Bedeutung von Psychotherapie in der Versorgung von

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Der Nervenarzt
Organ der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde Organ der
Deutschen Gesellschaft für Neurologie
© Springer Medizin Verlag 2006
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Übersichten
Bedeutung von Psychotherapie in der Versorgung
von Menschen mit schizophrenen Störungen in
Deutschland
Wie evidenzbasiert ist die Praxis?
B. Puschner3
, R. Vauth1, F. Jacobi2 und T. Becker3
(1) Psychiatrische Poliklinik, Universitätsspital Basel, Schweiz
(2) Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Technische Universität Dresden,
(3) Abteilung Psychiatrie II, Universität Ulm, Ludwig-Heilmeyer-Straße 2, 89312 Günzburg
B. Puschner
Email: [email protected]
Online publiziert: 11. Juli 2006
Zusammenfassung
Fragestellung Es ist wenig darüber bekannt, in welchem Ausmaß evidenzbasierte Psychotherapie
in der Routineversorgung zur Behandlung von Menschen mit Schizophrenie in Deutschland
angewandt wird.
Methode Es wird zunächst ein Literaturüberblick zur Wirksamkeit verschiedener
psychotherapeutischer Verfahren im Rahmen der Behandlung schizophrener Erkrankungen gegeben.
Dann wird anhand einer systematischen Literaturrecherche und der Analyse mehrerer Datensätze
eine Bestandsaufnahme des Implementierungsgrades von Psychotherapie in der Behandlungspraxis
schizophrener Störungen vorgenommen.
Ergebnisse Die Efficacy kognitiver Verhaltenstherapie in der Behandlung schizophrener
Störungen kann als gut belegt gelten. Die wenigen vorliegenden Daten zum Implementierungsgrad
lassen auf eine erhebliche Evidenzlücke in der Behandlungspraxis schließen.
Diskussion Implementierungshemmnisse werden benannt und diskutiert. Forschungsbedarf besteht
v. a. hinsichtlich versorgungsepidemiologischer Daten und langfristig angelegter
Effectiveness-Studien .
Schlüsselwörter Psychotherapie - Schizophrenie - Wirksamkeit - Versorgungsepidemiologie
Evidence basis of psychotherapy for
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schizophrenia patients in Germany
Summary
Background Little is known about the degree of implementation of evidence-based
psychotherapy in routine care of people with schizophrenia in Germany.
Method First, results of studies on the efficacy of psychotherapy in the treatment of
schizophrenia are summarised. Second, the degree of implementation of
psychotherapeutic practices in the routine care of schizophrenics is assessed through a
systematic literature search and analyses of several data sets.
Results There is substantial evidence for the efficacy of cognitive-behavioural
interventions in the treatment of schizophrenia. The paucity of data on the degree of
implementation suggests a wide gap between evidence and practice.
Conclusions Barriers to implementation are outlined and discussed. There is a need for
more studies on epidemiological and long-term effectiveness of health care.
Keywords Psychotherapy - Schizophrenia - Efficacy - Health care epidemiology
Psychotherapeutische Interventionen in der Behandlung schizophrener Störungen können zwei
Funktionen haben, die sich aus dem therapeutischen Konzept und der Beziehung von Psychotherapie
und pharmakologischer Behandlung ableiten:
1.
Adjuvant : Psychotherapie wird angewandt, um die Bereitschaft zu schaffen oder zu
verbessern, sich auf die pharmakologische Behandlung einzulassen. Im weiteren Verlauf
der Erkrankung wird die Aufgabe von Psychotherapie primär in der Unterstützung der
pharmakologischen Behandlung gesehen, z. B. in der Vermittlung von Einsicht in deren
Notwendigkeit und Aufrechterhaltung/Förderung von Compliance [25]. Dies meint in der
Praxis v. a. die Psychoedukation, die allerdings nur bedingt als eigenständiges
Psychotherapieverfahren gelten kann, sondern in der Regel in komplexere Interventionen
aus den Bereichen Rückfallprävention, Symptommanagement und Fertigkeitstraining
eingebettet ist.
2. Integrativ : Es wird davon ausgegangen, dass Pharmakotherapie alleine nicht ausreicht,
um die vielfältigen krankheitsbedingten Beeinträchtigungen in den Griff zu bekommen, und
darüber hinaus zu neuen Defiziten führen kann (unerwünschte Wirkungen).
Psychotherapeutische Interventionen haben einen eigenen Stellenwert (und Ansatzpunkt)
im Gesamtbehandlungsplan [6]. Als Beispiele hierfür können der Aufbau sozialer
Fertigkeiten zur Verbesserung der sozialen und beruflichen Integration oder die
Verbesserung des Umgangs mit Restsymptomen durch Symptommanagementansätze
gelten.1
In den letzten Jahren wurde in randomisierten kontrollierten Studien gezeigt, dass störungs- und
problemspezifische psychotherapeutische Interventionen auf verschiedenen Ebenen den Verlauf
schizophrener Erkrankungen zusätzlich zur neuroleptischen und unspezifisch supportiven
Behandlung verbessern können [16, 44]. Es stellt sich allerdings die Frage, inwieweit diese
Ergebnisse in der Behandlungspraxis zur Kenntnis genommen und umgesetzt wurden.
Daher werden in dieser Arbeit zwei Schwerpunkte vertieft:
– Die Evidenzbasis psychotherapeutischer Verfahren bei schizophrenen Störungen wird
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zusammengefasst.
– Die Versorgungsepidemiologie: Mittels einer Literaturrecherche und der Analyse mehrerer
Datensätze wird ein Überblick über den gegenwärtigen Verbreitungsgrad
psychotherapeutischer Interventionen in der Routinebehandlung von Menschen mit
schizophrenen Störungen – auch im Vergleich zu anderen psychischen Störungen – in
Deutschland gegeben.
Evidenzbasis psychotherapeutischer Verfahren bei
schizophrenen Störungen
Eine Vielzahl von problemspezifischen Interventionspaketen wurde in den vergangenen 20 Jahren
und insbesondere in den letzten 3–5 Jahren entwickelt. Tab. 1 enthält eine Zusammenstellung von
Übersichtsarbeiten, die den Stand der empirischen Wirksamkeitsabsicherung referieren. Einige
Ansätze seien in ihrer prinzipiellen Vorgehensweise und Evidenzbasis skizziert.
Tab. 1 Evidenzbasierte psychotherapeutische Behandlungsstrategien bei schizophrenen Störungen
Therapeutischer Zielbereich
Reviews und Metaanalysen
Reduktion von familiärer Belastung und HEE-Mustern
Verhaltenstherapeutische
Angehörigenarbeit: [19, 39]
Soziales Kompetenztraining
[3, 46]
Persistierende Positivsymptomatik
CBT: [13, 50, 53, 55, 58]
Interventionen bei dualen Diagnosen
[18, 21, 54]
Förderung von Compliance und Behandlungsbereitschaft
[24, 42, 60]
Krisenintervention und Risikomanagement
(Suizid-Fremdaggressions-Prophylaxe; Rückfallprophylaxe)
KI: [30]
Suizid: [47]
Rückfallprophylaxe: [4, 35]
Primär- und Sekundärprävention ( prodromal and early
[10, 12, 14, 20, 45]
psychosis intervention )
Kognitive Funktionsstörungen
Aufbau von Anreizen zur Verhaltensänderung
CR: [33, 34, 46, 56]
Token economy : [17]
HEE high expressed emotions.
Verhaltenstherapeutische Ansätze zur Reduktion familiärer
Belastung
Verfahren zur Verringerung maladaptiver Kommunikations- und Interaktionsstile in der Familie
gehören zu den wohl am besten evaluierten Interventionsansätzen. Durch vielfältige Untersuchungen
ließ sich immer wieder replizieren, dass high expressed emotions (HEE), also abwertende Kritik,
Feindseligkeit und Übergriffigkeit ( over-involvement ), die Rückfallraten verdoppeln.
Andererseits war die Belastung der Angehörigen durch Symptompersistenz und
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Rollenfunktionseinschränkung des Patienten sowie durch die alltäglichen Konflikte in der Familie
lange Zeit unterschätzt und als Auslöser für solche Interaktionsmuster verkannt worden.
Therapeutische Elemente entsprechender verhaltenstherapeutischer Behandlungsansätze sind
Psychoedukation, Problemlösetrainings, Auseinandersetzung mit affektiven Aspekten und
Stressmanagement, die meist im Gruppensetting durchgeführt werden.
Zusammenfassend zeigt die Evaluation, dass sich ungünstige HEE-Kommunikationsmuster
reduzieren lassen und dass das krankheits- und behandlungsbezogene Wissen deutlich verbessert
werden kann. Weiterhin können auch Rückfallraten verringert und die Zufriedenheit in der Familie
verbessert werden, aber nur dann, wenn die handlungsorientierten Anteile in der Intervention, wie
etwa Problemlösen oder Fertigkeitstraining in den oben beschriebene Bereichen, systematisch
fokussiert werden.
Training sozialer Kompetenz
Die Ursachen von Defiziten hinsichtlich sozialer Kompetenz sind vielfältig, beginnend mit der
Beeinträchtigung sozialer Wahrnehmung, über eine Störung der kognitiven Verarbeitung sozialer
Information, mangelndes Wissen über Interaktionsregeln, Wechselwirkung der
Rollenfunktionsfähigkeit mit Negativ- oder Positivsymptomatik (Antriebs- und Initiativemangel
bzw. interferierende Halluzinationen), Medikamentennebenwirkungen (z. B. mangelnde mimische
Rückmeldung im Kommunikationsprozess durch Hypomimie bei klassischen Neuroleptika), bis hin
zu Fertigkeitsdefiziten. Soziale Kompetenzdefizite bestimmen häufig schizophrene Erkrankungen
und begründen teilweise die mangelnde Integration in den Arbeitsprozess (z. B. [11]) sowie die
mangelnde soziale Integration.
Soziale Kompetenztrainings wurden in den letzten 25 Jahren systematisch weiterentwickelt und
evaluiert. Eine Vielzahl von Studien [3, 46] zeigte, dass auch bei schwerer beeinträchtigten Patienten
Behandlungserfolge erzielt werden können. Die empirische Evidenz der diesbezüglichen
Gruppentrainings ist so gut gesichert, dass in den aktuellen Leitlinien zur Versorgung schizophrener
Störung (z. B. [36]) Soziale Kompetenztrainings als Standard im Behandlungsplan gefordert werden.
Allerdings gibt es Hinweise, dass der Alltagstransfer v. a. kurzzeitiger Trainings häufig nicht gelingt.
Erfolgreich sind soziale Kompetenztrainings in der Regel nur dann, wenn sie mindestens ein bis 2
Jahre durchgeführt werden, wenn sie mit einer kontinuierlichen Verlaufsbeobachtung der
Psychopathologie kombiniert werden, wenn bei beginnenden Rückfällen eine rechtzeitige
Dosisanpassung der Antipsychotika erfolgt, wenn Case Manager einbezogen sind und wenn nach
dem Prinzip des shared decision making kooperativ gemeinsam subjektiv bedeutsame
Therapieziele identifiziert wurden. Eine weitere Voraussetzung für einen Erfolg ist die konkrete
Anleitung bei der Umsetzung gelernter Fertigkeiten in wechselnden Situationen. Hierzu werden
häufig Personen des natürlichen sozialen Umfeldes als Kotherapeuten einbezogen, welche die
Anwendung der gelernten sozialen Fertigkeiten beim Patienten verstärken [37].
Kognitiv-verhaltenstherapeutischen Ansätze zur
persistierenden Positivsymptomatik
Diese neueren Ansätze zeigten bislang in 20 kontrollierten Studien mit insgesamt 739 Patienten
günstige und in Follow-up-Untersuchungen stabile Effekte bei 15–20 Therapiesitzungen über ca.
6 Monate hinsichtlich der Verminderung von Symptomschwere und -häufigkeit sowie subjektiver
Symptombelastung. Die Effektstärken lagen hierbei mit 0,37 (SD 0,39) im mittleren Bereich. Unklar
ist allerdings gegenwärtig die Befundlage bez. der Effekte der Interventionen auf Rückfallraten und
Funktionsniveau [13]. Die Wirksamkeit ist insofern bemerkenswert, als das Persistieren produktiver
Symptome und die hierdurch beim Therapeuten ausgelöste Hilflosigkeit in der Vergangenheit
wesentlich dazu beigetragen hatte, dass psychotherapeutische Ansätze in der Versorgung
schizophrener Störungen als nicht machbar oder praxisrelevant galten.
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Interventionen bei dualen Diagnosen
Komorbide Suchterkrankungen sind häufig bei schizophrenen Erkrankungen und beeinflussen den
Erkrankungsverlauf ungünstig [59]. Pharmakologische Beeinflussungsmöglichkeiten der Sucht sind
oft wegen der Wechselwirkung mit der neuroleptischen Behandlung komplex (z. B. Acamprosat
oder Naltrexon bei Alkoholabhängigkeit, Methadon-Substitution bei Opiatabhängigkeit) bzw. sind
hinsichtlich ihrer Wirksamkeit in der spezifischen Verwendung bei schizophrenen Störungen sehr
begrenzt erforscht. Günstig erscheint vor allem der Einfluss von Clozapin auf komorbide
Substanzmittelabhängigkeit, ebenso wie Clozapin impulsives Verhalten und Suizidalität im Verlauf
reduzieren kann [7, 18]. Die vorhandenen psychotherapeutischen Ansätze sind meist
Mehrkomponentenprogramme, d. h. sie kombinieren Aspekte des motivational interviewing
(Erarbeitung individueller Vor- vs. Nachteile von Abstinenz), kognitive Verhaltenstherapie für
persistierende Positivsymptomatik zur Verbesserung der Symptomkontrolle und
familientherapeutische Ansätze zur Konfliktreduktion und zum Aufbau familiärer Unterstützung von
Compliance. Strategien zur Rückfallprävention und zur systematischen Kontaktaufnahme mit den
ambulanten Behandlern und Pharmakotherapie werden oft ebenfalls integriert.
Auf diese Gruppe zugeschnittene psychotherapeutische Interventionen sind bisher noch nicht
hinreichend evaluiert. Es gibt eine einzige Studie, die mit hinreichender methodischer Güte die
Wirksamkeit von kognitiven Ansätzen belegt, welche nach dem Prinzip des motivational
interviewing realisiert wurden [1]. Es konnte gezeigt werden, dass das allgemeine Funktionsniveau
in der Interventionsgruppe über 12 Monate deutlich anstieg und die Rückfallrate von 56% auf 28%
sank.
Förderung von Compliance und Behandlungsbereitschaft
Hohe Non-Compliance-Raten von ca. 50% im ersten und von bis zu 75% im zweiten Jahr nach der
Entlassung aus stationärer Behandlung sind nach wie vor ein zentrales Thema in der Behandlung
schizophrener Störungen. Aktuelle Übersichtsarbeiten [49, 60] zu psychotherapeutischen Strategien
der Förderung von Compliance bieten zusammenfassend folgendes Bild: Wissensvermittlung alleine
ist eine notwendige, aber keineswegs hinreichende Voraussetzung für den Aufbau von
Behandlungsbereitschaft. Auf der Verhaltensebene bedarf Psychoedukation einer Ergänzung im
Bereich sozialer Fertigkeiten zur offenen Kommunikation über die schizophrene Erkrankung
gegenüber dem engen sozialen Umfeld (was die Erkrankung ist und was sie nicht ist), einschließlich
der Kommunikation von erkrankungsbedingten Einschränkungen und Anpassungsnotwendigkeit von
Lebenszielen und Lebensführung.
Patienten, die sich nicht trauen, Nebenwirkungen anzusprechen, ermöglichen dem Arzt keine
Verbesserung seiner Differenzialtherapie durch besseres Nebenwirkungsmanagement, ziehen sich
häufig zurück und setzen die Medikamente ohne Absprache ab.
Krisenintervention und Risikomanagement
Psychotherapeutische Ansätze wurden auch im Bereich der Suizid- und Fremdaggressions- sowie in
der Rückfallprophylaxe eingesetzt [5, 22, 26, 30, 57]. Hauptansatzpunkt ist das Muster der Rückfälle
in der Vergangenheit: Auf welche Stressoren entwickeln sich bei diesem Patienten i. d. R. in
welchem Zeitfenster welche Zeichen eines beginnenden Rückfalls? Was bemerkt der Patient selbst,
was bemerken Angehörige? Wer macht schon was, und was könnte noch getan werden? Auch
depressive Verarbeitungsformen der Erkrankung und Hilfe beim Umgang mit Restsymptomen
nehmen hier einen zentralen Stellenwert ein.
Einige psychotherapeutische Interventionen kombinieren verschiedene Ansätze, z. B. das
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Integrierte psychologische Therapieprogramm , dessen Wirksamkeit auf unmittelbare
Ergebniskriterien (soziale und kognitive Defizite) gut nachgewiesen ist [41]. Die Bedeutung dieser
Verbesserungen für den Alltag ist jedoch unklar.
Verbreitungsgrad psychotherapeutischer Verfahren
in der Routineversorgung
Versorgungsepidemiologie I – Literaturrecherche
Es wurde eine Literatursuche durchgeführt zur Frage von Bedarf und Angebot von Psychotherapie
für Menschen mit Schizophrenie in Deutschland.
Zielkriterium Daten über die Anzahl von Menschen mit einer schizophrenen Erkrankung, die
Psychotherapie benötigen, angeboten bekommen und/oder erhalten.
Ein-/Ausschlusskriterien Es gab keine weiteren Einschränkungen z. B. hinsichtlich der Beurteilung
der Behandlungsbedürftigkeit (durch Patient oder Experten), Größe des Einzugsgebiets
(deutschlandweit oder regional), Behandlungssetting (stationär oder ambulant) oder Art der
Einrichtung (psychiatrische oder psychosomatische Klinik).
Suchstrategie Es wurden in den Datenbanken Psyndex (deutsch) sowie PsycInfo und Medline
(beide englischsprachig) relevante Arbeiten seit 1990 gesucht. Suchbegriffe: Bedarf, Angebot,
Inanspruchnahme in Kombination mit Schizophrenie oder Psychose(n) und Psychotherapie.
Ergebnisse Insgesamt erbrachte die Recherche 160 Treffer aus allen drei Quellen. Bei 25 (15,6%)
dieser Arbeiten konnte allein aufgrund von Titel und Abstract nicht ausgeschlossen werden, dass sie
relevante Informationen enthalten. Der hauptsächliche Ausschlussgrund war, dass Psychotherapie
lediglich in der Institutsbezeichnung des/der Autoren vorkam.
Nach Ausschluss von Dubletten verblieben 19 Treffer (Literaturverzeichnis und detaillierte
Übersicht beim Erstautor erhältlich). Diese Arbeiten wurden auf relevanten Inhalt hin gesichtet, d. h.
hinsichtlich irgendwelcher Angaben (Zahlen) dazu, wie viele Menschen mit Schizophrenie in
Deutschland Psychotherapie bedürfen, angeboten bekommen und/oder erhalten. Es ergaben sich im
Hinblick auf diese Fragestellung keinerlei Ergebnisse, d. h. es wurden keine in wissenschaftlichen
Fachzeitschriften und/oder Büchern veröffentlichten versorgungsepidemiologischen Angaben zu
Psychotherapie bei Schizophrenie gefunden.
Versorgungsepidemiologie II – Datensätze
Als Ergänzung zu der Literaturrecherche wurden drei vorliegende Datensätze hinsichtlich der
Fragestellung analysiert.
Bundesgesundheitssurvey
Der 1998/99 im Rahmen des Bundesgesundheitssurvey (BGS) an einer repräsentativen
Bevölkerungsstichprobe erhobene Zusatzsurvey Psychische Störungen [27] enthält Angaben, die
es erlauben, die Inanspruchnahme von Psychotherapie zu ermitteln. Den Teilnehmern wurde eine
Liste stationärer und ambulanter Leistungserbringer vorgelegt, darunter psychiatrische und
psychosomatische Kliniken, Beratungsstellen und ambulante Psychiater und Psychotherapeuten.
Weiterhin wurden spezielle Informationen zur Inanspruchnahme von Psychotherapie erfragt.
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Bei 189 (4,5% von 4181) Teilnehmern wurde eine mögliche psychotische Störung diagnostiziert
(Lebenszeitprävalenz) [29]. Diese Kategorie geht im Sinne eines Screenings über die reine
Schizophreniediagnose hinaus und umfasst z. B. auch unterschwellige wahnhafte Störungen oder
psychotische Symptome und Syndrome im Rahmen anderer Störungen (z. B. bipolarer oder
Substanzstörungen). Abb. 1 zeigt die Behandlungsraten derjenigen Teilnehmer mit einer
Lebenszeitdiagnose mögliche psychotische Störung im Vergleich zu jenen der Diagnosegruppen
depressive DSM-IV-Diagnose (unipolare Major-Depression oder Dysthymie ohne Vorliegen
einer möglichen psychotischen Störung) und irgendeine DSM-IV-Diagnose . Die Prävalenzraten
sind in Abhängigkeit von Geschlecht, Alter, Region und Designfaktoren gewichtet und können für
Deutschland als repräsentativ gelten (vgl. [28]). Es zeigt sich, dass die Teilnehmer mit einer
möglichen psychotischen Störung häufiger als die in den anderen beiden Gruppen berichten,
irgendwann einmal irgendeine professionelle Hilfe wegen psychischer Probleme in Anspruch
genommen zu haben (55% gegenüber 43% bei unipolaren Depressionen und 36% bei psychischen
Störungen insgesamt; p<0,01). Weiterhin zeigt sich, dass Verhaltenstherapie im Vergleich zu
anderen Behandlungsmöglichkeiten einschließlich anderer Psychotherapien bei allen drei Gruppen
sehr selten angegeben wird (<4%), wobei sich hier keine signifikanten Unterschiede nach
Diagnosegruppe ergaben.
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Abb. 1 Behandlungsraten aus dem Bundesgesundheitssurvey im Vergleich für verschiedene
Diagnosegruppen
Den Teilnehmern mit einer möglichen psychotischen Störung wurde im Vergleich von ihren Ärzten
wesentlich häufiger eine Psychotherapie angeraten (36% gegenüber 21% bei unipolaren
Depressionen und 19% bei psychischen Störungen insgesamt; p<0,01) oder eine psychiatrische
Behandlung nahe gelegt (17% gegenüber 7% bei unipolaren Depressionen und 6% bei psychischen
Störungen insgesamt; p<0,01).
TRANS-OP-Studie
Zwischen 1999 und 2002 wurden deutschlandweit Versicherte der Deutschen Krankenversicherung
(DKV), die eine ambulante Psychotherapie beantragt hatten, um Teilnahme an der von der
Forschungsstelle für Psychotherapie Stuttgart (jetzt Heidelberg) durchgeführten Studie Mit
Transparenz und Ergebnisorientierung zur Optimierung der psychotherapeutischen Versorgung
[48] gebeten. Eine Gesamtzahl von 939 Versicherten gaben ihr Einverständnis zur Studienteilnahme,
und für 722 Teilnehmer liegen Angaben der behandelnden Psychotherapeuten zur Diagnose vor. Es
nahmen lediglich 4 Patienten (0,55%) mit einer F2-Hauptdiagnose an der Studie teil.
BADO der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik
Günzburg
Die im Rahmen der Basisdokumentation (BADO) an der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und
Psychosomatik (Bezirkskrankenhaus Günzburg) erhobenen Daten (Untersuchungszeitraum
01.01.2005–31.01.2006) wurden genutzt, um die Inanspruchnahme von Psychotherapie bei Patienten
mit der Diagnose Schizophrenie, schizotype oder wahnhafte Störungen zu ermitteln (Tab. 2).
Tab. 2 BADO-Daten der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des
Bezirkskrankenhauses Günzburg
Art der Psychotherapie
Anzahl [%]
Keine spezielle Psychotherapie
484
38,35
Gesprächspsychotherapie
204
16,16
Psychoedukative Gruppen
163
12,92
Supportive Psychotherapie
86
6,81
Kognitive Therapie
79
6,26
Entspannungstherapie
56
5,71
Verhaltenstherapie
56
4,44
Andere
32
2,54
Integriertes psychotherapeutisches Programm
30
2,38
Spezifische Suchttherapie
24
1,90
Nicht (noch nicht) ausgefüllt
22
1,74
Tiefenpsychologisch fundierte Therapie
5
0,40
Unbekannt/unklar
5
0,40
1262
100
Gesamt
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N=854, alle mit F2x.xx als Hauptdiagnose, Mehrfachnennungen möglich.
Es zeigte sich, dass bei der Mehrzahl der Patienten mit einer ICD-10-Diagnose F2x.xx während ihres
stationären psychiatrischen Aufenthalts keine psychotherapeutischen Verfahren angewendet wurden.
Lediglich ca. 13% der Patienten erhielten Verfahren mit nachgewiesen guter Evidenz
(Verhaltenstherapie, kognitive Therapie, IPT).
Diskussion
Die Wirksamkeit einer Vielzahl kognitiv-verhaltenstherapeutischer Interventionen in der
Behandlung schizophrener Störungen wurde in den letzten Jahren gut belegt [16, 40, 44].
Nichtsdestotrotz sind die Wirksamkeitsnachweise für einige Verfahren und Patientengruppen nicht
hinreichend (z. B. duale Diagnosen) bzw. inkonsistent (z. B. Förderung der Compliance).
Eine systematische Literaturrecherche erbrachte keine Angaben zum Implementierungsgrad
psychotherapeutischer Verfahren in der Versorgung von Menschen mit schizophrenen Störungen in
Deutschland. Dieses Ergebnis ist einerseits ernüchternd, andererseits wäre eine Interpretation
dahingehend, dass diese Verfahren so gut wie nicht angewandt werden nicht angemessen, da
lediglich der in Fachpublikationen berichtete Anwendungsgrad erfasst wurde, der vermutlich hinter
den tatsächlichen zurückfällt.
Als Ergänzung dienten Analysen von drei Datensätzen. Es zeigte sich an einer repräsentativen
Bevölkerungsstichprobe, dass Personen, bei denen die Lebenszeitdiagnose einer möglichen
psychotischen Störung gestellt wurde, insgesamt mehr Behandlungen angaben als solche mit
anderen diagnostizierten psychischen Störungen; dabei wurde allerdings Psychotherapie nur
tendenziell und nicht signifikant häufiger in Anspruch genommen. Allerdings wurde bei ersteren von
den Behandlern ein im Vergleich wesentlich höherer Behandlungsbedarf angegeben, was darauf
schließen lässt, dass bei dieser Patientengruppe der Psychotherapiebedarf und die entsprechende
Beeinträchtigungsschwere als erhöht angesehen werden können. Im Zusammenhang mit derartigen
Behandlungsquoten muss jedoch betont werden, dass alleine das Vorliegen einer Diagnose nicht
automatisch mit Behandlungsbedarf gleichgesetzt werden darf. Behandlungsbedarf ist, obwohl
jeder eine intuitive Vorstellung davon haben mag, ein relativ unscharfer Begriff. Als
behandlungsbedürftig werden Zustände angesehen, die beim Betroffenen zu
Funktionseinschränkungen führen und die auf eine (behandelbare) Ursache zurückgeführt werden
können sowie auch eine subjektive Komponente ( wahrgenommene Behandlungsbedürftigkeit )
enthalten. Behandlungsbedarf ist nicht einfach nur gegeben vs. nicht gegeben , sondern Teil
einer komplexen Indikationsentscheidung (Erst- und wiederholte Behandlung, zeitliche
Dringlichkeit, Dauer und Qualität der Behandlung etc.; [2, 23]). So gibt es etwa diagnosenspezifisch
unterschiedlich häufig – und übrigens analog zu körperlichen Erkrankungen – einerseits Fälle mit für
eine Behandlung hinreichenden Belastungen und Beeinträchtigungen, die aktuell nicht die vollen
Kriterien für eine Diagnose erfüllen, andererseits aber auch Fälle mit Diagnosen, die keinerlei
Behandlungsbedarf äußern oder deren noch vorhandenes Funktionsniveau auch nicht unbedingt eine
Behandlung nahe legt. Zudem gilt es bei einigen Diagnosen zu beachten, dass krankheitstypisch
keine Krankheitseinsicht vorliegt (z. B. gerade bei manchen Formen psychotischer Störungen sowie
Suchterkrankungen) und dass speziell bei psychotherapeutischen Interventionen bestimmte
Behandlungsvoraussetzungen zu beachten sind (z. B. Motivation).
Weiterhin ergab sich, dass Menschen mit einer diagnostizierten schizophrenen Störung nur einen
sehr geringen Anteil derjenigen Versicherten einer großen deutschen Krankenversicherung (DKV)
ausmachten, die einen Antrag auf ambulante Psychotherapie stellten. Allerdings handelt es sich hier
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um eine sehr selegierte Stichprobe mit hohem Bildungsniveau. Vergleichsdaten von gesetzlichen
Krankenversicherungen liegen den Autoren leider nicht vor. Es lässt sich allerdings vermuten, dass
Therapeuten in der Erwartung, dass die Gutachter Psychotherapie bei schizophrenen Störungen nicht
akzeptieren, entsprechende Diagnosen gar nicht oder sehr selten nennen. Schließlich zeigte sich
anhand der BADO-Daten einer Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik (BKH
Günzburg), dass selbst während ihres stationären Aufenthalts lediglich ca. 13% der Patienten mit
einer schizophrenen Störung verhaltenstherapeutisch orientierte psychotherapeutische Verfahren
erhalten.
Den Autoren sind keine darüber hinausgehenden Daten zur Frage der psychotherapeutischen
Versorgung schizophren Erkrankter bekannt. Zusammenfassend spricht diese
versorgungsepidemiologische Bestandsaufnahme für eine eklatante Lücke zwischen Evidenzbasis
und Anwendungspraxis.
Implementierungshemmnisse
Wenn von psychotherapeutischen Ansätzen bei schizophrenen Erkrankungen die Rede ist, sind
vielfältige Missverständnisse möglich: Zunächst könnte widersprüchlich erscheinen, eine
unzweifelhaft neurobiologisch determinierte Störung wie Schizophrenie mit psychotherapeutischen
Methoden zu behandeln . Hinzu kommt, dass dem initialen Versuch, schizophrene Erkrankungen
kausal psychoanalytisch oder tiefenpsychologisch zu behandeln, bereits in den 1980er Jahren durch
Metaanalysen Unwirksamkeit oder sogar schädliche Auswirkungen bescheinigt wurden [38].
Die Anwendung psychotherapeutischer Methoden in der Routinebehandlung von Menschen mit
schizophrenen Störungen könnte auch durch die Siegeszüge zunächst konventioneller
Neuroleptika (1950er/60er Jahre) und später atypischer Antipsychotika (seit den 1990er Jahren)
erschwert worden sein. Diese Fortschritte bei der pharmakologischen Therapie konnten
psychotherapeutische Behandlungsansätze zunächst und oberflächlich betrachtet obsolet erscheinen
lassen. Zwar relativiert sich die Nebenwirkungsarmut der atypischen Antipsychotika bei näherem
Hinsehen, doch ist unbestreitbar, dass hinsichtlich der pharmakogenen Behinderung und
Funktionseinschränkung in den letzten Jahren deutliche Fortschritte erreicht werden konnten, etwa
bei extrapyramidalmotorischen Nebenwirkungen oder auch sekundären kognitiven Defiziten [15].
Dennoch sind wir weit davon entfernt, selbst mit optimierter neuroleptischer Medikation,
schizophrene Störungen und die mit ihnen verbundenen Funktionsbeeinträchtigungen i. S. einer
restitutio ad integrum quasi heilend behandeln zu können: Der Prozentsatz Betroffener mit
schizophrenen und schizoaffektiven Störungen, die im 5-Jahres-Verlauf nach einer ersten
Erkrankungsphase die Recovery-Kriterien i. S. einer vollständigen Symptomsuppression (über
2 Jahre) sowie einer vollständigen Integration am ersten Arbeitsmarkt (über 2 Jahre) erfüllen, liegt
bis heute bei ca. 14% [51].
Diese Grenzen der therapeutischen Möglichkeiten gegenwärtiger Routinepraxis machen deutlich,
dass weder eine optimierte neurobiologische Behandlung noch die in Praxis und Ambulanz
angewandten supportiven [43] und eher unspezifischen Interventionen zu einem befriedigenden
Behandlungsergebnis führen. Eine solche Form klinischer Grundversorgung ist mit ihrer Betonung
der Bedeutung antipsychotischer Basistherapie, der therapeutischen Beziehung und allgemeiner
Ermutigung eine notwendige, aber keineswegs hinreichende Bedingung für recovery . Aus diesem
Grund wurden in den letzten beiden Jahrzehnten psychotherapeutische Ansätze kognitiver
Verhaltenstherapie für schizophrene Störungen entwickelt. Diese Verfahren wurden mit sehr
wenigen Ausnahmen (z. B. [58]) im angloamerikanischen Bereich entwickelt, evaluiert und
angewendet, im deutschsprachigen Bereich hingegen wenig umgesetzt und kaum evaluiert. Hierfür
mag es verschiedene Ursachen geben [58]: Der Änderungspessimismus des wenig optimistischen
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Durchschnitts-Behandlers ist meist durch den Eindruck extremer Hilfebedürftigkeit und geringen
Funktionierens in der akuten Erkrankungsphase geprägt. Auch die zunehmenden Sparzwänge (z. B.
Budgetdeckelung oder Bonus-Malus-Regelung, Honorierungssystem, Fallpauschalen in
Institutsambulanzen), die auf unserem Gesundheitssystem lasten und in jeder Ausweitung des
Angebotes eine potenzielle Bedrohung der Finanzierbarkeit des Gesamtgesundheitssystem sehen,
dürften die Übernahme kognitiv-verhaltenstherapeutischer Behandlungsansätze in die
Routineversorgung erschweren.
Weiterhin ist der Nutzen von Ergebnissen aus randomisierten kontrollierten Studien für die
Behandlungspraxis gering. Denn es liegen zu wenige Befunde vor [32, 52], die Behandler bei
differenziellen Indikationsentscheidungen unterstützen könnten.
Fazit für die Praxis
Es gibt viele Hinweise darauf, dass sich Efficacy-Daten aus randomisierten kontrollierten Studien
nicht ohne weiteres in die Routineversorgung übersetzen lassen. Beispiele in der
Versorgungsforschung sind Debatten in Großbritannien über die Umsetzung von Assertive
Community Treatment oder Case Management [9]. Auch die Arbeiten der
Patient-Outcomes-Research-Team- (PORT-)Gruppe um Lehman [36] weisen auf die Bedeutung
einer praxisorientierten Forschung hin. Neben der Fortführung der Ermittlung der Wirksamkeit
spezifischer psychotherapeutischer Verfahren sind langfristig angelegte Effectiveness-Studien
gefragt, anhand derer die Anwendbarkeit von Psychotherapie bei Schizophrenie unter
Praxisbedingungen untersucht und Antworten auf klinisch relevante Fragen (z. B. differenzielle
Indikationsentscheidungen) gefunden werden können.
Ohne Zweifel wird in der Wahrnehmung des Faches Psychiatrie und Psychotherapie der
psychotherapeutischen Kompetenz eine zentrale Stellung eingeräumt [8]. Insofern das Fach sich in
der Weiterentwicklung des Gesundheitswesens behaupten will, wird es diese Herausforderung
annehmen müssen. So könnten möglicherweise aktuelle wissenschaftliche, Public-health-orientierte,
berufs- und gesundheitspolitische Debatten in der Zielstellung konvergieren, die Verfügbarkeit
psychotherapeutischer Interventionen in der Psychiatrie insgesamt, aber auch für Menschen mit
Schizophrenie sicherzustellen und zu erhöhen.
Danksagung Wir danken Dr. Hans Kordy, Forschungsstelle für Psychotherapie, Universität
Heidelberg, für die Erlaubnis, Daten aus der TRANS-OP-Studie für diese Arbeit zu nutzen.
Interessenkonflikt Es besteht kein Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor versichert, dass
keine Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die
ein Konkurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentation des Themas ist unabhängig und die
Darstellung der Inhalte produktneutral.
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Fußnoten
1
Die Auffassung von Psychotherapie als alleinige Behandlungsmethode der Wahl ( stand-alone ) für
schizophrene Erkrankungen entspricht nicht mehr dem Evaluationsstand evidenzbasierter Therapie
schizophrener Störungen, wird aber nichtsdestotrotz noch vereinzelt und vehement propagiert [31]
13.07.2006 10:16
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