H I N T E R G R U N DI NF O R MA TI O N Die Zukunft der Gebärmutterhalskrebs-Vorsorge Jede Frau ab dem 20. Lebensjahr sollte einmal jährlich vom Frauenarzt einen Zellabstrich, den so genannten Pap-Abstrich, vom Gebärmutterhals (Zervix) vornehmen lassen. Der PapTest zählt seit 1971 zu den Kassenleistungen der Krebsvorsorge und hat wesentlich dazu beigetragen, dass Gebärmutterhalskrebs heute seltener auftritt und die Sterblichkeit zurückgegangen ist. Die Bezeichnung Pap-Abstrich oder Pap-Test geht auf den griechischen Arzt George Nicolas Papanicolaou (1883-1962) zurück, der 1928 eine spezielle Methode zur Beurteilung von Zellen entwickelt hat: Sie beruht auf der Untersuchung und Bewertung eingefärbter Zellabstriche vom Muttermund der Frau. Gut 80 Jahre nach seiner Entwicklung ist der Pap-Test auch heute noch der Standard-„Krebstest“ im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen auf Gebärmutterhalskrebs. Allerdings ist – wie man heute weiß – seine Zuverlässigkeit fragwürdig: Nur etwa 50 Prozent der Krebsfälle und der direkten Krebsvorstufen werden durch einen einmaligen Abstrich erfasst1. Verlässlicher als der Pap-Test Ein wesentlich verlässlicheres Verfahren zum Nachweis von Zellveränderungen am Gebärmutterhals ist der digene® HPV Test. Er weist die Hochrisiko-Typen des Humanen Papillomvirus (HPV) nach, die die Hauptursache der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs sind. Der digene® HPV Test identifitziert hochgradige Krebsvorstufen mit einer Genauigkeit von rund 98 Prozent. Werden Pap-Abstrich und HPV-Test kombiniert, beträgt die Erkennungswahrscheinlichkeit bis zu 100 Prozent2. Die Aussagekraft von Befunden wird so maximal verbessert. HPV-Test für Frauen ab 30 Jahren Die HPV-Infektion ist vermutlich die häufigste sexuell übertragene Erkrankung überhaupt. Schätzungen zufolge infizieren sich 70 bis 80 Prozent aller sexuell aktiven Frauen (und Männer) im Laufe ihres Lebens mit dem HP-Virus. Während sich von den jungen Frauen mit Beginn ihrer sexuellen Aktivitäten innerhalb weniger Jahre etwa jede zweite (meist nur vorübergehend) mit HPV ansteckt, nimmt die Infektionsrate mit zunehmendem Alter ab: Bei Frauen unter 30 liegt die Infektionsrate bei bis zu 25 Prozent, von den Frauen über 30 sind etwa sechs Prozent mit Hochrisiko-HPV-Typen infiziert. Jedoch besteht in dieser Altersgruppe häufiger als bei Jüngeren eine dauerhafte – und somit potenziell Krebs verursachende – Infektion, nämlich bei immerhin 2,5 Prozent. Bei fast der Hälfte dieser Frauen wird also eine HPV-Infektion bei der nächsten Kontrolluntersuchung erneut 1 nachgewiesen, während bei 60 bis 80 Prozent der Jüngeren eine solche Infektion innerhalb eines Jahres von selbst ausheilt. Frauen, die anhaltend mit HPV infiziert sind, müssen als Risikogruppe für die Entwicklung von Gebärmutterhalskrebs angesehen werden. Innerhalb von vier bis 36 Monaten führt eine Hochrisiko-HPV-Infektion bei etwa 20 Prozent der Betroffenen zu hochgradig krebsverdächtigen Zellveränderungen. Diese können innerhalb eines Zeitraums von mindestens sieben Jahren zu Krebs führen. Zellveränderungen möglichst früh erkennen Um die Entstehung eines in das umliegende, gesunde Gewebe einwachsenden (invasiven) Tumors zu verhindern, müssen verdächtige Zellveränderungen möglichst frühzeitig erkannt werden. Deshalb sollte für Frauen ab dem 30. Lebensjahr der HPV-Test ein fester Bestandteil des Krebsvorsorge-Programms sein. Im Gegensatz zu anderen Krebsarten kann Gebärmutterhalskrebs durch die Kombination von Impfung und einer effektiven Vorsorge praktisch zu 100 Prozent verhindert werden. Allerdings nehmen zwischen 30 und 60 Prozent der Frauen nicht an der regelmäßigen Vorsorge teil, obwohl die Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen getragen werden. Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe empfiehlt HPV-Test Aufgrund von nachweislich sichereren Ergebnissen empfiehlt auch die aktuelle Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) die kombinierte Testung für alle Frauen ab 30 Jahren im Rahmen der routinemäßigen GebärmutterhalskrebsVorsorgeuntersuchung. Fallen sowohl HPV-Test als auch Pap-Abstrich negativ aus (also keine Infektion mit Hochrisiko-HPV und keine höhergradigen Zellveränderungen), kann entsprechend der Leitlinie das Intervall der Vorsorgeuntersuchung verlängert werden, wodurch sich die Kosten der Früherkennungsmaßnahmen reduzieren. Auch bei Verlängerung des Untersuchungsintervalls gynäkologischen sollten Frauen Vorsorgeuntersuchung unbedingt teilnehmen, weiterhin an der die unter jährlichen anderem eine Brustuntersuchung einschließt. Modell für die Vorsorge der Zukunft – das Wolfsburger Vorsorgemodell Der digene® HPV Test wurde mittlerweile in einer Vielzahl von klinischen Studien mit insgesamt nahezu einer Million Frauen geprüft. In Deutschland wird der Nutzen einer kombinierten Vorsorgeuntersuchung mittels HPV-Test und Pap-Test im Rahmen eines Pilotprojekts in Wolfsburg untersucht. Initiiert von der Deutschen Betriebskrankenkasse (BKK), dem Wolfsburger Klinikum und den niedergelassenen Frauenärzten in Wolfsburg werden die Durchführbarkeit, Akzeptanz und Kosteneffizienz eines kombinierten Testverfahrens erforscht. Das Angebot ist für Versicherte der BKK Wolfsburg ab 30 Jahren kostenfrei und wurde bisher von mehr als 18.000 Frauen in Anspruch genommen. „Die Akzeptanz ist sehr hoch“, sagt Prof. Dr. Karl Ulrich Petry vom Klinikum Wolfsburg, der das Projekt leitet. „In der gesamten Zeit lehnten lediglich zwei Frauen das Angebot ab.“ Die jüngste Auswertung der Ergebnisse zeigte, dass in 4,81 Prozent der Fälle trotz unauffälligem Pap-Test der HPV-Test positiv war. Bei genauerer Diagnose wurden in dieser Gruppe dreimal 2 invasiver Gebärmutterhalskrebs, in vier Fällen Adenocarcinoma in situ (eine bösartige Veränderung aus Zellveränderungen dem Drüsengewebe festgestellt. „Mit dem heraus) und bisherigen 61 Fälle mit Vorsorgesystem hochgradigen wären diese hochgradigen Krebsvorstufen verzögert oder sogar erst als Krebserkrankung diagnostiziert worden“, erklärt Petry. Im Wolfsburger Projekt konnte die Erkennungsrate von Krebsvorstufen und Gebärmutterhalskrebs verdoppelt werden. „Würde der HPV-Test wie in unserem Modell flächendeckend eingesetzt, so könnte in Zukunft etwa die Hälfte aller Zervixkarzinome vermieden werden. Wenn es der deutschen Gesundheitspolitik tatsächlich ernst damit ist, sich an evidenzbasierter Medizin auszurichten, dann muss die bisherige Vorsorge in Deutschland zwingend geändert werden“, so Petrys Resümee. Viele Experten hoffen, dass zukünftig deutschlandweit auch die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für den HPV-Test in der Routine-Vorsorgeuntersuchung für Frauen ab 30 Jahren übernehmen. Während aktuell die Kosten für den HPV-Nachweis als Ergänzung des PapTests von den meisten privaten Krankenversicherungen erstattet werden, müssen gesetzlich Versicherte die Kosten von ca. 50 bis 95 Euro in der Regel selbst tragen. 1 Cuzick J. et al. Overview of the European and North American studies on HPV testing in primary cervical cancer screening. Int J Cancer 2006;119:1095-1101 2 Mayrand MH et al. Human papillomavirus DNA versus Papanicolaou screening tests for cervical cancer. N Engl J Med 2007;357:1579-1588 3