Deutsches Trauma- Zur Auseinandersetzung mit Flucht und Vertreibung Inhaltsverzeichnis Theoretischer Teil …………………………………………………………………….. 5 1 Literatur und Gedächtnis – Zur Zielbestimmung ………………………………….. 6 2 Methodologischer Ansatz und Forschungsstand …………………………………… 6 2.1 Gedächtnis und Erinnerungskulturen …………………………………………... 6 2.1.1 Aleida und Jan Assmann: „Das kommunikative und kulturelle Gedächtnis“ …………………………………………………………………….. 7 2.1.2 Maurice Halbwachs: „Das Familiengedächtnis“ …………………………. 7 2.1.3 Maurice Halbwachs: „Das individuelle Gedächtnis“ ……………….. 9 2.1.4 Pierre Nora: „Lieux de mémoire“ ………………………………………. 10 2.1.5 Aleida und Jan Assmann: „Gedächtnis als ars und als vis, Funktions-und Speichergedächtnis“ ……………………………………………………………. 11 2.1.6 Der Gieβene Sonderforschungsbereich 434 „Erinnerungskulturen“ ……... 12 2.2 Zum Topos der „verlorenen Heimat“ ………………………………………….. 14 2.3 Traumatische Erfahrungen und ihre (Un)Aussprechbarkeit …………………… 18 2.4 Literatur in narratologischer Perspektive ………………………………………. 20 Praktischer Teil ……………………………………………………………………….. 24 3.1 Figuren und Figurenkonstellationen ……………………………………………. 25 3.1.1 Figurales Denken, Fühlen und Handeln ………………………………….. 25 3.1.2 Motivierung ………………………………………………………………. 30 3.1.3 Figuren und ihr soziales Umfeld …………………………………………. 33 3.2 Erzählinstanz …………………………………………………………………… 35 3.3 Raumentwurf ………............................................................................................ 38 3.4 Zeitlicher Situations- und Ereignisrahmen ……………………………………. 39 4 Das Verhältnis zwischen dem Erzählten und dem Erzählen- Fazit…………… 42 Stundenentwurf Nr.1 ……………………………………………………………….. 43 Stundenentwurf Nr.2 ……………………………………………………………….. 48 Zusammenfassung …………………………………………………………….. 53 Streszczenie …………………………………………………………………… 54 Bibliographie ………………………………………………………………….. 55 1 Literatur und Gedächtnis - Zur Zielbestimmung Was versteht man eigentlich unter dem Begriff „Gedächtnis?“ Diese Frage bereitet den Wissenschaftlern viele Probleme, die sich mit der Analyse dieses Begriffes zu beschäftigen. Nach der Meinung von Niklas Luhmann kann das Gedächtnis nicht einseitig und passiv als Inbegriff aller erinnerbaren Erlebnisse und Inhalte verstanden werden. 1 Es lebt also im Kopf jedes Menschen, egal ob das ein Individuum oder eine soziale Gruppe ist. Wenn man sich mit der Analyse des Begriffes „das Gedächtnis“ beschäftigt, so kann man sich auf die Worte von Halbwachs berufen, der meint, dass alles was ins Gedächtnis gelangt, bearbeitet wird und:„in eine Lehre, einen Begriff, ein Symbol transportiert wird, in den es einen Sinn erhält.“2 Das Gedächtnis ist also ein Speicher von Erinnerungen, die eine Anbindung des Gestern an das Heute gewährleistet. Von Bedeutung ist aber die Tatsache, dass sie nicht von der Vergangenheit abhängig sind, sondern die Vergangenheit von ihnen. Man kann darauf hinweisen, dass etwas, woran man erinnert, uns widerfährt. Auch daran sei erinnert, dass das Gedächtnis auf die Literatur fokussiert ist. Die Autoren beschäftigen sich beispielsweise mit dem Thema der Flucht und der Vertreibung. Man darf nicht sagen, dass dieses Thema schon die Vergangenheit bedeutet. Es gibt viele Menschen in der heutigen Welt, die damals vertrieben worden sind. Dank der Erinnerungen haben sie alles im Kopf und geben diese schreckliche Erfahrungen, die sie erlebt haben, an die nächsten Generationen weiter. Man muss sich dessen bewusst werden, dass mit dem Thema der Vertreibung und der Flucht auch die Familie und die verlorene Heimat verbunden sind. Es ist zugleich klar, dass die Vertriebenen viele Abschiede und Neuanfänge erfahren haben. Die Heimat, die sie verloren haben, existiert nicht mehr und sie können zu ihr nur in Gedanken kommen. Die Erinnerungen sind also die einzige Möglichkeit, die sie kennen, um „das Gefühl der Heimat“ wieder zu finden. 1 Luhmann, Niklas: Gesellschaftsstruktur und Semantik. Studien zur Wissenssoziologie der modernen Gesellschaft. Bd. 4. Frankfurt (M.) 1995, S. 45-48. 2 Vgl. Halbwachs, Maurice: Das Gedächtnis und seine soziale Bedingungen. Frankfurt (M.) 1985, S 34-45. 2 Methodologischer Ansatz und Forschungsstand 2.1 Gedächtnis und Erinnerungskulturen 2.1.1 Aleida und Jan Assmann „Das kommunikative und kulturelle Gedächtnis“ Wenn man sich mit der Analyse des Begriffes „Gedächtnis“ beschäftigt, so muss festgestellt werden, dass es nicht so einfach zu definieren ist. Schon seit 1920 bildet das ThemaGedächtnis den primären Ausgangspunkt für viele Wissenschaftlern, die dieses Phänomen untersucht haben. Das Gedächtnis-Thema findet doch erst in den 1980er Jahren in der kulturhistorischen Forschung wieder Interesse. Von daher haben die Forscher Aleida und Jan Assmann einige Jahre darauf mit dem „kulturellen Gedächtnis“ ein Konzept vorgelegt, das im deutschsprachigen Raum das wirkungsvollste und im internationalen Vergleich am besten ausgearbeitet ist. Der Kern ihrer Arbeit ist, die Verbindung von Kultur und Gedächtnis systematisch, begrifflich zu differenzieren und theoretisch aufzuzeigen. Für ihre Begriffe besteht ein qualitativer Unterschied zwischen einem Gedächtnis, das auf Alltagskommunikation basiert und einem kollektiven Gedächtnis, das sich auf symbolträchtige kulturelle Objektivationen stützt. Aus diesem Gründe unterscheidet Jan Assmann zwischen zwei Gedächtnis-Rahmen, dem kulturellen und dem kommunikativen Gedächtnis.3 Das kommunikative Gedächtnis reicht drei bis vier Generationen von der jeweiligen Gegenwart zurück und wird vom persönlich Erlebten und vom Erzählten bestimmt. Außerdem ist es mündlich, gruppenspezifisch und generationsgebunden. Es hängt mit der Frage zusammen, wie die Menschen mit anderen über ihre Erinnerungen kommunizieren, denn der kulturelle Sinn entsteht erst durch die Interaktion und Kommunikation.4 So lässt sich feststellen, dass die Ebene des „Wie“ und die Ebene des „Was“ von großer Bedeutung sind. Der Erzähler, der eine Geschichte erzählt und sich mit eigenen Erinnerungen identifiziert, muss bestimmte kommunikative Leistungen erbringen. Eine Rolle spielt also sowohl die Präsentation der Geschichte als auch ihr Inhalt. Er muss also in der „Face-to-face“- Kommunikation sachlich, konkret sprechen und die überflüssigen Informationen vermeiden. Nur dann werden die Erinnerungen des Erzählers deutlich und präziser für die anderen sein. 3 Assmann, Jan: Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. München: Beck 1992, S. 34-47 4 Zimniak, Paweł: Erinnerung und Konstruktion- Zur Literatur als Medium kollektiven Gedächtnisses. In: Niederschlesien als Erinnerungsraum nach 1945. Literarische Fallstudien. Wrocław- Dresden 2007, S. 30 2.1.2 Maurice Halbwachs „Das Familiengedächtnis“ Das Familiengedächtnis von Maurice Halbwachs gilt als ein typisches intergenerationelles Gedächtnis. Seine Träger sind also Familienmitglieder, die den Erfahrungshorizont des Familienlebens teilen. Ein derartiges kollektives Gedächtnis konstituiert sich durch gemeinschaftliche Handlungen und geteilte Erfahrungen und dem zufolge auch durch wiederholtes gemeinsames Vergegenwärtigen der Vergangenheit.5 Das nimmt Bezug auf die Interaktion und Kommunikation in der These von Aleida und Jan Assmann. Von daher muss man noch erwähnen, dass das Familiengedächtnis mündlich wie im Fall des kommunikativen Gedächtnisses ist. Der Unterschied liegt aber darin, dass am Gedächtnis auch diejenigen teilnehmen, die das erinnerte nicht selbst miterlebt haben. Das kulturelle Gedächtnis gilt als der zweite Teil des kollektiven Gedächtnisses nach der These von Jan Assmann. Es transportiert einen festen Bestand an Inhalten und Sinnstiftungen, zu deren Kontinuierung und Interpretation Spezialisten ausgebildet werden. Es handelt sich um die Priestern, Schamanen oder Archivaren, die spezialisierte Traditionsträger sind. Nicht minder zu beachten ist die Tatsache, dass sein Gegenstand mythische interpretierte Ereignisse und Urgeschichte einer fernen Vergangenheit sind. In Frage kommen hier beispielsweise der Auszug aus Ägypten oder der Kampf um Troja. Es legt auch einen groβen Wert auf den hohen Grad an Geformtheit, Fest und zeremonielle Kommunikation. Das kulturelle Gedächtnis erfasst also die absolute Vergangenheit einer mythischen Welt. Nicht zu vergessen ist auch die Tatsache, dass das kulturelle Gedächtnis in Verbindung mit Schrift und politischer Identität steht. Von daher spricht Jan Assmann von der rituellen Kohärenz oraler Kulturen und der textuellen Kohärenz skripturaler Kulturen. Orale Kulturen nehmen Bezug auf die Mündlichkeit. Sie sind nämlich auf die genaue Wiederholung ihrer Mythen, die auf die Repetition angewiesen. Das kulturelle Gedächtnis war in den Köpfen der Sänger oder Schamanen bewahrt. Diese Form der Vermittlung der Erinnerungen war nicht präzis, denn jede Variation konnte den Überliefierungszusammenhang gefährden.6 Textuelle Kohärenz beruht hingegen auf der Vermittlung der Erinnerungen in der Form einer Schrift. So entsteht die Möglichkeit, mehr zu überliefern, als das Gedächtnis des Einzelnen zu behalten vermag. Wenn man sich die Frage nach der politischen Identität stellt, so muss man zwei wichtige Begriffe nennen, die Jan Assmann eingeführt hat. Das sind nämlich heiße und kalte Kulturen. Es handelt sich um heiße Kultur, wenn die Menschen ihre Erinnerung zum Motor ihrer 5 Halbwachs, Maurice: Das kollektive Gedächtnis. Frankfurt a.M.: Fischer 1991 ( orig: La mémoire collective. Paris: Presses universitaires de France 1950), S. 66. 6 Assmann, Jan: Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. München: Beck 1992, S. 34-47. Entwicklung machen, wie im Falle des alten Israels. Sie können den geschichtlichen Wandel durch Erinnerung an das ewig Gleiche jedoch auch einfrieren. Von Bedeutung ist die Tatsache, dass das Gedächtnis heißer Kulturen auf Mythen im Sinne von Geschichten über eine gemeinsame Vergangenheit, die Orientierung in der Gegenwart und Hoffnung für die Zukunft bieten. Die Beispiele für kalte Kultur hingegen sind das alte Ägypten oder das mittelalterliche Judentum.7 2.1.3 Maurice Halbwachs „Das individuelle Gedächtnis“ Eine wichtige Rolle spielt auch das individuelle Gedächtnis, das ein von zwei grundlegenden Konzepte von kollektiven Gedächtnis nach Maurice Halbwachs bildet. Nach der Position von Halbwachs ist der Mensch ein soziales Wesen, das ohne andere Menschen keinen Zugang zur Sprache, zu Sitten als auch zur eigenen Gedanken hat. Für seine Begriffe machen die Leute Erfahrungen im Kreis anderen Menschen, die uns dann später helfen können, die Ereignisse zu erinnern. Es ist zugleich klar, dass durch die Interaktion und Kommunikation mit unseren Mitmenschen, Wissen über Daten und Fakten, kollektive Zeit- und Raumvorstellungen sowie Denk-und Erfahrungsströmungen vermittelt werden.8 Man ist sich auch dessen bewusst, dass jedes Individuum vergangene Ereignisse verorten, deuten und erinnern kann. Soziale Rahmen (Menschen) vermitteln also die Inhalte des kollektiven Gedächtnisses. Von daher lässt sich feststellen, dass kollektives und individuelles Gedächtnis in einer Beziehung wechselseitiger Abhängigkeit stehen. Das Individuum erinnert sich, indem es sich auf den Standpunkt der Gruppe stellt und das Gedächtnis der Gruppe verwirklicht sich und offenbart in den individuellen Gedächtnissen. Man muss hier auch erwähnen, dass jedes individuelle Gedächtnis ein Ausblickspunkt auf das kollektive Gedächtnis ist. Dieser Ausblickspunkt ist als Standort zu verstehen, den die Menschen aufgrund ihrer kulturellen Prägungen einnehmen. Jeder Mensch gehört mehreren sozialen Gruppen an: der Familie, der Religionsgemeinschaft usw. Er verfügt über eine Palette unterschiedlicher, gruppenspezifischer Erfahrungen und Denksysteme. Nicht die Erinnerung selbst also, sondern die Kombination der Gruppenzugehörigkeiten, auch Erinnerungsformen- und Inhalte sind demnach das wirklich individuelle, das die Gedächtnisse einzelner Menschen voneinander unterscheidet. Ebd., S. 34 – 47. Halbwachs, Maurice: Das kollektive Gedächtnis. Frankfurt a.M.: Fischer 1991 ( orig: La mémoire collective. Paris: Presses universitaires de France 1950), S. 66. 7 8 2.1.4 Pierre Nora „Lieux de mémoire“ Im monumentalen Werk „Les lieux de mémoire“ stellt Pierre Nora die These dar, dass Gedächtnis und Geschichte keineswegs Synonyme sind, sondern in jeder Hinsicht Gegensätze. Zum Gegenstand seiner Reflexion werden Erinnerungsorte. Pierre Nora versteht unter diesem Begriff nicht nur geografische Orte, Gebäude, Denkmäler, Kunstwerke, sondern auch historische Persönlichkeiten, Gedenktage, philosophische und wissenschaftliche Texte oder symbolische Handlungen. Für Nora befindet sich die heutige Gesellschaft in einem Übergangsstudium, nationenspezifischen, in dem die Verbindung identitätsbildenden zur Vergangenheit lebendigen, abreißt. gruppen-und Daher gelten Erinnerungsorte als eine Art künstlicher Platzhalter für das nicht mehr vorhandene, natürliche, kollektive Gedächtnis.9 Im Noras Werk handelt es sich um eine Sammlung von Aufsätzen über Elemente der französischen Kultur, die für Aspekte einer gemeinsamen Vergangenheit stehen, in ihrer Vielfalt aber kein verbindliches Gesamtbild der Erinnerung ergeben. Von daher sind Erinnerungsorte Zeichen, die nicht nur auf zu erinnerte Aspekte der französischen Vergangenheit, sondern zugleich immer auch auf das lebendige Gedächtnis verweisen. Den Ausgangspunkt den von Nora Vorüberlegungen bildet die Tatsache, dass um Erinnerungsort bezeichnet zu werden, muss ein Ereignis oder Gegenstand erfüllt werden. Dem zufolge können 3 Dimensionen der Erinnerungsorten unterscheidet werden: materielle Dimension: Es handelt sich hier nicht nur um fassbare Gegenstände, wie Gemälde oder Bücher, sondern auch vergangene Ereignisse oder Schweigeminuten, weil sie ein materieller Ausschnitt einer Zeiteinheit sind, funktionale Dimension: Solche Objektivationen müssen in der Gesellschaft eine Funktion erfüllen, z.B.: berühmte Bücher, wie „Histoire de France“ von Ernest Lavisse, symbolische Dimension: Die Objektivation muss nicht nur eine Funktion haben, sondern auch eine symbolische Bedeutung. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Handlungen zum Ritual werden oder Orte mit einer symbolischen Aura umgeben sind.10 Im Laufe der Zeit wird die Definition der Erinnerungsorte differenziert. Auch Redeweisen, Denkfiguren 9 10 oder soziale Umgangsformen avancieren zum Gegenstand Nora, Pierre: Zwischen Geschichte und Gedächtnis. Frankfurt a. M.: Fischer 1998 [ 1990]. Nora, Pierre: Zwischen Geschichte und Gedächtnis. Frankfurt a. M.: Fischer 1998 [ 1990], S. 32. erinnerungshistorischer Studien. So stellen sich zugleich viele Kritiker die Frage, was also als Erinnerungsorte gilt? Die Antwort ist einfach und klar: alle kulturellen Phänomene, ob material, sozial oder mental, die auf kollektiver Ebene bewusst oder unbewusst im Zusammenhang mit Vergangenheit oder nationaler Identität gebracht werden. 2.1.5 Aleida und Jan Assmann „Gedächtnis als ars und vis, Funktionsgedächtnis und Speichergedächtnis“ Die Forscher stellen in ihrem Buch „Erinnerungsräume“ eine grundlegende Unterscheidung zwischen dem Gedächtnis als „ars“ und dem Gedächtnis als „vis“. Das Funktionsgedächtnis, also „vis“ ist als das bewohnte Gedächtnis genannt. Es besteht aus bedeutungsgeladenen Elementen, die zu einer Geschichte konfiguriert werden können und sich durch Gruppenbezug, Selektivität, Wertbindung und Zukunftsorientierung auszeichnen. Das Speichergedächtnis, also „ars“ hingegen ist das unbewohnte Gedächtnis, das keinen Bezug zur Gegenwart aufweist. Es erscheint als ein Wissensspeicher, in dem Informationen eingelagert und in der gleichen Form abgerufen werden können. Man sollte auch nicht davon vergessen, dass das Funktionsgedächtnis als Vordergrund zu denken ist, der sich vor dem Hintergrund des Speichergedächtnisses abhebt. Das Funktionsgedächtnis erfüllt so zentrale Aufgaben, wie Identitätskonstruktion oder Legitimierung einer bestehenden Gesellschaftsform. Das Speichergedächtnis hingegen dient als Reservoir zukünftiger Funktionsgedächtnisses, als Ressource der Erneuerung kulturellen Wissen und als Bedingung der Möglichkeit kulturellen Wandels. Beim Funktionsgedächtnis gibt es die Anbindung des Gestern an das Heute, beim Speichergedächtnis hingegen steht Gestern neben dem Heute.11 Durch die Unterscheidung zwischen einem Speicher- und Funktionsgedächtnis wird erklärt, warum der Begriff des kulturellen Gedächtnisses im Gegensatz zur Tradition steht. Mit dem Traditionsbegriff bekommt man nur die Aktualität, also den Funktionsbereich des kulturellen Gedächtnisses, in den Blick. Der Assmann’sche Begriff des kulturellen Gedächtnisses bezeichnet damit als Gesamtheit von Funktions- und Speichergedächtnis nicht nur einen größeren Objektbereich, als dessen Teilmenge Traditionen zu begreifen wären. 2.1.6 Der Gießener Sonderforschungsbereich 434 „Erinnerungskulturen“ 11 Assmann, Alida & Jan Assmann : Das Western im Heute. Medien und soziales Gedächtnis. In: Klaus Merten, Siegfried J. Schmidt & Siegfried Weischenberg ( Hg.): Die Wirklichkeit der Medien. Eine Einführung in die Kommunikationswissenschaft. Opladen: Westdeutscher Verlag 1994, S. 114-140. Im Jahr 1997 wurde an der Justus-Liebig-Universität Gießen mit Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft der Sonderforschungsbereich (SFB) 434 Erinnerungskulturen gegründet. Der SFB untersucht die Inhalte und Formen kultureller Erinnerung von der Antike bis ins 21. Jahrhundert. Ziel des SFB „Erinnerungskulturen“ ist eine konsequente Historisierung der Kategorie der historischen Erinnerung. Die Forscher entwickeln ein Konzept, das Dynamik, Kreativität, Prozesshaftigkeit und vor allem Pluralität der kulturellen Erinnerung in den Vordergrund rückt. Dieses Bestreben zeigt die Verwendung des PluralsErinnerungkulturen, die Vielfalt und historisch-kulturelle Variabilität von Erinnerungspraktiken und Konzepten an. Von daher wurde ein Modell zur Beschreibung von kulturellen Erinnerungsprozessen entworfen. Dabei legen sie einen groβen Wert auf die Suche nach operativen Faktoren und transversalen Linien, die unterschiedliche Möglichkeiten der thematischen, methodischen und theoretischen Zurichtung des Themas eröffnen. Zunächst einmal werden Rahmenbedingungen des Erinnerns untersucht, die durch 4 Faktoren bestimmt sind: die Gesellschaftsformation: es geht hier um den Typus der Gesellschaft, innerhalb der erinnert wird, z.B. Adelsgesellschaft oder bürgerliche Gesellschaft, ihre Wissensordnung, im Sinne einer epochalen Diskursformation mit eigenen Regeln, ihre Herausforderungslage: in dem Sinne werden Krisen von überkommenen Erklärungs- und Interpretationsmustern angesichts gesellschaftlicher Umbrüche gemeint, ihre Zeitbewusstseins, das von der Geschwindigkeit, dem Umfang und der Art des historischen Wandels geprägt wird. Auf einer zweiten Ebene geht es um die Ausformung spezifischer Erinnerungskulturen. Auch hier werden 4 Aspekte genannt: Erinnerungsinteressen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen; sie können miteinander in Konkurrenz treten, aber auch nebeneinander existieren, sich überlagern und durchdringen, Die Erinnerungstechniken: es handelt sich von dem mnemotechnischen Strategien, Kommunikationsweisen und Gedächtnismedientechnologien einer Gesellschaft, Erinnerungsgattungen: verschiedene Darstellungsformen von Vergangenheit, z.B. Geschichtsform, Historienbild, Erinnerungshoheit in einer Gesellschaft, deren jeweilige Ausprägung entlang einer Skala mit den Polen „hegemoniale Erinnerungskultur“ und „Konkurrenz von Erinnerungskulturen“ zu konzipieren ist. Die dritte Ebene betrachtet die Äußerungsformen und Inszenisierungsweisen des vergangenheitsbezogenen Sinns, bzw. das konkrete Erinnerungsgeschehen: Gedächtnis und Erinnerung sind voneinander abzugrenzen; kulturelles Gedächtnis wird als eine diskursive Formation verstanden, Erinnerung hingegen als Abruf und Neukonstitution von Wissen über Vergangenheit, der Typus der Erinnerungsarbeit reicht dabei von wissenschaftlich- diskursiven bis zu rein imaginativ-fiktiven Strategien, die Unterscheidung zwischen erfahrener und nicht erfahrener Vergangenheit, also zwischen Vergangenheit als individuelle Lebenserfahrung und der Aneignung eines Erinnerungsraums jenseits der Erfahrungsschwelle, Rezeptionsgeschichte der Objektivation, d.h. der Gegenstände und Medien des kulturellen Gedächtnisses. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen der ursprünglich intendierten Botschaft eines Gedächtnismediums und dessen tatsächlicher Aneignung durch historische Erinnerungskulturen. Der Erinnerungswert kultureller Objektivationen ist damit historisch, aber auch sozial und kulturell veränderlich.12 Im Großen und Ganzen lässt sich feststellen, dass sich die Forschung und Publikationen des SFB „Erinnerungskulturen“ stark auf die zweite Ebene des Modells, die Ausformung spezifischer Erinnerungskulturen konzentrieren und damit einen Beitrag zu einer kulturhistorischen Gedächtnisforschung darstellen. Untersucht werden unter anderem deutsch- jüdische Erinnerungskulturen, religiöse Erinnerungskulturen der römischen Antike oder islamische Erinnerungskulturen der Gegenwart. Schließlich haben die Mitarbeiter des SFB einen Beitrag zur Ausarbeitung zentraler Konzepte der kulturwissenschaftlichen Gedächtnisforschung geleistet. Dazu gehören, z.B. die Erfahrungs-und Zeitgeschichte, Generationalität, Medialität des kollektiven Gedächtnisses sowie die Gedächtniskonzepte der Literaturwissenschaft und der Mythos. 2.2 Heimat und der Topos der verlorenen Heimat 12 Erstantrag des Sonderforschungsbereiches 434 „ Erinnerungskulturen”. Gießen 1996, S. 11-16. Schon am Anfang dieses Unterkapitels muss eine Frage gestellt werden, was eigentlich Heimat ist. So lässt sich feststellen, dass diese Frage keineswegs einfach zu beantworten ist. Von daher äußert sich zu diesem schwierigen Thema Max Frisch, der dem deutschen Wort „Heimat“ eine Unübersetzbarkeit attestiert. So lassen sich prägnante Beispiele nennen, die im Wörterbuch „Duden“ nicht ohne weiteres zu übersetzen sind: „My country“ erweitert und litimiert Heimat auf ein Staatsgebiet, „Homeland“ setzt Kolonien voraus, „Motherland“ tönt als Vaterland.13 Diese Beispiele weisen also darauf, dass dieses Phänomen in seiner Übersetzung große Schwierigkeiten bereitet. Um sie zu vermeiden muss man feststellen, dass es unmöglich ist, den Bedeutungsgehalt des Heimatbegriffs anzugeben und in einer einzigen Definition alle Bedeutungsfacetten und Verwendungszusammenhänge zu erörtern, denn der Begriff entwickelte sich im Laufe der Zeit semantisch und wird im Bereich rationaler als auch im Kontext irrationaler Bewusstseinsformen angesiedelt. Von daher kann man 5 Thesen voranstellen, die den Begriff „Heimat“ betreffen: Heimat wurde im ursprünglichen Sinne als Inbegriff für Eigentum an Haus, Grund und Boden verwendet, das Heimatrecht konnte dank einer bestimmten Heimatangehörigkeit erworben werden. Diese bestimmte Heimatangehörigkeit bedeutete zugleich eine Gemeindeangehörigkeit und kam durch Geburt, Einheirat, Einkauf oder Aufnahme in die Gemeinde zustande, die Lockerung des rechtlichen Heimatbezugs und eine Befreiung aus ausschließlich rechtlicher Zuständigkeit ist als Ergebnis der Industrialisierung und der steigenden gesellschaftlichen Mobilität anzusehen, das Recht auf Heimat ist zweifelsohne eines der menschlichen Grundrechte, ein subjektives Recht eines Individuums oder eines Kollektivs, unabhängig davon, ob es als Teil des objektiven Staats-und Völkerrechts anerkannt oder abgelehnt wird, das Heimatrecht des einen Menschen darf auf Heimat des anderen nicht ausschließen. Demzufolge muss dieses gedanklich-rechtlich-juristische Konstrukt mit anderen Völker-und staatsrechtlichen Begriffen wie ”Selbstbestimmungsrecht“, „Diskriminierungsverbot“, „Vertreibungsverbot“, „Wohn-und Aufenthaltsrecht“, 13 Frisch, Max: Gesammelte Werke in zeitlicher Folge. 12 Bde. Hg. Von Hans Mayer und Walter Schmitz. Frankfurt ( M). 1976 „Ausbürgerungsverbot“ oder „Rückkehrrecht“ in Zusammenhang gebracht werden.14 Man muss sich daran erinnern, dass jahrhundertslang es eine sehr konkrete Vorstellung von Heimat gab. Man verstand diesen Begriff als Besitz von Haus und Hof und als das väterliche Erbe. Es ist doch selbstverständlich, dass die ganze konkrete Heimat nicht jedem gehörte. Das väterliche Erbe bekam immer der älteste Sohn, was bedeutet, dass die anderen die Heimat verloren haben, wurden also heimatlos. Das Wort „Heimat“ wurde also im Kontext der Besitzlosigkeit, Aufenthaltsverweigerung und letztendlich Heimatlosigkeit gesehen. In der zweiten Hälfte des 19.Jh., infolge des 1867 erlassenen Gesetzes über Freizügigkeit, setzte sich in den deutschen Ländern das Prinzip des Unterstützungswohnsitzes als eine neue Form des Heimatrechtes durch, das anschließend durch den Grundsatz des gewöhnlichen Aufenthaltes verdrängt wurde. Danach sollte die Unterstützung eines Unbemittelten die Wohngemeinde übernehmen, in der sich der oder die Betreffende mehr als zwei Jahre aufgehalten hatte. Diese Entwicklung des Heimatbegriffes kommentiert Walter Jens, der sagt: Heimat-das war bis zur Mitte des 19-en Jahrhunderts ein nüchternes Wort: von Traulichkeit, Poesie und sentimentalem Glanz keine Rede[…]. Heimat eine Idylle? Gewiss nicht. Raue Wirklichkeit vielmehr, Elend im Doppelsinn des Wortes (Unglück und Fremde) […].15 Von großer Bedeutung ist die Tatsache, dass über den Begriff „Heimat“ nicht nur Dichter verfügen, sondern auch Beamte und Verwaltungskundige, was durch dessen nüchterne, sachliche und präzise Bedeutung möglich ist. Das Wort „Heimat“ stellte früher und stellt noch immer ein Rechtsverhältnis und eine Rechtstatsache dar, hat also seine grundsätzliche rechtliche Relevanz bewahrt. Die Bedeutung des Begriffs hat sich in den Bereich des Verfassungs- und Völkerrechts verlagert. Von dem festgeschriebenen Rang der Heimat zeugt Artikel des deutschen Grundgesetzes, der spricht, dass niemand aufgrund seiner Heimat und Herkunft benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Die völkerrechtliche Dimension des Heimatbegriffs erstreckt sich heute vor allem auf das Selbstbestimmungsrecht und das Recht auf Heimat. Dieses Menschenrecht auf Heimat soll aber keineswegs eine Legitimation sein, andere dieses Rechtes zu berauben, wenn man sein eigenes Heimatrecht durchsetzt. Das Recht würde unter diesen Umständen zum Unrecht. Der Heimatbegriff, der sich ständig im Laufe der Zeit entwickelt, kann in den Bereich des Allgemein-Abstrakten verlagert werden, Zimniak, Paweł: Heimatverbundenheit und Weltläufigkeit. In: Convivium. Germanistisches Jahrbuch Polen. Bonn. 2002, S. 75-98. 15 Jens, Walter: Nachdenken über Heimat, Fremde und Zuhause im Spiegel deutscher Poesie. In: BIENEK HORST( ed.): Heimat. Neue Erkundungen eines alten Themas. München/ Wien. 1985, S. 14-26. 14 was natürlich etwas Bedrohliches bedeuten kann. Zu diesem Thema äußert sich Christian Graf von Krockow: Heimat ins Abstrakte wenden und an einen Ort verlegen, mit dem die reale Kindheit nichts zu tun hat, heißt aus ihr ein Zerrbild machen und sie zur politischen Parole herabwürdigen, heißt das Recht auf Heimat ins Unrecht verkehren[…].16 Man muss hier auch erwähnen, dass Heimat nach der Position von Krockow immer etwas Persönliches und Konkretes bedeutet. Sie wird mit jedem Menschen neu geboren und auch mit ihm stirbt. Schon in der zweiten Hälfte des 19.Jh. ist es zu einer wesentlichen Annäherung der Begriffe „Heimat“, „Vaterland“, „Nation“ gekommen. Haus und Hof waren für viele infolge des Industrialisierungsprozesses und aufgrund der wachsenden Mobilität der Bevölkerung keine Bezugs-und Haltepunkte mehr. Die Bindung an einen einzelnen Ort ging verloren. Die Politisierung des Heimatbegriffs und Verlagerung in die nationale Dimension verursachten, dass der eindeutige, politische Begriff „Vaterland“ mit der natürlich gewachsenen Bindung „Heimat“ verschmolzen werden. Ein neuer Ansatzpunkt für einen politischen Einsatz des Heimatbegriffs war mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus entstanden, der als ein neues Beheimatungsangebot gelten sollte, mit der Aufgabe, das Individuum in eine neue Ordnung von Staat und Gesellschaft zwecks der Stärkung kollektiven Bewusstseins von nationaler Zugehörigkeit, Eigenart und Auserwähltheit zu integrieren. Nicht zu vergessen ist die Tatsache, dass Heimat mit schrecklichen Erfahrungen verbunden ist. Leider muss man sagen, dass nicht alle in eigener Heimat leben können. Sehr oft kommt es dazu, dass die Leute aus eigener Heimat fliehen müssen oder unter Zwang vertrieben worden sind und sich in anderem Land wieder zu finden müssen. Als Beispiel kann das Zitat aus dem ersten Nummer der 1933 gegründeten Zeitschrift „Die Heimat“ gelten. Zitiert wird hier von Klaus Lindemann: Volk und Heimat sind durch das Werden eines neuen Staates wieder zu einem Begriff geworden. Blut und Boden sind wieder Träger einer gestaltenden Staatsidee, die bewusst alle Tradition und Geschichte gewordene Vergangenheit an alle gutwilligen, eigenstarken Kräfte der Gegenwart bindet, ein sauberes, sicheres Haus deutscher Zukunft zu bauen. Aus Blut und Boden soll das neue Reich erstehen[…], aus der Blutsgemeinschaft soll die Volksgemeinschaft werden.17 16 17 Krockow, Christian Graf von: Heimat. Erfahrungen mit einem deutschen Thema. München. 1992. Lindermann, Klaus: Heimat. Geschichte und Prosa. Arbeitstexte für den Unterricht. Stuttgart. 1992. Es ist aber doch selbstverständlich, dass die Menschen, die wegen Religion, Aussehen oder Identität fliehen müssen und emigriert sind, erfahren traumatische Erlebnisse. Sie verlieren etwas, was für sie das wichtigste ist, was sie von der Geburt kennen und lieben. Als Beispiel kann man das Schicksal von Paul Mühsam nennen, der Jude ist und vertrieben wurde. Über seine schreckliche Erfahrungen schreibt seine Tochter Else Levi-Mühsam: Ein Jude bin ich. Das ist mein Verbrechen. Mich packt Entsetzen vor der Menschheit an[…]. Man treibt mich, mich zu trennen Von diesem Volk, die äußerste Bedrängnis. Ich klage dich nicht an, ich wein um dich.18 Nach 1945 geriet der Heimatbegriff wieder in eine politische Dimension, bedingt vor allem durch Flucht und Vertreibung der Deutschen, wobei erwähnt werden sollte, dass das Vertreibungsschicksal auch große Bevölkerungsteile anderer Nationen unangenehm berührt hat. Ein interessantes Beispiel für die verlorene Heimat ist auch die Existenz der ehemaligen DDR, die für viele ein „heimatloser Staat“ war: Die DDR war gewissermaßen ein heimatloser Staat, und daran ist sie gescheitert. Bloßes Machwerk aus der Doktrin, narr von fremder Macht gehalten, blieb sie ohne Wurzeln in der Geschichte […].19 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Thema „Heimat und der Topos der verlorenen Heimat“ immer aktuell ist. Wenn man an die Heimat denkt, denkt man sofort an ihren Verlust. Es ist doch selbstverständlich, dass die Menschen für die Heimat kämpfen und auch sterben. Von daher ist jeder sich dessen bewusst, wo seine Wurzeln liegen und was er in Wirklichkeit ist. 2.3 Traumatische Erfahrungen und ihre (Un)Aussprechbarkeit Wenn man sich mit dem Thema „Traumatische Erfahrungen und ihre (Un)Aussprechbarkeit“ beschäftigt, so muss man zunächst einmal sagen, was eigentlich „Trauma“ bedeutet.. Nach der Meinung von Peter Fiedler beschreibt der Begriff „Trauma“ die von solchen Ereignissen schwer verletzte Seele (Psyche) und daraus resultierenden Symptome und Verhaltensweisen. Ein Trauma wird aber auch durch das erlebte traumatische Ereignis definiert. Beispiele dafür, dass man ein Trauma haben kann, sind: Flucht, Krieg, Folter, Katastrophen oder 18 Levi- Mühsam, Esel: Viel Wege bin ich, Gott, nach Dir gegangen. Mein Vater Paul Mühsam. Esslingen am Neckar. 1999. 19 Krockow, Christian Graf von: Heimat. Erfahrungen mit einem deutschen Thema. München. 1992. Krankheiten.20 Man muss hier sagen, dass der Begriff „Trauma“ eng zusammen mit dem Wort „Erfahrungen“ hängt. Wenn man ein Trauma mit den Erfahrungen verbindet, so lässt sich zugleich feststellen, dass sie etwas negatives bedeuten, „Traumatische Erfahrungen“. Nicht minder zu beachten ist die Tatsache, dass wenn man im Leben etwas traumatisches erfährt, so kann man auf dieses Thema einfach reden oder ganz schwer schwiegen. Von daher muss man erklären, was eigentlich Reden und Schweigen bedeuten. Nach Paweł Zimniak ist Reden nicht nur Reden über bestimmte Sachverhalte. Es ist nicht nur ein kommunikativer Akt der Mitteilung, sondern auch der Selbstmitteilung.21 Das Schweigen hingegen ist eine spezifische Art der Kommunikation. Schweigen heißt aber auch, nicht zu sagen, was man sagen kann. Man kann über das Schweigen reden und das Schweigen ist das Reden. Man kann so schweigen, dass man verstanden wird. Als das erste Beispiel für dieses traumatisches Thema kann das Holocaust-Mahnmal, das Denkmal für die ermordeten Juden Europas gelten. Dieses Bauwerk wurde im Zentrum Berlins in der Nähe des Branderburger Tores errichtet und stammt von Peter Eisenman. Das Mahnmal wurde am 10. Mai 2005 feierlich eingeweiht und seit dem 12. Mai 2005 der Öffentlichkeit zugänglich. Es steht für das Schweigen als Erinnerung. Die monumentale Rauminstalation, die aus 2711 Stelen besteht, erinnert an Grabsteine. Die graue Farbe dieser Stelen soll an die Asche der verbrannten Juden erinnern, die meistens in Gewässer oder auf Felder gestreut wurde. Man muss hier sagen, dass dieses Denkmal in der heutigen Welt eine neue Idee der Erinnerung zu entwickeln versucht. Es erinnert an das Schweigen der Opfer und Toten und erscheint auch selbst ziemlich schweigsam und verlassen. Das Schweigen bekommt in diesem Fall eine große Bedeutung. Man schweigt, in dem man über das Reden der Opfer und Toten, das Reden der Geschichte, das Reden der eigenen Gedanken und Gefühle redet. Wenn man sich eine Frage stellt, was eigentlich traumatische Erfahrungen sind, so muss man zuletzt den zweiten Weltkrieg als Beispiel nennen. Nach diesem Albtraum lauteten oft ausgesprochene Worte: „Wir mussten nichts davon“ und meinten Auschwitz. Wenn man an diesen Ort denkt, denkt man sofort an die Menschen, die in unmenschlicher Weise getötet wurden. Sie galten in den Konzentrationslagern nur als Sachen, an denen man Experimente machte. Von daher muss man an diesen schrecklichen Ort erinnern, um den Opfern und den Toten zu gedenken. Dieses Beispiel zeugt davon, dass das Schweigen tötet. 20 Fiedler, Peter: Dissoziative Störungen und Konversion. Trauma und Traumbehandlung (2 Auflage, 2001). Jeder Mensch soll sich dessen bewusst werden, wie Menschen „unmenschlich“ sein können. Das Schweigen ist hier auch lauter Schrei der Opfer und Toten. Von Bedeutung ist die Tatsache, dass die Menschen oft wegen ihrer Nationalität getötet werden. Das ist doch sinnlos, denn das Leid hat keine Nationalität. Das Motiv des Verstummens und des Schweigens ist für poetische Konzepte von Bachmann, Eich oder Kaschnitz charakteristisch. Ein prägnantes Beispiel dafür ist Hiroshima Marie Luise Kaschnitz. Dieser Gedicht nimmt Bezug auf ein bestimmtes Ereignis. Der Titel hat eine wichtige, historische Bedeutung. Am 6. August 1945 wurde über der japanischen Stadt Hiroshima die erste Atombombe entzündet. Viele Japaner haben ihren Tod gefunden. Die Zahl der Toten wird mit mehr als 200000 beziffert. Von Bedeutung ist die Tatsache, dass diese Bombe der Mensch selbst entwickelt hat und sie hat diesen Menschen zerstӧrt. Die Täter sind imstande das Leben auf der Erde auslöschen, sie können den ganzen Planeten auslöschen. Im Text sind bestimmte Reaktionen der Menschen vorhanden, die für den Tod der vielen Menschen verantwortlich sind. Es ist doch selbstverständlich, dass Gewissensbisse haben und vor ihnen und Schuldgefühlen in Wahnsinn fallen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich immer häufiger die Geschichte im schlechten Licht zeigt. Die schrecklichen Erfahrungen werden gelöscht, einfach kaschiert. Man darf die Menschen nicht schweigen lassen. Auch die schwarze Seite der Vergangenheit soll den Menschen bekannt werden, damit sie gleiche oder ähnliche Fehler nicht begehen. 2.4 Literatur in narratologischer Perspektive Bei der Analyse des Themas „Literatur in narratologischer Perspektive“ muss man zuerst erklären, was eigentlich dieser Begriff bedeutet. Die Literatur ist einen Sprache, die sich von der alltäglichen Kommunikation sehr differenziert. Nach der Position von Matias Martinez und Michael Scheffel unterscheidet man zwischen dem faktualen-alltäglichen und fiktionalenliterarischen Erzählen. Die Autoren des Textes: „Merkmale fiktionalen Erzählens“ weisen im ersten Schnitt darauf, was eigentlich das Wort „erzählen“ in den Wörterbüchern Brockhaus, Duden und Wahrig bedeutet: etwas Erfundenes erzählen „ausführlich, auf unterhaltsame Weise in Worten weitergehen“ jemandem etwas erzählen heißt anders gesagt „weismachen, vortäuschen“, drittens (literarisch)- als erzählende Dichtung- „Dichtung, die in Versen oder Prosa eine abgeschlossene Begebenheit schildert.“ Das Wort „erzählen“ bedeutet mitteilen oder ganz einfach sagen.22 Es lässt sich aus den zitierten Artikel eine folgende Definition feststellen. Als „Erzählen“ bezeichnet man eine schriftliche oder mündliche Rede, in der jemand jemandem etwas Besonderes erzählt. Und diese Rede ist nur dann eine Erzählung, wenn sie einen zeitlich vorausliegenden Vorgang vergegenwärtigt, der als ein Geschehnis oder eine Begebenheit bestimmt werden kann. Neben einer allgemein gültigen Definition des Erzählens ermöglicht auch das Wörterbucheintragung Unterschiede in der Verwendung des Wortes zu benennen. Diese Unterschiede betreffen einerseits den Realitätscharakter und anderseits die Redesituation, in der eine Erzählung erfolgt. Man kann eine genauere Aussage über die jeweilige Rede machen, wenn man sich bestimmter Merkmalspaare bedient: real/ fiktiv, dichterisch/ nichtdichterisch. Wenn man die nichtdichterische Rede nimmt, so lässt sich feststellen, dass sie eine faktuale Rede ist, die zugleich auch real ist. Hier kann man von realen Vorgängen erzählen und nimmt man Bezug auf etwas Stattgefundenes, etwas Reales. Aber es kann auch ein Sonderfall sein, wenn im Rahmen der nichtdichterischen Rede von erfundenen Vorgängen erzählt wird, zwecks Täuschung oder Lüge. Im Fall der dichterischen Rede muss man zuerst erklären, was eigentlich „fiktional“ bedeutet. Dieser Begriff steht im Gegensatz zu „faktual“ und bezieht sich auf den Status der dichterischen Rede Der Autor produziert die Sätze, die inauthentisch sind. Die dichterische Rede findet also im Rahmen einer fiktionalen Welt statt. Die Literatur arbeitet mit Fiktionen und deshalb ist die erzählte Welt eine fiktionale Welt. Die Autoren überlegen auch, welche Einstellung zur fiktiven Welt der Leser annehmen könnte: der Leser sollte sich in die erzählte Welt hineinversetzen und das Erzählte mindestens vorübergehend für real annehmen, der Leser sollte einen fiktiven Text im Bewusstsein der Fiktionalität lesen und ganz bewusst den fiktiven Status der erzählten Welt reflektieren, denn in dieser Welt begegnet er nicht die Dingen selbst, sondern ihre Nachahmungen. Bei der Analyse von fiktionalen Texten muss man sowohl das Erzählen als auch das Erzählte berücksichtigen. 22 Martinez, Matias/ Scheffel, Michael ( Hg.): Einführung in die Erzähltheorie, München: Ch.Beck. 2005( 1999), S. 9-25. Scheffel und Martinez versuchen zu begründen, warum es so ist, dass man sich als Leser nicht nur auf das „Was“ einlassen sollte. Schon am Anfang wird darauf hingewiesen, dass wenn man auf den Text blickt, hat man zum einen eine Geschichte (das „Was“), zum anderen wird dieses Erzählte von eine ganz spezifische Art durch das erzählerische Medium mit bestimmten Verfahren der Präsentation vermittelt und dargestellt. Es ist also nicht nur das wichtig, was erzählt wird, sondern auch, wie etwas erzählt wird. Das ist von Bedeutung, weil man sich oft beim Umgang mit Texten nur auf den Inhalt einlässt und die Ebene des „Wie“ bleibt auf der Strecke. Mit dem Wechselverhältnis zwischen dem Erzählen und dem Erzählten arbeitete man auch in historischer Hinsicht. Die Anfänge liegen bei den russischen Formalisten. Boris Tomašewskij hat in der narratologischen Diskurs innerhalb der Erzähltheorie zwei Begriffe geprägt: fabula, sjužet. Der Begriff „fabula“ bezieht sich auf die Ebene des Erzählten und „sjužet“ auf die Ebene des Diskurses, auf das Erzählen. Diese zwei Begriffe hat Tomašewskij auf Ereignisse und Motive reduziert. Also „fabula“ ist die Gesamtheit der Motive innerhalb des Textes und „sjužet“ ist eine ganz bestimmte, spezifische Anordnung und Verknüpfung der Motive. Tzvetan Todorov, der strukturalistische Erzähltheoretiker hat auch zwei Begriffe geprägt: histoire, discours. Der Begriff der „histoire“ bezieht sich auf die Geschichte, auf die erzählte Welt, auf das Erzählte. Das ist eine bestimmte fiktionale Realität innerhalb der erzählten, fiktiven Welt. Diese Realität besteht aus bestimmten Ereignissen als narrativen elementaren Einheiten des Textes und aus bestimmten Figurenkonstellationen. Der Begriff des „discourses“ bezieht sich aufs Erzählen, auf die Ebene der Präsentation der Geschichte. Auf die Ebene des „discourses“ handelt es sich nicht nur um die erzählten Ereignisse selbst, sondern um die Art und Weise, wie diese Ereignisse vermittelt sind. Die Begriffspaare von Tomašewskij und Todorov sind nicht bedeutungsgleich. Man kann zwei Unterschiede finden: Tomašewskijs „sjužet“ bedeutet die Reihenfolge der Ereignisse in literarischer Darstellung; Todorovs „discours“ Vermittlung eines Geschehens, Zeitgestaltung. umfasst die ganze, komplexe literarische also auch Perspektive, Stil, Modus und Todorovs „histoire“ umfasst nicht nur das Geschehen, sondern auch die Reihenfolge der Geschichte, die Kontinuum der erzählten Welt; Tomašewskijs „fabula“ umfasst die Gesamtheit der handlungsrelevanter Motive innerhalb des Textes, wobei die Reihenfolge hier keine Rolle Spielt. Den Begriff „histoire“ hat der französische Erzähltheoretiker, Gerard Genette übernommen und gesagt, dass man den Begriff des „diskurses“ weiter differenzieren soll. Er hat für die Ebene des „diskurses“ die Erzählung und die Narration vorgeschlagen. Die „histoire“ versteht Gerard Genette als das Signifikat, als den narrativen Inhalt, das Konzept, das Bezeichnete. Die Erzählung wäre also der Signifikant, also das Lautbild, das Bezeichnende oder der narrative Text. Die Narration bezieht sich auf den produzierenden narrativen Akt. Hier sind zwei Personen zu berücksichtigen: der Autor, der Sätze produziert, die zwar real aber inauthentisch sind, weil sie nicht als die Behauptungen des Autors zu verstehen sind, der Erzähler, der auch Sätze produziert, die fiktiv/imaginär aber authentisch sind, weil als seine Behauptungen zu verstehen sind. Scheffel und Martinez sind im Bereich des „Was“ für die Diegese und die Handlung. Die Diegese ist die erzählte Welt, das raumzeitliche Universum der Erzählung. Die Handlung ist die Gesamtheit der handlungsfunktionalen Elemente des Erzählten. Hier sondern die Autoren 4 Elemente heraus: Ereignis (Motiv)- die elementare Einheit eines narrativen Textes, Geschehen- eine chronologische Anordnung von Ereignissen, die Geschichte- ein chronologischer und ein kausaler Zusammenhang von Ereignissen, ein Handlungsschema- ist typisch für eine bestimmte Textgruppe. Wenn man mit Texten umgeht, muss man auch fragen , ob sich ein spezifischer Handlungsschema heraussondern lässt. Die Ebene des „Wie“ bezeichnen sie als „die Darstellung“, die aus der Erzählung und dem Erzählen besteht. Die Erzählung bezieht sich auf den narrativen Text. Das Erzählen hingegen ist die Art und Weise der Präsentation der Geschichte aus einer bestimmten Perspektive. 3.1 Figuren und Figurenkonstellationen Nach Metzler Lexikon „Literatur- und Kulturtheorie“ ist die Figurenkonstellation eine: Bezeichnung für die dynamische Struktur des Personals, d.h. der Gesamtheit aller vorkommenden literarischen Figuren, in einem Drama oder einem Erzähltext. Der im Rahmen strukturalistischer Ansätze geprägte Begriff der Figurenkonstellation bezieht sich auf das Verhältnis bzw. die Stellung der Figuren zueinander, also nicht bloß auf die statischen Merkmale bzw. Eigenschaften der Figuren, sondern v.a auf die Anordnung der Figuren und die sich im Textverlauf wandelnden Beziehungen zwischen ihnen.23 3.1.1 Figurales Denken, Fühlen und Handeln Beim Umgang mit literarischen Texten muss man als Leser nicht nur die dargestellten Handlungen und Milieus berücksichtigen, sondern auch Figuren, die handeln. Zunächst einmal muss man aber erklären, was eigentlich „literarische Figur“ bedeutet. Im Metzler Lexikon „Literatur- und Kulturtheorie“ steht die literarische Figur für eine menschliche oder menschenähnliche Gestalt in fiktionalen Texten. Figuren bestehen aus Textelementen, die durch den Bezug auf literarische Typen und Personenwahrnehmungsmodelle Kohärenz erhalten und mit weiteren Informationen angereichert werden. Zu unterscheiden sind Weise und Inhalt der Figurendarstellung. Mit den Mitteln der direkten und indirekten Charakterisierung, z.B. Erzählerkommentar, Selbst- und Fremdbeschreibung, werden Figuren den Moment überdauernde Eigenschaften zugeordnet.24 Im Buch Die Unvollendeten sondert der Autor Reinhard Jirgl 4 Personen heraus, die im Vordergrund der ganzen Geschichte stehen und als Hauptfiguren dieses Werkes zu sehen sind. Man lernt diese 4 Frauen mit dem unmittelbaren Beginn der Vertreibung der Deutschstämmigen aus dem Sudetenland kennen. Was damit verbunden ist, ist natürlich Verlust der Heimat, Abschied und Ansiedlung in einer unbekannten Ortschaft. Wenn man 23 24 Nünning, Ansgar: Literatur- und Kulturtheorie. In: Metzler Lexikon. Stuttgart. Weimer- 2004, S. 180. Ebd., S. 179. sich mit der Analyse der Figuren beschäftigt, so lassen sich 2 Figurenkonstellationen heraussondern: 1) Figurenachse I: Johanna ↔ Maria/Hanna. Zur Einstellung zur Heimat und zum Leben Johanna tritt im Buch Die Unvollendeten als eine siebzigjährige Frau auf, die schon viel in ihrem Leben erfahren hat. Während der Erkränkung in der Zeit der Vertreibung fällt sie ihrer Meinung nach ihrer Töchter nur zur Last: „Laßt mich doch hier zurück, geht! eurer Wege. Laßt mich= Altefrau hier, ich sterbe sowieso bald.“25 Nach der Ansiedlung in Birkheim müssen Maria und Hanna für ihre Mutter mitarbeiten, denn sie ist schon zu alt und kann auf dem Feld nicht mehr arbeiten. Schon in diesem Moment beginnt die große Hoffnung von Johanna auf die Rückkehr in die Heimat: „die-! Heimat! Ja, die-! Heimat ist unser! wahres=! Einziges Zuhause.“26 Die Alte kümmert sich die ganze Geschichte lang um ihre Familie, denn sie weiß, dass sie die einzige ist, was ihr geblieben ist. Johanna scheint im Buch als die gute Mutter, die für ihre Familie nur das Beste will. Nach dem Tod der Bäuerin, bei der sie wohnten und von der sie den ganzen Besitz bekamen, glaubt sie daran, dass: „Der Weg der alten Bäuerin offen steht, und der wird auch ihr Weg sein.“27 Sie fühlt sich bedroht und denkt das ganze Leben lang, dass der Tod nach jemandes Leben trachtet. Johanna bleibt bis zum Ende ihres Lebens als die einzige Person, die an die Rückkehr in die Heimat glaubt. Alles, was sie tut, woran sie denkt, ist mit dem Haus und mit dem Boden verbunden, aus den sie unter dem Zwang ausgesiedelt wurde. Maria, die 30-jährige Frau und ihre Schwester Hanna, die 10 Jahre alt ist als sie, sind Töchter von Johanna. Obwohl diese beiden Frauen Schwester sind und die gleiche Einstellung zur Heimat haben, lässt sich feststellen, dass sie sich doch voneinander unterscheiden. Maria ist von Anfang an der Mutter untergeordnet. Sie kann sich ihrer Mutter nicht widersetzen: Meine Mutter hatte in Dieserzeit Eine Große Angst: daß wir dort in Birkheim irgend Fußfassen könnten; dass eine von uns sich binden würde u: dann, am Tag wenns Wieder zurück ging, wie sie das immer gennant hat, ein Mann, vielleicht sogar ne familie, als Hindernis im Weg wären. Deswegen hat sie dafür gesorgt dass Maria mit dem Korleiter aufm Dorf nich anbänden konnte.28 Nach der Vertreibung arbeiten Maria und Hanna als Dienstmägde und als Aushilfe auf der Feldarbeit. Maria hat aber keine eigene Meinung. Durch die ganze Geschichte ist sie sehr 25 Jirgl, Reinhard: Die Unvollendeten. Roman. München: Deutsche Taschenbuch Verlag 2007, S. 10. Ebd., S. 56. 27 Ebd., S. 96. 28 Ebd., S. 129. 26 geheimnisvoll. Man weiß als Leser nicht, woran sie denkt, was sie fühlt. Ihre Gefühle sind nämlich in diesem Buch sehr tief versteckt. Das einzige, was man von Maria weiß, ist der Hoffnungsschimmer, dass sie und ihre Familie schon wieder die eigene Heimat sehen. Dieser Traum ist für sie so stark, dass sie dazu fähig ist, um zweimal in der Woche mit dem alten Fahrrad 7 Kilometer nach Altenbirkheim zu fahren und für drei Abendstunden Heimat- und Wanderlieder einzuüben. Maria arbeitet später als Sekretärin in einem Dienstgebäude und kümmert sich mit ihrer Schwester um die alte Mutter Johanna. Nach ihrem Tod verblasst bei Maria die Hoffnung auf die Rückkehr in die Heimat. Sie ändert sich innerlich und muss sich ab jetzt um ihre Schwester Hanna kümmern, die auf den Tod wartet: „ Hanna, von tag-zu-tag in ihrem Sessel auf ihre Ende wartend(-ich hab keinen Lebenswillen mehr, hatte sie einmal wie ein Geheimnis mir zugeflüstert…)“29 Man musste nicht lange warten, bis sie starb. Maria blieb allein, nur sie hatte noch einige Chance in die Heimat zurückzukommen, aber beschloss sich zu erhängen. Sie wollte keinesfalls ohne Familie leben: Es ist so still und einsam in der Wohnung. Ich sehe sie immer noch am Stuhl zu sitzen. Wenn sie auch die meiste Zeit geschlafen hat, aber es war immer etwas Lebendes in der Wohnung. Ich bin immer allein. Es hilft nichts, ich muß es zu überdauern…30 Hanna hingegen hat in diesem Buch immer eigene Meinung. Sie gibt sich viel Mühe, damit die Familie ganz bleibt: „Wir müssen zusammenbleiben. Dürfen uns nicht mehr verlieren.“31 Obwohl ihr Mann seit langem verstorben ist, will sie niemanden anderen haben: (Er hat Diese Worte zu !mir gesagt- wie wohl jeder Mann zu jeder Frau-Die Frau muss dem Manne dienen- hab damals Ihm an Seinem Grab geschworen - !niemals wieder einen anderen – und hätte ihn – Ich hätte ihn – Ja; !ihn-)32 Dieser Eid symbolisiert für sie die Treue dem ehemaligen Mann gegenüber. Trotz, dass Hanna einen Mann kennen lernt, der mit ihr zusammen sein möchte, verzichtet sie auf ihn und leidet darunter. Hanna hat im Unterschied zu Maria ein Kind namens Anna. Während der Vertreibung ist Anna im Arbeitslager, was verursacht, dass sie mit ihr Mutter, Tante und Oma nicht ausgesiedelt wurde. Die Tochter und Mutter sind voneinander also sehr weit entfernt. Hanna kämpft jeden Morgen, um die einzige Tochter sich zu holen. Als sie wieder zusammen sind, zeigt sich, dass Mutter-Tochter-Beziehungen nicht so gut sind. Die ganze Geschichte lang kann man als Leser bemerken, dass Hanna nach dem Familienzusammenhang strebt. Sie glaubt am Anfang, genauso wie Maria, dass sie alle in die Heimat zurückkommen: 29 Ebd., S. 236. Ebd., S. 244. 31 Ebd., S. 60. 32 Ebd., S. 111. 30 Wir müssen zusammenbleiben. Dürfen uns nicht verlieren. Damit, wenn Es soweit ist, wir = alle! End = ! gültig wider Dorthin zurückkommen, wohin wir gehören: in unsere Heimat --.33 Alles, was sie macht, macht sie mit dem Gedanken, dass die Heimat auf sie ständig wartet. Wenn sie aber bemerkt, dass ihre Tochter mit ihr nichts zu tun haben will, versteht sie, dass sie: „in gewisser Weise aus der Heimat soeben ein weiteres Mal rausgeworfen worden war.“34 Es kommt also dazu, dass sie aufgibt und feststellt, dass: „die – Heimat verloren blieb, Für = IMMER.“35 Ihr Motto, dank diesem sie viel Kraft hatte, nutzte gar nichts: „Wer seiner Familie den Rücken kehrt, der taugt Nichts.“36 Sie stirbt sehr ruhig im Sessel kurz vor der Wiedervereinigung Deutschlands. Anna ist die einzige Tochter von Hanna, die während der Vertreibung ihrer Familie im Zwangsarbeitslager war und wurde dadurch von ihrer Mutter, Tante und Oma getrennt. Anna wurde auch später vertrieben und landete im Sommerlager im Mannesmann-Werk. Schon am Anfang dieses Buches erfährt der Leser, dass Anna mit ihrer Mutter schlechte Beziehungen haben: -Und ?!ich. ?!Warum habt ihr Damals auf mich nicht ? gewartet: ! Auagerechnet an Diesemtag, von dem ihr doch wußten, dass ich aus dem- Lager heimkommen würde.?!37 Anna tritt in diesem Roman als eine Person, die selbstständig sein und vor allem selbst Entscheidungen treffen will. Alles, was sie macht, macht sie gegen ihre Mutter. Anna ist die einzige, die gegen die innere Emigration aufbegehrt. Sie will an den großen Lebenswurf glauben, wirft sich hinein ins Leben: sie verlobt sich heimlich, ändert ständig Schulen, gibt sich dem Beruf hin, um weit von der Mutter zu sein. Anna nimmt in diesem Buch auch die Rolle der Mutter auf. Sie hat einen Sohn, der bis zum Schluss dieses Romans namenlos bleibt. Die beide Familienmitglieder haben nicht so gute Kontakte miteinander. Anna arbeitet ständig und hat keine Zeit für ihren Sohn, was dazu führt, dass er fast immer bei der Tante, Oma und Großmutter ist. Anna ist der Meinung, dass die Heimat mit Schmerz und Angst verbunden ist. Sie gibt sich dem Beruf hin, was verursacht, dass sie endlich begreift, dass sie wurzellos, fremd in dieser eigenen Existenz ist, Erbin einer Familie ohne Erbe. 2) Figurenachse II: Anna ↔ Sohn. Zur Mutter-Sohn-Beziehungen 33 Ebd., S.60. Ebd., S. 145. 35 Ebd., S. 153. 36 Ebd., S. 10. 37 Ebd., S. 20. 34 Anna, die einzige Tochter von Hanna ist eine selbstständige Frau. Ihre Beziehungen mit der Mutter könnten viel besser sein. Nach der Vertreibung aus Komotau macht Anna alles, um sehr weit von der Mutter zu sein. Das alles führt dazu, dass auch ihre Beziehungen mit dem einzigen Sohn fatal sind. Sie gibt sich dem Beruf, den Männern hin und widmet deswegen ihrem Sohn nicht so viel Zeit: Anna war sehr oft zu Dienstreisen – Konferenzen, Tagungen, Kongressen – auch ins sozialistische Ausland unterwegs(…). Auf allen Konferenzen sahen die Teilnehmer Anna sehr gern – ihre Arbeit dort, nicht selten über Sechzehnstundenam-Tag, galt als !musterhaft, und sie erhielt reichlich Lob.38 Der Sohn von Anna, der bis zum Ende dieses Romans namenlos bleibt, ist im dritten Teil dieses Buches dem Ich- Erzähler, der alles aus eigener Perspektive, eigener Beobachtung beschreibt. Wegen den schlechten Beziehungen mit der Mutter, ist er immer mehr Enkel als Sohn: Als ich Großmutter & Maria erzählte, fuhr erneut Die Angst in=mir hoch – ich Ein !Mörder-, aus den Augen Tränen.- ? Vielleicht haben Großmutter & Maria Diesache deshalb eingesperrt in der hellen Stube gelassen, weil sie Damals schon wussten, ich würde nicht mehr lange bei=ihnen sein; in wenig Monaten schon ginge ich fort aus Birkheim nach Berlin FÜR=IMMER, zu Anna & diesem Ehemann.39 Alles, was Annas Sohn besitzt, verdankt er der Tante, Oma und Großmutter, die ihm das Leben widmeten. Er gewann sie so lieb, dass er das eigene Leben für das Leben der Großmutter abgeben wollte: Besonders schämte ich mich des Handelns-Pakts, den ich GOTT vorgeschlagen: Er sollte auch mich zu=sich nehmen, dann könnte Er die Urgroßmutter behalten, hätte mich hinzubekommen & ich wäre wieder mit ihr zusammen. Im Nachsatz an GOTT: ich werde Dir dann immer brav und folgsam sein.40 Das zeugt davon, dass alle seine positiven Emotionen, Gedanken und Gefühle mit der Familie im Birkheim verbunden sind. Hier erlebte er die schönsten Momente im Leben und erfuhr, was die Liebe bedeutete, die Mutter hingegen konnte für ihn nie eine Zeit finden: Was ich von der Mutter=Heut höre, sind entweder unwillige od rentnerhaft=behäbige Daseinsgeräusche, allsamt wie nach dem letzten Ton Kratzer auf 1 Schallplatte-.DIE MUTTER SIND VON IHREN KINDERN ZU VERGESSEN.41 38 Ebd., S. 238. Ebd., S. 204. 40 Ebd., S. 177. 41 Ebd., S. 242. 39 Wenn man sich also die Mutter-Sohn-Beziehungen anschaut, muss man feststellen, dass Anna und ihr Sohn in allem Gleichen nur das Trennende spüren. 3.1.2 Motivierung Matias Martinez und Michael Scheffel machen in ihrem Beitrag Das Was: Handlung und erzählte Welt darauf aufmerksam, dass man bei der Auseinandersetzung mit literarischen Texten auch Motivierung von Ereignissen berücksichtigen sollte. Unter Motivierung versteht man den Inbegriff der Beweggründe für das in einem erzählenden oder dramatischen Text dargestellte Geschehen. Das Geschehen wird zu einer Geschichte, wenn die dargestellten Veränderungen motiviert sind. Motivierung integriert die Ereignisse in einem Erklärungszusammenhang. Sie folgen nicht grundlos (wie aus dem Nichts) aufeinander, sondern nach Regeln und Gesetzen auseinander. Erst dann redet man von einer Geschichte, wenn eine motivierte Entwicklung der Handlung erkennbar ist. Die Tatsache also, dass der Zusammenhang einer Geschichte durch die motivationale Verkettung von Ereignissen hergestellt wird, ist ein allgemeines Merkmal narrativer texte. Motivierung stellt eine Kohärenz von Erzählungen her. Nach der Position von Scheffel und Martinez lassen sich 3 Arten der Motivierung heraussondern: 1. die naturalistisch-kausale Motivierung: die Ereignisse folgen entsprechend heutigen Vorstellungen von Ursache und Wirkung aufeinander, 2. die final-numinose Motivierung: die Absichten und Handlungen der Personen sind einem übergeordneten göttlichen oder schicksalhaften Plan untergeordnet, 3. die kompositorisch-ästhetische Motivierung: sie erfüllt eine künstlerische Funktion und ist für die Gesamtstruktur des Textes von Bedeutung. Motiviert werden sowohl verknüpfte, als auch freie Motive. Beim Umgang mit dem Buch Die Unvollendeten von Reinhard Jirgl kann man folgende Ereignisse heraussondern: 1. naturalistisch-kausale: Vertreibung der Hauptfiguren aus der Stadt Komotau im Sudetenland, Ständiger Kampf um das Überleben, Ansiedlung in der Stadt Birkheim, Annas ständige Flucht von der Mutter Hanna, Streben nach einziger Heimat, Johannas Tod, Innerer Verlust der Heimat von Hanna und Maria, 2. kompositorisch-ästhetische: Geburt von Annas Sohn, Anna-Günter-Beziehungen. Wenn man sich jetzt die früher genannten Ereignisse anschaut, so lässt sich feststellen, dass sie auf eine bestimmte Art und Weise im Bezug auf eine konkrete Person motiviert werden. Von daher lassen sich in diesem Roman 2 Gruppen heraussondern, die unterschiedlich motiviert werden: 1) Johanna, Hanna, Maria ↔ Anna-Konstellation im Bezug auf die Einstellung zur Heimat und zur Familie Die drei ersten Frauen sind zusammen aus Komotau vertrieben worden. Sie müssen sich in einer neuen Welt ansiedeln und eigene Heimat bilden. Die Mutter Johanna und ihre zwei Töchter kämpfen von Anfang an, um ständig zusammen zu bleiben: „Wir müssen zusammen bleiben. Dürfen uns nicht mehr verlieren“.42 Alles, was sie tun, ist mit der Hoffnung auf den Rückkehr in die echte, einzige Heimat verbunden, die sie verlieren mussten. Das ist die höchste Motivation in ihrem Leben, dank der sie noch weiterleben und nicht aufgeben. Die 3 Familienmitglieder sind immer zusammen. Nicht minder zu beachten ist die Tatsache, dass eine große Motivation für sie die Familie bildet. Die 3 Frauen, vor allem Hanna, folgen der Lebensregel, die für sie einzige Wert ist: „Wer seiner Familie den Rücken kehrt, der tauge nichts“.43 Dieser Glaube an die heilige Familie ist der einzige, was sie aus Sudetenland gerettet haben. Er ist das einzige Erbstück, dass von der Urgroßmutter Johanna über die Großmutter Hanna an die Mutter Anna bis zum Sohn weitergegeben werden sollte. Die Hoffnung auf die Rückkehr in die Heimat, die Familie bilden für die 3 Hauptfiguren die stärkste Motivation, dank der sie Kraft haben, alle Schwierigkeiten zu bewältigen und glücklich miteinander zu leben. Im Vergleich zu Johanna, Hanna und Maria verhält sich Anna, die Tochter von Hanna ganz anders. Sie folgt der anderen Lebensregel als ihre Oma, Tante und vor allem Mutter. Von Anfang dieser Geschichte erfährt man, dass Anna der Mutter Vorwürfe macht, dass sie die einzige Tochter verlassen hat. Diese Situation führt zu den schlechten Mutter-TochterBeziehungen. Anna ist die einzige, die sich ins Leben hineinwirft. Alle ihre Entscheidungen 42 43 Ebd., S. 60. Ebd., S. 10. sind mit ihr Mutter Hanna verbunden. Sie wählt in ihrem Leben solchen Weg, auf dem es keinen Platz für eigene Mutter gibt. Sie gibt sich dem Beruf, den Männern hin und will weit von Hanna entfernt sein. Alle ihre Entscheidungen führen dazu, dass ihre Mutter Gewissensbisse hat und Sorgen macht: Du hattest mir von einfachen Leuten erzählt. Statt dessen fiel mitsamt diesem maulfaulen, primitiven Kerl, Deinem Ehemann, eine Mischpoche aus hochnäsigen Dämchen und Taugenichtsen bei uns ein. Ich wünsche in Zukunft keinerlei Umgang mit einem dieser Subjekte, und ich bedauere nur das Kind, das Du uns fortgenommen hast, um mit diesem Kerl eine Familie sein zu wollen. Eines Tages wirst Du an meine Worte denken! Ich hoffe nur, dass es dann für Dich und für Dein Kind zu spät sein wird. Aber ich weiß, es ist nutzlos, Dir heute zuzureden, denn auf mich hörst Du ja schon seit langem nicht mehr.44 Die stärkste Motivation bildet für Anna ihr Mutter, dank der sie schlechte Entscheidungen trifft und Heimat- und Wurzellos bleibt. 2) Ehefrau-Ehemann-Konstellation in Bezug auf die Einstellung zur Liebe Anna scheint in diesem Buch als eine Frau, die selbstständig ist und unabhängig von den anderen sein will. Sie ist gut gebildet und kennt 3 Sprachen, deren sie sich als Dolmetscherin für Russisch-Deutsch-Englisch bei der staatlichen Versicherungs-Anstalt der DDR bedient. Anna trifft in ihrem Leben Männer, will aber echt mit einem zusammenleben. Ihr größte Motivation ist ihre eigene Mutter, von der sie flieht und schlechte Entscheidungen trifft. Anna im Gegensatz zu Günter will glücklich leben und das Gefühl der Liebe fühlen. Obwohl, dass sie viel arbeitet, will alles zu ordentlicher Familie bringen. Sie heiratet Günter und will seinen Namen annehmen. Sie liebt ihn so stark, dass sie auch wollte, damit Günter ihren Sohn adoptiert. Dank diesem starken Gefühl ist der Leser sich dessen bewusst, dass diese Liebe zu Günter wirklich echt war. Günter, ihr Ehemann ist ein böser Typ. Er scheint im Roman als eine Figur ohne Gefühle. Er lernt Anna während des Studiums kennen und macht alles, um ihr Herz zu erobern. Seine Motivation bildet die Zuzugsgenehmigung: „Ich prophezeie Dir, das geht nicht lange gut. Dieser Mann hat Dich nur geheiratet, um den Zuzug nach Berlin zu kriegen.“ 45 Er ist auch dazu fähig, um Annas Sohn zu adoptieren, weil er den Zuzug nach Berlin kriegen möchte. Es zeigt sich, dass Günter zwei Gesichter hat und unabhängig davon, wo er sich befindet, verhält sich anders: 44 45 Ebd., S. 183. Ebd., S. 183. Glaubstdu im ?!Ernst, dass das-mit-uns für die-?Ewigkeit gewesen wär.(…). !Schau dich an. !Da :!Was ?siehst du: n fettes altes Weib.46 Während des Lesens dieses Buches zeigt sich, dass Günter psychisch krank ist: In den letzten Wochen nach Arbeitsschluß ging dieser Mann abends öfter in den Lesesaal der Staatsbibliothek. Aus Büchern über das Kamasutra hatte er regelmäßig Nacktfotografien rausgerissen, zuerst nur in seiner Akten-Tasche verborgen, später aber offen überall in der Wohnung verteilt.47 Diese Zuzugsgenehmigung hat ihn verloren. Er existiert jetzt ohne eigene Ehefrau, psychische Stabilität aber vor allem ohne den Respekt des zukunfttigen Sohnes: „ DIE VÄTER SIND VON DEN KINDERN NICHT MAL DIE VERACHTUNG WERT.“48 3.1.3 Figuren und ihr soziales Umfeld Nach PONS Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache bedeutet ein soziales Umfeld die Personen, mit denen jemand häufig Kontakt hat.49 Von daher lässt sich feststellen, dass die Menschen, mit denen man viel Zeit verbringt, beeinflussen die anderen. Sie neigen dazu, dass man im Leben bestimmte Entscheidungen trifft, die nicht immer in eine gute Richtung gerichtet werden sind. Wenn man sich jetzt das großartige Roman Die Unvollendeten von Reinhard Jirgl anschaut, so kann man einzige Personen heraussondern, die die anderen auf eine bestimmte Art und weise beeinflussen. Johanna, die älteste Hauptfigur dieses Buches hat bestimmt einen Einfluss auf ihre Tochter Maria. Für Johanna ist die einzige Heimat die wichtigste im Leben und sorgt dafür, damit sich Maria mit jemandem anderen nicht binden soll: Meine Mutter hatte in Dieserzeit Eine Große Angst: dass wir dort in Birkheim irgend Fußfassen könnten; dass eine von uns sich binden würde u : dann, am Tag wenns Wieder zurück ging, wie sie das immer genennt hat, ein Mann, vielleicht sogar ne Familie, als Hindernis im Weg wären. Deswegen hat sie dafür gesorgt, dass Maria mit dem Korleiter aufm Dorf nicht anbändeln konnte.50 Von daher kann man sagen, dass Maria nicht imstande ist, um sich ihrer Mutter zu widersetzen. Sie hat Angst, eigene Meinung zu sagen, auch wenn es um echte Liebe geht. Hanna, die zweite Tochter von Johanna, hat das ganze Buch lang schlechte Beziehungen mit der Tochter Anna. Sie will immer das Beste für sie. Anna hingegen will mit ihr nichts zu tun 46 Ebd., S. 187. Ebd., S. 189. 48 Ebd., S. 189. 49 PONS Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache, bearbeitet von Suzanne Balcar, Elke Hoppe, Silke Löhle. Ernst Klett Spracher GmbH. Stuttgart 2004, S. 65. 50 Jirgl, Reinhard: Die Unvollendeten. Roman. München: Deutsche Taschenbuch Verlag 2007, S. 129. 47 haben. Man könnte also meinen, dass sie keinen Einfluss auf sie hat. Es lässt sich doch feststellen, dass sie in einem einzigen Fall ihre Tochter beeinflusst hat. Anna wollte Günters Namen annehmen, ihr Sohn sollte von ihm adoptiert werden. Für Hanna bedeutete das etwas schreckliches. Sie konnte nicht zulassen, damit ihr Tochter und ihr Enkel den Geburtnamen verlieren. Sie verbot Anna mit strengen Worten im Brief diese Adoption: Wenn durch diese Heirat Du unseren Namen schon verlieren musst, dann werde ich nicht dulden, dass Du auch noch dem Kind unseren ehrlichen Namen wegnimmst für diesen »Nosse«, was sich wie eine Krankheit anhört!.51 Es kommt auch dazu, dass Hanna selbst von jemandem beeinflusst wird. Das ist ihr Ehemann, der seit 8 Jahre verstorben ist. Durch die Annas Erinnerungen ist man sich als Leser dessen bewusst, dass Vaclav, der Ehemann von Hanna ein böser und unbeugsamer Typ war: Meine Mutter hat ihn ihren Göte genannt, diesen Scheißkerl, bloß weiler zu Weihnachten immer aus nem Buch Gedichte vorlas &, soferns ihm in dem Kram passte, aus Göte’s Maximen zitierte. Die Frau muß dem Mann dienen- das stand für meine Mutter fest wie Die-10-Gebote. Seine letzten zehn Jahre allerdings musste er im Rollstuhl sitzn – Schlaganfall, konnt nich mehr ohne fremde Hilfe laufen.!Das war eine Strafe: Zeitlebens war er leidenschsftlich Wanderer & Bergsteiger gewesen- fortan musste meine Mutter ihn mit dem Rollstuhl durch die Gegend karriolen: Berge rauf, Berge runter(…). Dabei hat sich meine Mutter das Rückgrat ruiniert u die Hüfte. Aber kein Wort der klage von ihr. Bis zu Seinem Tod Nicht. Und damit nich genug.52 Hanna war ihm ganz untergeordnet und von ihn beeinflusst. Obwohl, dass sie einen anderen Mann im Leben nach der Vertreibung kennen gelernte, verzichtete auf ihn, weil der Schwur dem Ehemann wichtiger war als die echte Liebe, die sie nie im Leben erlebte: -Ich bin nicht allein. Wenn auch Vac-, wenn auch Mein=Mann schon vor beinahe 8 Jahren verstorben ist, so habe ich den Treueschwur, den ich Ihm gegeben habe, nicht vergessen. Am offenen Grab habe ich Ihm ein Letztesmal ! geschworen, dass ich mit ! keinem Anderenmann jemals wieder-. Daran habe ich mich zu halten.53 Man muss aber sagen, dass auch Annas Ehemann sie selbst beeinflusste. Als sie noch kein Ehepaar waren, machte er alles, um sie zu verwirren. Günter bemühte sich darum, damit Anna dachte, dass er die Familie gründen will. Dieser schlechter Einfluss führte dazu, dass sie seinen Namen Nosse annehmen wollte. Im Endeffekt zeigte sich, dass dieser Günters Einfluss 51 Ebd., S. 182. Ebd., S. 69. 53 Ebd., S. 101. 52 ein konkretes Ziel hatte. Er wollte nämlich den Zuzug nach Berlin kriegen, alles andere, auch Anna war für ihn unnötig: Glaubstdu im ?!Ernst, dass das-mit-uns für die-?Ewigkeit gewesen wär.(…). !Schau dich an. !Da :!Was ?siehst du: n fettes altes Weib.54 3.2 Erzählinstanz Beim Umgang mit dem Buch Die Unvollendeten von Reinhard Jirgl kann man bemerken, dass es im ersten und zweiten Teil ein extradiegetisch- heterodiegetischer Erzähler auftritt, der die Geschichte der Vertriebenen aus Komotau kommentiert. Im dritten Teil hingegen beschreibt die eigenen Erfahrungen und die Geschichte der Familie Annas Sohn, der im Krankenhaus liegt und alles aus eigener Perspektive erzählt. Er ist also ein intradiegetischhomodiegetischer Ich-Erzähler, der in die Welt der Aktanten involviert ist. Von Bedeutung ist auch die Form dieses Romans. Beim Umgang mit diesem Buch lässt sich feststellen, dass er in drei Teile gegliedert ist, die sich in der Form voneinander unterscheiden. Jeder Teil beginnt mit dem Überschrift, wird aber von dem Autor auf eine bestimmte Art und Weise dargestellt. Im ersten Teil dieses Buches Vor Hunden & Menschen kommentiert der Autor die Handlungen der Figuren selbst. Im zweiten Teil Unter Glas beschreibt der Autor die Vorgänge der Figuren auch aus der Er-Perspektive, gliedert aber zusätzlich diesen Teil in kleine Akte. Jeder Akt hat seinen Überschrift, der sich auf einen Platz in der Stadt Birkheim bezieht. Dieser Teil enthält dadurch biographische Züge und der Leser ist sich dessen bewusst, dass diese Plätze in der Wirklichkeit existieren. Im dritten Teil des Buches Jagen Jagen kommentiert die Handlungen der Figuren nicht mehr der Autor, sondern der Sohn von Anna. Der Schriftsteller Reinhard Jirgl benutzt in seinem Buch eine spezifische Sprache. Man kann sagen, dass er sich eine Geheimschrift geschaffen hat und feststellen, dass er das Deutsche nicht beherrscht hat. Das ist aber nicht richtig. Man nennt ihn „Virtuose der Sprache“, weil er „Worte wie Farben“ benutzt und damit ein „eigenwilliges, melancholisches Bild“ Deutschland malt. Der Autor bedient sich experimenteller Orthographie und Interpunktion, stilistischer Entlehnungen aus dem Mündlichen und einer Art von Collagetechnik verschiedenster Fragmente. Jirgl verwendet in seinem Werk eine eigenwillige Typographie und Orthographie, bei der zum Beispiel „und“ durch „u“ oder „&“ ersetzt wird, Ausrufenzeichen von Wörtern stehen und es nicht „einzeln“ sondern „1zeln“ heißen kann. Der Autor benutzt auch verschiedene Zeichen, wie z.B. „-:“ oder „=“. Mittels dieser 54 Ebd., S. 187. unkonventionellen Rechtschreibung und einer eigenen Zeichen-Nomenklatur versucht er den Text als Körper sichtbar zu modellieren, wodurch gleichzeitig jedoch dessen Zeichencharakter selbstreflexiv offen gelegt wird. Dadurch liest man in diesem Buch nicht nur, man hört und fühlt geradezu, was geschieht und gesprochen wird. Dank dieser spezifischen Geheimschrift stellt der Autor die wichtigen im Buch Ereignisse auf eine bestimmte Art und Weise: 1. Vertreibung aus Komotau nach Birkheim, 2. Wiederfindung der Hannas Tochter, 3. Geburt des Sohnes von Anna, 4. ständige Flucht von Anna von ihrer Mutter, 5. Ablehnung von Anna der Liebe, 6. Tod von Johanna, 7. Tod von Hanna, 8. Tod von Maria. Der Autor beginnt sein Roman mit der Vertreibung der 3 Hauptfiguren aus Komotau, die um Überleben ständig kämpfen müssen: 30 MINUTEN ZEIT – MIT HÖCHSTENS 8 KILO GEPÄCK PRO PERSON – AM BAHNHOF SICH EINZUFINDEN – DIEJENIGEN, DIE GEGEN DIESEN BEFEHL VERSTOSSEN, WERDEN NACH DEN KRIEGSGESETZEN BESTRAFT-55 Reinhard Jirgl beschreibt eine Geschichte einer großen Familie, die die Heimat verloren hat, entwurzelt wurde und sich in einem kleinen Dorf ansiedeln musste. Obwohl die Frauen alles verlassen mussten, geben sie nicht auf, kämpfen und wollen zusammen zu bleiben. Als Leser erfährt man, dass Hanna, eine von den 3 Hauptfiguren eine Tochter hat, die mit ihnen wegen eines Missverständnisses nicht vertrieben wurde. Es gelingt ihr aber sie wieder zu finden, aber schon seit diesem Moment bis zum Ende des Buches hat sie mit eigener Mutter schlechte Beziehungen. Sie flieht ständig von Hanna und trifft in ihrem Leben schlechte Entscheidungen. Hanna, die Tochter von Johanna scheint im Roman als eine Frau, die sehr mutig ist. Ihr Motto heißt: „Wer der eigenen Familie den Rücken kehrt, der taugt nichts“. 56 Sie trifft in ihrem Leben auch eine schlechte Entscheidung, weil sie die einzige und ehrliche Liebe eines Mannes ablehnt. Sie ist treu ihrem Mann, obwohl er seit 8 Jahren verstorben ist. Als Leser erfährt man, dass sie darunter leidet, bleibt aber treu ihrem Mann: 55 56 Ebd., S. 5. Ebd., S. 9. (Er hat Diese Worte zu !mir gesagt- wie wohl jeder Mann zu jeder Frau-Die Frau muss dem Manne dienen- hab damals Ihm an Seinem Grab geschworen - !niemals wieder einen anderen – und hätte ihn – Ich hätte ihn – Ja; !ihn-)57 Diese ganze Geschichte, die im Buch Die Unvollendeten dargestellt wurde, erzählt von einer großen Hoffnung auf die Rückkehr in die Heimat: „Bald geht’s wider zurück in dieHeimat.“58 Leider kommt es zum Tod der ältesten Figur-Johanna im Buch, was verursacht, dass ihre Töchter diese immer große Hoffnung verloren haben: „Seit- Längerem musste Hanna erkannt haben, dass die-Heimat verloren blieb, FÜR IMMER.“59 Hanna ändert sich dadurch innerlich und denkt nur an den Tod: „ich bin halt zu-Nichts mehr nütze besser ich fahre gleich in die Grube.“60 Sie stirbt in ihrem Sessel und lässt am Leben ihre Schwester Maria, die jetzt allein leben muss. Maria kann diese ganze Situation nicht ertragen und begeht Selbstmord: Es ist so still und einsam in der Wohnung. Ich sehe sie immer noch am Stuhl zu sitzen. Wenn sie auch die meiste Zeit geschlafen hat, aber es war immer etwas Lebendes in der Wohnung. Ich bin immer allein. Es hilft nichts, ich muß es zu überdauern…61 Im Großen und Ganzen lässt sich feststellen, dass man dank diesen wichtigen Ereignissen weiß, worauf sich der Autor im Buch konzentriert. Er stellt die Geschichte einer Familie dar, die in ihren Hoffnungen auf den Rückkehr in die Heimat „unvollendet“ blieb. 3.3 Raumentwurf Bei der Analyse dieses Kapitels muss zunächst erklärt werden, was eigentlich Raumsemantik bedeutet. Nach Jurij Lotman verbindet sich die Bedeutung des Raumes mit der Frage: Welche Bedeutung dem Raum, der räumlichen Kulisse zugewiesen wird?. Die Räume können semantisiert werden. Die Semantisierung der Räume ist die Zuerkennung einer bestimmten Bedeutung. Der Raum ist zugleich ein Raum des Denkens, Fühlens und Handelns. Er ist wichtig für die Figuren, denn er kann einen Einfluss auf die Gedankens-und Gefühlswelt der Aktanten haben.62 Wenn man sich jetzt das Buch von Reinhard Jirgl Die Unvollendeten anschaut, so lässt sich feststellen, dass die räumliche Kulisse sehr spezifisch sind. Die Zeit in der die Aktanten 57 Ebd., S. 111. Ebd., S. 12. 59 Ebd., S. 206. 60 Ebd., S. 220. 61 Ebd., S. 244. 62 Martinez, Matias/Scheffel, Michael (Hg.). Einführung in die Erzähltheorie. München: (H.Beck 2005/1999), S. 108. 58 handeln, ist die Nachkriegszeit. Nach dem zweiten Weltkrieg liegt ein Großteil Deutschlands in Trümmern. Das Land wurde in 4 Besatzungszonen geteilt. Der weltpolitische Konflikt zwischen den Großmächten bestimmt die Deutschlandspolitik, die politisch von der Entwicklung 2 getrennter Staaten gekennzeichnet ist. Aus der Westzone bildet sich die BRD und aus der Ostzone die DDR heraus. Nach der Kapitulation Deutschlands sind viele Städte zerstört, Familien zerrissen, die Vertriebenen aus den Ostgebieten strömen ins Land. Von daher muss festgestellt werden, dass die Figuren in diesem großartigen Roman in solche, schreckliche Zeit hineinversetzt werden: 30 MINUTEN ZEIT – MIT HÖCHSTENS 8 KILO GEPÄCK PRO PERSON – AM BAHNHOF SICH EINZUFINDEN – DIEJENIGEN, DIE GEGEN DIESEN BEFEHL VERSTOSSEN, WERDEN NACH DEN KRIEGSGESETZEN BESTRAFT-63 Wenn man sich dieses Buch näher anschaut und die Biographie des Autors vorliest, so muss man an dieser Stelle sagen, dass der Roman Die Unvollendeten eine Mischung aus Fiktion und Biographie ist. Die Handlung ist teilweise in Salzwedel angesiedelt, das im Buch Birkheim heißt: Nach etlichen Aufenthalten in Flücktlingslagern od in zugewiesenen Quartieren, in denen sie nirgends lang hatten bleiben können, nach einem Halbenjahr Treck , waren im Frühjahr Sechsundvierzig Johanna, Hanna u Maria schließlich in der kleinen Stadt Birkheim im Nordwesten der Altmark angekommen.64 Hier ist Jirgl aufgewachsen, genauso wie der Annas Sohn, der im Buch eher Enkel ist als Sohn. Dass der Schriftsteller die Hansestadt in seinem Roman umtaufte, verwundert auf den ersten Blick, denn alle anderen Orte behielten ihren Namen: Magdeburg, Stendal, sogar das kleine Dorf Schieben heißt in Die Unvollendeten Schieben: „Das Dorf Schieben lag etwa fünfzehn Kilometer südwestlich von Birkheim entfernt.“65 Obwohl Salzwedel in Die Unvollendeten einen anderen Namen trägt, ist die Stadt auf besondere Weise präsent. Der zweite Teil dieses Buches Unter Glas ist in Abschnitte geteilt. Jeder von ihnen beginnt mit der Bestimmung des Platzes, der sich in der Wirklichkeit in der Stadt Birkheim befindet, z.B. Rathausturmplatz, Burgstraße, Friedensring oder Kleinbahnhof. So, aus der Familiengeschichte, der eigenen Lebenserfahrung erzählt Reinhard Jirgl in Die Unvollendeten die Geschichte seiner Urgroßmutter, Großmutter, ihrer Schwester und seiner Mutter. Vertrieben aus dem Sudetenland, landen die Frauen in der Altmark, zunächst in Schieben, 63 Ebd., S. 5. Ebd., S. 11. 65 Ebd., S. 11. 64 später ziehen sie nach Salzwedel. In die Rolle versetzt der Autor Johanna, Hanna, Maria, Anna und Annas Sohn, die für ihn eigene Familie und sich selbst widerspiegeln. 3.4 Zeitlicher Situations- und Ereignisrahmen Wer narrative Texte liest, tut etwas scheinbar Paradoxes, denn er nimmt das dargestellte geschehen zugleich als offen und gegenwärtig und als abgeschlossen und vergangen auf.66 Mit solchen Worten machen Scheffel und Martinez darauf aufmerksam, dass ein Erzählen die doppelte Zeitperspektive enthält. Es handelt sich um die Perspektive der Protagonisten, also die Agentenperspektive und um die analytisch-retrospektive Perspektive des Erzählers. Um einen Text zu verstehen, muss der Leser diese beiden Perspektiven wahrnehmen. Er muss also das dargestellte Geschehen zugleich als offen und gegenwärtig und als abgeschlossen und vergangen aufnehmen. Abgeschlossen und vergangen ist das Geschehen aus der Leserperspektive, weil es vom Anfang an als abgeschlossenes und ganzes aufgefasst und im Präteritum erzählt wird. Das Geschehen wird vom Leser als gegenwärtig und offen aufgenommen, wenn er die Figuren als in das Geschehen der erzählten Welt verstrickte Personen versteht und die Agentenperspektive nachvollzieht. Der Leser nimmt dann in der Rolle des Beobachters am Leben der Personen teil. Er sieht sie als potenziell Handelnde, die in Situationen geraten, in denen sie Entscheidungen treffen müssen, die für den weiteren verlauf ihres Lebens richtungweisend sind.67 Es ist doch klar, dass es sich bei der Textanalyse nicht nur um die Story-Ebene und das Erzählte selbst handelt, sondern auch um den Vorgang des Erzählens, also den Erzählvollzug auf der Ebene des Diskurses. Wichtig ist nämlich, was ein text vermittelt und in welchem Modus er das tut. Wenn man sich jetzt das Buch Die Unvollendeten von Reinhard Jirgl anschaut, so lässt sich feststellen, dass die im Roman vorhandene räumlich-zeitliche Situationsrahmen ganz spezifisch sind. Durch die im ersten Teil Worte des extradiegetisch-heterodiegetischen Erzählers wird darauf aufmerksam gemacht, dass dieser anspruchsvoller Roman im Präteritum erzählt wird: „Später rückten Lautsprecherwagen in die Ortschaft ein, danach Miliz.“68 Die Erzähleröffnung bekommt durch diese Worte des tschechischen Offiziers: 30 MINUTEN ZEIT – MIT HÖCHSTENS 8 KILO GEPÄCK PRO PERSON – AM BAHNHOF SICH EINZUFINDEN – DIEJENIGEN, DIE GEGEN DIESEN 66 Martinez, Matias/Scheffel, Michael (Hg.). Einführung in die Erzähltheorie. München: (H.Beck 2005/1999), S. 119. 67 Ebd., S. 204. 68 Jirgl, Reinhard: Die Unvollendeten. Roman. München: Deutsche Taschenbuch Verlag 2007, S. 5. BEFEHL VERSTOSSEN, WERDEN NACH DEN KRIEGSGESETZEN BESTRAFT-69 eine spezifische, zeitliche Fixierung, die mit der Vertreibung der Deutschstämmigen aus Komotau verbunden ist. Der im dritten Teil intradiegetisch-homodiegetischer Ich-Erzähler beschreibt die Geschichte der Familie und die erlebenden Erfahrungen aus der eigenen Perspektive: Vor Nächten hebe ich meinen Körper zur Dunkelgestalt sich verwandelt gespürt: Aus den Schultern schwer u klobig wuchs mir ein neuer Schädel, zog im Gewicht den Oberkörper nach vorn – so drohte ich zu stürzen(…).70 Durch diesen reflexiven Rückgriff auf das „Damals“ kommt es zu einem Zusammenspiel zwischen dem „erlebenden“ und dem „erzählenden“ Ich.71 Von daher kann man bemerken, dass der zeitliche Abstand zwischen dem Erleben und dem erzählenden Rückgriff darauf ist in diesem Fall sehr groß, und geht vom 13. August 1961 bis in die Gegenwart des Jahres 2002 in Berlin, so dass das Erleben des Protagonisten und das Erzählen im großen zeitlichen Abstand liegen. Nicht minder zu beachten ist die Tatsache, dass durch die Worte des Ich-und ErErzählers auf die Vergangenheit zurückgegriffen wird, was davon zeugt, dass es viele Analepse auftreten. Nach Metzler Lexikon wird Analepse definiert: „als jede nachträgliche Erwähnung eines Ereignisses, das innerhalb der Geschichte zu einem früheren Zeitpunkt stattgefunden hat, als dem, den die Erzählung bereits erreicht hat.“ 72 Durch eine Analepse ist man sich dessen bewusst, was im „Damals“ geschehen ist und welchen es Einfluss auf die Zukunft der Aktanten hat: Dabei ließ Vater keine Gelegenheit aus, mir zu bedeuten, daß ich eigentlich ein Junge hätt werden solln. -?Weißt du, was man bei anderen Völkern mit Mädchen ?macht(…). Mädchen werden !ersäuft wie Katzen(…). Jetzt wirst du sterbenmüssen(…). –Und jetzt soll ich wieder zurück=zu meiner-Mutter zu Großmutter u Tante Ria.73 Im Buch treten auch Prolepsen auf, die nach Metzler Lexikon definiert werden: „als jedes narrative Manöver, das darin besteht, ein späteres Ereignis im voraus zu erzählen oder zu erozieren.“74 Prolepse ist also bezogen auf die Projektionen, ist nicht real und geht in die 69 Ebd., S. 5. Ebd., S. 214. 71 Vgl.Stanzel, Franz K: Typische Formę des Romans. Göttingen: Kleine Vandenhoek – 1987, S.33. 72 Nünning, Ansgar: Literatur- und Kulturtheorie. In: Metzler Lexikon. Stuttgar Co to jest, dlaczego łyknięte!!!! –jeszcze raz sprawdzić i ujednolicić!!!. Weimer- po cotu myślnik? 2004, S. 15. 73 Jirgl, Reinhard: Die Unvollendeten. Roman. München: Deutsche Taschenbuch Verlag 2007,S. 70-71. 74 Nünning, Ansgar: Literatur- und Kulturtheorie. In: Metzler Lexikon. Stuttgar. Weimer- 2004, S. 552. POwtarza Pani pełne przypisy – to całkowita kicha, mówiłem przecież, jak robić. Poprawić przypisy, bo nie dopuszczę. Nie mogę sto razy powtarzać i korygować. 70 Zukunft. Von daher kann man sagen, dass eine Prolepse einen Traum oder einen Wunsch bedeuten kann. 4 Das Verhältnis zwischen dem Erzählten und dem Erzählen – Fazit Bei der Analyse eines fiktionalen Textes muss es nicht nur auf die Ebene des Erzählten, sondern auch auf die Ebene des Erzählens aufmerksam gemacht werden, weil sowohl die Geschichte selbst, als auch die Art und Weise der Präsentation der Geschichte interessant sein kann. Das Wirkungspotenzial eines literarischen Textes wird in Abhängigkeit von der Darstellungsform entwickelt. Der Leser bekommt den Zugang zur fiktionalen Welt nur über das Erzählen. Deswegen umfasst diese Diplomarbeit die beiden Ebenen. Einerseits stellt Reinhard Jirgl die Vergangenheit einer deutschen Familie dar, die ihre wahre Heimat verlassen musste. Andererseits verfasst er diese Geschichte auf eine ganz bestimmte Art und Weise, in Form eines Romans. Dieses Buch wirkt stark auf den Leser, weil er während der Lektüre der Überzeugung sein kann, dass es wahre Erlebnisse beinhaltet. Dieser Realitätscharakter verstärken die echten Namen, Orte, historischen Ereignisse. Diese Illusion entsteht auch durch die Ich-Erzählperspektive, die im dritten Teil des Romans auftritt. Es werden auch detaillierte Beschreibungen der Vertreibung und der Neuansiedlung der Hauptfiguren präsentiert. Die eindrucksvolle Vermittlung des Dargestellten ist im Roman Die Unvollendeten von Reinhard Jirgl unbestreitbar. Stundenentwurf Nr. 1 Gruppe: III Jahr Schule: Fremdsprachenlehrerkolleg Thema: Vertreibung der Menschen Zeit: 90 Minuten Ziele: a) pragmatische: Üben der Sprechfertigkeit Ausspracheschulung b) kognitive: Eine Wahl treffen können Erlernung des neuen Wortschatzes Eine Stellung nehmen Kenntnis der Vertreibungsprobleme und ihrer Folgen c) sozial- affektive Lösung der Probleme, die mit der Vertreibung in Verbindung stehen Aufmunterungsphase: Die Lehrerin schreibt an die Tafel das Wort Vertreibung und die Studenten sollen dazu Assoziationen bilden. VERTREIBUNG Zeit: 10 Minuten Sozialform: Plenum Feinziel: Ich kann sagen, womit ich das Wort Vertreibung assoziiere Thema- und Zielpräsentation: Die Lehrerin sagt den Studenten das Ziel des Unterrichts und schreibt das Thema an die Tafel. Zeit: 5 Minuten Sozialform: Frontal Feinziel: Ich kenne das Ziel und das Thema des Unterrichts Einführungsphase: Die Lehrerin zeigt den Studenten mit Hilfe des Projektors die erste Seite des Romans Die Unvollendeten von Reinhard Jirgl. Dann fragt sie die Studenten, womit sie sich dieses Bild assoziieren. Zeit: 15 Minuten Sozialform: Plenum Feinziel: Ich kann sagen, womit ich die erste Seite dieses Romans assoziiere Übungsphase: Die Studenten sollen jetzt aufgrund dieses Bildes auf folgende Fragen antworten: Was sieht man im Vordergrund dieses Bildes? Worauf warten diese Menschen? Warum haben sie so große Packungen mit? Wohin können sie fahren? Wie sind die Umstände ihrer Wanderung? Welche Folgen können sie (die Umstände) machen? Auf welche Zeiten kann dieses Bild zutreffen? Findet man heute noch solche Bilder? Zeit: 25 Minuten Sozialform: Plenum Feinziel: Ich kann auf die Fragen antworten Anwendungsphase: Die Lehrerin verteilt den Studenten die Papierblätter, auf denen sich ein Gedicht Vertrieben von Gerhard Ledwina befindet. Vertrieben Vertrieben wurden sie und mussten fort Aus ihrem geliebten Heimatort Lasst uns helfen, zu vermeiden, diese Seuche zu vertreiben Menschen müssen doch versteh’n Dass nicht sein kann „Du musst geh’n“ Elend, Hunger und auch Leid sind für Niemand Zeitvertreib Nicht Verachtung für den Menschen Sondern an den Menschen denken Es darf nie mehr wieder sein Dass diese Menschen sind allein Übung 1 Die Studenten sollen das ganze Gedicht durchlesen und sagen, was ihnen beim Lesen einfällt. Übung 2 Die Studenten sollen das Wesentliche im Gedicht zusammenfassen. Übung 3 Die Studenten sollen jetzt eine Interpretation des Gedichtes zu schreiben versuchen. Dabei können sie etwas zu den folgenden Fragen schreiben: Was ist das Thema des Gedichtes? Was wird im Gedicht dargestellt? Was müssen die Vertriebenen verlassen? Was fühlen sie während dieser Vertreibung? Jeder von den Studenten antwortet auf diese Fragen allein, dann vergleicht er seine Antworten mit den anderen in der Gruppe. Zeit: 20 Minuten Sozialform: Einzelarbeit Feinziel: Ich kann das Gedicht zusammenfassen und auf die Fragen antworten Testsphase: Die Lehrerin stellt an die Studenten ein paar Fragen, die das heutige Thema des Unterrichts betreffen: Was ist eine Vertreibung? Womit assoziiert man sie? Bedeutet sie etwas Positives? Was fühlt man während der Vertreibung? Warum werden die Menschen vertrieben? Zeit: 10 Minuten Sozialform: Plenum Feinziel: Ich kann auf die Fragen antworten Zusammenfassung: Die Lehrerin wiederholt den Studenten, womit sie sich heute beschäftigt haben. Zeit: 5 Minuten Sozialform: Frontal Feinziel: Ich fasse zusammen, was ich heute gelernt habe Stundenentwurf Nr. 2 Gruppe: III Jahr Schule: Fremdsprachenlehrerkolleg Thema: Die Nachkriegszeit und ihre Folgen Zeit: 90 Minuten Ziele: a) pragmatische: Üben der Sprechfertigkeit Ausspracheschulung Teilnahme in der Diskussion b) kognitive: Eine Wahl treffen können Erlernung des neuen Wortschatzes Eine Stellung nehmen Kenntnis des Lebens der Deutschen nach dem II. Weltkrieg c) sozial-affektive: Lösung der Probleme, die mit der Nachkriegszeit in Deutschland in Verbindung stehen Aufmunterungsphase: Die Lehrerin stellt an die Studenten ein paar Fragen, auf die sie antworten sollen: Was wisst ihr von dem II. Weltkrieg? Haben die Deutschen den II. Weltkrieg gewonnen oder verloren? Was geschah nach dem II. Weltkrieg in Deutschland? Zeit: 10 Minuten Sozialform: Plenum Feinziel: Ich kann auf die Fragen antworten Thema- und Zielpräsentation: Die Lehrerin sagt den Studenten das Ziel des Unterrichts und schreibt das Thema an die Tafel. Zeit: 5 Minuten Sozialform: Frontal Feinziel: Ich kenne das Ziel und das Thema des Unterrichts Einführungsphase: Die Lehrerin zeigt den Studenten mit Hilfe des Projektors ein Foto. Dann stellt die dazu ein paar Fragen: Wie denkt ihr? Was befindet sich auf diesem Foto? In welcher Stadt Deutschlands kann man diese Sehenswürdigkeit sehen? Wie sieht das Gebäude aus? Aus welchen Zeiten kommt diese Foto? Wie sah die Situation Deutschlands in der Nachkriegszeit aus? Zeit: 20 Minuten Sozialform: Plenum Feinziel: Ich kann auf die Fragen antworten Übungsphase: Die Lehrerin teilt die Studenten in 2 Gruppen. Eine Gruppe soll die Argumente pro, die zweite contra sammeln. Das Thema der Diskussion lautet: Bist du pro oder contra die Berliner Mauer? Die Gruppen sollen sich zur Diskussion vorbereiten, dann miteinander diskutieren und Meinungen austauschen. Zeit: 20 Minuten Sozialform: Gruppenarbeit Feinziel: Ich kann Argumente pro und contra zum Thema Bist du pro oder contra die Berliner Mauer? Sammeln und in der Diskussion eigene Meinung vertreten. Anwendungsphase: Die Lehrerin zeigt den Studenten mit Hilfe des Projektors die Anlage zum Westberliner Personalausweis für Personen mit ständigem Wohnsitz in Berlin (West). Die Studenten sollen jetzt auf folgende Fragen antworten: Was ist das für ein Visum? Für wen war sie gerichtet? Wozu brauchten die Menschen solches Visum? Wer stellte solches Visum aus? Was war die Hauptstadt der DDR? Warum konnte die S-Bahn nur bis zu den angegebenen Bahnhöfen benutzt werden? Zeit: 10 Minuten Sozialform: Plenum Feinziel: Ich kann auf Fragen antworten Testsphase: Die Studenten sollen jetzt richtig oder falsch ankreuzen: 1. Der II. Weltkrieg begann am 1. September 1939 RICHTIG FALSCH 2. Deutschland gewann den II. Weltkrieg RICHTIG FALSCH 3. Die Situation Deutschlands war in der Nachkriegszeit sehr gut RICHTIG FALSCH 4. Deutschland wurde in BRD und DDR eingeteilt RICHTIG FALSCH 5. Man konnte die Grenze zwischen BRD und DDR ohne Probleme überschreiten RICHTIG FALSCH 6. Die Hauptstadt der DDR war Dresden RICHTIG FALSCH 7. Die Berliner mauer wurde im Jahre 1989 zerstört RICHTIG FALSCH Zeit: 10 Minuten Sozialform: Einzelarbeit Feinziel: Ich kann korrekt richtig oder falsch ankreuzen. Zusammenfassung: Die Lehrerin wiederholt den Studenten, womit sie sich heute beschäftigt haben. Zeit: 5 Minuten Sozialform: Frontal Feinziel: Ich fasse zusammen, was ich heute gelernt habe. Zusammenfassung Das Ziel der Diplomarbeit ist den Deutschlernenden in relativ knapper Form mit dem historisch- politischen Ereignis der erzwungenen Migration der Deutschstämmigen nach 1945 vertraut zu machen. Die Auseinandersetzung mit dieser Problematik ist nur bei der Berücksichtigung des historischen Kontextes der Flucht, Vertreibung und Aussiedlung der Deutschen möglich. Im theoretischen Teil des ersten Kapitels ist das Ziel der Diplomarbeit enthalten. Der zweite Kapitel wird des Gedächtnisdiskurses gewidmet, weil das Gedächtnis ein Speicher von Erinnerungen ist, das eine Anbindung des Gestern an Heute gewährleistet. Die weiteren Kapitels des theoretischen Teils beinhalten den Topos der verlorenen Heimat, der mit traumatischen Erfahrungen in Verbindung gebracht und vor allem durch die Literatur übermittelt wird. Der praktische Teil der Diplomarbeit stellt die Analyse des Romans Die Unvollendeten von Reinhard Jirgl mit der Berücksichtigung der Vergangenheit im Leben der Menschen und des historischen Kontextes der Flucht, Vertreibung und Aussiedlung der Deutschen dar. In diesem Teil werden auch Stundenentwürfe vorhanden, die für die Studenten des dritten Jahres des Fremdsprachenlehrerkollegs gemacht werden. Von daher zeugen sie davon, dass literarische Texte für das Fremdsprachenlernen sehr gut geeignet sind. Streszczenie Celem niniejszej pracy dyplomowej jest zapoznanie osób, które uczą się języka niemieckiego z historyczno-politycznym kontekstem wymuszonej migracji na zmienić – ma Pani gotowe w abstrakcie po polsku w moim artykule, na który się Pani powołuje Heimatverbundeheit…. pochodzenia niemieckiego po roku 1945. Dyskusja na ten temat jest możliwa tylko z uwzględnieniem historycznego kontekstu ucieczki, przepędzenia i wysiedlenia. W pierwszym rozdziale części teoretycznej został zawarty cel pracy. Drugi rozdział został poświęcony dyskursowi pamięci, gdyż dzięki niemu przeżycia w przeszłości odzwierciedlają się w teraźniejszości. Kolejne rozdziały części teoretycznej przedstawiają topos utraconej ojczyzny, który łączy się z dramatycznymi przeżyciami oraz tęsknotą za ojczyzną. Praktyczna część pracy dyplomowej przedstawia analizę powieści Reinharda Jirglsa Die Unvollendeten z uwzględnieniem przeszłości w życiu człowieka oraz kontekstu przępedzenia oraz utraty własnej ojczyzny. W tej części zostały zawarte również konspekty lekcji, które są przewidziane dla studentów trzeciego roku Nauczycielskiego Kolegium Języków Obcych. Owe konspekty dowodzą, że teksty literackie są doskonałą możliwością nauki języka obcego. Literatur a) Primärliteratur: Reinhard, Jirgl: Die Unvollendeten. Roman. München: Deutsche Taschenbuch Verlag 2007 b) Sekundärliteratur: Luhmann, Niklas: Gesellschaftsstruktur und Semantik. Studien zur Wissenssoziologie der modernen Gesellschaft. Bd. 4. Frankfurt (M.) 1995 Halbwachs, Maurice: Das Gedächtnis und seine soziale Bedingungen. Frankfurt (M.) 1985 Assmann, Jan: Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. München: Beck 1992 Zimniak, Paweł: Erinnerung und Konstruktion- Zur Literatur als Medium kollektiven Gedächtnisses. In: Niederschlesien als Erinnerungsraum nach 1945. Literarische Fallstudien. Wrocław- Dresden 2007 Halbwachs, Maurice: Das kollektive Gedächtnis. Frankfurt a.M.: Fischer 1991 ( orig: La mémoire collective. Paris: Presses universitaires de France 1950) Nora, Pierre: Zwischen Geschichte und Gedächtnis. Frankfurt a. M.: Fischer 1998 [ 1990] Assmann, Alida & Jan Assmann : Das Western im Heute. Medien und soziales Gedächtnis. In: Klaus Merten, Siegfried J. Schmidt & Siegfried Weischenberg ( Hg.): Die Wirklichkeit der Medien. Eine Einführung in die Kommunikationswissenschaft. Opladen: Westdeutscher Verlag 1994 Erstantrag des Sonderforschungsbereiches 434 „ Erinnerungskulturen”. Gießen 1996 Frisch, Max: Gesammelte Werke in zeitlicher Folge. 12 Bde. Hg. Von Hans Mayer und Walter Schmitz. Frankfurt ( M). 1976 Zimniak, Paweł: Heimatverbundenheit und Weltläufigkeit. In: Convivium. Germanistisches Jahrbuch Polen. Bonn. 2002 Jens, Walter: Nachdenken über Heimat, Fremde und Zuhause im Spiegel deutscher Poesie. In: BIENEK HORST( ed.): Heimat. Neue Erkundungen eines alten Themas. München/ Wien. 1985 Krockow, Christian Graf von: Heimat. Erfahrungen mit einem deutschen Thema. München. 1992 Lindermann, Klaus: Heimat. Geschichte und Prosa. Arbeitstexte für den Unterricht. Stuttgart. 1992 Levi- Mühsam, Esel: Viel Wege bin ich, Gott, nach Dir gegangen. Mein Vater Paul Mühsam. Esslingen am Neckar. 1999 Fiedler, Peter: Dissoziative Störungen und Konversion. Trauma und Traumbehandlung (2 Auflage, 2001) Martinez, Matias/ Scheffel, Michael ( Hg.): Einführung in die Erzähltheorie, München: Ch.Beck. 2005( 1999) Nünning, Ansgar: Literatur- und Kulturtheorie. In: Metzler Lexikon. Stuttgart. Weimer- 2004 PONS Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache, bearbeitet von Suzanne Balcar, Elke Hoppe, Silke Löhle. Ernst Klett Spracher GmbH. Stuttgart 2004 Stanzel, Franz K: Typische Formę des Romans. Göttingen: Kleine Vandenhoek – 1987