Myeloide Suppressor-Zellen (MDSC = engl.: myeloid

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Myeloide Suppressor-Zellen (MDSC = engl.: myeloid-derived suppressor cells)
MDSC sind eine heterogene Population von myeloiden Vorläuferzellen, unreifen Granulozyten, und
Dendritischen Zellen in verschiedenen frühen Differenzierungsstadien. Diese Zellen haben die
Kapazität sowohl die zytotoxische Aktivität von natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) als auch die durch
CD4+ bzw. CD8+ T-Zellen vermittelte adaptive Immunantwort zu supprimieren. Während die
Mechanismen der Inhibition der NK-Zellen bislang noch nicht gut verstanden sind, sind für die durch
die MDSC vermittelte T-Zell-Suppression mehrere Mechanismen verantwortlich, so z.B. die
Produktion von Arginase-1 (ARG1) oder die verstärkte Bildung von induzierbarer NO-Synthase/
(iNOS, NOS2) durch die Zellen. Die Enzyme ARG1 und NOS2 metabolisieren L-Arginin und blockieren
die Translation der CD3zeta-Kette des T-Zell-Rezeptors und inhibieren die T-Zell-Proliferation bzw.
fördern die Apoptose (programmierter Zelltod) in T-Zellen. Weiterhin sezernieren MDSC
immunsuppressive Zytokine und begünstigen somit die Differenzierung regulatorischer T-Zellen.
Humane MDSC exprimieren gewöhnlich Siglec-3/CD33, sie sind aber negativ für die Expression der
„Lineage marker“ CD3, CD14, CD19 sowie CD56 und von HLA-DR. Die heterogene Expression von
CD14 und CD15 legt nahe, dass multiple Subpopulationen existieren.
MDSC werden durch proinflammatorische Zytokine induziert und können in erhöhter Zahl bei
Infektionen und pathologischen Entzündungssituationen (entzündlichen Bedingungen) nachgewiesen
werden. Sie akkumulieren im Blut, im Knochenmark und in sekundären lymphoiden Organen. Ihre
Anwesenheit in der Mikroumgebung eines Tumors legt nahe, dass sie eine ursächliche Rolle im
Rahmen der mit der Etablierung des Tumors assoziierten Immunsuppression innehaben.
MDSC sind eine heterogene Population unreifer myeloider Vorläuferzellen, deren Differenzierung in
Granulozyten, Makrophagen und Dendritische Zellen unterblieben ist. Diese immaturen Zellen
besitzen die Kapazität Immunantworten, die von natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) oder von CD8+
bzw. CD4+ T-Zellen vermittelt werden, zu unterdrücken. MDSC akkumulieren im Blut, im
Knochenmark und in sekundären lymphoiden Organen von Tumor-tragenden Mäusen und von
Krebspatienten. In solchen Individuen konnte gezeigt werden, dass die Anzahl der zirkulierenden
MDSC mit dem klinischen Stadium des Tumors, mit dem Ausmaß der Metastasierung sowie dem
Grad der Chemoresistenz korreliert. Auf dieser Grundlage wird diesen Zellen eine ursächliche Rolle
im Rahmen der Förderung/Etablierung einer Tumor-assoziierten Immunsuppression zugeschrieben.
In Mäusen unterscheidet man aufgrund der relativen Expression von Ly-6G und Ly-6C zwei
Untergruppen von CD11b+Gr-1+ MDSC, die als granulozytäre (polymorphnukleäre) und monozytäre
MDSC bezeichnet werden. Humane MDSC exprimieren gemeinhin ebenfalls CD11b zusammen mit
Siglec-3/CD33, ihnen fehlt aber eine Expression von HLA-DR und der „Lineage marker“ CD3, CD19
sowie CD56. Ähnlich wie in der Maus wurden auch im Menschen aufgrund der differenziellen
Expression von CD14, CD15 und CD66b/CEACAM-8 granulozytäre (polymorphnukleäre) MDSC (GMDSC (PMN-MDSC): Lin-CD11b+CD14-CD15+CD33+CD66b+HLA-DR-) und monozytäre MDSC (MMDSC: Lin-CD11b+CD14+CD15-CD33+CD66b-HLA-DR-) unterschieden. Möglicherweise existieren
noch weitere Subpopulationen von MDSC.
MDSC sind aufgrund ihrer immunsuppressiven Eigenschaften von großem Interesse. Während die
Mechanismen der Inhibition der NK-Zellen bislang noch nicht gut verstanden sind, sind für die durch
die MDSC vermittelte T-Zell-Suppression mehrere Mechanismen verantwortlich, so z.B. die
Produktion von Arginase-1 (ARG1) oder die verstärkte Bildung von Stickoxid-Synthase 2/NOS2 (iNOS)
durch die Zellen. Das Enzym ARG1 metabolisiert L-Arginin, die dadurch bedingte Depletion von
Arginin bewirkt eine Inhibition der T-Zell-Proliferation. Das Enzym NOS2 fördert über eine gesteigerte
NO-Bildung die Nitrierung oder Nitrosylierung der CD3zeta-Kette des T-Zell-Rezeptors (TCR) sowie
des IL-2-Rezeptors und verhindert/unterbricht auf diesem Wege die durch IL-2 ausgelöste
Signaltransduktionskaskade und inhibiert somit die T-Zell-Proliferation. Weiterhin sezernieren MDSC
immunsuppressive Zytokine und fördern somit die Differenzierung regulatorischer T-Zellen.
Erhöhung der Zahl der MDSC bei Tumorerkrankungen
Mehrere Studien mit verschiedenen histologischen Tumorentitäten wiesen in Krebspatienten eine
erhöhte Anzahl/Frequenz an MDSC nach:
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Diaz-Montero et al. (2009): In dieser Studie, in die 106 Patienten mit frisch diagnostizierten
soliden Tumoren (Stadium I bis IV) unterschiedlichen Ursprungs eingeschlossen wurden,
wurde vor Beginn einer Therapie die Anzahl der zirkulierenden MDSC (Lin-CD11b+CD33+
HLA-DR-) im Blut der Patienten gemessen. Es wurde eine hochsignifikante Korrelation der
Anzahl der MDSC sowohl mit dem klinischen Stadium des Tumors als auch mit der
metastatischen Last der Patienten festgestellt. Interessanterweise wurde bei Patienten, bei
denen radiographisch ein Fortschreiten der Tumorerkrankung nachgewiesen wurde, eine
Erhöhung der MDSC-Zahlen im Blut registriert, während in Patienten, die auf die Behandlung
angesprochen hatten, die MDSC-Zahlen rückläufig waren.
Solito et al. (2011): in dieser Studie, in die jeweils 25 Patienten mit Brustkrebs (Stadium IV)
bzw. kolorektalen Tumoren (Stadium IV) eingeschlossen wurden, wurde eine signifikante
Korrelation einer erhöhten Anzahl an MDSC (Lin-CD11b+CD33+HLA-DR-) in den Patienten mit
einer erhöhten Anzahl im Blut zirkulierender Tumorzellen sowie einer herabgesetzten
Überlebensrate dokumentiert. Die Prognose war demnach für Brustkrebs-Patientinnen mit
MDSC-Frequenzen >3,17% (Mittelwert des Kollektivs) vor Therapiebeginn (systemische
Chemotherapie) bzw. >3,04% (Mittelwert) am Ende der Behandlung deutlich schlechter als
für Patientinnen mit geringeren MDSC-Frequenzen. Ebenso war die Prognose für
PatientInnen mit kolorektalen Tumoren mit MDSC-Frequenzen >2,54% (Mittelwert des
Kollektivs) vor Therapiebeginn (Systemische Chemotherapie) deutlich schlechter als für
Patientinnen mit geringeren MDSC-Frequenzen.
Gabitass et al. (2011): in dieser Studie, in der 131 Krebspatienten (46 Pankreaskarzinom, 60
Speiseröhrenkarzinom, 25 Magenkarzinom) sowie 54 Gesunde eingeschlossen wurden,
wurde für alle Tumorentitäten eine signifikante Korrelation einer erhöhten Anzahl an MDSC
(Lin-CD11b+CD33+HLA-DR-) (>2%) in den Patienten mit einer herabgesetzten Überlebensrate
beobachtet. In den Tumorpatienten wurden zudem erhöhte Mengen an Arginase-1 im Serum
(Messung per ELISA) festgestellt.
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Walter et al. (2012): in dieser Studie, in der 50 Patienten mit Nierenzellkarzinom sowie 22
Gesunde eingeschlossen wurden, wurde eine signifikante Korrelation einer erhöhten Anzahl
an MDSC (HLA-DR-CD14+ = M-MDSC, CD11b+CD14-CD15+ = G-MDSC) in den Patienten mit
einer herabgesetzten Überlebensrate beobachtet.
Hoechst et al. (2008): in dieser Studie, in der 111 Patienten mit Leberzellkarzinom sowie 47
Gesunde und 8 Patienten mit HCV- oder Toxin-induzierter Leberzirrhose eingeschlossen
wurden, wurde für die Tumorpatienten eine signifikante Erhöhung der Anzahl an MDSC (HLADR-CD14+CD15- = M-MDSC) im Blut (16,2% +/- 1,02%) und unter den Tumor-infiltrierenden
Lymphozyten (25,9% +/- 4,9%) im Vergleich zu Gesunden (4,2% +/- 0,52%) oder Patienten
mit Leberzirrhose (6,4% +/-0,78%) festgestellt.
Ko et al. (2009): in dieser Studie, in der 23 Patienten mit metastatischem Nierenzellkarzinom
(RCC) sowie 8 gesunde Probanden eingeschlossen wurden, wurde für die Tumorpatienten
eine signifikante Erhöhung des Anteils CD33+HLA-DR-CD15- M-MDSC (0,66 - 6,49%, MW ca.
2,5%) sowie CD33+HLA-DR-CD15+ G-MDSC (0,09 – 37,59%, MW ca. 4,7%) an den PBMC im
Blut im Vergleich zu den Gesunden (M-MDSC: 0,43 – 1,58%, MW ca. 1,0%; G-MDSC: 0,05 –
0,32%, MW ca. 0,15%) festgestellt.
Chen et al. (2015): in dieser Studie, in der 19 Patienten mit Oligometastasen
unterschiedlichen Tumorursprungs sowie 21 gesunde Probanden eingeschlossen wurden,
wurde für die Tumorpatienten eine signifikante Erhöhung des Anteils CD33+CD15+ G-MDSC
(ca. 6%) an den PBMC sowie des Anteils „nonclassical“ CD33+CD14+CD16+ monozytärer
Zellen (M-MDSC?) (ca. 20%) an der Gesamtpopulation CD33+ Zellen im Vergleich zu den
Gesunden (G-MDSC ca. 2%; M-MDSC ca. 10%) festgestellt.
Die Beteiligung von MDSC bei der Entstehung/Progression von hämatologischen Tumoren
(Leukämien) ist noch nicht so gut untersucht, erhöhte MDSC-Zahlen wurden bislang in Patienten mit
multiplem Myelom (Giallongo et al., 2016), Hodgkin-Lymphom sowie Non-Hodgkin-Lymphom
beschrieben.
Wirkungsweise der MDSC
Die regulatorische Funktion der MDSC im Rahmen der Dämpfung der Anti-Tumor-Immunität wurde
sowohl anhand von Studien in vitro als auch in vivo nachgewiesen. MDSC inhibieren in Ko-Kulturen
mit anti-CD3 aktivierten T-Zellen sowohl antigenspezifisch als auch unspezifisch die
Aktivierung/Proliferation von CD4+ und CD8+ T-Zellen. Dabei verwenden sie multiple Mechanismen,
um eine Suppression der T-Zell-Aktivierung zu erreichen.
- HUMAN/MAUS: Erhöhte Expression des Arginin-abbauenden Enzyms Arginase 1 in MDSC ->
Depletion der Aminosäure L-Arginin in der Mikroumgebung des Tumors durch Sekretion von
Arginin 1 (Human) (Zea et al., 2005; Rodriguez et al., 2009) bzw. erhöhte Aufnahme von LArginin durch die MDSC und Abbau in der Zelle (Maus) (Rodriguez et al., 2005) -> Arretierung
der T-Zellen in der G0-G1-Phase des Zellzyklus -> Inhibition von T-Zell-Proliferation und –
Zytokinproduktion (Raber et al., 2012).
- MAUS: Depletion von Cystein in der Mikroumgebung, indem zwar Cystin von den MDSC
aufgenommen wird, aber kein gespaltenes Cystein wieder sezerniert wird, Cystein ist
essenziell für antigenabhängige Aktivierung, Proliferation und Differenzierung von T-Zellen
(Srivastava et al., 2010).
- MAUS: Reduktion des Homing von CD4+ und CD8+ T-Zellen in die Lymphknoten durch
verringerte Expression von funktionellem L-selectin (CD62L). L-selectin fördert zudem die
Extravasation der T-Zellen aus den Blutgefäßen an den Entzündungsort sprich an den Ort des
Tumors. Wahrscheinlich wird die Ektodomäne des CD62L von ADAM17, einem Protein in der
Plasmamembran der MDSC, enzymatisch geschnitten (Hanson et al., 2009). Die Expression
von ADAM17 wird durch die Wirkung des Alarmins HMGB1 (high mobility group box protein
1), einem proinflammatorischen Aktivator von MDSC, erhöht (Parker et al., 2014).
- HUMAN: Reduktion der vaskulären Expression von E-selectin (CD62E) durch iNOS-abhängige
Produktion von NO durch MDSC (Gehad et al., 2012).
- MAUS: Beeinträchtigung der angeborenen Immunität durch Beeinflussung der
Makrophagenfunktion. Zellkontaktanhängige Interaktion zwischen IL-10-produzierenden
MDSC und Makrophagen induziert die Differenzierung von tolerogenen M2-Makrophagen
mit erhöhter IL-10-Produktion und eine Abnahme proinflammatorischer M1-Makrophagen
mit erniedrigter IL-12-Produktion (Sinha et al., 2005, 2007; Ostrand-Rosenberg et al., 2012).
Alternativ besteht die Möglichkeit, dass MDSC zu M1- bzw. M2-Makrophagen
weiterdifferenzieren können, im Falle eines Tumors wird die Polarisierung der MDSC in
Richtung des M2-Phänotyps gelenkt (Ma et al., 2011, Yang et al., 2013).
- Induktion von Treg durch MDSC
Mechanismen der MDSC-Entstehung und -Akkumulation
Strategien zur Verringerung der Zahl oder Inhibition der Funktion der MDSC
Therapeutische Ansätze zur Inhibition der MDSC-Zahl und -Funktion in Krebspatienten sind
erfolgversprechende Kandidaten für eine begleitende Tumortherapie und daher momentan im Fokus
experimenteller und klinischer Studien.
Förderung der Differenzierung von MDSC in reife, nicht suppressive Zellen durch
- ATRA (all-trans-Retinsäure, ein Vitamin A1 (Retinol)-Derivat [Vitamin-A-Säure, VAS,
Tretinoin]):
+
MAUS, HUMAN: ATRA erhöht die Genexpression und Proteinproduktion der
Glutathion-Synthase (GSS) in MDSC und sorgt somit für eine Akkumulation von
Glutathion in MDSC aus tumortragenden Mäusen und Krebspatienten (Nefedova et
al., 2007). Erhöhte ROS-Produktion führt zu einer Inhibition der Differenzierung der
unreifen MDSC in reife myeloide Zellen. In Folge einer Behandlung mit ATRA werden
die hohen ROS-Konzentrationen in den MDSC durch das Glutathion neutralisiert und
die Differenzierung der Zellen in DC, Makrophagen oder Neutrophile kann
fortschreiten (Almand et al., 2001). Die Verabreichung von ATRA an Mäuse reduzierte
die Zahl der MDSC und führte in experimentellen Tumormodellen zu einer
Verbesserung der tumorspezifischen T-Zell-Antwort (Kusmartsev et al., 2003). In
Kombination mit einer Tumorvakzine ergab sich durch die ATRA-Behandlung eine
Verlängerung der durch die Vakzine erzeugten anti-Tumor-Antwort (Kusmartsev et
al., 2003). Die Verabreichung von ATRA an Patienten mit Nierenzellkarzinomen führte
zu einer signifikanten Erniedrigung der Zahl der MDSC in den Patienten, allerdings
nur in solchen, die einen hohen ATRA-Plasmaspiegel (>150 ng/ml) aufwiesen. Parallel
dazu verbesserte sich die allogene und TT-spezifische T-Zell-Antwort (Mirza et al.,
2006). Interessanterweise wurde der Effekt der ATRA-Gabe durch die anschließende
Verabreichung von subkutanem IL-2 wieder aufgehoben (Mirza et al., 2006).
Reduktion der Zahl der MDSC durch
- Sunitinib (Rezeptor-Tyrosinkinase-Inhibitor): Zielstruktur des Arzneistoffes v.a. PDGFR,
VEGFR, c-kit , zugelassen als Frontline-Therapie für die Behandlung von metastasiertem
Nierenzellkarzinom (RCC)
+
HUMAN (Ko et al., 2009): Ein Behandlungszyklus mit Sunitinib verringert signifikant
die Anzahl CD33+HLA-DR- MDSC (5,42% PBMC auf 2,28%) bzw. CD15+CD14- MDSC
(5,49% PBMC auf 2,21% PBMC) in Patienten mit metastatischem Nierenzellkarzinom
(RCC) (Gesunde: 0,76% CD33+HLA-DR- MDSC; 0,23% CD15+CD14- MDSC). Bei
Patienten, die einen zweiten Behandlungszyklus mit Sunitinib durchlaufen haben ist
der MDSC-reduzierende Effekt noch einmal stärker ausgeprägt (1,29% CD33+HLA-DRMDSC; 0,75% CD15+CD14- MDSC). Parallel zur Abnahme der MDSC-Zahl erhöhte sich
nach Therapie signifikant die Frequenz der IFN-g produzierenden CD3+ T-Zellen nach
polyklonaler PBMC-Stimulation. In vitro können die Autoren zeigen, dass sich nach
immunomagnetischer Depletion der MDSC (antiCD15-Beads) aus PBMC die IFN-gProduktion durch T-Zellen, die bei Krebspatienten unterdrückt ist, wiederherstellen
lässt. Parallel zu der Abnahme der MDSC-Zahl nahm – allerdings statistisch nicht
signifikant – auch die Frequenz der CD4+CD25+FoxP3+ Treg im Blut (PBMC) ab, die
bei den Tumorpatienten (2,59% der CD3+CD4+) im Vergleich zu den Gesunden
(1,41% der CD3+CD4+) erhöht waren.
Weitere Literatur: Ozao-Choy et al., 2009 (M); Xin et al., 2009 (M); Ko et al., 2010 (M,
H); Finke et al., 2011 (M, H); Raychaudhuri et al., 2015 (M, H); Draghiciu et al., 2015
(M); Guislain et al., 2015 (H); Heine et al., 2015 (H), Chen et al., 2015 (H)
- Gemcitabin (Nukleosid aus Cytosin und difluorierter Desoxyribose -> Cytidin-Analogon):
Zytostatikum in der Chemotherapie
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MAUS (Suzuki et al., 2005): die Gabe von Gemcitabin in verschiedenen TumorMausmodellen reduziert signifikant und selektiv die Anzahl der Gr-1+CD11b+ MDSC
in der Milz, die Zahl der T- (CD4 bzw. CD8), B-, NK-Zellen sowie Makrophagen ist
unverändert. Dieser Rückgang ist assoziiert mit einem Anstieg der AntiTumoraktivität der CD8+ T-Zellen und der aktivierten NK-Zellen. Die Behandlung mit
Gemcitabin erhöht weiterhin die Anti-Tumor-Antwort einer kombinierten
immunstimulatorischen Therapie oder Vakzinierung, eine Beobachtung, die in
verschiedenen weiteren Publikationen bestätigt wurde. Der zytotoxische Effekt von
Gemcitabine auf die MDSC beruht wahrscheinlich auf der Induktion von Apoptosis.
Weitere Literatur: Ko et al., 2007 (M); Le et al., 2009 (M); Nagaraj et al., 2010 (M);
Vincent et al., 2010 (M); Sawant et al., 2013 (M); Zhu et al., 2015 (M); und andere
+
HUMAN: z.T. widersprüchliche Daten. Annels et al. (2014) stellten bei Behandlung
mit Gemcitabin plus 5-Fluorouracil zwar keinen direkten reduzierenden Effekt auf die
Zahl der Lin-HLA-DR-CD11b+ MDCS fest, bei einer zusätzlichen adjuvanten
Vakzinierung mit GV1001 (Klasse II Peptid-Vakzine) plus GM-CSF wiesen allerdings 7
von 9 Patienten, die eine verbesserte Anti-Tumor-Antwort (positiver Proliferationstest, deutliche DTH-Reaktion) zeigten, deutlich reduzierte MDSC-Zahlen im Blut auf
(1,6% bis 4,4% -> 0,3% bis 2,3%). Die Autoren argumentieren jedoch, dass die
Reduktion der MDSC-Zahl eher ein sekundärer Effekt der Anti-Tumor-Antwort und
der Tumorabnahme ist. In einer weiteren, allerdings sehr kleinen Studie mit
Patienten mit Platin-resistentem p53-positivem Ovarialkarzinom beschreiben
Dijkgraaf et al. (2015) hingegen nach Therapie mit Gemcitabin eine selektive
Abnahme der Frequenz und der Zahl der Lin-HLA-DR- MDSC, insbesondere der HLADR-CD14-CD15-CD11b+CD33-CD34-CD124- MDSC. Eine zu Beginn der GemcitabinBehandlung durchgeführte Peptid-Vakzinierung in Kombination mit der Gabe von
IFN-a (Pegintron) führte zu einer verstärkten peptidspezifischen Anti-Tumor-Antwort
(IFN-g-ELISPOT).
Inhibition der Funktion der MDSC durch
- Phosphodiesterase-5-(PDE5-)Inhibitoren (Sildenafil [Viagra], Tadalafil, Vardenafil, Avanafil):
Substanzen, die das cGMP-abbauende Enzym PDE5 hemmen und somit die Konzentration
von intrazellulärem cGMP erhöhen. Sie verursachen unter anderem eine Erweiterung von
Blutgefäßen (Vasodilatation) und wurden daher ursprünglich zur Behandlung der Angina
pectoris entwickelt, finden aber heute in der Therapie der erektilen Dysfunktion und in der
Therapie der pulmonalen Hypertonie Anwendung.
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MAUS (Serafini et al., 2006): PDE5-Hemmer, insbesondere Sildenafil, erwiesen sich in
verschiedenen experimentellen Tumormodellen als Modulatoren der AntiTumorantwort. Die Gabe der PDE5-Inhibitoren hat reduziertes Tumorwachstum,
sowie eine Erhöhung der zytolytischen Antitumor-Aktivität zur Folge. Eine adjuvante
Behandlung mit PDE5-Hemmern verbessert die Effizienz einer adoptiven T-ZellTherapie, führt zu einer verstärkten Infiltration von CD8+ T-Zellen ins Tumorgewebe
und zu einer erhöhten Aktivität der Tumor-spezifischen CD8+ T-Zellen. Der Effekt der
PDE5-Hemmer beruht auf einer Inhibition der durch MDSC induzierten
Suppressionsmechanismen: PDE5-Hemmer reduzieren die Expression des MDSCMarkers IL-4Ra; über diesen Rezeptor erfolgt die verstärkte Expression und Aktivität
der Enzyme Arginase und NOS2 durch MDSC. Zudem wird in vivo die durch MDSC
induzierte Verminderung der Expression der TCR-zeta-Kette auf T-Zellen durch die
Wirkung von Sildenafil - zumindest partiell - wieder aufgehoben, was das Überleben
von tumortragenden Versuchsmäusen in einem experimentellen Melanom-Modell
verlängert (Meyer et al., 2011; Umansky und Sevko, 2012).
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HUMAN: die immunsuppressive Wirkung (Inhibition der Proliferation der CD4+ bzw.
CD8+ T-Zellen) von MDSC aus Patienten mit Myelom oder Kopf-Halz-Karzinom
(Mundhöhlenkrebs, Nasen/Schlundrachenkrebs, Kehlkopfkrebs, Luftröhrenkrebs)
wird in vitro durch die Inkubation mit Silenafil aufgehoben (Serafini et al., 2006). In
klinischen Phase II-Studien wurde gezeigt, dass die Behandlung von Patienten mit
Kopf-Hals-Plattenepithelkarzinom (n=17) mit Tadalafil zu einer Reduktion der Zahl
CD14+CD15+CD33+HLA-DR-/low IL-4Ra+ MDSC und Tregs im Blut und im
Tumorgewebe sowie einer verminderten Expression von Arginase und iNOS durch die
MDSC (RT-PCR ) führt (Placebo-Kontrollgruppe n=15) (Califano et al., 2015). Die
PDE5-Gabe erhöht somit die systemische (T-Zell-Expansion, DTH) und
tumorspezifische Immunantwort in den Patienten (Califano et al., 2015). Diese Daten
wurden durch eine zweite Studie mit Patienten mit Kopf-Hals-Plattenepithelkarzinom
(n=26, Placebo-Kontrolle n=5) bestätigt (Weed et al., 2015). In einer Fallbeschreibung
eines Patienten mit multiplem Myelom im Endstadium wird berichtet, dass die
Kombinationstherapie mit Tadalafil zu einer dramatischen und dauerhaften
Verstärkung der antimyelomspezifischen Immunantwort und zur klinischen
Verbesserung der Symptomatik führte (Noonan et al., 2014). Diese wurde begleitet
von einer Abnahme der Zahl CD14+CD15+CD33+HLA-DR-/low IL-4Ra+ MDSC, einer
Reduktion der Arginase- und iNOS-Expression durch CD14+ Zellen, der Erhöhung der
Expression der TCR-zeta-Kette auf CD8+ T-Zellen, einer verstärkten systemischen und
tumorspezifischen T-Zell-Aktivierung, sowie einer gesteigerten IFN-g-Produktion
durch CD8+ T-Zellen.
Literatur:
Naijar YG und Finke JH. 2013. Clinical perspectives on targeting of myeloid derived suppressor cells in
the treatment of cancer. Front Oncol. 3:49 [Review ***].
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