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Neurofibromatose 1 & 2
(MIM ID 162200 / 101000)
Allgemeines
Die Neurofibromatose mit den Typen 1 und 2 (NF1 bzw. NF2) ist eine der häufigsten
autosomal dominanten genetischen Erkrankungen. Die Penetranz der NF1 beträgt 100%, so
dass eine Mutation im NF1-Gen unweigerlich zur Erkrankung führt, jedoch kann die
Expressivität (Phänotyp) sehr variabel sein. Die Neurofibromatose Typ 1 tritt mit einer
Inzidenz von etwa 1:3000 (sporadisch und familiär) auf, während man bei der
Neurofibromatose Typ 2 die Erkrankungshäufigkeit auf 1:40.000 schätzt. Beiden Genen
(NF1 & NF2) wird eine Funktion als Tumorsuppressor zugeschrieben.
Die meisten (60%) der an Neurofibromatose erkrankten Patienten leiden an einer milden
Ausprägung der Krankheit. Weitere 20% haben behandelbare Probleme, während bei
weiteren 20% der Erkrankten ernste und persistierende Folgen auftreten.
Die Neurofibromatose Typ 1 (Morbus von Recklinghausen) ist eine Erkrankung, die auf dem
Defekt des Gens NF1 beruht. Das NF1-Gen ist das menschliche Gen mit der höchsten
Mutationsrate, wobei die Hälfte der Mutationen de novo auftreten, dass heißt nicht vererbt
werden.
Krankheitsbild/Indikation
Die typische Symptomatik der NF1 umfasst:
- Neurofibrome (benigne Geschwülste von Nerven- und Bindegewebszellen)
- hellbraune Hautflecken, sogenannte „Café au lait“ –Flecken
- Lisch-Knötchen der Iris (Hamartome) und bei 15% der Patienten Optikusgliome
- erhöhte Prädisposition für das Auftreten bösartiger Tumore (Neurofibrosarkome),
einschließlich Leukämien
- Neben neurologischen Komplikationen kommt es in bis zu 12% der Fälle zu Epilepsie
sowie bei mindestens 40% zu Lernbehinderungen.
- Skelett-Abnormalitäten (u.a. Skoliose)
Die typische Symptomatik der NF1 umfasst:
- 90% der Patienten erkranken an Tumoren am Hörnerv (Akustikusneurinome), 45% an der
Raumforderung von Tumoren der Hirnnerven, 90% an spinalen Raum-forderungen der
Tumore, dazu treten Hauttumore und multiple Meningeome auf
- ca. 70% der Patienten entwickeln eine Linsentrübung
- in schweren Fällen kommt es zur Ertaubung sowie zur Lähmung der Arme und Beine
Genetik
Beide Formen der Erkrankung folgen einem autosomal-dominanten Erbgang. NF1 wird
hervorgerufen durch Mutationen im NF1-Gen (134797), das auf 17q11.2 lokalisiert ist und für
das Protein Neurofibromin kodiert. Dem Genprodukt des NF1-Gens, dem sogenannten
Neurofibromin, wird eine regulatorische Funktion bei der Differenzierung neuroektodermaler
und mesenchymaler Zellen (Schwann-Zellen, Fibroblasten und Axone) zugeschrieben.
Durch Mutationen im NF1-Gen können verkürzte und/oder funktions-untüchtige Proteine
entstehen, die ihre regulatorische Aufgabe nicht oder nur eingeschränkt erfüllen. Je nach
Grad der Schädigung des Genproduktes (Aminosäureaustausch, Verkürzung oder
Totalausfall) sowie dem zellulären Einfluß der Umgebung und eventuell weiteren
genetischen Faktoren kann es zur unterschiedlichen phänotypischen Ausprägung des
klinischen Krankheitsbildes kommen. Trotz hoher Penetranz des Gendefektes sind so
verschiedene Ausprägungen selbst innerhalb einer betroffenen Familie möglich. Das Gen
besteht aus 60 Exons.
 2013 INSTITUT FÜR MEDIZINISCHE GENETIK UND MOLEKULARE MEDIZIN – MOLEKULARGENETISCHE DIAGNOSTIK
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NF2 wird hervorgerufen durch Mutationen im NF2-Gen (607379), das auf 22q12.2 lokalisiert
ist und für das Protein Merlin oder Schwannomin kodiert. Ein Ausfall (Abwesenheit oder
Funktionsuntüchtigkeit) führt zum Auftreten von multiplen benignen Tumoren des
Nervensystems (Spinal- und zerebrale Tumoren) und Hauttumoren führt. Fast alle
betroffenen Individuen entwickeln Tumore am akustischen Nerv (VIII. Hirnnerv) mit den
damit verbundenen Beeinträchtigungen des Hör- und Gleichgewichtssinns. Die
Schwannome
(Tumore
der
Schwann-Zellen)
betreffen
in
ihrer
primären
Entstehungsgeschichte Nerven von Kopf und Nacken, können aber in ihrer Ausdehnung
auch Auswirkungen auf Hirnstamm und Rückenmark entwickeln. Kutane Schwannome
verursachen dagegen zumeist keine neurologischen Ausfälle. Anders als NF1-Patienten
entwickeln die meisten NF2-Betroffenen typische Symptome erst ab dem 20. Lebensjahr, da
die Tumore sehr langsam wachsen. Das Gen besteht aus 60 Exons.
Diagnostik
Aus Lymphozyten das peripheren Blutes wird zunächst die genomische DNA isoliert.
Anschließend wird die DNA mittels Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) amplifiziert und es
werden alle 60 Exons des NF1-Gens bzw. alle 17 Exons des NF2 Gens inklusive der
Intron/Exonspleißregionen sequenziert und hinsichtlich Mutationen analysiert. Darüber
hinaus wird mittels MLPA eine Deletions- bzw. Duplikationssuche durchgeführt.
Untersuchungsmaterial
2-4 ml EDTA-Blut
Dauer der Untersuchung
je Gen ca. 8-14 Wochen
Literatur
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