1 1. Johannes Brahms 2. Frederic Chopin 3. Claude Debussy 4. Edward Grieg 5. Ferenz Listz 6. Modest Mussorgsky 7. Franz Schubert 8. Robert Schumann 9. Peter Tschaikowsky 10. Anton Bruckner 11. Richard Wagner 12. Guiseppe Verdi 13. Antonin Dworak 14. Bederzih Smetana 15. Nikolaj Rimsky Korsakow 16. Felix Mendelssohn 17. Carl Maria von Weber 18. Christophor Walibald Ritter von Gluck 19. Mayerbeer 20. G.Rossini 21. Donizetti 22. Bellini s.19 s.21 s.23 s.28, s.33 s.35 s.47 s.53 s.57 s.59 s.63 s. 70 s.73 s.75 s.80 s.83 s.86 s.87 Biographie von Johannes Brahms 1833 7. Mai: Johannes Brahms wird in Hamburg geboren. Sein Großvater war Gastwirt in der kleinen Stadt Heide in Holstein. Der Vater gab die traditionellen Berufe der Familie auf, um Berufsmusiker zu werden, konnte aber nur einen bescheidenen Lebensstandard erreichen. 1830 heiratete er 24-jährig die um 17 Jahre ältere Christiana Nissen. Der Ehe entstammten drei Kinder. Johannes war das zweite. Klavierunterricht bei Otto Friedrich Willibald Cossel. Dieser begleitet seinen Vater, wenn er in Kneipen 1840 zum Tanz oder zur Unterhaltung aufspielt. Erstes Auftreten als Pianist. Johannes wird als "Wunderkind" gefeiert und zu einer Amerika- Tour 1843 aufgefordert. Der Lehrer Cossel verhindert diese Reise. Johannes Brahms nimmt bei dem berühmten Lehrer Eduard Marxsen Unterricht. 1853 Mit 20 Jahren verläßt Brahms Hamburg und unternimmt mit dem jungen ungarischen Violinisten E. Reményi Konzertreisen. In Hannover lernt er den Geiger Joseph Joachim kennen, in Weimar Franz Liszt und in Düsseldorf Robert und Clara Schumann. Schumann schreibt einen Aufsatz in den "Neuen Bahnen", worin er Brahms als den kommenden Meister der Musik ankündigt. 27. Februar: Schumann versucht in einem Anfall von Wahnsinn sich das Leben zu nehmen, vier Tage 1854 später wird er in eine Nervenheilanstalt eingeliefert. Er stirbt dort am 29.Juli 1856. Brahms╢ Neigung zu 2 Clara Schumann entwickelt sich zur Leidenschaft. Er wohnte bei Clara Schumann und begleitete sie auf Konzertreisen. Clara hatte Robert Schumann sieben Kinder geboren. Zwischen Brahms und der um 14 Jahre älteren Frau entstand eine große Liebe, doch verließ er sie 1856. Er bewahrte ihr eine immerwährende Freundschaft. 1857 Brahms arbeitet am Fürstenhof in Detmold. Er macht seine ersten Erfahrungen als Chordirigent. Brahms lernt in Göttingen Agathe von Siebold kennen. Es kommt zur Verlobung, doch entzieht er sich 1858 der Bindung. 1862 Brahms bewirbt sich in Hamburg sowohl um die Dirigentenstelle der Singakademie als auch um die Leitung des Philharmonischen Orchesters. Die Aufgabe wird dem Sänger Julius Stockhausen übertragen. Am 8. Oktober 1862 reist er nach Wien und bleibt dort acht Monate. Er gab zahlreiche Konzerte und fand neue Freunde. Bei seiner Rückkahr nach Hamburg erfährt er, daß er zum Dirigenten der Wiener Singakademie (siehe 1863 "Musik-Geschichte") gewählt worden war. Er kehrt nach Wien zurück, verzichtet aber schon 1864 auf diese Stelle. 1865 Brahms Mutter stirbt. Er beendet sein Deutsches Requiem, op. 50. 1866 Sein Vater heiratet ein zweites Mal. Zu seiner Stiefmutter hat er ein gutes Verhältnis. Brahms erhält die Leitung des Wiener Singvereins (siehe "Musik-Geschichte"), die er bis 1875 beibehält. 1872 Er bezieht die Wohnung in der Karlsgasse. 1876 Die erste Symphonie wird fertiggestellt und am 4. November in Karlsruhe uraufgeführt. Erster Pörtschach-Sommer-Aufenthalt. Brahms schreibt an seiner zweiten Symphonie D-Dur, op. 77. Sie 1877 wird am 30. Dezember in Wien urauffgeführt. Das zweite Mal in Pörtschach . Brahms komponiert das Violinkonzert D-Dur, op. 77. Er macht seine 1878 erste Italien Reise (insgesamt neun) mit dem Arzt und Freund Theodor Billroth. 1879 Die Universität Breslau verleiht Brahms die Ehrendoktorwürde. 1880 Brahms verbringt den Sommer in Bad Ischl. Brahms verbringt den Sommer in Mürzzuschlag in der Steiermark. Er beginnt mit der Arbeit an seiner 1884 vierten Symphonie. Zweiter Sommerurlaub in Mürzzuschlag. Die vierte Symphonie wird fertiggestellt und in Meiningen am 1885 25. Oktober uraufgeführt. 1886 Brahms wird Ehrenpräsident des Wiener Tonkünstlerverein. 1889 Ehrenbürger in Hamburg. 1896 Clara Schumann stirbt am 20. Mai. 1897 3. April: Brahms stirbt in Wien und wird auf dem Wiener Zentralfriedhof beigesetzt. Er konnte zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen entgegennehmen. Er wurde, für einige seit 1870, für andere seit Wagners Tod, als der bedeutendste Komponist seiner Zeit angesehen, dessen Kompositionen alle Gattungen der Musik, ausgenommen die Gattung Oper, umfaßte. Vorbemerkung zur Zweiten Symphonie Brahms' Erste Symphonie in c-Moll wird gerne als seine "Pathetische" genannt. Seine Zweite Symphonie ist in der Musikgeschichte als die "Pastorale" eingegangen. Dieses Werk ist hauptsächlich während des Sommers im Jahre 1877 entstanden, als Brahms zum ersten Mal in Pörtschach am Wörthersee einen Sommerurlaub verbrachte. Uraufführung 3 Die Uraufführung erfolgte am 30. Dezember 1877 durch die Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Hans Richter (siehe "Österreich-Lexikon") und wurde vom Publikum freudig aufgenommen. Allgemeines zur Zweiten Symphonie Die Vorstellung vom verschlossenen und ernsten Brahms mit seiner schwermütigen Musik ist sehr verbreitet. Bekannt dafür ist das Wort von Hellmesberger über Brahms "Meine Freude ist das Grab". Der Ernst ist zweifellos ein Merkmal der Brahmsschen Musik, doch gibt es auch Werke, in denen Freude und Frohsinn zum Ausdruck gebracht werden. Die Zweite Symphonie zählt dazu, ist doch "der Wörthersee ein jungfräulicher Boden, da fliegen die Melodien, daß man sich hüten muß, keine zu treten!". In dieser Symphonie sind viele Melodien, von der Gegend dieses Sees inspiriert, verarbeitet. Clara Schumann, die Seelenfreundin von Brahms, konnte den Komponisten in Lichtental bei Baden-Baden willkommen heißen, wo dieser in wenigen Wochen die Niederschrift der Partitur beendete. Fryderyk Chopin - Biographie Fryderyk Chopin (1810 – 1849) 4 Fryderyk Franciszek Chopin wird am 1.März 1810 (nach eigenen Angaben, laut Taufbuch 22.Feb.) in Zelazowa Wola bei Warschau geboren. Sein Vater, ein gebürtiger Franzose, ist schon als junger Mann nach Polen gegangen und unterrichtet in den aristokratischen Kreisen Warschaus, später am Lyzeum und schließlich auch an der Militärakademie Französisch. Mit 6 Jahren erhält Frederic den ersten Klavierunterricht beim böhmischen Musiker Adalbert Zywny, der ihn vor allem für Bach, Haydn, Mozart und Beethoven begeistert. Die ersten Kompositionen Chopins schreibt der Lehrer für ihn nieder. 1817 wird die "Polonaise in g-moll" gedruckt. Schon bald wird der junge Pianist und Komponist als Wunderkind gefeiert. Die Sommerferien verbringt er aus GesundheitsgrЭnden meistens am Land, im Bauerndorf Szafarnia, wo er die polnische Volksmusik kennenlernt. Zwischen 1823 und 1826 besucht er das Lyzeum und beginnt schließlich 1826 mit dem Studium am Warschauer Konservatorium (Harmonie und Kontrapunkt bei Josef Elsner). Doch Chopin zeigt kaum ein Interesse an den klassischen Formen und Orchestrierung, die er dort lernen soll. Schon als Student versäumt er kaum eine Konzert- oder Opernaufführung, obwohl er weiъ, daъ die Leitungen der Warschauer Oper sehr zu wünschen übrig lassen. Nach einer kurzen Reise nach Berlin im Jahre 1828 kommt er 1829 endlich nach Wien, wo er auch die Drucklegung einiger seiner Werke beaufsichtigt. Schon nach zwei Auftritten wird er hier stürmisch gefeiert und kehrt heim, mit dem festen Vorsatz, wieder ins Ausland zu gehen. Was nützt mir das hiesige Lob! - auf das Urteil des Wieners, des Parisers kommt es an. Also fährt er 1830 ein zweites mal nach Wien. Doch der große Erfolg des ersten Besuchs wiederholt sich nicht. So nützt er die Zeit mit Konzert-, und Opernbesuchen und Komponieren. 5 Er lernt die Walzer von Strauß (der I.) und Lanner kennen, doch begnügt er sich nicht damit, diese zu imitieren, sondern er schafft eine neue, zartere und poetischere Form des Walzers. - MIDI FILE – Waltze op.64 n.2, for piano (3’26’’) Nach 8 Monaten verläßt er Wien, es zieht ihn nach Paris. In Stuttgart erreicht ihn die Nachricht von der blutigen Niederschlagung eines neuerlichen polnischen Aufstandes gegen die russische Besetzungsmacht. Im September 1831 trifft er in Paris ein. Paris ist Zufluchtsort für politische Flüchtlinge und Mekka für Künstler aus ganz Europa. Hier schließt er sofort enge Freundschaften mit Liszt, Mendelssohn und vielen anderen namhaften Musikern seiner Zeit. Obwohl seine Konzerte von Publikum und Kritik gleichermaßen begeistert aufgenommen werden, muß er sich seinen Lebensunterhalt zunächst durch Klavierstunden für polnische Emigranten verdienen. Doch mit dem Konzert bei einer Abendgesellschaft der Rothschilds gelingt ihm der große Durchbruch. Die Baronin Rothschild meldet sich als Schülerin und viele Mitglieder der Gesellschaft folgen ihrem Beispiel. Chopin tritt von nun an in den feinsten Pariser Salons auf. Das macht ihn unabhängig von öffentlichen Konzerten und Reisen, zwingt ihn aber zu einem aufwendigerem Lebensstil. 1835 findet die letzte Begegnung mit seinen Eltern statt, die in Karlsbad auf Kur sind. Auf der Heimreise verliebt er sich in Dresden in Maria Wodzinska, die Tochter einer polnischen Adelsfamilie. Ihre Eltern lehnen aber seinen Heiratsantrag ab, und die Romanze ist bald vorüber. In Leipzig trifft er Mendelssohn wieder und lernt Robert Schumann und die 15-jährige Clara Wieck kennen. Im Oktober 1836 begegnet er zum ersten Mal George Sand (eigentl. Baronin Aurore Dudevant), eine tragende Schriftstellerin. Chopin ist von ihr nicht sehr angetan, sie aber verliebt sich sofort in das Genie. Ihre Einladung, den Sommer mit ihr und einigen Freunden auf ihrem Landgut in Nohant (Mittelfrankreich) zu verbringen, lehnt er ab. Erst im Sommer 1838 gibt er ihrem Drängen nach und verbringt einige Zeit mit ihr und ihren beiden Kindern in Nohant. Im Winter unternehmen sie eine Reise nach Mallorca, die Chopins schlechten Gesundheitszustand bessern soll. Der Aufenthalt wird aber schlieъlich durch die feindseligen Inselbewohner und das feuchte, windige Winterwetter für Chopin zur Qual. Seine beginnende Lungentuberkulose wird dadurch nur noch verschlimmert. 6 Dennoch entstehen auf Mallorca bedeutende Werke, u.a. die Preludes. - MIDI FILE – 24 Preludes (complete) op.24 for piano (35’30’’) In den folgenden Jahren verbringt er den Sommer mit George Sand in Nohant, das restliche Jahr leben sie in getrennten Wohnungen in Paris. In dieser Zeit gibt Chopin nur wenige öffentliche Konzerte und tritt eher in den vornehmen Salons der Stadt auf. Es ist eine überaus fruchtbare Zeit für ihn als Komponist. Obwohl er jede Anstrengung vermeidet, verschlechtert sich sein Gesundheitszustand zunehmend. Dazu träg auch nicht unwesentlich das allmähliche Auseinanderbrechen der Beziehung mit George Sand bei. Diese hat schon einige Zeit zuvor einen Schlüsselroman über ihr Verhältnis mit Chopin veröffentlicht (Lucrezia Floriani), in dem er nicht besonders gut wegkommt. Schlieъlich mischt sich Chopin auch noch in ihre Familienangelegenheiten ein und ergreift die Partei ihrer Tochter, was im August 1847 zum endgültigen Bruch führt. Nach der Trennung von George Sand ist Jane Stirling, eine ehemalige Schülerin und Bewunderin von Chopin, seine größte Stütze. 1848 überredet sie ihn zu einer Englandtourne. Er gibt Konzerte in London, Edinburgh, Manchester, Glasgow. Doch das kühle, nebelige Wetter zwingt ihn schon bald zur Heimreise. Als im Sommer 1849 der völlige Zusammenbruch folgt, bringen ihn Freunde nach Chaillot, außerhalb von Paris. Seine ältere Schwester Luduwika trifft noch rechtzeitig in Frankreich ein, bevor er am 17. Oktober in Paris an Tuberkulose stirbt. - MIDI FILE - Ballade no.1 (8'43'') - MIDI FILE - Ballade no.2 (6'34'') - MIDI FILE - Ballade no. 3 (6'42'') - MIDI FILE - Ballade no. 4 (9'25'') 7 Edvard Grieg GRIEG, Edvard Hagerup,* 15. Juni 1843 in Bergen (Norwegen),+ 4. Sept. 1907 daselbst. Griegs Vater Alexander war Kaufmann und britischer Konsul in Bergen, der gleichnamige schottischstämmige Urgroßvater seit 1799 dänisch-norwegischer Staatsbürger. Eigentlich Greig geheißen, änderte er bei der Verleihung der Staatsbürgerrechte die Schreibweise seines Namens in Grieg, um die damaligen Sprachgewohnheiten seiner Mitbürger mit dessen eigentlichem Klang abzustimmen (J.R. Greig 1952). Mutter Gesine war eine bei Albert Methfessel im damals dänischen Altona ausgebildete Pianistin und Sängerin, die als Begleiterin und Pädagogin wesentlich das Musikleben der Stadt prägte. Gesines Vater war der Gerichtspräsident Edvard Hagerup, einer der Delegierten der ersten norwegischen Reichsversammlung, die am 10. April 1814 mit dem Ziel der Erarbeitung eines Grundgesetzes zur Deklaration eines unabhängigen Staates zusammengetreten war. (Im Kieler Frieden 1814 war Dänemark gezwungen worden, Norwegen an Schweden abzutreten, was in Norwegen starke Reaktionen hervorgerufen hatte.) Edvard war das vierte von fünf Kindern Gesine und Alexander Griegs. Bruder John (1840-1901) begann seine Berufslaufbahn als Cellist und war Anreger u.a. der Sonate op. 36 und der Suite BoSE 118; von ihm selbst ist ein Capriccio für Kl. erhalten. Schwester Benedicte (1838-1918) half Edvard bei der Ausschrift seiner ersten Kompositionsversuche. Ein Klaviertanz namens Larvikspolka, entstanden in und benannt nach der südostnorwegischen Kleinstadt Larvik, ist möglicherweise ihre Komposition; endgültige Belege für diese Sichtweise stehen noch aus (K.H. Oelmann 1993b). BERGEN grenzt unmittelbar an den Distrikt Fana mit seiner lebendigen Volksmusiktradition. Es darf daher als sicher gelten, daß Grieg als Kind mit Volksmusik in Berührung gekommen ist. Insofern mußte die Begegnung mit den Aufzeichnungen Ludvig Mathias Lindemans 1869 in ihrer Bedeutung für das Griegsche Schaffen relativiert werden: Schon in den 3 Klavierstücken aus dem Jahre 1860 lassen sich volksmusikalische Einflüsse nachweisen (D. Schjelderup-Ebbe 1961, O. Gurvin 1953). Auch müssen die Besuche des Volksmusikers und Violinvirtuosen Ole Bull, einem engen Freund der Familie, bei Edvard nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben. Nicht zuletzt auf Bulls Empfehlung wurde Grieg 1858 zum Studium nach Leipzig geschickt. Es verdient Beachtung, daß Bull sich selbst als Komponist betätigte, seiner Grenzen sich trotz Versuchen in der Großform jedoch bewußt war. Es kann daher die These vertreten werden, daß - vor dem Hintergrund seines eigenen relativen Unvermögens Bull durch sein Insistieren auf einer gründlichen theoretischen Ausbildung Griegs diesen bereits damals als möglichen Vollender der norwegischen nationalromantischen Musik sah. GRIEG studierte bei Louis Plaidy, Ernst Ferdinand Wenzel, Ernst Friedrich Richter, Benjami Robert Papperitz, Moritz Hauptmann, Carl Reinecke und Ignaz Moscheles (H. de Vries Stavland 1996). Eine Ouverture und ein Streichquartett aus dieser Zeit haben sich nicht erhalten, obwohl letzteres in Auszügen bei Griegs norwegischem Debut (s.u.) aufgeführt wurde. Griegs Invektiven zu seiner Studienzeit (E. Grieg 1905) haben immer wieder zu über deren sachlichen und Diskussionen emotionalen Gehalt geführt. Jüngere Forschungen deuten darauf hin, daß es eher der Geist der Presse in Leipzig als der Unterricht am Konservatorium war, der Griegs Urteil prägte. Bereits sein op. 1, die Vier Stücke für das Pfte., wurden von der AmZ mit dem Hinweis auf angebliche Regelverstöße abschätzig beurteilt (K. Skyllstad 1977), die Rezensionen der Werke der mittleren Schaffensperiode durch die Signale für die musikalische Welt, u.a. des Opernfragmentes Olav Trygvason (A. Kühn 1894) und des 2. Streichquartettes op. 27 (K.H. Oelmann 1992), nahmen den Charakter einer Kampagne an. Die Qualität des Unterrichtes am Konservatorium steht hingegen nach Untersuchungen von J. Reisaus (1988) und D. Schj.-Ebbe (op. cit.) nicht mehr in Zweifel. Auch konnte die Ansicht von der einseitigen ästhetischen Ausrichtung des Institutes bei Berücksichtigung der Tatsache, daß Franz Brendel dort 1846-1868 Ästhetik und Musikgeschichte lehrte (W. Konold 1996), nicht mehr in dieser Konsequenz aufrechterhalten werden. 8 IN die Studienzeit Griegs fiel eine schwere Brustfellentzündung, die einen Lungenflügel außer Funktion setzte.Grieg trug äußerlich einen Haltungsschaden davon, war aber bis etwa 1903, von gelegentlicher Atemnot bei starken körperlichen Anstrengungen abgesehen, beschwerdefrei (O.D. Lærum 1993). SEIN Debut als Pianist gab Grieg am 18. Juni 1861 im südschwedischen Karlshamn. Eine vermutete tiefergehende Beziehung zu Therese Berg, Tochter des schwedischen Reichtagsabgeordneten C.C. Berg, ließ sich bislang nicht bestätigen. Als Komponist debütierte Grieg am 21. Mai 1862 in Bergen mit Ausschnitten aus dem 1. Streichquartett, den Klavierstücken op. 1, den Liedern op. 2 sowie dem verschollenen Klavierlied Ich denke dein auf einen Text J.W.v. Goethes (D. Schj.-Ebbe 1964). 1863 ging Grieg nach København, wo er mit seinem Landsmann Rikard Nordraak und mit Niels Wilhel Gade zusammentraf. Letzterer forderte Grieg zur Komposition einer Symphonie auf (K. Skyllstad 1993b). Ursprünglich als op. 3 vorgesehen, zog Grieg sie nach fünf Teilaufführungen zurück. Auf seinen ausdrücklichen Wunsch verblieb sie ungedruckt, bis im Dezember 1980 Valentin Kataijev durch die erste vollständige Aufführung in Moskva das Werk der Öffentlichkeit wieder zugänglich machte (L. Berger 1981/1993, G. Johnson 1982). Es ist weiterhin ungeklärt, warum Grieg die Symphonie gleich nach ihrer Entstehung nicht veröffentlicht wissen wollte. Zwar ist darauf hingewiesen worden, daß Grieg von dem symphonischen Erstling seines Landsmannes Johan Svendsen (op. 4 D-Dur) sehr beeindruckt war (F. Benestad/D. Schj.-Ebbe 1980). Doch kann daraus nicht ohne weiteres geschlossen werden, daß die Uraufführung dieses Werkes Griegs Entscheidung seine eigene Komposition betreffend, beeinflußte. Denn deren vorläufig letzte Aufführung fand am 25. Nov. 1867 in Bergen nach der Uraufführung von Svendsens Werk (am 12. Okt. d.J. in Oslo) statt. Griegs Rezension dieses Konzertes in der Tageszeitung Aftenbladet vom 14. Okt. zeigt überdies, daß er der formalen Anlage des zweiten Satzes und der Instrumentation einer weiteren zur Aufführung gelangten Komposition Svendsens kritisch gegenüberstand (E. Grieg 1972a). DER Begegnung mit Rikard Nordraak kommt nach neueren Erkenntnissen nicht der Charakter zu, der ihr ursprünglich zugemessen wurde. Zwar stammt Griegs programmatische Aussage «Wir verschworen uns gegen den Gadeschen, mendelssohnvermischten weichlichen Skandinavismus und schlugen mit Begeisterung den neuen Weg ein, auf welchem die nordische Schule sich jetzt befindet.» aus dieser Zeit. Sie bedeutete jedoch kaum mehr als eine publikumswirksame polemische Spitze an die Adresse der etablierten Musikforeningen, gegen die sich Grieg und seine Streitgenossen - außer Nordraak noch Christian Frederik Emil Horneman, Louis Hornbeck, Gottfred Matthison-Hansen und Hans Christian Andersen - wandten. Weder kommt der von ersteren gegründeten Musikgesellschaft Euterpe stil- oder gar schulbildender Charakter zu, noch war und ist Gades Schaffen als das eines Mendelssohn-Epigonen mit nachlassenden folkloristischen Einschlägen zu sehen (H.H. Eggebrecht 1991, S. Oechsle 1992). Der Briefwechsel zwischen dem Verlagsleiter der Edition Peters, Max Abraham, und Grieg zeigt, daß es damals gerade der formal in Gades Spuren wandelnde Sonaten- und Symphoniekomponist Grieg war, der in Leipzig und København Aufsehen erregte. Unbestritten ist, daß Grieg an Nordraak dessen ichbezogenen Optimismus bewunderte und ihn als Erfinder von aus dem Geist der Volksmusik geschaffenen Melodien schätzte (O. Gurvin 1942). Nordraaks Tod am 20. März 1866 ging Grieg sehr nahe. Er litt fast sein ganzes Leben unter dem Gedanken, seinen Freund in der Not im Stich gelassen zu haben, da er im Dezember des Vorjahres allein zu einer gemeinsam geplanten Italienreise aufgebrochen war, obwohl er bei Nordraak im Wort stand, zunächst zu ihm zurückzukehren. Es kann angenommen werden, daß Grieg sich im Bewußtsein der eigenen körperlichen Versehrtheit von Nordraak zurückzog, dessen schwere tuberkulöse Infektion schließlich zum Tode führte (F. Bøe 1949). IN Italien lernte Grieg u.a. Henrik Ibsen, Niels Ravnkilde und Giovanni Sgambati kennen. Eine erste Begegnung mit Werken Liszts erregte Griegs Widerwillen: «Affektiert, kränklich, form-, gedanken- und ideenlos..., ein trauriger Beweis für den Verfall der neueren deutschen Musik» schrieb er am 4. Jan. 1866 zu dessen Stabat mater in sein Tagebuch. Auch einem der späten Beethoven-Quartette, womöglich op. 132, konnte er nichts abgewinnen (Tagebucheintragung vom 21. März 1866). Griegs Verhältnis zu Ibsen blieb verhältnismäßig distanziert. Zwar war er ein aufmerksamer Rezipient des Ibsenschen Œuvre, doch vermeinte er in der Kunst seines Landsmannes einen pessimistischen Grundzug zu erkennen, der ihm selbst fremd war (H. Noreng 1993). In der Frage der Anstellung eines Griegschen protégés, die Ibsen zu Griegs Bedingungen ablehnte, kam es später zu Spannungen zwischen beiden. 1866 ließ Grieg sich in Oslo nieder. Im Juni 1867 heiratete er seine Base Nina Hagerup. Diese Verbindung war nicht ohne Konflikte zustandegekommen; weder Eltern noch Schwiegereltern erschienen zur Hochzeit. Zehn Monate später kam Tochter Alexandra zur Welt, die schon im Alter von 9 13 Monaten starb. Zur Erklärung dieses frühen Todes konnten inzwischen auch humangenetische Erklärungsmodelle angeboten werden (H.-A. Freye 1986, H. Stengel 1987), die aber naturgemäß der letzten Beweiskraft entbehren. Grieg bewarb sich auf Vermittlung Ibsens auf die Stelle des Theaterkapellmeisters in Oslo, welche aber bereits vergeben war. Auch hatte er Orgelunterricht genommen und bei Hans Matthison-Hansen, dem Domorganisten von Roskilde, ein Examen abgelegt. Doch hatte auch Griegs Wirken als Kirchenmusiker in Oslo keinen dauerhaften Erfolg. So blieb seine Tätigkeit als Klavierlehrer längere Zeit die einzig regelmäßige und einträgliche. Auf Anregung des künstlerischen Leiters Otto Winter-Hjelm übernahm Grieg im Frühjahr 1867 drei Abonnementskonzerte von Det Filharmoniske Selskap als Dirigent und organisierte im Winter 1867/68 vier Konzerte mit eigens zusammengestelltem Orchester, wo u.a. Symphonien Mozarts, Beethovens, Gades und Winter-Hjelms zur Aufführung gelangten. Zusammen mit letzterem hatte Grieg im Jan. 1867 die Musikkakademi gegründet, ein Konservatorium mit angeschlossenem pädagogischen Seminar, wo er Musiktheorie, Partiturspiel und Komposition unterrichtete. Wegen mangelnder Nachfrage erfreute sich die Einrichtung keines langen Lebens. Mit den künstlerischen Bedingungen in der Hauptstadt unzufrieden, beantragte Grieg ein staatl. Stipendium für einen zweiten Italienaufenthalt, kam aber erst im Sommer 1869 in den Genuß des Geldes, obgleich ihm Persönlichkeiten wie Moscheles, Gade, Johann Peter Emilius Hartmann, schließlich auf Vermittlung Ravnkildes auch Liszt Empfehlungsschreiben gesandt hatten. Letzteren traf Grieg 1870 dann in Rom. Im selben Jahr gründete er mit anderen Persönlichkeiten des norwegischen Kulturlebens in Oslo Musikkforeningen (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Københavner Institution), der kurz darauf auch Johan Svendsen beitrat. Beide versuchten, aufbauend auf dem symphonischen Werk der Wiener Klassik, der deutschen Frühromantik und der dänischen nationalen Tradition, Oslo wieder zu einem vom Theaterbetrieb unabhängigen, professionell geführten Orchester zu verhelfen, nachdem sich die philharmonische Gesellschaft kurz nach Griegs dortigem Wirken aufgelöst hatte. Ab 1873 dirigierte Svendsen die reinen Orchesterkonzerte, Grieg die mit Chorbeteiligung (F. Benestad/D. Schj.-Ebbe op.cit.). DAS Jahr 1874 brachte die Anfrage Ibsens nach einer Szenenmusik für seinen Peer Gynt, der damals bereits in dritter Auflage erscheinen sollte. Grieg konnte sich, da eine Zusammenarbeit mit Bjørnstjerne Bjørnson bez. eines Librettos über einen mythologischen Stoff aus der Zeit der Christianisierung Norwegens ins Stocken geraten war, umgehend ans Werk machen (R. Andersen 1993). Peer Gynt ging am 24. Febr. 1876 in der Inszenierung Ludvig Josephsons mit Dekorationen Fritz Thaulows zum ersten Male über die Bretter. Zwei Monate zuvor hatte Grieg an den Dirigenten der Uraufführung, Johan Hennum, einen Brief mit ausführlichen Interpretations- und Regieanweisungen geschickt (E. Grieg 1972a). Kurz darauf überließ Grieg die Rechte an Teilen des Klavierauszuges dem Verlag C.C. Lose in København. Ebenfalls 1876 konnte Grieg auf Einladung Abrahams Generalproben und Uraufführung des Ring des Nibelungen besuchen; ins gleiche Jahr fällt ein Konzert mit Henryk Wieniawski, mit dem er u.a. seine 2. Violinsonate op. 13 spielte. DIE zunehmende Diskrepanz zwischen eigenem Anspruch, Berufung zum Komponieren und Teilnahme an künstlerischen Ereignissen von Weltrang einerseits und der von ihm so empfundenen provinziellen Enge Oslos andererseits förderten den Bruch der Lebensverhältnisse, den Grieg Mitte 1877 mit seinem Umzug in die Einsamkeit des Sørfjordes südöstlich Bergens vollzog. Hier entstanden oder wurden begonnen einige seiner wichtigsten Werke der mittleren Schaffensperiode, das 2. Streichquartett op. 27, das Album for mannsang nach norwegischen Volksweisen op. 30 und die Tolv melodier op. 33 auf Gedichte Aasmund Olavsson Vinjes. 1880 übernahm Grieg für zwei Saisons den Dirigentenstab bei Musikkselskapet «Harmonien»s Orkester in Bergen, welches seit 1765 besteht. Grieg weitete das Repertoire auf zeitgenössische und alte Musik aus und machte, unterstützt von seinem Bruder und seiner Frau, das Publikum mit Werken Schuberts, Schumanns und Händels bekannt (K. Festing 1965). Man kann annehmen, daß Grieg diesen Posten nicht ohne Not angetreten hatte: Die Popularität der 1. Violinsonate op. 8, der Lyriske stykker op. 12 und der Folkelivsbilder op. 19 hatte Grieg mit den folgenden Kammermusik- bzw. Klavierkompositionen noch nicht wieder erreicht, einer schnellen Verbreitung des 1. Klavierkonzertes und des 2. Streichquartettes stand die Veröffentlichung in einem relativ kleinen Verlag entgegen. Grieg stand 1880 womöglich vor der Notwendigkeit, sich wieder eine regelmäßige Einnahmequelle zu verschaffen. INWIEWEIT Griegs Beziehungen zu seiner Gastgeberin auf dem Lande, Brita Utne, als Ursache für die neuerliche Übernahme einer künstlerisch-pädagogischen Tätigkeit mit eine Rolle spielten, ist weiterhin ungeklärt. Der Briefwechsel zwischen beiden wurde teils vernichtet, teils steht er der wissenschaftlichen Auswertung nicht zur Verfügung. Daß es Spannungen in der Ehe Griegs gegeben hatte, zeigt u.a. die Tatsache, daß Edvard 1883 seine Frau verließ mit dem Vorsatz, nach Paris zu der norwegischen Malerin Leis Schjelderup zu fahren. Dort kam er jedoch nie an. Eine kontinentale Rundreise führte ihn stattdessen u.a. nach Breslau zu Max Bruch, nach Weimar zu Liszt, nach Bayreuth zur Aufführung des Parsifal (H. Krellmann 1999), nach Frankfurt/Main zu Clara Schumann und nach Amsterdam zu Julius Röntgen (H. de Vries Stavland 1993). Erst 1885 bekam Griegs Lebensweise etwas weniger Unstetes, als seine Villa Troldhaugen in Hop vor den Toren Bergens fertig wurde. Ein Heim 10 im engeren Sinne wurde sie jedoch nicht, da sie sich als für den Winteraufenthalt ungeeignet erwies (N.R. Graves 1953, J. Arbo et al. 1954). KONZERTREISEN, die Grieg nach 1885 unternahm, führten ihn durch ganz Mittel- und Westeuropa; u.a. dirigierte und spielte er in Warszawa, Berlin, Dresden, Leipzig, Praha, München, Wien, Budapest, Paris, London und Birmingham. So lernte er 1887 den russischen Violinvirtuosen Adolph Brodskij kennen, dem er wichtige Anregungen für die endgültige Ausformung seiner 3. Violinsonate op. 45 verdankte (F. Benestad/D. Schj.-Ebbe 1993). Beide spielten die Uraufführung dieses Werkes am 10. Dez. 1887 im Leipziger Gewandhaus. 1888 machte sich Grieg an die Revision der 1873 begonnenen Komposition auf Bjørnsons unvollendetes Libretto Olav Trygvason (s.o.; D.L. Axelsen 1960). Der Dichter hatte nach dem vorläufigen Scheitern der Zusammenarbeit den Verkehr mit Grieg für fünf Jahre ganz abgebrochen, und erst die triumphalen Aufführungen im Okt. 1889 in Oslo söhnte beide vollständig miteinander aus. Die Konzerte markieren gleichzeitig Griegs späten, uneingeschränkten Durchbruch als Komponist in seinem Heimatland. IN den neunziger Jahren wandte Grieg sich verstärkt der Volksmusik Westnorwegens, und hier insbesondere der Musik der hardingfela (Hardangerfidel; R. Sevåg 1992, H. Kaasa et al. 1997) zu. In Bergen aufgefundene Skizzenblätter dokumentieren, daß Grieg selbst durchgearbeitete Aufzeichnungen von Fideltänzen herstellte. Die Folkeviser op. 66 für Klavier schrieb Grieg nach Übertragungen seines engsten Freundes, des Bergener Steuerexperten Frants Beyer, die Slåtter op. 72 auf Johan Halvorsens Transkriptionen der Musik des fela-Spielers Knut Dahle, der Griegs Umarbeitung selbst angeregt hatte. In dieselbe Zeit fällt das Verhältnis mit der Geigerin Bella Edwards, die er 1888 in København seine 3. Violinsonate op. 45 hatte spielen hören (M.W. Andreasen 1993). Edvard Munchs Litographie Fiolinkonserten von 1903 zeigt Bella Edwards zusammen mit der Pianistin Eva Mudocci (eigentlich Evangeline Muddock), deren Geliebter Munch war, und die später auch von Henri Matisse portraitiert wurde (R. Stang 1982). 1898 fand u.a. auf Griegs Initiative das 1. norwegische Musikfest in Bergen statt. Gegen viele Widerstände nicht zuletzt seines Kollegen Johannes Haarklou lud Grieg das Concertgebouw Orkest unter dem jungen Willem Mengelberg nach Bergen ein, um die norwegischen Musiker internationaler Konkurrenz zu stellen (J. Haarklou 1898, H.J. Hurum 1989). DIE letzten Lebensjahre Griegs standen im Zeichen ungebrochener Reisetätigkeit und der ausführlichen Beschäftigung mit zeitgenössischer Musik, so dem Opernschaffen von Strauss und Zemlinsky, den Symphonien Mahlers, den Liedern Wolfs und den Werken Debussys und Carl Nielsens (E. Grieg 1972a,b). Womöglich plante Grieg eine Aufführung von Mahlers 5. Symphonie, konnte diesen Vorsatz jedoch nicht mehr in die Tat umsetzen. In einem Brief an Henri Hinrichsen vom 23. Sept. 1904 bezeichnete er sie als «herausfordernd», über Debussy äußerte er: «Extravagante Musik, aber voller Talent; mir zehnmal sympathischer als der Plumpudding der jungen Deutschen» (H. Goldschmidt 1970 S. 159). Dies bezog sich auf Reger (H. Wirth 1971) und Strauss, dessen Tod und Verklärung er bewunderte (E. Grieg 1972b), dessen Salome er jedoch ablehnte: «Der Sieg der Technik über den Geist» vertraute er seinem Tagebuch am 15. Apr. 1907 an, und als «verkochten Kohlrabi mit Würstchen» (E. Grieg 1972a, S. 124) verachtete er die Kompositionen Regers, den er im gleichen Jahr in Berlin getroffen hatte. Ein angebliches Interview, das der amerikanische Diplomat Arthur Abell 1955 herausgab, ist von der neueren Forschung im Lichte auch der Erkenntnisse über Brahms, dessen Befragung der Hauptteil des Buches gewidmet ist, in seinem Realitätsgehalt stark angezweifelt worden (F. Dörschel 1995). Auch steht es in völligem Gegensatz zu Griegs 1905 veröffentlichter autobiographischer Skizze Mein erster Erfolg. GRIEG engagierte sich Zeit seines Lebens in sozialen, politischen und linguistischen Fragen. Als 1904 der Stadtkern der westnorwegischen Hafenstadt Ålesund bis auf die Grundmauern niederbrannte, sandte Grieg als unmittelbare Reaktion seine gesamte Garderobe, mit der er auf Reisen war, dorthin. Ein offener Brief an Edouard Colonne angelegentlich der zweiten Verurteilung von Alfred Dreyfus führte bei einem späteren Auftreten in Paris zu nationalistischen Schmähungen. Der Brief ist auch als Erklärung für Debussys säuerliche Rezension dieses Konzertes herangezogen worden, die, da später in der Sammlung M.Croche Antidilettante veröffentlicht, dem Griegbild nicht nur in Frankreich einen gewissen Stempel aufgedrückt hat (J.-L. Caron 1994, D. Donnellon 1997). In der Frage der norwegischen Staatssprache ergriff Grieg früh Partei für das aus ländlichen Dialekten synthetisierte landsmaal (heute nynorsk), lehnte aber dessen Zwangseinführung als Schul- und Verwaltungssprache ab (H. Noreng op.cit., K. H. Oelmann 1993a). Mit Sympathien für die Republikaner, schloß sich Grieg in der Frage der Staatsform nach Erlangung der Souveränität 1905 gleichwohl der weit verbreiteten Ansicht an, daß nur ein König als Symbolfigur an der Spitze des Staates die in den Augen vieler Künstler traditionell streitsüchtigen Norweger vereinen könne (Brief an Gerhard Schjelderup vom 26. Okt. 1905, siehe auch E. Grieg/J. Röntgen 1997, S. 388 ff.). NACHDEM er bereits am 10. Mai 1894 zum Dr. h.c. der Universität Cambridge promoviert worden war, wurde Grieg am 29. Mai 1906 auch zum Ehrendoktor der Universität Oxford ernannt. Dies war die letzte von zahlreichen Ehrungen, die er im Laufe seines Lebens erhalten hatte; u.a. war Grieg Mitglied der Königlich Schwedischen Musikakademie, der Akademie der Künste in Berlin und 11 der Ehrenlegion, außerdem korrespondierendes Mitglied der Académie des Beaux-arts, und war am 21. Jan. 1904 in seiner Heimat mit dem Großkreuz des St. Olav Ordens ausgezeichnet worden. GRIEGS Gesundheit hatte sich seit 1903 zusehends verschlechtert. Starke Brustraumbeschwerden lähmten seine geistigen und körperlichen Kräfte und führten zu einer Einschränkung seiner Kompositionstätigkeit; auch mußte er eine Einladung in die USA abschlagen. 1905 traf er in London den jungen Percy Grainger, den er als kongenialen Interpreten seiner volksmusikbasierten Klavierwerke erlebte. Nach Konzerten in Deutschland spielte Grieg im Sommer 1907 aufgrund seiner hinfälligen Konstitution mit Selbstmordgedanken (Tagebucheintragung vom 13. Juli 1907). Gleichwohl traf er Anfang Sept. Vorbereitungen zu einer Reise nach Leeds, wo Olav Trygvason aufgeführt werden sollte. Sein Zustand machte jedoch eine Einlieferung ins Bergener Krankenhaus notwendig, wo er am 4. d.M. starb. Oberarzt Klaus Hanssen diagnostizierte ein Lungenemphysem als Todesursache (O.D. Lærum op.cit.). Beileidskundgebungen von Künstlern, Politikern und Monarchen aus aller Welt trafen bei seiner Witwe ein; seine Beerdigung vollzog sich unter außerordentlicher Anteilnahme der Bevölkerung. 12 Franz Ritter von LISZT (1811-1886) LISZT, Franz Ritter von, Pianist und Komponist, * 22. Oktober 1811 in Raiding bei Ödenburg (Burgenland, Österreich), + 31. Juli 1886 in Bayreuth. – Der Vater Adam L. war Schreiber, später Amtmann in Diensten des Fürsten Esterházy in Raiding. Durch ihn erhielt der Sohn auch den ersten Klavierunterricht. Da L. als Wunderkind galt, schon im Alter von 8 Jahren glänzte er mit eigenen Kompositionen, setzten ungarische Adelige ein Stipendium aus, um dem begabten Knaben ein ordentliches Musikstudium zu ermöglichen. Im Jahre 1822 übersiedelte die Familie nach Wien, wo er von Carl Czerny am Klavier und von Antonio Salieri in der Komposition unterrichtet wurde. Bereits ein Jahr später ging es weiter nach Paris, wo er zwar am berühmten Konservatorium keine Aufnahme fand, aber Antonin Reicha und Fernando Paer als Lehrer gewinnen konnte. Der Unterricht in Wien und Paris mußte gleichsam nebenbei absolviert werden, die Hauptsache damals waren Konzertreisen, die der Vater arrangierte, solange der Ruf als Wunderkind noch Gültigkeit hatte. Als der Vater 1827 starb, L. war gerade 16 Jahre alt, mußte er selbst für sich und seine Mutter aufkommen. Die folgenden Jahre waren daher bestimmt durch zahlreiche Konzertreisen, oft auch in entlegene Orte. L. galt damals als Inbegriff des Virtuosen. In einem Wettstreit mit dem Pianisten Sigismund Thalberg erwies sich L. als der bessere Künstler. Daneben fand er aber immer wieder Zeit, sich die in der Jugend vernachlässigte Allgemeinbildung nachträglich anzueignen. In der Lektüre fand er viele Anregungen für seine Kompositionen, die, dem Stil der Zeit entsprechend, mehr vordergründige Virtuosität als geistige Tiefe aufweisen, die aber bei späteren Umarbeitungen an musikalischer Substanz deutlich gewannen. Musiktitel jener Zeit waren etwa »Etudes d'exécution transcendantes« oder »Harmonies poétiques et religieuses«. Zu einem ungeheueren Skandal kam es, als L. ein Verhältnis mit der verheirateten Gräfin Marie d'Agoult begann. Das verliebte Paar floh im Jahre 1834 nach Genf. Die Jahre bis zur Trennung 1844, schon 1838 zerbrach die Beziehung, verbrachten sie an wechselnden Orten, so in Rom, Mailand und am Comer See. Der Verbindung entstammten drei Kinder, die Tochter Blandine wurde 1835 geboren, Cosima 1837 und der Sohn Daniel 1839. Als reisender Virtuose stand L. nun auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn. Nun begann er, neben rein virtuoser Musik auch Transkriptionen anderer Werke in seine Programme aufzunehmen, etwa Sinfonien Ludwig van Beethovens, oder Paraphrasen über Werke anderer Komponisten, wie etwa über Lieder Franz Schuberts. In das Jahr 1839 fällt die Wiederbegegnung mit seiner Heimat. Da sein Geburtsort damals zu Ungarn gehörte, feierte man ihn als ungarischen Musiker, obwohl L. kein einziges Wort Ungarisch verstand. Frucht dieser Reiser war die Komposition der Ungarischen Rhapsodien. Die Ernennung zum »Hofkapellmeister in außerordentlichen Diensten« in Weimar durch Großherzog Carl Friedrich von Sachsen-Weimar-Eisenach bereitete einen allmählichen Wandel im Leben L.s vor. Er gab im Jahre 1849 seine Virtuosenlaufbahn auf und nahm seinen festen Wohnsitz in Weimar, wo er bis 1861 blieb. Diese Jahre waren gekennzeichnet von guten Aufführungen damals moderner Musik, Berlioz, Schumann, Wagner. 13 Angeregt durch seine Kapellmeistertätigkeit entstanden zunehmend Kompositionen für Orchester, vor allem die bis heute viel gespielten »Symphonischen Dichtungen«. In diesen meist einsätzigen Werken schuf L. die Voraussetzung für die Weiterentwicklung der sinfonischen Form im 20. Jahrhundert. Besonders Richard Strauß gilt als »Erbe« dieser Musiktradition, die ihm vor allem durch Hans von Bülow vermittelt wurde. Die Zeit in Weimar war auch bestimmt durch seine Beziehung zu der russischen Fürstin Caroline zu SaynWittgenstein, die er 1847 in Kiew kennengelernt hatt und die ihm bald darauf nach Weimar gefolgt war. Im Jahre 1860 ging die Fürstin nach Rom, um dort ihre Scheidung an höchster Stelle bewilligt zu bekommen. Ein Jahr später folgte ihr L. Wohl als Folge der Tatsache, daß das Scheidungsbegehren keinen Erfolg hatte, empfing L. 1865 in Rom die niederen Weihen. Die verstärkte Hinwendung zur Kirche entsprach aber sicher auch der inneren Disposition L.s. Fast gleichzeitig erscheint auch im musikalischen Schaffen eine neue Phase, die gekennzeichnet ist von überwiegend religiösen oder durch die Religion inspirierten Werken. Im Mittelpunkt stehen dabei natürlich seine großen Messen, ein Requiem und die Oratorien »Christus« und die »Legende der Heiligen Elisabeth«. Die letzten 20 Jahre seines Lebens verbrachte L. abwechselnd in Rom und Weimar. Das Wirken L.s ist bis heute weitgehend selektiv betrachtet worden, vor allem zum Virtuosen und zum Komponisten der Tondichtungen war ein emotionaler Zugang relativ leicht möglich. Das religiöse Schaffen wurde dagegen in der Würdigung L.s meist ausgeklammert, es schien vielen Interpreten der Persönlichkeit diametral entgegengesetzt. Aber auch zahlreiche Klavierwerke sperren sich gegen eine allzu glatte Interpretation. Im wesentlichen war das Bild L.s bestimmt durch das Virtuosentum, das ungarische Kolorit und die Gestalt des greisen Abbé, der in Weimar und Bayreuth von zahlreichen Bewunderern umgeben ist. Dieses durchaus verzerrte Bild hat auch in einige Romanbiographien Eingang gefunden. Man muß sich von solchen Überzeichnungen frei machen, um den Blick auf die eigentliche Persönlichkeit L.s lenken zu können. Abgesehen von einigen frühen Kompositionen, in denen L. mit seinem Können kokettiert, hat er schon bald angefangen, in seiner Musik Seelenstimmungen zu beschreiben. Da seine Konzerte vielfach auch Improvisationen waren, konnte er hier Ausdrucksmöglichkeiten ausprobieren, die dann später in seinen Kompositionen weiterentwickelt wurden. In seinem musikalischen Ausdruck näherte er sich dabei oft impressionistischer Farbgebung, die, vor allem im Spätwerk, direkt zu Debussy und anderen überleitet. Auch auf dem Gebiet der musikalischen Form muß L. als Wegbereiter der Moderne angesehen werden. Besonders die Klaviersonate h-moll und die Tondichtungen zeigen mit ihrer Einsätzigkeit und ihrer reichen Binnengliederung neue Möglichleiten auf, die später von Richard Strauß oder Arnold Schönberg aufgegriffen worden sind. Einzig das kirchenmusikalische Schaffen L.s scheint einen Endpunkt der Entwicklung zu markieren. Als Fortsetzung eines Haydn, Mozart oder Beethoven gedacht steht es im Gegensatz zu der Entwicklung der offiziellen Kirchenmusik, die im Cäcilianismus an früheren Zeiten anzuknüpfen suchte. L.s Bemühen dagegen war darauf gerichtet, die Anregungen der sinfonischen Form auf die Kirchenmusik zu übertragen. Im Rückblick erst wird deutlich, wie sehr er bemüht war, von der Musik her dem religiösen Selbstverständnis seiner Zeit zu dienen. 14 Modest Petrowitsch Mussorgski Portrait Mussorgskis von Ilja Repin, 1881 Modest Petrowitsch Mussorgski (russisch Модест Петрович Мусоргский, wiss. Transliteration Modest Petrovič Musorgskij; * 9. März/21. März 1839 in Karewo (Oblast Pskow); † 16. März/28. März 1881 in St. Petersburg) war ein russischer Komponist. Er wurde hauptsächlich durch seine Opern und Lieder bekannt und gilt als einer der eigenständigsten russischen Komponisten des 19. Jahrhunderts. Bei seinem Tod waren viele seiner Werke in unfertigem Zustand. Biografie Als jüngster Sohn eines wohlhabenden Landbesitzers in Karevo im Bezirk Pskow geboren, erlernt Mussorgski durch seine Mutter das Klavierspiel. Im Alter von sieben Jahren spielt er bereits kurze Stücke von Franz Liszt. Im Jahre 1852 tritt er in die Kadettenschule in St. Petersburg ein, wo er sich besonders mit Geschichte und Philosophie beschäftigt. Zu diesem Zeitpunkt schreibt er erste kurze Kompositionen. Während dieser Zeit hat er Klavierunterricht bei Anton Herke, der auch seine erste Komposition: "Porte-enseigne Polka" drucken lässt. Auf Anregung seines Religionslehrers, Pater Krupski, beschäftigt er sich zudem mit russischer Kirchenmusik. 1856 verlässt er die Kadettenschule und tritt dem Preobraschenski-Garderegiment bei. Durch seinen drei Jahre älteren Kameraden Mili Balakirew erhält er ersten formalen Unterricht in Musiklehre, der im Wesentlichen auf den großen Werken Ludwig van Beethovens, Franz Schuberts und Robert Schumanns gründet. Am 17. Juli 1858 verlässt er das Regiment, setzt die Zusammenarbeit mit Balakirew jedoch fort. Ein Besuch in Moskau im Sommer 1859 bewegt ihn tief und macht ihn nach eigener Einschätzung vom Kosmopoliten zum Russen. Die Aufhebung der Leibeigenschaft im russischen Zarenreich 1861 führt seine Familie in Schwierigkeiten, so dass er die nächsten zwei Jahre auf dem Land zubringt, um seinen zwei Brüdern bei der Verwaltung des Familiengutes in Karevo zu helfen. Finanzielle Schwierigkeiten zwingen ihn jedoch bald dazu, sich in den Verwaltungsdienst des Zaren zu stellen. 1863 wird er dazu in die Ingenieursabteilung des Ministeriums für Kommunikation berufen. Nach einer Beförderung im Dezember 1866 wird er am 10. Mai 1867 jedoch schon wieder entlassen. Während dieser Zeit lebt er in einer "Kommune" mit vier anderen jungen Männern, Mili Balakirew, Alexander Borodin, Nikolai Rimski-Korsakow und Cesar Cui zusammen, wo er sich am regen Ideenaustausch über Kunst, Philosophie und Politik beteiligt. Die Gruppe nennt sich Das Mächtige Häuflein oder einfach Gruppe der Fünf. Außer Balakirew sind alle Musikliebhaber, also keine Berufsmusiker. Sie kämpfen gegen den akademischen Professionalismus. Sie wollen etwas Neues schaffen aus dem Volkstum Russlands, ganz bewusst als Dilettanten. Diese Ideologie zerbricht daran, dass das Bürgertum keinerlei Verständnis für sie aufbringt. Nach seiner Entlassung zieht er zu seinem Bruder aufs Land, wo er sich insbesondere mit Orchesterwerken beschäftigt. Aus dieser Zeit stammt die erste Fassung seines Werkes Johannisnacht auf dem Kahlen Berge. Nach der Rückkehr nach St. Petersburg beginnt er die Oper Boris Godunow nach einem Theaterstück von Puschkin. Am 2. Januar 1869 kehrt er in den Staatsdienst zurück, diesmal innerhalb der Forstwirtschaftsabteilung des Ministeriums für Staatsbesitz. In gesicherten Verhältnissen kommt er schnell mit dem Schreiben der Oper voran und stellt das Manuskript im Dezember desselben Jahres fertig. Vom Mariinski-Theater zurückgewiesen, 15 überarbeitet er das Stück bis Juli 1872 noch einmal drastisch, doch auch diesmal hat er keinen Erfolg. Allerdings werden im Rahmen einer Benefiz-Veranstaltung auf Initiative einiger Sänger drei Szenen seines Werkes mit großem Erfolg vorgestellt. Dies führt schließlich dazu, dass auch das Management des Mariinski-Theaters sich nicht länger querstellt, so dass es am 8. Februar 1874 zur Uraufführung von Boris Godunow kommen kann. Zu dieser Zeit beginnt er damit, heftig zu trinken, er sieht bei sich selbst Symptome der Demenz. Dennoch wird er vorläufig noch weiter in seiner Ministeriumslaufbahn befördert. Im Juni 1874 schreibt er den Klavierzyklus Bilder einer Ausstellung, der durch eine Ausstellung der Zeichnungen und Bühnenentwürfe seines verstorbenen Freundes Viktor Hartmann inspiriert ist. Zur selben Zeit entsteht der Liederzyklus Ohne Sonne nach Gedichten von Golenischtschew-Kutusow. Zwischen März und April 1877 entsteht eine weitere Reihe von Liedern zu Gedichten von Alexej Tolstoi, die zum ersten Mal seine neue Kompositionstechnik verdeutlichen, bei der sich lyrischer Gesang und eine deklamatorische rezitativähnliche Sprache vereinen. Im Jahre 1878 wechselt er von der Forstwirtschaftsabteilung in die Revisionsabteilung, wo er in T. Filipow einen verständnisvollen Vorgesetzten findet, der ihm unter anderem Raum für eine dreimonatige Konzertreise zusammen mit der Altistin Daria Leonowa in die Ukraine, auf die Krim und zu Städten an Don und Wolga lässt. Am 13. Januar 1880 muss Mussorgski den Staatsdienst wegen seiner Trinksucht verlassen, erhält jedoch eine Pension von 100 Rubeln zugebilligt, unter der Bedingung, dass er seine halbfertige Oper Chowanschtschina zu Ende bringt. Sowohl Chowanschtschina als auch die komische Oper Der Jahrmarkt von Sorotschinski werden jedoch nicht mehr fertiggestellt. In seinem letzten Lebensjahr lebt er teilweise bei Daria Leonowa auf ihrem Landgut. Für sie arbeitet er als Begleiter und Theorielehrer in der von ihr gegründeten Musikschule in St. Petersburg. Am 23. Februar 1881 besucht er Leonowa noch einmal in verzweifelter Stimmung. Er glaubt ihr zufolge aufgrund seiner verzweifelten finanziellen Lage, nichts anderes als Betteln mehr zu können. Nach einem epileptischen Anfall am Abend desselben Tages und drei weiteren am folgenden Tag wird er am 26. Februar in das Nikolajewki-Krankenhaus eingeliefert. Nach einer scheinbaren Erholung Mitte März verstirbt er am 28. desselben Monats. Er liegt auf dem Newski-Friedhof in St. Petersburg begraben. Werke Die meisten Werke von Mussorgski waren bei seinem Tode in unvollendetem Zustand und wurden nach seinem Tod durch seinen Freund Rimski-Korsakow bearbeitet und "korrigiert". Orchesterstück Johannisnacht auf dem Kahlen Berge Oper Chowanschtschina Oper Boris Godunow Oper Der Jahrmarkt von Sorotschinzy Klavierzyklus Bilder einer Ausstellung Liederzyklus Ohne Sonne Liederzyklus Die Kinderstube Liederzyklus Lieder und Tänze des Todes insgesamt 65 verschiedene Lieder Die Entstehungsgeschichte 16 Im Jahr 1873 starb der Architekt Viktor Hartmann (1834-1873). Mussorgsky hatte Hartmann um 1870 durch Wladimir Stassow kennengelernt, der diesen in den Balakirew-Kreis einfЭhrte. Hartmann hatte in Petersburg studiert und trat zuerst mit Buchillustrationen hervor. Danach arbeitete er als Architekt und schuf unter anderem das 1862 in Nowgorod eingeweihte Denkmal zur Tausendjahrfeier Ruъlands. Im Jahre 1864 ging er fЭr vier Jahre ins Ausland. In dieser Zeit entstanden die meisten seiner Aquarelle und Genreskizzen. Beim letzten Zusammensein mit Mussorgsky erlitt Hartmann einen Schwächeanfall, während sich beide über einen neuen russischen Stil im Bauwesen unterhielten. Wenig später starb Hartmann. Mussorgsky schrieb einen kurzen Nachruf für die "Petersburger Nachrichten". Als Stassow, der sich zur Zeit des Todes Hartmanns im Ausland aufhielt, wieder nach Petersburg zurückkehrte, veranstaltete er im Februar und März 1874 zum Gedenken an seinen Freund eine Ausstellung mit dessen Werken. Der Ausstellungskatalog verzeichnete etwa vierhundert Werke, darunter die frühen Buchillustrationen, Reiseskizzen, Architektur- und Kostümentwürfe. Eine ganze Reihe von Werken kam noch während der Ausstellung hinzu. Diese Ausstellung regte Mussorgsky an, dem verstorbenen Freund auch ein musikalisches Denkmal zu setzen. In einem enormen Schaffensrausch komponierte er seine Klaviersuite "Bilder einer Ausstellung", die er am 22. Juni 1874 vollendete. Mussorgskys Musik In seiner Suite gestaltet Mussorgsky musikalisch zehn Bilder Hartmanns, gegliedert durch die viermal wiederkehrende "Promenade", die den Betrachter beim Gang durch die Ausstellung zeigt. Die "Promenade" steht auch am Anfang der "Bilder einer Ausstellung", bei den Wiederholungen weist sie jedesmal einen anderen Charakter auf, der sich aus der veränderten Stimmung durch die vorangehende Bildbetrachtung erklärt. Dem ersten Bild "Gnomus" liegt eine Zeichnung eines nuъknackerartigen Weihnachtsschmucks zugrunde. Mussorgsky gestaltete daraus ein Porträt eines kleinen Zwergs, der linkisch auf mißgestalteten Beinen einhergeht. Im "Alten Schloъ" stimmt ein mittelalterlicher Troubadour seine Romanze an, bis in den "Tuilerien" streitende Kinder im Garten der Tuilierien zusammen mit ihren Gouvernanten nachgezeichnet werden. Das kraftvolle nächste Bild läßt einen "Bydlo", einen polnischen Ochsenkarren, am Betrachter vorbei poltern und langsam wieder verschwinden. Für das Scherzino "Ballett der Küchlein in ihren Eierschalen" lieъ Mussorgsky sich von einem Kostümentwurf Hartmanns für das Ballett "Trilby" (Das Ballett "Trilby" wurde im Jahre 1871 in Petersburg uraufgefЭhrt. Die Musik komponierte der Petersburger Dirigent, Geiger und Komponist Julius Gerber.) leiten. "Samuel Goldenberg und Schmuyle - Zwei polnische Juden, der eine reich, der andere arm" ist der Titel der Schilderung zweier Charaktere, die zuerst isoliert und am Ende aufeinandereinredend dargestellt werden. Noch einmal wird es laut und hektisch, wenn auf dem "Marktplatz von Limoges" französische Marktweiber schreien und zanken. Dann wird Hartmann selbst gezeigt, wie er die "Katakomben" von Paris beim Licht einer Laterne untersucht. Mussorgsky notierte dazu in der Partitur die Worte "con mortuis in lingua mortua" (mit den Toten in der Sprache der Toten) und dann auf russisch "Der schöpferische Geist des verstorbenen Hartmann führt mich zu den Schädeln und ruft sie an - die Schädel beginnen im Inneren sanft zu leuchten". Durch eine Variation des Promenadenmotivs stellt sich Mussorgsky als Betrachter selbst mit Hartmann dar, bevor er im nДchsten Bild die russische Hexe Baba Jaga einen wilden Hexenritt vollfähren läßt. Den Abschluъ des Werkes bildet Hartmanns Zeichnung des "Großen Tores von Kiew", eines Architekturentwurf eines Tores im altrussischen Stil mit einer Kuppel in Form eines slawischen Helms. Die Basis dieses monumentalen Schlußgemäldes ist wieder die "Promenade", die nun aber mit zusätzlichem motivischen Material (Choral der russischen Liturgie, Glöckengeläut) angereichert wird und im letzten Bild der Suite die Größe eines Opernfinales verleiht. Die Aufführungsgeschichte Mussorgsky gestaltete die Inhalte der Bilder sehr frei nach den Vorlagen, von denen nur noch wenige erhalten geblieben sind (Erhalten geblieben sind: Der Kostümentwurf zu "Trilby", zwei einzelne Zeichnungen polnischer 17 Juden, die Zeichnung Hartmanns in den Pariser Katakomben, die Uhr, die zur Hätte der Baba-Jaga wurde, und das "Große Tor von Kiew".). Der wilde Hexenritt der Baba-Jaga kam Mussorgsky beispielsweise durch einen Entwurf einer bronzenen Uhr mit Füъen in Form von Hühnerbeinen in den Sinn. Zu Mussorgskys Lebzeiten wurden die "Bilder einer Ausstellung" vollstДndig ignoriert, selbst Rimsky-Korsakow berichtet in seiner Chronik nicht darüber. Erst einige Jahre nach Mussorgskys Tod (1886) wurde die Suite erstmals gedruckt. Im Konzertsaal erklang sie fast nie, erst in den Zwanzigerjahren des nächsten Jahrhundert wurde sie wiederentdeckt und populär, nachdem Maurice Ravel im Jahre 1922 für Sergej Kussewizki seine Orchestrierung anfertigte. Heute liegen die "Bilder einer Ausstellung" in einer Vielzahl von Orchestrierungen und anderen Bearbeitungen vor und haben Mussorgskys Namen in der ganzen Welt bekannt gemacht. Hartmanns Entwurf zum Ballett "Trilby" Das große Tor von Kiew Die Katakomben von Paris Die Hütte der Baba Jaga 18 Franz Schubert 1784 Der Vater Schuberts verläßt seine böhmische Heimat und läßt sich in Wien/Lichtenthal (Wien IX.) nieder. 1785 Er heiratet die Schlesierin Elisabeth Vietz. 1797 Franz Schubert wird geboren (Geburtshaus). 1808 Schubert wird Schüler des "Stadtkonvikts" und Chorsänger in der Hofburg. Er ist Schüler von Antonio Salieri (siehe "Österreich-Lexikon"). 1813 Er besucht das Lehrerseminar. 1814 Er wird Hilfslehrer in der Schule seines Vaters. Er selbst spricht von drei Jahren "Martyrium in der Schule". Schubert dirigiert seine Messe in F-Dur in der Lichtenthaler Kirche. 1815 Vergebliche Bewerbung um den Posten eines Lehrers in Laibach. Er wird freischaffender Komponist in Wien, ohne jede Bindung an ein Amt. 1817 Zerwürfnis mit dem Vater; Schubert verliert die einzige Berufsstellung seines Lebens. Er bleibt sein Leben lang wirtschaftlich unselbständig. 18181824 Schubert ist Musiklehrer des Grafen Johann Karl Esterhazy von Galántha auf Schloß Zseliz an der Gran, das damals in Ungarn lag, heute unter dem Namen Zeliezovce in der Slowakei zu finden ist. 18251827 Erfolglose Bewerbung um die Vizehofkapellmeisterstelle und um die Kapellmeisterstelle am Kärtnertortheater in Wien. 26. März, der erste Todestag Beethovens: Veranstaltung des einzigen öffentlichen Konzertes mit eigenen Werken. 1828 4. November: Schubert meldet sich bei Simon Sechter (siehe "Österreich-Lexikon"), dem angesehendsten Wiener Theorielehrer, zum Unterricht an. 19. November: Schubert stirbt in Wien an einer Typhuserkrankung. Bei seinem Tod war etwa ein Drittel des Schaffens in Druck erschienen, jedoch ausschließlich in Österreich. Im Jahre 1826 hatte lediglich die Allgemeine Musikalische Zeitung in Leipzig die Klaviersonate in a-Moll gründlich gewürdigt. S chubert als Symphoniker 19 Von Schubert sind acht Symphonien erhalten, die ersten sechs stehen unter dem Einfluß von Mozart und Haydn. Die 7. Symphonie (C-Dur, 1828) wurde von Robert Schumann 1838 bei Schuberts Bruder Ferdinand entdeckt. Sie wird auch die 9. Symphonie genannt. Die 8. Symphonie aus dem Jahre 1822 in h-Moll, wird als "Die Unvollendete" bezeichnet. Sie wurde erst 1865 zur Uraufführung gebracht. Skizzen zum 3. Satz, dem Scherzo, sind vorhanden. Die "Gasteiner Symphonie" ist verschollen. Sie ist der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien gewidmet, von der er dafür ein Ehrengeschenk von 100 Gulden erhielt. Der Eingang der Partitur ist im Archivverzeichnis der Gesellschaft vermerkt. In seinen letzten beiden Symphonien knüpft Schubert an Beethoven an, findet jedoch bereits den Übergang zur Hochromantik: Liedhafte Themen, neuartige Themenfortführung in der Durchführung, Ausschöpfen der Stimmungskraft der Harmonik, Schwanken zwischen Dur und Moll, Verwendung des Horns als melodisches Soloinstrument, individuelle Instrumentalfarben. Schubert als Liedkomponist Er schrieb über 660 Lieder, 66 davon auf Goethe-Gedichte. 1811 entsteht sein erstes Lied - "Hagars Klage". 1814 und 1815 entstehen "Gretchen am Spinnrad", "Erlkönig", "Heidenröslein". Eine formale Entwicklung oder eine künstlerische Steigerung im Liedschaffen ist nicht feststellbar. Stärkstes Mittel der Charakteristik ist der melodische Erfindungsreichtum. Von Schubert existieren zwei Liedzyklen: "Die schöne Müllerin" aus dem Jahre 1823. die "Winterreise" aus dem Jahre 1827. Beide Zyklen sind nach Gedichten von Wilhelm Müller komponiert. "Der Schwanengesang" ist kein Zyklus von Schubert, sondern dieser umfaßt Gesänge aus Schuberts letzter Zeit, die von Freunden unter diesem Titel zusammengefaßt wurden. Schuberts Liedtypen: Strophenlied bei strenger Strophengleichheit (z.B. "Heidenröslein"). Strophenlied mit gelegentlicher Variierung einzelner Strophen gemäß dem Text ("Des Baches Wiegenlied", "Du bist die Ruh", "Der Lindenbaum"). Durchkomponiertes Lied mit eigener Melodie für jede Strophe, wobei auf zahlreiche Kombinationen zurückgegriffen wird, z.B. Deklamation im Wechsel mit Arioso, Arie oder Strophe, Vereinheitlichung durch motivisch-symphonische Gesamtanlage ("Prometheus", "Der Doppelgänger", "Letzte Hoffnung"). In der Verbindung von Gesang und Klavier lassen sich etwa folgende charakteristische Formen unterscheiden: 1. 2. 3. 4. Volksliedähnliche Lieder mit der Melodie ausschließlich in der Gesangstimme, die Klavierbegleitung ist nur Begleitung ("Das Wandern", "Das Heidenröslein"). Das formal bindende Element liegt im Klavierpart, durch Charakteristisches in der Koloristik und Harmonik wird eine Annäherung an das Symphonische erreicht ("Die junge Nonne", "Der Wanderer"). Das deklamatorische Lied, bei dem das Gedicht die musikalische Anlage allein bestimmt ("Der Doppelgänger"). Singstimme und Klavier: das vokale Element und das instrumentale Element, sind als symphonisches Gewebe organisch, gleichrangig und untrennbar miteinander verbunden. Schubert schöpfte aus der Dichtung seiner Zeit: Hölty, Matthison, Salis, Klopstock, Goethe, Schiller, Claudius, Körner, Mayrhofer, Wilhelm Müller, Rellstab, Heine. Sein Liedschaffen hat sich an Goethes Dichtungen entzündet. 20 Schubert als Kirchenmusiker Sechs Messen, Deutsche Messe, kleinere Kirchenwerke. Schuberts Messen entstammen dem volkstümlichen Empfinden des Wiener Bodens. Sie zeichnen sich durch melodisches Empfinden aus. Höhepunkt sind die Messen in As-Dur (1819 - 1822) und Es-Dur (1828). Sie haben den Charakter von Festmessen. Schubert als Klavierkomponist 21 Sonaten "Wandererfantasie", 1822 8 Impromptus 6 Moments musicaux Märsche Polonäsen Variationen Schubert schrieb keine Instrumentalkonzerte. Schuberts Klavierstil ist vom Liedhaften beeinflußter Instrumentalstil, aufgebaut auf Kantilenen; auf dramatische Raffung und Themenkontraste wird verzichtet; das Technische wird nie zum Selbstzweck. Schuberts Klavierwerk fehlt die Brillanz (Schubert war kein Konzertpianist). Seine Kleinformen werden von Einfluß für die weitere Entwicklung der Klaviermusik. Die sechs Impromtus haben ihr unmittelbares Vorbild in der 1820 veröffentlichten gleichnamigen Sammlung des tschechischen Komponisten Jan Václav Vorisek. Die Wandererfantasie (instrumentiert von Liszt, siehe "Österreich-Lexikon") weist auf die einsätzige, mehrteilige Phantasiesonate voraus. Symphonie Nr. 8, h-Moll "Die Unvollendete" Franz Schubert Enstehungszeit: Im Oktober 1822 in Wien Aufführungsdauer: ca. 23 Minuten Uraufführung: in Wien am 17. Dezember 1865 im großen Redoutensaal der Wiener Hofburg Orchester: 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 2 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen, Pauken, Streicher. Zur Entstehungsgeschichte Die h-Moll Symphonie ist das berühmteste Werk Schuberts auf symphonischen Gebiet. Einwandfrei historische Belege zur Entstehungsgeschichte sind bis heute nicht zu erbringen. Sicher ist, daß Schubert im Herbst 1822 das Werk komponierte. Vollendet wurde der erste und zweite Satz - daher rührt auch der Name "Die Unvollendete" - vom Scherzo, dem 3. Satz sind nur neun Takte ausgeführt, sonst sind bis zum Trio nur Skizzen vorhanden. Versuche aus diesem vorhandenen Material das Werk zu ergänzen, wurden z.B. unternommen von Felix Weingartner (1863 - 1942, siehe Österreich-Lexikon"), Dirigent und Komponist, von der musikalischen Welt jedoch nicht angenommen. Bedeutung der h-Moll-Symphonie Die "Unvollendete" gehört zu den Werken der Musikgeschichte, die einen neuen Bereich der symphonischen Instrumentalmusik eröffnet. Dieser neue Bereich wird als die musikalische Romantik 21 apostrophiert. Zerlegt man Musik in ihre Bestandteile, so wird der Gesamtklang durch folgende Komponenten bestimmt: Melodie, Harmonie, Rhythmus, Dynamik (Lautstärke) und Instrumentation, die sich in der Klangfarbe ausweist. Bei Schubert, dem "Liederfürsten" und insbesondere bei der Unvollendeten, stechen zwei Komponenten besonders hervor: die Melodie und die Klangfarbe. Diese liedhaften Themen werden oft aus der klanglichen Eigenart bestimmter Instrumente erdacht. Die Instrumentationskunst des 19. Jahrhunderts, wesentlicher Bestandteil der Kompositionstechnik, zeigt sich in der "Unvollendeten" und setzt damit Klangfarbe als gleichberechtigte Komponente neben Rhythmik, Dynamik und Harmonie. Robert-Schumann 1810: Robert Schumann wird am 8. Juni in Zwickau geboren Seinen ersten Klavierunterricht erhält der musikalisch talentierte Robert im Alter von sieben Jahren bei Gottfried Kuntsch, dem Organisten der Zwickauer Marienkirche. Als Robert allmählich den Fähigkeiten seines Lehrers zu entwachsen beginnt, erscheint ein Lehrerwechsel sinnvoll. Der Komponist Carl Maria von Weber scheint dafür die richtige Person zu sein, doch bevor es zu einem Unterrichtsverhältnis kommen kann, verstirbt Weber am 5. Juni 1826. Als im August desselben Jahres auch Roberts Vater stirbt, ist die musikalische Karriere des Sechzehnjährigen zunächst beendet. 1819: Clara Wieck wird am 13. September in Leipzig geboren 1828: Abitur; Beginn des Jurastudiums in Leipzig; Im Frühjahr 1829 wechselt Robert Schumann an die Heidelberger Universität, um sein Studium fortzusetzen. Doch auch hier bewegt sich der Jurastudent wieder mehr auf künstlerischen Pfaden. Ein erfolgreiches erstes öffentliches Konzert im Januar 1830 bestätigt Roberts Berufung zum Musiker. Endgültig entscheidet er sich für den Weg des Künstlers nach einem Konzert des Geigers Paganini, das Schumann in Frankfurt erlebt. Danach ist ihm klar, dass auch er solche schöpferischen Fähigkeiten in sich trägt und diese ausleben muss. In dieser Phase seines Lebens wird Friedrich Wieck zum Zünglein an der Waage, das über die weitere Zukunft Robert Schumanns entscheidet: sein positives Urteil über einen Erfolg als Musiker lässt die Einwände von Roberts Mutter verstummen. 1829: Studienjahr in Heidelberg Auf der Suche nach neuen künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten kommt nun der Komponist Schumann mehr und mehr an die Oberfläche. Aufbauend auf der bei Friedrich Wieck erworbenen musiktheoretischen Basis erhält Robert eine profunde Ausbildung bei Heinrich Dorn (1800-1892), dem Musikdirektor des Leipziger Hoftheaters. Doch aufgrund kontroverser künstlerischer Vorstellungen wird dieses Unterrichtsverhältnis seitens des Lehrers schon bald wieder beendet. Dennoch sollte das erworbene Wissen für den zukünftigen Komponisten von bleibendem Wert sein. 22 1830: Schumann hört Paganini in Frankfurt/M.; Entscheidung für den Musikerberuf; Rückkehr nach Leipzig; Fortsetzung der Studien bei Wieck; Abegg-Variationen op. 1; Papillons op. 2; Toccata op. 7 1832: Fingerlähmung, Ende der pianistischen Karriere 1833: Intensivierung der kompositorischen Tätigkeit; Gründung des (teils imaginären) Davidsbundes 1834: April, Gründung der Neuen Zeitschrift für Musik mit Schumann als Herausgeber und Redakteur; heimliche Verlobung mit Ernestine von Fricken 1835: Lösung der Verlobung; Liebe zu Clara Wieck; Friedrich Wieck verbietet der Tochter jeglichen Umgang mit Schumann 1837: Heimliche Verlobung mit Clara; Friedrich Wieck weist Schumanns Werbung ab 1839: Beginn des Prozesses gegen Friedrich Wieck 1840: Promotion zum Dr. phil. an der Universität Jena; positives Gerichtsurteil, daraufhin am 12. September Heirat; Komposition von 138 Liedern 1843: Berufung an das Leipziger Konservatorium; Versöhnung mit Friedrich Wieck 1844: Januar bis Mai Konzertreise nach Russland; Dezember Übersiedlung nach Dresden Ende 1844 verlegt Robert Schumann sein künstlerisches Betätigungsfeld nach Dresden. Die Stadt steht zu dieser Zeit unter dem musikalischen Zepter Richard Wagners, mit dem es trotz konträrer kompositorischer Ideen jedoch vor allem auf dem Gebiet der Oper zu einem regen Gedankenaustausch kommt. 1847/48 entsteht Schumanns Oper Genoveva, der jedoch aufgrund eines mangelhaften Librettos nur ein kurzes Bühnenleben beschieden ist. 1845: Schwere gesundheitliche Krise; Klavierkonzert a-Moll op. 54; kontrapunktische Werke für Klavier, Pedalflügel und Orgel 1847: Schumann-Fest in Zwickau; Schumann wird »Liedmeister« der Liedertafel in Dresden 1848: Gründung und Leitung des Vereins für Chorgesang in Dresden; Album für die Jugend op. 68; Komposition der Oper Genoveva op. 81 1849: Fruchtbarstes Schaffensjahr; während des Dresdner Maiaufstandes vorübergehender Aufenthalt in Maxen und Kreischa; zahlreiche Vokal- und Instrumentalwerke 1850: Schumann wird Städtischer Musikdirektor in Düsseldorf; Sinfonie Es-Dur op. 97 (Rheinische Sinfonie) Nach fünf musikalisch unbefriedigenden Jahren in Dresden nimmt Robert Schumann im Jahr 1850 die Stelle des Musikdirektors in Düsseldorf an, wo er am 2. September mit großen Ehren empfangen wird. Neben den Konzerten des "Allgemeinen Musikvereins" obliegt Schumann auch die Veranstaltung von vier geistlichen Konzerten pro Jahr sowie die Leitung des Niederrheinischen Musikfestes. Auf diese Weise bietet sich dem Komponisten eine ideale Möglichkeit, seine eigenen Werke (ur)aufzuführen. Dadurch angespornt und durch die öffentliche Anerkennung bestätigt, erlebt der Komponist Schumann in den nächsten Jahren eine überaus produktive Zeit. 1850 entstehen das Konzert a-Moll für Violoncello und Orchester op. 129 sowie die Symphonie Nr. 3 in Es-Dur op. 97. Darüber hinaus erfreuen sich seine Werke seit Ende der 1840er Jahre auch zunehmender Wertschätzung im Ausland. Doch die komplexe Persönlichkeit Robert Schumanns sowie die Programmgestaltung seiner Konzerte führen diese zunächst erfolgreiche musikalische Ära schon bald zu einem unerfreulichen Ende. Schumann kämpft zunächst noch gegen diese Entwicklung, doch muss er angesichts der schweren gesundheitlichen Probleme, die diese künstlerische Krise auslöst, im Oktober 1854 endgültig seinen Posten als Musikdirektor aufgeben. 1852: Konflikte mit dem Konzertkomitee; Messe c-Moll op. 147; Requiem Des-Dur op. 148 1853: 31. Niederrheinisches Musikfest; 30. September erste Begegnung mit Brahms; Aufsatz Neue Bahnen; im Oktober Rücktritt von der Leitung der Abonnementskonzerte 1854: Halluzinationen und Selbstmordversuch am 27. Februar; am 4. März Überführung in die Nervenheilanstalt in Endenich bei Bonn Schumanns Gesundheit war bereits während seiner Schulzeit labil. Mit dazu beigetragen haben über die Jahre mehrere Todesfälle im Familien- und Freundeskreis, die jedes Mal das Gefühl des 23 Verlassenwerdens und der Unsicherheit in Robert Schumann verstärken. Die Todesfälle ziehen sich wie ein roter Faden durch Robert Schumanns Biografie und jeder einzelne ist wie ein allmähliches Sterben seiner Seele, wodurch er sich immer mehr in sich selbst zurückzieht. Durch sein nach innen gekehrtes Wesen versucht Robert, alle Konflikte mit sich selbst und in Zwiesprache mit seinem Tagebuch auszutragen. Darüber hinaus zerbricht er wie jeder hypersensible Mensch am Ende an dem Konflikt und der Unfähigkeit, ein bürgerlicherfolgreiches Leben mit einem künstlerisch-erfüllten Leben zu verbinden. Ab Februar 1854 leidet Robert Schumann verstärkt unter so genannten Gehörsaffektionen, deren Ursache in nervlicher Anspannung zu suchen sind. Der Komponist hört nicht nur einzelne Töne in seinem Kopf, sondern vollständige symphonische Themen, die seinen Kopf so schmerzen, dass er wahnsinnig zu werden glaubt. In seiner Verzweiflung unternimmt er am 27. Februar 1854 einen Selbstmordversuch. Robert Schumann wird danach in die psychiatrische Klinik Endenich bei Bonn eingeliefert, wo er am 29. Juli 1856 stirbt. Zwei Tage später wird er im engsten Familien- und Freundeskreis auf dem Alten Friedhof in Bonn beigesetzt. 1856: Schumann stirbt am 29. Juli in Endenich, Beisetzung in Bonn; erste Konzertreise Clara Schumanns nach England; in den folgenden Jahren zahlreiche weitere Konzertreisen Claras 1891: Letztes öffentliches Auftreten; schwere Krankheit (Gehörstäuschungen und Schwerhörigkeit) 1896: Am 20. Mai Tod Clara Schumanns, Beisetzung in Bonn Robert und Clara Clara Schumann (1819-1896) © Bertelsmann Lexikon Verlag, Gütersloh Robert Schumann begegnet Clara Wieck erstmalig im Jahr 1828 im Hause ihres Vaters Friedrich Wieck. Nach einer anfänglichen künstlerischen Freundschaft, die sich in einem regen Briefwechsel dokumentiert, wird aus dieser Beziehung über die Jahre allmählich Liebe. Claras Vater versucht mit allen Mitteln eine Verbindung zwischen den Beiden zu verhindern, sowohl schriftlich als auch persönlich, und geht mit seiner Tochter - nachdem er einen offiziellen Heiratsantrag an Claras 18. Geburtstag brüsk abgeleht hat - auf Konzertreise, doch auch eine dreijährige Trennungszeit 24 vermag die Gefühle der beiden Liebenden nicht zu ändern. Schließlich bleibt Robert Schumann keine andere Wahl, als durch eine Eingabe an das Appellationsgericht in Leipzig die Heirat zu erzwingen. Nachdem durch einen Bescheid vom 11. August 1840 dafür die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen worden sind, heiraten Robert Schumann und Clara Wieck am 12. September in aller Stille in Schönefeld bei Leipzig. Trotz dieser gemeinsam überwundenen Hindernisse sollte es im Alltag des Ehepaares Schumann nicht immer reibungslos ablaufen. Ursache dafür ist einerseits der Interessenskonflikt von Clara Schumann als Ehefrau und Mutter sowie als Künstlerin. Bereits vor ihrer Ehe war sie eine international anerkannte und gefeierte Pianistin, die auf diese künstlerische Betätigung in ihrer Ehe nicht vollkommen verzichten will. Robert Schumann sollte diese Tatsache in seinem künstlerischen Selbstbewusstsein oft empfindlich treffen. Dennoch haben sich beide Partner immer wieder gegenseitig inspiriert und bereichert und Clara Schumann hat nach Roberts Tod seine Werke in ganz Europa verbreitet. Peter Iljitsch Tschaikowsky 25 Peter Iljitsch Tschaikowsky wird am 25. April 1840 in Wotkinsk/Russland als Sohn von Ilja Petrowitsch, einem Unternehmer und Leiter von Eisenhuetten und seiner Frau Alexandra geboren. Tschaikowsky besitzt schon von seiner Kindheit an eine rasche Auffassungsgabe; er wird schon mit 4 Jahren (auf seinen eigenen Wunsch) zum Franzoesischunterricht bei seiner Gouvernante Fanny zugelassen. Die erste Musik, die ihn praegt kommt von einem mechanischen Klavier, dass sein Vater aus Petersburg mitbringt - der noch nicht einmal fuenf Jahre alte Peter ist begeistert im November 1848 zieht die nach Petersburg um. Das Leben in Petersburg ist fuer Tschaikowsky viel haerter als in Wotkinsk, da er in die Vorbereitungsklasse zum Gymnasium geht und Unterricht bei einem richtigen Lehrer hat, der ihn stark anstrengt. Allerdings ist er von der Oper in Petersburg stark beeindruckt, die er an Weihnachten mit seinen Eltern zusammen besuchen darf. Anfang 1849 zieht die Familie erneut um, nach Alapajewsk, einem kleinen Ort im Ural. Dort komponiert er heimlich, anstatt sich dem Unterricht zu widmen. Im August 1849 wird Peter auf ein Gymnasium nach Petersburg geschickt, er lebt dort bei einem Freund der Familie, Platon Wakar. Seine Mutter bleibt noch 3 Monate bei ihm und reist dann wieder nach Alpajewsk ab. Er ist ein guter Schueler und spricht nie von Musik, sondern spielt nur manchmal fuer seine Mitschueler auf dem Klavier. Im Mai 1852 siedelt Ilja Petrowitsch mit seiner ganzen Familie nach Petersburg ueber. Peter ist darueber sehr gluecklich, da er nun wieder bei seiner Familie sein kann, und seine Mutter wiedersehen kann, die er sehr vermisst hatte. Doch Frau Tschaikowsky erkrankt 1854 an Cholera und stirbt bald danach daran. Peter und sein aelterer Bruder Nikolaj gehen weiterhin zur Schule, sein Vater zieht mit den 4jaehrigen Zwillingen zu seinem Bruder Pjotr Petrowitsch Tschaikowsky und seine 2 restlichen 2 Geschwister Sascha und Hyppolit werden auf ein Internat geschickt. Er unterdrueckt seine Sehnsucht nach der Musik. Dennoch muss er im Gymnasium am Gesangs- und Musikunterricht teilnehmen. Da der Klavierunterricht in der Schule ohne Nutzen ist, beschliesst sein Vater 1855, einen eigenen Klavierlehrer fuer seinen Sohn zu engagieren. Er findet ihn in Rudolf Kuendinger, der befindet, dass Tschaikowskys Talent ein wenig ueber dem Durchschnitt liege. Kuendinger unterrichtet ihn jeden Sonntagmorgen, dann isst er dort zu Mittag, am Nachmittag begleitet er Tschaikowsky ins Konzert und am Abend darf Peter seine musikalischen Kunststuecke auffuehren. Leider muss Tschaikowsky sich jedoch bald von ihm trennen, da eine finanzielle Katastrophe ueber die Familie hereinbricht, und man sich daher den Klavierlehrer nicht mehr leisten kann. Die Familie zieht in eine Wohnung, nachdem Sascha, Peters aeltere Schwester aus der Klosterschule zurueckkommt und die Rolle der Hausfrau uebernimmt. Sein Vater verliert im Fruehjahr 1858 bei einer unsicheren Spekulation sein ganzes Vermoegen und muss trotz seines hohen Alters eine Stellung annehmen. Da er in einer Dienstwohnung lebt, koennen Sascha, Nikolaj und Peter ihr Leben in "ihrer" Wohnung jetzt selbst bestimmen. Tschaikowsky verlaesst im Mai 1858 die Rechtsschule und bekommt eine Anstellung im Justizministerium. Doch er tut einfach nur seine Arbeit uninteressiert und freut sich auf die Abende mit seinen Freunden. Doch diese Abende sind schnell vorbei, denn als Sascha 1861 heiratet, gibt es immer weniger Treffen mit ihr und ihren Freunden. Tschaikowsky beginnt, sich um seine 10jaehrigen Geschwister zu kuemmern, da sein Vater mit seiner Arbeit ausgelastet ist und sich fast gar nicht um sie kuemmert. Nachdem sein Vater ihn fragt, ob er nicht eine musikalische Ausbildung machen wollte, besucht er eine Musik schule, die von Anton Rubinstein geleitet wird. Doch Professor Zaremba, sein Lehrer, kann ihn der Musik nicht naeherbringen. Dennoch verstaerken seine ersten Kompositionen seine Hoffnung darauf, ein erfolgreicher Komponist zu werden. Nach einiger Zeit gibt er seine Stellung im Justizministerium ganz auf, und widmet sich nur noch der Musik. Um sich etwas Geld zu sichern, gibt er fuer 50 Rubel im Monat Unterricht. Tschaikowsky ist jetzt endlich ein Musiker - er schreibt 2 Kompositionen pro Woche. Sein erster Erfolg ist das Orchesterwerk Tanz der Maegde, dass in Kiew aufgefuehrt wird. Trotzdem ist er wegen der Strenge Rubinsteins und der harten Komponierarbeit niedergeschlagen. Dennoch wird er von Anton Rubinstein als Professor fuer die von seinem Bruder Nikolaj Grigorewitsch neu gegruendete Musik schule in Moskau vorgeschlagen. Am 5. Januar 1866 bricht er dorthin auf. Als er dort ankommt, trifft er mit Nikolaj Grigorewitsch zusammen, den er gleich sehr sympathisch findet. Er lebt mit ihm in einer Wohnung, doch nur weil er nicht genug Geld hat, sich eine eigene zu leisten. In seinem ersten Moskauer Jahr arbeitet er ungeheuer viel, er komponiert zum Beispiel die Ouvertuere in c-Moll und die Ouver tuere in fDur, die aber beide keinen grossen Erfolg haben (die erste wird sogar von Nikolaj Grigorewitsch abgelehnt). Dann schreibt er unter grosser Anstrengung seine I. Symphonie. Im Sommer faehrt er nach Petersburg in die Ferien, um sich um seine Brueder zu kuemmern, die mittlerweile 16 Jahre alt sind. Zurueck in Moskau schreibt er seine erste Oper Der Woiwode (der Traum an der Wolga), die in Moskau als "nicht schlecht" bewertet wird. Tschaikowsky verliebt sich in Disirie Arttt, die Prima donna der italienischen Oper. Sie hat -hnlichkeit mit ihm sie ist nicht schoen, dafuer aber intelligent und begabt, eine grosse Kuenstlerin. Doch Tschaikowskys Freunde 26 und ihre Mutter verhindern eine Heirat, und DOsirOe heiratet einen beruehmten Bariton namens Padilla. Seine Oper wird nur fuenfmal aufgefuehrt, und dann fuer immer vom Spielplan abgesetzt. Trotz des Misserfolges komponiert Tschaikowsky die Oper Romeo und Julia, die ihm seinen ersten richtigen Ruhm einbringt. In Moskau und Petersburg wird sein Stueck triumphal aufgenommen, und er wird zum ersten Mal im Ausland gespielt. Im Sommer 1870 wird Romeo und Julia von einem grossen Berliner Verleger erworben. Er komponiert unaufhoerlich und gibt 1871 sein erstes Konzert, das seinen eigenen Werken gewidmet ist. Als Professor verdient er jetzt zweitausend Rubel im Jahr, seine Konzerte bringen ihm ungefaehr fuenfhundert und die Kritiken, die er fuer die Russischen Nachrichten schreibt, noch einmal einige hundert Rubel. Das ist genug, um sich - endlich - eine eigene Wohnung zu leisten. In seiner neuen Dreizimmerwohnung hat er mehr Ruhe, und kann nach zwei Jahren harter Arbeit endlich seine zweite Oper, Der Opritschnik, vollenden. Er schickt eine Abschrift nach Petersburg, wo ein neuer Dirigent des Marinski-Theaters, Naprawnik, von sich reden macht. Die Sommermonate verbringt er mit einem seiner Schueler, Wolodja Schilowsky. Als er von seinen Reisen mit Wolodja zurueckkehrt, hat er immer noch keine Antwort aus Petersburg. Er faehrt eine Woche vor Weihnachten nach Moskau, um Naprawnik persoenlich zu treffen. Er bringt sein neuestes Werk, die II. Symphonie, mit. Naprawnik empfaengt ihn freundlich und teilt ihm mit, dass Der Opritschnik angenommen sei, es aber noch unsicher waere, wann und mit welcher Besetzung er aufgefuehrt werde. Tschaikowsky besucht seinen Vater und seine Brueder. Rimski-Korsakow veranstaltet ihm zu Ehren einen Abend, bei dem Tschaikowsky die II. Symphonie seinen alten Petersburger Freunden und Kollegen vorspielt. Alle bis auf Mussorgsky sind begeistert, besonders ueber das Finale, fuer die er ein Thema des Volksliedes der Kranich heranzieht. Nachdem er nach Moskau zurueckgekehrt ist, komponiert er immer mehr - aus dem Unterricht gebenden Musiker von damals ist ein beruehmter Komponist geworden. Von 1875 nimmt sich Nikolaj Rubinstein seinen Werken besonders an, er dirigiert sie und laesst sie auffuehren, sooft er kann. Fuer den Petersburger Opernwettbewerb schreibt Tschaikowsky Wakula der Schmied, eine Oper, mit der er sehr zufrieden ist. Im Winter 1875 trifft er mit Sergej Tanejew zusammen, einem sehr guten Musiker, der Tschaikowsky und seine Musik bewundert. Tschaikowsky findet in ihm endlich wieder einen Freund, nachdem er nach seinem Streit mit Rubinstein so gut wie alle verloren hatte. Tschaikowsky widmet ihm die Oper Francesca da Rimini - die Idee zu dieser Oper war ihm im Zug auf dem Weg zur Premiere der Bayreuther Festspiele gekommen, die er als Rezensent der Russischen Nachrichten besucht. Fuer ihn ist diese Musik ausser gewoehnlich, aber sie gefaellt ihm nicht. Es faellt ihm schwer, einen Bericht fuer die Russischen Nachrichten zu schreiben. Es gibt dennoch angenehme Momente fuer ihn in Bayreuth - Liszt bezeugt ihm seine Bewunderung, die deutschen Musiker kennen und schaetzen ihn. Seine Stimmung ist trotzdem auf einem Tiefpunkt angelangt - im Herbst schreibt er seinem Bruder Modest, dass er alles tun will, um irgend jemand zu heiraten, allerdings nur um "durch eine Heirat oder eine offizielle Verbindung zu einer Frau das ganze Pack zum Schweigen zu bringen, das ich zwar verachte, das aber den Menschen, die mir nahestehen, Kummer bereiten kann". Daraufhin beginnt er einen Briefwechsel mit der Witwe Nadesha von Meck, die eine grosse Bewunderin seiner Musik ist. Sie unterstuetzt ihn, in dem sie z.B. seine Transkriptionen auf ihre Kosten drucken laesst. Sie schreibt aber, dass sie keine Begegnung mit ihm will, da dies nur Anlass zu Gerede waere. Fr. von Meck leiht ihm 3000 Rubel, damit er seine Schulden bezahlen kann, nachdem er ihr mitgeteilt hat, das er ihr - seiner "besten Freundin" seine IV. Symphonie widmet. Nachdem er die Arbeit an dieser beendet hat, sucht er ein Thema fuer eine neue Oper - er nimmt den Vorschlag der Saengerin Lawrowskaja - Puschkins Eugen Onegin - an. Am 6 Juni heiratet er die 28jaehrige Antonina Iwanowna, obwohl er ihr gegenueber betont, dass er sie nicht liebt und nie lieben werde. Sein Vater freut sich sehr ueber die Hochzeit. Er verbringt den Sommer in Kamenka waehrend sie in Moskau zurueckbleibt. Dort beendet er seine IV. Symphonie. Das Leben in Moskau mit seiner Ehefrau ist allerdings nichts fuer ihn - er begeht sogar einen Selbstmordversuch, indem er sich absichtlich eine Lungen entzuendung zuzieht. Es gelingt ihm jedoch nicht, sich umzubringen, und er faehrt an den Genfer See, um sich auszukurieren. Er verlaesst seine Frau. Nadesha v. Meck unterstuetzt ihn finanziell - mit 1500 Rubel pro Monat, wuenscht aber dennoch, dass er die Verbindung zu ihr geheimhalte. Antonina droht ihm damit, alles ueber ihn zu verbreiten, wenn er ihr kein Geld gibt. Tschaikowsky willigt gezwungenermassen ein. Er arbeitet weiter an seiner neuen Oper Eugen Onegin und pflegt weiterhin seinen Briefwechsel mit Nadesha von Meck, mit der er sich ueber musikalische Themen unterhaelt. Nikolaj Rubinstein ernennt ihn zum Gesandten fuer die Weltausstellung in Paris, doch Tschaikowsky lehnt ab, da er menschenscheu geworden ist. Er beendet seine Arbeit an Eugen Onegin. Im Herbst kehrt er nach Moskau zurueck. Im September 1878 besichtigt er zum ersten Mal das Haus von Fr. v. Meck. Seine Werke sind auch bei der Weltausstellung in Paris ein grosser Erfolg. Tschaikowsky verlaesst Moskau und zieht nach Florenz in die Naehe von Frau von Meck. Dort arbeitet er an einer weiteren Oper: Die Jungfrau von Orleans. Kurz vor Weihnachten reist er nach Paris ab. Er arbeitet weiterhin sehr hart an Die Jungfrau von Orleans. Sein Eugen Onegin wird das erste Mal am 17. Maerz 1789 aufgefuehrt, doch die Kritiker sind nicht begeistert von dieser Oper, aber fuer Tschaikowsky ist das Urteil der Kritiker nicht mehr so bedeutend wie frueher. Anfang August zieht fuer einige Zeit auf einen kleinen Hof in der Naehe von Brailow, der Frau v. Meck gehoert. 1880 wird Die Jungfrau von Orleans uraufgefuehrt, das Publikum ist begeistert. Am 12. Maerz stirbt Nikolaj Grigorewitsch, sein langjaehriger Mentor und Freund. Der Tod Nikolaj Grigorewitschs nimmt ihn sehr mit. Tschaikowsky lebt jetzt ein Leben als Reisender, er reist zweimal im Jahr durch Europa. Er macht Schulden, um seine Rechnungen zu bezahlen und muss sich sogar andere Maezene suchen, da das Geld von Fr. v. Meck immer schnell 27 ausgegeben ist. Spaeter mietet er sich jedoch ein eigenes Haus in der Naehe von Klin, da er nicht mehr immer nur durch Europa reisen, sondern sesshaft werden will. Dort arbeitet er an seiner neuen Oper Die Zauberin und an Tscherewitschki. Die Premiere von Tscherewitschki findet am 19. Januar 1886 statt. Die Besonderheit dieser Premiere besteht darin, dass Tschaikowsky sich bereit erklaert hatte, die Auffuehrung selbst zu dirigieren. Trotz seiner Angst vor Misserfolg wird die Auffuehrung ein grosser Erfolg, das Publikum bejubelt ihn. Aber es war nicht jede seiner Opern ein so grosser Erfolg - Die Zauberin ist ein Reinfall wie keine seiner Opern zuvor. Gesundheitlich geht es ihm nicht so gut, er bekommt manchmal Asthmaanfaelle, sorgt sich ueber das Alter und macht sogar sein Testament: Er vermacht sein gesamtes Vermoegen seinem Neffen Bob, den er sehr vergoettert. Zu Beginn des Jahres 1888 reist Tschaikowsky ins Ausland, um sich zu erholen. Er beschliesst, eine Konzerttournee durch das Ausland zu machen. Auf seiner Reise lernt er viele auslaendische Kollegen kennen, unter anderem auch Brahms, Richard Strauss und Dvor_k. Nachdem er wieder zurueckgekommen ist, komponiert er seine V. Symphonie und Dornroeschen, ein Ballett im Auftrag des Zaren. Tschaikowsky reist nach Italien, wo er die Oper Pique-Dame komponiert. Diese Oper wird ein riesiger Erfolg. Nussknacker und Yolanthe werden in Auftrag gegeben, er schiebt die Ausfuehrung jedoch um ein Jahr heraus, da er nach Amerika faehrt, wo man ihm riesige Summen bietet. Er ist sehr beeindruckt von Amerika, da dort so vieles ganz anders als in Europa ist. Als er zurueck nach Russland kommt, bricht Frau v. Meck mit ihm, angeblich wegen ihrer finanziellen Lage, aber wohl eher, da sie die Wahrheit ueber ihn erfahren hatte, und denkt, dass Tschaikowsky sie nur ausnutzt. Er komponiert den Nussknacker zuende. Danach reist er nach Cambridge, wo ihm die Ehrendoktorwuerde verliehen wird. Im Februar 1893 beginnt er mit der Arbeit an seiner Programmsymphonie (Nr. 6). Am 9. Oktober reist er nach Petersburg und fuehrt seine VI. Symphonie dort am 16. Oktober auf. Die Symphonie hat aber nicht die von Tschaikowsky erhoffte Wirkung auf das Publikum. Zurueck in Petersburg trinkt er bei einem Essen nicht abgekochtes Wasser und erkrankt daraufhin an der Cholera, an der er am 25. Oktober 1893 stirbt. Jedoch sind seine Todesumstaende nicht genau dokumentiert, es gibt auch einige Biographien, die behaupten, dass er Selbstmord begangen habe. [QUELLE: Nina Berberova: Tschaikowsky, ISBN 3-499-13044-0] Lebenslauf von Pjotr Iljitsch Tschaikovsky 1840 Pyotr Ilyich Tchaikovsky georen am 7. Mai in Votkinsk, Sohn von Ilya Petrovitch Tchaikvosky (MinenInspektor von Beruf). Er war das zweite von fünf Kindern. 1850 Fängt an zu komponieren. Wird zum Jurastudium nach St. Petersburg geschickt. 1854 Im Juni stirbt seine Mutter an einer Cholera-Erkrankung 1859 Beginnt eine Arbeit im Justizministerium die er... 1863 ...wieder kündet um all seine Zeit dem Musikstudium zu widmen (Theorie bei Zaremba; Orchestration bei Anton Rubinstein). 1865 Nicholas Rubinstein stellt ihn ein als Professor der Kompositionslehre im neu gegründeten Musikkonservatorium in Moskau. 1869 Beginnt die Romeo und Julia Fantasie-Ouvertüre zu schreiben, basierend auf einem Thema das ihm Balakirev vorgeschlagen hat. 1874 Komponiert das Klavierkonzert in B-Moll, das er eigentlich Nicholas Rubinstein widmen wollte, als der es aber scharf kritisiert widmet er es kurzerhand Hans von Bulow. 1876 Trifft sich mit Liszt und schreibt Wagner, der ihn aber nicht empfangen will. Beginnt einen Briefwechsel mit Nadezhda Filaretovna von Meck. 1877 Beginnt seine 4.Sinfonie zu schreiben die er später Mme. von Meck widmet. Er schreibt auch erste Takte für die Oper "Eugene Oniegin". Heiratet und trennt sich wieder von Anotonina Ivanovna Milyukov. 1878 28 Kündet seine Professoren Stelle am Konservatorium und beendet die Arbeiten an der Sinfonie und der Oper. Von nun an arbeitet er viel in Clarens, in der Schweiz und in anderen Europäischen Orten wo er sich zurückziehen kann. 1879 Uraufführung von "Eugenen Oniegin" in Moscow (29. März) 1882 Tchaikovsky widmet sein Trio dem 1881 verstorbenen Nicholas Rubinstein. 1885 Zieht auf's Land in Maidanovo in der Nähe von Klin und beginnt"Manfred". 1887 Erster grosser Auftritt als Dirigent, mit einem Programm aus eigenen Werken in St.Petersburg. 1888 Macht eine sehr erfolgreiche Konzerttournee als Dirigent. Unterwegs trifft er Brahms, Grieg (in Leipzig), Dvorak (in Prag), Gounod, Massenet und Panderewski (in Paris). Er beendet die Arbeit an seiner fünften Sinfonie. 1890 Die Beziehung mit Nadezhda Filaretovna von Meck bricht auseinander. Tod seiner Schwester. 1891 Besucht Amerika und dirigiert seine eigenen Werke in den Eröffnungsfeiern der Carnegie Hall in New York (5. Mai) 1893 Kehrt zurück in sein Landhaus in Klin im Januar und beginnt mit der Sinfonie Nr.6, "Pathetique". Im Juni reist er nach England um dort zusammen mit Boito, Bruch, Saint-Saens und Grieg von der Cambridge University geehrt zu werden. Er erkrankt noch im gleichen Jahr an Cholera und stirbt an den Folgen. Biographie Anton Bruckners 1824 4. September: Bruckner wird in Ansfelden als erstes von zwölf Kindern geboren, von denen nur fünf am Leben blieben. Vater und Großvater waren schon Schullehrer in Ansfelden. 1837 Nach dem Tod des Vaters wird Anton Sängerknabe im Stift St. Florian in Oberösterreich. 1840 - 41 Er wird in einem "Präparandenkurs" in Linz zum Lehrer ausgebildet. 1841 - 43 Er wird Hilfslehrer in Windhaag , das im Norden Oberösterreichs liegt. Er beschäftigt sich hier mit Bachs "Kunst der Fuge", aber auch mit Volkstänzen, wie Ländler und "G'strampfte". 1843 - 45 Er ist Lehrer in Kronsdorf, einem Ort in der Nähe von Steyr. 1845 - 56 Er ist Lehrer in St. Florian. Dieser 2. Aufenthalt in St. Florian bedeutete für Bruckner einerseits, daß er zu einem bedeutenden Organisten heranreift, andererseits bemerkt man einen Wandel in seinem kompositorischen Schaffen. Er gelangt von den kleinen Formen des Männerchores zu den ersten größeren Meßkompositionen. 1850 Er wird Stiftsorganist in St. Florian. 1856 Seit diesem Jahr ist er Domorganist in Linz. 29 1856 - 1868 Er ist in Linz, einer Stadt von 26.000 Einwohnern. Bischof Franz Josef Rudigier ermöglichte Bruckner ein Musikstudium bei dem Wiener Theoretiker Simon Sechter in den Jahren 1856 - 1861. Am 19. November 1861 legte Bruckner an der Orgel der Piaristenkirche zu Wien eine Prüfung vor der Kommission ab, die aus Hellmesberger , Johann Herbeck, Simon Sechter und Otto Dessoff bestand. Herbeck bemerkte anschließend an die Prüfung lakonisch:"Er hätte uns prüfen sollen". 1861 Otto Kitzler aus Königsberg wird erster Kapellmeister am Landständischen Theater zu Linz. Durch ihn wird Bruckner mit der damals zeitgenössischen, modernen Musik konfrontiert. 1861 - 1863 Er wird mit der Welt der Orchestermusik, mit der Welt der Bühne, mit der damaligen zeitgenössischen Musik ("Neudeutsche Schule") vertraut gemacht. Er lernt Werke von Richard Wagner und Franz Liszt kennen. 1862 In diesem Jahr erlebt Bruckner in Linz Wagners "Tannhäuser". 1864 Ab diesem Jahr kann man von Bruckners eigenem, persönlichen, genialen Kompositionsstil sprechen. 1864 Ignaz Dorn konfrontiert Bruckner mit den Werken von Liszt und Berlioz. Er trägt somit dazu bei, daß Bruckner den Stil der strengen Sechterschen Schule überwindet. 1868 Bruckner wird Nachfolger von Simon Sechter am Wiener Konservatorium, gleichzeitig wird er Hoforganist. 1875 Bruckner wird Lektor für Musiktheorie an der Wiener Universität 1891 Ihm wird die Ehrendoktorwürde der Universität Wien verliehen. 1894 Er wird zum Ehrenbürger der Stadt Linz ernannt. 1896 11. Oktober: Er stirbt im Kustodenstöckl , in unmittelbarer Nähe des Wiener Belvederes (siehe "Österreich-Lexikon"). Er wird in der Krypta unter der Orgel des Stiftes St. Florian beigesetzt. 30 Richard Wagner (1813-1883) Richard Wagner wurde 1813 in Leipzig als Sohn des Polizeiaktuarius Carl Friedrich Wilhelm Wagner und der Tochter des Weissbäckermeisters Pätz, Johanna Rosine, geboren. Als den wahren Vater hat man oft den Schauspieler Ludwig Geyer angenommen, der oft bei der Familie zu Gast war. Als Carl Friedrich Wilhelm Wagner starb, verheiratete sich Johanna im Jahre 1814 mit eben diesem Geyer. Als Richard sieben Jahre alt war, zog die Familie nach Dresden, wo der Knabe in der berühmten Dresdner Kreuzschule seinen ersten Musikunterricht erhielt. 1828 kehrte die Familie dann wieder nach Leipzig zurück, wo sich Richards Interesse an der Musik nochmals verstärkte, auch wenn er beim Klavierspielen keine hervorstechende Begabung an den Tag legte. Vor 1833 komponierte der junge Wagner traditionellem Stil und Themen entsprechend. Erst, als er die 20 überschritten hatte und sich auf das Komponieren von Opern verlegte, zeichnete sich ein Wendepunkt ab. Alles in allem zogen die Fürsten in den Jahren zwischen den Revolutionen von 1789 und 1848 die Oper vor. Die Bürgerschaft hingegen tendierte dazu, ihr Geld anzusammeln, anstatt es für die Kunst zu vergeuden. War doch die Oper nicht zuletzt eine besonders teure Musikform, da hinter jeder Vorstellung eine grosse Aufführungsmaschinerie steht. Wagners erste Oper, Die Feen, wurde im Jahre 1834 fertig. Das Werk knüpfte klar an die Traditionen an, die von u.a. Heinrich Marschner, Giacomo Meyerbeer, Gasparo Spontini, Carl Maria von Weber und vielen anderen vertreten wurden. Der berühmteste Name der Branche war Meyerbeer, den man unumstritten als Genie ansah. Seine Opernproduktion setzte Wagner mit dem Werk Das Liebesverbot (1836) fort, gefolgt von Rienzi (1840). Wagners 'geistiges Vaterland', war, wie Maurice BOUCHER es sah, zu dieser Zeit noch die Kunst, während 'Deutschland' für ihn lediglich eine Seite im Geographiebuch darstellte. Diese Haltung kommt vorzüglich in einem Brief Wagners an Robert Schumann vom Jahre 1836 zum Ausdruck: Schumann sollte ihm dabei behilflich sein, Kontakte zu den Pariser Komponistenkreisen zu etablieren; gleichzeitig scheint er sich noch auf die kosmopolitische Einstellung Schumanns zu verlassen. 31 Gerade zu jener Zeit, in den 30ern des letzten Jahrhunderts, erlebte der Nationalismus seine starke Aufschwungsphase sowohl in Deutschland als auch anderswo in Europa. Schon die französische Revolution hatte die nationale Identität gestärkt und gezeigt, dass der Lauf der Geschichte beeinflusst werden kann. In Deutschland waren es besonders die Zeit des antinapoleonischen Krieges und der französischen Besetzung, die das Aufkommen des Nationalismus in Gang setzte und das Gefühl der nationalen Zusammengehörigkeit stärkte. Als Gegengewicht zu der traumatischen Zersplitterung der Deutschen entstand der Traum von Vereinigung. Nach der französischen Julirevolution von 1830 entstand überall in Europa im Geiste Giuseppe Mazzinis das "Junge Italien", das "Junge Polen", die "Junge Schweiz", das "Junge Frankreich" und das "Junge Deutschland" (1831-36). Alle Bewegungen propagierten ein stark nationalistisches Programm. Der Paris-Aufenthalt in den Jahren 1839-1842 stellte den Wendepunkt für Wagner dar. Er träumte davon, die Metropole der Musik zu erobern - es kam aber anders: Die Illusionen zerschellten. Die Pariser Jahre hatten nicht nur eine änderung in Wagners künstlerischem Stil zur Folge; auch seine Beziehung zum Deutschtum veränderte sich. Es lässt sich die Behauptung aufstellen, dass gerade zu jener Zeit Kunst und Politik im Wagnerschen Weltbild einander begegneten. Wagners eigener Kompositionsstil entwickelte sich parallel zu seinem erwachenden Nationalempfinden. Zum Verständnis der folgenden Studie ist es wichtig, daran zu denken, dass Wagner bei seiner Suche nach dem Deutschtum keinen Rückgriff auf sonstige nationale Elemente, wie z.B. die Volksmusik machte. Von Anfang an war Deutschtum in seiner Gedankenwelt mit den Charakteristika seiner Kunst verknüpft. Noch im Jahre 1837 hielt er sogar Meyerbeer für einen Deutschen; Dieser habe lediglich des Franzosentums als Mittels benutzt, um seine Vorstellungen zu realisieren, ähnlich wie Napoleon dies tat, um Weltgeschichte zu schaffen. Nun war Wagner allerdings der Ansicht, dass sich Meyerbeer zum Tyrann des französischen Musiklebens entwickelt habe, der keinerlei Interesse für den Rienzi zeige, obgleich diese Frühwerk Wagners klar durch Meyerbeer beeinflusst war. Aus Meyerbeer hatte man einen Teil der glamourösen Fassade der französischen Kultur gemacht, und dies sogar in dem Umfang, dass noch im Jahre 1854 Eugéne de Mirecourt begeistert feststellen konnte: "Meyerbeer n'appartient ni „ l'Italie, ni „ l'Allemagne; il est „ nous seuls!" Als sich Wagners Auffassung von seinem kulturellen Hintergrund änderte, änderte sich auch seine дsthetik. Er begann, sich immer mehr als Musikdramatiker denn als Komponisten zu sehen. Er hielt sich für eine Art Kombination zwischen Shakespeare und Beethoven, dazu im Stande, sowohl das Libretto als auch die Musik zu schaffen. Diese neue Denkweise wuchs sich über kurz oder lang zu einer ganzen Weltanschauung aus, in der sich seine Auffassungen von Vergangenheit, Volk, Staat, Kultur und Politik vereinigten. Er strebte danach, nationale, ganzheitliche Kunst zu schaffen. Alfred EINSTEIN konstatierte über Wagner: He was the first to use music as a means of influensing, of entrancing, of intoxicating, of conquering. To be sure, all musicians direct their attention to the 'world' - to connoisseurs, to a community great or small, to the nation. Even before Wagner a few composers had felt impelled to create a community for themselves because there was none at hand. Handel did so in his oratorios; Beethoven, in his symphonies. So far as Wagner concerned, however, Handel scarcely existed [...] But in Beethoven Wagner saw his true predecessor - or, more precisely, in the Beethoven of the Ninth Symphony, with which the reign of pure instrumental music seemed to have come to an end and that of opera, of his opera, to have begun. Die Vermischung von kЭnstlerischen und politischen Ambitionen ist in Wagners Fall offenkundig; kein Wunder also, dass er danach trachtete, aktiv im politischen Leben mitwirken zu können. In diesem Zusammenhang sind Wagners Dresdner Jahre (1842-1849) sowie die Münchner-Triebschener Jahre (1864-1872) von Bedeutung. Im Jahre 1842 erhielt Wagner eine Stellung als Hofkapellmeister in Dresden, beglückt darЭber, dass die feste Anstellung seine chronische Geldnot linderte. Das ehrwЭrdige Amt bot ihm die Gelegenheit, die Verwirklichung seiner reformistischen Opernauffassung zu versuchen. Der fliegende Holländer kam 1843 auf die BЭhne, Tannhäuser 1845. WДhrend der 40er Jahre arbeitete Wagner auch am Lohengrin, aber die Uraufführung fand erst im Jahre 1850 in Weimar statt. Gleichzeitig entwickelte Wagner ein immer lebhafteres Interesse an politischen Fragen und begann an den Aktivitüten des in der Stadt wirkenden Vaterlandsvereins teilzunehmen. (Diese Sitzungen lösst er in seiner Autobiographie unerwähnt.) Auf diese Art machte er die Bekanntschaft des revolutionär gesinnten Journalisten August RЖckel und des Anarchisten Michail Bakunin, der zu dieser Zeit im Schutze des Decknamens Dr. Schwarz politische Agitation in Dresden betrieb. Wagner nahm mit anderen Revolutionären am Dresdner Aufstand im Mai 1849 teil. Röckel und Bakunin wurden gefangen genommen, Wagner jedoch gelang die Flucht über die Grenze zu Franz Liszt nach Jena. 32 Die zweite politisch interessante Phase stellen die Jahre in München (1864-65) und Triebschen (1866-72) dar. Nach dem Aufstand von Dresden war Wagner von direkter, aktiver politischer Handlungsweise enttäuscht: Nach seiner Flucht begnügte er sich mit Einflussnahme hinter den Kulissen. In München unterhielt er eine freundschaftliche Beziehung zu dem jungen Bayernkönig Ludwig II. Dies grösstenteils deshalb, weil er vermutete, dass Deutschland unter Bayerns Führung geeint werden würde. Gleichzeitig unterstützte Ludwig in wirtschaftlicher Hinsicht Wagners Opernproduktion. So wurden in München die folgenden Opern uraufgefЭhrt: Tristan und Isolde 1865, Die Meistersinger von NЭrnberg 1868, Das Rheingold 1869 und Die Walküre 1870. Das Rheingold und Die Walküre waren die zwei ersten Teile der Operntetralogie Der Ring des Nibelungen, mit dem Wagner schon seit Beginn der 50er Jahre beschäftigt war. Die zwei letzten Teile der Tetralogie, Siegfried und GötterdДmmerung wurden erst 1876 in dem von Wagner selbst geplanten Opernhaus anlässlich der ersten Festspiele aufgeführt. Im Frühling 1866 fand Wagner in Triebschen in der Schweiz ein neues Domizil. Er musste München im Dezember 1865 verlassen, weil die öffentliche Debatte um seinen Einfluss auf den jungen König immer schärfer wurde und in direkte Feindschaft gegen ihn ausgeufert war. Obwohl Wagner nach Triebschen zog, brach sein Kontakt zu Ludwig nicht ab. Als es zwischen Preussen und Österreich im Juli 1866 zum Krieg kam, begann Wagner, ein immer stärkeres Wohlwollen für die Preussen zu entwickeln. Er begriff, dass der Architekt der UmwДlzungen nicht Ludwig sondern Bismarck hiess. Wagner begann nun, Kontakte nach Berlin zu suchen; als Vermittler fungierte Lothar Bucher, mit dem Wagner durch die revolutionären Ereignisse in Dresden bekannt war. Bedauerlicherweise zeigte Bismarck jedoch kein grösseres Interesse an Wagner. Folglich beklagte Cosima Wagner (seine zweite Frau und die Tochter Franz Liszts) in ihrem Tagebuch, dass Bismarck, weil er Wagner seine Unterstützung verweigert hatte, nur preussische und keine gesamtdeutsche Politik getrieben habe. Cosima sah also in der Kunst ihres Mannes die gesamtdeutsche Kunst par exellence, deren wahrhaftes VerstДndnis Hand in Hand mit der natürlichen Entwicklung des deutschen Staates ginge. Obwohl Bismarcks offizielle Absegnung ausblieb, veranstaltete Wagner seine Kunst als grossangelegte Organisation, zu der zahlreiche Wagner-Vereinigungen, die Bayreuther Festspiele, die Zeitschrift Bayreuther Blätter und der sog. Bayreuther Kreis gehörten, die nach Wagners Tod die Pflege seines musikalischen und schriftstellerischen Erbes zu besorgen hatten. Der Komponist starb am 13.2.1883 an einem Herzinfarkt, als er gerade damit beschäftigt war, für die Bayreuther Blätter einen Artikel "über das Weibliche im Menschlichen" zu verfassen. aus Hannu Salmi: "Die Herrlichkeit des deutschen Namens..." Die schriftstellerische und politische TДtigkeit Richard Wagners als Gestalter nationaler IdentitДt wДhrend der staatlichen Vereinigung Deutschlands. Annales Universitatis Turkuensis, Ser. B. Tom. 196. Turku 1993, S. 14- 19. You can also read Wagner's biography in English. (Wilhelm) Richard Wagner Geboren am 22.5.1813 in Leipzig; gestorben am 13.2.1883 in Venedig. Wagner war das jüngste von neun Kindern eines Polizeiaktuarius. Fünf Monate nach seiner Geburt starb der Vater; der Schauspieler und Maler Ludwig Geyer nahm sich der Witwe und der Kinder an (starb aber auch bereits 1821). Wagner begann 1831 an der Universität Leipzig ein Musikstudium, 1833 holte der Sänger Albert Wagner den jüngeren Bruder nach Würzburg, dort wurde er Choreinstudierer. Im Sommer 1834 engagierte ihn eine Operntruppe als Dirigenten nach Magdeburg; dort verliebte er sich in die Schauspielerin Minna Planer: er folgte ihr nach Königsberg, wo sie 1836 heirateten, dann nach Riga; vor ihren Gläubigern flüchteten sie über Norwegen und London nach Paris, wo sie von September 1839 bis April 1842 in großer Not lebten. Die triumphale Uraufführung des "Rienzi" am 20.10.1842 in Dresden legte den Grundstein zu seinem Ruhm. 1843 wird er zum kgl. sächs. Hofkapellmeister ernannt. 1849 kämpfte er beim Dresdner Maiaufstand auf der Seite der Aufständischen und mußte anschließend in die Schweiz flüchten. Bis 1858 wohnte er in Zürich, die nächsten Jahre verbrachte er mit kurzen Aufenthalten an verschiedenen Orten: Venedig, Luzern, Wien, Paris, Biebrich (bei Wiesbaden), Berlin. 1864 errang er die Gunst 33 des bayrischen Königs Ludwig II., der seine Schulden bezahlte und ihn auch weiterhin unterstützte. Da Wagner versuchte, sich in die bayrische Politik einzumischen, wurde er zeitweise aus München verbannt und zog nach Genf, dann nach Tribschen (bei Luzern). 1872 ging er nach Bayreuth und legte den Grundstein für das Festspielhaus, das 1876 eingeweiht wurde. Zur Wiederherstellung seiner Gesundheit zog Wagner 1882 nach Venedig, wo er 1883 starb. Werke u.a.: Bühnenwerke: o 1834 Die Feen o 1836 Das Liebesverbot o 1840 Rienzi o 1841 Der fliegende Holländer o 1845 Tannhäuser (Pariser Bearbeitung 1861) o 1848 Lohengrin o 1854 Das Rheingold o 1856 Die Walküre o 1859 Tristan und Isolde o 1867 Die Meistersinger von Nürnberg o 1871 Siegfried o 1874 Götterdämmerung o 1882 Parsifal Orchesterwerke: o 1832 Sinfonie C-Dur o 1840 Faustouvertüre (umgearbeitet 1855) o 1870 Siegfried-Idyll o 1871 Kaisermarsch 1843 Das Liebesmahl der Apostel, bibl. Szenen für Männerchor und Orchester Lieder: o 1858 5 Gedichte von M. Wesendonk Hauptschriften: o 1840/41 Ein deutscher Musiker in Paris o 1848 Der Nibelungen-Mythus o 1849 Die Kunst und die Revolution o 1849 Das Kunstwerk der Zukunft o 1850 Das Judentum in der Musik o 1851 Eine Mitteilung an meine Freunde o 1852 Oper und Drama o 1860 Zukunftsmusik o 1864 Über Staat und Religion o 1869 Über das Dirigieren o 1870 Beethoven o 1878 Publikum und Popularität o 1880 Religion und Kunst 34 Giuseppe Verdi Zum 100. Todestag am 27. Januar 2001 Biographie, Biografie, Opern, CDs, Bücher Giuseppe Verdi (1813-1901), der sich "ein Bauer aus Roncole" nannte, wird als bescheiden, sparsam, humorvoll, gutmütig, aber auch brüsk, temperamentvoll, unzugänglich und einsiedlerisch beschrieben. Verdi wurde im erwähnten Roncole, einem kleinen Dorf in der Nähe von Busseto im damaligen Herzogtum Parma, das 1813 noch zu Napoleons Königreich Italien gehörte, geboren. 1813 war auch das Geburtsjahr von Richard Wagner. Diese zwei Komponisten, die musikalisch und inhaltlich unterschiedlicher nicht sein könnten, revolutionierten die Opernwelt und prägen sie bis heute. Wagner kümmerte sich um Götter und Mythen, währenddem Verdi auf die Menschen und ihre irdischen Probleme einging. Verdis Vater, Carlo (1785–1867), war ein Schankwirt, seine Mutter, Luigia Uttini (1787–1851), eine Spinnerin. Die Mittelklassefamilie förderte Giuseppes Erziehung. Bereits vor seinem vierten Geburtstag wurde er von einem örtlichen Priester unterrichtet, wahrscheinlich auch in Musik. Sein Vater kaufte ihm mit 7 ein altes Spinett. Bald wurde er zum stellvertretenden Organisten in der örtlichen Kirche. Mit 9 stieg er zum ordentlichen Organisten auf. 1823 zogen die Verdis nach Busseto. Mit 11 ging er dort auf das ginnasio, wo er u.a. Unterricht in Italienisch, Latein und Rhetorik erhielt. Zwei Jahre später begann er bei Ferdinando Provesi, dem maestro di cappella der Kirche San Bartolomeo in Busseto und Direktor der städtischen Musikschule sowie der lokalen philharmonischen Gesellschaft, Stunden zu nehmen. Verdi wollte später den Eindruck erwecken, er sein ein Autodidakt aus einfachsten Verhältnissen. In Wahrheit gehörte seine Familie zum Mittelstand, und er erhielt schon in jungen Jahren eine gezielte Förderung von kompetenter Seite. 1829 bewarb sich Verdi erfolglos für den Posten des Organisten im nahe gelegenen Soragna. In Busseto konnte er sich dagegen als Musiker und Komponist einbringen. 1831 zog Giuseppe in das Haus von Antonio Barezzi, 35 einem wohlhabenden Kaufmann und Amateurmusiker. Verdi gab Barezzis Tochter Margherita (1814-40) Gesangs- und Klavierunterricht. Verdi und Margherita verlobten sich inoffiziell. Bald wurde klar, dass Busseto zu klein für Giuseppes Ambitionen war. Vater Carlo Verdi fragte bei der Monte di Pietà e d'Abbondanza in Busseto um ein Stipendium für seinen Sohn nach. Das wurde von dieser wohltätigen Gesellschaft auch gewährt, allerdings erst ab 1833. Giuseppe ging mit der finanziellen Hilfe von Barezzi bereits im Mai 1832 nach Mailand, wo ihn das Konservatorium ablehnte, weil er mit 18 bereits vier Jahre über dem normalen Eintrittsalter und kein Einwohner von Lombardei-Venetien. Daneben war seine unorthodoxe Klaviertechnik an der Ablehnung schuld, die Giuseppe bis an sein Lebensende nicht vergessen konnte. Barezzi bezahlte Verdi daraufhin drei Jahre lang Privatstunden bei Vincenzo Lavigna, der früher jahrelang als maestro concertatore an der Scala in Milan gewirkt hatte. Gemäss Giuseppes späteren Aussagen lernte er bei Lavigna wenig, abgesehen vom Kontrapunkt. Er habe immer nur Kanons und Fugen spielen müssen. Niemand habe ihm Orchestrierung oder die Behandlung dramatischer Musik beigebracht. Wobei Verdi hier wohl erneut sein Image als Autodidakt pflegen wollte. Lavigna hatte Verdi u.a. geraten, regelmässig ins Theater zu gehen. Mitte 1835, als Verdi seine Ausbildung bei Lavigna abgeschlossen hatte, kehrte er nach Busseto zurück. Provesi war zwei Jahre zuvor gestorben und so der Posten des Musikdirektors freigeworden. 1834 wurde Giovanni Ferrari zum Organisten bestellt, doch für Verdi blieb der Posten des maestro di musica, der säkulare Teil von Provesis Amt. 1836 heiratete Verdi Margherita Barezzi und liess sich in Busseto nieder, wo er in den folgenden drei Jahren als Dirigent und Komponist für die örtliche philharmonische Gesellschaft tätig war und daneben Privatunterricht gab. Mit Margherita hatte er zwei Kinder. Die Tochter, Virginia, verstarb im August 1838, noch nicht einmal eineinhalb jährig, ebenso der Sohn, Icilio Romano, dessen kurzes Leben im Oktober 1839 vorbei war. Der ehrgeizige Verdi wollte in der Oper Erfolg haben. 1836 hatte er Rocester komponiert. Die überarbeitete Version der Oper wurde als Oberto, conte di San Bonifacio, bekannt. Bereits im Oktober 1838 trat er als maestro di musica in Busseto zurück und ging im February 1839 nach Mailand. Neun Monate später wurde die Premiere an der Scala gegeben. Der Erfolg von Oberto ermutigte Bartolomeo Merelli, den Impresario an der Scala, Verdi einen Kontrakt für drei weitere Opern zu offerieren, die über die nächsten zwei Jahre zu komponieren waren. Verdis erstes Werk wurde die komische Oper Un giorno di regno, ein Misserfolg im September 1840. Zusammen mit dem tragischen Tod seiner Frau Margherita im Juni 1840 und dem seiner zwei Kinder in den Jahren zuvor stürzten ihn in eine Krise. Gleichzeitig erklären die privaten Umstände, weshalb Verdi damals nicht in der Lage war, ein komisches Werk zu vollenden. Bis zu seiner nächsten Oper, Nabucco, dauerte es ungewöhnlich lange 18 Monate. Doch entgegen seinen Memoiren hatte er nicht jede musikalische Tätigkeit aufgegeben. Nabucco wurde 1842 in Mailand zu einem unvergleichlichen Erfolg. Der Gefangenchor der hebräischen Sklaven, Va, pensiero, wurde quasi zur zweiten Nationalhymne Italiens und wird heute noch bei zahlreichen öffentlichen Anlässen gesungen. Im folgenden Jahrzehnt bis März 1853, der Premiere von La Traviata, komponierte Verdi 16 Opern, im Durchschnitt eine alle 9 Monate. Es war seine produktivste Zeit. Im Vergleich dazu schrieb Donizetti 70 Opern in lediglich 25 Jahren. Verdi war in diesen Jahren nicht nur völlig ausgelastet, sondern überanstrengte sich oft, was zu häufigen Zusammenbrüchen führte. Gleichzeitig erlaubte ihm der Erfolg, unerhörte Gagen zu verlangen, mit denen er u.a. Land und Haus in und um Busseto erwarb. Er wurde in die Mailänder Gesellschaft aufgenommen und schloss Freundschaft mit der Sopranistin Giuseppina Strepponi, die zu seiner Lebensgefährtin und späteren Frau wurde. Abgesehen von einem kurzen Besuch in Wien 1843 verliess Verdi die italienische Halbinsel bis März 1847 nicht. Dann reiste er nach London und Paris, um die Premieren von I masnadieri respektive Jérusalem zu überwachen. Es handelte sich um seine ersten zwei Opern, die im Ausland in Auftrag gegeben worden waren. Mit Giuseppina Strepponi weilte er zwei Jahre in Paris, unterbrochen durch einen Mailandbesuch im Revolutionsjahr 1848 und einen Rombesuch in der kurzlebigen Republik, um 1849 die Premiere von La battaglia di Legnano zu überwachen. Mitte 1849 kehrte Verdi mit Giuseppina nach Busseto zurück. Dass die zwei weiterhin unverheiratet blieben, sorgte damals für einen Skandal. Giuseppina hatte zudem Affären, drei illegitime Kinder und wurde deshalb gar als Hure beschimpft. Verdi heiratete sie erst 1859, fernab von Busseto, in Collonges sur Salève bei Annecy. Zu Beginn seiner Karriere war Verdi stilistisch von italienischen Vorbildern wie Rossini und Donizetti beeinflusst worden. In den 1840er Jahren nahm der französische Einfluss auf Verdis Arien zu. Vor allem war dies zu spüren, als er 1847 in Paris I Lombardi zu Jérusalem umarbeitete. Die Tradition des französischen 36 Melodramas beeinflusste ihn ebenfalls. Die ersten vier Opern hatte Verdi für die Scala in Mailand mit ihrer relativ grossen Bühne komponiert. Ernani dagegen schrieb er für die intimere Oper La Fenice in Venedig. Das 1844 uraufgeführte Werk bedeutete "den Schritt von der monumentalen, vom Chor dominierten Historienoper zum musikalischen Drama, in dem die psychologische Charakterisierung der Protagonisten im Vordergrund steht" (Harenberg Opernführer). Alzira und Attila folgten in diesem Stil. Mit dem 1847 in Florenz uraufgeführten Macbeth wandte sich Verdi Shakespeare zu. Ein neuer Karriereabschnitt begann. In Orchestrierung und Harmonie erreichte er eine neue Intensität. Er stiess ins genere fantastico vor. Der 1851 in Venedig uraufgeführte Rigoletto basiert auf Victor Hugos Le Roi s'amuse (1832). Die österreichische Zensur lehnte zuerst die Darstellung königlichen Fehlverhaltens ab. Verdis Librettist Francesco Maria Piave verlegte daraufhin den Schauplatz von Paris nach Mantua und aus König Franz I wurde ein Herzog. Aus taktischen Gründen wurde der Hofnarr, ursprünglich Tribonet, als Rigoletto (von frz. rigolo, lustig) zum Titelhelden. Die Orchestersprache war ausdrucksstark und differenziert. Formale Strukturen wurden aufgelöst. Der triumphale Premierenerfolg in Venedigs La Fenice konnte auch ausserhalb Italiens wiederholt werden. Seither gehört Rigoletto zu den meistgespielten Opern Verdis. Die nachfolgende, 1853 in Rom uraufgeführte Oper Il Trovatore wurde ursprünglich als Fortsetzung zum Rigoletto geplant. Es ist ein Werk voll tragischer Ironie. Als der Librettist Salvatore Cammarano 1852 überraschend verstarb, vervollständigte Leone Emanuel Bardare den Text nach Verdis Wünschen. Il Trovatore beruht auf dem Drama El Trovador (1836) des Spaniers Antonio García Gutiérrez. Die Oper schildert eine Atmosphäre von Besessenheit, Gewalt und Melancholie, enthält allerdings nicht mehr eine Verschmelzung der Genres wie Rigoletto. Il Trovatore enthält vielmehr Arien, Duette, Terzette und grössere Ensembles, die klassischen Elemente der italienischen Oper. Verdi setzte vermehrt Traum, Erzählung und Erinnerungen ein, die stark symbolhaften Charakter haben. La Traviata (1853), "die vom rechten Weg abgekommene", ist die letzte Oper der "trilogia popolare", die daneben Rigoletto und Il Trovatore umfasst. La Traviata enthält eine für Verdis frühe Opern ungewöhnlich "realistische" Ebene. Das Fiasko der Premiere dürfte, gemäss Harenberg Opernführer, darauf zurückzuführen sein, dass Verdi mit La Traviata der italienischen Gesellschaft den Spiegel ihrer Unmoral vorhielt. Zudem war nur eine Sängerin ihrer Aufgabe am Premierenabend gewachsen, währenddem Tenor und Bariton versagten. Das Libretto von Piave beruht auf Alexandre Dumas' Drama La Dame aux camélias (1852). Die Oper konzentriert sich auf die inneren Vorgänge der Figuren. Die zweite Einstudierung aus dem Jahr 1854 dagegen wurde ein Triumph. Von Venedig aus trat die Oper ihren Siegeszug um die Welt an. Gleichzeitig war La Traviata das Objekt von allerlei Opernparodien, am bekanntesten ist A Night at the Opera, der Film der Marx Brothers. Nach einer Reihe weniger bedeutender Opern folgte 1871 Aida, in Kairo triumphal uraufgeführt. Verdi sollte das Werk 1869 für die festliche Saisoneröffnung des Kairoer Opernhauses im Zusammenhang mit der Einweihung des Suezkanals schreiben. Der Komponist lehnte jedoch den Auftrag ab. Erst im Juni 1870, nach der Eröffnung des Kanals, willigte er nach langem Drängen des Librettisten Antonio Ghislanzoni ein, eine Oper beruhend auf der Erzählung La Fiancée du Nil des französischen Ägyptologen Auguste Mariette zu komponieren. Verdi forderte ein ungeheures Honorar und überwachte streng die gesamte Produktion. Durch den DeutschFranzösischen Krieg 1870 wurde die Premiere hinausgeschoben, weil sämtliche Dekorationen und Kostüme in Paris gefertigt worden waren und wegen der deutschen Belagerung die Stadt nicht verlassen konnten. Verdi war bei der erfolgreichen Uraufführung in Kairo nicht anwesend, sondern konzentrierte sich auf die europäische Premiere an der Mailander Scala 1872, wo er einen noch grösseren Triumph feiern konnte. Aida zeichnet sich durch eine farbenfrohe Partitur und eine intime, kammerspielartige Struktur aus. Abgesehen von der aufwendigen Triumphszene im zweiten Akt widmet sich die Oper stärker als je zuvor den inneren Konflikten der Protagonisten. Bis zur radikalen Neudeutung von Aida durch Hans Neuenfels 1981 in Frankfurt am Main dominierten (und dominieren in der Aufführungspraxis allerdings prunkvoll-spektakuläre Inszenierungen, die den Akzent auf die Massenszenen legen. Danach folgte 16 Jahre lang keine neue Oper. Simon Boccanegra (1857) und Don Carlos (1867) sind zwei Werke, die Verdi umarbeitete, kurz bevor er eine neue Oper schuf. In ihren neuen Form weisen sie retrospektiv auf den Operntyp hin, der Verdi nun vorschwebte und den er in Otello, 1887 in Mailand uraufgeführt, umsetzte. Nach dem Tod von Piave avancierte Arrigo Boito zu Verdis Librettisten. Otello wurde ein weiterer Triumph an der Scala. Verdis neuer Stil zeichnete sich durch ein raffiniertes Wechselspiel von Orchester und Gesang aus. Der Text wurde musikalisch-psychologisch ausgelegt. Zu unrecht wurde dem Komponisten vorgeworfen, Wagner kopiert zu haben. Zwischen Aida und Otello hatte Verdi 1873 ein Streichquartett und 1874 die Messa da Requiem, zu Ehren von 37 Alessandro Manzoni, komponiert und 1875 eine Tournee nach Paris, London und Wien unternommen. Sein Privatleben wurde vom Skandal um seine Beziehung zur Sopranistin Teresa Stolz überschattet. Stolz war 1869 die Leonora in La forza del destino und die Aida bei der Mailänder Premiere 1872 gewesen. Für sie schrieb Verdi auch das Sopransolo in Requiem. Zwischen Giuseppina Strepponi and Verdi kam es 1876 zur Krise, doch nicht zum Bruch. Stolz blieb weiterhin eine enge Freundin Verdis, Strepponi seine Frau. Gemäss Grove Online war das wichtigste Hindernis für Verdis künstlerische Produktion jedoch sein wachsendes Missbehagen über die Richtung, die der neue italienische Staat einschlug. Als Verdi zu Beginn der 1870er Jahre um Rat bei der Reformierung der italienischen Konservatorien gefragt wurde, schlug er extreme Massnahmen vor: Die Studenten sollten täglich Fugen und nur die alten Meister spielen, zukünftige Komponisten sollten nur wenigen Aufführungen moderner Opern beiwohnen. Verdi sprach sich wiederholt gegen die kosmopolitische Ausrichtung der italienischen Musik aus. Vor allem die Faszination für Deutschland (Wagner) und Symphonien missfiel ihm. Der Komponist auferlegte sich selbst eine Art Ruhestand. Diese Einstellung war auch bedingt durch Verdis seit den 1860er Jahren sinkenden Stern. Die meisten seiner Frühwerke, ob revidiert oder nicht, waren aus der Mode gekommen und wurden erst in der Verdi-Renaissance in den späten 1920er Jahren wiederentdeckt. 1889/90 schuf Verdi mit dem Librettisten Arrigo Boito zusammen seine letzte Oper, Falstaff, 1893 an der Mailänder Scala uraufgeführt. Als Vorbild diente Shakespeares The merry wives of Windsor. Text und Musik hinterlassen einen zwischen ironischem Spiel und philosophischer Selbstreflexion balancierenden Eindruck. Falstaff ist eine im Alter von fast 80 Jahren geschaffene Commedia lirica, die mit seinen früheren Werken, fast durchgängig Tragödien, wenig gemein hatte und daher überraschte. Szenen, in denen alle Hauptpersonen gleichzeitig zu Wort kommen wechseln mit rezitativischen Passagen. Arien oder Duette im herkömmlichen Sinn gibt es kaum mehr. Falstaff ist eine komödiantische Ensemble-Oper. In Verdis späten Jahren entstanden erneut einige sakrale Werke, die als Pezzi sacri bekannt sind, ohne jedoch eine Einheit zu bilden. Verdi bezeichnete sich sein Leben lang als Agnostiker. Einige behaupten, gegen Ende seines Lebens sei er zum Glauben zurückgekehrt. Allerdings sah Verdi nach Aida seine Karriere als Opernkomponist als beendet an und die Hinwendung zum "höheren" Genre der geistlichen Musik macht deshalb auch ohne religiöse Hintergründe Sinn. Der späte Verdi interessierte sich für die Alte Musik, insbesondere Palestrina, den er als Vater der italienischen Musik bezeichnete, in Analogie zu Bachs Bedeutung für die Deutschen. Seine Karriere hatte Verdi übrigens mit zwölf Jahren bei Fernando Provesi mit geistlicher Musik begonnen. Verdi starb am 27. Januar 1901. Er wurde zuerst neben seiner Frau in Mailands Cimitero Monumentale begraben. Einen Monat später wurden die zwei Körper in die Casa di Riposo, der von Verdi gegründeten Stiftung für alte Musiker in Mailand, transferiert. Beim Verlassen des Friedhofs sang ein riesiger Chor unter der Leitung von Arturo Toscanini Va, pensiero. Giuseppe Verdi wird am 10.Oktober um 20 Uhr in Le Roncole im Herzogtum Parma geboren, das zu dieser Zeit ein Teil des napoleonischen Königreichs von Italien ist. 1821 Nachdem Verdi ein deutliches Interesse an Musik zeigt, erhält er ein gebrauchtes Spinett. 1823 Verdi besucht das Gymnasium im benachbarten Busseto. 1824 Ferdinando Provesi wird Verdis musikalischer Lehrer. 1828 Verdi komponiert eine neue Ouvertüre zur Aufführung von Giacchino Rossinis Oper "Der Barbier von Sevilla" in Busseto. 1832 Seine erste Reise nach Mailand wird zu einem Misserfolg, das Konservatorium weist seinen Aufnahmeantrag zurück. Verdi beginnt private Studien bei Vincenzo Lavigna. 1833 Verdis Schwester Giuseppa stirbt im Alter von 17 Jahren. 38 1836 Verdi heiratet im Mai Margherita Barezzi, die Tochter seines Patrons in Busseto Antonio Barezzi. Verdi wird zum städtischen Musikdirektor von Busseto ernannt. Sein Lehrer Lavigna stirbt im September. 1837 Am 26. März wird dem Ehepaar Verdi eine Tochter mit Namen Virginia geboren. 1838 Sein Sohn Icilio wird am 11. Juli geboren, Virginia stirbt am 12. August. Während er seine ersten Werke "Sei Romanze" publiziert, tritt er von seiner Funktion als städtischer Musikdirektor zurück. 1839 Die Familie Verdi siedelt nach Mailand über. Der Tod durch eine Lungenentzündung des Sohnes Icilio am 22. Oktober bricht den Eltern das Herz. Seine erste Oper "Oberto, Herzog von San Bonifacio" hat Premiere an der Mailänder Scala und wird in der Spielzeit 14 Mal mit großem Erfolg aufgeführt. Damit ist Verdis Ruf als Komponist ernster Opern gesichert. Das Mailänder Verlagshaus Ricordi sichert sich die Rechte an seinem nächsten Werk und begründet damit eine lebenslange Beziehung. 1840 Verdis Ehefrau Margherita erkrankt an Hirnhautentzündung und stirbt am 18. Juni. Verdi verliert die Lust am Leben. Seine Opera Buffa "Il finto Stanislao" ist ein kompletter Reinfall und wird nach der Premiere sofort abgesetzt. 1841 Seine dritte Oper "Nabucco" dagegen wird zu einem Triumph an der Scala. Giuseppa Strepponi singt die Rolle der Abigaille. 1843 Die Oper "I Lombardi" wird ein großer Erfolg, die Chöre aus "I Lombardi" und "Nabucco" werden auf den Straßen gesungen – als Symbol des italienisches Patriotismus und Freiheitswillens. Verdi beginnt seine ersten Reisen, die ihn über die italienischen Grenzen hinaus auch nach Wien führen. 1844 Die Oper "Ernani" wird zu einem immensen Erfolg an der Oper La Fenice in Venedig. 1845 Nachdem die Oper ""Giovanna d'Arco" an der Mailänder Scala Premiere hat, ist Verdi so ungehalten über die Behandlung seiner Opern am Mailänder Opernhaus, dass er dem Verleger Ricordi untersagt, dem Haus je wieder eine seiner Opern anzubieten. Verdi kauft den Palazzo Dordoni in Busseto. 1846 Die Oper "Attila" hat Premiere am La Fenice in Venedig. 1847 Die Oper "Macbeth" wird in Florenz uraufgeführt. Seine Beziehung zu Giuseppa Strepponi wird zu einer innigen Verbindung. 1848 In einem fünftägigen Kampf werden die österreichischen Truppen aus Mailand hinaus gedrängt; diese nehmen die Stadt im August aber wieder ein. Donizetti stirbt, und nachdem Bellini im Jahre 1835 gestorben war und Rossini sich von der Bühne zurückgezogen hatte, ist Verdi nun unbestrittener König unter den italienischen Komponisten. 1849 "La Battaglia di Legano" hat Premiere in Rom. Diese Oper wird zu einem politischen Bekenntnis in der unruhigen Zeit der Jahre nach 1848. Am Ende des Jahres wird "Luisa Miller" in Neapel uraufgeführt. 1850 Obwohl die Musik gütig aufgenommen wird, ist die Oper "Stifelio" in Triest kein großer Erfolg. Dieser Abschnitt in Verdis Leben wird gemeinhin als die "Jahre der harten Arbeit" – anni di galera– bezeichnet. 1851 Die Oper "Rigoletto", die erste der drei "großen" Opern feiert einen triumphalen Erfolg an der Oper La Fenice in Venedig. Verdi und Giuseppa Strepponi ziehen vom Palazzo Dordoni, der an der Hauptstraße in Busseto gelegen ist, zu dem etwas abgelegeneren Landbesitz Sant' Agata. 39 Verdis Mutter Luigia Uttini stirbt. 1853 Die Oper "il Trovatore" wird zu einem großen Erfolg in Rom, während "La Traviata" sieben Wochen später in Venedig durchfällt. Verdi und Giuseppa Strepponi ziehen vorübergehend nach Paris. 1854 14 Monate nach dem katastrophalen Reinfall triumphiert die Oper "La Traviata" an einem anderen Theater in Venedig, dem Theater San Benedetto. 1855 Angelegentlich der ersten Weltausstellung in Paris wird die Oper "Les Vêpres Siciliennes" in Paris uraufgeführt. 1856 Verdi arbeitet die Oper "Stifelio" zur Oper "Aroldo" um. Erneut beginnt er an einem Projekt zu arbeiten, das er in den frühen vierziger Jahren begonnen hatte: der Oper "King Lear". Dieses Projekt wird er nie zu Ende bringen. 1857 Die Oper "Simon Boccanegra" erzielt nur einen kühlen Achtungserfolg in Venedig, während die Oper "Aroldo" in Rimini höflich beklatscht wird. 1858 Verdi reist nach Neapel, um die Proben zu seiner Oper "Un Ballo di maschera" zu überwachen. Die Probleme mit der Zensur sind so unüberwindlich, dass Verdi die Oper in Neapel zurückzieht und dem Theater in Rom anbietet. 1859 Die Oper "Un ballo di maschera" wird zu einem triumphalen Erfolg, der an den Erfolg der Oper "il Trovatore" anknüpft. Die politische Situation Italiens eskaliert, und in Italien wird die Unabhängigkeit von Österreich gefordert. Die Menschen rufen auf den Straßen VIVA VERDI und meinen damit Vittorio Emanuele, Re d'Italia und fordern eine freies Italien unter der Regentschaft des Königs von Piemont Vittorio Emanuele II. Verdi und Giuseppa Strepponi heiraten am 29. August in der Nähe von Genf. Verdi wird zum politischen Repräsentanten von Busseto gewählt. 1861 Verdi wohnt als Abgeordneter der Eröffnung des ersten italienischen Parlaments bei. 1864 Die Proben für die Pariser Aufführung von "Macbeth" beginnen. Verdi wird zum Mitglied der Academie Francaise gewählt. Florenz wird zur Hauptstadt Italiens. 1865 "Macbeth" wird in Paris aufgeführt. Verdi gibt seinen Parlamentssitz auf. 1866 Verdi komponiert die Oper "Don Carlos". Teile Norditaliens stehen immer noch unter der Herrschaft Österreichs und Giuseppe Garibaldi marschiert mit Freiwilligen in die Provinz Trentino ein. Verdi unterstützt das Vorhaben mit Geld, um Waffen und Munition zu kaufen. 1867 "Don Carlos" hat Premiere in Paris. In diesem Jahr sterben Verdis Vater und Schwiegervater. 1868 Verdi trifft den italienischen Schriftsteller und Patrioten Alessandro Manzoni. 1869 Die Oper "La Forza del Destino" wird an der Mailänder Scala wiederaufgeführt. Die Italienische Oper in Kairo wird mit "Rigoletto" eröffnet. 1870 Verdi stimmt zu, eine weitere Oper zur Eröffnung des neuen Opernhauses in Kairo zu schreiben. Später wird fälschlicherweise berichtet, die geplante Oper "Aida" sei aus Anlass der Eröffnung des Suezkanals geschrieben worden. 40 1871 Die Premiere der Oper "Aida" wird wegen des deutsch-französischen Krieges auf den 24. Dezember verschoben. 1872 Mit großem Erfolg wird "Aida" am 8. Februar in der Mailänder Scala aufgeführt. 1873 Verdi komponiert sein Streichquartett. Der Tod Manzonis ist Anlass für Verdi, ihm ein Requiem zu schreiben. 1874 Das Requiem Messa da Requiem per l'anniversatorio del morte dei Manzoni wird am 22. Mai im Dom zu Mailand uraufgeführt. 1875 Die Beziehungen zum Hause Ricordi werden empfindlich durch "Unregelmäßigkeiten" bei der Berechnung der Honorare gestört. 1879 Das Verlagshaus Ricordi kündigt die Oper "Otello" an. 1880 Während die Oper "Simon Boccanegra" überarbeitet wird, nimmt das Libretto für die Oper "Otello" Gestalt an. 1881 Die überarbeitete Fassung der Oper "Simon Boccanegra" wird an der Scala aufgeführt. 1882 Verdi beginnt mit der Überarbeitung der Oper "Don Carlos" für Mailand. 1884 Die überarbeitete, vieraktige Fassung des "Don Carlos" feiert Premiere an der Scala. Verdi beginnt die Komposition der Oper "Otello". 1886 Eine fünfaktige Fassung des "Don Carlos" wird in Modena am 26. Dezember aufgeführt. Die Arbeit an "Otello" sind abgeschlossen. 1887 "Otello" hat Premiere an der Mailänder Scala. 1888 Verdi komponiert die "Laudi alla Vergine Maria" und publiziert das Stück als die Nummer 3 seiner "Quattro Pezzi Sacri". 1889 Boito hat Verdi mit seiner Faszination für Rätsel angesteckt. Verdi nimmt an einem Preisausschreiben teil und komponiert ein "Ave Maria sulla scala enigmatica", das er als Nr. 3 der "Quattro Pezzi Sacri" veröffentlicht. Verdi beschließt die Oper "Falstaff" zu komponieren. 1892 Die Oper "Falstaff" wird beendet. 1893 "Falstaff" wird am 9. Februar in der Scala uraufgeführt. Verdi wird zum Ehrenbürger Roms ernannt. 1895 Verdi beginnt mit der Komposition des "Te Deum(s)", des vierten Stücks der "Quattro Pezzi Sacri". 1896 Verdi arbeitet am "Te deum" und an der Nr. 2 der "Quattro Pezzi Sacri", dem "Stabat Mater". 1897 Seine zweite Frau Giuseppa stirbt am 14. November in Sant 'Agata. 1898 Verdi wohnt nun in einer Suite des Grand Hotels Mailand und überwacht den Bau des Casa di riposo per musicisti, des ersten Altersheims für Musiker. 1899 Das "Casa di riposo" wird offiziell eröffnet. 41 1901 Verdi erkrankt am 21. Januar und stirbt nach kurzer Krankheit am 27. Januar. Während dieser Tage sind die Straße Mailands vor dem Grand Hotel mit Stroh bestreut, um den Lärm der vorüber fahrenden Kutschen zu mildern. Verdi wird in aller Stille beigesetzt – so, wie er es sich gewünscht hat: ohne Musik und Gesang. ANTONIN DVORAK 1841 8. September 1846-53 Antonín Dvorák wird im tschechischen Nelahozeves (dt: Mühlhausen) an der Moldau als erstes von acht Kindern geboren. Sein Vater ist Metzger und Gastwirt, der zunächst zur Unterhaltung seiner Gäste und später auch professionell auf der Zither spielt. Dvorák erhält ersten Unterricht auf der Violine im Gesang bei dem Dorflehrer und Kantor Josef Spitz. 1853 Herbst Dvorák wird in die Nachbarstadt Zlonice auf die deutsche Fortbildungsschule geschickt, damit er seine Deutschkenntnisse vervollkommnen kann, wie es zu dieser Zeit in Böhmen unerlässlich war. Gleichzeitig erhält Dvorák nun Unterricht in Klavier, Violine, Orgel, Generalbass und Harmonielehre bei dem über die Grenzen der Stadt hinaus bekannten Kantoren Antonín Liehmann. 1856 Herbst Dvorák zieht in die nordböhmische Stadt Böhmisch Kamnitz (Ceska Kamenice) und besucht dort die deutsche Stadtschule. Den Unterricht im Orgelspiel und Harmonielehre erhält er bei dem dortigen Organisten Frantisek Hanke, der die Prager Orgelschule absolviert hat. 1857 September Dvorák zieht nach Prag und beginnt seine Studien an der Prager Orgelschule. Gleichzeitig besuchte er die vierte Klasse der deutschen Hauptschule. November Dvorák spielt als Bratschist bei den Konzerten des Prager Cäcilienvereins mit. 1859 Juli Er schließt das Studium an der Prager Orgelschule als Zweitbester ab. Eine Stelle als Organist ist jedoch nicht in Sicht, sodass sich der junge Musiker seinen Lebensunterhalt mit dem Bratschenspiel verdient. 1862 November Die Prager Tanzkapelle unter der Leitung von Karel Komzák wird zum Orchester des ersten Prager Theaters, des so genannten Interimstheaters. Dort übernimmt Dvorák die Rolle des Solobratschisten. 1865 Um das Einkommen zu erhöhen beginnt Dvorák privaten Klavierunterricht zu erteilen. 1866 Ende des Jahres übernimmt Bedrich Smetana die Leitung des Opernorchesters und so kommt Dvorák zunehmend mehr mit Werken tschechischer Komponisten in Kontakt. 1871 Dezember Erstmals erklingt ein Werk Dvoráks in einem – wenn auch noch privaten – Konzert: das Lied „Gedenken“. 1873 März Der große Durchbruch gelingt dem jungen Komponisten mit der Aufführung des „Hymnus" aus dem Gedicht "Die Erben des Weißen Berges’“ durch den Prager Gesangsverein Hlahol. November Dvorák heiratet seine ehemalige Klavierschülerin Anna Cermaková. Februar Der Prager Stadtrat überträgt Dvorák das Organistenamt an der Kirche St. Adalbert. 1874 42 Das erste der neun Kinder wird geboren. Dvorák unternimmt eine kritische Revision seiner bis dato komponierten Werke. Opern, die nach dem Vorbild der Opern Wagners geschrieben waren, werden zurückgezogen. Es folgt eine Neuorientierung, die sich auch darin ausdrückt, dass Dvorák seine Werke neu zu nummerieren beginnt. Seine Streichquartette op. 9, op. 12 und op. 16 haben großen Erfolg bei der Uraufführung. 1876 Dvoráks erste „slawische" Periode beginnt. 1877 Sein fünftes, ebenfalls genehmigtes Gesuch um ein Stipendium für mittellose, talentvolle Künstler wird durch das Unterrichtsministerium genehmigt. Das Gesuch hat aber auch den Effekt, dass Johannes Brahms, der seit 1875 in der entscheidenden Kommission sitzt, auf Dvorák aufmerksam wird. Brahms ist so begeistert, dass er den Komponisten seinem Verleger Simrock empfiehlt. Die Symphonischen Variationen op. 78 werden uraufgeführt, nachdem Dvorák das Werk überarbeitet hatte. In seinem ersten Werkverzeichnis trägt es noch die Nummer 28. Dezember 1878 Simrock veröffentlicht die Slawischen Tänze op. 46, die er an Dvorák in Auftrag gegeben hatte. Das Werk wird über Nacht zu einem Verkaufsschlager. In Prag wird erstmals ein Konzert gegeben, in dem nur Werke von Dvorák aufgeführt werden. Er avanciert zu einem sehr erfolgreichen Komponisten, der viele Aufträge für das Prager Kulturleben erhält. 1879 Das Streichquartett des Geigers Joseph Joachim spielt das Streichsextett op. 48. Hans Richter gibt eine Symphonie für Wien in Auftrag. Aus diesem Anlass entsteht die Symphonie Nr. 6 D-Dur op. 60. 1880 Dezember Die geplante Uraufführung der Symphonie Nr. 6 kommt in Wien nicht zu Stande, da man der Ansicht war, es sein nicht angebracht, ein Werk eines tschechischen Komponisten zur Aufführung zu bringen. In Folge der Taaffe-Stremayrschen Sprachverordnung hatte sich der böhmische Nationalitätenkonflikt verschärft und so sah man große Probleme in der Aufführung eines tschechischen Werkes im deutschen Sprachraum. 1882 Oktober Die historische Oper „Dimitrij“ wird im Neuen Tschechischen Theater uraufgeführt und mit begeistertem Beifall belohnt. 1883 März Das „Stabat Mater“ wird in London aufgeführt und löst bei Publikum und Kritikern Begeisterungsstürme aus. August Dvorák erhält von der Philharmonic Society in London die Einladung, ein Konzert mit eigenen Werken zu dirigieren. März Der tschechische Komponist reist nach England. Dvorák dirigiert in der Royal Albert Hall eine Aufführung des „Stabat Mater“. Die Philharmonic Society ernennt ihn zu ihrem Ehrenmitglied und gibt eine Symphonie in Auftrag (Symphonie Nr. 7 d-Moll). Dvoráks finanzielle Verhältnisse erlauben es, im tschechischen Vysoká eine Sommerresidenz zu erwerben. 1884 1887/88 Dvorák arbeitet die Symphonischen Variationen op. 78 um. 1889 Juni Antonín Dvorák wird zum Ritter des österreichisch-kaiserlichen Ordens dritter Klasse geschlagen und hat später sogar eine Audienz beim österreichischen Kaiser. 1890 April Dvorák wird zum Ehrendoktor der Prager Tschechischen Universität vorgeschlagen und kurz darauf zum Mitglied der Tschechischen Akademie der Wissenschaften und Künste gewählt. 1891 Januar Nachdem das Prager Konservatorium ihm eine Professur für Komposition 43 und Instrumentation angeboten hatte, tritt Dvorák die Stelle an. Er st aber kein geborener Pädagoge, auch wenn er seinen Studenten viel abverlangt. 17. März Die Ehrendoktorwürde der Universität Prag wird an Dvorák verliehen. Juni Die Präsidentin des New Yorker National Conservatory of Music, Jeanette Thurber, bietet dem Tschechen die Stelle als künstlerischer Direktor und Kompositionsprofessor an ihrem Institut an. Juli In Cambridge wird ihm die Ehrendoktorwürde verliehen. Dezember Dvorák unterzeichnet den Vertrag mit dem New Yorker Konservatorium. September Er trifft in New York ein. Oktober Zu den Feierlichkeiten zum 400. Jahrestag der Entdeckung Amerikas dirigiert Dvorák das eigens dafür komponierte "Te Deum" op. 103 in der Carnegie Hall. 1893 Dezember Dvorák folgt den an ihn gestellten Erwartungen, für Amerika eine Nationalmusik zu schaffen, die sich von den europäischen Vorbildern lösen sollte. Studien über amerikanische Folklore, Negrospirtuals und Gesänge von Plantagen fließen in die Komposition seiner Symphonie Nr. 9 e-Moll „Aus der Neuen Welt“ ein. Die Uraufführung in der Carnegie Hall wird zu seinem größten musikalischen Erfolg. 1895 April Die Wiener Philharmoniker ernennen Dvorák zu ihrem Ehrenmitglied. Nachdem er mit dem Konservatorium in New York finanzielle Differenzen hat, kehrt er nach seinem Urlaub in Europa nicht mehr in die USA zurück. Beginn der zweiten "Slawischen" Epoche. 1896 März Uraufführung des Violoncellokonzerts in London. Dvorák wendet sich in der Komposition der Programmmusik zu. Es entstehen Sinfonische Dichtungen wie "Der Wassermann" op. 107, "Die Mittagshexe" op. 108, "Das goldene Spinnrad" op. 109 oder "Die Waldtaube" op. 110. 1897 Oktober Dvorák wird zum Jury-Mitglied für das Wiener Künstler-Stipendium berufen. 1892 1901 1904 Er wird zum Präsident des Prager Konservatoriums gewählt. Die Märchenoper „Rusalka“ op. 114 wird in Prag uraufgeführt. 1. Mai Antonín Dvorák stirbt nach fünfwöchiger Krankheit in Prag und wird vier Tage später auf Vysherader Friedhof, der letzten Ruhestätte vieler tschechischer Persönlichkeiten, beigesetzt. 44 Bedrich Smetana (1824 - 1884) Die Biographie von Bedrich Smetana Geboren 1824 (2.3) in Litomys'l (Leitmischl, Ostböhmen), seit 1843 in Prag als Musiklehrer tätig, studierte Klavier, gefördert von Johann Friedrich Kittl (1806 bis 1868), dem Direktor des Prager Musikkonservatoriums, und in Komposition ausgebildet von Josef Proksch (1794-1864). Dieser, Kittl und der Musikhistoriker August Wilhelm Ambros (1816-1876) bildeten zusammen eine Gruppe, die den Ideen der Neuromantik (Berlioz, Liszt, Wagner) anhing. - MIDI FILE - "Skocna" (5'58'') Im Jahre1848, in dem Smetana an den revolutionären Kämpfen teilnahm, eröffnete er in Prag eine eigene Musikschule. Unter dem Druck der politischen Verhältnisse verliess er 1856 seine Heimat, um in Göteborg die Leitung der Philharmonischen Gesellschaft zu übernehmen. Nach dem Fall des Bachschen Absolutismus kehrte Smetana 1861 nach Prag zurück und spannte seine Kräfte rastlos in den Dienst des nationalen Kulturlebens ein. - MIDI FILE - "Z ceskych luhu a haju" (12'10'') Der nun beginnende Aufschwung führte 1861 zur Gründung des Gesangvereins Hlahol (Beginn zahlreicher Vereinsgründungen, Entfaltung der patriotischen Sängerbewegung), 1862 zur Erhoffnung des tschechischen Interimstheaters und 1863 zur Organisation des Künstlervereins "Umeleckà Beseda". - MIDI FILE - "Moldau" for orchestra (8’08’’) 45 Vor allem durch Smetanas Verdienst wurde die nationale Musikkultur auf internazionale Höhe gehoben. Smetana war von 1863-1865 Dirigent des Gesangvereins Hlahol, 1864 und 1869 Dirigent der tschechischen Philharmonischen Konzerte, 1864-1865 Musikkritiker an "Nàrodnì listy", 1863-1870 Vorsitzender der Musikabteilung des Vereins "Umèleckà Beseda", 1866-1874 erster Kapellmeister des Interimstheaters. 1874 ertaubte Smetana; er zog sich von allen öffentlichen Amtern zurück und konzentrierte sich ganz auf die Komposition. In seinem Todesjahr wurde er in eine psychiatrische Klinik eingeliefert. Er starb 1884 (12.5) in Prag. Smetana with his second wife Operas: Title Dalibor (1868, Josef Wenzig - Ervin Spindler) Libuse (1881, Josef Wenzig - Ervin Spindler) The Brandenburgers in Bohemia (1866, Sabina Karel) The Bartered Bride (1866, Sabina Karel) The Devil's Wall (1882) The Kiss (1876, E. Krásnohorská, after K. Svetlá) The two Widows (1874, Emanuel Zungel, after Mallefille) (date of composition and libretto) 46 Nikolaj Rimskij-Korsakow (1844 - 1908) "The Russian Five" left to right: a singer, Moussorgsky, Korsakov, (Stasov), Balakirev, Cui, Borodin The Music Conservatory in Moscow 47 Die Biographie von Nikolaj Rimskij-Korsakow Russischer Komponist: er wurde in der Nähe von St. Petersburg als Kind vornehmer Eltern geboren, lernte frühzeitig Klavierspielen und komponierte mit neun Jahren sein erstes eigenes Stück, aber der Gedanke eines Musikerberufes galt für ihn als nicht passend. An der Seekadettenschule von St. Petersburg kam er 1861 mit Balakirew in Kontakt und intensivierte daraufhin seine musikalischen Studien. Er schrieb seine erste Symphonie - opus 1, die erste wirkliche russische Symphonie - während der Endausbildung für die Marine und dirigierte 1865 die Uraufführung. Erst 1873 quittierte er den Dienst in der Marine, als er bereits als Komponist ein Begriff und als Lehrer am Konservatorium angestellt war. Zehn Jahre später wurde er musikalischer Leiter der Hofkapelle des Zaren. Daneben blieb er ein äußerst gewissenhafter Lehrer, zu seinen Schülern zählten so bedeutende junge Komponistentalente wie Glasunov und später auch Strawinskij; außerdem war er ein glänzender Dirigent. Da er erkannte, daß seine musikalischen Grundlagen notgedrungen nur recht oberflächlich waren, begann er ein gründliches Studium des Kontrapunkts. Das steigerte noch die Meisterschaft seines bereits sehr persönlichen Stils. Werke wie Shéhérazade (1888) und einige kammermusikalische Kompositionen zeugen deutlich von diesen neuen Einflüssen. Die Werke von Nikolaj Rimskij-Korsakow Seine meist nach Vorwürfen aus der russischen Geschichte entstandenen Opern haben viel Wärme und Einfallsreichtum, und der umfassende Anklang an romantische Elemente hat einige von ihnen auch außerhalb Rußlands populär gemacht. 48 MIDI FILE - " Sheherazade": The Sea and Sindbad's Ship (10'39'') Schneeflöckchen (1882) und Der goldene Hahn (1909) sind beides Meisterwerke und enthalten Passagen, die zum besten gehören, was er geschrieben hat. MIDI FILE - Sadko (2'04'') In diesen beiden Werken ist auch Rimskij-Korsakows instrumentationstechnisch erzielter Klangzauber besonders ausgeprägt. MIDI FILE - Bumblebee flight (1'12'') Ähnlich wie in der Musik vieler anderer russischer Meister liegt auch bei Rimskij-Korsakow das Hauptgewicht auf der Beschreibung. Seine Gabe, Schauplätze und Gefühle mit einem phantastischen Ideenreichtum und größter Genauigkeit musikalisch nachzuzeichnen, steht in der gesamten Geschichte der abendländischen Musik einzig da. 1. Einige der Opern: - Die Mainacht - Oper in 3 Akten nach Gogol, Libretto: Rimsky-Korsakow, 1878/79, Uraufführung: St.Petersburg 1880 - Schneeflöckchen - Oper in 4 Akten nach Ostrowski, Libretto: Rimsky-Korsakow, 1880/81, Uraufführung: St.Petersburg 1882 - Die Weihnacht - Oper in 4 Akten nach Gogol, Libretto: Rimsky-Korsakow, 1894/95, Uraufführung: St.Petersburg 1895 - Sadko - Oper in 7 Bildern nach Schtrup und Stassow, Libretto: Rimsky-Korsakow und Belski, 1893-96, Uraufführung: Moskau 1898 -Mozart und Salieri op.48 - Rezitativ-Oper in einem Akt nach Puschkin, 1897, Uraufführung: Moskau 1898 - Die Zarenbraut - Oper in 4 Akten nach Mey, Libretto: Tjumenew, 1898, Uraufführung: Moskau 1900 - Das Märchen von Zaren Saltan - Oper in 4 Akten mit Prolog nach Puschkin, Libretto: Belski, 1899/1900, Uraufführung: Moskau 1900 - Der unsterbliche Kaschtschej - Oper in einem Akt nach Petrowski. Libretto: N. und S.N.Rimsky-Korsakow, 1901/02, 1906 mit neuem Schluß, Uraufführung: Moskau 1902 - Die Legende von der unsichtbaren Stadt Kitesch und der Jungfrau Fewronia - Oper in 4 Akten nach Belski, 1902-04, Uraufführung: St.Petersburg 1907 - Der goldene Hahn - Oper in 3 Akten nach Puschkin, Libretto: Belski, 1906/07, Uraufführung: Moskau 1909 2. Sinfonien und andere Orchesterwerke - Sinfonie n.1 e-Moll op.1 - 1.Fassung es-Moll, 1862-65, 1884 - Ouvertüre op.28 - über russische Themen, 1866, 1879/80 - Fantasie op.6 - über serbische Themen, 1867, 1889 - Sadko op.5 - Sinfonische Dichtung, 1867, 1892 - Sinfonie n.2 op.9 („Antar") - 1868, 1875, 1897 (bezeichnet als sinfonische Suite) - Sinfonie n.3 C-Dur op.32 - 1866-73, 1884 - Märchen op.29 -1879/80 - Sinfonietta op.31 - über russische Themen, 1885 - Capriccio Espagnol op.34 - 1887 - Scheherazade op.35 - Sinfonische Suite, 1888 49 - Russische Ostern op.36 - Ouvertüre über liturgische Themen, 1888 - Variation n.4 A-Dur - über ein russisches Thema, in Zusammenarbeit mit Artcibuschew, - Wihtol, Ljadow, Sokolow und Glasunow, 1901 - Die Nacht auf dem Berge Triglaw - Konzertfassung des 3.Akt der Oper „Mlada", 1889/90 - Am Grabe op.61 - Präludium zum Gedenken an M.P.Belajew, 1904 - Dubinuschka op.62 - 1905, 1906 (mit Chor ad lib.) - Trinkspruch - zum Jubiläum Glasunows, 1907 - Neapolitanisches Lied op.63 - 1907 - Der goldene Hahn - Konzertarrangement der Einleitung und des Hochzeitsmarschs aus der - Oper „Der goldene Hahn", 1907 3. Werke für Soloinstrument und Orchester - Konzert B-Dur - für Posuane und Militärkapelle, 1877 - Konzertstück Es-Dur - für Klarinette und Militärkapelle, 1877 - Variationen g-Moll - für Oboe und Militärkapelle über ein Lied von Glinka, 1878 - Klavierkonzert cis-Moll op.30 - 1882 - Fantasie op.33 - über russische Themen für Violine und Orchester, 1885 - Mazurka über polnische Themen - für Violine und Orchester, 1888-93 - Serenade op.37 - für Violoncello und Orchester, 1893, (Orchesterfassung der Serenade für Violoncello und Klavier) 4. Suiten - Suite aus der Oper „Schneeflöckchen" - Suite aus der Oper „Das Märchen vom Zaren Saltan" op.57 - 1899/1900 - Suite aus der Oper „Der Wojewode" op.59 - 1902/03 - Suite aus der Oper „Mlada" - 1889/90 - Suite aus der Oper „Die Weihnacht" - 1894/94 - Suite aus der Oper „Die Sage von der unsichtbaren Stadt Kitesch und der Jungfrau Fewronia" - zusammengestellt von A.Glasunow und M.Steinberg - Suite aus der Oper „Der goldene Hahn" - zusammengestellt von A.Glasunow und M.Steinberg 5. Kammermusik - Streichquartett F-Dur op.12 - 1874 - Streichsextett A-Dur - 1876 - Quintett B-Dur - für Klavier, Flöte, Klarinette, Horn und Fagott, 1876 - Im Kloster - für Streichquartett, 1879, ursprünglich 4.Satz des Streichquartett über russische Themen) - Vier Variationen g-Moll - über einen Choral für Streichquartett, 1885 - Streichquartett auf den Namen B-LA-F - in Zusammenarbeit mit Ljadow, Borodin und Glasunow, 1886 - Choer danse Russe - Allegro aus dem Streichquartett „Jour de fête", in Zusammenarbeit mit Glasunow und Ljadow, 1888 - Nocturne F-Dur - für 4 Hörner, 1888 - Zwei Duette F-Dur - für 2 Hörner, 1883-94 - Canzonetta und Tarantella - für 2 Klarinetten, 1883-94 - Serenade - für Violoncello und Klavier, 1893 - Streichquartett G-Dur - 1897 - Klaviertrio c-Moll - 1897 - Thema und Variationen n.4 G-Dur - für Streichquartett, in Zusammenarbeit mit Artcibuschew, Skrjabin, Glasunow, Ljadow, Wihtol, Blumenfeld, Ewald, Winkler und Sokolow, 1898 - Allegro B-Dur - für Streichquartett, als Beitrag zur Sammlung „Les Vendredis", 1899 6. Klavierwerke zu 2 Händen - Allegro d-Moll - 1859/60 - Variationen über ein russisches Thema - 1859/60 - Nocturne d-Moll - 1860 - Trauermarsch d-Moll - 1860 - Sechs Fugen op.17 - 1875 - Fuge C-Dur - 1875 - Drei Fugen - 1875 - Drei Fughetten über russische Themen - 1875 50 - Drei Stücke op.15 - 1875 - Sechs Variationen op.10 - über das Thema B-A-C-H, 1878 - Vier Stücke op.11 - 1878 - Beiträge zu den Tati-Tati-Paraphrasen - in Zusammenarbeit mit Borodin, Cui, Ljadow, Liszt und Scherbaschew, 1878 - Scherz-Quadrille - in Zusammenarbeit mit Artcibuschew, Wihtol, Ljadow, Sokolow und Glasunow, 1899 - Prelude-Impromptu und Mazurka op.38 - 1869, 1894 - Allegretto C-Dur - 1895 - Präludium G-Dur - 1896 - Variation n.1 A-Dur - über ein russisches Thema, in Zusammenarbeit mit Winkler, Blumenfeld, Sokolow, Wihtol, Ljadow und Glasunow, 1899 - Lied - in dorischer Tonart, 1901 7. Klavierwerke zu 4 Händen - Scherzo c-Moll - 1860 - Variationen über ein Thema von Mischa - 1878/79 - Intermezzo - 1897 8. 9. Lieder Vokalwerke Transkriptionen und Orchestrierungen - Capriccio Espagnol op.34 - für Klavier zu 4 Händen - Scheherazade op.35 - für Klavier zu 4 Händen - Schubert: Orchestrierung des Königmarschs - 1868 - Dargomyshski: Orchestrierung der Oper „Der steinerne Gast" - 1869/70, 1898-1902 - Händel: Orchestrierung von 7 Szenen des Oratoriums „Samson" - 1875/76 - Glinka: Musik für das Bühnenorchester in der Oper „Ruslan und Ludmilla" - 1878 - Borodin: Vollendung und Orchestrierung der Oper „Fürst Igor" - in Zusammenarbeit mit Glasunow, 1887/88 - Mussorgsky: Vollendung und Orchestrierung der Oper „Chowanschtschina" - 1881-92 - Mussorgsky: Bearbeitung, Orchestrierung und Herausgabe des Nachlasses Mussorgskys - 1881-83 - Mussorgsky: Bearbeitung und Orchestrierung des Stücks „Ein Nacht auf dme kahlen Berge" - 1886 - Glinka: Arrangements aus Glinkas Opern für Streichquartett - 1884 - Borodin: Arrangement des Nocturnes aus dem Streichquartett n.2 für Violine und Orchester - 1887 - Mussorgsky: Bearbeitung und Neuinstrumentierung der Oper „Boris Godunow" - 1892-96 - Borodin: Orchestrierung des 4.Akts der gemeinsamen fragmentarischen Ballettoper „Mlada" - 1890 - Mussorgsky: Bearbeitung und stellenweise Orchestrierung der Oper „Die Heirat" - 1906 - Mussorgsky: Orchestrierung der Lieder „Der Hopak", „Beim Pilzesuchen" und „Wiegenlied" - 1906 - Mussorgsky: Orchestrierung der Lieder „Die Nacht", „Der Feldherr" und „Ständchen" - 1908 - Meyerbeer: Arrangement des Krönungsmarsches aus der Oper „Der Prophet" für Militärkapelle - Wagner: Vorspiel aus der Oper „Lohengrin" für Militärkapelle - Mendelssohn: Nocturne und Hochzeitsmarsch aus „Der Sommernachtstraum" für Militärkapelle - Beethoven: Egmont-Ouvertüre für Militärkapelle - Bearbeitung der Sammlung 40 russischer Volkslieder von Filippow, 1875-82 - Sammlung 100 russische Volkslieder op.24 - 1875-77 51 Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809 - 1847) Die Biographie von Felix Mendelssohn-Bartholdy 1809 Am 3. Februar in Hamburg geboren (seine Mutter ist Lea, geb. Salomon, sein Vater ist Abraham, Sohn des jüdischen Philosophen Moses Mendelssohn) 1827 Immatrikulation an der Berliner Universität, unter anderem Vorlesungen über Ästhetik bei Hegel 1811 Fluchtartige Übersiedlung der Familie nach Berlin 1829 Am 11. März erste Wiederaufführung von Bachs "Matthäuspassion" in der Berliner Singakademie unter Mendelssohns Leitung, am 10. April Beginn einer achtmonatigen Bildungsreise nach England und Schottland, Konzerte in England 1816 Am 21. März christliche Taufe aller vier Kinder (Fanny ist zehn, Felix ist sieben, Rebecca bald fünf und Paul drei Jahre alt) 1830 Am 13. Mai Antritt der großen Reise nach Italien, (Reiseroute Leipzig, Weimar, letzte Begegnung mit Goethe, München, Wien, Venedig, Florenz, Rom, Pompei, Neapel) 1816 Klavierunterricht gemeinsam mit Fanny bei Ludwig Berger, Violinenunterricht bei Wilhelm Henning 1831 Beginn der Rückreise über Rom, die Schweiz, München, Frankfurt am Main, Düsseldorf, Lüttich, Paris, London 52 1841 Am 1. Juli Ernennung zum Königlich Sächsischen Kapellmeister, im Sommer Übersiedlung nach Berlin als "Hauskomponist" von Friedrich Wilhelm IV; am 13. Oktober Ernennung zum Königlich Preußischen Kapellmeister 1818 Erster öffentlicher Auftritt als Pianist MIDI FILE - Songs without Words op.30 n.3 (1’54’’) MIDI FILE - Songs without Words op.85 n.2 (1’00’’) MIDI FILE - Songs without Words op.102 n.2 (2’24’’) MIDI FILE - Songs without Words op.102 n.3 (1’11’’) MIDI FILE - Songs without Words op.102 n.6 (2’01’’) 1832 Im Juni Rückkehr nach Berlin 1842 Empfang durch Königin Victoria auf seiner siebten Reise nach England, am 12. Dezember Tod der Mutter in Berlin 1819 Musiktheorieunterricht gemeinsam mit Fanny bei Carl Friedrich Zelter 1832 Ablehnung der Bewerbung um Zelters Nachfolge als Leiter der Berliner Singakademie; Leitung des Niederrheinischen Musikfestes in Düsseldorf; ab 1. Oktober Engagement als städtischer Musikdirektor in Düsseldorf 1843 Gründung des ersten deutschen Konservatoriums der Musik in Leipzig 1820 Beginn des ersten Kompositionsalbums, Zeichenunterricht bei Johann Gottlob Samuel Rösel, am 1. Oktober gemeinsam mit Fanny Eintritt in die Berliner Singakademie 1835 Berufung als Musikdirektor der Gewandhauskonzerte in Leipzig, am 19. November Tod des Vaters in Berlin MIDI FILE – from "A Midsummer Night's Dream": Scherzo (4’25’’) 1844 Rücktritt von allen Ämtern in Berlin 1821 Im November erster Besuch mit Zelter bei Goethe in Weimar, zuvor erster kurzer Aufenthalt in Leipzig 1836 Leitung des Niederrheinischen Musikfestes in Düsseldorf, am 22. Mai Uraufführung des Oratoriums "Paulus" 1845 Im August Rückkehr nach Leipzig 1822 Beginn der Sonntagsmusiken im Elternhaus 1837 Heirat mit Cécile Jeanrenaud, Tochter eines hugenottischen Geistlichen, in Frankfurt am Main, Leitung von Konzerten beim Musikfest in Birmingham MIDI FILE – from Octet: 1st Mov. (14’54’’) 53 1846 Am 26. August Uraufführung des Oratoriums "Elias" unter Leitung des Komponisten in Birmingham 1825 Gemeinsam mit dem Vater berufsentscheidende Reise nach Paris zu Cherubini 1847 Am 14. Mai Tod der Schwester Fanny in Berlin, am 4. November Tod Mendelssohns in Leipzig Mendelssohn's autograph of an earliest Piano composition and Italian symphony Das Gewandhaus 54 Carl Maria vonWeber *18.11.1786 (Eutin)- 5.6.1826 (London) Die Biographie von Carl Maria von Weber 55 Deutscher Komponist: Webers Schaffen war trotz seines relativ kurzen Lebens von bedeutendem Einfluß auf die Opern- und Klaviermusik. Er kann, neben E. T. A. Hoffmann, als Begründer der romantischen Oper, und insbesondere als Begründer der deutschen Nationaloper, im Gegensatz zur italienischen oder französischen, gelten; Weber stammte aus Eutin. - MIDI FILE - "Aufforderung zum Tanz" (9’57’’) Seine Jugend verlief unruhig, da sein Vater, der sich den Adelstitel eigenmächtig zugelegt hatte, eine eigene Schauspieltruppe besaß, mit der er in Deutschland umherzog. 1797 erhielt Weber Kompositionsunterricht von Michael Haydn in Salzburg; als er 14 Jahre alt war, wurde seine Oper Das Waldmädchen aufgeführt. 1803 sehen wir Weber in Wien, wo er weiteren Musikunterricht vom Abt Vogler erhält. - MIDI FILE - from "Gran Duo Concertante" for clarinet and p.no: 1th Mov. (6'22'') 1804 wurde er Kapellmeister in Breslau und erwarb sich wertvolle Orchestererfahrungen. 1807 trat er in die Dienste des Herzogs Ludwig von Württemberg. - MIDI FILE - Concertino for clarinet (8'03'') Von seinem Herrn zu undurchsichtigen Geldtransaktionen angestiftet, wurde Weber 1810 verhaftet und aus Württemberg ausgewiesen; noch im selben Jahr begann er mit der Komposition der einaktigen Oper Abu Hassan. Dieses Werk, Webers Beitrag zum damals beliebten Genre der Türkenoper, hält in manchen Passagen den Vergleich mit Mozarts "Entführung aus dem Serail" aus. 1816 wurde Weber zum Königlich Sächsischen Hofkapellmeister an der Oper zu Dresden berufen und begann im Jahr darauf mit der Komposition seines Meisterwerks Der Freischütz, uraufgeführt 1821 unter ungeheurem Jubel in Berlin. - MIDI FILE - from "Freischütz": Overture (10’28’’) Nicht weniger erfolgreich war die 1823 in Wien uraufgeführte Oper Euryanthe. - MIDI FILE - from "Euriante": Ouverture (8'04'') Das Werk wird wegen der Mängel des Librettos wenig gespielt, ist aber von einer musikalischen Kühnheit, die in manchem Wagners Musik vorwegnimmt. 1825 begann der bereits schwer kranke Weber mit einer Auftragsarbeit für Covent Garden in London, der Oper Oberon (nach Wieland). Er dirigierte persönlich die Londoner Uraufführung im April 1826 und erntete wiederum stürmischen Beifall; zwei Monate später starb Weber in London. Operas: Title (date and place of 1th performance) 56 Das stumme Waldmädchen, Das Mädchen im Spessartwalde (1800, Freiberg in Sachsen) Peter Schmoll und seine Nachbarn (3.1803, Augsburg) Turandot, Prinzessin von China (1.7.1806, Breslau) Silvana (16.9.1810, Frankfurt am Main) Abu Hassan (4.6.1811 Königliches Hof- und Nationaltheater, Munich) König Yngurd (14.4.1817 Hoftheater, Dresden) Heinrich IV (6.6.1818 Hoftheater, Dresden) Donna Diana (5.5.1819 Hoftheater, Dresden) Preziosa (14.4.1821 Hoftheater, Berlin) Der Freischütz (18.6.1821 Neues Schinkelsches Schauspielhaus, Berlin) Euryanthe (25.10.1823 Kärntertortheater, Vienna) Oberon (12.4.1826 Covent Garden, London) (Italian libretto) (German libretto) Die drei Pintos (20.1.1888 Neues Theater, Leipzig) (completed by Gustav Mahler) Weber's autograph of the "Freischuetz" 57 Christoph Willibald Ritter von Gluck (1714 - 1787) Reformator der Barockoper. Der Komponist, am 2. Juli 1714 als Sohn eines Försters in Erasbach (Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz) geboren, studierte in Prag, Wien und Mailand. Am Ende einer vierjährigen Ausbildung bei Sammartini in Mailand stand Glucks erste Oper "Artaxerxes" (1741), die ihm beachtlichen Erfolg einbrachte. Es folgten sieben weitere Opern im damaligen italienischen Stil. 1745 wurde er nach London an die HaymarketOper berufen, reiste danach 1747-52 als Komponist und Kapellmeister mit der Mingottischen Operngesellschaft quer durch Deutschland, Dänemark und Österreich und erkannte die Grenzen der herkömmlichen Oper. In seiner Zeit als Hofkapellmeister (ab 1752) und Hofkomponist (ab 1774) entstanden in Zusammenarbeit mit dem Liberettisten Calzabigi seine sogenannten Reformopern "Orpheus und Eurydike" (1762), "Alkeste" (1767) sowie "Paris und Helena" (1770). Ihnen wurde eine vernünftige Handlung zugrunde gelegt, die mit dem Text und der Musik zu einem Gesamtkunstwerk werden sollte. 1773 ging Gluck, entäuscht über den geringen Widerhall seiner Reformopern in Wien, nach Paris und erregte dort großes Aufsehen mit "Iphigenie in Aulis" (1774) und "Iphigenie in Tauris" (1779). Seine letzten Lebensjahre verbrachte der 1756 geadelte Gluck in Wien, wo er am 15. November 1787 starb. 58 Christoph Willibald Ritter von Gluck Biographie Der Komponist Christoph Willibald Ritter von Gluck wurde am 2.7.1714 in Erasbach geboren. Schon früh verließ er das Elternhaus, weil sein Vater dem musikalischen Schaffensdrang seines Sohnes nichts agbewinnen konnte und ihn vielmehr für einen anderen Beruf vorgesehen hatte. Ab 1731 studierte Gluck an der Universität in Prag, wurde aber 1736 Kammermusiker in Wien und studierte schließlich 1737 in Mailand. Seine ersten Opern waren so erfolgreich, daß er an das Haymarket Theatre in London berufen wurde, wo er auch mit Händel zusammentraf. 1752 ließ er sich in Wien nieder. Glucks Name ist untrennbar mit einer ästhetischen Entwicklung der Opernkomposition im 18. Jahrhundert verbunden. Glucks sogenannte Reformopern, die besonderen Wert auf psychologische Wahrhaftigkeit des Textes und Unterordnung der Musik unter die Gegebenheiten der Handlung legte, sorgten zwischen 1770 und 1780 für einen heftigen Streit zwischen den Gluckisten und den Piccinisten, den Anhängern des Italieners Piccini, der den bis dato geltenden Stil der Barockoper pflegte. Gluck empfand diesen als zu theatralisch und überladen an Pathos. Wenn sich auch die Reformoper schließlich durchsetzte, hatten Glucks Bestrebungen doch nicht sehr lange Bestand. Um 1780 standen andere Komponisten in der Gunst des Publikums und Gluck zog sich zurück. Christoph Willibald Gluck starb am 15.11.1787 in Wien. Giacomo Meyerbeer (1791 - 1864) Meyerbeer's autograph of "Les Huguenots" 59 Giacomo Meyerbeer (* 5. September 1791 in Vogelsdorf bei Berlin; † 2. Mai 1864 in Paris), eigentlich Jakob Meyer Beer, war ein deutscher Komponist und Dirigent. Er war einer der erfolgreichsten Opernkomponisten des 19. Jahrhunderts und gilt als Meister der französischen Grand Opéra. Biographie Jakob Meyer Beer wuchs als Sohn des jüdischen Bankiers Juda Herz Beer und der Amalie Beer (geb. Malka Lipmann Meyer Wulff) in Berlin auf. Seine Brüder waren Wilhelm Beer (der später Geschäftsmann wurde und als Amateurastronom bekannt wurde) und Michael Beer (der später als Schriftsteller bekannt wurde). Jakob wurde frühzeitig unter Leitung von Franz Seraphinus Lauska, zeitweilig auch von Muzio Clementi zum Pianisten ausgebildet und trat als solcher bereits im Alter von neun Jahren an die Öffentlichkeit. Seine späteren Kompositionsstudien leiteten der Kapellmeister B. A. Weber, sodann Carl Friedrich Zelter und von 1810 an Abbé Vogler in Darmstadt, wo Carl Maria von Weber sein Mitschüler war. Zu jener Zeit komponierte er Kirchenstücke verschiedener Art sowie eine Kantate: "Gott und die Natur". Ab 1810 zog er die Namen Meyer und Beer zu einem Wort zusammen und nannte sich seither Meyerbeer. Hierauf zur dramatischen Komposition übergehend, schrieb er die Oper "Iephthas Gelübde", die in München zur Ausführung kam, aber nur mäßigen Beifall fand. Anfang 1813 ging er nach Wien und widmete sich hier noch zehn Monate lang musikalischen Studien bei Antonio Salieri. Da auch seine zweite Oper: "Die beiden Kalifen", sowohl in Wien als in Stuttgart nur geringen Erfolg hatte, vertauschte er seine bisherige, von ernstem künstlerischen Streben zeugende Richtung gegen eine gefälligere und sinnlich effektvollere Kompositionsweise. Meyerbeer wandte sich 1814 nach Paris und Ende 1815 nach Italien, wo er in dem durch Rossini begründeten neuitalienischen Opernstil für die italienische Bühne eine Reihe von Opern schrieb, von denen aber nur "Emma di Resburgo", "Margherita d'Anjou" und "Il crociato in Egitto" ("Der Kreuzritter in Ägypten") in Deutschland bekannt wurden, ohne jedoch hier einen durchgreifenden Erfolg zu haben. 1824 nach Paris zurückgekehrt, verband er sich hier mit Eugène Scribe, dem effektreichen Intrigendramatiker, und dieser Verbindung verdankte die Oper "Robert le Diable" ("Robert der Teufel") ihre Entstehung, welche, 1831 zum ersten mal aufgeführt, in Frankreich mit einem bis dahin ganz unerhörten Beifall aufgenommen wurde und für den Augenblick selbst die beiden Sein nächstes großes Werk war die ebenfalls von Eugène Scribe gedichtete, zu Anfang 1835 vollendete, aber erst 29. Februar 1836 aufgeführte Oper "Les Huguenots" ("Die Hugenotten"), welche an Reichtum der musikalischen Erfindung, dramatischer Wirksamkeit und geschicktem Gebrauch aller der französischen großen Oper zu Gebote stehenden Kunstmittel den "Robert" noch übertrifft, und in Paris wie später in ganz Europa großes Aufsehen machte. 1842 wurde Meyerbeer vom König von Preußen als Nachfolger Gaspare Spontinis zum Generalmusikdirektor ernannt mit der Verpflichtung, vier Monate im Jahr die Berliner Oper zu dirigieren; doch trug die Stellung in Wahrheit fast ganz den Charakter eines Ehrenamtes. Auf das damit verbundene Gehalt von 4000 Thlr. verzichtete Meyerbeer zu Gunsten der Kapelle. Von Kompositionen folgten jetzt, außer kleineren durch seine Verpflichtungen als Generalmusikdirektor verlangten Werken, die Oper "Das Feldlager in Schlesien", zur Einweihung des Berliner Opernhauses geschrieben und 1844 zuerst aufgeführt; ferner die Musik zum Trauerspiel "Struensee" von seinem verstorbenen Bruder Michael, die mit Recht als das Gediegenste gilt, was Meyerbeer für das Orchester geschrieben hat, und seine dritte große Oper: "Der Prophet", die 1849 in Paris zum erstenmal aufgeführt wurde und ebenfalls auf den größern deutschen Bühnen die Runde machte. In ihr ist bei allem Glanz der Effekte und individuellem Reichtum der Charakteristik. Die letzten Arbeiten Meyerbeers, der von nun an abwechselnd zu Berlin und Paris lebte, waren die Umarbeitung des "Feldlagers" zu der für Paris bestimmten komischen Oper "L'étoile du nord" (1854) und eine zweite, hinsichts der Stilreinheit wie der Erfindung minder bedeutende komische Oper: "Dinorah, ou le pardon de Ploermel" (1859 zuerst aufgeführt); ferner Gelegenheitsstücke, zu denen ihm das Schillerjubiläum ("Schillermarsch"), die preußische Königskrönung ("Fackeltänze") und die zweite Londoner Industrieausstellung ("Festouvertüre") den Anlass boten. Während er in Paris die Aufführung seiner seit 20 Jahren vollendeten, aber immer zurückgehaltenen vierten großen Oper "L'Africaine" ("Die Afrikanerin"), vorbereitete, starb er plötzlich am 2. Mai 1864. Die Leiche wurde testamentarischer Bestimmung gemäß zur Bestattung auf dem jüdischen Friedhof an der Schönhauser Allee nach Berlin gebracht, in Paris aber dem Dahingeschiedenen eine großartige Totenfeier veranstaltet. Ein Jahr später gelangte die letztgenannte Oper, mit verschwenderischer Pracht ausgestattet, unter Fétis' Leitung in Paris zur Aufführung und fand die glänzendste Aufnahme. Werk 60 Seine Opern haben noch bis zur Gegenwart ihre Anziehungskraft auf das Publikum aller Länder bewährt, namentlich die "Hugenotten", in denen die außerordentlichen Fähigkeiten des Komponisten, dramatische Wärme, unerschöpflicher Reichtum an charakteristischen Melodien, die Kunst, wirksam für die Singstimmen zu schreiben, und geistvolle Verwendung der Orchesterinstrumente zur Verdeutlichung der darzustellenden Charaktere und Situationen am entschiedensten hervortreten. Dazu kommt noch seine Befähigung, den Kunstgeist der Musiknationen, Deutschland, Italien und Frankreich, sich anzueignen und zu einem eigenartigen Neuen zu verschmelzen, wie es die französische große Oper verlangt, deren wesentliches Merkmal eben jener Eklektizismus bildet. Wenn nun Meyerbeer, obwohl ein berufener Vertreter dieser Kunstgattung, dieselbe doch im ganzen nicht gefördert, sondern vielmehr ihren gegenwärtigen Niedergang verschuldet und beschleunigt hat, so liegt die Ursache lediglich in seiner Sucht nach dem Beifall des großen Publikums, dem zuliebe er die Stimme seines künstlerischen Gewissens mehr und mehr erstickte. Mit Rücksicht hierauf sind die Vorwürfe, welche ihm seine idealer angelegten Kunstgenossen Robert Schumann ("Gesammelte Schriften") und Richard Wagner ("Oper und Drama") gemacht haben, nicht als ungerechte zu bezeichnen. The Operas of Giacomo Meyerbeer Semiramide riconosciuta (3.1819 Teatro Regio, Turin) Emma di Resburgo (26.6.1819 Teatro San Benedetto, Venice) Margherita d'Anjou (14.11.1820 Teatro alla Scala, Milan) Il crociato in Egitto (7.3.1824 Teatro La Fenice, Venice) Robert le diable (21.11.1831 Théâtre de l'Opéra, Paris) Les Huguenots (29.2.1836 Théâtre de l'Opéra, Paris) Le prophète (1841) Das Hoffest von Ferrara (28.2.1843, Berlin) Ein Feldlager in Schlesien (7.12.1844 Hofoper, Berlin) Vielka (18.2.1847 Theater an der Wien, Vienna) L'africaine (28.4.1865 Théâtre de l'Opéra, Paris) 61 Gioacchino Rossini (1792 - 1868) Rossini with Dumas, Hugo, Sand, Paganini and Liszt at the piano Die Biographie von Gioacchino Rossini Italienischer Opernkomponist, der Schwan von Pesaro: beide Eltern Rossinis waren Berufsmusiker, der Vater Waldhornist und gleichzeitig Inspektor der Städtischen Schlachthöfe, die Mutter Sängerin. Der kleine Gioacchino erhielt schon früh Unterricht im Gesang sowie im Horn- und Klavierspiel. Die einaktige Oper La cambiale di matrimonio, die er mit 18 Jahren komponiert hatte, erregte durch ihren Witz und ihre Originalität beim venezianischen Publikum Aufmerksamkeit. Nun war Rossinis Zukunft gesichert: in den nächsten 20 Jahren. folgte eine unablässige Reihe frischer, geistvoller und brillanter Opern. MIDI FILE - from "La gazza ladra": Overture (8’17’’) 1813 erschien L'Italiana in Algeri (Die Italienerin in Algier), 1816 Il barbiere di Siviglia. MIDI FILE - from "Il barbiere di Siviglia": Overture (7’12’’) Das römische Publikum überwand rasch die anfängliche Skepsis gegen Rossinis Vertonung eines Stoffes, den 62 Paisiello schon 1782 behandelt hatte. Der Barbier von Sevilla gilt als der Gipfel der italienischen komischen Oper, Rossini war noch keine 24 Jahre alt, als er ihn schrieb. Im selben Jahr kam sein Otello auf die Bühne; auch Cenerentola (1817) zählt zu den berühmten Opern unter den fast 40 Erfolgswerken Rossinis. Im Herbst 1824 ging er nach Paris und wurde Premier Compositeur König Karls X. sowie Generalinspektor des Gesangswesens in Frankreich. Rossini wußte, daß er sich die Pariser Bühnen erobern mußte, um seinen Werken nachhaltigen Erfolg zu sichern. Dieses Ziel verwirklichte er auf wahrhaft glänzende Weise am glänzendsten aber mit seiner letzten Oper Guillaume Tell (nach Schillers Wilhelm Tell), die im Sommer 1829 an der Opéra aufgeführt wurde. MIDI FILE - from "Guillaume Tell": Overture (1’24’’) Dieses Werk bezeichnet, gemeinsam mit der Stummen von Portici von Auber, den Beginn der französischen Großen Oper. 1832 bis 1842 schrieb Rossini sein berühmtes Stabat Mater. Daß er nach seinem Wilhelm Tell kaum mehr etwas komponierte, ist niemals befriedigend erklärt worden; aber er blieb ein großzügiger Gastgeber, und seine pointierten Bonmots machten überall die Runde. Die letzten Lebensjahre verbrachte Rossini in Passy, wo ihn viele Musiker, u. a. Wagner und Sullivan, besuchten. The Operas of Gioacchino Rossini (complete) Operas: Title (date and place of 1th performance) Demetrio e Polibio (1806; 18.5.1812 Teatro Valle, Rome) La cambiale di matrimonio (3.11.1810 Teatro San Moisè, Venice) L'equivoco stravagante (26.10.1811 Teatro del Corso, Bologna) L'inganno felice (8.1.1812 Teatro San Moisè, Venice) Ciro in Babilonia ossia La caduta di Baldassare (14.3.1812 Teatro Comunale, Ferrara) La scala di seta (9.5.1812 Teatro San Moisè, Venice) La pietra del paragone (26.9.1812 Teatro alla Scala, Milan) L'occasione fa il ladro ossia Il cambio della valigia (24.11.1812 Teatro San Moisè, Venice) Il Signor Bruschino ossia Il figlio per azzardo (27.1.1813 Teatro San Moisè, Venice) Tancredi (6.2.1813 Teatro La Fenice, Venice) L'italiana in Algeri (22.5.1813 Teatro San Benedetto, Venice) 63 Aureliano in Palmira (26.12.1813 Teatro alla Scala, Milan) Il turco in Italia (14.8.1814 Teatro alla Scala, Milan) Sigismondo (26.12.1814 Teatro La Fenice, Venice) Elisabetta Regina d'Inghilterra (4.10.1815 Teatro San Carlo, Naples) Torvaldo e Dorliska (26.12.1815 Teatro Valle, Rome) Almaviva (20.2.1816 Teatro Argentina, Rome), known as Il barbiere di Siviglia La gazzetta ossia Il matrimonio per concorso (26.9.1816 Teatro de' Fiorentini, Naples) Otello ossia Il moro di Venezia (4.12.1816 Teatro del Fondo, Naples) La Cenerentola ossia La bontà in trionfo (25.1.1817 Teatro Valle, Rome) La gazza ladra (31.5.1817 Teatro alla Scala, Milan) Armida (11.11.1817 Teatro San Carlo, Naples) Adelaide di Borgogna ossia Ottone, re d'Italia (27.12.1817 Teatro Argentina, Rome) Mosè in Egitto (5.3.1818 Teatro San Carlo, Naples) Adina o Il califfo di Bagdad (1818; 22.5.1826 Real Theatro de S. Carlos, Lissabon) Riccardo e Zoraide (3.12.1818 Teatro San Carlo, Naples) Ermione (27.3.1819 Teatro San Carlo, Naples) Eduardo e Cristina (24.4.1819 Teatro San Benedetto, Venice) La donna del lago (24.9.1819 Teatro San Carlo, Naples) Bianca e Falliero ossia Il consiglio dei tre (26.12.1819 Teatro alla Scala, Milan) Maometto secondo (3.12.1820 Teatro San Carlo, Naples) Matilde Shabran (24.2.1821 Teatro Apollo, Rome), known as Matilde di Shabran Zelmira (16.12.1822 Teatro San Carlo, Naples) Semiramide (3.2.1823 Teatro La Fenice, Venice) Il viaggio a Reims ossia L'albergo del giglio d'oro (19.6.1825 Théâtre Italien, Paris) Le Siège de Corinthe (9.10.1826 Théâtre de l'Académie Royale de Musique, Paris) - Libretto italiano, L'assedio di Corinto Moïse et Pharaon (26.3.1827 Théâtre de l'Académie Royale de Musique, Paris - French Libretto) Le Comte Ory (20.8.1828 Théâtre de l'Académie Royale de Musique, Paris - French Libretto) Guillaume Tell (3.8.1829 Théâtre de l'Académie Royale de Musique, Paris - French Libretto) 64 Gaetano Donizetti Gaetano Donizetti (* 29. November 1797 in Bergamo, heute Italien; † 8. April 1848 in Bergamo) war ein italienischer Komponist. Er zählt zu den wichtigsten Opernkomponisten des Belcanto. Einige seiner Opern wie L'elisir d'amore (dt. Der Liebestrank), Don Pasquale und Lucia di Lammermoor gehören zum weltweiten Standardrepertoire der Opernhäuser. Donizetti studierte unter Simon Mayr in Bergamo und dem Pater Mattei in Bologna und widmete sich anfangs bloß der Kirchenkomposition im strengen Stil. Nach der Rückkehr in seine Vaterstadt 1814, wo er die Stelle eines Bassisten und Archivars an der Kirche Santa Maria Maggiore bekleidete, konnte er jedoch nicht lange der Anziehungskraft widerstehen, welche die Bühne auf alle italienischen Komponisten ausübt, und fünf Jahre später brachte er seine erste Oper "Enrico di Borgogna" in Venedig zur Aufführung. Sie gefiel zwar, machte aber ebenso wenig wie 19 andere Opern, die er von 1818 bis 1828 schrieb ("L'Ajo nell' lmbarazzo", "Elvira", "Alfredo Le Grande", "Olivo e Pasquale". "Alahor in Granada", "Chiara e Serafino" u. a.), größeres Aufsehen. Erst mit dem "Esule di Roma" (1828 in Neapel aufgeführt) mehrte sich sein Erfolg und sein Ruf. In raschester Folge erschienen jetzt von ihm in Genua "Alina, regina di Goiconda", in Neapel "Gianni di Calais", "Il Giove di grasso" ; ferner "Il Paria", "Il castello di Kenilworth", "Il diluvio universale", "Francescadi Foix", "Imeldade Lambertazzi", "La Romanziera" u. a., sämtlich für Neapel. Eine neue Periode für Donizetti bezeichnete seine "Anna Bolena" (1831 für Mailand geschrieben), der bis 1835 nebst mehreren anderen die Opern: "L'elisir d'amore", "Fausta", "Il Furioso", "Parisina" folgten. In einer Art Wettstreit mit Bellini bei der Italienischen Oper zu Paris, in welchen er 1835 mit seinem "Marino Fallero" gegen Bellinis "Puritani" eintrat, musste er letzterem weichen, errang aber noch in demselben Jahr mit seiner "Lucia di Lammermoor" (für Neapel) und "Belisario" (für Venedig) um so größeren Erfolg. Donizetti war inzwischen 1834 zum Kapellmeister und Lehrer der Komposition am Konservatorium zu Neapel ernannt worden, erhielt darauf 1836 auch die Professur des Kontrapunktes und wurde 1838, nach Niccolò Zingarellis Tod, Direktor der Anstalt, gab jedoch diese Stellung 1840 auf, um zum zweitenmal sein Glück in Paris zu versuchen, diesmal mit entschiedenem Erfolg, denn er fand sowohl in der Großen Oper mit seiner "Favorite" als auch in der Komischen mit seiner "La Fille du regiment". wenn auch nicht beim ersten Erscheinen dieser Werke, so doch bei den späteren Aufführungen, enthusiastischen Beifall. Nachdem er 1842 seine "Linda di Chamounix" für Wien komponiert hatte, wurde er zum österreichischen Hofkapellmeister ernannt, brachte 1844 seine "Catarina Cornaro" in Neapel auf die Bühne und begab sich darauf ein drittes Mal nach Paris, um hier neue Siege zu erringen. 65 Allein infolge übermäßiger Anstrengungen im Komponieren und einer zügellosen Hingabe an die Genüsse des Lebens fiel er hier plötzlich in einen völligen Stumpfsinn, aus dem ihn kein Mittel wieder zu erwecken vermochte. Zunächst im Irrenhaus zu Ivry bei Paris untergebracht, dann in seine Vaterstadt zurückgeführt, starb er hier 8. April 1848. Sein Bruder Giuseppe, geb. 1814, war längere Zeit Direktor der Militärmusik des Sultans in Konstantinopel, wo er 1856 starb. Er machte sich verdient um die Einführung abendländischer Musik und komponierte Märsche, Klavierstücke und Lieder. Bedeutung Donizetti, der mit fabelhafter Leichtigkeit und Schnelligkeit produzierte, hat im ganzen 70 Opern komponiert, wobei er freilich auf die Instrumentierung meist nur geringe Sorgfalt verwendete. Unter seinen ernsten Opern sind "Lucrezia Borgia" (1834). und "Lucia di Lammermoor" (1835) unstreitig die besten; unter den komischen verdienen "L'elisir d'amore" (1832), "La fille du régiment." (1840) und "Don Pasquale" (1843) durch ihre Frische und Originalität den Vorzug, wenn er auch in dieser Hinsicht hinter Rossini zurückstehen muss. Donizetti ist in allen seinen Werken durchaus Italiener und verfolgt die Richtung der Oper, welche von dem letztgenannten Meister angebahnt worden war. Er sorgt in erster Reihe für leichten und bequemen Genuss durch augenblicklich ansprechende und erregende Melodien, doch zeigt er nicht selten auch eine bewunderungswürdige Tiefe der Empfindung und dramatische Kraft. Vincenzo Bellini Vincenzo Bellini (* 3. November 1801 in Catania in Sizilien; † 23. September 1835 in Puteaux bei Paris) war ein italienischer Opernkomponist. Biographie Bellini war seit 1819 Schüler des Konservatoriums zu Neapel und machte seine Studien besonders unter Giacomo Tritto und Nicola Antonio Zingarelli. Von seinen ersten Kompositionen, bestehend in Kirchenmusik, Instrumentalstücken für Flöte, Klarinette und Klavier und der Kantate "Ismene", abgesehen, war es zuerst seine Oper "Adelson e Salvini" (1824), welche ihn bekannt machte und ihm den Auftrag verschaffte, für das Theater San Carlo die Oper "Bianca e Fernando" zu komponieren. Dieses Werk fand bei seiner Aufführung 1826 so großen Beifall, dass Bellini alsbald einen Ruf nach Mailand erhielt, um für das Teatro alla Scala eine Oper zu schreiben. Das hier entstandene Werk, welches sofort nach seinem Erscheinen 1827 den Ruhm des Künstlers über ganz Italien verbreitete, war "Il Pirata" nach einem Text von Felice Romani, mit dem der Komponist seitdem regelmäßig zusammenarbeitete. Rasch aufeinander folgten die Opern: "La Straniera" (1829), "I Capuleti ed i Montecchi" (1830), "La Sonnambula" (1831), Norma und "Beatrice di Tenda" (1831), die überall mit Entzücken aufgenommen wurden und ganz Europa von den einschmeichelnden, schmachtenden Melodien des Sizilianers widerhallen machten. Bellini begab sich 1833 nach Paris und von da nach London, wo er glänzende Aufnahme fand. Doch kehrte er 1834 nach Paris zurück, um für die dortige italienische Oper Théâtre-Italien seine "I Puritani" zu schreiben, die mit neuem Enthusiasmus begrüßt wurden und zugleich einzelne nicht unwesentliche Fortschritte in seiner künstlerischen Entwicklung bekundeten. Leider raffte ein früher Tod den Künstler hinweg; er starb am 23. September 1835 in Puteaux bei Paris. Werk Vincenzo Bellini ist kein dramatischer Komponist im deutschen Sinn des Worts; er strebt nicht danach, ein dramatisches Ganzes zu schaffen, sondern begnügt sich, dem Sänger ein weites Feld theatralischer 66 Erfolge zu eröffnen, und opfert diesem Streben nicht selten den wahrhaft dramatischen Ausdruck völlig auf. Dabei fehlen ihm die übersprudelnde Genialität und geistreiche Mannigfaltigkeit Rossinis, während er in der Rückkehr von der überladenen Kolorierung Rossinis zum einfachen getragenen Gesang sowie überhaupt in dem ungekünstelten Ausdruck reicher und ernster Empfindung jenem gegenüber unleugbare Vorzüge besitzt. Auch arbeitete er gewissenhafter und sorgfältiger als Rossini. Von besonderm Wert für den Erfolg seiner Opern war noch der Umstand, dass ihm zur Ausführung derselben die vorzüglichsten Gesangskräfte zu Gebote standen, namentlich der Tenorist Rubini und die Pasta, für deren eigentümliches Talent mehrere seiner tragischen Rollen ausdrücklich bestimmt sind. Liste ausgewählter Opern Adelson e Salvini Bianca e Fernando Il pirata La straniera Zaira (nach Voltaire) I Capuleti e i Montecchi (nach Shakespeares Romeo und Julia) La sonnambula Norma Beatrice di Tenda I puritani