sich also klar erkennbar einer historischen Situation zuordnen lässt, und welche Bedeutung der zeitliche Rahmen für das erzählte Geschehen hat. 30 Unter dem Aspekt der Erzähltechnik ist auch zu fragen, wie das Verhältnis von Erzählzeit (die Zeit , in der die Geschichte erzählt wird) und erzählter Zeit (der Zeitraum, in dem das erzählte Geschehen sich abspielt) gestaltet ist. Zur Zeitgestaltung gehört weiterhin der Umgang des Erzählers mit der Chronologie des erzählten Geschehens. Er kann sich streng an die zeitliche Reihenfolge der Ereignisse halten, also chronologisch erzählen, er kann aber auch in Vorausdeutungen nach Belieben weit vorgreifen, und er kann in Rückblenden Vorgeschichten und Voraussetzungen in die laufende Handlung einfügen. Es können auch mehrere Parallelhandlungen in einer Art Montagtechnik ineinander verschachtelt werden, sodass komplizierte, schwer zu überblickende Erzählstrukturen entstehen.82 Bei der Auseinandersetzung mit der Zeitgestaltung müssen aber auch Anachronien berücksichtigt werden. Anachronien lassen die Ordnung des Geschehens und die Ordnung der Erzählung auseinander treten. Sie treten auf, wenn es zur Dissonanz zwischen Reihenfolge der Ereignisse und in der Geschichte und ihrer zeitlichen Darstellung in der Erzählung kommt Der Erzähler ist in seiner Geschichte nicht an das Jetzt und Hier des Erzählten bzw. Erlebten gebunden. Die Einbildungskraft und Sprache ermöglichen den Rückschritt in die Vergangenheit und den ungewissen Vorgriff in die Zukunft. Die zwei Formen bzw. Richtungen der zeitlichen Umstellung sind: eine Rückwendung (Analepse) - lässt sich definieren als Unterbrechung der fiktiv – gegenwärtigen Handlungsfolge und Einschub von Ereignissen, die schon früher stattgefunden haben und jetzt nachgetragen werden müssen, 83 eine Vorausdeutung (Prolepse) – nimmt einen späteren Punkt innerhalb erzählerischer Chronologie vorweg oder greift über deren Endpunkt hinaus.84 In ,,Dresden“ folgt die Geschichte der chronologischen Reihenfolge. Viele Ereignisse und Handlungen finden nicht nur nacheinander, sondern gleichzeitig statt und sind damit zeitlich und räumlich verteilt z.B. wenn die Bombardierung von Dresden beginnt. Dem Zuschauer wird signalisiert, dass gleich ein Ereignis stattfindet, von dem es vor kurzem gesprochen wurde. Es gibt auch ein paar Analepsen und Prolepsen z.B.: Analepse: das Gespräch zwischen Robert und Anna, wenn er das Foto seiner Mutter zeigt und von ihr erzählt, 82 Biermann, Heinrich/Schurf, Bernd: Texte, Themen und Strukturen. a.a.O. S. 147. Nünning, Ansgar: Literatur und Kulturtheorie. a.a.O., S. 15 84 Vgl. S. 552. 83 31 Prolepse: Annas Vater sagt zu ihr, dass der Tag kommen werde, an dem sie ihn hasst. Der Film endet aber mit einem Dokumentarstück. Der Zuschauer sieht nämlich die wiederaufgebaute Frauenkirche, die Menschen, die die Einweihungsfeier besuchen. Man hört auch die Stimme des deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler: ,,Nie wieder Krieg!“ Es lässt sich feststellen, dass die Geschichte Dresdens historisch verortet ist, weil sie die historischen und wahren Ereignisse präsentiert. 3.6 Das Verhältnis zwischen dem Erzählten und dem Erzählen – Fazit Die Analyse eines Films kann sich nicht nur auf die Untersuchung des Inhalts (d.h. des Erzählten) reduziert werden, sondern sie soll auch die Art und Weise der Vermittlung (d.h. das Erzählen) umfassen. Die in den vorigen Kapiteln vollzogene Analyse des Films Dresden von Roland Suso Richter wurde unter Berücksichtigung der beiden Ebenen durchgeführt. Dabei wurde besonders Augenmerk auf den Aufbau von Figuren, die Erzählperspektive und Erzählhaltung und Zeitgestaltung gelegt. Hinsichtlich des Figurenentwurfs wurden zwei gegensätzliche Figurenprofile verarbeitet, bei denen den Schwerpunkt auf ihre Lebenseinstellung gelegt wurde. Auf diese Art und Weise sind zwei oppositionelle Porträts entstanden, die völlig andere Charaktereigenschaften besitzen und in einem Klassenkonflikt dargestellt werden. Es wurde auch berücksichtigt, welchen Einfluss auf sie ihr soziales Umfeld nimmt und sie als Menschen bildet. In Bezug auf die Erzählperspektive und Erzählhaltung werden im ersten Fall die Perspektiven analysiert und im zweiten die Haltungen des Erzählers. In Hinsicht auf den Raumentwurf wurden drei Ebenen analysiert und am Beispiel eines Protagonisten wurde darauf hingewiesen, wie sich die Figur auf die erwähnten Orte bezieht. Im letzten Punkt der Filmsanalyse wurde Bezug auf die Zeitgestaltung genommen. Es wurde festgestellt, dass die Geschichte der chronologischen Reihenfolge nachkommt. Die vorgenommenen Kriterien der Filmanalyse haben erlaubt, den Film unter wichtigen Aspekten zu untersuchen. Sie haben ermöglicht festzustellen, inwieweit sie im analysierten Film vollzogen werden. Dem Zuschauer wird es das Bild gegeben, wie der Film konstruiert wird. 32 4 Praktischer Teil 4.1 Didaktisierungsvorschlag Nr. 1 Gruppe: Fortgeschrittene, das zweite Jahr des Fremdsprachenlehrerkollegs Zeit: 90 Minuten Thema: Erinnerungen bleiben immer lebendig. Ziele: a) pragmatische: Üben der Sprachfertigkeit Ausspracheschulung Teilnahme an der Diskussion b) kognitive: Erlernen des neuen Wortschatzes Kenntnis des Problems Juden in Deutschland während des Zweiten Weltkriegs c) sozial – affektive: Lösung der Probleme Kreatives Denken Aufmunterung Die Lehrerin fragt die Schüler, woran sie sich am meisten erinnern. Sozialform: Plenum Feinziel: Ich lockere mich auf und konzentriere mich auf der deutschen Sprache. Zeit: 3 Minuten Thema und Zielangabe Die Lehrerin schreibt das Thema und sagt das Ziel des Unterrichts. Sozialform: Frontallunterricht Feinziel: Ich kenne das Thema uns das Ziel des Unterrichts. Zeit: 2 Minuten 33 Einführungsphase Die Lehrerin fragt die Schüler, welche Assoziationen sie mit den Stichworten Juden und Der Zweite Weltkrieg haben. Juden Der Zweite Weltkrieg Sozialform: Einzelarbeit Feinziel: Ich kann sagen, was ich mit den Stichworten Juden und Der Zweite Weltkrieg assoziiere. Zeit: 10 Minuten Übungsphase Die Lehrerin verteilt den Schülern die Texte. Sie sollen die Texte leise lesen und den unbekannten Wortschatz unterstreichen. Dann sollen sie kurz sagen, wovon der Text handelt. Sozialform: Einzelarbeit Feinziel: Ich lerne den neuen Wortschatz kennen. Ich kann einen Lesetext verstehen. Zeit: 30 Minuten 34 Der Text: Henry Brenner ist eine Jüdin aus Dresden. Sie hat erlebt, wie sich die Schlinge der Nazis für die Juden in Deutschland immer mehr zusammenzog. Nur drei Tage vor ihrer Deportation können sie, ihr protestantischer Vater und ihre jüdische Mutter sich in den Ruinen der Stadt vor der Gestapo verstecken. ,,Über Berge von Leichen sind wir geklettert“, berichtet sie. Ich habe das gar nicht so wahrgenommen. Meine Mutter schrie immer: ‛Dort hängt ein Arm am Baum. In dem Zaun ist jemand aufgespießt’ und ‛Brennende Menschen’. Ich hatte immer einen Gedanken: Wir brauchen uns nicht zur Deportation zu stellen.“ 1945 ist Henny Brenner 20 Jahre alt. Die Mutter ist Jüdin, der Vater protestantisch – nach der perfiden Nazi – Ideologie eine Mischehe. Das Kino, welches sie betrieben hatten, müssen sie aufgeben. Henny Brenner darf nicht studieren und muss Zwangsarbeit leisten. ,,Das Schlimmste war das Gehen mit dem Stern auf der Straße“, erinnert sich Brenner. ,,Man war da einfach allem ausgesetzt. Schutzlos wurde man angepöbelt, bespuckt und ganze Schulklassen liefen hinterher und schrien ‛Judenschwein! Runter vom Bürgerstieg!’.“ 1933 lebten in Dresden etwa 6000 Juden. Anfang 1945 sind es nur noch 170. Die anderen wurden meist in Todeslager deportiert und umgebracht. Die letzten Dresdner Juden werden die Brenners von ihren so genannten arischen Ehepartnern geschützt. Doch am 12. Februar trifft der verhängnisvolle Bescheid ein: Henny Brenner wird aufgefordert, sich am 16. Februar auf Anweisung der Gestapo zur Deportation einzufinden. ,,Man wusste genau wo es hinging – in ein KZ“, erzählt sie. ,,Auschwitz gab es nicht mehr. Vielleicht wäre es Theresienstadt gewesen, aber wir wären vielleicht gar nicht bis dahin gekommen. Wir wären unterwegs schon erledigt, und in irgendeinem Wagon erschossen worden. Das wäre der sichere Tod gewesen.“ Die meisten Einwohner der Stadt wissen nichts oder geben vor, nichts zu wissen vom Schicksal ihrer jüdischen Nachbarn. Während diese verzweifelt überlegen, wie sie der Deportation entgehen können, wähnen sich die Dresdner zu diesem Zeitpunkt sicher vor dem Krieg. Bislang waren sie von größeren Bombenangriffen verschont geblieben. In der Nacht vom 13. auf den 14. Februar trifft Dresden der schwerste Bombenangriff der gesamten Krieges. Juden war es streng verboten, in den Kellern Schutz zu suchen, doch ein couragierter Luftschutzwart holt Familie Brenner aus der Wohnung. ,,Wir drei hatten auch Stahlhelme bekommen vom Luftschutzwart und einen Mundschutz,“ erinnert sich Brenner. ,,Wir hatten jeder einen kleinen Rucksack. Man hat immer das so genannte Fluchtgepäck dabei. Wir rannten raus aus dem Haus und das erste, was meine Mutter und ich taten, war den Stern abzureißen.“ 35 Anwendungsphase Die Schüler sollen jetzt ein paar Wendungen, die im Text auftreten, mit eigenen Worten erklären. Dann lesen ein paar Schüler laut ihre Erklärungen und vergleichen mit anderen. bespuckt sein angepöbelt sein Runter vom Bürgersteig! couragierter Luftschutzwart Sozialform: Einzelarbeit Feinziel: Ich kann die Wendungen aus dem Text mit eigenen Worten erklären Zeit: 20 Minuten Testphase Die Lehrerin teilt die Schüler in Gruppen ein. Jede Gruppe soll vier Fragen bearbeiten und dann in der allgemeinen Diskussion die Antworten präsentieren. Sozialform: Gruppenarbeit Feinziel: Ich kann mich zum Thema Juden in Deutschland während des Zweiten Welkriegs äußern. Zeit: 20 Minuten Die Fragen: Wie hat die allgemeine Situation der Juden in Deutschland während des Zweiten Welkriegs ausgesehen? Welche Unterschiede hat es zwischen einem jüdischen Ehepaar und einer Mischehe gegeben? Welche Symbolik hatte der Stern, den die Juden tragen mussten? In welchem Kontext erinnert sich Henny Brenner an die Bombardierung Dresdens? Was hat dieses Geschehen in ihrem Leben geändert? Zusammenfassung Die Schüler sollen eine kurze Zusamenfassung des Unterrichts machen. Sozialform: Plenum Feinziel: Ich kann sagen, was ich neues während des Unterrichts erfahren habe. Zeit: 5 Minuten 36 4.2 Didaktisierungsvorschlag Nr. 2 Gruppe: Fortgeschrittene, das zweite Jahr des Fremdsprachenlehrerkollegs Zeit: 90 Minuten Thema: ,,Das erste Opfer des Krieges ist die Unschuld“ Ziele: a) pragmatische: Üben der Sprachfertigkeit Ausspracheschulung Teilnahme an der Diskussion b) kognitive: Erlernen des neuen Wortschatzes Kenntnis der Probleme Täter – Opfer – Beziehung c) sozial – affektive: Lösung der Probleme Kreatives Denken Aufmunterung Die Lehrerin fragt die Schüler, welche Assoziationen sie mit den Stichworten Täter und Opfer haben. Sozialform: Plenum Feinziel: Ich kann sagen, was ich mit den Stichworten Täter und Opfer assoziiere. Zeit: 5 Minuten Opfer 37 Täter Thema und Zielangabe Die Lehrerin schreibt das Thema und sagt das Ziel des Unterrichts Sozialform: Frontallunterricht Feinziel: Ich kenne das Thema und das Ziel des Unterrichts. Zeit: 2 Minuten Einführungsphase Die Lehrerin fragt die Schüler, was die Begriffe Täter und Opfer für sie bedeuten. Sie versuchen ihre eigene Definitionen der Begriffe zu formulieren. Dann vergleichen sie ihre Definitionen mit den Definitionen im Lexikon. Sozialform: Einzelarbeit Feinziel: Ich kann eigene Definition schaffen. Zeit: 10 Minuten Übungsphase Die Lehrerin zeigt den Schülern das Foto von Dresden und fragt, ob sie wissen, mit welchem historischen Ereignis aus dem Zweitem Weltkrieg diese Stadt verbunden ist. Dresden 38 Dann bekommen die Schüler einen kurzen Text über die Zerstörung der Stadt im Jahre 1945. Sie sollen den Text lesen und die unbekannten Wörter unterstreichen. Nach dem Lesen sollen die Schüler kurz sagen, wovon der Text handelt. Sozialform: Einzelarbeit Feinziel: Ich kann einen Lesetext verstehen. Ich lerne den neuen Wortschatz kennen. Zeit: 30 Minuten Der Text: Am Anfang des Films hat Richter die Schuld der Deutschen am eigenen Untergang noch nicht vergessen. ,,Wir werden ihre Städte ausradieren!“, schreit die Stimme Adolf Hitlers und meint Großbritanien. Es ist der erste Satz im Drehbuch von Dresden, eine Absichtserklärung der Regie, auch beim Thema Bomberkrieg den Deutschen nicht automatisch die bequeme Opferrolle zuzuschreiben. Vor dem Hintergrund des drastisch ausgemalten Feuersturms verblasst die Schuld des deutschen Normalbürgers – eine faschistische Partei gewählt, den Holocaust geduldet und die Nazidiktatur mitgetragen zu haben. Am Ende des apokalyptischen Fernsehspektakels, als die schönste Stadt des Tausendjährigen Reiches niedergebrannt ist, steigt das deutsche Volk wie Phönix aus der Asche. Rußgeschwärzt und zerschunden, halb verbrannt, doch tapfer lächelnd nach durchlittenem Inferno, besichtigen die Überlebenden eine Trümmerwüste namens Dresden. In der Nacht des 13. Februar 1945 hat die Royal Air Force eine verheerende Doppelattacke mit fast 800 Lancaster – Maschinen geflogen, und nun beleuchtet der trübe Morgen eine im Feuersturm geläuterte Volksgemeinschaft: Wer vorher Täter war, ist plötzlich Opfer. Wer sich vorher mitschuldig fühlte an Hitlers totalem Krieg, ist nun ins Recht gesetzt durch Churchills moral bombing. Anwendungsphase Die Schüler bekommen jetzt von der Lehrerin drei Fragen zu bearbeiten. Sie können diese Fragen in den Gruppen bearbeiten. Sozialform: Gruppenarbeit Feinziel: Ich kann mich zum Thema Täter – Opfer – Beziehung äußern. Zeit: 20 Minuten Die Fragen: Wie weit darf eine zivilisierte Nation bei der Bekämpfung des Kriegsgegners gehen? 39 Wie weit darf sie gehen, wenn dessen Politik barbarisch ist und auf zivilisierte Normen keine Rücksicht nimmt? Welche zivilen Opfer dürfen bei der Verfolgung militärischer Ziele in Kauf genommen werden? Testphase Die Lehrerin zitiert den Schülern ein Fragment aus dem Film Dresden. Dann teilt sie die Schüler in zwei Gruppen ein: Die Schüler aus der ersten Gruppe werden mit den Leuten identifiziert, die den Bomberangriff überlebt haben. Die Schüler aus der zweiten Gruppe werden zu Opfern. In der Diskussion sollen sie die Argumente anführen, die sie in der Anwendungsphase bearbeitet haben. Sozialform: Gruppenarbeit Feinziel: Ich kann an einer Diskussion teilnehmen und Stellung zum Thema nehmen. Zeit: 20 Minuten Das Zitat: Das erste Opfer des Krieges ist die Unschuld, sie ist auch das letzte. Wer immer noch zurück schaut, sieht nichts als seine Schatten. Der Mensch ist nur dann frei, wenn eine Wahl treffen kann. Zusammenfassung Die Schüler sollen jetzt sagen, was sie neues im Unterricht kennengelernt haben. Sozialform: Plenum Feinziel: Ich kann sagen, was ich neues während des Unterrichts erfahren habe. Zeit: 3 Minuten 40 5 Zusammenfassung Die vorliegende Diplomarbeit stellt eine Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Gedächtnisses und damit verbundener Erinnerungen aus der Perspektive der Menschen, die an der Bombardierung Dresdens 1945 teilgenommen haben. Im ersten Kapitel wird es erläutert, was die Begriffe des Täters und des Opfers bedeuten. Es wird auch aufgezeigt, dass jede Nation im Laufe der Jahre ein kollektives Gedächtnis entwickelt. Es wird auch darauf aufmerksam, welche Rolle der Film als Medium des Gedächtnisses spielt. Im zweiten Kapitel werden die Theorien analysiert, die sich mit dem Phänomen des Gedächtnisses befasst haben. Es wird berücksichtigt, wie unterschiedlich es verstanden wird, was es beinhaltet, welche Dimensionen es umfasst und wie es unterteilt wird. Dabei handelt es sich mit der Auseinandersetzung mit den Theorien nach Maurice Halbwachs, Aby Warburg, Pierre Nora, Aleida und Jan Assmann. In diesem Kapitel wird auch erläutert, dass der Film für die Kultur des Erinnerns von zentraler Bedeutung ist. Im dritten Kapitel wird die Analyse des Films Dresden von Roland Suso Richter vollzogen. Dabei werden folgende Kriterien berücksichtigt: Figurenentwurf, Erzählperspektive und Erzählhaltung, Raumentwurf und Zeitgestaltung. Es wird die Gedanken- und Gefühlswelt der zwei Protagonisten aufgezeigt, die in einem Klassenkonflikt stehen. Es wird auch gezeigt, wie sich das Kriterium des Raumes entwickelt und welches Verhältnis dazu Figuren haben. Zum Schluss wird auf die zeitliche Ordnung des Films hingewiesen. Das vierte und letzte Kapitel enthält die Didaktisierungsvorschläge, wie man diese Thematik in den DaF- Unterricht einbeziehen kann. Die Stundenentwürfe zeigen, auf welche Art und Weise der Lehrer mit solchen Begriffen wie: Gedächtnis, Erinnerung, Täter – Opfer umgehen kann. 41 6 Literatur Primärliteratur Richter, Roland Suso: Dresden. 2005. Steinmetz, Rüdiger: Filme sehen lernen. Grundlagen der Filmästhetik. Frankfurt/Main: Zweitausendeins 2005. Sekundärliteratur Assmann, Aleida: Erinnerungsraume. Forme und Wandlungen des kulturellen Gedächtnisses. München: Beck 1999. Assmann, Jan: Kollektives Gedächtnis und kulturelle Identität. In: Assmann/Hölscher 1988. Assmann, Jan: Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. München: Beck 1992. Beicken Peter: Wie interpretiert man einen Film? Stuttgart: Philipp Reclam 2005. Biermann, Heinrich/Schurf, Bernd: Texte, Themen und Strukturen. München: Cornelsen Verlag 2006. Brackert, Helmut/Stückrath, Jörn: Literaturwissenschaft. Ein Grundbuch. Reinbek B. Hamburg: Rowohlt 1996. Cornelißen, Christopher: Was heißt Erinnerungskultur? Begriff – Methoden – Perspektiven. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht. München 2003. Errl, Astrid: Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen. Stuttgart/Weimar: J. B. Metzler 2005. Gast, Wolfgang: Zukunftsmodell ,,Technischer Fortschritt“? Max Frischs Roman ‹Homo Faber› (1957) und Volker Schlöndorffs filmische Interpretation (1991). In: Reden und Schweigen in der deutschsprachigen Literatur nach 1945. Fallstudien. Wrocław/Dresden: Neisse Verlag 2006. Gombrich, Ernest H.: Aby Warburg. Eine intelektuelle Biographie. Hamburg: Europäische Verlagsanstalt 1992. Halbwachs, Maurice: Das kollektive Gedächtnis. Frankfurt/Main.:Fischer (1985) 1991. Halbwachs, Maurice: Das Gedächtnis und seine sozialen Bedingungen. Frankfurt/Main.: Suhrkamp 1985. 42 Hanfeld, Michael: Über Die Bombardierung von Dresden im Februar 1945. Hermann, Jörg: Film als Medium der Erinnerung. In: Magazin für Theologie und Ästhetik 37/2005. Martinez, Matias/Scheffel, Michael: Einführung in die Erzähltheorie. München: C. H. Beck 2005. Nora, Pierre: Zwischen Geschichte und Gedächtnis. Frankfurt/Main.: Fischer 1998 (1990). Nünning, Ansgar: Literatur und Kulturtheorie. In: Metzler Lexikon. Stuttgart/Weimar: J. B. Metzler 2004. Wilpert, Gero: Sachwörterbuch der Literatur. Stuttgart 1989. Zimniak, Paweł: Niederschlesien als Erinnerungsraum 1945. Literarische Fallstudien. Wrocław/Dresden: Neisse Verlag 2007. Internetquellen www.wikipedia.org/wiki/Täter/Opfer.htm www.faz.net www.movie-film.com/filmschule/regie/erzählhaltungen.htm 43 Streszczenie Zagadnienia związane z ΙΙ wojną światową, jak również dyskurs dotyczący wzajemnej relacji pomiędzy ofiarą i katem zawsze stanowiły ważny punkt odniesienia w literaturze niemieckiej. W związku z powyższym, celem mojej pracy jest przeanalizowanie tej relacji na podstawie filmu Dresden, którego twórcą jest wybitny niemiecki reżyser, Roland Suso Richter. W pierwszym rozdziale został opisany cel pracy: wyjaśnienie pojęć ofiara – kat, a także odniesienie filmu jako medium pamięci. W części teoretycznej zostały opisane teorie, które są ściśle połączone z fenomenem pamięci, m. in. teoria wg. Maurice Halbwachs, Aby Warburg czy wg. Pierre Nora. W kolejnej części pracy została opisana analiza wyżej wspomnianego filmu, ze szczególnym uwzględnieniem takich zagadnień jak: konstelacje figur, perspektywa narracji czy ramy czasowe. W części praktycznej niniejszej pracy zostały zawarte propozycje konspektów lekcyjnych, opierających się na zagadnieniach związanych z pamięcią oraz na zagadnieniu, które dotyczy relacji ofiara – kat. Przedstawione propozycje są przeznaczone do realizacji na drugim roku Nauczycielskiego Kolegium Języków Obcych. Przedstawione propozycje stanowią materiał stymulujący do dyskusji, w której studenci mają prawo wyrażać własne, subiektywne zdanie odnośnie poruszanych tematów, doskonaląc jednocześnie własne zdolności i umiejętności językowe. W dalszej części pracy zostało zawarte podsumowanie, które odzwierciedla treść niniejszej pracy.