10 Ammoniak

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Ammoniak
Strukturformel
Allgemeines
Name
Ammoniak
Summenformel
NH3
Kurzbeschreibung
farbloses, stechend riechendes Gas
Eigenschaften
Molare Masse
17,03 g·mol−1
Aggregatzustand
gasförmig
Dichte
0,77 kg·m−3 bei 0 °C, 1,013 bar
Schmelzpunkt
−77,7 °C
Siedepunkt
−33 °C
Dampfdruck
8,58 hPa (20 °C)
pKs-Wert
Löslichkeit
 9,24 (NH3/NH4+, in Wasser)
 23 (NH2−/NH3, in Wasser)
 41 (in DMSO)
541 g·l−1 in Wasser (20 °C), gut löslich in Alkohol, Aceton,
Chloroform
Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung aus RL 67/548/EWG, Anh. I
R- und S-Sätze
R: 10-23-34-50: Giftig; Umweltgefährlich
S: (1/2)-9-16-26-36/37/39-45-61; (T); (N)
MAK
14 mg·m−3
LD50
4000 ppm/1h (LC50)
Ammoniak ist eine chemische Verbindung von Stickstoff und Wasserstoff mit der
Summenformel NH3. Ammoniak ist ein stark stechend riechendes, farbloses, wasserlösliches
und giftiges Gas, das zu Tränen reizt und erstickend wirkt. Ammoniak ist amphoter, wirkt unter
wässrigen Bedingungen jedoch als Base. Es bildet mehrere Reihen von Salzen, die
kationischen Ammoniumsalze, sowie die anionischen Amide, Imide und Nitride, bei denen ein
(Amide), zwei (Imide) oder bei den Nitriden alle Protonen durch Metallionen ersetzt sind.
Ammoniak ist eine der meistproduzierten Chemikalien und Grundstoff für die Produktion aller
weiteren Stickstoffverbindungen. Der größte Teil des Ammoniaks wird zu Düngemitteln,
insbesondere Harnstoff und Ammoniumsalzen, weiterverarbeitet. Die Darstellung erfolgt fast
ausschließlich über das Haber-Bosch-Verfahren aus den Elementen.
Biologisch hat Ammoniak eine wichtige Funktion als Zwischenprodukt beim Auf- und Abbau von
Aminosäuren. Auf Grund der Giftigkeit größerer Ammoniakmengen wird es zur Ausscheidung
im Körper in den ungiftigen Harnstoff umgewandelt.
Geschichte
Natürlich vorkommende Ammoniumverbindungen sind schon seit langer Zeit bekannt. So
wurde Ammoniumchlorid (Salmiak) schon in der Antike in Ägypten durch Erhitzen von
Kamelmist gewonnen. Beim Erhitzen bilden sich flüchtige Amine, die durch Reaktion mit
Kochsalz Ammoniumchlorid als weißer Rauch bilden. Sowohl Salmiak als auch Ammoniak
leiten sich vom lateinischen sal ammoniacum ab, das wiederum auf den antiken Namen der
Oase Siwa (Oase des Ammon oder Amun) zurückgeht. In der Nähe der Oase befanden sich
große Salzvorkommen, allerdings handelte es sich dabei wohl um Natriumchlorid und nicht um
natürlich vorkommendes Ammoniumchlorid.
Gasförmiger Ammoniak wurde erstmals 1716 von Johannes Kunckel erwähnt, der
Gärvorgänge beobachtete. Isoliert wurde das Gas erstmals 1774 von Joseph Priestley. Weitere
Forschungen erfolgten durch Carl Wilhelm Scheele und Claude-Louis Berthollet, die die
Zusammensetzung des Ammoniaks aus Stickstoff und Wasserstoff erkannten, sowie William
Henry, der das exakte Verhältnis der beiden Elemente von 1:3 und damit die chemische Formel
NH3 bestimmte.
In größerer Menge wurde Ammoniak ab 1840 benötigt, nachdem Justus von Liebig die
Stickstoffdüngung zur Verbesserung der Erträge in der Landwirtschaft entwickelt hatte.
Zunächst wurde Ammoniak als Nebenprodukt bei der Destillation von Kohle gewonnen, dies
war jedoch nach kurzer Zeit nicht mehr ausreichend, um die Nachfrage nach Düngemittel zu
decken. Ein erstes technisches Verfahren, um größere Mengen Ammoniak zu gewinnen, war
1898 das Frank-Caro-Verfahren, bei dem Calciumcarbid und Stickstoff zu Calciumcyanamid
und dieses anschließend mit Wasser zu Ammoniak umgesetzt wurden.
Ab etwa 1900 begann Fritz Haber, aber auch Walter Nernst, mit der Erforschung der direkten
Reaktion von Stickstoff und Wasserstoff zu Ammoniak. Sie erkannten bald, dass diese
Reaktion bei Normalbedingungen nur in sehr geringem Umfang stattfindet und dass für hohe
Ausbeuten hohe Temperaturen, ein hoher Druck sowie ein geeigneter Katalysator nötig sind.
1909 gelang es Haber erstmals, mit Hilfe eines Osmiumkatalysators Ammoniak im
Labormaßstab durch Direktsynthese herzustellen. Daraufhin versuchte er mit Hilfe von Carl
Bosch dieses Verfahren, das spätere Haber-Bosch-Verfahren auch im industriellen Maß
anzuwenden. Dies gelang nach Überwindung der durch das Arbeiten unter hohem Druck
verursachten technischen Probleme 1910 im Versuchsbetrieb. 1913 wurde bei der BASF in
Ludwigshafen die erste kommerzielle Fabrik zur Ammoniaksynthese in Betrieb genommen.
Dabei wurde ein inzwischen von Alwin Mittasch entwickelter Eisen-Mischkatalysator anstatt des
teuren Osmiums genutzt. Dieses Verfahren wurde schon nach kurzer Zeit in großem Maßstab
angewendet und wird bis heute zur Ammoniakproduktion genutzt. 1918 erhielt Fritz Haber für
die Entwicklung der Ammoniaksynthese den Chemie-Nobelpreis, 1931 zusammen mit Friedrich
Bergius auch Carl Bosch für die Entwicklung von Hochdruckverfahren in der Chemie.
Über die genauen Abläufe der Reaktion am Katalysator war dagegen lange Zeit nichts genaues
bekannt. Da es sich hierbei um Oberflächenreaktionen handelt, konnten sie erst nach der
Entwicklung geeigneter Techniken wie dem Ultrahochvakuum oder dem Rastertunnelmikroskop
untersucht werden. Die einzelnen Teilreaktionen der Ammoniaksynthese wurden dabei von
Gerhard Ertl entdeckt, der hierfür auch den Nobelpreis für Chemie 2007 erhielt.
Vorkommen
Da Ammoniak leicht mit sauren Verbindungen reagiert, kommt freies Ammoniakgas nur in
geringen Mengen auf der Erde vor. Es entsteht bei der Zersetzung von abgestorbenen
Pflanzen und tierischen Exkrementen. Bei der sogenannten Humifizierung werden
stickstoffhaltige Bestandteile der Biomasse durch Mikroorganismen so abgebaut, dass unter
anderem Ammoniak entsteht. Dieser gelangt als Gas in die Luft, reagiert dort jedoch mit
Säuren wie Schwefel- oder Salpetersäure und bildet die entsprechenden Salze. Diese können
auch übergrößere Strecken transportiert werden und gelangen leicht in den Boden. Wichtige
Quellen für die Ammoniakemission sind Vulkanausbrüche, die Viehhaltung wie die Rindermast
und auch der Verkehr.
Ammoniumsalze sind dagegen auf der Erde weitverbreitet. Das häufigste Ammoniumsalz ist
Salmiak, Ammoniumchlorid aber auch Ammoniumhydrogenphosphat (Phosphammit),
Ammoniumsulfat (Mascagnin) und eine Anzahl komplizierter aufgebauter Ammoniumsalzen mit
weiteren Kationen sind aus der Natur bekannt. Diese findet man vor allem in der Umgebung
von Vulkanen oder brennenden Kohleflözen, in denen organische Substanzen unter anderem
zu Ammoniak zersetzt werden. So wird Salmiak vorwiegend als Sublimationsprodukt um
Fumarolen gefunden, wo sich die im heißem Dampf enthaltenen Chlorwasserstoff- und
Ammoniak-Gase als Ammoniumchlorid niederschlugen.
Auch viele Gesteine und Sedimente, vor allem Muskovit, Biotit und Feldspat-Minerale enthalten
Ammonium. Dagegen enthalten Quarzgesteine nur geringe Mengen Ammonium. Für die
Verteilung spielt neben dem Ursprung des Ammoniums auch das Entweichen von Ammoniak
bei der Metamorphose eine Rolle.
Ammoniak kommt auch im Weltall vor, es war 1968 das erste Molekül, das durch sein
Mikrowellenspektrum im interstellaren Raum gefunden wurde. Auch auf den Gasplaneten des
Sonnensystems kommt Ammoniak vor.
Gewinnung und Darstellung
Ammoniakproduktion 1946–2007
Über 90 % des produzierten Ammoniak wird in der Direktsynthese
über das Haber-Bosch-Verfahren produziert. Dabei reagieren die
vorher gewonnenen Gase Stickstoff und Wasserstoff in einer
heterogenen Katalysereaktion in großen Reaktoren miteinander.
N2 + 3 H2 → 2 NH3
Reaktionsgleichung bei der Direktsynthese von Stickstoff und
Wasserstoff
Vor der eigentlichen Reaktion müssen zunächst die Ausgangsstoffe gewonnen werden.
Während Stickstoff als Luftbestandteil in großen Mengen zu Verfügung steht und durch
Luftverflüssigung gewonnen wird, muss Wasserstoff zunächst aus geeigneten Quellen
hergestellt werden. Das wichtigste Verfahren stellt dabei die Dampfreformierung dar, bei dem
vor allem Erdgas, aber auch Kohle und Naphtha in zwei Schritten mit Wasser und Sauerstoff zu
Wasserstoff
und
Kohlenstoffdioxid
umgesetzt
werden.
Nach Abtrennung
des
Kohlenstoffdioxides wird der Wasserstoff im Richtigen Verhältnis mit Stickstoff gemischt und je
nach Verfahren 80–400 bar, typischerweise auf 150–250 bar verdichtet.
Das Gasgemisch wird in den Reaktionskreislauf eingespeist. Dort wird es zunächst zur
Entfernung von Wasserspuren gekühlt und anschließend an Wärmetauschern auf 400–500°C
erhitzt. Das heiße Gasgemisch kann nun im eigentlichen Reaktor an Eisenkatalysatoren, die
mit verschiedenen Promotoren wie Aluminiumoxid oder Calciumoxid vermischt sind, zu
Ammoniak reagieren. Da dies wirtschaftlich günstiger ist, dauert die Reaktion nur kurze Zeit, sie
läuft nur zum Teil ab und das Gleichgewicht kann sich nicht einstellen. Das Gasgemisch, das
nun einen Ammoniakgehalt von etwa 16,4 % hat, wird in mehreren Stufen abgekühlt, so dass
das Ammoniak flüssig wird und abgetrennt werden kann. Das verbleibende Gemisch aus
Stickstoff, Wasserstoff und einem kleinen Restanteil Ammoniak wird zusammen mit frischem
Gas wieder in den Kreislauf eingespeist.
Eine mögliche Katalysator-Alternative wäre Ruthenium, das eine deutlich höhere
Katalysatoraktivität besitzt und damit höhere Ausbeuten bei niedrigen Drücken ermöglicht. Auf
Grund des hohen Preises für das seltene Edelmetall Ruthenium findet die industrielle
Anwendung eines solchen Katalysators aber bislang nur in geringem Umfang statt.
Ammoniak ist eine Grundchemikalie und wird in großem Maßstab produziert. Im Jahr 2007
wurden 131 Millionen Tonnen produziert. Die Hauptproduzenten sind die Volksrepublik China,
Indien, Russland und die Vereinigten Staaten. Für die Ammoniakproduktion werden große
Mengen fossiler Energieträger benötigt, der Anteil der Ammoniakproduktion am weltweiten
Verbrauch fossiler Energieträger beträgt etwa 1,4 %.
Eigenschaften
Physikalische Eigenschaften
Ammoniak ist bei Raumtemperatur ein farbloses, diamagnetisches, stechend riechendes Gas.
Unterhalb von −33°C wird es flüssig in Form einer farblosen, stark lichtbrechenden Flüssigkeit.
Auch durch Druckerhöhung lässt es sich leicht verflüssigen, bei 20 °C ist es schon ab einem
Druck von 899–900 kPa flüssig. Ursache hierfür ist die hohe kritische Temperatur, die bei 132,4
°C liegt. Der kritische Druck beträgt dabei 113 bar, die kritische Dichte 0,236 g/cm3
In der flüssigen Phase bildet Ammoniak polymere Ketten, die über Wasserstoffbrücken
miteinander verbunden sind. Um diese beim Verdampfen aufzubrechen, wird viel Energie
gebraucht, die aus der Umgebung aufgenommen werden muss. Dabei beträgt die
Verdampfungsenthalpie 23,35 kJ/mol. Dieser Effekt kann für die zur Kühlung genutzt werden.
Vor der Entwicklung der Halogenkohlenwasserstoffe war Ammoniak daher ein häufig benutztes
Kühlmittel in Kühlschränken.
Unterhalb von −77,7 °C erstarrt Ammoniak in Form von farblosen Kristallen. Es kristallisiert
dabei im kubischen Kristallsystem mit einem Gitterparameter a = 5,084 Å. Die Struktur lässt
sich von einem kubisch-flächenzentrierten Gitter ableiten, wobei sechs der zwölf
Nachbarmoleküle näher zum Zentralmolekül gelegen sind als die übrigen sechs. Dies lässt sich
durch schwache Wasserstoffbrückenbindungen von den freien Elektronenpaaren zu
benachbarten Wasserstoffatomen erklären. Jedes freie Elektronenpaar ist dabei mit jeweils drei
Wasserstoffatomen verbunden.
Molekulare Eigenschaften
Molekülgeometrie von Ammoniak
Ammoniak ist aus einzelnen Molekülen aufgebaut, die jeweils aus
einem Stickstoff- und drei Wasserstoffatomen bestehen. Die Atome
sind dabei nicht in einer Ebene, sondern in Form einer dreiseitigen
Pyramide angeordnet. Das Stickstoffatom bildet die Spitze, die
Wasserstoffatome die Grundfläche der Pyramide. Für diese Form
verantwortlich ist ein freies Elektronenpaardes Stickstoffs. Wird
dieses berücksichtigt, entspricht die Struktur der eines verzerrten
Tetraeders. Gemäß dem VSEPR-Modell ergibt sich durch das freie Elektronenpaar eine
Abweichung vom idealen Tetraederwinkel (109,5°) und einen Wasserstoff-StickstoffWasserstoff-Winkel von 107,3°. Dieser liegt damit zwischen den Bindungswinkeln im Methan
(idealer Tetraederwinkel von 109,5°) und Wasser (größere Verzerrung durch zwei freie
Elektronenpaare, Winkel 104,5°). Die Bindungslänge der Stickstoff-Wasserstoff-Bindung im
Ammoniak liegt bei 101,4 pm, was wiederum zwischen den Bindungslängen im Methan von
108,7 pm und Wasser (95,7 pm) liegt. Dies lässt sich durch die zunehmende
Elektronegativitätsdifferenz von Kohlenstoff über Stickstoff zu Sauerstoff und damit eine stärker
polare Bindung erklären.
Das Ammoniakmolekül ist nicht starr, die Wasserstoffatome können über einen planaren
Übergangszustand auf die andere Seite der Pyramide klappen. Die Energiebarriere für das
umklappen ist so klein, dass sich von Ammoniak und davon ableitbaren Aminen NR3 (R:
organische Reste) keine Enantiomere isolieren lassen. Ammoniakmoleküle besitzen eine sehr
exakte und konstante Schwingungsfrequenz von 23,786 GHz, die zur Zeitmessung verwendet
werden kann. Unter anderem wurde die erste Atomuhr mit Hilfe der AmmoniakSchwingungsfrequenz konstruiert.
Chemische Eigenschaften
Ammoniak ist amphoter und kann Protonen sowohl aufnehmen als auch abgeben. Bei der
Protonenaufnahme bildet es Kationen mit der Formel NH4+, die Ammoniumionen genannt
werden. Wird eines der Wasserstoffatome des Ammoniaks durch ein Metallatom ersetzt,
entstehen Amide, Verbindungen der Form NM2H (M:Metallatom), be denen zwei der drei
Wasserstoffatome ersetzt werden, heißen Imide, sind keine Wasserstoffatome mehr
vorhanden, spricht man von Nitriden.
Auf Grund der pKs-Werte von 9,2 für die Aufnahme und 23 für die Abgabe von Protonen wirkt
es meist als Base, nur mit sehr starken Basen wie Alkalimetallen reagiert es unter
Protonenabgabe.
NH3 + H+ → NH4+
Reaktion mit Säuren zu Ammoniumionen
2 NH3 + 2 Na → 2 NaNH2 + H2
Reaktion zu Natriumamid
In Wasser ist Ammoniak leicht löslich, bei 0 °C lösen sich 1176 Liter Ammoniak in einem Liter
Wasser. Durch Reaktion bildet sich Ammoniumhydroxid in Form einer schwach basisch
reagierenden Lösung.
Ammoniak kann mit Sauerstoff reagieren. An der Luft lässt sich dieser zwar entzünden, die
freiwerdende Energie reicht aber nicht für eine Weiterreaktion aus. In reinem Sauerstoff
verbrennt Ammoniak dagegen zu Stickstoff und Wasser, bei höherem Druck kann diese
Reaktion auch explosionsartig erfolgen. Eine entsprechende Reaktion erfolgt auch mit starken
Oxidationsmitteln wie wie Halogenen, Wasserstoffperoxid oder Kaliumpermanganat.
4 NH3 + 3 O2 → 2 N2 + 6 H2O
Die Reaktion von Ammoniak und Sauerstoff lässt sich durch Platin- oder RhodiumKatalysatoren beschleunigen, dabei entsteht jedoch kein Stickstoff, sondern Stickoxide wie
etwa Stickstoffmonoxid. Dieses wird bei der Produktion von Salpetersäure im OstwaldVerfahren ausgenutzt.
4 NH3 + 5 O2 → 4 NO + 6 H2O
Die Bildungsreaktion aus Stickstoff und Wasserstoff ist reversibel und kinetisch gehemmt.
Durch ultraviolettes Licht, elektrische Entladungen und Erhitzen an geeigneten Katalysatoren
kann diese Hemmung umgangen werden und Ammoniak in die Elemente zerfallen.
Flüssiger Ammoniak ist ein gutes Lösungsmittel mit ungewöhnlichen Eigenschaften. So löst es
Alkalimetalle unter Bildung einer blauen Lösung. Diese wird durch solvatisierte Elektronen
verursacht, die ohne Bindung zu einem bestimmten Atom in der Lösung vorhanden sind. Diese
verurachen auch eine gute Leitfähigkeit entsprechender Lösungen.
Verwendung
Ammoniak ist der Grundstoff für die Herstellung aller anderen industriell hergestellten
stickstoffhaltigen Verbindungen. Mit einem Anteil von 40 % im Jahr 1995 ist dabei Harnstoff die
wichtigste aus Ammoniak hergestellte Verbindung, die vorwiegend als Düngemittel und für die
Produktion von Harnstoffharzen eingesetzt wird; Harnstoff wird durch Reaktion von Ammoniak
mit Kohlenstoffdioxid gewonnen.
Neben Harnstoff werden auch weitere Stickstoffdünger aus Ammoniak hergestellt. Zu den
wichtigsten zählen die Ammoniumsalze Ammoniumnitrat, -phosphat und -sulfat. Insgesamt lag
der Anteil von Düngemitteln am Gesamtammoniakverbrauch im Jahr 2003 bei 83 %.
Ein weiterer wichtiger aus Ammoniak hergestellt Stoff ist die Salpetersäure, die wiederum
Ausgangsmaterial für eine Vielzahl weiterer Verbindungen ist. Im Ostwald-Verfahren reagiert
Ammoniak an Platinnetzen mit Sauerstoff und bildet so Stickoxide, die mit Wasser weiter zu
Salpetersäure reagieren. Zu den aus Salpetersäure hergestellten Verbindungen zählen unter
anderem Sprengstoffe wie Nitroglycerin oder TNT. Weitere aus Ammoniak synthetisierte Stoffe
sind Amine, Amide, Cyanide, Nitrate und Hydrazin.
Die Reaktion von Ammoniak mit Säuren wird in der Rauchgasreinigung ausgenutzt. Er ist in der
Lage mit Schwefel- und Salpetersäure zu reagieren und entzieht so dem Rauchgas
unerwünschte, umweltschädliche Schwefel- und Stickoxide.
Biologische Bedeutung
Nur wenige Mikroorganismen sind in der Lage, Ammoniak in der sogenannten
Stickstofffixierung direkt aus dem Stickstoff der Luft zu gewinnen. Beispiele hierfür sind
Cyanobakterien oder Proteobacterien wie Azotobacter. Aus diesem über das Enzym
Nitrogenase gewonnenen Ammoniak werden von den Bakterien Aminosäuren synthetisiert, die
von allen Lebewesen benötigt werden. Manche Pflanzen, wie Bohnen, Klee und Lupinen sind
für eine bessere Versorgung mit Aminosäuren auch Symbiosen mit bestimmten Bakterienarten
eingegangen.
Auch im Stoffwechsel beim Auf- und Abbau von Aminosäuren spielt Ammoniak, das unter
biochemischen Bedingungen als Ammonium vorliegt, eine wichtige Rolle. Aus Ammonium und
α-Ketoglutarat entsteht durch reduktive Aminierung Glutamat, aus dem wiederum durch
Transaminierung
weitere
Aminosäuren
synthetisiert
werden
können.
Während
Mikroorganismen und Pflanzen auf diese Art alle Aminosäuren synthtetisieren, beschränkt sich
dies bei Mensch und Tieren auf die nicht-essentiellen Aminosäuren.
Ebenso erfolgt der Abbau von Aminosäuren zunächst über eine Transaminierung zu Glutamat,
das durch das Enzym Glutamatdehydrogenase wieder in α-Ketoglutarat und Ammoniak
gespalten wird. Da größere Mengen Ammoniak toxisch wirken und auch nicht vollständig für
den Aufbau neuer Aminosäuren verwendet werden können, muss es eine Abbaumögichkeit
geben. Diese findet über den Harnstoffzyklus statt, über den in der Leber der Ammoniak in
ungiftigen Harnstoff umgewandelt wird. Dieser kann dann über den Urin ausgeschieden
werden.
Harnstoff kann durch das Enzym Urease, das in manchen Pflanzen wie der Sojabohne oder
der Schwertbohne, in bestimmten Bakterien und wirbellosen Tieren vorkommt, in Ammoniak
und Kohlenstoffdioxid gespalten werden. Diese Bakterien finden sich unter anderem im Pansen
von Wiederkäuern und bewirken, dass auch Jauche und Mist dieser Tiere ammoniakhaltig ist.
Dies stellt auch die größte anthropogene Ammoniak-Quelle in der Umwelt dar.
Gefahrenhinweise
Gasförmiger Ammoniak kann vor allem über die Lungen aufgenommen werden. Dabei wirkt er
durch Reaktion mit Feuchtigkeit stark ätzend auf die Schleimhäute. Auch die Augen werden
durch die Einwirkung von Ammoniak stark geschädigt. Beim Einatmen hoher Konzentrationen
ab etwa 1700 ppm besteht Lebensgefahr, jedoch besteht durch den unangenehmen Geruch,
der schon bei niedrigen Konzentrationen wahrnehmbar ist, eine Warnung, so dass
Vergiftungsfälle mit Ammoniak selten sind. Auch chronische Auswirkungen bei längerer
Einwirkung von Ammoniak sind vorhanden. Durch Schädigung der Atemwege kann es zu
Bronchialasthma, Husten oder Atemnot kommen. Wässrige Ammoniaklösungen können auch
über Haut und Magen aufgenommen werden und diese verätzen.
Nachweis
Es gibt mehrere Möglichkeiten, Ammoniak nachzuweisen. Einfache Nachweise, die aber häufig
nicht eindeutig sind, sind der typische Geruch, die Verfärbung von Indikatoren durch das
basische Ammoniak oder der typische weiße Rauch von Ammoniumchlorid, der bei der
Reaktion mit Salzsäure entsteht. Charakteristisch ist auch die Reaktion von
Ammoniaklösungen
mit
Kupfersalzlösungen,
bei
denen
der
dunkelblauen
2+
Kupfertetramminkomplex [Cu(NH3)4] entsteht.
Eine genaue, wegen der giftigen Quecksilberabfälle kaum noch eingesetzte Reaktion zur
Ammoniak-Bestimmung ist die Neßler-Reaktion, bei der Kaliumtetraiodomercurat(II) mit
Ammoniak zu einem typischen braunen Niederschlag von (Hg2N)I reagiert.
NH3 + 2 K2[HgI4] + 3 NaOH → [Hg2N]I ↓ + 4 KI + 3 NaI + 3 H2O
Ammoniak-Ionen, Kaliumtetraiodomercurat(II) und Natronlauge reagieren zum Iodidsalz der
Millonschen Base, die in wässriger Lösung ausflockt, Kaliumiodid, Natriumiodid und Wasser.
Stattdessen wird die Berthelot-Reaktion genutzt, bei der Ammoniak mit Hypochlorit Chloramine
bildet. Diese sind in der Lage, mit Phenolen zu Indophenolen zu reagieren, die an ihrer
tiefblauen Farbe erkannt werden können. Für geringe Mengen kann auch die Kjeldahlsche
Stickstoffbestimmung genutzt werden.
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