Werbesprache analysiert an Plakaten der AIDS-Kampagne „mach’s mit“ Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 1 2. Werbung 3 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Definition Werbesprache Die Bedeutung der Werbesprache Werbeziele und Werbewirkung Werbeplanung und Zielgruppenbestimmung Low- und High-Involvement-Anzeigen Werbemittel – Werbeträger 3 4 6 7 10 11 12 3. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und ihre Kampagne - „GIB AIDS KEINE CHANCE“ 15 1. HIV / Aids 15 2. Aids in Deutschland 15 3. BZgA - Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung 16 4. Zielgruppen 17 5. Medien und Maßnahmen von „GIB AIDS KEINE CHANCE“ 18 1. Audiovisuelle Medien 19 2. Broschüren 20 3. Plakate, Postkarten und Aufkleber 21 4. Hörfunkspots 22 5. Der Welt-Aids-Tag 22 6. Internetangebot 24 6. Strategie der Kampagne 25 4. Plakate – das beliebteste Werbemittel der Aidskampagne von BZgA 1. Bausteine des Werbeplakats 1. Schlagzeile 2. Fließtext 31 3. Slogan 32 4. Produktname 5. Logo 26 29 30 33 34 1 2. Bildelemente 1. Die Text-Bild-Beziehungen bei „mach´s mit“-Plakaten 2. Bilder als semiotischer Kode 36 3. Bildbeschreibung nach der semiotischen Klassifizierung 37 35 35 5. Sprachliche Strategien der „mach´s mit“ Kampagne 1. Anglizismen in der Werbung. Anglizismen in der Aids-Kampagne 2. Phraseologismen 3. Sprachspiele 4. Jugendsprache 41 41 47 50 54 6. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse 7. Literaturverzeichnis 8. Abbildungsverzeichnis 57 59 61 2 9. Einleitung Die Werbung ist überall – im Fernsehen, in den Zeitungen und Zeitschriften, im Radio, im Internet, an den Wänden, an den Bussen usw. Die Werbung während eines Filmes kann länger dauern als der Film, und in einer Zeitschrift kann man mehr Seiten mit Werbung finden, als mit Text. Die Konkurrenz auf dem Werbemarkt ist also sehr groß, deswegen raufen sich die Werbedesigner die Haare, um immer wieder Neues auszudenken. Eine erfolgreiche Werbung muss sich von anderen unterscheiden, muss überraschen, sich von der Masse der täglichen Werbereize abheben. Es wird nach neuen Wegen und Mitteln gesucht, und dies trägt dazu bei, dass die Werbesprache – das Hauptwerkzeug der Werbeagenturen – sich ständig entwickelt. Die Werbesprache strebt nach Originalität und Auffälligkeit. Um einzigartig zu sein, bedient sie sich verschiedener sprachlicher Mittel und Strategien, wie Alltags-, Fremdund Jugendsprache, Dialekte, Phraseologismen. Die Werbung spielt mit der Sprache, schafft neue Ausdrücke, die manchmal zu einem Trend werden und schnell in die Alltagssprache übergehen. Im letzten Sommer, während meines Aufenthaltes in Deutschland habe ich zum ersten Mal ein Plakat der „mach´s mit“-Kampagne gesehen. Ich habe an einer Bahnstation auf einen Zug gewartet. Vor meinen Augen habe ich eine Wand, die kreuz und quer mit Werbeplakaten bedeckt war, gehabt. Und von dieser Masse hat nur ein Plakat meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Es hat drei Gurken, auf denen Kondome gezogen worden sind, dargestellt. Und die Schlagzeile lautete: „Passt auf jede Gurke!“ Ich habe nicht die geringste Ahnung gehabt, worum es sich bei diesem Plakat handeln könnte. Aber dann habe ich das Logo: „GIB AIDS KEINE CHANCE“ und den Slogan „mach´s mit“ bemerkt. Und dann habe ich nicht nur die Intention dieses Plakats, sondern auch den Witz der Schlagzeile verstanden. Von diesem Plakat begeistert, habe ich im Internet nach Informationen über diese „mach´s mit“-Aktion gesucht, und so habe ich auch andere Plakate entdeckt. Und alle Plakate haben etwas Gemeinsames: bunte Bilder, auf denen immer Kondome zu sehen sind, und witzige, überraschende Sprüche. 3 Das größte und wichtigste Ziel jeder Werbung ist es, den potenziellen Kunden von dem Werbeprodukt zu überzeugen und dadurch dessen Verkaufsrate zu steigern. Bei den Plakaten der „mach´s mit“- Kampagne wird kein konkreter Kaufwunsch, wie das bei der Werbung der Fall ist, erzeugt sondern ein Verhaltenswunsch erzeugt. Und hier stellt sich die Frage, inwiefern sich die „mach´s mit“-Kampagne von anderer Werbung abhebt und ob sie überhaupt als eine Werbung funktioniert und ob sie sich wirklich der Werbesprache bedient? 4 10.Werbung 2.1. Definition Ursprünglich hat das Verb werben (althochdeutsch (h)werban, mittelhochdeutsch werben, werven) „sich drehen, wenden, umkehren, einhergehen, sich bemühen“ bedeutet. In dem „Etymologischen Wörterbuch des Deutschen“ kann man erfahren, dass: Bei der Bedeutungsentwicklung ist von „(sich) drehen“ auszugehen, das über „sich hin und her bewegen, geschäftig sein“ bereits früh die noch heute üblichen Verwendungen „sich um etw., jmdn. bemühen, zu erreichen, erlangen, suchen, jmdn. für einen Dienst, eine Arbeit, ein Amt gewinnen wollen“ entwickelt; vgl. „Soldaten anwerben“ (17. Jh.) , „Reklame machen“ (Ende 19. Jh.)1 In der Alltagssprache existiert das Wort Werbung vor allem mit der Bedeutung „für eine Sache, einen Gegenstand, ein Produkt werben“. Aber laut der oben zitierten Erklärung kann auch um eine Person geworben werden. Im eigentlichen Sinne wird mit der Werbung versucht, die Handlungsweise der Menschen zu beeinflussen, sie zu bestimmten Tätigkeiten und Handlungen zu bewegen. In Hoffmanns „Psychologie der Werbekommunikation“ kann man lesen: „Werbung wird die geplante, öffentliche Übermittlung von Nachrichten dann genannt, wenn die Nachricht das Urteilen und/oder Handeln bestimmter Gruppen beeinflussen und damit einer Güter, Leistungen oder Ideen produzierenden oder absetzenden Gruppe oder Institution (vergrößernd oder bei der Verwirklichung ihrer Aufgaben) dienen soll.“2 Werbung wird heutzutage immer facettenreicher und bedient sich verschiedenster Elemente wie z.B. Bild, Film, Musik, Ton, Sprache und Schrift. Um einen maximalen Eindruck beim Kunden zu hinterlassen, werden diese Kommunikationsarten oftmals auch kombiniert eingesetzt. Schlüter definiert Werbung als „einen Dialog mit Hilfe von verbalen und nonverbalen Kommunikationsmitteln zwischen dem Produzenten und dem 1 Etymologisches Wörterbuch des Deutschen 1997: 1557 , zitiert nach : Janich, Nina: Werbesprache, Ein Arbeitsbuch. Hrsg. von Gunter Narr Verlag, Tübingen 2005. S.18 2 Hoffmann, Hans-Joachim: Psychologie der Werbekommunikation. 2., neubearbeitete Aufl. Berlin/New York, 1981, S. 10 zitiert nach: Janich, Nina: Werbesprache, Ein Arbeitsbuch. S.19 5 potenziellen Kunden, wobei der Produzent (…) die Rolle des Senders und der Kunde die Rolle des Empfängers einnimmt.“3 Man kann zwei Typen von Werbung unterscheiden: - eine Wirtschaftswerbung: der Werbetreibende ist hier ein Wirtschaftsunternehmer - eine außerwirtschaftliche Werbung: z. B. eine politische Werbung von Parteien, religiöse von Glaubensgemeinschaften, kulturelle von Städten, Museen, Theatern und Zwischenformen wie das Gesundheitswesen und die Volksaufklärung über öffentliche Einrichtungen, die um Teilnahme und Unterstützung wirbt.4 2.2. Werbesprache Die Soziolinguistik stellt ein Varietätenmodell vor, in dem die Gesamtsprache Deutsch in verschiedene Varietäten zerfällt, die dann von bestimmten Faktoren determiniert werden, zum Beispiel: - von dem MEDIUM, in dem sie realisiert werden – gesprochen oder geschrieben - von ihrer FUNKTION – Darstellung, Ausdruck, Appell – und von ihren Anwendungsbereichen – Funktiolekte wie z.B. Alltagssprache, Fachsprache, Literatursprache - von ihrer REGIONALEN GEBUNDHEIT – Dialekte - von ihrem GESELSCHAFTLICH und SOZIOÖKONOMISCH BESTIMMTEN GELTUNGSBEREICH – Soziolekte wie Schichtensprachen, Gruppensprachen und Sondersprachen - von ihrer BINDUNG AN ALTER und GESCHLECHT - Jugendsprache, Frauen- und Männersprache u.a.5 Und jetzt kommt die Frage, wo in diesem Modell die Werbesprache, also die Sprache in der Werbung und nicht die Fachsprache Werbung, der sich die Werbetreibenden bedienen, eingeordnet wird und: Kann man die Werbesprache als eine Sondersprache 3 Schlüter, Stefanie: Die Sprache der Werbung: Entwicklungen, Trends und Beispiele. VDM Verlag Dr. Müller, 2007 , zitiert nach: Piersig, Susann: Anglizismen in der Werbung – Ein Vergleich zwischen dem Deutschen und dem Spanischen. Akademische Schriftenreihe, GRIN Verlag, 2009. S.22 4 Vgl. Janich, Nina: Webesprache. Ein Arbeitsbuch. Hrsg. von Gunter Narr Verlag, Tübingen 2005, S.19 5 Ebd., S. 36 6 bezeichnen? Erfolgsreiche Werbung besteht darin, dass sie sich durch immer wieder Neues von der Konkurrenz unterscheidet, dass sie trotz der Masse der alltäglichen Werbereizen auffällt. Lässt sich die Werbesprache als ein ganz bestimmter Textsortenstil charakterisieren? Ihr Verhältnis zu der Alltagsprache, Sprache der Alltags, ist nicht zu unterschätzen. Grundsätzlich basiert die Werbesprache auf den alltagssprachlichen Mitteln. Die Alltagsprache wird so oft eingesetzt, dass man bestimmte Mittel der Alltagssprache als werbetypisch bezeichnen kann. Diese zwei Varietäten beeinflussen sich gegenseitig. Die Werbesprache greift einerseits die Tendenzen der Werbesprache auf und erweitert andererseits die Alltagssprache, indem sie neuen Wortschatz und Redewendungen liefert, die in den Sprachgebrauch übernommen werden. In ihrem Artikel „Effiziente sprachliche Strategien in der Werbung“ schreibt Daniela Gau über sprachliche Techniken, die von Werbern genutzt werden, um ihre Botschaft besser zu kommunizieren: „Die sprachlichen Mittel aus der Alltagssprache sowie der Fachsprache oder Jugendsprache werden bewusst gewählt, um die richtige Zielgruppe anzusprechen und bei ihr Assoziationen hervor zu rufen.“6 Hier muss aber betont werden, dass trotz der Bemühungen, die Werbesprache spontan und der Alltagssprache nah zu halten, sie ist immer eine Inszenierung. Sie kann als ein von den Werbeagenturen hergestelltes, künstliches Produkt bezeichnet werden. Die Werbesprache besitzt keine Sprechwirklichkeit, und sie ist auf eine bestimmte Wirkung ausgerichtet.7 Manuela Baumgart resümiert dies so, dass „die Werbesprache keine Sondersprache im eigentlichen Sinne ist, sondern lediglich eine instrumentalisierte, zweckgerichtete und ausschließlich auf Anwendung konzipierte Sonderform der sprachlichen Verwendung darstellt, die naturgemäß eigenen Gesetzmäßigkeiten unterliegt, aber dennoch aufs engste mit der Alltagssprache verwoben ist.“8 6 Gau, Daniela, Effiziente sprachliche Strategien in der Werbung, zitiert nach: Werbeforschung und Praxis, 2007, S. 30 7 Vgl., Ebd., S. 37 8 Baumgart, Manuela, Die Sprache der Anzeigenwerbung. Eine linguistische Analyse aktueller Werbeslogans., Heidelberg, 1992, S. 34, zitiert nach: Janich, Nina, Werbesprache. Ein Arbeitsbuch, 2005, S. 37. 7 Viele Sprachwissenschaftler warnen vor der Kraft der Werbung. Sie werfen der Werbung vor, dass sie manipuliert, mit den Emotionen, Wünschen und Träumen der Kunden spielt, ihn verführt, suggestiv zu etwas eigentlich Ungewolltem bewegt und zu wenig Informationen über ein Produkt vermittelt. Man muss aber einsehen, dass die Werbung der marktwirtschaftlichen Aufklärung nicht dient und nie dienen wird. Sie soll als ein Instrument für die Umsatzerhaltung und –steigerung angesehen werden. Wenn dies mit nachprüfbaren und sachlichen Produktinformationen gelingen würde, dann würden diese bestimmt eingesetzt. Aber laut den von Werbeagenturen beauftragten Umfragen und Forschungen eignet sich die informative Strategie nicht, stattdessen werden die emotionalen Strategien geführt, die tief sitzende Wünsche und Ängste ansprechen. Allen muss es aber klar sein, dass die Werbung vor allem den Zweck hat, Produkte zu verkaufen.9 Der Rezipient hat aber bestimmte Vorstellungen, wie die Werbung und ihre Sprache sein soll. Und die Werbefachleute brechen diese Vorstellungen, um eine auffällige und einzigartige Werbung zu erstellen. Man kann die Sprache der Werbung nicht als festgelegter und allgemein gültiger Stil betrachten, weil dies dem ständigen Bestreben der Werbung nach Originalität und Auffälligkeit, und der raschen Veränderlichkeit von Werbetrends widersprechen würde.10 2.3. Die Bedeutung der Werbesprache Die Werbung ist für ein Unternehmen überlebenswichtig. Viele Produkte auf dem Markt sind identisch, und die Hersteller brauchen eine gute Werbung, um den Kunden ihr Produkt zu zeigen und sie davon zu überzeugen, dass ihr gerade besser ist, als das der Konkurrenz. Wenn mehrere Hersteller ein qualitativ vergleichbares Produkt anbieten, kann die Werbung ein entscheidender Faktor sein. Professor Armin Reins, der das Buch: „Corporate Language. Wie Sprache über Erfolg oder Misserfolg von Marken und Unternehmen entscheidet“ herausgegeben hat, ist der Meinung, dass eine gute Werbesprache der Marke viel Erfolg bringen kann und eine schlechte – kann eine Katastrophe bedeuten. Mit seiner Entwicklung „Corporate Language“ will er die 9 Vgl. Janich, Nina, 2005, S. 39 Ebd., S. 72 10 8 Unternehmer davon überzeugen, dass die wichtigste Aufgabe der Werbesprache in Beständigkeit besteht. Viele Marken sprechen in unterschiedlichen Sprachen, mal laut, mal leise, mal teuer, mal emotional und bei jeder Werbekampagne werben sie für ihre Produkte mit anderen Worten, verwenden neue Slogans und dadurch können sie sich nicht etablieren. Die Werbesprache eines Unternehmers soll unverwechselbar sein. Am besten wäre es, wenn sich eine Marke mit einem Wort identifizieren würde. Da wird von einem One-Word-Capital gesprochen – der Verbraucher verbindet mit dem Wort sofort die Marke. Und so gehört die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die ihre Präventionskampagne gegen AIDS immer mit dem Logo „GIB AIDS KEINE CHANCE“ bezeichnet, jetzt zu den meistbekanntesten Marken in Deutschland. Die Werbesprache soll bildhaft, simpel und gefühlsansprechend sein und der Zielgruppe angepasst werden. Nicht unbedingt kess und witzig. „Eine gute Werbesprache schafft es, den Markenkern in einem Satz ganz simpel zu erklären, so dass sie dem Menschen im Kopf haften bleibt.“11 – meint Reins. Seine Corporate Language muss sich auch durch alles ziehen: Bei dem Slogan, dem Internet-Auftritt und dem Call-Center muss die charakteristische Sprache des Unternehmers genutzt werden.12 Wenn eine Firma ihre Sprache oft wechselt, dann verliert sie bei den Kunden ihre Glaubwürdigkeit. Die Bedeutung, welche die Unternehmen der Werbung beimessen, lässt sich an den steigenden Umsätzen ablesen, die jährlich für Werbung bestimmt werden. Zum Beispiel wächst in Deutschland das jährliche Budget für Werbung seit 1949 kontinuierlich an und hat 1998 59,3 Milliarden Mark betragen.13 2.4. Werbeziele und Werbewirkung Das größte und wichtigste Ziel jeder Werbung ist es den Kunden von dem Werbeprodukt zu überzeugen und dadurch die Verkaufsrate dieses Produktes zu steigern. Es gibt aber viele Arten von Werbung und jede dieser Werbungen hat ein bestimmtes Ziel: 11 http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/675/347512/text, 15.01.2010 Vgl. Ebd. 13 Vgl. Janich, Nina, 2005, S.9 12 9 - Einführungswerbung: es wird hier über ein neu kreiertes Produkt informiert, im Vordergrund dieser Werbung befinden sich die Bekanntmachung der Produktexistenz und der Aufbau eines Produkt- oder Markenimages. - Erhaltungs- oder Erinnerungswerbung: hier handelt es sich um ein schon eingeführtes und bekanntes Produkt. Diese Werbung will an seine Existenz erinnern und den Absatz erhalten. - Stabilisierungswerbung: ein Produkt wird durch Konkurrenz gefährdet und mit Hilfe dieser Werbung soll der Absatz des Produktes gegen ein Abrutschen gesichert werden. - Expansionswerbung: es soll zur Ausbau und Erweiterung des Markanteils eines Produktes kommen Alle Werbungen haben aber ein gemeinsames Ziel: das Image eines Produktes schaffen, erhalten oder stabilisieren. Die Imagebildung kann sich auf Produkte aber auch auf Unternehmen beziehen. Vor allem in Krisensituationen hat die Imagewerbung große Bedeutung, wenn die Markposition und die gesellschaftliche Rolle eines Unternehmers bedroht ist.14 Werbewirkung Die Werbewirkung lässt sich nicht so einfach messen. Die Werbemacher und –Forscher sind verschiedener Meiningen, ob und wie eine Wirkung wirklich gemessen werden kann. Wenn ein Kunde ein bestimmtes Produkt kauft, kann das als Folge vielen verschiedenen Faktoren sein. Vielleicht ist das eine gelungene Werbung, eine Empfehlung von Freunden oder einfach ein Beratungsgespräch. Bei einer Analyse des Kaufverhaltens wird ein Stimulus-Response-Modell vorausgesetzt. Hier geht man davon aus, dass eine Äußerung eines Kommunikators bzw. Senders (=Stimulus), die vom Medium, der Person des Senders, dem situativen Kontext und der Person des 14 Vgl. Janich, Nina, 2005, S.21 10 Empfängers nicht abhängt, beim Empfänger ankommt und dort eine Wirkung (=Response) auslöst.15 Die Wirkungsabsichten von Werbung listet die amerikanische AIDA-Formel auf. Die Abkürzung besteht aus vier zentralen Begriffen: - Attention: Am Anfang muss der Kunde auf die Anzeige (Werbung) und damit auf das Produkt aufmerksam werden. - Interest: Wenn die Werbung bei dem Kunden die Aufmerksamkeit weckt, zeigt der Kunde Interesse und will das Produkt näher kennen lernen. - Desire: Der Kunde ist von der Qualität des Produktes überzeugt und möchte es besitzen. - Action: Das Ziel wird erreicht, wenn der Kunde das Produkt kauft. Viele Werbewirkungsforscher kritisieren diese Modellen, weil sie eine strenge Reihenfolge von Teilwirkungen aufzeigen, die in der Wirklichkeit gar nicht vorkommen muss. Aus anderer Seite aber verdeutlichen sie, nach welchen Orientierungen die Werbetreibenden handeln und welche Wirkungen sie dabei hervorrufen wollen. Bei der Werbewirkungsforschung werden auch verschiedene Aspekte der Werbung überprüft: - Informationswirkung der Werbung: Nimmt der potenzielle Konsument die Werbung überhaupt wahr, versteht sie und behaltet? - Motivationswirkung: Löst die Werbung auch eine Aktivierung, Erregung und innere Bereitschaft bei dem Kunden aus? - Verhaltensrelevante Leistung der Werbung: Kann die Werbung durch Information und Motivation ein bestimmtes Verhalten auslösen?16 15 Vgl., Janich, Nina, 2005, S. 22 Ebd., S. 23 16 11 2.5. Werbeplanung und Zielgruppenbestimmung Bei der Planung einer Werbekampagne müssen von dem Unternehmen oder der Werbeagentur zahlreiche Aspekte berücksichtigt werden. Nach Tietz/Zentres soll man bei der Werbeplanung folgende Fragen beatworten: - Wie sind die allgemeinen Bedingungen auf dem Markt? - Wie sind die Gegebenheiten im werbenden Unternehmen? - Um welche Eigenschaften des Produktes geht es? - Wer und wie ist die Zielgruppe? - Wie könnte oder sollte der Werbeinhalt ausgestattet werden? - Welche Werbemittel und Werbeträger soll man wählen? - Wo, wann und für wie lange soll die Werbung gezeigt werden?17 Die genaue Zielgruppenbestimmung hilft bei der Wahl der sprachlichen Strategien und bei der Vermeidung der möglichen Kommunikationsprobleme, die von diesen Strategien abhängen. Die Zielgruppe wird aufgrund folgender Merkmale bestimmt: - SOZIO-DEMOGRAPHISCHE MERKMALE: Alter, Geschlecht, Einkommen, Beruf usw. - PSYCHOLOGISCHE MERKMALE: Denkweise, Fühlen, Vorurteile, möglichst auch passive und aktive Sprachkompetenz usw. - SOZIOLOGISCHE MERKMALE: Gruppennormen, Gruppenmerkmale, vor allem Les-, Seh- und sonstige Mediennutzungsgewohnheiten. - KONSUMDATEN: Konsumbedürfnisse und Kaufverhalten Wichtig wäre es auch, sich die Frage zu stellen, ob der Käufer und die Person, die das Produkt verwenden wird, identisch sind – wie bei Kosmetik- und Autowerbung – oder nicht – wie bei Spielzeugwerbung. Hier handelt es sich um eine Strategie der Mehrfachadressierung. Die Spielzeugwerbung weckt bei den Kindern den Wünsch, das 17 Vgl. Janich, Nina, 2005, S. 23 12 beworbene Spielzeug zu haben und bei deren Eltern Interesse an dem Produkt und die Bereitschaft, es zu kaufen. Bei dem Kauf können produktbezogene Kriterien wie Preis, Qualität und Verpackung entscheidend sein und sich auf die Art der Argumentation (eine rationale oder emotionale Werbung) und die Bewertungsmöglichkeiten von Werbung auswirken. Und bei der Zielgruppenbestimmung ist für die Wahl von Varietäten wie Dialekt oder Jugendsprache auch wichtig, ob diese Gruppe sich einer sozialen Gruppe zuordnen lässt oder breit gestreut ist. 18 Jedes Land hat seine spezifischen Besonderheiten, unterschiedliche Mentalitäten und kulturelle Unterschiede, die auch bei Werbekampagnen berücksichtigt werden müssen. Auch wenn Märkte immer mehr zusammenwachsen, so haben Verbraucher jedoch in vielen Bereichen noch unterschiedliche Bedürfnisse. Deshalb muss immer genau bestimmt werden, für welche Produkte maßgeschneiderte, länderspezifische oder lokalsprachige Kampagnen besser geeignet sind.19 2.6. Low- und High-Involvement-Anzeigen Man kann zwischen zwei Werbeformen entscheiden, die in Opposition zueinander stehen. Die Low-Involvement-Anzeige ist für eher passive Rezipienten gedacht, die die Werbung nur oberflächlich wahrnehmen und an dem Produkt nicht interessiert sind. Sechs Merkmale sind von Zielke genannt worden, die für Inhalte der Text- und Bildbausteine einer Anzeige große Bedeutung haben, die diese Anzeige charakterisieren und nach denen sie einer bestimmten Gruppe zugeordnet werden kann. Die LOWINVOLVEMENT-Anzeige zeichnet sich aus durch: - eine vorrangige visuelle Kommunikation, - die Übernahme von Bildszenen, die Emotionen stimulieren, - die Paraphrasierung des Bildinhaltes in der Schlagzeile, - die Verwendung von Kurztexten ohne typographische Gliederungsmerkmale, 18 Vgl. Janich, Nina, 2005, S.24 Vgl. Kloss, Ingomar: Werbung. Handbuch für Studium und Praxis. 4.Aufl, Vahlen, München, 2007, S.403 19 13 - den Appell an das Gefühl des Lesers, - die Vermittlung von positiven Sinneseindrücken.20 Im Gegensatz zu der Low-Involvement richtet sich die High-Involvement-Anzeige an aktive Rezipienten, die Interesse an dem beworbenen Produkt haben und die die Werbung als Informationsmittel nutzen. Nach Zielke charakterisiert sich die HIGHINVOLVEMENT-Anzeige durch: - eine vorrangige sprachliche Kommunikation, - eine Suggestion der Informativität mit sachlich erscheinenden Abbildungen - die Thematisierung oder Problematisierung eines ausgewählten Sachverhaltes in der Schlagzeile - längere Fließtexte, die mit Vorspann und Zwischenüberschriften versehen werden - den Appell an den Verstand des Lesers - die argumentative Übereinstimmung mit dem subjektiven Interesse.21 2.7. Werbemittel – Werbeträger Werbemittel, das sind zum Beispiel Fernseh- und Hörfunkspots, Plakate, KinoWerbefilme, Anzeigen, Werbebriefe usw., die eine Werbebotschaft optisch und akustisch präsentieren. Und diese Werbemittel werden mithilfe bestimmter Medien, vor allem Massenmedien, die als Werbeträger bezeichnet worden sind, verbreitet. Zu diesen Medien gehören Zeitungen und Zeitschriften, Rundfunk- und Fernsehsender, Plakatwände und auch Schaufenster. „Werbemittel sind also die konkreten Ausgestaltungen von Werbung, Werbeträger sind die vermittelnden Medien“22 – so hat Nina Janich die zwei Begriffe kurz und knapp erklärt. 20 Vgl. Zielke, Achim: Beispiellos ist beispielhaft: oder Überlegungen zur Analyse und zur Kreation des kommunikativen Codes von Werbebotschaften in Zeitungs- Zeitschriftenanzeigen. Pffafenweiler, 1991, zittiert nach: Janich, Nina. S. 25 21 Ebd., S. 25 22 Janich, Nina, 2005. S. 25 14 Bei der Wahl entsprechender Werbeträger soll oder muss man folgende Aspekte berücksichtigen: Kosten, Reichweite, Nutzung durch bestimmte Zielgruppen, Eignung des Werbeobjekts, Inhalte der Werbebotschaft, Trägerverfügbarkeit. Für bestimmte Strategien eignen sich bestimmte Medien. Bei der STRATEGISCHEN Werbung sind Fernsehen und Publikumszeitschriften die wichtigsten Werbeträger. Diese Art von Werbung ist langfristig, sie bildet die Grundlage einer Werbekampagne dient der Erhaltungs- und Erinnerungswerbung. Hörfunk und Tageszeitungen werden als wichtige Werbeträger bei der TAKTISCHEN Werbung angesehen. Hier setzt man Einzelaktionen oder Zusatzkampagnen parallel mit der strategischen Werbung ein. Und diese Art von Werbung ist kurzfristig und soll kaufunterstützend wirken. Bei den Publikumszeitschriften werden, wegen ihrer sonstigen Gestaltung, Atmosphäre und Stimmungsgehalte vermittelt. Und die Tageszeitungen eignen sich besser für die argumentative und rationale Informationsvermittlung. Das Fernsehen kann dank der medialen Möglichkeiten, wie Text, Bild und Ton, eine rasche Verbreitung sichern und ist für eine emotionale Werbung besonders günstig. Der Hörfunk ist dagegen für schnelle Bekanntmachung und Erinnerung an vergessene Werbebotschaften geeignet. Bei der Gestaltung von Anzeigen muss die Werbeagentur nur die Zielgruppe genau bestimmen können, aber auch wissen, wie man sie am besten erreichen kann. Zum Beispiel ist es bei einem Spot wichtig in welchem Programm, zu welcher Tageszeit und zwischen Sequenzen welches Filmes man ihn senden soll. Die Kosten wären enorm, wenn ein Unternehmen in allen Zeitschriften und Programmen für sein Produkt werben würde. Und das hätte auch keinen Sinn. Deswegen bemühen sich die Werbeagenturen eine zielgruppenorientierte Werbung zu führen, indem sie bestimmte Produkte in den Zeitschriften oder Programmen bewerben, die von der Zielgruppe als beliebt und besonders interessant angesehen werden, z.B. kommt Kosmetikwerbung vor allem in Frauenzeitschriften vor. 23 Man muss auch die Meinungen, Stellungsnahmen, das Verhalten und die Denkweise einer bestimmten Zielgruppe kennen, damit der Werbeinhalt ihr genau angepasst wird. Manchmal müssen unterschiedliche Anzeigekampagnen für dasselbe Produkt entworfen werden, weil es verschiedene 23 Vgl. Janich, Nina, 2005, S. 27 15 Assoziationen zu dem Produkt gibt. Zum Beispiel sind in Deutschland bestimmte Automarken im Osten mit einem anderen Image verbunden, als im Westen.24 24 Vgl., Janich, Nina, 2005, S.29 16 3. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und ihre Kampagne - „GIB AIDS KEINE CHANCE“ 3.1. HIV / Aids Am Anfang der 80er-Jahre ist die „HIV / Aids“ Krankheit entdeckt worden und seitdem gehört sie zu den bekanntesten und bedrohlichsten Infektionskrankheiten auf der Welt. Trotz ständiger Untersuchungen gibt es bisher noch kein Heilmittel und keine Schutzimpfung gegen das Virus. Intensive Forschung und Therapien haben es zwar möglich gemacht, dass die Betroffenen nach dem Ausbruch der Infektion ohne äußerliche Symptome weiter leben können, selbst die wirksamsten Mittel sind nicht imstande, den Kranken zu heilen. Und trotz der weltweiten Bemühungen lässt sich die HIV-Epidemie kaum noch bremsen, in manchen Ländern, vor allem in Entwicklungsländern, ist sie sogar zu einer Volkskrankheit geworden. In den afrikanischen Ländern ist Aids die häufigste Todesursache. Die Vereinten Nationen (UNAIDS) schätzen, dass mehr als 75 Millionen Menschen sich seit Anfang der 80erJahre bis Ende 2008 mit dem HI-Virus angesteckt haben. Im Jahr 2008 hat die Zahl der HIV-infizierten Menschen circa 33 Millionen betragen. Diese enormen Zahlen zeigen, wie ernst das Aids-Problem ist und wie wichtig es ist, Präventionsprogramme zu entwickeln und durchzuführen.25 3.2. Aids in Deutschland In Deutschland ist die Zahl der mit HIV lebenden Menschen nicht nur im europäischen, sondern auch im weltweiten Vergleich auf dem niedrigsten Niveau. Ende 2008 hat man geschätzt, dass in Deutschland circa 63 500 Menschen mit HIV/Aids gelebt haben. Deutschland hat neben den skandinavischen Ländern und Malta die niedrigste Prävalenz. Die Experten sind der Meinung, dass die frühzeitig begonnenen und auf 25 Vgl. Dokumentation 1985 – 2009, Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung, Köln, S. 10 17 nationaler, regionaler und kommunaler Ebene durchgeführten Präventionsprogramme zu dem Präventionserfolg geführt haben.26 Der Absatz von Kondomen und das Schutzverhalten der deutschen Bevölkerung ist heute auf dem höchsten Niveau, aber es kommt dennoch immer wieder zu neuen Infektionen. Man kann von „neuem“ und „altem Aids“ sprechen. Diese Krankheit ist von Anfang an als eine der tödlichsten und gesundheitsbedrohlichsten Krankheiten auf der Welt dargestellt worden. Das hat der Bevölkerung nicht nur Angst gemacht, sondern sie auch dazu motiviert, sich vor dieser Gefahr zu schützen. Die besten Behandlungsmöglichkeiten und die wirksamsten Therapien haben aber das frühe AidsGesicht deutlich verändert. Viele Menschen empfinden Aids nicht mehr als tödliche Bedrohung, sondern nur als eine schwere Gesundheitsgefahr. Eine betroffene Person hat keine von außen erkennbaren Symptome, kann ihr Leben fast normal weiter führen und muss sich nicht vor der Öffentlichkeit verstecken. Die deutlich steigende Lebenserwartung und auch die zunehmende sexuelle Aktivität von Menschen mit HIV können zu Neuinfektionen führen.27 3.3. BZgA - Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) ist in Deutschland die zentrale Umsetzungs- und Koordinierungsstelle für die Aidsprävention. Sie beschäftigt sich aber nicht nur mit Aids, sondern hat eine Vielzahl von Präventionsthemen im Programm. BZgA gehört zu den oberen Bundesbehörden im Geschäftsbereich des BMG und ihre wichtigste Aufgabe ist es, die Bereitschaft in der Bevölkerung zu fördern, sich gesundheitsgerecht und verantwortungsbewusst zu verhalten.28 Die BZgA entwickelt für alle ihre Themen Präventionsstrategien und Kommunikationskonzepte und setzt sie in Programme, Projekte und Kampagnen um. Im Jahre 1987 hat die BZgA eine bundesweite Kampagne zur Aidsprävention gestartet, die die bisherigen Aktivitäten bündelt. Die Botschaft „GIB AIDS KEINE CHANCE“, 26 Vgl., Dokumentation 1985-2009, BZgA, S. 11 Ebd., S. 12 28 Ebd.,S. 16 27 18 als einprägsames Logo gestaltet, entwickelt sich rasch zu Markenzeichen und ist zu größter und bekanntester Gesundheitskampagne in Deutschland geworden. Die Bundeszentrale erhebt über eine repräsentative Befragung systematisch Wissen, Verhalten und Einstellung der Bevölkerung bezüglich HIV/Aids. 3.4. Zielgruppen Abbildung 1: AIDS - Besonders betroffene und gefährdete Gruppen29 Jede Bevölkerungsgruppe kann von HIV und Aids betroffen werden, aber man kann bestimmte Gefährdungsschwerpunkte aussondern. 65% der neuen Infektionen in Deutschland sind heute in der Gruppe der Männer, die Sex mit Männern haben, zu verzeichnen. Es folgen mit siebzehn Prozent Menschen mit heterosexuellen Kontakten. Etwa 5% betreffen Menschen mit intravenösem Drogengebrauch und die kleinste Gruppe, und weniger als ein Prozent entfallen auf Mutter-Kind-Übertragungen.30 Dazu kommen noch Sexualpartnerinnen und –partner dieser Gruppen, Freier, Sexworkerinnen und –worker, Reisende in und aus Hochendemiegebieten, die dort Sexualkontakte suchen und noch andere Menschen, die spontane Sexualkontakte mit Unbekannten haben. Jugendliche fangen ihre sexuelle Aktivität an und haben daher in Bezug auf 29 Quelle: Robert Koch-Institut, Epidemiologisches Bulletin 21/2009 Vgl. Dokumentation 1985 – 2009, BZgA, S. 11 30 19 Schutzmaßnamen wie Kondomnutzung und Safer Sex großen Aufklärungsbedarf. Darüber hinaus sind Jugendliche als nachwachsende Generation gezielt anzusprechen.31 3.5. Medien und Maßnahmen von „GIB AIDS KEINE CHANCE“ Sämtliche Maßnahmen der BZgA zur Aidsprävention tragen das Logo GIB AIDS KEINE CHANCE. Es ist zentrale Botschaft und Markenzeichen der Kampagne. Prof. Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der BZgA ist davon überzeugt, dass die Maßnahmen der Gesundheitskampagne den heutigen geänderten Kommunikations- und Freizeitverhalten der gefährdeten Menschen und Gruppen angepasst werden müssen, um diese Personen immer neu ansprechen zu können. Hier wird vor allem an Internet und mobile Kommunikationswege gedacht. Die zukünftigen Angebote der BZgA müssen aber nicht nur neue Kommunikationskanäle erschließen, sondern die bewährte Präventionsbotschaft immer wieder neu inszenieren. Diese Aufgabe ist nicht leicht, weil die Konkurrenz um die Aufmerksamkeit der Bevölkerung durch Werbung und Medien ständig steigt. „Innovative, kommunikationsstarke Angebote sind also gefordert“32 meint die Direktorin. Deswegen wird auch die Präventionskampagne weiter entwickelt, und was sehr wichtig ist – an dieser Entwicklung nehmen auch ihre Zielgruppen teil.33 BZgA organisiert den „Bundeswettbewerb Aidsprävention“, dessen Grundname ist, dass innovative Projekte zur Ansprache schwer erreichbarer Gruppen genau dort entstehen, wo sie am meisten gebraucht und am besten umgesetzt werden, also nahe an den Zielgruppen. Ihre Teilnahme an der Entwicklung von Projekten trägt zu der hohen Glaubwürdigkeit der Kampagne bei. Die von der BZgA geführte Massenkommunikation besteht vor allem aus audiovisuellen Medien, Plakaten, Anzeigen, Broschüren, Flyer und Internet. 31 Vgl., Dokumentation 1985-2009, BZgA, S. 21 Prof. Dr. Pott, Elisabeth, Dokumentation 1985-2009, BZgA, S.2 33 Vgl. Dokumentation 1985 – 2009, BZgA, S. 2 32 20 3.5.1. Audiovisuelle Medien Zu den audiovisuellen Medien gehören Filme, TV- und Kino-Spots, die sich vor allem an Jugendliche, aber auch an erwachsene Männer und Frauen wenden. Zum Beispiel zeigt der Film zum Thema HIV-Infektion „POSITIV LEBEN – Patrick ist HIVinfiziert“, wie man mit der Infektion neu zu leben lernt, wie die Familie, Freunde und Arbeitskollegen darauf reagieren. In ihrer Kampagne berücksichtigt BZgA auch den fremdsprachigen Teil der deutschen Bevölkerung. Ein Film unter dem Titel „LOVE LIFE, STOP AIDS“ hat sogar 13 Sprachen zur Wahl und wurde in zwei Versionen angefertigt, speziell für Frauen und speziell für Männer. Empfehlenswert ist auch eine DVD, die TV- und Kino-Spots zur Aids-Aufklärung 1987 bis 2006 enthält. Die seit 1987 von der BZgA produzierten Aids-Spots, auch französisch und englisch untertitelt, sind im Fernsehen und in Kinos zu sehen. Bei einigen Spots haben sich auch Prominente engagiert, wie zum Beispiel der Comedian Kaya Yanar in „Disco“ oder Boris Becker im „Airport-Spot“. Die Mitwirkung von Prominenten hat sich als effektive Methode erwiesen, die sehr hilft, das Publikum zu erreichen. Einige Produktionen haben schon einen „Kultcharakter“, wie der Spot „Supermarkt“. Alle Spots sind im BZgA Medienarchiv unter www.bzga-avmedien.de zu finden. Mit dem Ziel, neue Spotideen zu generieren, hat die Bundeszentrale einen Spotwettbewerb „clip & clar“ ins Leben gerufen, an dem vor allem Studierende von Film- und Medienhochschulen teilnehmen.34 In zunehmenden Maße werden die Spots auch in Diskotheken in das laufende Musikprogramm integriert. Dazu kommt noch eine Reportage „Frauen mit HIV – ein Film über fünf Schicksale“ von dem schweizerischen Autor Paul Riniker. Hier wird der Zuschauer mit fünf Frauen begegnet, die HIV infiziert worden sind. Die Frauen im Alter zwischen 38 und 69 Jahren erzählen authentisch und ohne Beschönigung ihre Lebensgeschichten. Man erfährt, wie Aids den Alltag, die Beziehungen und die Einstellung zum Leben verändern kann. Der Umgang mit HIVMedikamenten, Gefühle wie Wut und Trauer, Hoffnung, Lebensmut und –willen werden in diesem Film deutlich und überzeugend gezeigt. 35 34 Vgl. Dokumentation 1985 – 2009, BZgA, Köln, S. 31 Vgl. „Audiovisuelle Medien“ von http://www.bzga.de/botmed_99000000.html, 10.12.2009 35 21 3.5.2. Broschüren “Alles ganz easy“ – ein Comic vor allem für Jugendliche, die nicht so gerne viel lesen. Ein Junge namens Eff-Eff, die Hauptfigur, möchte Eva endlich sagen, dass er sie gern hat. Nachdem ihm diese schwierige Situation gelungen ist und er sich mit Eva für den nächsten Abend verabredet hat, kommen ihm die nächsten Bedenken: Was soll er tun, wenn sie mit ihm auf einmal schlafen möchte, und wo soll er rechtzeitig Kondome besorgen? Sein bester Freund beruhigt ihn jedoch und hilft mit Ratschlägen. Am Ende der Geschichte wird auf zwei Seiten im Comic-Stil die richtige Anwendung des Kondoms erläutert.36 Die Broschüre „Mädchensachen – Alles über Freundschaft, Liebe, das erste Mal, Lust und Frust, Sex und Aids“ richtet sich an Mädchen vor und in der Pubertät. Sie werden über den weiblichen Körper und seine Veränderungen, über Schwangerschaft, Verhütungsmittel und den Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten inklusive HIV/Aids informiert. Mit dem Ziel, die Aids-Prävention breit und sexualpädagogisch einzubetten, setzt sie sich jedoch auch mit vielen anderen Themen auseinander, die für Mädchen interessant sind: Verliebt sein und Eifersucht, die beste Freundin, Erwachsenwerden, Auseinandersetzungen mit den Eltern, Schönheitsideale, das erste Mal, Anmache, Belästigung, Drogen usw.37 „In unserer Straße – Jungsgeschichten“ - dies sind die Geschichten von acht Jungen, die alle in der gleichen Straße, irgendwo in Deutschland wohnen. Sie und dazu fünf Mädchen sind eine Clique von 16- und 17-jährigen Jugendlichen. Manche sind verliebt ineinander und ein Paar geworden. Andere haben sich verliebt, sind aber trotzdem noch solo und wie der Rest auf der Suche nach dem ersten Liebesglück. Da platzt eine unerwartete Neuigkeit in ihre Welt: Oliver, ein Junge aus der Nachbarschaft, hat einen HIV-Test gemacht - und der ist „positiv“! Oliver ist also HIV-infiziert. Die Jugendlichen sind erschrocken darüber, dass Aids ihrem Leben plötzlich so nahe rückt. Das war bisher weit weg von ihnen, und nun kennen sie einen Menschen, der infiziert ist. Sie fangen an, über sich selbst nachzudenken: Wie vorsichtig oder unvorsichtig war ich bisher bei meinen eigenen sexuellen Erfahrungen? Wie wichtig ist mir Treue? Kann 36 Vgl.,http://www.bzga.de/infomaterialien/aidsaufklaerung/comic-alles-ganz-easy/, 10.12.2009 Vgl.,http://www.bzga.de/infomaterialien/aidsaufklaerung/maedchensachen-alles-ueberfreundschaft-liebe-das-erste-mal-lust-und-frust-sex-und-aids/, 10.12.2009 37 22 ich den anderen vertrauen? Und weiß ich überhaupt, wie ich mich vor einer HIVInfektion schützen kann? In “Jungs Geschichten” kann man die Gespräche der Jugendlichen über Olivers Schicksal verfolgen und nicht nur ihre Geheimnisse, Ängste und Wünsche erfahren, sondern auch alles über den Schutz vor Aids.38 3.5.3. Plakate, Postkarten und Aufkleber „Fliegende Herzen“ Leporello zum Kondomgebrauch richten sich an die Gesamtbevölkerung, empfehlen sich jedoch insbesondere für Menschen mit einer geringen Lesefertigkeit der deutschen Sprache. Mit anschaulichen und humorvollen Zeichnungen wird der Gebrauch von Kondomen ohne viel Worte erläutert. Der Hinweis "Öle und Fette zerstören das Kondom" ist in 18 Sprachen übersetzt. 39 „Rolfi geht auf’s ganze“ Leporello bringt den Jugendlichen auf humorvolle Weise das Thema Kondomgebrauch nahe. Der Protagonist des Comics "Rolfi" zeigt mögliche Tücken bei der Kondomanwendung und klärt über die richtige Handhabung auf. Begleitet werden die Bilder von einem kurzen und fröhlichen Text.40 Die „klassischen“ Motive der bekannten „mach’s mit“-Kampagne, die sich auf diesen Plakaten und Aufklebern befinden, basieren auf einfachen Grundprinzipien, die die Gestaltung bestimmen: bunte, frontal abgebildete Kondome und witzig-freche oder überraschende Sprüche bilden den Kern des Konzepts. Die Headline ist kurz und bildet zusammen mit jeweils variierenden, flankierenden Zeichnungselementen ein Wortspiel und gibt einen Impuls zu einer gezielten Assoziation. Der zentrale Slogan “mach’s mit” sorgt seit 1994 durch seine Prägnanz dafür, dass die Botschaft vom Empfänger erinnert wird. 41 Die Plakaten der „mach´s mit“-Kampagne werden weiter ausführlich beschrieben, weil sie als das Material bei der Untersuchung der Werbesprache dienen. 38 Vgl, http://www.bzga.de/infomaterialien/aidsaufklaerung/in-unserer-strasse-jungsgeschichten/, 10.12.2009 39 Vgl., http://www.bzga.de/infomaterialien/aidsaufklaerung/fliegende-herzen-leporello-zumkondomgebrauch/, 10.12.2009 40 Vgl.,http://www.bzga.de/infomaterialien/aidsaufklaerung/rolfi-geht-aufs-ganze/, 10.12.2009 41 Vgl.,http://www.bzga.de/infomaterialien/machs-mit-kampagne-klassisch-plakate-und-aufkleber/, 10.12.2009 23 3.5.4. Hörfunkspots Seit 1998 sind die Hörfunkspots ein zusätzlicher Baustein der Kampagne. Sofort ist diese Initiative ein fester Bestandteil der Aidsprävention geworden. Der Erfolg ist auch vielen Prominenten zu verdanken, die gern vor das Mikrofon gekommen sind. Zahlreiche bekannte Künstler und Künstlerinnen – wie Hella von Sinnen, Hugo Egon Balder, Atze Schröder, Rüdiger Hoffmann, Anette Frier und viele andere – haben sich stark in den vergangenen Jahren für die Hörfunkkampagne engagiert. Jedes Jahr Anfang Dezember kann man bei allen Sendern mehr als ein Dutzend Hörfunkspots zum Thema Aids hören. Über 55 Radiosender strahlen regelmäßig und gebührenfrei die Spots aus. Alle Spots kann man im BZgA Medienarchiv unter www.bzga-avmedien.de finden.42 3.5.5. Der Welt-Aids-Tag An einem Tag im Jahr steht das Thema Aids und die Solidarität mit den Betroffenen im Zentrum des öffentlichen Interesses. Seit 1988 ist der 1. Dezember der Welt-Aids-Tag. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung organisiert zum Welt-Aids-Tag die Aktion „Gemeinsam gegen Aids“, die auch mit dem Bundesministerium für Gesundheit, der Deutschen AIDS-Hilfe und der Deutschen AIDS-Stiftung durchgeführt wird. Mit dem Ziel, möglichst viele Manschen zu erreichen, arbeitet BZgA schon seit Jahren mit Prominenten wie Boris Becker, Hannelore Elsner, Benno Fürmann, Verona Pooth und vielen anderen zusammen. Diese Strategie, dass der Welt-Aids-Tag durch prominente Personen bekannt wird, ist von BZgA seit Jahren weiterentwickelt und – geführt. Daraus kommt auch das Konzept der Welt-Aids-Tag-Botschafterinnen und Botschafter, die den Grundgedanken „Gemeinsam gegen Aids“ besonders eindrucksvoll vermitteln. Bisherige und neue Botschafter und Botschafterinnen wie Christiane Paul, Samy Deluxe und Phillip Lahm hat man 2007 und 2008 dank der Unterstützung zahlreicher Partner und Unternehmer auf aufmerksamkeitsstarken Großplakaten und in TV- und Kinospots sehen können. 42 Vgl. Dokumentation 1985-2009, BZgA, Köln, S. 32 24 Jeder kann sich auf dem Portal www.welt-aids-tag.de als Welt-Aids-Tag- Botschafterin oder -Botschafer eintragen um seine Solidarität mit Betroffenen zu zeigen. Etwa 10 000 Menschen mit unterschiedlichen Alters und aus allen Gesellschaftsschichten haben sich bis Mitte 2009 auf diesem Portal angemeldet. Und die Zahl der Anmeldungen steigt immer weiter. 43 Abbildung 2: Das Welt-Aids-Tag- Plakat mit dem Botschafter Phillip Lahm,200844 43 Vgl., Dokumentation 1985-2009, BZgA, S. 30 Quelle: www.bzga.de, 10.12.2009 44 25 2.5.6. Internetangebot www.gib-aids-keine-chance.de – diese Seite ist das Portal der Kampagne „GIB AIDS KEINE CHANCE“. Hier kann man das sämtliche Angebot und Medien der BZgA rund um HIV/Aids und andere sexuell übertragbare Krankheiten finden. Termine und Veranstaltungen, Projekte, personalkommunikativen Angebote zur Aidsprävention, Informationen zu Safer Sex, Kondomen, HIV-Test, eine Übersicht über alle Beratungsstellen in Deutschland – so umfangsreich ist die Webseite von BZgA. Und alle lieferbaren Materialien einschließlich fremdsprachiger Medien können online bestellt werden.45 www.machsmit.de – diese interaktiv orientierte Seite begleitet die mach´s mit- Kampagne. Man findet hier neben den Plakatmotiven weitere zielgruppenspezifische Anzeigenmotive, online-Werbemittel und weitere Elemente zur Kampagne. Die User haben hier auch die Möglichkeit, ihre eigene Motive zu entwerfen und zur Bewertung von anderen User online zu stellen.46 www.loveline.de – Jugendhomepage zu Liebe, Partnerschaft, Sexualität und Verhütung. An dieser Seite werden den jungen Menschen durch Spaß z.B. durch Wissensspielen wichtige Informationen über Aids und Safer Sex vermittelt. Auch mit Chats, Lexikon, FAQs, Umfragen, News und monatlichen Schwerpunktthemen können Jugendliche aktuell ihr Wissen erweitern. Das ist nicht alles, was die BZgA im Internet anzubieten hat – u.a. www.aids.de, www.check-dein-risiko.de, www.aidsberatung.de – die Liste von Internetangeboten ist sehr lang. 45 Vgl., „Aids-Prävention. Medienübersicht 2009/2010“ von http://www.bzga.de/infomaterialien/medienuebersichten/medien-und-materialien-zur-aidspraevention/, 17.12.2009 46 Vgl.,„Aids-Prävention. Medienübersicht 2009/2010“ von http://www.bzga.de/infomaterialien/medienuebersichten/medien-und-materialien-zur-aidspraevention/, 17.12.2009 26 3.6. Strategie der Kampagne Die BZgA führt die gesellschaftliche Lernstrategie, die auf modernen gesundheits- und sozialwissenschaftlichen Konzepten beruht. Im Zentrum dieser Strategie steht die Organisation eines nachhaltig angelegten Lernprozesses der gesamten Bevölkerung und der relevanten Zielgruppen. Diese Strategie baut auf Aufklärung, Motivation zum Selbstschutz, Solidarität mit Betroffenen und auch auf persönliche Beratungs- und Versorgungsangebote vor Ort. 47 Die zweite und genauso wichtige Strategie der Kampagne ist „Keine-Angst-MachenStrategie“. Die wissenschaftliche Auswertung von auf Schock beruhenden Kampagnen hat gezeigt, dass Motive und Botschaften, die Angst auslösen, in den Zielgruppen abgewehrt werden und kontraproduktiv sind. Die Schock und Angst auslösende Bilder, an denen eine sich nicht ändern lassende Situation dargestellt wird, entmutigen dem Betrachter. Die Maßnahmen von Kampagne GIB AIDS KEINE CHANCE zeigt den Menschen konkrete Handlungsmöglichkeiten, wie sie handeln sollen, um die Infektion mit HIV zu verhindern. 47 Vgl. Dokumentation 1985 – 2009, BZgA, S. 20 27 4. Plakate – das beliebteste Werbemittel der Aidskampagne von BZgA Werbeplakate begegnen uns überall – auf der Straße, an den Bus- und UBahnhaltestellen, an Liftfasssäulen, in Zeitschriften. All diese Plakate verfolgen den Zweck, den Menschen ihre Werbebotschaft nahe zu bringen. Ein Plakat ist ein Zeichen, ein Werbemittel, weil es eine Nachricht enthält, die vermittelt werden soll. Und die semantische Information, die vom Plakat transportiert wird, kann variieren. Es kann über ein Ereignis, wie z.B. eine Ausstellung informieren, oder eine Aufforderung zum Kauf beinhalten. Dabei werden durch das Plakat verschiedene Personenkreise erreicht, die der Information Folge leisten können, das heißt, die Ausstellung besuchen oder ein Produkt kaufen können. Es ist dabei wichtig, dass der Adressat nicht direkt erreicht wird, indem er keine persönliche Einladung oder kein persönliches Werbeschreiben erhält. Die Botschaft, die das Plakat vermittelt, steht im öffentlichen Raum und ist dadurch jedem Betrachter zugänglich. Der Passant bekommt die Möglichkeit, es zu wählen, ob er das Plakat wahrnehmen will oder nicht. Er wählt vor allem nach persönlichen Interessen oder Fähigkeiten. 48 Die Designer, die das Plakat entwerfen, verfolgen das Ziel verschiedene Zeichen zu finden, die der schnellen und sicheren Vermittlung der Botschaft oder des Produktes dienen. Sie sollen die unmittelbare Aufmerksamkeit des Betrachters erregen. Am häufigsten zählt dabei der erste Eindruck. Zusätzlich zu der Anordnung, der Schriftgröße, usw., spielt die gesamte Umgebung, wie Ort, Beleuchtung, eine große Rolle. Ein weiteres Kriterium der Wirksamkeit eines Plakates ist, ob die Information direkt wahrgenommen werden kann, oder ob sie verschlüsselt ist, dann braucht der Betrachter möglicherweise mehr Zeit, sie zu verstehen. Ein Plakat soll immer eine Wirkung haben. Es ist nie eine Feststellung, sondern besitzt eine Aufforderung, eine bestimmte Handlung auszuführen. Dabei zielen die Produzenten des Plakates häufig auf die suggestive Wirkung ab. Hier gilt die Theorie, dass, je raffinierter die Zeichen und ihre ästhetische Anordnung eingesetzt werden, umso leichter wird der gewünschte Effekt erzielt. Das Ziel wird erreicht, wenn ein 48 Vgl. Kusabuka, Koji: Semiotische Bemerkungen zum Plakat. In: Zeichen. Aufsätze zur Semiotik., Hrsg. von Elisabeth Walther, Weimar: Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften, 2002, S. 231 28 Plakat schon auf den ersten Blick die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Und wenn die Aufmerksamkeit erweckt wird, so kann sich der Betrachter näher mit der Information des Plakates auseinandersetzen. Versteht er diese, besteht die Möglichkeit einer Handlung , also der Aufforderung dieses Plakates nachzukommen. Die Kampagne „GIB AIDS KEINE CHANCE“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung nutzt viele Wege der Massenkommunikation, wie TV-Spots, Internet, Anzeigen und Plakate. Und das Plakat ist das beliebteste Werbemittel der Kampagne, weil so durch es die Gesellschaft mit der Botschaft „mach´s mit“ am schnellsten erreicht wird. Die Idee zu neuen Plakaten der Kampagne wird in Zusammenarbeit mit der Zielgruppe entwickelt: im Rahmen eines Kreativwettbewerbs. In dem Mittelpunkt der „mach´s mit“-Plakate steht unübersehbar das Kondom als Motiv. Und die riesigen Kondome waren anfänglich eine Sensation, sind jedoch schon bald zur Normalität geworden. Und obwohl das Kondom-Bild nicht mehr so stark überrascht, ziehen die Plakate große Aufmerksamkeit auf sich. Die Plakate der „mach´s mit“-Kampagne gehören zu den LOW-INVOLVEMENTANZEIGEN. Die Bilder, durch die vor allem visuell kommuniziert wird, wirken emotionsstimulierend und der Bildinhalt wird in den kurzen Schlagzeilen paraphrasiert. Es wird hier auch an das Verhalten und Gefühl des Betrachters appelliert. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ist hier der Sender der Werbung. Die konkrete Intention der BZgA , der sie mit einer bestimmten Kampagne nachgeht, ist es, die Gefahr der AIDS-Krankheit zu zeigen und vor ihren lebensbedrohlichen Folgen zu warnen. Der Sender ist besonders glaubwürdig – die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) ist in Deutschland die zentrale Umsetzungs- und Koordinierungsstelle für die Aidsprävention. Diese Kampagne wird auch von vielen Prominenten unterstützt. Mit dem Werbeinhalt wird ein konkretes Inhalt verfolgt: die Kondome zum alltäglichen Gegenstand zu machen, die Konsequenzen der Nichtbenutzung zu verdeutlichen und Anstöße zum Nach- und Umdenken zu geben. Das Plakat ist hier das Hauptwerbemittel dieser Kampagne. 29 Die Zielgruppe, also der Empfänger dieser Werbung, besteht vor allem aus jungen Manschen. Diese Gruppe lässt sich eher mit einer emotionalen als einer rationalen Werbung ansprechen – bei den Jugendlichen steht das Herz vor der Vernunft. 30 4.1. Bausteine des Werbeplakats Abbildung 3: „Sommernachtsträumen“49 49 Quelle: www.bzga.de, 15.02.2010 31 4.1.1. Schlagzeile Als eine Schlagzeile wird hier der Aufhänger einer Anzeige bezeichnet. Sie ist das zentrale Element und ihre Aufgabe ist es, Aufmerksamkeit und Leseinteresse bei den Rezipienten zu wecken. Die Werbeleute nennen die Schlagzeile auch Headline. Bei den Plakaten existiert die Schlagzeile in den meisten Fällen als einziger Werbetext, abgesehen von dem Produktnamen und eventuell dem Slogan. Sie thematisiert den im Vordergrund stehenden Zusatznutzen, der produktspezifisch und Aufmerksamkeit erregend ist. Dieser Zusatznutzen wird von Werbefachleuten als USP (unique selling proposition – einzigartige Verkaufsaussage) bezeichnet. Über die USP/den Zusatznutzen versuchen die Werbeagenturen das beworbene Produkt von den Konkurrenzprodukten abzugrenzen, auch wenn Unterschiede kaum zu merken sind. Der Zusatznutzen besteht darin, dass zum Beispiel: - eine PRODUKTEIGENSCHAFT hervorgehoben wird, z.B. die Neuheit des Produkts - eine besondere VERWENDUNGSSITUATION oder ein Verbrauchaspekt aufgezeigt wird - ein besonderer NUTZEN FÜR DEN KONSUMENTEN genannt wird Bei der Schlagzeile werden sprachliche Strategien eingesetzt, die Aufmerksamkeit und Interesse erregen sollen, wie z.B. Frage, Ausruf, Aufforderung, Wortspiel u.a. Die Schlagzeile und die Bildelemente einer Anzeige haben die gemeinsame Funktion des Blickfangs und existieren in den engsten Wechselbeziehungen.50 Auf jedem Plakat von der Kampagne der BZgA ist eine originelle Schlagzeile zu lesen – und jedes Bild hat seine eigene Überschrift. Am häufigsten sind das kurze Schlagzeilen, die aber ihre Aufgabe – die Aufmerksamkeit wecken und zum Nachdenken bringen – auf dem höchsten Niveau erfüllen. Aber um die Schlagzeile richtig zu verstehen, muss man schon bestimmte Kenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Hier werden auch die früher erwähnten sprachlichen Strategien verwendet, dazu kommen noch bestimmte Varietäten, wie Jugendsprache, Anglizismen. Und was 50 Vgl. Janich, Nina, 2005, S.46 32 dabei überraschend ist, die Schlagzeilen werden nicht von Werbeleuten oder Agenturen ausgedacht, sondern von der größten Zielgruppe der Kampagne – von jungen, kreativen Menschen. Die Schlagzeilen bei der „mach´s mit“-Kampagne sind am häufigsten in der Form eines unvollständigen Satzes. 4.1.2. Fließtext Die Funktion des Fließtextes, von den Werbefachleuten auch Copy, Textbody oder Body Copy genannt, besteht darin, dass er den in der Schlagzeile thematisierten Aufhänger als Text-Thema aufgreift und in einer stilistisch und semantisch kohärenten Form ergänzt. In dem Fließtext kann man mehr Informationen über das Produkt finden als in der Schlagzeile oder im Slogan – was durch verschiedene Funktionen dieser Anzeigeelemente erklärt werden kann. Nur in seltenen Fällen wird der Fließtext einer Anzeige ganz oder überhaupt gelesen, und dadurch übernimmt er eher eine suggestive Funktion, als eine informative. Selbst sein Vorhandensein macht das Produkt glaubwürdig. Shortcopies – Kurztexte, bis fünf Sätze – dienen laut Zielke mehr der Erzeugung von Glaubwürdigkeit als der Produktinformation. Und Longcopies – Langtexte, die länger als fünf Sätze sind – haben eher einen informatorischen Charakter. Sie werden auch oft optisch gegliedert, z.B. durch Zwischenüberschriften (Sublines) oder einen typographisch hervorgehobenen Vorspann (Intro(duction).51 Bei den Plakaten der „mach´s mit“-Kampagne befinden sich im Fließtext am häufigsten die Informationen über die Aktion der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die Nummer der Telefonberatung, die Internetseite und manchmal auch ein paar Sätze über Kondome, die nicht nur von einer HIV-Infektion schützen, sondern auch das Risiko einer Ansteckung mit anderen sexuell übertragbaren Krankheiten verringern, ohne moralische Ansprache. 51 Vgl. Janich, Nina, 2005, S. 48 33 4.1.3. Slogan Der Slogan nimmt zur Vermittlung der Werbebotschaft eine zentrale Rolle ein, da er meist als direktes Identifikationsmerkmal überzeugend wirken soll und zunächst aber auch erstmal verstanden werden möchte. Nach Piersig dient der Slogan zur Herstellung eines bestimmten Images durch wiederholtes Einsetzen in verschiedenen Werbemitteln. Sie weist des Weiteren darauf hin, wie wichtig Einprägsamkeit und hoher Wiedererkennungswert eines Slogans sind.52 Was wäre denn die Werbung ohne einprägsame Werbeslogans? Diese meist kurzen, prägnanten Sprüche verbinden den Hörer schon nach wenigen Wiederholungen fest mit dem Produkt, mit der Marke oder dem Unternehmen. Sie beschreiben in meist kurzer, knackiger Form das Angebot oder Produkt, das beworben wird oder auch den Anbieter, beispielsweise hinsichtlich seiner Motivationen und Intentionen. Manche Werbeslogans werden als Kult bezeichnet und gehen als eine Art moderner Worte in die Alltagssprache ein. Der Slogan wird anzeigen- und meist medienübergreifend eingesetzt, deswegen kann er nicht zugleich den konkreten Inhalt einer einzelnen Anzeige zusammenfassen. Zielke weist auf die Unterschiede zwischen dem Slogan und dem Anzeigenabbinder Claim hin. Der wichtigste Unterschied: Der Claim besitzt keinen Wiederholungscharakter, wie das der Fall beim Slogan ist.53 Zielke meint: „ Insofern sind Claims als Sinn- und Merksprüche zu verstehen, die ein Fazit der werblichen Ausführungen einer Body-Copy (des Fließtextes) ziehen und als solches von ihren Lesern in Erinnerung behalten werden sollen.“54 Slogans konzentrieren sich dagegen auf die Inhalte der Anzeigen und sorgen durch ihre häufige Wiederholung und lange Lebensdauer für die Wiedererkennung. Wenn man einen guten Slogan erstellen will, muss man nach Fritz bestimmte Merkmale berücksichtigen: - Objektbezug - Brisanz - Eingängigkeit 52 Vgl. Piersig, Susann, Anglizismen in der Werbung – ein Vergleich zwischen dem Deutschen und dem Spanischen., Akademische Schriftenreihe, GRIN Verlag, 2009, S. 22 53 Vgl. Janich, Nina, 2005, S. 49 54 Zielke, Achim, Beispiellos ist beispielhaft oder: Überlegungen zur Analyse und zur Kreation des kommunikativen Codes von Werbebotschaften in Zeitungs- und Zeitschriftenanzeigen. Pfaffenweiler, 1991, zitiert nach: Janich, Nina, 2005, S. 49 34 - kurz und knapp - Assoziationskraft - gut erinnerbar - Rhythmus - gleichermaßen sprechbar wie singbar55 Die Identifikationsfunktion ist die zentrale Funktion des Slogans. Man soll den Slogan sofort mit einer Ware oder einem Unternehmen verbinden. Die Werbeagenturen haben die Absicht, einen Slogan in einer einprägsamen Form zu gestalten und das führt dazu, dass spezielle Sprachliche Mittel gewählt werden. Wie bei der Schlagzeile kann man auch bei dem Slogan die Produkt-, die werbende Unternehmen- und die Konsumententhematisierung unterscheiden.56 Die Plakate von Aidskampagne der BZgA sind immer mit dem Slogan „mach´s mit“ gekennzeichnet. Der Slogan appelliert an die Eigenverantwortung ohne moralische Ansprache, erhobenen Zeigefinger oder gar Angsterzeugung, sondern mit einer positiven Botschaft. In der Öffentlichkeit wird „mach´s mit“ in hohem Maße akzeptiert. 4.1.4. Produktname Die Plakate von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung werben für kein konkretes Produkt – sie werben für Kondome, aber ohne einen Hersteller und eine Marke zu nennen, deswegen findet man auf diesen Plakaten keinen Produktnamen. Nina Janich erklärt, dass die Produktnamen eine Zwischenstellung zwischen Eigennamen und Appellativen einnehmen. Einerseits identifizieren die Produktnamen, gleich wie Eigennamen, die Einzelobjekte, andererseits benennen sie, wie Appellative, ganze Klassen von Gegenständen mit bestimmten Eigenschaften. Die Namen von bekannten Marken oder Produkten können wie echte Appellative verwendet werden und gehen in die Alltagssprache ein, z.B. Tesa für alle Arten von Klebestreifen. Ein solcher Vorgang wird Deonymisierung genannt. Die Produktnamen können eine produkt-, sender- oder empfängerbezogene Funktion aufweisen. Die Werbeforscher unterscheiden auch drei 55 Vgl. Fritz, Thomas, Die Botschaft der Markenartikel. Vertextungsstrategien in der Werbung., Thübingen, 1994, S. 157 56 Vgl. Janich, Nina, 2005, S. 50 35 Formen von Produktnamen, wie Übernahmen (von geographischen oder Personennamen, von Fremdwörtern), Konzeptformen (Abwandlung oder Verfremdung existierender Wörter) und Kunstwörter. 4.1.5. Logo Das Logo ist die ästhetische graphische Darstellung des Unternehmens- oder Markenschriftzuges. Es sollte zeitgemäß gestaltet, einprägsam und unverwechselbar sein. Desweiteren ist von großer Bedeutung, dass das Logo mit anderen in einer Anzeige verwendeten Gestaltungselementen harmonisiert und durch seine Gestaltung einen bleibenden Erinnerungswert erhält.57 Die Kampagne zur Aidsprävention ist mit dem Logo „GIB AIDS KEINE CHANCE“ bezeichnet worden und jetzt gehört es zu den bekanntesten Marken in Deutschland. Fast 90% der deutschen Bevölkerung kennen das Logo. Auf dem weißen Feld stehen große schwarze Buchstaben und das Wort „AIDS“ - mit weißen Buchstaben geschrieben – befindet sich auf rotem Grund und fällt sofort ins Auge. Das Logo ist klar, deutlich und einfach, und nur ein Mal gesehen, hat man es nicht so schnell vergessen. Das Logo stellt die Kampagne in einen größeren Kontext und will deutlich machen, dass es nicht um Kondomwerbung im Allgemeinen geht, sondern um den Kampf gegen Aids. Abbildung 4: Das Logo der Kampagne „GIB AIDS KEINE CHANCE” 58 57 Vgl. Fritz, Thomas, Die Botschaft der Markenartikel. Vertextungsstrategien in der Werbung., Thübingen, 1994, S. 157 58 Quelle: www.bzga.de, 16.12.2009 36 4.2. Bildelemente Das Bild ist für werbliche Kommunikation von großer Bedeutung. Es dient als wichtiger Blickfang, wird zuerst wahrgenommen und schneller als Texte inhaltlich erfasst. Ein Bild kann besser emotionale Inhalte vermitteln, besonders wenn es assoziationsreich ist und eine persönliche Betroffenheit auslöst. Die Bilder können eine große Erinnerungskraft aufzeigen und sie werden schneller als ein Textinhalt akzeptiert, weil sie den Eindruck der Objektivität bei dem Rezipienten schaffen. Die Bilder sind also bei der Präsentation eines Produktes, Erregung der Aufmerksamkeit und Vermittlung der emotionalen Inhalte unentbehrlich. Durch gezielte Werbestrategien mit Bildern entstehen so genannte Gedächtnisbilder, mit denen die Firmen und Marken identifiziert werden.59 Die Aidskampagne von der BZgA wird mit klaren bildlichen Vorstellungen von Kondomen verbunden. Auf jedem Plakat tauchen Kondomen auf, weil sie das eigentliche beworbene Produkt darstellen, und weil das Hauptziel der Kampagne in der Verwendung von Kondomen besteht. Die Werbebilder haben also drei wichtige Aufgaben zu erfüllen: Aufmerksamkeit und Aktivierung zu erzeugen, Informationen zu vermitteln, Emotionen auszulösen. Und vor allem sollen sie die Erinnerungsprozesse an Werbebotschaften erleichtern.60 4.2.1. Die Text-Bild-Beziehungen bei „mach´s mit“-Plakaten Das Bild allein spielt bei einer sprachwissenschaftlichen Analyse der Werbung keine große Rolle, aber wenn es in einem bestimmten Bezug zu dem Text steht, wird es zu einem konstitutives Element der Werbekommunikation. Sprache und Bild ergänzen sich in der Werbung gegenseitig und sind aufeinander abgestimmt. Sehr oft ist es aber der Fall, dass die wichtigere Funktion bei der Vermittlung der Werbebotschaft entweder bei der Text- oder Bildseite liegen kann. Man unterscheidet also zwischen einer TEXT- und BILDZENTRIERTEN Werbung. 59 60 Vgl., Janich, Nina, 2005, S. 60 Ebd.,S. 63 37 Bei den Plakaten der „mach´s mit“ Kampagne wird aber die Strategie der REZIPROK MONOSEMIERENDE WERBUNG61 eingeführt. Die Schlagzeilen entstehen nach vielen verschiedenen sprachlichen Strategien der Werbung, wie Wortspiele, Anglizismen, Phraseologismen, Ausdrücke aus der Jugendsprache und der Text könnte aufgrund seiner Mehrdeutigkeit, seiner Vagheit, seiner Unverständlichkeit und wegen bewusster Verfremdung ohne das Bild nicht verstanden werden – und umgekehrt. Das Bild macht den Text eindeutig und der Text erläutert das Bild. Oft ist der Text ohne Bild allein gar nicht verständlich oder erhält seine witzige oder vieldeutige Dimension erst durch das Zusammenspiel mit dem Bild. 4.2.2. Bilder als semiotischer Kode Die einer Werbung kann man verborgene und offensichtliche Inhalte finden. Die Semiotiker versuchen die verborgenen Inhalte zu erkennen und zu deuten. Die Bilder stehen im bestimmten Verhältnis zum Abgebildeten und es kommt zu einer Klassifikation entsprechend der vom Rezipienten zu erbringenden Interpretationsleistung. Nach Charles Sanders Peirce unterscheidet die Semiotik traditionell drei Zeichenklassen: 1. Index (= „Anzeiger“), 2. Ikon (= „(stilisiertes) Abbild“), 3. Symbol (= „Kennzeichen, Zeichen)62 Indexikalische Zeichen sind hinweisende Zeichen, die in einer direkten kausalen Beziehung zum Bezeichneten stehen, z.B. Rauch ist ein indexikalisches Zeichen für Feuer, und durch welche die Aufmerksamkeit des Rezipienten gelenkt wird. Demgegenüber stehen ikonische Zeichen in einer Abbild- oder Ähnlichkeitsrelation zum Bezeichneten. Für Peirce stellen die ikonischen Zeichen in der Werbung realistische Bilder und andere Bildelemente dar, die sich durch Ähnlichkeit auf ihr 61 62 Vgl., Janich, Nina, 2005, S. 192 Ebd.,S. 63 38 Objekt beziehen. Durch das indexikalische Zeichen kann das ikonische Zeichen erst anders interpretiert werden. Und Symbole sind konventionalisierte Zeichen, die in keinerlei logischem Bezug zum Bezeichneten stehen, sondern als solche verabredet sind.63 Das beispielweise die Taube für den Frieden steht, ist völlig zufällig entstanden und beruht auf gesellschaftlichen Konventionen, es hätte auch jeden anderen Vogel oder Gegenstand treffen können. Nach Peirce erscheinen Symbole als visuelle Logos, Markenzeichen und in der Sprache. 4.2.3. Versuch der Bildbeschreibung nach der semiotischen Klassifizierung. - „Weltsprache“ Abbildung 5: „Weltsprache“64 63 64 Vgl. Janich, Nina, 2005, S. 63 Quelle: www.bzga.de, 23.01.2010 39 In der Mitte des Bildes befindet sich ein blaues Kondom und der Hintergrund ist schwarz mit weißen Punkten. Unten kann man die festen Bildelemente der Kampagne sehen: rechts in weißer Schrift den Slogan „mach´s mit“ und die Internetseite, links – das Logo „GIB AIDS KEINE CHANCE“. Oben ist die Überschrift „Weltsprache“ zu lesen. Das blaue Kondom ist auf dem Bild ikonisch abgebildet. Der schwarze Hintergrund stellt auf der indexikalischen Ebene das schwarze Firmament mit den Sternen dar. Ohne diesen Hintergrund, also ohne das indexikalischen Anzeichen, wäre es schwierig zu erkennen, dass das blaue Kondom die Erde aus der Sicht des Weltalls darstellt. Symbolisch betrachtet wird auf dem Bild die Erde und, nach der Kondomabbildung, der Geschlechtsverkehr auf der Erde präsentiert. Die Schlagzeile „Weltsprache“, die als Symbol fungiert, bezieht sich auf das Kondom – er wird auf der ganzen Welt benutzt. Die Sprache an sich gesehen ist kommunikativ und beschreibt ein Miteinander. Dieses Miteinander kann man wiederum auf das Kondom beziehen, weil der Geschlechtsverkehr im übertragenen Sinne eine Kommunikation zwischen zwei Menschen bedeutet. AIDS gehört zu den Krankheiten, die auf der ganzen Welt lebensbedrohlich sind, und es hat keine Bedeutung, ob man in Deutschland wohnt, oder in Afrika – wo die Zahl der infizierten Menschen am größten ist – man soll, oder sogar muss sich schützen. Und das ist die wichtigste Information, die die „mach´s mit“-Kampagne mit Hilfe dieses Plakates vermitteln will. 40 - „Für Verliebte“ Abbildung 6: „Für Verliebte“65 Auf dem Bild sieht man eine Brille, die aus zwei Kondomen – als Gläser und einem schwarzen Gestell - besteht. Auf der semiotischen Ebene ist das Bild anders zu bewerten. Ikonisch sind auf dem Plakat zwei rosa Kondome abgebildet, die indexikalisch aber für den Geschlechtsverkehr stehen. Das schwarze Gestell, das die Kondome verbindet, stellt ikonisch ein Brillengestell. Dies hat eine indexikalische Bedeutung, dass die Funktion des gesamten Gestells von den Gläsern abhängt. Die Farbe der Kondome weißt auf die Rosa-Rote-Brille hin, durch die man die Welt nicht mehr grau, sondern nur mit rosa Farben sehen kann. Das ist ein Symbol für Liebe, die genauso wie die Rosa-Rote-Brille den Verliebten die Welt mit rosa Farbe malt. Liebe macht glücklich aber auch, wie sagt der alte Spruch – „Liebe macht blind“, der Blick wird durch die Gefühle verklärt, deswegen brauchen die Verliebten auch eine Brille. Die jungen, frisch verliebten Menschen übersehen oft die Gefahr, die in sich der ungeschützte Geschlechtsverkehr in sich birgt, vor allem mit einem neuen Partner. Durch die Schlagzeile „Für Verliebte“ wird hier auch die Zielgruppe genannt – junge Menschen, die sich vielleicht zum ersten Mal verlieben, die noch nicht ernst an die Zukunft denken und die den Geschlechtsverkehr erst beginnen. Und die Kampagne 65 Quelle: www.bzga.de, 23.02.2010 41 wendet sich vor allem an diese Personen, damit ihre ersten Erfahrungen keine lebenswichtige und lebensbedrohliche Wirkung auf ihre Zukunft haben. 42 5. Sprachliche Strategien der „mach´s mit“ Kampagne 5.1. Anglizismen in der Werbung. Anglizismen in der Aids-Kampagne. Die englische Sprache und Anglizismen treten sehr häufig in der Werbung auf. Weltweit hat sich Englisch als Wirtschaftsprache durchgesetzt und ist aus keinem internationalen Unternehmen wegzudenken. Einerseits kommunizieren internationale Unternehmen und Manager untereinander auf Englisch, andererseits ist diese Anglizierung auch bereits bis zur Kommunikation mit den Kunden durchgedrungen. Ulrich Ammon weist auf die Allgegenwärtigkeit des Englischen im deutschsprachigen Raum hin, sei es in der Werbung, in Annoncen oder bei Produktnamen. Er betont, dass Französisch, Italienisch und erst recht andere Fremdsprachen eine viel beschränktere Rolle spielen oder zumeist eher als eine Art Echtheitssymbol für Produkte aus den jeweiligen Mütterländern gelten.66 Schneider nennt als Gründe hierfür zum einen die Tendenz vieler Unternehmen, ihre globale Aktivität und Attraktivität zu demonstrieren. Zum anderen wirkt seiner Meinung nach Werbung mit Anglizismen professioneller auf den Rezipienten und das Unternehmen kann seinem Image eines „Global Players“ besser gerecht werden. 67 Hinter der Wahl zwischen Fremd- oder Landessprache lässt sich nunmehr eine Intention eines Unternehmers vermuten. Susann Piersig betont in ihrer Arbeit „Anglizismen in der Werbung – ein Vergleich zwischen dem Deutschen und Spanischen“, dass englische Produkte cooler aussehen und einem jüngeren Image entsprechen.68 Werbebotschaften auf Englisch oder in einer anderen Fremdsprache können auch den Wert eines Produktes erhöhen. Dieser Mehrwert ist oft mit höherer Qualität und internationalem Erfolg verbunden. „Englische Slogans demonstrieren Internationalität, Größe und Weltoffenheit“ sagt Dipl. Psych. M. Dorbert.69 „Wenn ein Produkt 66 Vgl. Ammon, Ulrich: Die internationale Stellung der deutschen Sprache. Walter de Gruyter Verlag, 1991, S. 210 67 Vgl. Schneider, Florian: Die Integration der englischen in die deutsche Sprache im 19. und 20. Jahrhundert., Akademische Schriftenreihe, GRIN Verlag, 2007, S. 7 68 Vgl. Piersig, Susann: Anglizismen in der Werbung – ein Vergleich zwischen dem Deutschen und dem Spanischen, Akademische Schriftenreihe, GRIN Verlag, 2009, S. 25 69 Vgl. Dobler, Christine: Erfolgreich werben auf den französischen Markt, VDM Verlag Dr. Müller, Saarbrücken, 2006, S.36 43 irgendwie cool oder hip sein soll, dann wird bei uns fast schon zwanghaft Englisch gesprochen“70 , so Ernst Corinth in seinem Artikel “Die deutsche Werbung spricht gern Englisch“. In einigen Bereichen der Wirtschaft gibt es für die Produktnamen keine richtige Übersetzung aus dem Englischen in die Landessprache und die Bezeichnungen sind in den allgemeinen Sprachgebrauch integriert worden. Bei den elektronischen Produkten sind viele Wörter wie z.B. Webcam und Abkürzungen wie MP3, USB, DVD usw. im Deutschen und vielen anderen Sprachen auf Englisch geblieben. Übersetzen oder auf Englisch lassen? Mit dieser Frage beschäftigen sich viele Werbeagenturen, die eine gute Werbekampagne schaffen möchten. Neue Produkte sollen angekündigt und vorgestellt werden. Dabei müssen viele Komponenten wie Medium, Botschaft und eventuell vorgefasste Meinungen berücksichtigt werden. Überdies ist die Wahl der Sprache besonders problematisch, wenn der zukünftige Markt ein neues Land ist. Englisch kann in seiner Eigenschaft als globale Sprache positive Wirkungseffekte für das Unternehmensimage erzielen. Eine einheitliche, kommunikative Positionierung ermöglicht die Vermittlung einer klaren kommunikativen Aussage und erzeugt somit ein länderübergreifendes Image, was sehr effizient und erfolgreich sein kann.71 Die Werbung von Lufthansa ist ein sehr gutes Beispiel einer standardisierter Werbestrategie. Die deutsche Fluggesellschaft ist weltweit mit dem Slogan: „There´s no better way to fly“ bekannt. Das Unternehmen erklärt diese strategische Entscheidung so: „Da unsere Kunden sich von Land zu Land und von Kontinent zu Kontinent bewegen, sollte es selbstverständlich sein, dass sie uns überall in unserer Werbung auch sofort mit Lufthansa identifizieren können. Je kontinuierlicher wir uns in unserem werblichen Auftreten verhalten, je weniger wir den Stil unserer Werbung variieren oder 70 Corinth, Ernst (2003): Die deutsche Werbung spricht gern Englisch, URL: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/15/15633/1.html, 29.12.2009 71 Vgl. Backhaus, Klaus/Büschken, Joachim/Voeth,Markus: Internationales Marketing, Schäffer-Poeschel Verlag, 2000, S.207 44 gar wechseln, umso größer ist die kumulierte Wirkung aller unserer werblichen Anstrengungen.“72 Im Gegensatz zu den positiven Aspekten einer einheitlichen Kommunikationssprache werden auch die Gefahren des Englischen als globale Sprache betont. Die englischen Sprachkenntnisse sind in Europa nicht optimal, und es kann zu Missverständnissen kommen, die im schlimmsten Fall zu Imageschäden für das Produkt oder Firma führen können. Der Übersetzungsprozess ist eine sehr komplexe Vorgehensweise und setzt vor allem auch kulturelle Kenntnisse voraus. Oft können bestimmte Botschaften aufgrund unterschiedlicher kultureller Prägungen einfach nicht verstanden werden.73 Von den 1014 befragten Personen der werberelevanten Zielgruppe im Alter von 14 bis 49 Jahren in Hamburg, Köln, Leipzig und München versteht im Schnitt nur jeder Vierte die vom Werber beabsichtigte Botschaft.74 Auch Sprachwitze und kulturraumspezifische Verweise sind nur begrenzt umsetzbar. Manchmal ist es besser, einen neuen Slogan zu entwickeln, als die vorhandene Vorlage zu kopieren, die dann vom Rezipienten nicht verstanden wird. Es bleibt jedoch die Frage, ob Konsumenten die Slogans überhaupt verstehen müssen, damit sie funktionieren. Denn tatsächlich behaupten Befürworter englischsprachiger Claims, dies sei nicht notwendig. „Die Werbung funktioniert wie englischsprachige Songs, Konsumenten kaufen, auch wenn sie den Text nicht verstehen“75 – meint Volker Miess in seinem Artikel „Impossible is nothing, ein imposantes Nichts?“ Die Anglizismen kommen auch bei den Schlagzeilen auf den „mach´s mit“ – Plakaten vor. 72 Kloss, Ingomar: Werbung. Handbuch für Studium und Praxis. 4.Aufl, Vahlen, München, 2007, S.403, zitiert nach Kreutzer 1989,S.316 73 Vgl., Kloss, Ingomar: Werbung. Handbuch für Studium und Praxis. 4.Aufl, Vahlen, München, 2007, S.403 74 Vgl.,Spiegel Online, Unverständliche Werbeslogans, 16.10.2009 von Mirja Pape, URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,655050,00.html 75 Miess, Volker: Impossible is nothing , ein imposantes Nichts?, Bild Zeitung, 28.11.2006 45 - „Dream – Team“ Abbildung 7: „Dream – Team“76 Auf dem Bild ist ein rotes Herz zu sehen und das blaue Kondom. Das Bild ist statisch. Die Farben sind nicht zufällig gewählt worden. Das rote Herz steht für Liebe, Freude, Emotionen und das blaue Kondom – für Sicherheit, Partnerschaft und Verantwortung füreinander. Und die Schlagzeile nennt diese Verbindung „Dream – Team“. Die Wörter kommen aus der englischen Sprache. Das Wort „Dream“ ist ein Substantiv und das deutsche Wort – „der Traum“ gibt die Bedeutung dieses Wortes am nächsten wieder. „Dream“ kann aber mit einer Verbindung mit anderem Substantiv die Funktion des Adjektivs annehmen – als etwas traumhaftes, ideales, gewünschtes. Das Wort „Team“ bedeutet eine Mannschaft, Gruppe, ein Paar. Das Wort ist aber kein fremdes Wort – „Team“ ist schon in die deutsche Alltagssprache übergegangen. Mit der Schlagzeile „Dream-Team“ wird eine ideale Verbindung bei dem Geschlechtsverkehr gemeint: einerseits Liebe, positive Emotionen, Leidenschaft und andererseits Schutz, Sicherheit, Verantwortung. 76 Quelle: www.bzga.de, 15.02.2010 46 Die Verwendung von Anglizismen richtet sich an die größte Zielgruppe der Kampagne – an die Jugendlichen, die sich oft des Englischen in der Alltagssprache bedienen. Die Anglizismen sind in der Jugendsprache zu einem Trend geworden. Mit der Übersetzung der Schlagzeile „Dream-Team“ hat man keine großen Probleme, es gibt ein paar bedeutungsähnliche Ausdrücke in der deutschen Sprache, wie „ideales Paar“, „ideale Verbindung“, aber keine von diesen Ersetzungen wirkt so stark, zieht das Interesse und die Aufmerksamkeit des Betrachters in gleichem Maße auf sich wie die Anglizismen. - „Fair play“ Abbildung 8: „Fair Play!“77 Auf dem Bild kann man ein gelbes Kondom und ein grünes Feld sehen. Das Kondom steht hier für einen Ball und das Feld für das Gras auf einem Spielfeld. Das Bild ist bunt und dynamisch – man kann den Eindruck haben, dass der Ball in Bewegung ist. Die Idee dieses Plakats beruht auf dem Thema des Fußballs. Und die Schlagzeile weist in 77 Quelle: www.bzga.de, 23.02.2010 47 englischer Sprache auf die wichtigste Spielregel beim Fußball: „Fair Play!“. Und auch im Geschlechtsverkehr ist diese Regel genauso wichtig. Der Ausdruck „Fair Play“ hat einen internationalen Charakter, weil sich fast in jeder anderen Sprache kein Äquivalent finden lässt. Die Übersetzung bereitet Schwierigkeiten und ist aber auch unnötig – „Fair Play“ existiert in englischer Form auf der ganzen Welt. Junge Menschen treiben viel Sport, die Jungs spielen vor allem Fußball und für sie ist der Begriff „Fair Play“ bestimmt nicht fremd. Der Geschlechtsverkehr kann genauso viel Freude wie Fußball bereiten, kann ein Spiel zwischen zwei Menschen sein, aber wie im Fußball – muss die Regel „Fair Play“ beachtet werden. Die Kampagne richtet ihre Plakate nach dem Interesse der Zielgruppe. Dadurch werden die Plakate als attraktiv, überraschend und originell empfunden. 48 5.2. Phraseologismen Der Phraseologismus ist ein Oberbegriff für alle Syntagmen und Redewendungen, die mindestens aus zwei Wörtern bestehen, und die eine relative Stabilität in struktureller und pragmatischer Hinsicht aufzeigen. Die Festigkeit bedeutet, dass diese Syntagmen immer in einer ganz bestimmten Form gelernt und gebraucht werden. Nach diesem Verständnis kann man unterscheiden: - Kollokationen, z.B. Zähne putzen (nicht bürsten), - Routineformeln, z.B. Auf Wiedersehen! - Sprichwörter, z.B. Aller Anfang ist schwer! Phraseologismen sind in der Werbesprache sehr interessant, weil sie vor allem sprachspielerisch verfremdet werden können, und weil sie durch Mehrdeutigkeit überraschen und amüsieren können.78 Auf den Plakaten der Präventionskampagne „mach´s mit“ kommen auch oft Phraseologismen in den Schlagzeilen vor. - „Wie im 7. Himmel“ Abbildung 9: „Wie im 7. Himmel“79 78 79 Vgl., Janich, Nina, 2005, S. 128 Quelle: www.bzga.de, 14.02.2010 49 Im Mittelpunkt dieses Plakats befindet sich ein rosa Kondom mit zwei Flügel, das man mit einem Engel assoziieren soll. Die Farbe des Kondoms steht bestimmt für die Liebe. Und über diesem Bild ist wieder eine originelle Schlagzeile zu lesen. Der Ausdruck: „Wie im 7. Himmel“ gehört zu PHRASEOLOGISCHEN VERGLEICHEN. Eine Situation oder ein Moment im Leben kann so schön „wie im 7. Himmel“ sein. Hier ist der Geschlechtsverkehr gemeint, bei dem man sich auch „wie im 7. Himmel“ fühlen kann. Viele Menschen vermuten oder sind der Meinung, dass der Spaß an Sex gleichzeitig mit der Verwendung des Kondoms endet. Aber der richtige Spaß beginnt erst dann, wenn man Verhütungsmittel vervendet – dann kann man die Emotionen wirklich erleben, ohne zu denken, dass etwas Ungewolltes passieren kann. Hier kommt es einerseits zu keiner Modifikation, die Normalform bleibt erhalten, andererseits ist das Spiel mit den Bedeutungsebenen realisiert worden. Die Wirkung dieser Schlagzeile kann man als aufmerksamkeitserregend, witzig und originell empfinden. - „mit dem Feuer spielen” Abbildung 10: „Mit dem Feuer spielen“80 80 Quelle: www.bzga.de, 23.02.2010 50 Auf dem Plakat wird ein romantisches Bild dargestellt: ein weicher und gemütlicher Teppich, Kopfkissen, Wein und ein schöner Kamin, von dem eine herrliche Wärme kommt. Dazu noch zwar zauberhaftes aber gefährliches Feuer. Die Schlagzeile besteht aus zwei Ausdrücken: „mit dem Feuer spielen“ und/oder „Aids riskieren“. Die Schlagzeile „Mit dem Feuer spielen“ kann zu den VERBALEN PHRASEOLOGISMEN, die einen festen Prädikatsverband mit festem Subjekt oder Objekt bilden, zugeordnet werden. Dieser Phraseologismus bedeutet: die Gefahr bewusst eingehen – man spielt mit dem Feuer, obwohl man weiß, dass man sich verbrennen kann. Das Wort „Feuer“ kann aber auch hier als „Temperament“ verstanden werden – das Zusammensein kann doch temperamentvoll und leidenschaftlich sein. Mit dem zweiten Teil der Schlagzeile: „Aids riskieren“ will man daran erinnern und davor warnen, dass die Gefahr bei dem ungeschütztem Geschlechtsverkehr, sich mit AIDS anzustecken, sehr groß ist. Man muss hier eine Entscheidung treffen: „mit dem Feuer spielen“ oder „Aids riskieren“. Aber der Betrachter bleibt mit der Entscheidung nicht allein. Bei den Worten „mit dem Feuer spielen“ kann man ein Kondom sehen, das hier als ein Kreuzchen bei einem Wahl-Test und als eine Hinweisung dienen soll. Das Plakat wirkt aufmerksamkeitserregend, weckt die Sehnsucht nach einem romantischen Abend zu zweit. 51 5.3. Sprachspiele Mit „Sprachspiel“ ist der linguistische und literaturwissenschaftliche Begriff gemeint, bei dem es sich um Spiel mit Sprache handelt. Sprachspiele sind auf allen sprachlichen Ebenen möglich. Ein Sprachspiel charakterisiert sich durch zwei wichtige Merkmale: 1. Es stellt eine Abweichung einerseits von den sprachlichen Normen und andererseits von den Erwartungen des Betrachters dar – deshalb sind Sprachspiele bei der Aufmerksamkeitserregung ein ideales Mittel. 2. Die Abweichung erfolgt absichtlich mit dem Ziel, eine überraschende, witzige und komische Wirkung zu schaffen. Damit die Wirkung von Sprachspielen gelingt, wird eine ausreichende Sprachkompetenz auf Produzenten- wie Rezipientenseite vorausgesetzt. Bei den Wortspielen kommt es zu einer Verletzung der Erwartungen der Rezipienten, hinsichtlich der sprachlichen Form. Die sprachlichen Elemente werden in überraschender und normwidriger Weise kombiniert.81 Auf den Plakaten der „mach´s mit“- Kampagne ist das Spiel mit der Sprache sehr oft zu treffen. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung nutzt die Sprachstrategien, die besonders die Aufmerksamkeit des Rezipienten anziehen können – und die Sprachspiele eignen sich dazu am besten. 81 Vgl. Janich, Nina, 2005, S. 149 52 - „Unentbeerlich“ Abbildung 11: „Unentbeerlich“82 Das Bild stellt eine rote Erdbeere dar, auf die ein durchsichtiges Kondom gezogen worden ist. Oben befindet sich die Schlagzeile: „Unentbeerlich“. Beim ersten Blick hat man den Eindruck, dass es sich hier um das Wort „unentbehrlich“ handelt. Dann merkt man aber, dass die Schriftweise nicht stimmt. Bei den Wortspielen kann man verschiedene Verfahren unterscheiden, die auf den verschiedenen Ebenen des Sprachsystems angesiedelt sind. Hier kommt es zu dem PHONETISCHEN Verfahren. Die Schlagzeile ist ein Spiel mit Homophonie. Hier sind zwei Wörter zusammengesetzt worden: „Erdbeere“ und „unentbehrlich“, die ähnlichen Klang aufzeigen. Das Adjektiv „unentbehrlich“ bezieht sich auf das Kondom, das bei dem Geschlechtsverkehr ein unentbehrliches Schutzelement ist. Der witzige und überraschende Effekt entsteht nicht nur durch die sprachliche Form, sondern auch durch die spezifische Kombination von Text und Bild – ANSPIELUNG AUF TEXT-BILD-BASIS. Die Schlagzeile „Unentbeerlich“ ohne die Erdbeerenabbildung hätte keinen witzigen und humorvollen Charakter bekommen. 82 Quelle: www.bzga.de, 23.02.2010 53 - „Gummi, Bärchen!“ Abbildung 12: „Gummi, Bärchen!“83 Auf dem Bild ist ein gelbes Bärchen zu sehen. Das Bärchen ist den „Harribo Goldbären“ (süße Gummis, eine Art von Süßigkeiten) ähnlich. Diese Theorie betätigt auch die Schlagzeile: „Gummi,Bärchen!“, die aber nur gleich mit dem Namen „Gummibärchen“ klingt. Durch die Einsetzung des Kommas entsteht ein Ausdruck, eine Aufforderung sogar – die zusammengesetzten Wörter „Gummi“ und „Bärchen“ bekommen ganz neue Bedeutung. Das ist ein Wortspiel auf der GRAPHISCHEN und ORTHOGRAPHISCHEN Ebene. 83 Quelle: www.bzga.de, 23.02.2010 54 Das Wort „Gummi“ bezieht sich jetzt nicht mehr auf die Süßigkeiten, sondern auf das Kondom: In der Alltags- und Jugendsprache wird das Kondom auch als „Gummi“ bezeichnet. Und das Wort „Bärchen“ steht hier für eine zärtliche und liebevolle Bezeichnung eines Mannes, Jungen – des Sexpartners. Durch das Ausrufezeichen bekommt die Schlagzeile einen befehlenden und auffordernden Charakter. 55 5.4. Jugendsprache Trotz zahlreicher Bemühungen kann sich die Forschung auf keine klare Definition von „Jugendsprache“ eignen. Die Jugendsprache ist eine Varietät, die sich durch bestimmte Merkmale auszeichnet. Schlobinski stellt eine beachtenswerte These zum Thema „Jugendsprache“ auf: „Der spielerische Umgang mit der Sprache hat weniger die Funktion, sich von anderen jugendlichen Gruppen oder Erwachsenen abzugrenzen, sondern ist vielmehr ein Experimentieren mit Themen, mit sprachlichen Regeln und Konventionen, ist ein Erproben der sozialen und diskursiven Kompetenz“84 Die Werbe- und Jugendsprache können bestimmte Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufweisen. Beide Varietäten neigen zu: - übertreibender Ausdruckweise, - der Bildhaftigkeit, - lockerem, spielerischen Umgang mit Sprachnormen, - der Bevorzugung von Anglizismen, Phraseologismen, indirekten Sprechakten, - den Ausdrucken mit weiterem Assoziationsspielraum und tragen zum Sprechwandel bei.85 Die Jugendlichen bilden die größte Zielgruppe der „mach´s mit“ Kampagne. Damit sich diese Gruppe besonders angesprochen fühlt, kommen auch bei den Schlagzeilen die Ausdrücke aus der Jugendsprache vor. 84 Schlobinski, Peter/Kohl, Gaby/Ludewigt. Irmgard (1993): Jugendsprache. Fiktion und Wirklichkeit. Opladen, zitiert nach: Janich, Nina (2005): Werbesprache, S.166 85 Vgl., Janich, Nina (2005): Werbesprache, S. 167 56 - „Rock ´n´ rollen“ Abbildung 13: „Rock ´n´ rollen“86 Auf dem Bild wird ein Zimmer dargestellt. Das Zimmer gehört bestimmt einem Jungen – es gibt keine Möbel zu sehen, nur eine Schlafmatratze auf dem Fußboden. Der Junge ist ein Musikfan: neben der Matratze liegt ein Plattenspieler mit Platten und in der Ecke des Zimmers steht eine Gitarre. Überall liegen auch in Eile geworfene Kleidungsstücke von einem Jungen und Mädchen. Die Schlagzeile „Rock ´n´ rollen“ kann mehrere Bedeutungen aufzeigen. Das Wort „Rock ´n´ roll“ kommt aus dem Englischen und 86 Quelle: www.bzga.de, 25.02.2010 57 bezeichnet einen Musikstil, deren Fan wahrscheinlich der Besitzer des Zimmers ist – darauf weist die Ausstattung hin. Aber der Ausdruck „Rock ´n´ rollen“ funktioniert hier als ein Verb im Infinitiv und durch die für deutsche Sprache spezifische Endung „-en“ bei den Infinitiven ist der Begriff „Rock ´n´ roll“ eingedeutscht worden. In der Jugendsprache funktioniert der Ausdruck „Rock ´n´ rollen“ als eine Bezeichnung für ein Zusammensein, einen Geschlechtsverkehr. Und hier entschlüsselt man die zweite Bedeutung der Schlagzeile. 58 6. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse Die Plakate der „mach´s mit“- Kampagne weisen die Aufmerksamkeit und Interesse aktivierende Funktion auf. Durch die sprachlichen und visuellen Elemente wird das grundsätzliche Interesse am Kommunikationsvorgang geweckt und während des Lesens der Werbebotschaft aufrecht gehalten. Die beiden AIDA-Funktionen: attention und interest werden erfüllt. Durch Witz, Ironie oder Spannung gelingt es der Kampagne , dass die Rezeption der Werbebotschaft intellektuelles Vergnügen und Unterhaltung einschließt. Die Aufgabe, die sich die Bundeszentrale gestellt hat, besteht nicht nur darin, Kondome einem alltäglichen Hygiene-Artikel gleich zu stellen, sondern auch darin, die Konsequenzen der Nichtbenutzung zu verdeutlichen und Anstöße zum Nach- und Umdenken zu geben. Die positiv besetzten Botschaften mit angemessenem Humor haben sich als eine erfolgreiche Strategie erwiesen. Das fördert auch die Bereitschaft bei den Empfängerinnen und Empfängern zur Auseinandersetzung mit dem immer noch schwierigem Thema – auch untereinander. Die Hemmungen, die bei dem Thema – Geschlechtsverkehr in Allgemeinen und Kondomen im Besonderen entstehen, werden durch den Witz, welcher mit Wort- und Bildspielen erreicht wird, abgebaut. Die Motive der „mach´s mit“-Kampagne sind so vielfältig wie die Menschen, die sie ansprechen sollen. Menschen sind auf den Plakaten bewusst nicht zu finden: jeder Betrachter kann das Motiv mit eigenen Vorstellungen und Fantasien füllen. Jedes Motiv ist durch sorgfältige Recherche in den jeweiligen Zielgruppen ermittelt und erzählt eine eigene „Liebes“-Geschichte. Die Botschaft jedes Plakates: vergnügen, lieben, Herz verlieren und vieles mehr ist erlaubt und erwünscht – Aids riskieren aber nicht! Daher fehlt auch auf keinem Plakat das wichtigste Utensil: das Kondom! Das Gelingen der Strategie ist dank der langfristigen und kontinuierlichen Kampagne, ihrer originellen Eigenständigkeit gegenüber Konkurrenzstrategien, bildlicher Prägnanz und leichter Verständlichkeit. Die Schlagzeilen entstehen nach vielen verschiedenen sprachlichen Strategien der Werbung, wie Wortspiele, Anglizismen, Phraseologismen, Ausdrücke aus der Jugendsprache. 59 GIB AIDS KEINE CHANCE ist Vorbild nicht nur für zahlreiche Aidskampagnen in anderen Ländern sondern auch für viele Werbekampagnen. Das betrifft sowohl die Strategie als auch konkrete Maßnahmen. 60 7. Literaturverzeichnis I LITERATUR - Ammon, Ulrich: Die internationale Stellung der deutschen Sprache. Walter de Gruyter Verlag, 1991 - Backhaus, Klaus/Büschken, Joachim/Voeth,Markus: Internationales Marketing, Schäffer-Poeschel Verlag, 2000 - Baumgart, Manuela, Die Sprache der Anzeigenwerbung. Eine linguistische Analyse aktueller Werbeslogans., Heidelberg, 1992 - Dobler, Christine: Erfolgreich werben auf den französischen Markt, VDM Verlag Dr. Müller, Saarbrücken, 2006, S.36 - Etymologisches Wörterbuch des Deutschen 1997: 1557 - Fritz, Thomas, Die Botschaft der Markenartikel. Vertextungsstrategien in der Werbung., Thübingen, 1994 - Gau, Daniela, Effiziente sprachliche Strategien in der Werbung, zitiert nach: Werbeforschung und Praxis, 2007 - Hoffmann, Hans-Joachim: Psychologie der Werbekommunikation. 2., neubearbeitete Aufl. Berlin/New York, 1981 - Janich, Nina: Webesprache. Ein Arbeitsbuch. 4. Auflage, Hrsg. von Gunter Narr Verlag, Tübingen 2005 - Kloss, Ingomar: Werbung. Handbuch für Studium und Praxis. 4.Aufl, Vahlen, München, 2007 - Kusabuka, Koji: Semiotische Bemerkungen zum Plakat. In: Zeichen. Aufsätze zur Semiotik., Hrsg. von Elisabeth Walther, Weimar: Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften, 2002 - Piersig, Susann: Anglizismen in der Werbung – Ein Vergleich zwischen dem Deutschen und dem Spanischen. Akademische Schriftenreihe, GRIN Verlag, 2009 61 - Schlobinski, Peter/Kohl, Gaby/Ludewigt. Irmgard: Jugendsprache. Fiktion und Wirklichkeit, Opladen, 1993 - Schlüter, Stefanie: Die Sprache der Werbung: Entwicklungen, Trends und Beispiele. VDM Verlag Dr. Müller, 2007 - Schneider, Florian: Die Integration der englischen in die deutsche Sprache im 19. und 20. Jahrhundert., Akademische Schriftenreihe, GRIN Verlag, 2007 - Zielke, Achim: Beispiellos ist beispielhaft: oder Überlegungen zur Analyse und zur Kreation des kommunikativen Codes von Werbebotschaften in ZeitungsZeitschriftenanzeigen. Pffafenweiler, 1991 II QUELLEN 1. Presse - Dokumentation 1985 – 2009, Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung, Köln, 2009 - Bild Zeitung: Artikel von Miess, Volker: Impossible is nothing, ein imposantes Nichts?, 28.11.2006 - Robert Koch-Institut, Epidemiologisches Bulletin 21/2009 2. Internetadressen - www.bzga.de - www.spiegel.de, Artikel von Mirja Pape: Unverständliche Werbeslogans, 16.10.2009 - www.heise.de, Artikel von Corinth, Ernst (2003): Die deutsche Werbung spricht gern Englisch, 29.12.2009 62 8. Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: „AIDS - Besonders betroffene und gefährdete Gruppen“ 17 Abbildung 2: „Welt-Aids-Tag mit dem Botschafter Phillip Lahm,2008“ 23 Abbildung 3: „Sommernachtsträumen“ 29 Abbildung 4: Das Logo der Kampagne „GIB AIDS KEINE CHANCE” 34 Abbildung 5: „Weltsprache“ 37 Abbildung 6: „Für Verliebte“ 39 Abbildung 7: „Dream – Team“ 44 Abbildung 8: „Fair Play!“ 45 Abbildung 9: „Wie im 7. Himmel“ 47 Abbildung 10: „Mit dem Feuer spielen“ 48 Abbildung 11: „Unentbeerlich“ 51 Abbildung 12: „Gummi, Bärchen!“ 52 Abbildung 13: „Rock ´n´ rollen“ 55 63 ……………………………………………….. nazwisko i imię ……………………………………………….. kierunek studiów Zielona Góra, dnia ……………………….. UNIWERSYTET ZIELONOGÓRSKI W ZIELONEJ GÓRZE OŚWIADCZENIE Świadoma(y) odpowiedzialności karnej oświadczam, że przedkładana praca dyplomowa ………………………………………………………………………………………………… ………………………………………………………………………………………………… została napisana przeze mnie samodzielnie i nie była wcześniej podstawą żadnej innej urzędowej procedury związanej z nadaniem dyplomu wyższej uczelni lub tytułów zawodowych. Jednocześnie oświadczam, że w/w praca nie narusza praw autorskich w rozumieniu ustawy z dnia 4 lutego 1994 r. o prawie autorskim i prawach pokrewnych innych osób (DZ.U. tj. z roku 2000 Nr 80 poz. 904) oraz dóbr osobistych chronionych prawem cywilnym. ……………………………………………….. podpis 64