Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich IGGiÖ http://www.derislam.at/ Bernardgasse 5 A -1070 Wien Tel. 01 - 52 63 122 www.derislam.at [email protected] Fax: 01 - 52 63 122 - 4 Islamische Organisationen entstanden in Österreich wie in Deutschland vor allem durch die Immigration von Gastarbeitern. Die Situation der Muslime in Österreich ist insofern in Westeuropa einzigartig, als der Islam den Status einer Körperschaft öffentlichen Rechts genießt: basierend auf dem «Anerkennungsgesetz» von 1874 und dem «Islamgesetz» von 1912 ....... 264 Islamische Charta.de Diese "islamische Charta" entnommen von: www.islam.de, und ist als Beispiel für das Intergrations- bzw. Anpassungssyndrom angeführt und keineswegs weil ihr Zustimmung erteilt werden soll, auch wenn darin viel richtiges vorkommt; sie ist auch kein Text, den "die Muslime (Deutschlands?)" verfasst hätten oder allgemein vertreten würden und es können hier mit wenigen Ausnahmen, nur Einwanderer aus muslimischen Gebieten gemeint sein. ..... 262 Schlussverfassung der Imamekonferenz Als Beispiel für das Intergrations- bzw. Anpassungssyndrom sei die "Schlussverfassung der Imame-Konferenz" wiedergegebn; natürlich ist das kein Text welchen "die Imaame" verfasst haben, sondern vielmehr zur "Unterschrift" geladen wurden und mit Muslimen können hier nur Einwanderer aus muslimischen Gebieten gemeint sein. ...... 214 Kritische Anmerkungen zu “ISLAMISCHE CHARTA“ ........ Eine deutsche Vereinigung (ZMD Zentralrat der Muslime in Deutschland) hat eine "Islamische Charta" in verschiedenen Medien bekannt werden lassen. Diese Charta ist allerdings nicht nur irreführend, sondern dem Islam widersprechend und derart verfasst, dass der Eindruck entsteht, als handle es sich um Ansichten der Gläubigen. Ahmad v.Denffer (AL-ISLAM / Zeitschrift von Muslimen in Deutschland Nr. 2/2002) hat einige kritische Anmerkungen zu dieser “ISLAMISCHEn CHARTA“ verfasst. Die "Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich", bewegt sich im Schatten ihrer kufaarischen (nichtmuslimischen) Anerkennung als Religionsgemeinschaft mit leider ähnlich säkularen Ansichten wie es die erwähnte Charta verdeutlicht. 045 Verfassung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich ...oder wie Islam im Kirchenformat zu verwalten gedacht wird, gemäß dem Gesetz vom 15. Juli 1912, RGBI. Nr. 159, betreffend die Anerkennung der Anhänger des Islams als Religionsgesellschaft, in der Fassung der Kundmachung BGBL Nr. 164/ 1988 und der Verordnung BGBL Nr. 466/ 1988 ); Erläuterungen sind geplant. 033 Selbstdarstellung der IGGiÖ / Interview mit Anas Schakfeh seit 1421/2000 Präsident der islamischen Glaubnesgemeinschaft in Österreich 022 Dienstvertrag für muslimische ReligionslehrerInnen Dieser Dienstvertrag wird mit heutigem Datum zwischen der Islamischen Glaubensgemeinshaft in Österreich, in der Folge IGGiÖ genannt, als erste Partei und...... 019 Anmerkungen zu den Körperschaftsrechten aus islamischer Sicht von Dr. Ayyub A.Köhler /Deutschland /1997 ( ...Beispiel Deutschland, wo es Bestrebungen zur Erlangung des Körperschaftsrechtes gibt) Religionsunterricht an öffentlichen Schulen ...... Islam in einer christlichen Umwelt Podiumsdiskussion des Reformierten Klubs am 14. 3. 2002 mit dem Vorsitzenden der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich Prof. Anas Shakfeh Zu Beginn dieser sehr gut besuchten Diskussionsveranstaltung gab Prof. Schakfeh einen Überblick über die Geschichte der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich. Mit dem Islamgesetz vom 15. 7. 1912 wurde sie staatlich anerkannt. In den Kronländern Bosnien und der Herzegowina war die Mehrheit der Bevölkerung muslimischen Glaubens, weshalb dieses Gesetz vom Reichsrat erlassen wurde. Nach dem Ende der Monarchie bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gab es jedoch nur wenige Menschen muslimischen Glaubens in Österreich. Nach Kaufleuten und Studierenden kamen ab den Sechziger Jahren Gastarbeiter aus dem ehemaligen Jugoslawien und der Türkei, später Flüchtlinge aus Bosnien und dem Kosovo. Diese Menschen haben sich zunächst vereinsrechtlich organisiert und um eine Reaktivierung des Islamgesetzes bemüht. Im Jahr 1979 kam es zur offiziellen Anerkennung als Religionsgemeinschaft durch das damalige Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Sport. Es gibt vier regionale Religionsgemeinden: in Wien (für Wien, Niederösterreich, Burgenland) seit 1979, in Linz (für Oberösterreich und Salzburg) seit 1988, in Graz (für Steiermark und Kärnten) seit 2000 und in Bregenz (für Tirol und Vorarlberg) seit 2001. Jede Gemeinde wird von einem Ausschuss geleitet, der neun gewählte, ehrenamtliche Mitglieder hat und das Bundesgremium, den Schura-Rat, der legislative Funktion hat, mit Delegierten beschickt. Der Oberste Rat ist das exekutive Organ der Gemeinschaft, dessen Vorsitzender Prof. Shakfeh ist. Zwei seiner Mitglieder sind Frauen, eine davon in der Funktion einer Frauenbeauftragten. Weitere Organe sind der Beirat, in dem auch Mitglieder privatrechtlicher Vereine sitzen (diese zuständig für die Erhaltung der Moscheen), und der sich als Bindeglied zwischen diesen und der Gemeinschaft versteht, und die Schiedsgerichte. Zu den Lebensbedingungen für MuslimInnen in Österreich meinte Prof. Schakfeh, dass auf Regierungsebene alles recht gut funktioniere und auch die rechtliche Situation gut sei, die gesellschaftliche Akzeptanz aber weniger. Das beginne schon auf der Beamtenebene und setze sich in der Bevölkerung fort. Die Ereignisse in Amerika hätten ihre Auswirkungen gehabt, Muslime seien verdächtigt worden, Handlanger von Terroristen oder "Schläfer" zu sein, allmählich habe sich die Lage wieder beruhigt. Die Folgen des Terrorismus, der vor allem der islamischen Gemeinschaft schade, seien jedoch nicht absehbar. Von Österreich wünsche man sich nur eine funktionierende Infrastruktur für die Religionsausübung. Es gäbe 40.000 muslimische SchülerInnen an 1.680 Standorten mit 5.000 Religionsstunden, aber nur einen Fachinspektor. Wohnheime für alte Menschen und Kindergärten würden fehlen, im einzigen Islamischen Gymnasium im 15. Bezirk in Wien sei nur der Religionslehrer Muslim. Seit 15 Jahren werde über einen Islamischen Friedhof verhandelt, der jetzt in Wien im 23. Bezirk errichtet werden soll. Bei der anschließenden Diskussion... - alle Pfarrer der Reformierten Stadtkirche und der Pfarrer der Vienna Community Church waren anwesend -...hatte das Publikum sehr viele Fragen an Prof. Shakfeh, von denen hier nur einige herausgegriffen seien. Was ist eine Moschee definitionsgemäß, wieviele gibt es? - Eine "richtige" Moschee (mit Minarett) gibt es nur im Wiener 21. Bezirk, doch daneben gibt es viele Gebetsstätten. Generell ist Moschee "jede Stelle, wo ein Muslim betet". Zum Begriff Djihad: Das bedeute "sich einsetzen auf dem Wege Gottes". Die "Überwindung des Selbst" sei eine höhere Form des Djihad. - Bedeutet "Djihad für Österreich", dass hier der Glaube mit Feuer und Schwert verbreitet wird? Nein, der Islam sei eine tolerante Religion. Das sehe man an Ländern, die zeitweise muslimisch regiert worden sind: In Griechenland seien 98% der Bevölkerung christlich geblieben, in Spanien sei es unter muslimischer Herrschaft zu einer Renaissance des Judentums gekommen. Auswüchse wie das Taliban-Regime würden auf einer langwierigen Fehlentwicklung beruhen und damit zu tun haben, dass durch das Heranwachsen der europäischen Mächte die wirtschaftliche, militärische und kulturelle Stärke des Islam verlorengegangen sei. Islamische Länder seien kolonialisiert worden. Zur Polygamie und warum der Koran sie nur Männern gestattet: Das habe einerseits physiologische, andererseits gesellschaftspolitische Gründe. Nach Kriegen bleibe eine große Zahl Frauen mit Kindern unversorgt zurück, es sei sinnvoll, diese zu "legitimieren". Der Islam sei eine Solidargemeinschaft. Abschließend erklärte Prof. Shakfeh, dass der Koran ein authentischer Text sei, weshalb keine Textkritik geübt werde. Aus demselben Grund müssten die Suren auf Arabisch gebetet werden, da sie sonst nicht authentisch seien. Übersetzung des Koran bedeute "Meinungsübertragung". Es gebe jedoch mehrere Zentren für Übersetzung und Exegese. © by http://www.furche.at/fu2001/fu36-01/09.htm http://www.sbg.ac.at/tkr/texte/furche/09.html Zur Furche-Serie In Österreich gibt es wahrscheinlich bereits mehr Muslime als Evangelische: Auch hierzulande sind die Anhänger des Islam keine unbedeutende Gruppe mehr. Dass die christlich-säkulare Bevölkerungsmehrheit sich mit der neuen Weltreligion vor der Haustür positiv - beschäftigt, ist dennoch nicht auszumachen. Die furche liefert in den nächsten Wochen Stoff für diese dringend notwendige Auseinandersetzung. Den Einstieg dazu bildet das vorliegende Dossier, das grundlegende Informationen zu Geschichte und Organisation des österreichischen Islam ebenso anbietet wie ein Grundsatzgespräch mit Anas Schakfeh, dem Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft im Lande. Islam in Österreich Buntes Bild von Völkern, Bräuchen, Sitten Von Anna Strobl Etwa 300.000 Muslime leben heute in Österreich. Diese Zahl beruht auf Schätzungen, und erst die Volkszählung 2001 wird genauere Angaben bringen. Daher muss man also noch auf die letzte Volkszählung 1991 zurückgreifen. Allerdings sind hier keineswegs alle Muslime Österreichs statistisch erfasst, etwa Flüchtlinge, Illegale oder Muslime, die aufgrund von Verständnisschwierigkeiten keine Angaben über ihre Religion gemacht haben. Erstmals wurde der Islam bei der Volkszählung 1981 gesondert erhoben. Deren Ergebnisse wiesen den Islam bei einer Mehrheit von römisch-katholischen Einwohnern (84 Prozent) und Österreichern evangelischen Bekenntnisses (6 Prozent) als drittstärkste Religionsgemeinschaft Österreichs aus (1 Prozent): Es wurden 76.939 Muslime gezählt. Die Zahl der Muslime hat sich in Österreich in den achtziger Jahren mehr als verdoppelt: 1991 bekannten sich bereits 158.776 Personen zum Islam. Der überwiegende Teil davon stammte dabei aus der Türkei (118.579 Personen). Den höchsten muslimischen Bevölkerungsanteil wies Wien mit 62.305 gezählten Personen auf, gefolgt von Niederösterreich (22.411), Vorarlberg (21.957), Oberösterreich (20.390) und Tirol (14.753). Die Muslime bilden jedenfalls eine der größten Gruppen innerhalb der ausländischen Bevölkerung in Österreich. Die “konfessionelle", nationale, ethnische, religiöse und soziale Vielfalt des Islam in Österreich zeichnet dabei das Bild eines äußerst vielschichtigen Islam. Auch hinsichtlich der religiösen Praxis ist eine Vielfalt von Praktiken, Bräuchen und Sitten festzustellen. Wie der Islam nach Österreich kam Kontakte zu Muslimen hat es in Österreich in der Vergangenheit wiederholt gegeben. Diese waren aber vornehmlich kriegerischer Natur: So beteiligte sich Österreich von 1147 bis 1229 an den Kreuzzügen; die spanischen Habsburger kämpften in zahlreichen Kriegen gegen den Islam auf der Iberischen Halbinsel und in den darauffolgenden Jahrhunderten bestimmten Türkenbelagerungen und ein permanenter Kleinkrieg an der Grenze zum Osmanischen Reich die Beziehungen zu Muslimen. Mit der Okkupation der beiden Provinzen Bosnien und Herzegowina im Jahre 1878 kam zum ersten Mal eine kompakte muslimische Bevölkerung von über einer halben Million in den Herrschaftsbereich Österreichs. Die Einwohner des Staates Bosnien-Herzegowina waren bis 1908 türkische Staatsbürger, die unter österreichischer Besatzungsherrschaft lebten. Die Muslime bezeichneten sich zur Unterscheidung von den übrigen Türken als Bosniaken, dennoch wurden sie auch von den Nichtmuslimen des Landes als “Türken" betrachtet. Die Okkupation tat den Souveränitätsrechten der muslimischen Bevölkerung keinen Abbruch; die Verwaltung schützte die Gewohnheiten, die Religion, die Sicherheit der Person und das Eigentum der Muslime. Der Islam war in der Monarchie seit 1874 als Religionsgesellschaft anerkannt. In der Zeit nach dem 1. Weltkrieg bis in die sechziger Jahre hinein war die Zahl der Muslime in Österreich äußerst gering. Es kam daher auch nie zur Bildung einer Gemeinde. Zu Beginn der sechziger Jahre waren nur rund 3.000 Muslime in Österreich anwesend, wovon etwa 500 Personen ständig im Land lebten und 40 bis 50 die österreichische Staatsbürgerschaft besaßen. Die stärksten islamischen Gruppen waren in Wien, Klagenfurt, Graz und Innsbruck anzutreffen. Bei den Muslimen handelte es sich zumeist um Türken und Bosnier, es befanden sich aber auch Albaner, Perser, Kurden, Mazedonier, Pomaken und Araber in Österreich. Die Mehrheit bekannte sich zum hanefitischen Ritus des sunnitischen Islam. Signifikante muslimische Anwesenheit auf österreichischem Staatsgebiet gibt es erst ab den siebziger Jahren. So kamen in mehreren Wellen Arbeitnehmer (“Gastarbeiter") aus der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien nach Österreich. Durch die in Wien errichteten Sitze der UNO und OPEC waren auch Diplomaten, hohe Beamte und reiche Geschäftsleute in der Stadt, die meisten Muslime gehörten aber der Arbeiterschicht an. Angestellte und Beamte machten nur etwa 2 Prozent der berufstätigen Muslime aus. Auch heute bilden Akademiker und Diplomaten nur eine dünne Oberschicht. Zu Beginn machte man sich im Westen über die Folgen im Hinblick auf die gesamtgesellschaftliche Entwicklung nur wenig Gedanken. So war man keineswegs darauf vorbereitet gewesen, dass etwa “Jugoslawen", Türken oder Marokkaner ihre eigenen Familien, ihre Lebensweise und Kultur und somit auch ihre Religion mitbringen könnten. Zunächst sollten sich die Arbeiter im Westen ja auch nur befristet aufhalten - ohne ihre Familien. Tatsächlich ist die Entwicklung jedoch anders verlaufen. Entgegen den ursprünglichen Erwartungen sind die meisten Gastarbeiter geblieben und haben ihre Familien nachkommen lassen. Rechte der Muslime in Österreich Der rechtliche Status der Muslime in Österreich ist europaweit einmalig. Einzig in Österreich ist der Islam als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt. Die Anerkennung von Religionsgesellschaften ist bereits im “Anerkennungsgesetz" von 1874 geregelt. Durch das “Islamgesetz" von 1912 wurde diese Anerkennung bekräftigt und in einigen Einzelheiten erweitert. Dieses Islamgesetz stellt die Grundlage auch für die heutige rechtliche Situation der Muslime als “Körperschaft des öffentlichen Rechts" dar. Ab Mitte der sechziger Jahre sind bereits die ersten Ansätze für die Gründung einer islamischen Kultusgemeinde zu finden. 1979 erteilte das zuständige Unterrichtministerium per Bescheid die Genehmigung zur Errichtung der ersten Wiener Islamischen Religionsgemeinde. Auch wurde die Verfassung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich bestätigt. Die Muslime führten nunmehr als anerkannte Religionsgesellschaft die Bezeichnung “Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich". Daneben finden sich noch spezielle Regelungen für Muslime in Österreich, die beispielsweise Regelungen für muslimische Heeresdiener und die Feiertagsregelung für islamische Schüler beinhalten. Die Islamische Glaubensgemeinschaft hat als Dachorganisation und oberste Religionsbehörde die zentrale Verwaltung der Muslime übernommen; die Mehrheit der Muslime in Öster-reich erkennt die Verfassung und die Richtlinien der Islamischen Glaubensgemeinschaft an. Diverse innerislamische Spannungen sind zwar vorhanden, gelangen aber nicht immer in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Die Islamische Glaubensgemeinschaft hat sich auch stets um positive Beziehungen zu den österreichischen Behörden und Institutionen bemüht. Die Islamische Glaubensgemeinschaft hat vor allem Verwaltungsaufgaben der Muslime in Österreich inne. In Österreich ist etwa der Religionsunterricht an öffentlichen Schulen ein Recht von anerkannten Religionsgesellschaften. Auch die Islamische Glaubensgemeinschaft macht von diesem Recht Gebrauch. Etwa 150 Religionslehrer sowie Lehrmittel werden vom Staat bezahlt. Wie die Muslime organisiert sind Das eigentliche religiöse Leben wird in Österreich von einzelnen Vereinen und Moscheen bestimmt. Die Begriffe Moschee und Muslimverein sind dabei meist synonym zu verwenden. Bereits nach der staatlichen Anerkennung des Islam ist eine relativ hohe Anzahl von Vereinen gegründet worden. In der Regel schließen sich einige Privatleute zusammen und gründen einen Verein, der in der praktischen Ausführung ein Mittelding zwischen Moschee und Club ist. Die Betreiber können aber auch ein islamisches Land, eine Europaorganisation oder ein größerer Dachverband sein. Die Vereine verfügen im Allgemeinen über einen Gebetsraum, einen Freizeitclub und ein Geschäft. Als ideelle Mittel zur Erreichung des Vereinszweckes werden genannt: Veranstaltung von Gottesdiensten, Versammlungen, gesellige Zusammenkünfte. Die erforderlichen finanziellen Mittel werden durch Mitgliedsbeiträge und durch freiwillige Spenden aufgebracht. Am häufigsten finden sich türkische Organisationen, gefolgt von arabischen und iranischen Vereinen. Die türkischen Vereine sind in Wien, Tirol, Oberösterreich und Vorarlberg sehr zahlreich und aktiv. Manchmal betreibt eine Gruppe gleichzeitig mehrere Moscheen. Unterscheiden kann man bei den türkischen Vereinen zwischen “Islamischen Kulturzentren" (“Sülemanli-Bewegung": diese verfügen über mehr als 20 gut ausgestattete Vereine mit Zentrum in Wien), “ATIB-Vereinen", die über die türkische Botschaft geleitet werden (Avusturya Türk Islam Birlik: bundesweit existieren etwa 40 Vereine), und Vereinen der “AMGT" (Auropa Milli Görüs Islam Birlik; etwa 30 Vereine). Weiters gibt es arabische Muslimvereine (Wien, Graz, Linz, Innsbruck und Bregenz), bosnische Vereine, die meist in den neunziger Jahren entstanden, Vereine der Aleviten, Pakistani, Iraner, Albaner (vorwiegend Kosovo-Albaner), Kurden sowie schiitische und Sufivereine. Die Mehrzahl der in Österreich lebenden Muslime zeigt sich weder politisch besonders engagiert, noch fällt sie durch ihre religiöse Glaubenspraxis auf. Die Anerkennung als öffentlich rechtliche Körperschaft und die damit verbundenen Rechte und Pflichten haben wesentlich zu einer gerechten und friedlich-entspannten Situation der Muslime in Österreich beigetragen. Es finden sich zwar auch einzelne fanatische Gruppierungen und fundamentalistisch eingestellte Muslime, der Großteil der österreichischen Muslime hat aber andere Sorgen als Politik oder Islamisierung des Westens. Das Leben dieser Muslime ist vielmehr geprägt von Existenzproblemen, Glaubenskrisen und kulturellen Anpassungsschwierigkeiten. Diese Muslime, die in Frieden mit der österreichischen Gesellschaft leben möchten, geben sich meist damit zufrieden, wenn sie die eigenen religiösen Vorschriften erfüllen und einhalten können. Die Autorin ist Theologin und Lehrbeauftragte an der Universität Graz. Ihr Buch: “Islam in Österreich. Eine religionssoziologische Untersuchung" (Frankfurt/M 1997), bislang die einzige ausführliche Publikation zum Thema, ist zur Zeit vergriffen. © by http://www.furche.at/fu2001/fu36-01/10.htm Leben mit dem Islam in Österreich Vorurteil und Wirklichkeit Muslime und ihre Religion werden von vielen in Österreich als fremd erlebt. Doch was spricht dagegen, neugierig zu sein und neue Welten zu entdecken? von Susanne Heine Islam in Österreich - das heißt Menschen aus der Türkei, aus Syrien, Ägypten oder Pakistan, Geschäfte mit orientalischen Gewürzen und Lammfleisch, Gebetsräume in unauffälligen Straßen, ein Minarett am Hubertusdamm, Frauen mit Kopftuch und langem Mantel, Kinder anderer Sprache in der Schulbank. Der Islam in Österreich ist lebendig präsent in Menschen, die ein gelingendes Leben suchen wie alle anderen. Was spricht dagegen, sich dafür mit ihnen zu verbünden? Fremdes in Neues verwandeln Muslime werden in der Regel zuerst gar nicht in Bezug auf ihre Religion wahrgenommen, sondern als Ausländer. Die andere Hautfarbe, die fremde Sprache, nicht immer, aber oft die unterschiedliche Kleidung, das Kopftuch - Signale dafür, sich befremdet oder bedroht zu fühlen. Die vorgeschützten Argumente, die der Angst eine Berechtigung geben wollen wie etwa: Die nehmen uns Arbeitsplätze und Lebensraum weg, bleiben vordergründig, sind nicht belegbar. Es ist die Optik, die stört, das fremde Erscheinungsbild in einer vertrauten Umgebung, das unsicher macht. Schon der Augenschein fordert zur Unterbrechung der eigenen Routine heraus und stellt Fragen: Wie die fremde Erscheinung deuten? Wie sich verhalten? Was reden? Daraus folgt die Abwehr als Wunsch nach einer Assimilation, die das Fremde unsichtbar macht, mindestens in eigene Räume verbannt, um nicht behelligt zu werden und sich einer neuen Erfahrung nicht stellen zu müssen. Die andere Möglichkeit bestünde darin, die Neugier zu aktivieren, die uns als Kinder die Welt hat erschließen lassen - Schritt für Schritt zu immer größerem Gewinn. Wer mit muslimischen Menschen in Nachbarschaft lebt, kann dies als Chance nützen, die durch innere Abwehr verschütteten Fragen zu stellen, ohne die eigene Unsicherheit verleugnen zu müssen: Ich kenne mich nicht aus, erzähle mir von dir! Woher kommst du? Wie ist deine Heimat? Wie sehen eure Sitten und Bräuche aus? Dann aber kann es geschehen, dass die fremden Sitten, die anderen Werte schockieren, weil sie den eigenen widersprechen, einem selbst völlig gegen den Strich gehen. Und es ist nicht auszuschließen, dass es den muslimischen Nachbarn ebenso geht. Deshalb kann es bei der Naivität nachbarschaftlichen Umgangs nicht bleiben. Es braucht Mediatoren und Medien. Mediatoren und Medien Seit Mai 2000 besteht die “Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen", eine der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich nahestehende “Plattform für mehr gegenseitiges Verständnis und Toleranz". Die dortigen Ansprechpartner stellen sich als Mediatoren zur Verfügung - in konkreten Konfliktfällen, aber auch um durch persönliche Gespräche und Informationen gegenseitiges Verständnis zu bewirken, damit es nicht zu Konflikten kommt: Die Kontaktaufnahme ist jederzeit möglich, für beide Seiten, die nicht-muslimische und die muslimische. Diese Mediatoren sind mit den österreichischen politischen und kulturellen Strukturen ebenso vertraut sind wie mit Fragen des Islams und seinen kulturellen Ausprägungen. Die “Initiative" veranstaltet auch Tage der offenen Tür in verschiedenen Moscheen und Gebetshäusern, um den bodenständigen Österreichern Einblick zu geben in ihre religiöse Lebensgestaltung. Ein erster solcher Tag fand im Mai 2000 in der Großen Moschee am Hubertusdamm statt. Das Ziel: “Gemeinsam ein von gegenseitigem Respekt getragenes Miteinander in Gang zu setzen", wie es in der Deklaration der “Initiative" heißt. Das Bild des Islams zeigt sich in der Öffentlichkeit als vielfach verzerrt und wartet immer noch auf eine gründliche Korrektur. Dafür sind nicht zuletzt die Schulbücher verantwortlich, entscheidende Medien für die Bildungskultur eines Landes. “An seinen Lesebüchern erkennt man ein Volk", schreibt Robert Minder, “sie spiegeln und sie prägen", spiegeln den Wissensvorrat einer Gesellschaft und prägen ihn zugleich (Robert Minder, Soziologie der deutschen und französischen Lesebücher, in: H. Helmers (Hg.), Die Diskussion um die deutschen Lesebücher, 1953). Für den Großteil der Bevölkerung stellen Schulbücher die erste und letzte Quelle der religiösen Bildung dar. Später tritt ihnen der Islam meist nur noch durch die öffentlichen Medien in Gestalt von Skandalen oder Meldungen von Terroranschlägen extremer Gruppen entgegen. Sachgerechte Schulbücher können viel dazu beitragen, mit den Vorurteilen auch die Angst abzubauen. Islambilder Unter dem Titel “Islam zwischen Selbst-bild und Klischee", erschien 1995 im Kontext eines internationalen Forschungsprojekts ein (von mir herausgegebenes) Buch, das die Darstellung des Islams in österreichischen Schulbüchern dokumentiert und kommentiert. Etwa 800 Schulbücher aller relevanten Fächer, einschließ-lich der Lehrerhandbücher, wurden gesichtet, die ein sehr unterschiedliches Bild vom Islam zeichnen. Auch wenn sich in den neueren Büchern eine positive Tendenz feststellen lässt, schreiben doch viele das vorurteilsbesetzte Bild des Islams fort. Aus dem Ergebnis lässt sich unter anderem auch die Prägung des Islambildes durch die besondere Geschichte erkennen. Die zweimalige Belagerung Wiens, 1529 und 1683, wurde zwar zugunsten Österreichs entschieden, bildet aber ein geschichtliches Trauma, das bis heute im Bewusstsein der Bevölkerung, in lokalen Legenden, Liedern oder Namen von Speisen wie “Türkensterz" seine Spuren hinterlassen hat. So auch in den Schulbüchern, von denen sich manche der tendenziösen Methode bedienen, mit unkommentierten Quellentexten und Bildern zu arbeiten. So wird etwa die Identifikation mit dem katholischen Österreich gefördert, wenn man auf der einen Seite die Inschrift auf einer Mariensäule liest ein Dank an die Himmelskönigin für die Abwehr der Türkengefahr - und auf zwei Medaillen die katholischen Herrscher beim Dankgebet sieht, auf der anderen Seite die christliche Sonne, die den muslimischen Halbmond vertreibt. Es gibt aber auch andere Beispiele, die die Osmanenkriege aus einer vorurteilsabbauenden Perspektive sehen, wenn es in einem Schulbuch heißt: “Im 16., 17. und 18. Jahrhundert standen sich das ’Haus Habsburg' und die Osmanen feindlich gegenüber, weil beide Machtinteressen auf der Balkanhalbinsel und in Ungarn hatten. ... In beiden Kulturkreisen wurden ’Feindbilder' aufgebaut, die bis heute wirken. Dies lässt aber aus dem ’Feind' von gestern keinen ’Freund' von heute werden. Nicht Fremdenfeindlichkeit, sondern Toleranz, (einander) Verstehen und Beachtung der Men-schenwürde sind notwendig, will die Menschheit überleben." Stereotype verstellen die Sicht Dass die Verbreitung des Islams mit Feuer und Schwert zum muslimischen Glaubensbekenntnis zähle, ist bis heute ein verbreitetes stereotypes Vorurteil, dem die Muslime selbst entgegentreten, weil es der Intention des Korans widerspricht. Und wenn sich terroristische Gruppen auf den “Heiligen Krieg" berufen, ernten sie auch aus der muslimischen Welt Widerspruch, denn: Dieser Krieg sei gegen sich selbst zu führen, gegen destruktive Leidenschaften und Hartherzigkeit, um ethisch verantwortlich zu handeln, wozu der Koran im Sinne der Zehn Gebote und der Bergpredigt auffordert. Christentum und Islam haben mehr gemeinsam, als es auf den ersten Blick scheint. Das nicht zu erkennen, verdeckt die wirklichen Unterschiede, mit denen sich auf gefestigter gemeinsamer Basis, die Kenntnis voneinander voraussetzt, respektvoll umgehen ließe. Was sagt der Koran? Auf diese Frage, dem protestantischen Schriftprinzip vergleichbar, kommen die Muslime in Österreich immer mehr zurück, seit die nachfolgenden Generationen, die im Lande geboren werden, in der hiesigen Kultur aufwachsen und mit den Sitten und Bräuchen ihrer Herkunftstradition weitgehend brechen. Sie verstehen sich als Österreicher und Österreicherinnen, nicht mehr als Fremde aus der Türkei, aus Syrien, Ägypten oder Pakistan; aber sie wollen ihrer Religion treu bleiben. Wie jede Religion hat auch der Islam verschiedene Gesichter je nachdem, in welcher Kultur er zu Hause ist. Nicht jeder Brauch lässt sich aus dem Koran begründen, und es gibt Traditionen, die dem Koran zuwiderlaufen. Das zu unterscheiden ist auch zum Anliegen der Muslime selbst geworden, ebenso der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, um aus der Mitte ihrer Schrift einem europäischen Islam den Weg zu bereiten. Die Autorin ist Professorin für Praktische Theologie u. Religionspsychologie an der Evang.Theol. Fakultät der Universität Wien und seit 15 Jahren im christlich-islamischen Dialog tätig. © by http://www.furche.at/fu2001/fu36-01/11.htm Präsident Anas Schakfeh: Islam auf europäisch Vor 37 Jahren kam Anas Schakfeh aus Syrien nach Wien. Seit zwei Jahren ist er Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich. Im furche-Gespräch erzählt er von den Schwierigkeiten und von seinen Bemühungen, den Islam auch als “österreichische Gemeinschaft" zu verankern. die furche: Wie viele Muslime leben Ihren Schätzungen nach in Österreich? Präsident Anas Schakfeh: Wenn wir manche Dunkelziffer einschließen, werden es wohl um die 350.000 sein. die furche: Das bedeutet, die Muslime stellen die dritt- oder gar zweitgrößte Konfession in Österreich dar: Fühlen Sie sich in der Gesellschaft auch als die zweit-/drittgrößte Religion anerkannt? Schakfeh: Nein. Wohl erfahren wir von den staatlichen Stellen eine faire Behandlung.Von der Gesellschaft als solcher sind wir aber noch lange nicht akzeptiert. Wir werden als eine außenstehende Gruppe angesehen, die mehr oder weniger ausländisch ist. Das sind wir aber schon lange nicht mehr. die furche: Sie fühlen sich also als eine österreichische Gemeinschaft ... Schakfeh: ... weil viele unserer Mitglieder inzwischen eingebürgert sind. Diese österreichischen Staatsbürger, aber auch die meisten anderen Muslime, haben sich auf eine Niederlassung in dieser Gesellschaft eingerichtet. Ihre Kinder und Kindeskinder sind inzwischen hier geboren und haben keine andere Heimat als Österreich. Wir sind jetzt bei der dritten, teilweise sogar bei der vierten Generation hier geborener Muslime. Diese Menschen sind österreichische Staatsbürger, und ihre religiöse Vertretung ist daher auch eine österreichische Gemeinschaft. die furche: Ist ein österreichischer Muslim anders als etwa ein türkischer? Schakfeh: Vom Glauben her nicht: Der Glaube ist einheitlich. Allerdings ist die Gestaltung des täglichen Lebens unterschiedlich. Ein österreichischer Muslim lebt nicht so wie ein arabischer, indischer oder afrikanischer. Sein Tagesablauf unterscheidet sich doch sehr. die furche: Was ist Ihre größte Sorge in Bezug auf die Gesellschaft? Schakfeh: Dass wir noch nicht voll anerkannt sind, hat mehrere Ursachen. Einerseits befinden wir uns selbst noch in der Aufbauphase unserer Infrastruktur als religiöse Gemeinschaft. Bis wir wirklich präsent werden, sodass uns die Gesellschaft zu verschiedenen Anlässen auch wahrnimmt, wird es noch dauern. Andererseits erleben wir, dass der Islam mit Vorurteilen belastet ist. Das liegt nicht in der Natur unserer Religion, sondern in der Geschichte: Es gab die traditionelle Auseinandersetzung Orient-Okzident schon vor dem Christentum und dem Islam, dann die Konflikte zwischen christlichen und islamischen Königreichen - Kreuzzüge, Türkenkriege, Kolonialzeit ...: Das alles findet seinen Niederschlag in der öffentlichen Meinung. Die Beziehungen zwischen dem Islam und Europa sind also historisch belastet. Die Gesellschaft ist ein komplexes Gebilde und reagiert auf Aufklärung nicht sofort. Alte, oft negative Informationen haben so immer noch ihre Wirkung. Das führt zu einer negativen Haltung zum Islam. Dazu kommen Ereignisse in der Welt von heute, die ebenfalls eine negative Wirkung auf uns zeigen: Man identifiziert uns immer wieder mit solchen Ereignissen, obwohl wir nicht nur nichts damit zu tun haben, sondern wir diese Ereignisse auch nicht beeinflussen können. Mehr als eine Milliarde Muslime leben weltweit, und es gibt da auch viele Dinge, die nicht geklärt sind, manchmal äußern sich diese mit Gewalt: Doch da ist nicht die Religion die Ursache sondern die realen Zustände - wirtschaftlicher oder sozialer Natur oder Auseinandersetzungen zwischen Besatzern und Besetzten. Wenn Muslime damit in Zusammenhang gebracht werden, werden sie auch in Österreich oft pauschal damit identifiziert: Das macht uns zu schaffen. die furche: Ein konkretes Beispiel: Spielen aktuelle Ereignisse etwa in Afghanistan bei der öffentlichen Beurteilung des Islam hierzulande eine Rolle? Schakfeh: Ja. Es gab immer wieder Hinweise auf die unmöglichen Dinge, die sich in Afghanistan ereignen. Als Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich haben wir uns von den Herrschenden in Afghanistan schon längst distanziert: Wir können uns mit diesen Menschen in keiner Weise identifizieren, und können viele Maßnahmen, die dort angewendet werden, nicht akzeptieren: wir finden keine islamische Begründung für diese Maßnahmen. Es gibt in Österreich aber Menschen, die Ereignisse wie in Afghanistan benutzen, um ihre Haltung dem Islam gegenüber zu untermauern. Diese Menschen nehmen von unserer Haltung dazu immer noch zu wenig Notiz. die furche: Ihre Gemeinschaft besteht aus unterschiedlichen Strömungen Sunniten, Schiiten ...: Lassen sich diese Richtungen in einer Gemeinschaft unter einen Hut bringen? Schakfeh: Als Islamische Glaubensgemeinschaft vertreten wir die religiösen Interessen der Muslime. Die religiösen Interessen sind nicht so verschieden unter den islamischen Gruppen. So kann ich ruhigen Gewissens sagen: Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich vertritt auch die schiitische Richtung des Islams. Wichtig ist aber: Wir sind nur die religiöse Vertretung, wir vertreten nicht die politischen Richtungen des Islams. Wir nehmen die österreichische Verfassungsrealität, die auf die Trennung zwischen Religion und Staat hinausläuft, zur Kenntnis - und wir praktizieren sie auch selbst. die furche: Sieht der Islam aber nicht vor, dass das Staatssystem islamisch ist? Schakfeh: Diese Frage kann ich persönlich nicht für alle und für immer beantworten. Für uns Muslime in Österreich sage ich: Wir leben in diesem Land und erkennen seine Verfassung an. Wir akzeptieren die Ordnung zwischen Staat und Religion. Natürlich haben wir auch eine Meinung zu den gesellschaftlichen Fragen. Aber selbstverständlich beanspruchen wir nicht die Führung des Staates. Es kann auch nicht sein, dass wir als Glaubensgemeinschaft die Gründung einer politischen Partei anstreben. Allerdings: In anderen Ländern der Welt, gibt es andere Verfassungsrealitäten. Dort haben die Bürger des Landes zu entscheiden, was sie wollen, und wie sie den Staat, in dem sie leben, gestalten wollen. In Österreich ist die Sache entschieden. Das ist kein Widerspruch zu den islamischen Prinzipien. Der Staat garantiert uns ja auch die volle religiöse Freiheit. Wie ich mein persönliches religiöses Leben gestalte, da mischt sich der Staat nicht ein. Er hindert mich nicht daran, die islamischen Prinzipien in meinem Leben zu verwirklichen. die furche: Das klingt in der Theorie plausibel. Doch lässt sich die Trennung zwischen Religion und Staat nicht bis ins Letzte durchhalten. Es gibt das religiöse Recht und das staatliche, die unterschiedlich sind. Ein Beispiel: Die Stellung der Frau ist in beiden dieser Systeme unterschiedlich. Kann es da nicht zu Spannungen kommen? Schakfeh: Sehen Sie, in diesem Beispiel geht es schon um ein grundsätzliches Missverständnis. Viele, die den Islam nicht kennen, vermuten, dass er der Frau in der Gesellschaft eine minderwertige Stellung zuweist. Das ist überhaupt nicht richtig. Der Islam war wahrscheinlich die erste Religion, und die erste gesellschaftsstragende Idee, welche die Gleichwertigkeit von Mann und Frau festgeschrieben hat. Der Islam hindert niemanden daran - ob männlich oder weiblich - zu arbeiten, sich in der Gesellschaft zu entfalten, aber er schreibt bestimmte sittliche und ethische Haltungen vor. Das ist alles andere als eine Herabsetzung eines Geschlechtes. Muslimische Frauen finden in Österreich ihre Möglichkeiten, allerdings werden sie, weil sie ihre Religion praktizieren von manchen in Österreich schief angeschaut., manchmal werden sie deswegen daran gehindert, Karriere zu machen - etwa wenn eine Frau ein Kopftuch trägt. Es ist unsere Aufgabe als Glaubensgemeinschaft, hier aufzuklären und zu sagen: Ihr seid für die Menschenrechte, ihr seid für die Freiheit der Frau: Diese Frau hat für sich frei gewählt dass sie Kopftuch trägt. Warum bist du jetzt gegen ihre Freiheit? die furche: Sollen sich Muslime nicht auch in politischen Parteien einmischen? Schakfeh: Wenn Muslime Staatsbürger dieses Landes sind, dann müssen sie dies voll und ganz sein: Jeder Staatsbürger hat das Recht, sich politisch zu engagieren. Wenn er politisch begabt ist, dann soll er sich hier entfalten und bewähren. Wir unterstützen das, weil wir die Integration der Muslime in der Gesellschaft unterstützen. Wenn Muslime in den Parteien tätig sind, identifizieren sich andere Muslime logischerweise mit diesen Parteien. die furche: Bei der Wiener Gemeinderatswahl 2001 bemühten sich einige Parteien auch um muslimische Stimmen. Schakfeh: Das sind gute Ansätze, die ganz neu beginnen; ich hoffe, dass dies weitergeht und politische Parteien sich mehr als bisher um muslimische Bürger kümmern. die furche: Zur tagespolitischen Frage der Ausländerpolitik bitte ich doch um Stellungnahme: Es kommt jetzt ein neues Modell, das Zuwanderung weiter stark beschränkt, und auch beim der Zuzug von Familienmitgliedern gibt es keine Verbesserung. Das kann ja nicht im Sinne Ihrer Glaubensgemeinschaft sein! Schakfeh: Es geht da um zwei Fragen: Zur ersten stelle ich klar: Wir sind keine Agentur für Einwanderung. Wir planen nicht, Österreich mit Muslimen zu überschwemmen und Menschen zu ermutigen nach Österreich zu kommen. Die zweite Frage betrifft Muslime, die hier leben, deren Familienangehörige aber noch woanders sind: Familienzusammenführung ist eine menschliche Sache. Unsere Religion legt ganz großen Wert auf Familie und Familienleben. Wahrscheinlich werden wir in einer nahen Zukunft die einzige gesellschaftliche Größe in diesem Land sein, die die traditionelle Familie noch verteidigt. Jede andere Form des menschlichen Zusammenlebens - Lebensgemeinschaften ... außerhalb der traditionellen Familien ist im Islam nicht zugelassen. Familienzusammenführung ist daher für uns wichtig - nicht um die Anzahl der Muslime in Österreich zu erhöhen, sondern weil sie zu den Menschenrechten gehört. die furche: Der Islam als letzte Bastion für die Familie? Heißt das, andere Religionen und Gruppen im Lande treten nicht mehr für die Familie ein? Schakfeh: Die rasante Entwicklung zeigt, dass viele bis jetzt als unverzichtbar geltende Werte doch aufgegeben werden. Traditionelle gesellschaftliche Gruppen, welche die Familie hoch gehalten haben, sehen jetzt oft auch andere Formen des Zusammenlebens auch als rechtlich gleichwertig an. Diese Entwicklung ist für uns befremdend. Wir werden unsere Meinung nicht ändern, weil es hier um essenzielle Fragen der Religion geht. Die traditionelle Familie ist für uns dabei ein Grundwert. die furche: Wie ist Ihr Verhältnis zur katholischen Kirche? Schakfeh: Wir haben durchaus freundschaftliche Beziehungen. Allerdings sind diese nicht durch Protokolle oder gemeinsame Erklärungen gestaltet - es geht alles zwanglos und ohne Regelung vor sich. Man kann noch nicht von institutionalisierten Beziehungen zur katholischen Kirche sprechen. die furche: Der Grazer Bischof Egon Kapellari meinte kürzlich, die Christen müssten zum Islam “befriedete Beziehungen" aufbauen, wobei der Islam eine innerlich starke christliche Gemeinschaft stärker respektiere als eine schwache. Das klingt ein bisschen, als ob die katholische Kirche Angst vor Ihnen hätte ... Schakfeh (lacht): ... das braucht sie nicht! Bischof Kapellari hat Recht: Wir bevorzugen eine starke katholische Kirche. Wir glauben, eine starke katholische Kirche wird mit uns eine Verbündete sein in gesellschaftlichen Fragen wie zum Beispiel der Familie. Es gibt allerdings Fragen, wo wir anderer Meinung sind - auch das liegt in der Natur der Dinge. Dennoch haben wir enorme Gemeinsamkeiten. die furche: Vor einigen Tagen gab es Meldungen, dass die Kairoer Al-AzarUniversität, die berühmteste Hochschule des sunnitischen Islam, eine Dependance in Österreich plant. Stimmt das? Schakfeh: Ich glaube nicht. Wir hoffen allerdings auf eine islamisch-theologische Fakultät an einer österreichischen Universität . Solch eine Fakultät wird nützlich sein für unsere Gemeinschaft., aber auch für den Staat, ja für die EU: Bis jetzt werden Muslime theologisch im Ausland ausgebildet. Das ist nicht befriedigend. Die islamischen Gelehrten, die dann zu uns kommen, müssen erst die Sprache erlernen, und beherrschen diese dann nicht ausreichend; man kann in Österreich mit diesen Gelehrten nicht ausreichend kommunizieren; sie können uns österreichische Muslime in der Gesellschaft daher auch nicht befriedigend vertreten. Dazu kommt: Islamische Gelehrte, die in Österreich und Europa ausgebildet werden, werden die gesellschaftliche Realität in Europa besser verstehen: Religiosität ist ja nicht etwas Steriles und vollkommen unabhängig vom Umfeld. Gesellschaftsfragen in Afrika oder Asien sind eben andere als in Österreich und Europa. Das Gespräch führte Otto Friedrich. Leopold Weiss Alias Mohamed Asad Muhammad Asad ist im Jahre 1900 in Lemberg als Leopold Weiss geboren. Er entstammt einer angesehenen jüdischen Familie. Er bereiste den Orient als Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Im Jahre 1926 nahm er den Islam an. Er gilt als einer der bedeutendsten islamischen Denker des 20 Jh. Er hat mehrere Bücher verfasst, u.a. „Der Islam am Scheideweg" und „Der Weg nach Mekka". Muhammad Asad starb 1992 in Spanien. Im Jahre 1922 verließ ich meine Heimat Österreich, um als Spezialkorrespondent einiger führender europäischer Zeitschriften durch Afrika und Asien zu reisen, und von jenem Jahr an verbrachte ich fast mein ganzes Leben im islamischen Osten. Anfänglich war mein Interesse für die Länder, mit denen ich in Kontakt kam, das eines Außenseiters. Ich sah eine soziale Ordnung und eine Weltanschauung vor mir, die sich von der europäischen unterschied, und vom ersten Moment an wuchs in mir eine Sympathie für die ruhigere – besser gesagt: menschlichere – Lebensauffassung, verglichen mit der hastigen und mechanisierten Lebensweise in Europa. Diese Sympathie führte mich langsam dazu, die Ursachen solcher Verschiedenheit zu erforschen und ich interessierte mich für die religiösen Lehren der Muslime. Zu dieser Zeit war mein Interesse nicht stark genug für eine Bekehrung, aber es öffnete mir den Blick für eine fortschrittliche menschliche Gesellschaft mit einem Minimum interner Konflikte und einem Maximum an echter Brüderlichkeit. Die heutige muslimische Wirklichkeit hingegen schien mir sehr entfernt von den in der Glaubenslehre dargelegten idealen Möglichkeiten. Was im Islam einst Fortschritt und Bewegung war, verwandelte sich unter den modernen Muslimen in Trägheit und Stagnation: Großzügigkeit und Opferbereitschaft wurden zu Engstirnigkeit und Oberflächlichkeit. Diese Entdeckung und Verwirrung über den Widerspruch zwischen Einst und Jetzt veranlassten mich, das Problem von einem vertrauten Standpunkt aus anzugehen, das heißt: ich versuchte mir mich selbst als Wesen innerhalb der islamischen Gemeinschaft vorzustellen. Dies war ein rein intellektuelles Experiment, und es offenbarte mir in einer kurzen Zeit die richtige Lösung. Ich begriff, dass der einzige Grund für den sozialen und kulturellen Verfall muslimischen Lebens darin bestand, dass die Muslime allmählich aufgehört hatten, die islamischen Lehren im Geiste zu befolgen. Der Islam bestand noch immer, aber als Körper ohne Seele. Je mehr ich die konkreten und außerordentlich praktischen Möglichkeiten der islamischen Lehre begriff, desto brennender wurde meine Frage, warum die Muslime ihre Verwirklichung im täglichen Leben vernachlässigt hatten. Ich diskutierte die Probleme mit vielen denkenden Muslimen, in fast allen Ländern zwischen der libyschen Wüste und dem Pamir, zwischen dem Bosporus und dem arabischen Meer. Es wurde beinahe zu einer Besessenheit, welche schließlich alle meine anderen intellektuellen Interessen an der islamischen Welt überschattete. Das Fragen nahm solch eine Intensität an, dass ich, ein Nichtmuslim, zu den Muslimen sprach, als ob ich den Islam gegen ihre Nachlässigkeit und Trägheit zu verteidigen hätte. Diese Entwicklung vollzog sich unmerklich, bis eines Tages - es war im Herbst 1925, in den Bergen Afghanistans – ein junger Provinzgouverneur zu mir sagte: „Aber du bist ein Muslim, du weißt nur selbst noch nicht." Ich war betroffen durch diese Worte und schwieg. Aber als ich 1926 nach Europa zurückkam, sah ich, dass einzige logische Konsequenz meiner Haltung der Übertritt zum Islam war. Soviel über die Umstände, die mich zum Muslim werden ließen. Seitdem wurde ich immer wieder gefragt: „Warum hast du den Islam angenommen? Was faszinierte dich daran so sehr?" Ich muss bekennen: Ich weiß keine befriedigende Antwort. Es war kein spezieller Lehrsatz, der mich faszinierte, sondern die ganze wunderbar zusammenhängende Struktur von moralischer Lehre und praktischer Lebensführung. Der Islam kommt mir vor wie ein perfektes architektonisches Werk. Alle Teile ergänzen und unterstützen einander harmonisch. Nichts ist überflüssig, nichts fehlt, ein absolutes Gleichgewicht auf solider Basis. Vielleicht gerade das Gefühl, dass alles in der islamischen Lehre „ an seinem richtigen Platz ist", hat den stärksten Eindruck auf mich gemacht. Es mögen dabei auch andere Eindrücke mitgewirkt haben, die ich heute nicht mehr analysieren kann. Es war Liebe und Liebe besteht aus vielen Dingen, aus unseren Wünschen und unserer Einsamkeit, aus unseren hohen Zielen und unserer Unzulänglichkeit, aus unserer Stärke und unseren Schwäche. So war es in meinem Fall. Der Islam kam zu mir wie ein Räuber in der Nacht, aber im Unterschied zum Räuber blieb er für immer. Seit jener Zeit bemühte ich mich, soviel wie möglich über den Islam zu lernen. Ich studierte den Koran und die Überlieferung des Propheten ( Friede sei mit ihm ), ich studierte die Sprache des Islams und seiner Geschichte und vieles, was über ihn und gegen ihn geschrieben wurde. Ich verbrachte mehr als fünf Jahre in Hidschas und Nedschd ( Saudi Arabien ), meistens in Medina, um die ursprüngliche Umgebung zu erleben, in welcher der arabische Prophet seine Religion gepredigt hatte. Da Hidschas der Treffpunkt der Muslime vieler Länder ist, konnte ich die verschiedenen, in der heutigen islamischen Welt vorherrschenden, religiösen und sozialen Ansichten vergleichen. Durch diese Studien und Vergleiche kam ich zur festen Überzeugung, dass der Islam als geistiges und soziales Phänomen trotz aller Nachteile, verursacht durch die Unzulänglichkeit der Muslime, bei weitem die größte treibende Kraft ist, die die Menschheit je erlebt hat. All mein Interesse konzentriert sich seither auf das Problem seiner Wiederbelebung. (c) http://www.diepresse.com/Artikel.aspx?channel=m&ressort=mk&id=496835 Weiberrede Widerrede: Unsere Moslems! BETTINA STEINER (Die Presse) 26.07.2005 Warum", fragte ich, "gehen sie nicht auf die Straße?" Es war nach den Anschlägen von Madrid, und ich sprach mit einer Freundin über die Reaktionen der Muslime. "Der Terror wird im Namen ihrer Religion verübt! Die können sich die Deutungshoheit über den Koran nicht einfach von ein paar Fundamentalisten aus der Hand nehmen lassen!" Konnten sie scheinbar aber doch. Zumindest schien es so. Wenige Wochen später drückte mir auf dem Schwedenplatz eine Muslimin ein Flugblatt in die Hand: Eine islamische Autorität verurteilte die Terroranschläge und bezeichnete den Mord an Unschuldigen als Verbrechen. Fand ich gut. Dann kam das Kopftuchverbot in Frankreich. Fundamentalisten im Irak entführten zwei französische Journalisten, um die Rücknahme des Verbotes zu erpressen. Muslime gingen in Massen auf die Straße: "Ich weigere mich, hinzunehmen, dass mein Kopftuch mit Blut befleckt wird", meinte eine Vertreterin des islamischen Dachverbandes. Die französischen Imame riefen einhellig dazu auf, das Verbot nun doch zu befolgen. Aus Solidarität. - Im April traf sich die österreichische Imame-Konferenz und forderte die Muslime auf, "sich aktiv für den Frieden und die Sicherheit des Landes und seiner EinwohnerInnen einzusetzen". Es ist klar, was gemeint ist. A uch die islamische Glaubensge meinschaft begnügt sich nicht mehr mit mehr oder weniger halbherzigen Distanzierungen. Am Tag nach den Anschlägen vom 7. 7. fand man auf ihrer Homepage ein Foto des zerfetzten Busses und daneben die Zeilen: "In diesen schweren Stunden sind die Gedanken der Muslime in diesem Land bei den Verletzten und Hinterbliebenen und teilen mit ihnen solidarisch ihren Schmerz." Die größte sunnitische Glaubensgemeinschaft Londons erklärte, die Anschläge verletzten die Grundgesetze des Islam. Der Präsident des Rates drastisch: "Wer hat irgendjemandem das Recht gegeben zu töten? Das ist Sünde. Jeder, der Selbstmord begeht, kommt in die Hölle." Am Freitag verlangte der bedeutende österreichische Imam Adnan Ibrahim, dass "jeder Moslem, der von der Planung eines Terroraktes hört, gleich und ohne zu zögern die Sicherheitsbehörden verständigt". In der Downing Street und in Leeds demonstrierten verhüllte Musliminnen gegen den Terror. Von ihren fundamentalistischen Glaubensbrüdern vor die Wahl gestellt, haben sie sich entschieden: Es ist ihr Land. Und es sind unsere Muslime. [email protected]