Facharbeit aus dem Fach Physik Entfernungsmessungen im Weltall Verfasser: Leistungskurs: Kursleiter: Abgabetermin: Physik Zusammenfassung Die Arbeit behandelt die Entfernungsmessung in der Astronomie. Zwei Methoden werden genauer beschrieben und an Originalbildern angewendet. Zuerst wird die Entfernung der Galaxie NGC 1637 mit Hilfe der Perioden-Leuchtkraft-Beziehung für Cepheiden bestimmt. Dafür wird diese zuerst aus 97 Cepheiden der Großen Magellanschen Wolke ermittelt. Aus der Lichtkurve eines Cepheids der Galaxie NGC 1637, erstellt aus den Bilder des Hubble Space Telescope, lässt sich deren Entfernung von 8,43 Mpc berechnen. Dies ist in guter Übereinstimmung mit den Literaturangaben: 7,50 Mpc bis 15,8 Mpc. Als zweites Verfahren wird die Entfernungsbestimmung der Galaxie UGC 10743 durch die Typ Ia Supernova 2002er durchgeführt. Aus Bildern von verschiedenen Teleskopen der ganzen Welt wird über die Lichtkurve das Maximum der scheinbaren Helligkeit ermittelt. Unter Verwendung von zwei verschiedenen Werten für die absolute Helligkeit einer Supernova Ia und unter Berücksichtigung der interstellaren Extinktion ergeben sich Entfernungen von 34,20 Mpc und 39,20 Mpc, die sehr gut mit dem Literaturwert 38,02 Mpc vereinbar sind. Diese Arbeit liefert die Grundlage für ein selbständiges Erarbeiten der Ergebnisse im Rahmen eines Schülerkurses. Historische Einführung Eine der ältesten Wissenschaften ist die Astronomie. Doch erst seit dem antiken Griechenland kann man von der Erforschung des Weltall in unserem heutigen Sinne sprechen. Bei den Babyloniern, Ägyptern und Chinesen spielte die Mythologie noch eine wichtige Rolle. ([2] S. 6) Um das Weltall und die darin ablaufenden Prozesse besser verstehen zu können, ist es wichtig die Entfernungen zu den Himmelsobjekten zu kennen. Auch die Gelehrten des antiken Griechenlands erkannten diese Notwendigkeit. Zum Beispiel gelang es Aristarch von Samos, der in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. lebte, das Verhältnis der Entfernungen von Erde – Sonne und Erde – Mond zu bestimmen. Ihm war bereits bekannt, dass der Mond deshalb leuchtet, weil er von der Sonne beschienen wird. Bei Halbmond bilden Erde, Sonne und Mond ein Dreieck mit einem sich am Mond befindlichen rechten Winkel. Mit Hilfe des von der Erde aus gesehenen, messbaren Winkels zwischen Sonne und Mond, lässt sich über geometrische Ansätze das Verhältnis leicht berechnen. ([9] S.9) Heute kann die Entfernung zwischen Erde und Sonne viel genauer bestimmt werden: Über das 3. Keplersche Gesetz sind nur die Verhältnisse der Entfernungen der Planeten untereinander und zur Sonne bekannt. Lässt sich der Abstand zwischen zwei Planeten ermitteln, kann man alle anderen Entfernungen berechnen. Seit dem Jahr 1960 ist es über die Radartechnik möglich geworden, den Abstand zum Mars, zur Venus und zu dem Planetoiden Eros, der der Erde sehr nahe kommt, durch Laufzeitrechnung genau zu messen. Dadurch war nun eine befriedigende präzise Angabe der mittleren Entfernung der Erde zur Sonne – die Astronomische Einheit AE – bekannt. Eine Astronomische Einheit entspricht 149 597 870 km. ([6] S. 61/62) Einen Überblick über einige wichtige Methoden der Entfernungsmessung wird im nächsten Kapitel gegeben. Nachdem die hier verwendeten astronomischen Fachbegriffe in Kapitel 4 genauer erklärt werden, wird in Kapitel 5 die Entfernung der Galaxie NGC 1637 anhand der vorher ermittelten Perioden-Leuchtkraft-Beziehung und in Kapitel 6 die Entfernung der Galaxie UGC 10743 mit Hilfe der Supernova 2002er des Typs Ia bestimmt. Übersicht der Methoden zur Entfernungsmessung Die „Entfernungsskala“ Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten die Entfernungen im Weltall zu bestimmen. Hier sind in einer Tabelle einige der wichtigsten Methoden und ihre Reichweiten aufgelistet. Genauere Erklärung zu der absoluten Helligkeit mit der Einheit [mag] und der Einheit der Entfernung [pc] sind unter dem Kapitel 4 zu finden. Weiterhin ist zu erwähnen, dass die Angaben der Reichweite je nach Referenz stark schwanken. Methode Absolute Helligkeit M V Reichweite Referenzen Trigonometrische Parallaxe --- 1 k pc [1] S.26 Sternhaufenparallaxe --- ≥ 1 k pc [2] S. 176 Spektroskopische Parallaxe --- keine Angabe [4] S. 287 0,7 mag 1 Mpc [1] S. 275 ~ -2 ... ~ -7 mag 25 Mpc [1] S.275 ≤ - 10 mag 20 Mpc [2] S. 416 Überriesen -9 ... -10 mag 15 ... 25 Mpc [3] S. 453/4 Kugelhaufen -5 ... -10 mag 15 Mpc [3] S. 453/4 Tully-Fisher-Beziehung --- keine Angabe [1] S. 275 Durchmesser der H II-Regionen --- 100 Mpc [2] S. 416 ~ 19,5 5 Gpc [1] S. 275 RR-Lyrae-Sterne Cepheiden Novae Supernovae Ia Abhängig von der Gesamthelligkeit von Galaxien -18 mag (große Streuung!) Empfindlichkeit [3] S. 455 der Teleskope Rotverschiebung --- '' [2] S. 418 Die „Entfernungsskala“, auch „Entfernungsleiter“ genannt, muss man sich als Treppe mit Sprossen vorstellen, die nur Schritt für Schritt von unten herauf erklommen werden kann. Das Ziel ist, eine Entfernungsskala zu erhalten, die von den nahen Sternen bis zu den weit entfernten Galaxien reicht. Aber die Verfahren der Entfernungsbestimmung sind nur für bestimmte Bereiche von Entfernungen anwendbar. Diese müssen sich „überlappen“, damit es möglich ist, die Methoden zu eichen. Die Verfahren für weiter entfernte Objekte bauen also auf den vorherigen auf. Sind in einer Galaxie Cepheiden zu finden, lässt sich die Entfernung dieser über die Perioden-Leuchtkraft-Beziehung (siehe Kapitel 5) berechnen. Leuchtet nun eine Supernova Ia in dieser Galaxie auf, so ist es möglich die Entfernungsbestimmung durch Supernovae Ia zu eichen und auf weitere Galaxien, in denen Supernovae Ia auftreten, zu übertragen. Alle Verfahren basieren auf der Astronomischen Einheit AE, die möglichst genau bestimmt werden muss. Besitzt dieser Wert einen großen Fehler, so nehmen die Abweichungen der berechneten Entfernungen von der Wirklichkeit immer stärker zu, je weiter das Objekt von uns entfernt ist; die Fehler setzen sich fort und vergrößern sich. Im Folgendem werden einige wichtige Verfahren genauer beschrieben. Die Entfernungsbestimmung durch δ-Cepheiden und Supernovae Ia werden hier nicht erwähnt, da sie später in den Kapiteln 5 und 6 genauer behandelt werden. Trigonometrische Parallaxe Die trigonometrische Parallaxe ist ein Verfahren, bei der die Entfernung direkt und somit sehr genau gemessenen werden kann. Sie basiert auf der Bewegung der Erde um die Sonne. Dadurch erscheint es für uns, als ob nahe Sterne im Laufe eines Jahres im Vergleich zu weit entfernten eine elliptische Bahn beschreiben (siehe Fig. 1). Der Winkel, von dem jeweiligen Stern ausgesehen, unter dem der Erdradius erscheint, wird jährliche Parallaxe π genannt. Dieser kann heute bis auf 0,001'' genau gemessen werden. Die Entfernung r lässt sich für einen Stern über a sin = (a = 1 Astronomische Einheit AE) r berechnen. Da der Winkel π (im Bogenmaß) sehr klein ist, ergibt sich aus der Kleinwinkelnäherung sin ≈ [ Bogensekunden ]=2,063⋅ 10 5⋅ : 1 AE r [ Bogensekunden ]= 1 pc r (Definition von 1 pc; siehe Kapitel 4.1) Es wird vorausgesetzt, Fig. 1 Jährliche Parallaxe ([1] S. 26) dass der mittlere Abstand von der Erde zur Sonne bekannt ist. Dies entspricht der großen Halbachse der Erdbahn. Die größte Parallaxe gehört dem Stern α Centauri, der uns am nächsten ist: π = 0,75''. ([1] Kap. 1.6; [2] Kap. 6.2.1) Spektroskopische Parallaxe Der Name dieser Methode ist irreführend, da man nicht wie bei der trigonometrischen Parallaxe einen Winkel bestimmt. Bei der spektroskopischen Parallaxe wird anhand des Spektrums eines Sternes seine Spektralklasse gemessen. Aus dem Hertzsprung-Russell-Diagramm ist seine absolute Helligkeit bekannt. Das Hertzsprung-Russell-Diagramm zeigt den allgemeinen Zusammenhang zwischen der absoluten Helligkeit und der Spektralklasse (Farbe) der Sterne (Fig. 2). Ist die absolute Helligkeit bekannt, lässt sich aus ihr und der gemessenen scheinbaren Helligkeit die Entfernung berechnen (siehe Kapitel 4.3). Die Un- Fig. 2 Hertzsprung–Russell– Diagramm ([1] S. 124) sicherheit der Methode ist sehr groß, da Sterne des gleichen Spektraltyps unterschiedliche absolute Helligkeiten besitzen können. ([4] S. 287) Tully – Fisher – Beziehung Um Entfernung von Galaxien zu bestimmen, ist es möglich die Tully – Fisher – Beziehung zu verwenden. Die amerikanischen Astrophysiker R. B. Tully und J. R. Fisher entdeckten 1977 einen Zusammenhang zwischen der Gesamtleuchtkraft L von Spiralgalaxien und ihrer Rotationsgeschwindigkeit v: L 3⋅ 10 LSonne 10 ≃ v max 4 200 km s−1 Diese empirisch gefundene Beziehung gilt am besten für die im infraroten Bereich gemessene Leuchtkraft. Die Bestimmung der Rotationsgeschwindigkeit basiert auf der Breite der 21 cm-Linie des in der Galaxie befindlichen neutralen Wasserstoffs. Umso breiter diese Linie ist, desto schneller rotiert die Galaxie (Dopplereffekt, durch die Bewegung der Atome in den Spiralarmen hervorgerufen). Dies weist auf größere Leuchtkraft und Masse der Galaxie hin. ([1] S. 290; [2] S. 427; [4] S. 504) Ist die Leuchtkraft der Galaxie bekannt, so lässt sich aus dem gemessenen Strahlungsstrom S die Entfernung d berechnen (Genaue Erläuterungen zu diesen beiden Größen im Kapitel 4.2; Gleichung (2)). Rotverschiebung und Hubble – Beziehung Edwin Hubble (1889 - 1953) untersuchte die Spektren von Galaxien, deren Entfernung bereits ungefähr bekannt waren. Mit Hilfe des Dopplereffekts bestimmte er die Radialgeschwindigkeit vr relativ zu der Milchstraße und entdeckte, dass die meisten Galaxien eine Rotverschiebung aufweisen, die linear mit zunehmender Entfernung wächst. Dies bedeutet: Umso größer die Entfernung der Galaxie ist, desto schneller entfernt sie sich von uns. Die Proportionalitätskonstante wird die Hubble-Konstante H 0 genannt. Das Weltall expandiert also. vr =H 0⋅ d Über diesen Zusammenhang ist es möglich, die Entfernung d von Galaxien zu bestimmen. Die Radialgeschwindigkeit berechnet sich nach vr =z⋅ c (c Lichtgeschwindigkeit), wobei die Rotverschiebung z über das Spektrum der Galaxie ermittelt wird: z= . ([1] Kap. 11.1.3) Die Werte für die Hubble-Konstante H0 weichen je nach der verwendeten Referenz stark von einander ab (aufgrund unterschiedlicher Verfahren zur Bestimmung von H0). Sie liegen zwischen 60 km H s Mpc 0 80 km s Mpc ([5] S. 9) Diese Beziehung ist nur für große Distanzen gültig. Bei einer Radialgeschwindigkeit unter vr ≈ 3000 km s-1, d. h. einer Entfernung von unter d ≈ 40 Mpc, überwiegen die Gravitationskräfte zwischen den Galaxien. ([1] Kap. 11.1.3) Aus der Hubble-Konstante lässt sich das Alter des Universums und damit der Zeitpunkt des Urknalls berechnen. Für diese Berechnung wird angenommen, dass die Hubble-Konstante seit dem Urknall konstant ist. t= d vr H 0=70 s Mpc = H 0⋅ d 1 s Mpc km Für d = ergibt sich: t≈ 1 H0 10 =1,40⋅ 10 a 70 km Da der Wert für H0 , wie bereits oben erwähnt, stark schwankt, ist auch dieser berechnete Wert für das Weltalter relativ unsicher. Weiterhin ist über die Zeitabhängigkeit der Hubble-Konstante noch nichts bekannt. ([6] S.192) Erläuterungen der verwendeten astronomischen Begriffe Definition der Parsec Astronomische Entfernungen werden meist in Parsec (pc) und nicht in Metern oder Lichtjahren angegeben. Dies ist die Abkürzung für Parallaxensekunde und ist wie in der Figur 3 definiert: „Erscheint, von einem Stern aus gesehen, die große Halbachse der Erdbahn [die astronomische Einheitslänge: 1 AE] unter einem Winkel von einer Bogensekunde, so hat er eine Entfernung von einem Parsec.“ ([8] S. 1) 1 pc=2,063⋅ 105 AE =3,26 Lj =3,086⋅ 1016 m ([2] S. 581) Fig. 3 Definition der Parsec ([4] S. 289) Scheinbare Helligkeit Unter scheinbarer Helligkeit versteht man die Helligkeit eines Sternes, mit der er auf der Erde erscheint. [3] Bereits Hipparch aus dem antiken Griechenland hat die Sterne nach ihrer Helligkeit, nur durch die Beobachtung mit bloßem Auge, in 6 „Größenklassen“ eingeteilt. Die hellsten Sterne wurden der 1. Größe, die schwächsten der 6. Größe zugeordnet. ([1] Kap. 2.2.2) Durch Teleskope war es im Laufe der Zeit möglich, auch schwächere Sterne zu erfassen, die nicht mit dem bloßen Auge sichtbar sind. Deshalb musste man den Maßstab der scheinbaren Helligkeit neu definieren. Sie wurde dem alten System der 6 „Größenklassen“ angepasst. Dieses System beruhte auf dem psycho-physischen Grundgesetz von Fechner und Weber (1859) [3], das besagt, dass „die wahrgenommenen Empfindungen (Helligkeiten) dem Logarithmus der die Empfindungen hervorrufenden Reize (Strahlungsströme) entsprechen.“ ([4] S.117) Dies bedeutet eine direkte Proportionalität der scheinbaren Helligkeit m zu dem Logarithmus der Strahlungsströme S: m~log S . Der Strahlungsstrom S wird definiert als die Lichtmenge, die pro Flächen- und Zeiteinheit auf die Erde trifft. Die Einheit des Strahlungsstroms ist [W/m²] [3]. Die heutige Definition der Helligkeitsskala lautet: Die Differenz der scheinbaren Helligkeiten m1−m 2 zweier Himmelskörper mit den Strahlungsströmen S1 und S2 werden durch die fol- gende Beziehung beschrieben: ([1] Kap. 2.2.2) S1 m1− m2=−2,5⋅ log10 S2 bzw. S1 =10−0,4⋅ S2 m1−m2 (1) Der englische Astronom N. R. Pogson (1829 – 1891) wählte den Proportionalitätsfaktor -2,5 so, dass die alten „Größenklassen“ möglichst gut in das neue System passten. Diese Beziehung wird auch als Pogsonsche Helligkeitsskala bezeichnet. Für die neue Skala musste ein Nullpunkt festgelegt werden: Es wurde für die scheinbare Helligkeit des Polarstern der Wert 2,12 mag gewählt. Da aber die scheinbare Helligkeit des Polarsterns nicht konstant ist, sondern schwankt, wird bevorzugt die internationale „Polarsequenz“ vermessen. Das ist eine Reihe von Sternen in der Nähe des Himmelsnordpols, die eine konstante Helligkeit besitzen. ([2] Kap. 6.3.1; [4] S.116/117) Die Einheit der Helligkeit lautet „magnitudo“ (von lat. „Größe“), auch „Magnitude“ genannt. Sie wird mit einem über dem Komma hochgestellten „m“ oder mit „mag“ abgekürzt, z.B.: 1,m0 oder 1,0 mag. Die scheinbare Helligkeiten der Sonne ist m = - 26,8 mag, die des Vollmondes: m = 12,5 mag. ([1] Kap. 2.2.2; [3]) Der gemessene Strahlungsstrom S und folglich auch die scheinbare Helligkeit m eines Sternes hängt von seiner Leuchtkraft L und von seiner Entfernung d zu unserer Erde ab [7]. Umso größer die Leuchtkraft eines Sternes bei konstanter Entfernung ist, desto heller erscheint er bei uns. Weiterhin nimmt die Helligkeit mit der Entfernung mit dem Faktor d −2 ab. Dies lässt sich dadurch erklären, dass der Stern als Strahlungsquelle das Licht gleichmäßig, also kugelförmig, in alle Richtungen in den Raum aussendet. Der Strahlungsstrom S ist indirekt proportional zur Ku- geloberfläche 4 d 2 . Befindet sich ein Beobachter im Abstand d zu dem Stern, so hat das Licht, das den Beobachter erreicht, eine Stärke von ([1] S. 30) L S= (2) 4 d2 Definition der Leuchtkraft: Unter der Leuchtkraft L versteht man die gesamte Strahlungsleistung eines Sterns, also die gesamte Energie, die pro Zeiteinheit von einem Stern ausgestrahlt wird ([1] Kap. 5.1.1). Sie wird in der Einheit Watt oder in ein Vielfaches der Sonnenleuchtkraft L Sonne =3,847⋅ 10 26 W angege- ben ([4] S. 210). Absolute Helligkeit Die absolute Helligkeit M eines Sternes ist definiert als die scheinbare Helligkeit, die der Stern in der Einheitsentfernung d 0 =10 pc (mit dem Strahlungsstrom S0) hätte ([1] Kap. 5.1.2). So- mit ergibt sich aus der Definition (1) für die scheinbare Helligkeit m eines Sternes mit dem Strahlungsstrom S in der Entfernung d und seine dazugehörige absolute Helligkeit M: m−M =−2,5⋅ log S Weiterhin folgt aus (2) S S0 10 d2 = S0 d 0 2 d 02 m−M =−2,5⋅ log10 d2 (3) Diese Beziehung wird Entfernungsmodul µ genannt. Ist nun die absolute Helligkeit eines Sterns bekannt, so lässt sich über die gemessene scheinbare Helligkeit die Entfernung berechnen. 1 m− M 5 10 1 ⋅ m− M d =10 5 d = 10 pc 1 ⋅ 1 pc=10 5 1 pc (4) Interstellare Extinktion Ein großes Problem der Entfernungsmessung ist die interstellare Extinktion. Wenn Licht durch den interstellaren Raum und durch interstellaren Staub zu uns gelangt, wird die Lichtintensität durch Absorption und Streuung geschwächt ([4] S. 93,136). Solche Ansammlungen von interstellarem Staub werden „Dunkelwolken“ genannt ([2] S. 340). Der Stern erscheint somit schwächer als er eigentlich ist. Dies wirkt sich auch auf die Entfernungsbestimmung aus: Die Entfernung des Sterns erscheint größer. Die Extinktion A ist ungefähr indirekt proportional zur Wellenlänge: Kurzwelliges Licht erfährt eine stärkere Schwächung als langwelliges. Dies hat eine Verfärbung des geschwächten Lichts in den Rotbereich zur Folge, die so genannte „Rötung“. Diese Verfärbung wird durch den Farbexzess E X −Y ausgedrückt. Es wird die Helligkeit X und Y für den geröteten Stern in zwei verschiedenen Wellenlängen durch beliebige Filter gemessen. Der Farbindex lautet X –Y . Ebenfalls misst man für einen nicht verfärbten Stern des gleichen Spektraltyps die Helligkeit X und Y durch die selben Filter. Sterne, die sich in der Nähe der Erde befinden, werden als unverfärbt angenommen. Der Farbindex ist hier E X −Y X −Y X −Y 0 X –Y 0 . Somit ergibt sich für den Farbexzess . ([1] Kap. 10.6.1; [2] Kap. 10.1.2) Am häufigsten werden der blaue (B) und der visuelle (V) Filter benutzt. Der Zusammenhang zwischen dem Extinktionskoeffizienten AV und dem Farbexzess E B−V AV =R⋅ E lautet ([5] S.41) B−V (5) wobei R abhängig von den Eigenschaften des Staubs und des verwendeten Filters ist. Für un- sere Milchstraße gilt R als weitgehend konstant: R = 3,1 ± 0,1. Für die Sonnenumgebung wächst die Extinktion A im V Filter ungefähr proportional mit der Entfernung d: AV ≈ 1 mag d 1 kpc . ⋅ AV kann aber auch stark von dieser Abschätzung abweichen, da der Staub nicht gleichmäßig im Raum verteilt ist. Für Objekte außerhalb der Milchstraße muss auch die Extinktion ihrer Heimatgalaxie berücksichtigt werden. ([5] S. 41/42) Bei Entfernungsmessungen ist es also wichtig, die interstellare Extinktion zu beachten. Da durch diese die scheinbare Helligkeit eines Sterns fälschlicherweise schwächer erscheint als sie in Wirklichkeit ist, muss der Wert der Extinktion zu der scheinbaren Helligkeit addiert werden. Aufgrund der Definition der Helligkeitsskala (1), wird die Extinktion von der scheinbaren Hel- ligkeit abgezogen, damit der Stern heller erscheint. m− A −M =5⋅ log Das Entfernungsmodul A d 10 10 pc einer Galaxie unter Berücksichtigung der interstellaren Extinktion lautet: A =m−M −A= − A 1 Die Entfernung berechnet sich zu: d =105 m− M − A (6) 1 ⋅ 1 pc=105 1 A (7) pc Entfernungsmessung durch Cepheiden Die Entfernung der Galaxie NGC 1637 wird mit Hilfe des Cepheids ID 163 bestimmt. Im Folgendem wird die Funktionsweise der Cepheiden erklärt. Was sind Cepheiden? Cepheiden ist der Oberbegriff für δ-Cephei Sterne und W Virginis. Beide gehören zu den regelmäßigen „Pulsationsveränderlichen“. In dieser Arbeit werden nur die δ-Cephei-Sterne, die auch klassische Cepheiden genannt werden, behandelt. Deswegen werden sie im Folgenden zur Vereinfachung nur „Cepheiden“ genannt. Cepheiden (Sg. Cepheid) sind pulsierende Sterne. Sie gehören zu den Überriesen und liegen im Hertzsprung-Russell-Diagramm in dem Instabilitätsstreifen oberhalb der Hauptreihe (Fig. 2). Der Sternradius und damit verbunden die Temperatur und die Leuchtkraft eines Cepheids schwanken mit regelmäßiger Periode. Nur selten kommen plötzliche Veränderungen vor. Die Periode kann zwischen einem Tag und 70 Tagen liegen. Die Form der Lichtkurve ist abhängig von der Periode (Beispiele siehe Figur 4). Die Amplitude der Lichtkurve beträgt ca. 1 mag. Die periodischen Schwankungen des Sternradius betragen ca. 10 % des mittleren Radius. Sie liegen in der Größenordnung von einigen 106 km. Fig. 4 Lichtkurven von δCepheiden mit Periode P ([4] S. 50) Die Geschwindigkeiten, mit der diese Sterne expandieren bzw. kontrahieren, liegen zwischen 10 und 20 km s-1. Die Pulsation wird durch den so genannten „κ-Mechanismus“ ausgelöst: Eine kleine Störung in den Sternaußengebieten führt zu einer geringen Kontraktion oder Expansion. Dies ändert die Absorptionsfähigkeit κ der Materie so stark, dass die Auslenkung nicht wieder in ihren anfänglichen Zustand zurückgehen kann. Die Auslenkung verstärkt sich. Bei einer Kontraktion steigt die Absorptionsfähigkeit, so dass mehr Strahlung absorbiert wird. Dies hat eine Temperatur- und Drucksteigerung zur Folge. Die dadurch verursachte Expansion ist so stark, dass sie über die Gleichgewichtslage hinaus schwingt. Bei der Expansion sinkt die Absorptionsfähigkeit, mehr Strahlung gelangt nach außen, die Temperatur und der Druck sinken stark. Aufgrund der Gravitationskraft kontrahiert der Stern und schwingt wieder über den Gleichgewichtszustand hinaus. Der Kreislauf beginnt von vorne. Es stellt sich ein Gleichgewicht zwischen Energiezufuhr und Dämpfung der Schwingung durch Reibung ein, da die Strahlungsenergie in mechanische Schwingungsenergie umgewandelt wird. Es wäre zu erwarten, dass bei der größten Ausdehnung des Cepheids, ebenfalls seine Leuchtkraft am stärksten ist. Dies ist aber nicht der Fall. Der Zusammenhang zwischen der Intensität des Lichts und dem Radius ist unter anderem in der Figur 5 dargestellt. ([4] S. 45, 49-51) Fig. 5 Periodische Schwankungen bei δ-Cepheid (a) Helligkeit [mag], (b) Farbtemperatur, (c) Spektraltyp, (d) Radialgeschwindigkeit, (e) Radiusänderung, (f) Sternscheiben ([2] S. 253)