400+300=500? oder kapazitive und induktive Widerstände 1.) Induktiver Widerstand Wir schließen eine Spule an einen Frequenzgenerator an und untersuchen, was passiert, wenn wir den Quotienten Spannung/Stromstärke untersuchen. Diesen Quotienten bezeichnet man als induktiven Widerstand XL! . Die eingestellte Spannung soll dabei 2V betragen. (Anmerkung: Von Messgeräten wird der sogenannte Effektivwert von Stromstärke und Spannung angezeigt. Zwischen Effektivwert und Spitzenwert gibt es für die Spannung und die Stromstärke folgende Zusammenhänge! I eff I0 2 , U eff U0 2 ) Da sich der Faktor 2 herauskürzt, ist es egal, ob man zur Darstellung des induktiven Widerstandes Effektivwerte oder Spitzenwerte heranzieht. Fertige ein Diagramm an, das den induktiven Widerstand in Abhängigkeit von der Frequenz darstellt. Scheinbar wehrt sich das Magnetfeld gegen einen allzu schnellen Aufbau mit einer Strombegrenzung. Man findet xL L 2.) Kapazitiver Widerstand Wir wiederholen das Experiment mit einem Kondensator. Es ergibt sich ein umgekehrtes Bild. Das Aufladen eines Kondensators kostet Zeit, in der mittels Stromfluss Ladung an- und abtransportiert wird. Da bei hoher Frequenz das Ladezeitintervall sehr klein ist, wird der Kondensator während einer Halbwelle wenig aufgeladen. Es kann daher ein verhältnismäßig hoher Ladestrom fließen. Das bedingt, dass der Quotient Spannung/Stromstärke für hohe Frequenzen klein wird. Wir finden XC 1 C 1 Versuche der Überraschungen Verwende für die folgenden Versuche C=10µF und L=35mH! Bestimme rechnerisch oder experimentell die Widerstände der Bauteile für eine Frequenz von 10620Hz! XC=………………….Ω XL= Ω Überraschung 1: (60Ω+60Ω=(fast nix)Ω) Schalte nun die beiden in Serie und bestimme den Widerstand für die Frequenz von 10600 Hz experimentell! Z=……………….Ω Variiere nun die Frequenz und versuche eine Regel zu finden, wie die beiden Bauteile zu einem Gesamtwiderstand kombinierbar sind! Überraschung 2: (guter Leiter parallel zu gutem Leiter=fast nix Leiter) Schalte nun die beiden parallel und bestimme den Widerstand für die Frequenz von 10600 Hz experimentell! Z=……………….Ω Variiere nun die Frequenz und versuche eine Regel zu finden, wie die beiden Bauteile zu einem Gesamtwiderstand kombinierbar sind! Überraschung 3: (100Ω+60Ω=ca.120Ω) Verwende nun die Spule und einen Widerstand von 100Ω und schalte sie in Serie. Bestimme für die Frequenz von 10600 Hz den Widerstand experimentell! Z=……………….Ω Variiere nun die Frequenz und versuche eine Regel zu finden, wie die beiden Bauteile zu einem Gesamtwiderstand kombinierbar sind! 2 Weitere Beobachtungen 1.) Kondensator Beobachten wir nun den zeitlichen Verlauf von Stromstärke und Spannung mit einem Oszilloskop! Verwenden wir hierzu einen 100Ω-Widerstand und einen 100nF-Kondensator! Bei einer Frequenz von 500Hz kann relativ flimmerarm beobachtet werden und der Einfluss des Widerstandes ist gering, da sein Widerstandswert deutlich unter dem des kapazitiven Widerstandes des Kondensators ist. RI dient lediglich der indirekten Strommessung. schwarz von CH1 und CH2 x(CH1 rot) y(CH2 rot) CH2 invertiert! I 1 2 C 3 RI U≈ Die eigentümliche Beschaltung hat folgenden Grund. Die schwarzen Buchsen von CH1 und CH2 sind intern verbunden. Würde man also beispielsweise CH2 rot mit CH1 schwarz verbinden, dann wäre RI kurzgeschlossen! Weiters gehen wir davon aus, dass wenn der Punkt 2 ein höheres Potenzial besitzt als 3, der positive Strom von 2 nach 3 fließt. Tatsächlich zeigt dann aber das Oszilloskop einen negativen Spannungswert, der mit einem negativen Stromstärkenwert U/RI verknüpft ist. Daher ist CH2 zu invertieren! Die Messung zeigt nun 2 Dinge! U0 1 I 0 C 2.) Spannung und Stromstärke sind um (π/2) (=90°) phasenverschoben. 1.) erwartungsgemäß: Der zeitliche Verlauf von Spannung und Stromstärke ist sinusförmig. Dies ist durch Zeigerprojektionen auf eine Achse darstellbar! Wählen wir die y-Achse, so könnten die Funktionen für die Momentanwerte folgend lauten! U=U0sin(t) I=I0sin(t+/2) mit I0=U0C. Die Zeiger drehen sich also mit der Winkelgeschwindigkeit und sind um /2 phasenverschoben. Die Projektionen der Zeiger auf die y-Achse geben die Momentanwerte von Stromstärke und Spannung an. 3 2.) Spule Wiederholen wir das Experiment mit einer Spule, dann ergeben sich folgende ähnliche Ergebnisse U=U0sin(t) I=I0sin(t−/2) mit I0=U0/L. Die Funktionen unterscheiden sich hier in der Phasenlage, was durch das Argument (t−/2) zum Ausdruck gebracht wird, während beim Kondensator das Argument (t+/2) beträgt. Komplexe Zahlen Kommen mehrere Bauteile ins Spiel, wird die Lage leicht unübersichtlich! Hier hat sich dann das Modell der komplexen Rechnung bewährt, das mit den experimentellen Befunden in Einklang zu bringen ist! Eine komplexe Zahl besteht üblicher weise aus einem Imaginärteil und einem Realteil. In der Darstellung benutzt man die x-Achse für den Realteil und die y-Achse für den Imaginärteil. Vielfache der imaginären Einheit i sind nun auf die y-Achse aufgetragen. Unten ist eine komplexe Zahl Z in der sogenannten Gaußschen Zahlenebene aufgetragen. im Z a b re Z=a+ib Die Zahl i ist dabei definiert als (1) ; komplexe Zahlen sind nämlich aus der Notwendigkeit entstanden, dass kein Element der reelen Zahlen Ergebnis aus der Wurzel aus einer negativen Zahl sein kann! Nun definiert man den Betrag der komplexen Zahl als Zeigerlänge. Pythagoräische Überlegungen liefern: Z a2 b2 Für den Phasenwinkel erhält man: b arctan a Somit lässt sich die komplexe Zahl Z auch folgend darstellen! Z Z (cos i sin ) Eine sehr nützliche Darstellung ist auch die Euler Identität, die aus einer Reihenentwicklung gewonnen werden kann. (cos i sin ) ei und e i 1 4 Schreiben wir nun die Widerstände (Impedanzen) in der komplexen Form an, so bedeutet dies folgendes! Ohmscher Widerstand Kurze Überlegung liefert dann auch noch: Schalte nun die beiden parallel und bestimme den Widerstand für die Frequenz von 10600 Hz experimentell! Z=……………….Ω Variiere nun die Frequenz und versuche eine Regel zu finden, wie die beiden Bauteile zu einem Gesamtwiderstand kombinierbar sind! 1.Widerstand Die Spannungsfunktion lautet U(t)=U0cost, die Stromfunktion lautet I(t)=(U0/R)sint. Unteres Diagramm zeigt die Situation zu einer bestimmten Zeit t. y U0 I0 I(t) x U(t) Der Momentanwert ist also die Projektion des Spitzenwertes auf die x-Achse. Die Zeiger weisen keine Phasenverschiebung auf, das heißt der Quotient U(t)/I(t) ist konstant. 2.Kondensator Die Spannungsfunktion lautet U(t)=U0cost, die Stromfunktion lautet I(t)=(U0C)sint. Unteres Diagramm zeigt die Situation für einen Phasenwinkel t. Die auf der x-Achse entnommene Projektion von I0 ist nun tatsächlich (I0sint). 5 y I0 U0 t t I(t) x U(t) Der Momentanwert ist also die Projektion des Spitzenwertes auf die x-Achse. Die Zeiger weisen eine Phasenverschiebung von 90° auf. I(t) kann auch durch die Cosinusfunktion dargestellt werden. (I(t)=I0cos(t+/2)). Deshalb sagt man auch, dass bei einer Kapazität der Strom der Spannung vorauseilt. 2.Spule Die Spannungsfunktion lautet U(t)=U0cost, die Stromfunktion lautet I(t)=(U0/L)sint. Unteres Diagramm zeigt die Situation für einen Phasenwinkel t. Die auf der x-Achse entnommene Projektion von I0 ist nun tatsächlich (I0sint). y U0 t I(t) x U(t) t I0 Der Momentanwert ist also die Projektion des Spitzenwertes auf die x-Achse. Die Zeiger weisen eine Phasenverschiebung von 90° auf. I(t) kann auch durch die Cosinusfunktion dargestellt werden. (I(t)=I0cos(t/2)). Deshalb sagt man auch: „Bei Induktivitäten Ströme sich verspäten.“ Nun kann man Strom und Spannung auch durch komplexe Zahlen darstellen. Die Zeiger rotieren und man braucht zum Erhalt eines Momentanwertes nur den Realteil eines komplexen Zeigers entnehmen, da er die Projektion eines Zeigers auf die x-Achse ist. Wichtig ist auch die Erkenntnis, dass eine Multiplikation eines Komplexen Zeigers mit 6 ei dazu führt, dass der Zeiger um den Winkel weitergedreht wird, denn eine beliebige komplexe Zahl Z=Z∙ei ergibt bei einer Multiplikation mit ei: Z∙ei∙ei=Z∙ei(+). Der Phasenwinkel der neuen Zahl beträgt also +. Der Betrag ändert sich natürlich nicht, da der Betrag von eix für jeden Winkel den Wert 1 besitzt. Mit Hilfe der Euler Identität kann man ganz unmittelbar zeigen: ei(/2)=i, ei(/2)=i und ei∙0=−ei=1. Auch folgt aus diesen Formeln: (1/i)=i Beobachten wir nun den Zusammenhang zwischen Strom und Spannung bei allen 3 Bauelementtypen, so erkennen wir für Spule, Kondensator und Widerstand: UR=R∙I; UR(t)=Re(UR); I(t)=Re(I) UL=iLI; UL(t)=Re(UL); I(t)=Re(I) UC=i(1/C)I; UC(t)=Re(UC); I(t)=Re(I) R, iL und i(1/C) sind jeweils der Quotient von U/I. Man bezeichnet sie daher als Widerstandsoperatoren. Man kann in zusammengesetzten Schaltungen Spule und Kondensator wie Widerstände behandeln, die den Wert iL bzw. i(1/C) besitzen. Die Beträge der komplexen Größen Strom und Spannung entsprechen dabei den Zeigerlängen und daher den Amplituden von Strom und Spannung. Phasenverschiebung Die Phase die ein Zeiger hat, lässt sich mit Hilfe der arctan Funktion bestimmen. Man braucht sich nur den komplexen Zeiger in der Gaußschen Zahlenebene betrachten. Beispielsweise gilt dann: Im( U) U arctan Re( U) Für die Stromstärke kann man genau das selbe tun und man erhält für die Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung: =UI Betrachten wir als Beispiel eine Parallelschaltung aus Spule und Kondensator in der wir die Stromstärke und die Phasenverschiebung berechnen. Für die Betrachtung von n Widerständen R1,..Rn gilt: 1 1 1 1 .... R R1 R1 Rn Hier liegt eine Parallelschaltung von Spule und Kondensator vor. Wir berechnen den Gesamtwiderstand Z. Z ist eine komplexe Größe und wird auch als Scheinwiderstand bezeichnet. 7 1 1 1 1 L Z i 2 2 Z iL 1 LC 1 1 LC i iC L 1 der Scheinwiderstand unendlich groß wird. LC Wir nehmen an, dass zur Zeit t=0 die Spannung maximal ist und den Wert U0 besitzt. Wir beobachten, dass für U U 0 e it U 0 (1 2 LC) (sin t i cos t ) I Z Z L I(t ) U 0 (1 2 LC) sin t L Wir erkennen auch hier, dass der Strom, der der Schaltung zufließt zu 0 wird, wenn 2=LC gilt. Diesen Fall nennt man Parallelresonanz Phasenverschiebung: Wir betrachten die Zeit t=0, wo wir die Spannung so angenommen haben, dass sie voll auf der reellen Achse liegt und somit die Phase 0 hat. U=0 Im( I) I arctan Re( I ) Für die Stromstärke verschwindet der Realteil, da sint=0 wird. U 0 (2 LC 1) L I arctan 0 Wir sehen, dass das Argument des arctan entweder +∞ oder ∞ werden kann. Es hängt davon ab, ob 2LC größer oder kleiner als 1 ist. Der Phasenwinkel der Stromstärke und daher auch die Phasenverschiebung ist entweder /2 oder /2. Meist benötigt man nicht den zeilichen Verlauf, sondern nur das Verhältnis der Amplituden. Nachdem dies die Beträge der komplexen Zeiger sind, gilt: I U Z U0 L 1 2 LC Außerdem braucht man für die Berechnungen oft nur den Phasenunterschied zwischen Spannung und Strom. Wegen 8 I U U 0 eiU U 0 i (U Z ) e I 0 eiI Z Z Z eiZ Durch Vergleich erhält man: UI=Z=. Man braucht also nur den Phasenwinkel von Z berechnen. Er entspricht der Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung. 9