Bericht über die NF Konferenz 2016 Dr.rer.nat. Theresia Dunzendorfer-Matt Medizinische Universität Innsbruck Die jährliche Neurofibromatosekonferenz, organisiert von der amerikanischen children’s tumor foundation (ctf) fand vom 18. bis 21. Juni 2016 in Austin (USA) statt. Es ist die weltweit größte wissenschaftliche Veranstaltung für Ärzte, Wissenschafter und engagierte Personen, die sich mit der Thematik Neurofibromatosen auseinandersetzt. Über 270 Teilnehmer aus 15 Ländern waren dieses Jahr bei der Konferenz vertreten, darunter auch drei Teilnehmer aus Österreich. Von den 46 Sprechern kamen 40 aus den USA, jeweils einer aus Australien, Japan, Frankreich, Großbritannien, Belgien und Österreich. Im Konferenzprogramm waren fünf große Vorträge (key notes) aus verschiedenen medizinischen (nicht unbedingt NF-spezifisch) Bereichen enthalten, die für die Verbesserung der Diagnose, der Überwachung und der Behandlungsmöglichkeiten von NF Patienten relevant sind. Themen wie die Suche nach neuen Wirkstoffen für therapeutische Zwecke, die Verbesserung von bildgebenden Verfahren in der Medizin (speziell Magnetresonanztomographie), die Rolle des Immunsystems in der Krebstherapie, Effizienzsteigerung von Genomanalysen, Neuigkeiten aus der Stammzellforschung sowie neue Ansätze zur Therapie von humanen Tumoren wurden dabei von jeweiligen höchstqualifizierten Spezialisten ihres Fachgebietes vorgestellt. 40 weitere Vorträge behandelten spezifisch NF-relevante Themen, 27 davon zu Neurofibromatose Typ 1 (NF1), 13 zu Neurofibromatose Typ2 (NF2). Weiter 90 Beiträge wurden in Posterform präsentiert, gleichmäßig auf klinische Themen und Grundlagenforschung verteilt. Folgende Schwerpunkte wurden in den Vorträgen behandelt: Genetische Untersuchungen der Neurofibromatosen (Diagnose und Genotyp/Phänotyp Korrelation) Plexiforme Neurofibrome / maligne periphere Nervenscheidentumore Therapieeinschätzung in NF2 und Schwannomatose durch translationale Forschung Muskuloskelettale Abnormalitäten in NF1 Zentralnerventumore in den Neurofibromatosen Gegenwärtiger und zukünftiger Einfluss von neuen Bildverfahren im Management von NF Untersuchung psychologischer, sozialer und biologischer Faktoren in NF Zelluläre Pathophysiologie in Neurofibromatose Typ 2 und Schwannomatose Neue vorklinische Modelle in NF Als in der Grundlagenforschung tätige Wissenschafterin berichte ich besonders über diesen Aspekt der Konferenz, bzw. hebe einzelne Vorträge hervor. Neurofibromatose Typ1 (NF1), Morbus Recklinghausen Der Vortrag von Frank McCormick stellte einen der Höhepunkte der Konferenz seitens der Grundlagenforschung dar. Er berichtet ausführlich über verschiedenste mögliche therapeutische Ansätze, welche die Kontrolle des Ras-Proteins zum Ziel haben. Dieses Protein ist einer der wichtigsten Gegenspieler von Neurofibromin. Das durch Genmutation bedingte Versagen von Neurofibromin Ras unter Kontrolle zu halten, ist eine der Hauptursachen für die Entstehung von malignen Veränderungen bei Neurofibromatose Typ 1. Bisher gibt es leider keine Therapie, die direkt hier an der Wurzel angreift, aber ein Team von Wissenschaftern in den USA will sich dieser Herausforderung stellen und gründeten die „Ras initiative“ (The RAS Initiative) an der aktuell 8 Arbeitsgruppen teilnehmen. Neurofibromatose Typ2 (NF2) Lawrence Sherman, David Parkinson und Susanna Moleirinho erläuterten in ihren Vorträgen neue Forschungsergebnisse über das Protein Merlin, dessen Funktion in NF2 verändert ist. Merlin kontrolliert die Zellteilung und arbeitet dabei eng mit anderen Proteinen zusammen. Viele davon sind noch unbekannt und Robert Hennigan stellte eine neue Methode vor, diese Bindungspartner sehr schnell und effizient aufzuspüren. Tiermodelle Jill Weimer, berichtete über das Schwein als Modellorganismus für die Untersuchung von NF. Dieses Tiermodell zeigt die NF-typischen Pigmentierungsstörungen der Haut (Milchkaffeeflecken) und bildet auch NF-typische Tumore aus. Aufgrund ihrer Physiologie und ihrer Entwicklung können an Schweinen manche Symptome besser untersucht werden als dies für Mausmodelle der Fall ist. Thomas deRaedt und Marco Giovannini stellten neue Mausmodelle vor, die spezifische Aspekte von NF1 und NF2 ermöglichen. Genetik Ludwine Messiaen, Beatrice Parfait und Justin Jordan berichteten über Fortschritte in den Methoden, welche die genetische Untersuchung von Patienten mit Verdacht auf NF beschleunigen und so zu einer rascheren Diagnosestellung beitragen. Kristine Vogel stellte genetische Veränderungen in NF Patienten vor, die nicht direkt das nf1 Gen betreffen, jedoch die Fehlfunktion des nf1 Gens verstärken. Patienten mit derartigen genetischen Veränderungen haben ein höheres Risiko, maligne Tumore zu entwickeln. Die Kenntnis dieser Veränderungen ermöglicht daher eine bessere Risikoabschätzung für NF1 Patienten. Forschung Made in Austria Ich hatte die Ehre, meine jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnisse zur NF Thematik im Rahmen dieser Konferenz in einem Vortrag vorzustellen. Meine Forschungsarbeit an der Medizinischen Universität Innsbruck (AG Klaus Scheffzek) beschäftigt sich mit der Struktur und Funktion des Neurofibromin-Proteins, das in NF Patienten verändert ist. Neurofibromin stellt eine der wichtigsten Kontrollstellen von Ras dar, diese Funktion ist jedoch bei Neurofibromatosepatienten gestört. Ras-Protein ist wichtig für normales Zellwachstum, gerät dieser Prozess außer Kontrolle, kommt es zur Entstehung von Tumoren. Legius-Syndrom Patienten haben Veränderungen im Spred1 Protein, welches normalerweise an Neurofibromin binden kann. Die krankheitsverursachenden Mutationen verhindern diese Proteininteraktion zwischen Neurofibromin und Spred1. Ich untersuche im Labor, wie diese beiden Proteine spezifisch miteinander interagieren, welche Regionen für die Bindung wichtig sind und welchen Einfluss diese Interaktion auf die Ras-Kontrolle hat. Wir versuchen, mit unseren Forschungsdaten die Grundlage für die weitere Entwicklung von Therapiemöglichkeiten für NF-Patienten bereitzustellen. Persönliche Eindrücke der 2016 NF Konferenz Eine Besonderheit dieser NF Veranstaltung ist das Aufeinandertreffen von verschiedensten Spezialisten aus oft weit auseinanderliegenden Fachgebieten von Genetikern, Radiologen, Onkologen, Chirurgen bis zu Orthopäden und Psychologen sowie Grundlagenforschern. Ich konnte hier wieder in kurzer Zeit einen guten Überblick gewinnen, wie die dringendsten Fragen der betreuenden Ärzte von NF Patienten an die Grundlagenforscher lauten und an welchen neuen Aspekten geforscht wird. Es gab die Möglichkeit, sich mit Kollegen auszutauschen, wertvolle Informationen zu teilen und persönliche Kontakte für wissenschaftliche Zusammenarbeiten zu knüpfen. Herzlichen Dank an NF Kinder und allen Spendern, die meine Teilnahme an dieser Konferenz unterstützt haben.