Zehn Jahre Kyoto-Protokoll: Was kommt danach? Kyoto - der Name hat Chancen auf den Inbegriff des schlechten Gewissens. Vor genau zehn Jahren haben sich die Industriestaaten auf der Klimakonferenz der Vereinten Nationen (eben in Kyoto) verpflichtet, ihre Treibhausgase zu senken. Die Befürchtungen über katastrophale Auswirkungen auf das Weltklima führten im Dezember 1997 zur Verabschiedung eines Internationalen Übereinkommens über die Reduktion der von Menschen verursachten Emissionen von Treibhausgasen ("Kyoto-Protokoll"). Die EU-Mitgliedsstaaten haben sich dabei zu einer Emissionsreduktion von relevanten Treibhausgasen (Kohlendioxid CO2, Methan CH4, Lachgas N2O, teilfluorierte Kohlenwasserstoffe HFC, vollfluorierte Kohlenwasserstoffe PFC sowie Schwefelhexafluorid SF6) um 8 % bis zum Jahr 2010 verpflichtet. Die Klimarahmenkonvention wurde 1992 in Rio de Janeiro von den meisten Staaten unterschrieben. Die Ratifizierung des Kyoto-Protokolls durch Österreich wurde im Frühjahr 2002 vom Parlament beschlossen und ist somit rechtsverbindlich und einklagbar. Die 189 Vertragsstaaten der Konvention treffen sich jährlich zu Weltklimagipfeln, wie zuletzt vom 3.14. Dezember 2007 in Bali. Im Rahmen der EU-internen Lastenaufteilung hat Österreich allerdings eine Reduktionsverpflichtung von 13 % übernommen. Aufgrund der verglichen mit anderen Industriestaaten geringen Treibhausgasemissionen in Österreich (bezogen auf die Bevölkerungszahl) wird Österreich besondere Anstrengungen benötigen, dieses Ziel auch tatsächlich zu erreichen. Während speziell die Emissionen von CO2 und CH4 in Österreich schon länger ermittelt werden, war über die im Kyoto-Protokoll miterfassten Treibhausgase HFC, PFC und SF6 bisher wenig bekannt. Der Kyoto-Fortschrittsbericht des Umweltbundesamtes enthält Emissionsdaten und zeitliche Trends für alle Treibhausgase nach dem Kyoto-Protokoll samt Auswertungen nach Verursachergruppen. Hauptanteile an der Schadgasproduktion: 26,5 Prozent Industrie 26,2 Prozent Verkehr 17,1 Prozent Energieaufbringung 16,7 Prozent Raumwärme und sonstiger Kleinverbrauch 8,4 Prozent Landwirtschaft 2,4 Prozent Abfallwirtschaft 1,4 Prozent Flourierte Gase 1,3 Prozent Sonstige Nun wurde bei der Welt-Klimakonferenz in Bali über ein Nachfolge-Klimaschutzabkommen diskutiert. Vorerst ist man sich nur über die Notwendigkeit einig, nicht über die Art und Weise. Gemeinsam betroffen, gemeinsam angehen Land Emissionsanstieg Kyoto-Vorgabe Spanien 53,3% 15% Österreich 18,0% -13% Deutschland -18,4% -21,0% Portugal 42,8% 27,7% Irland 26,3% 13% Griechenland 26,6% 25% Frankreich -1,6% 0,0% Großbritannien -14,8% -12,5 % Finnland -2,5% 0,0% Schweden -7,3% 4,0% Luxemburg 0,4% -28% Belgien -1,3% -7,5% Italien 12,1% -6,5% Dänemark -7,0% -21% Niederlande -0,4% -6,0% Quelle: UN-Klimasekretariat Erwartungen runterschrauben? Um eine Lösung zu finden, waren 150 Regierungsvertreter und Umweltminister bei der WeltKlimakonferenz in Bali am Wort. Vielleicht sei die von der EU gewünschte Festlegung auf 25 bis 40 Prozent weniger Treibhausgase bis zum Jahr 2020 noch "zu ambitioniert", meinte UNOGeneralsekretär Ban Ki-moon vorweg, das müsse später ausgehandelt werden Damit ließ er Verständnis für die Haltung der USA erkennen, die eine Festlegung dieses Zielkorridors auf Bali strikt ablehnen. Die EU-Delegationen verlangen eine Festlegung auf ein Ziel für die Verhandlungen über ein neues Klimaabkommen bis 2009 als unerlässlich. Die Marge von 25 bis 40 Prozent bis 2020 hat der Klimarat IPCC empfohlen. An sich erwartet man von Bali ja ohnehin keine detaillierte Festlegung; aber man hofft zumindest auf ein Grobkonzept für ein neues, internationales Klimaschutz-Abkommen; ein Abkommen, das an das bisherige Kyoto-Protokoll ab dem Jahr 2012 anschließen kann. Geld für Klimawandel-Folgen Zumindest eine Einigung gibt es bereits: Ein Fonds soll eingerichtet werden (Anpassungs-Fonds genannt), mit dessen Geldern die Entwicklungsstaaten Maßnahmen finanzieren können, um die Folgen des Klimawandels zu bewältigen. Der Fonds soll mit 300 bis 500 Millionen Dollar bis zum Jahr 2012 dotiert sein. Das wurde am Dienstag aus europäischen Verhandlungskreisen bekannt. Der Fonds, den vor allem Entwicklungsländer nachdrücklich gefordert hatten, soll demnach von einem Rat mit 16 Mitgliedern verwaltet werden, der im Rahmen des Globalen Umweltfonds (GEF) in Washington eingerichtet wird. Barbara Daser, Ö1 Wissenschaft, 12.12.07 Kyoto-Ziele: Österreich weit hinten 27.11.2007 | 18:06 | (Die Presse) Wirtschaftsminister Bartenstein aber optimistisch – Tanktourismus im Visier. BRÜSSEL(pö/APA). Obwohl sie derzeit weit hinten liegen, können die EU und Österreich ihre Ziele aus dem internationalen Klimaschutzabkommen von Kyoto noch erreichen, glaubt die EU-Kommission. Diese präsentierte am Dienstag in Brüssel ihren neuen Jahresbericht über das Klima. Würde sich Österreich aber auf seinen bisherigen Maßnahmen ausruhen, würde der Ausstoß von Emissionen bis 2010 sogar um 17,2 Prozent wachsen, ergaben die Prognosen. Im Kyoto-Protokoll ist hingegen festgehalten, dass diese bis 2010 um 13 Prozent sinken sollen. Sollte Österreich weitere Maßnahmen ergreifen, könnte Österreich seine Treibhausgase bis 2010 allerdings noch um 13,4 Prozent reduzieren. EU drängt zu Maßnahmen Als solche Maßnahme nennt die Kommission das Kaufen von Emissionsrechten aus Drittländern, wie dies das Kyoto-Protokoll erlaubt. Auch das Wiederaufforsten habe sich in der EU zum Teil schon bewährt, denn dadurch kann CO2 aus der Atmosphäre aufgenommen werden. Die 15 „alten“ EU-Staaten (noch ohne Mittel- und Osteuropa), die dem Abkommen beitraten, würden mit heutigem Stand ihr Ziel klar verfehlen. Bis 2010 ist darin eine Reduktion von acht Prozent vorgesehen, sie würden aber nur minus vier Prozent schaffen, ergaben die Projektionen der Kommission. Diese ist aber optimistisch: Sollten EU-weite Maßnahmen folgen – und zwar „ganz rasch“, wie Umweltkommissar Stavros Dimas betonte –, wäre eine Reduktion um 11,4 Prozent möglich. Für Österreich seien minus 11,4 Prozentpunkte durch Zukauf von Emissionsrechten drinnen, weitere minus 0,9 Prozentpunkte könnten durch Wiederaufforsten sowie minus 18,2 Prozentpunkte durch zusätzliche Klimaschutz-Maßnahmen erreicht werden. Österreich liegt neben Spanien in der Klima-Statistik besonders schlecht, Madrid hat allerdings – anders als Wien – gar keine Chance mehr, die Kyoto-Ziele zu erreichen: Selbst im besten Fall werde Spanien 14,2 Prozentpunkte dahinter zurück bleiben, errechnete man in Brüssel. Ebenfalls hinten wären Italien und Dänemark. „Größte Herausforderung“ Wirtschaftsminister Martin Bartenstein bezeichnete den Klimawandel als „eines der größten Probleme, vielleicht die größte globale Herausforderung der Jetztzeit“. Immerhin hätten Experten errechnet, dass es in den nächsten Jahren eine CO2-Reduktion von 50 bis 80 Prozent brauche, damit die Erwärmung maximal zwei Grad Celsius beträgt. Wird der derzeitige Kurs beibehalten, käme es in der EU aber im Gegenteil zu plus 50 Prozent bis 2030. Bei den Europa-Berechnungen sind Bartenstein die Emissionen des „Tank-Tourismus“ aus Deutschland und Italien ein Dorn im Auge: Würden diese künftig nicht mehr den ÖsterreichDaten zugeschlagen, würde Wien mit immerhin acht Mio. Tonnen weniger deutlich besser dastehen. ("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2007)