Für eine sichere und hochwertige Nahrung

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DAS MAGAZIN FÜR MODERNE LANDWIRTSCHAFT
2/2015
Für eine sichere und
hochwertige Nahrung
Food Chain Partnership bei Bayer
Ernährungssicherung
Zwischen Essenstrends
und globalem Hunger
Menschen
Die Baumwollpioniere
Partnerschaften
Wie ,3 kleine Dinge‘
viel bewegen
Inhalt
Dossier
12
Für sichere und hochwertige Nahrung
Ein Jahrzehnt gesunder
Partnerschaften
Food Chain Partnership, eine Initiative von Bayer,
­feiert ihr zehnjähriges Bestehen. Sie ist zu einem
starken Symbol für die Zusammenarbeit innerhalb
der Wertschöpfungskette geworden – und für
gemeinsame Ziele: nachhaltige Landwirtschaft,
sichere Lebensmittel und sichere Ernährung.
ErnährungssicherHeit
32
Landwirtinnen mit Visionen
Frauenpower
Partnerschaften
Sie sind das Rückgrat der heutigen Agrarwirtschaft
und leisten einen großen Beitrag zur Weltwirtschaft:
Landwirtinnen aus verschiedenen Kontinenten öffnen
die Tore ihrer Farmen und geben Einblicke in ihr Leben.
24
Vielfalt in der Landwirtschaft
Ein Beruf mit vielen Facetten
Landwirte sichern die Ernährung von morgen. Neben
ihrer Schlüsselfunktion als Nahrungsproduzenten
erfüllen sie viele weitere Rollen, die der Umwelt, der
Wirtschaft und der Gesellschaft zugutekommen.
ErnährungssicherHeit
Ölraps auf dem Vormarsch: Gelber Star
6
Talk
Trends
Weltweite Trends in der Landwirtschaft
4
„Jetzt ist es Zeit zu handeln.“
Herbizidresistenzen sind weltweit eine Herausforderung. Über dieses Thema sprach Professor Stephen
Powles, Leiter der Australian Herbicide Resistance
­Initiative, mit Liam Condon, Vorstandsvorsitzender
10
von Bayer CropScience.
Dossier
Die App-Version
tionen, Videos und
der Farming’s
Fotogalerien. Wei-
Future bietet
tere Informationen
zusätzliche Infor-
finden Sie auf der
mationen wie
Rückseite des
interaktive Anima- Magazins.
Für sichere und hochwertige Nahrung:
Ein Jahrzehnt gesunder Partnerschaften
12
Essay
Zertifizierungen stärken die Nahrungsmittelsicherheit:
20
Mehr Transparenz schaffen von Dr. Kristian Möller
Farming’s Future · 3
Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
Partnerschaften
von der Saat bis zur Ernte – so umfangreich
unterstützt Bayer Landwirte, Lebensmittelhersteller und Verbraucher. Unsere Food Chain
Partnership-Initiative ist ein integrierter Ansatz,
um sichere und nachhaltige Nahrungsmittel in
jedem Produktionsschritt zu gewährleisten. In
diesem Jahr feiert das Programm sein zehnjähriges Jubiläum.
40
Youth Ag-Summit in Canberra, Australien
,3 kleine Dinge‘ für den
Wandel
Ernährungssicherung betrifft uns alle – und es ist an der
jungen Generation, Lösungen für die Zukunft zu finden.
Vor diesem Hintergrund fand der Youth Ag-Summit 2015
in Australien statt.
Innovation
Experten für die Schädlingsbekämpfung:
Razzia gegen Raupen
22
Partnerschaften
Vielfalt in der Landwirtschaft:
Ein Beruf mit vielen Facetten
24
ErnährungssicherHeit
Zwischen Geschmack und Hunger
Frauenpower
28
32
Innovation
Biologischer Pflanzenschutz für Obst und Gemüse:
Pilz gegen Wurm
36
Menschen
Die Baumwollpioniere
38
Nicht nur Landwirte profitieren von den Food Chain Partnership-Initiativen.
Auch die internationale Nahrungsmittelindustrie braucht nachhaltige landwirtschaftliche Initiativen entlang ihrer Lieferkette. In dieser Ausgabe sprechen wir mit Andrea Garnier, Unilevers Global Procurement Sustainability
Manager. Sie lernen Unilevers Engagement hinsichtlich einer nachhaltigen
Agrarpraxis kennen und erfahren, wie Food Chain Partnership dieses Engagement unterstützt.
Diesen Sommer fand eine besondere Veranstaltung in der australischen
Hauptstadt Canberra statt: Am Youth Ag-Summit nahmen 100 junge Menschen aus 33 Ländern teil. In unserem Artikel bekommen Sie einen Eindruck,
wie die nächste Generation bereits jetzt Verantwortung übernimmt. Und es
sind nicht nur die jungen Menschen, die die Landwirtschaft maßgeblich ver­
ändern: Auch moderne Farmer selbst erfüllen viele weitere Rollen. Sie sind
innovative Pioniere, Unternehmer und Umweltschützer. In unserem Beitrag
,Ein Beruf mit vielen Facetten‘, erfahren Sie mehr über die unterschiedlichen
Seiten der Landwirtschaft.
Unsere Teilnehmer des Youth Ag-Summit führen den Dialog auf den SocialMedia-Kanälen fort und neue Interessenten nehmen an der Diskussion teil.
Jetzt sind Sie an der Reihe: Vernetzen Sie sich mit uns auf Facebook, Twitter
und auf unserer Website. In Kürze können Sie unsere Farming’s Future-App
auch interaktiv auf Ihrem Smartphone nutzen – nach dem Motto: ‚Farming’s
Future To Go‘. Weitere Details dazu finden Sie auf der Rückseite dieser
Ausgabe.
Wie immer freuen wir uns auf Ihr Feedback: Teilen Sie uns Ihre Meinung zu
dieser Ausgabe mit und sagen Sie uns, zu welchen Themen Sie künftig mehr
erfahren möchten.
Partnerschaften
Youth Ag-Summit in Canberra, Australien:
‚3 kleine Dinge‘ für den Wandel
40
Nachrichten
44
MenscHen
YouFarm: Landwirtsfamilien im Fokus:
Moderne Farm, historischer Charme In unserer Titelgeschichte ‚Ein Jahrzehnt gesunder Partnerschaften‘ erfahren
Sie mehr darüber, wie die Food Chain Partnership-Initiative die globale Nahrungsproduktion weltweit verändert hat. Allerdings variieren die Anforderungen
je nach Region und Erzeugnis – je nachdem, ob es sich um den Anbau von
Weintrauben in Indien, Zitruspflanzen in Spanien oder Gemüse in Guatemala
handelt. Lesen Sie, wie das Food Chain Partnership-Programm für mehr Transparenz sorgt und sich auf regionale und sogar lokale Bedürfnisse fokussiert.
46
Viel Vergnügen bei der Lektüre!
Beth Roden
Leiterin Communications
der Division Crop Science bei Bayer
@bethkroden22
Trends
Weltweite Trends in
Dezember 2015
Wo kommt das Fleisch her?
42,3 Prozent der weltweiten Fleischproduktion entfallen auf Asien. Amerika erzeugt lediglich
31,4 Prozent. Europa stellt 18,7 Prozent der weltweiten
Fleischprodukte her. Nur 5,6 Prozent werden in Afrika
produziert. Quelle: FAOSTAT
+8.000 – 28.500 Euro
Asien
Andere
42,3 %
2 %
Afrika
5,6 %
Lohnende Investition
Europa
18,7 %
Amerika
Mit modernen Technologien wie der Satellitentechnik wirtschaften
Landwirte effizienter. Sie können gezielt Daten über ihre Felder erheben und die Produktivität verbessern: Kleine Betriebe können bis zu
8.000 Euro Mehrgewinn erzielen – größere Farmen sogar bis
zu 28.500 Euro. Die Investition in diese Technik hat sich meist nach
vier bis sechs Jahren ausgezahlt.
Quelle: National Geographic
Meterhohe Raupen
Auf Wachstumskurs
Der Baumwollkapselwurm verursacht auf
Brasiliens Äckern jährlich Schäden von
schätzungsweise fünf Milliarden USDollar. Das liegt auch an seiner enormen
Fortpflanzungsrate: Während seines Lebens
kann das Weibchen bis zu sechsmal etwa
1.500 Eier ablegen. Im Larvenstadium
messen die gefräßigen Raupen bis zu vier
Zentimeter. Aneinandergereiht ergäbe das eine
360 Meter hohe Raupenkette, die damit fast
an die Höhe des Empire State Building heranreicht.
1,6 Milliarden US-Dollar betrug der Markt von biologischen
Pflanzenschutzmitteln im Jahr 2014. Das sind weniger als
Quelle: Bayer Contra Lagartas; Julius Kühn-Institut
Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Quelle: Biopesticide Industry Alliance,
Reuters, Research & Markets
31,4 %
fünf Prozent des gesamten Pflanzenschutzmittelmarkts. Tendenz steigend. Bis 2020 soll das Marktvolumen gar auf über fünf Milliarden
US-Dollar steigen – das entspricht einem Marktanteil von sieben Prozent. Die strenge Regulierung von Pflanzen5 Milliarden ~7 %
schutzmitteln und die steigende Nachfrage von
Bioprodukten könnten das Marktwachstum
in Europa befeuern. Die Region Asien-Pazifik
ist ein weiterer Zukunftsmarkt: Hier leben
60 Prozent der Weltbevölkerung auf 30 Prozent
der globalen Landfläche.
1,6 Milliarden < 5 %
2014
2020
Wirtschaftsfaktor Landwirtschaft
~1.500
19 %
BIP
Im Durchschnitt trug die Landwirtschaft im Jahr
2013 weltweit zu etwa drei Prozent zum
Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. Je
nach Region sind die Unterschiede jedoch
erheblich: In Südasien macht die
Landwirtschaft 19 Prozent des BIP
aus. In Nordamerika ist es lediglich
ein Prozent.
Quelle: FAO, Worldbank.org
der Landwirtschaft
Der Wert der Lebensmittel
56,6 %
Heuschrecken-Burger
Etwa zwei Milliarden Menschen
ernähren sich auch von Insekten, vor allem in Asien und Afrika. Ver-
Die US-Amerikaner geben verhältnismäßig
wenig Geld für Nahrungsmittel aus: Lediglich 6,4 Prozent der jährlichen Lebenshaltungskosten fließen in den Einkauf von
Nahrungsmitteln und Getränken. Anders sieht
es in Nigeria aus: Hier geben die Menschen
56,6 Prozent des ihnen zur Verfügung
stehenden Einkommens dafür aus. In keinem
anderen Land ist der prozentuale Anteil so hoch.
braucher der westlichen Welt tun sich dagegen schwer mit der Insektenmahlzeit. Noch – denn laut der Nestlé-Zukunftsstudie können sich
52 Prozent der befragten Deutschen vorstellen, Insekten zu
essen – wenn die Zubereitung stimmt und das Insekt im Essen unsichtbar
ist. Durchaus möglich, dass im Jahr 2030 vermehrt Heuschrecken-Burger
auf den Speisekarten der westlichen Welt angeboten werden.
Quelle: National Geographic, Nestlé, Tagesspiegel
Quelle: United States Department of Agriculture
Economic Research Service
USA
Farming’s Future · 5
6,4 %
Frauenpower
gegen Hunger
Nigeria
Hätten Landwirtinnen weltweit denselben
Zugang zu Land, Bildung und Krediten wie
­Männer, könnten sie den Ertrag auf ihren Feldern
um 20 bis 30 Prozent steigern. Dieser Mehr­
ertrag würde ausreichen, um 150 Millionen
­hungernde Menschen zu ernähren.
Quelle: FAO, National Geographic
Risikofaktor Hunger
Auf der Erde leben mehr als sieben Milliarden Menschen. Einer von neun Menschen
weltweit geht jeden Abend hungrig schlafen.
Quelle: State of Food Security in the World, FAO 2015
Proteinbombe
Der Gartenfuchsschwanz Amaranthus
caudatus – nicht zu verwechseln mit
dem Unkraut Palmer Amaranth – ist eine der
ältesten Kulturpflanzen der Welt. Bereits seit
7.000 Jahren dient er Urvölkern Südamerikas als Nahrungsquelle, und das aus gutem
Grund: Mit 18 Prozent Proteingehalt
ist er ein wahrer Eiweißlieferant noch vor Dinkel
(15 Prozent), Weizen (14 Prozent) und Roggen
(zehn Prozent). Amaranth-Körner sind zudem
glutenfrei und füllen in gepuffter Form immer
mehr Müslischalen auf den Frühstückstischen
der Menschen.
Quelle: Focus online, Zentrum der Lebensmittelgesundheit, Lebensmittellexikon
18 %
Amaranth
15 %
Dinkel
14 %
Weizen
10 %
Roggen
ErnährungssicherHeit
DeZember 2015
Kevin, Herbert und ­Marc Serfas
(v. l.) begutachten die Rapspflanzen ihres Landwirtschaftsbetriebs in Iron
Springs, Kanada.
Farming’s Future · 7
ÖLRAPS AUF DEM VORMARSCH
Gelber Star
Nach Soja ist Raps die zweitwichtigste Ölsaat weltweit.
Das verdankt der Raps vor allem den Pflanzenzüchtern.
Auch Bayer-Experten arbeiten daran, dass sich die
Raps-Erfolgsgeschichte in Europa fortsetzt.
Schoten-Check: Wenn Herbert, Kevin und
Marc Serfas im Frühjahr die Rapspflanzen der
kanadischen Farm Iron Springs begutachten,
lässt das gelbe Blütenmeer um sie herum ihre
Herzen höher schlagen. „Raps macht einfach
gute Laune“, sagt Kevin Serfas. Für die Landwirte erreicht die Freude wenige Monate später ihren Höhepunkt: Wenn sich die Blüten in
Schoten verwandelt haben und die schwarzen,
ölhaltigen Samen erntereif sind. Dass Raps
heute die zweitwichtigste Ölsaat nach Soja ist,
liegt auch an den Pflanzenzüchtern: Sie erschufen eine Sorte mit deutlich weniger Bitter­stoffen
wie beispielsweise Erucasäure. Sie machte das
Öl bis 1974 ungenießbar und sogar gesundheitsbedenklich. „Deswegen spielte Rapsöl
lange Zeit keine Rolle auf dem Markt. Das hat
sich mit den Canola-Sorten grundlegend geändert“, erklärt Andree-Georg Girg, Globaler
Ölsaatenmanager bei Bayer. Die Abkürzung
‚Canola‘ steht für Canadian oil, low acid. Denn
die Züchtung stammt aus Kanada, dem weltweit größten Raps-Erzeugerland.
träger im Tierfutter genutzt werden kann. Damit
war der Erfolgskurs der gelben Blütenpflanzen
vorgezeichnet.
An Wert gewann die Kulturpflanze Raps, als
es gelang, Sorten mit niedrigem Glucosinolatgehalt im Rapsschrot zu züchten. Seit Mitte
der 80er-Jahre werden diese sogenannten
‚00-Sorten‘ angebaut, deren Schrot als Protein­
Die weltweite Anbaufläche hat sich seitdem
mehr als vervierfacht auf rund 35 Millionen
Hektar. Die Rapsölproduktion hat sich sogar
fast verzehnfacht. Mit 72 Millionen Tonnen
erreichte die Rapsernte im Jahr 2014 ein his-
Canola
Die Abkürzung Canola
steht für
Canadian oil, low acid.
torisches Rekordhoch. „Insbesondere die
Erträge in Kanada und der Europäischen Union
trugen hierzu bei“, sagt Dieter Bockey, Referent der Union zur Förderung von Öl- und
Proteinpflanzen (UFOP). Allein in der EU waren
es erstmals mehr als 24 Millionen Tonnen. In
Mitteleuropa wird hauptsächlich Winterraps
kultiviert, der einen Kältereiz benötigt, um zu
blühen und Samen zu bilden. Ausgesät wird
er Ende August bis Mitte September und
geerntet im Frühsommer. „In Kanada, Australien und Indien wird ausschließlich Sommerraps angebaut“, so Bockey.
Rapsöl zählt heute zu den gesündesten Ölen.
Vor allem sein Anteil einfach ungesättigter
Fettsäuren macht es in den Küchen der Welt
zu einem beliebten Begleiter. „Gerade auf dem
asiatischen Markt ist Rapsöl sehr gefragt.
Auch Fastfood-Ketten setzen vermehrt auf
das gesunde Speiseöl“, erklärt Girg. Bayer
­arbeitet und forscht an Rapssorten, die mit
weiteren Vorteilen aufwarten können. Unter
der Marke InVigor™ haben die Pflanzenexperten neue Züchtungen mit speziellen Eigenschaften kreiert. „An den Erfolg, den wir mit
InVigor bereits in Kanada erzielt haben, wollen
wir jetzt in Europa anknüpfen“, erklärt Girg.
So bietet Bayer beispielsweise eine Rapssorte
8
Ernährungssicherheit
DeZember 2015
Ob speziell kultiviert
zur Züchtung von
Hybridsorten (links)
oder auf Versuchsfeldern (rechts) – die
unverwechselbaren
gelben Rapspflanzen
sind ein weitverbreitetes Bild in ländlichen Gegenden,
zum Beispiel in
Kanada und Westeuropa.
mit einem besonders hohen Ölsäuregehalt an.
Der Vorteil: Das Öl, das aus den Samen
gepresst wird, ist sehr hitzeresistent und bleibt
deswegen während der Verarbeitungsprozesse in der Lebensmittelindustrie stabil. Eine
Fetthärtung, bei der ungesunde Trans-Fettsäuren entstehen würden, ist so nicht notwendig. Im Fachjargon heißen diese Rapskulturen
auch HOLL-Sorten: Die Buchstabenkombination steht für ,high oleic, low linolenic‘ und
bedeutet: Diese Rapssorte besitzt einen hohen
Gehalt der einfach gesättigten Ölsäure, aber
nur eine geringe Menge an Linolensäure.
mit hohen Ölgehalten entwickelt, die auch den
ackerbaulichen Ansprüchen genügt, und InVigor L140P bietet eine hohe Schotenfestigkeit,
um Ernteverluste zu verringern. „Wir führen
die Hochleistungssorten derzeit in verschiedenen europäischen Ländern ein“, erklärt Girg,
beispielsweise in Frankreich: Dort haben sich
die Experten von Bayer zum Ziel gesetzt bis
zum Jahr 2020 zu den Topanbietern von Rapssaatgut zu gehören. Um das InVigor-Portfolio
in Frankreich zu etablieren, plant Bayer, dort
jedes Jahr eine regional angepasste Rapssorte
auf den Markt bringen.
Stärke kultivieren
„Das Vertrauen in InVigor in Kanada ist sehr
hoch und das motiviert uns für die Aufgabe,
die uns jetzt in Europa bevorsteht. Dennoch
wird dies kein Selbstläufer“, weiß der Rapsexperte. Lediglich eine bessere Sorte anzubieten, reicht heute nicht aus: Die Konkurrenz
ist groß – alleine in Deutschland gibt es mehr
als 200 Rapssorten, gegen die sich die Samen
von Bayer beweisen müssen. Die polnischen
Rapsbauern haben schon Erfahrungen mit
dem neuen Bayer-Saatgut sammeln können:
In der Anbausaison 2014 ließen sich damit
sehr gute Ernten erzielen. „Die wichtigste
Eigenschaft, auf die wir bei der Auswahl neuer
Mit der neu gezüchteten Hybrid-Rapssorte
InV 1010 hat Bayer eine ertragreiche Variante
Die schrittweise Entwicklung, Kohlenstoffdioxid aus fossilen Quellen durch
erneuerbare Energieträger zu verdrängen,
wird ohne Pflanzenöle nicht möglich sein. Dieter Bockey, Referent der Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen (UFOP)
72
Millionen Tonnen
2014 erreichte die weltweite
Rapsernte mit 72 Millionen
Tonnen ein Rekordhoch.
Quelle: US-Landwirtschaftsministerium
Sorten Wert legen, ist das maximale Ertragspotenzial“, sagt Stanislaw Szpara, Agrarberater
für Agro-As in Polen.
Das Life-Science-Unternehmen Bayer kann
auf einen umfangreichen Erfahrungsschatz
zurückgreifen: Seine Experten schafften es
2009, das Erbgut von Raps zu entschlüsseln – in
Kooperation mit zwei öffentlichen Forschungsinstituten, dem Beijing Genomics InstituteShenzhen in China und der University of
Queensland in Australien, sowie dem niederländischen Biotech-Unternehmen Keygene in
Wageningen. Damit legten sie eine wertvolle
Basis für die Entwicklung neuer Sorten. In
einem etablierten Züchtungscenter im belgischen Gent arbeiten die Pflanzenspezialisten
an noch besseren Eigenschaftsprofilen der
Ölsaat und passen diese an die regionalen
Anbaugebiete an. „Wir züchten unter anderem
auf Kornertrag, Ölgehalt, Tausendkorngewicht,
aber auch eine gleichmäßige Blüte und Abreife.
Zudem spielt die Robustheit gegen Pilzerkrankungen wie Phoma oder Sklerotinia eine Rolle“,
Farming’s Future · 9
Die wichtigste Eigenschaft, auf die wir
bei der Auswahl neuer Sorten Wert legen,
ist das maximale Ertragspotenzial. Stanislaw Szpara, Agrarberater für Agro-As in Polen
beschreibt Benjamin Laga, Genetiker von
Bayer in Gent, die Komplexität der Züchtungsziele. Zwar verfolgen die europäischen Züchter im Wesentlichen die gleichen Ziele wie ihre
kanadischen Kollegen, aber aufgrund der
verschiedenen Klimazonen müssen die
Rapseigenschaften unterschiedlich ausgeprägt sein. „Im Süden Frankreichs muss eine
Sorte eine andere Standfestigkeit aufweisen
als in Kanada, wo andere Windverhältnisse
und Temperaturen herrschen“, erklärt Laga.
Und auch der Boden – vom Lehm bis zum
leichten Sandboden – beeinflusst die Züchtungsziele.
aus fossilen Quellen durch erneuerbare Energieträger zu verdrängen, wird ohne Pflanzenöle nicht möglich sein.“
wir dafür gut vorbereitet. Und den Erfolg beeinflussen letztlich auch die Konsumenten, wenn
sie sich für das gesündere Rapsöl entscheiden.“
Ob als Treibstoff, als nachwachsender Rohstoff
oder als Basisprodukt für die Lebens- und
Futtermittelindustrie: Raps ist vielseitig verwendbar. Von den knapp zehn Millionen Tonnen Rapsöl,
die im Erntejahr 2014/2015 in der Europäischen
Union produziert wurden, dienten sieben Millionen
Tonnen technischen Zwecken und 2,6 Millionen
Tonnen Nahrungszwecken. Wenn der Bedarf
in Europa weiter steigt, zeigt sich Girg optimistisch: „Mit unserem Portfolio an unterschiedlichen Sorten und Erfahrungen aus Kanada sind
Unterschiedliche Ansätze
Vielseitige Varianten
Zudem wird Raps auch als Rohstoff für Biodiesel eingesetzt. Das hat zu einer Ausdehnung der Felder in Europa geführt. Allerdings
hat sich die Europäische Union zum Ziel
gesetzt, die Produktion von Biotreibstoff aus
Nahrungspflanzen wie Raps, Mais und Soja
zu begrenzen und die Treibhausgas-Emissionen zu regulieren. „Die Politik ist bisher eine
Antwort schuldig geblieben, wie die förderpolitischen Rahmenbedingungen für Biokraftstoffe insgesamt nach 2020 aussehen“, konstatiert Bockey. „Sollte der Marktzugang in die
Europäische Union versagt werden, wird die
europäische Biodieselindustrie neue Märkte
im EU-Ausland erschließen müssen.“ Zudem
gibt der UFOP-Referent zu bedenken: „Auch
die schrittweise Entwicklung, Kohlenstoffdioxid
Anbau und Ernte
in der EU
2014 (geschätzt)
Anbaufläche in 1.000 Hektar
Frankreich
Deutschland
Polen
Vereinigtes Königreich
Tschechien
Litauen
Ungarn
Dänemark
Bulgarien
Lettland
Quelle: Europäische Kommission, AMI
1.503
1.398
842
715
421
244
210
150
127
111
Um die europäischen Landwirte mit den angepassten Sorten zu beliefern, hat Bayer zudem
eine neue Anlage zur Raps-Saatgutaufbereitung in Monheim errichtet: Das European Oilseed Processing Center nahm Ende September 2015 seinen Betrieb auf. Dort werden die
neuen Hybridsamen aufbereitet und gebeizt,
damit sie sich auf dem Acker zu kräftigen Pflanzen mit hohen Erträgen entwickeln. „Hochwertiges Saatgut ist natürlich nur die eine Seite
der Medaille: Ohne das geeignete Pflanzenschutzprogramm ist die Rapsernte gefährdet,
denn zahlreiche Krankheiten und Schädlinge
haben es auf Blüten, Schoten und Samen
abgesehen“, erklärt Girg. Deswegen bietet
Bayer ein Pflanzenschutzpaket an, dass Raps
den Landwirten zur Erntezeit noch mehr Freude
bereitet. Und künftig können die Landwirte mit
Hightechmethoden noch mehr für den Erfolg
ihrer leuchtend gelben Felder tun. „Bayer ist
Pionier, was digitale Diagnose-Tools für Rapskulturen angeht – beispielsweise, um Schädlinge früher zu erkennen oder Ertragskarten
und Bestandsdichten zu erstellen“, so Girg
weiter. „In Kanada laufen bereits erste Pro­jekte – und auch in Europa wird die Digitalisierung die Karriere der gelben Blüten weiter
ankurbeln“, ist der Rapsexperte überzeugt.
Talk
Dezember 2015
Herbizidresistenzen weltweit bekämpfen
„Jetzt ist es Zeit zu handeln.“
Herbizidresistenzen sind weltweit eine Herausforderung. Über dieses Thema
sprach Professor Stephen Powles, Leiter der Australian Herbicide Resistance
Initiative, mit Liam Condon, Vorstandsvorsitzender von Bayer CropScience.
Liam Condon: Unkräuter bedrohen die globale
Lebensmittelversorgung und schädigen Nutz­
pflanzen, die eine Milliarde Menschen ernähren
könnten. Durch Unkräuter entstehen weltweit
Verluste, die schätzungsweise 13,2 Prozent der
landwirtschaftlichen Produktion ausmachen.
Das entspricht jährlich mehr als 55 Milliarden
Euro. Wir können Unkräuter zwar mit Herbiziden
kontrollieren, doch die zunehmenden Herbizid­
resistenzen sind weltweit ein enormes Problem.
Die Situation lässt sich nur mit einem ganzheit­
lichen, nachhaltigen Ansatz lösen – basierend
auf Wissensaustausch, Zusammenarbeit und
Innovation. Daher wollen wir bei Bayer mit
führenden Wissenschaftlern und internationalen
Institutionen neue Lösungen entwickeln, die die
Landwirte weltweit bei der Bekämpfung herbi­
zidresistenter Unkräuter unterstützen. Beispiels­
weise freuen wir uns, mit Ihnen, Steve, als
international anerkanntem Herbizidexperten
zusammenzuarbeiten. Sie und ihre Organisa­
tion, die Australian Herbicide Resistance Initia­
tive (AHRI), sind für uns ideale Partner.
Stephen Powles: Wir müssen sogar zusammen­
arbeiten, denn wir sitzen sozusagen im selben
Boot. Doch auch für uns bietet die Zusammen­
arbeit mit Bayer viele Vorteile. Beispielsweise
profitiert unser AHRI-Team vom Austausch mit
dem Kompetenzzentrum für Unkrautresistenzen
von Bayer in Frankfurt. Es hilft uns sehr, die
Australian Herbicide
Resistance Initiative (AHRI)
Die AHRI ist eine
führende Institution
zur Erforschung von
Herbizidresisten­
zen in Australien.
Schwerpunkte ihrer
Arbeit sind nachhal­
tige Landwirtschaft
und Unkrautkon­
trolle. Die For­
schungstätigkeiten
des Teams mit Sitz
an der University of
Western Australia
reichen von der
Erforschung der
Biologie und Kon­
trolle der wichtigs­
ten Unkrautspezies
bis zur Entwicklung
von Anbaustrategien
und der Grundla­
genforschung auf
biochemischer und
molekularer Ebene.
Forschungskompetenz des jeweils anderen
nutzen zu können. Es wäre undenkbar, all
dieses Wissen im eigenen Land aufzubauen.
Wir arbeiten sogar in einem vom Australian
Research Council finanzierten Projekt zu den
Mechanismen von Resistenzen, bei dem Bayer
ein Partner ist. Zudem bieten Veranstaltungen
wie das Weed Resistance Global Symposium
ein Forum für Diskussionen über praxisnahe
Lösungen für integriertes Unkrautmanagement.
Liam Condon: Ja, dieser Erfahrungsaustausch
ist wichtig, um Lösungen zu verbessern – und
die Ernährung der Weltbevölkerung sicherzu­
Wissenschaft spielt eine zentrale Rolle,
um die Zukunft der Landwirtschaft zu
gestalten. Liam Condon, Vorstandsvorsitzender von Bayer CropScience
stellen. Das betrifft ja nicht nur die heutige
Bevölkerung, sondern auch die bis zum Jahr
2050 erwarteten neun bis zehn Milliarden Men­
schen. Unkräuter sind echte Bedrohungen für
die Ernten. Ich erinnere mich noch sehr gut
daran, als ich das erste Mal das Unkraut ,Palmer
Amaranth‘ auf einem Feld sah. Die Pflanze kann
fünf Zentimeter pro Tag wachsen, eine Höhe
von vier Metern erreichen und pro Anbauperiode
1,8 Millionen Samen ausstreuen. Welche Nutz­
pflanze könnte diesem starken Gegner stand­
halten?
Stephen Powles: Korrekt. Seit etwa 10.000 Jah­
ren machen uns Unkräuter die Nahrung streitig.
Sie haben ihre Überlebensfähigkeit bereits
bewiesen und trotzen den Bekämpfungsstra­
tegien der Landwirte. Unsere neuen gemein­
samen Ansätze und Entscheidungen werden
die weltweite Versorgung mit Nahrungsmitteln
beeinflussen. Unser Ziel lautet, mehr Lebens­
mittel durch weniger Unkräuter zu produ­
zieren – aber auf nachhaltige Weise. Denn
inzwischen haben wir eine der wichtigsten
Lektionen gelernt: Herbizide sind hervorragende
Instrumente im Unkrautmanagement. Sie sind
effektiv, preiswert und lassen sich einfach
anwenden, aber auch leicht übermäßig einset­
zen! Mehrfach resistente Unkräuter führen uns
vor Augen: Der alleinige Gebrauch von Herbi­
ziden ist nicht nachhaltig. Das goldene Zeitalter,
in dem sich die Kontrolle von Unkräutern einfach
mit Herbiziden lösen ließ, ist vorbei. Wir können
den Kampf nur gewinnen, wenn wir diese
wertvollen Werkzeuge klüger einsetzen als in
der Vergangenheit. Wir müssen eine Kombina­
tion aus chemischem und nicht chemischem
Pflanzenschutz nutzen: etwa intelligente Frucht­
folgen, das Aussortieren von Unkrautsamen
während der Ernte oder Möglichkeiten der
digitalen Landwirtschaft. So lassen sich Resis­
Farming’s Future · 11
IN KÜRZE
Professor Stephen Powles
tenzen bekämpfen und Herbizide langfristig
anwenden. Vielfalt ist der Schlüssel.
Liam Condon: Ich stimme vollkommen zu.
Die Vielfalt der Ansätze ist der Schlüssel, um
Landwirtschaft nachhaltig betreiben zu können.
Deshalb investieren wir jährlich mehr als eine
Milliarde Euro in Forschung und Entwicklung.
Dabei konzen­trieren wir uns auf unseren inte­
grierten Werkzeugkasten mit chemischen und
biologischen Pflanzenschutzmitteln, modernen
Züchtungsmethoden und der Erforschung von
Pflanzeneigenschaften. Wissenschaft und
moderne Technologien wie die digitale Land­
wirtschaft spielen bei der Gestaltung der
zukünftigen Agrarwirtschaft eine zentrale Rolle.
Dank Lösungen der digitalen Landwirtschaft
lernen Landwirte, was auf ihren Feldern
passiert – und können Entscheidungen besser
und schneller treffen. Präzise Daten, um Pflan­
zen in Echtzeit zu überwachen und die Boden­
gesundheit zu analysieren, sind Beispiele dafür,
wie sich Entscheidungen erleichtern lassen.
Sie helfen aber auch, die Nachhaltigkeit im
Auge zu behalten. Wir sind begeistert von den
Möglichkeiten, die diese neuen Technologien
bieten.
Stephen Powles: Das ist der richtige Ansatz.
Verschiedene Techniken einzusetzen, ist der
einzig nachhaltige Weg im Kampf gegen Resis­
tenzen. Und diese Vielfalt erfordert auch mehr
Kommunikation. Dass sich Landwirte, Industrie
und wissenschaftliche Community vernetzen,
verlangt sowohl konventionelle als auch neue
Wege des Austauschs – etwa über soziale
Medien. Unsere Forschungsergebnisse müssen
über sämtliche Kommunikationskanäle an die
Erzeuger, die Agrarindustrie, die Berater und die
Wissenschaftsgemeinde verbreitet werden.
Daher investieren wir in unserem Forschungsteam
30 Prozent unseres Budgets in Kommunikation.
Liam Condon: Ein sehr guter Punkt. Unsere
Branche investiert vermutlich noch zu wenig in
Kommunikation. Doch der Kontakt mit der
Öffentlichkeit und allen, die mit Landwirtschaft
zu tun haben, ist ganz wesentlich. Bei Bayer
Vielfalt ist der einzig nachhaltige Weg
im Kampf gegen Resistenzen. Prof. Stephen Powles, Leiter der Australian Herbicide Resistance Initiative
Stephen Powles ist Professor an der
University of Western Australia und
Leiter der Australian Herbicide Resis­
tance Initiative (AHRI). Seine Expertise
reicht von der Grundlagenforschung
zur Evolution und molekularen Basis
von Herbizidresistenzen über die
angewandte Agrarforschung bis hin
zum Agrarmanagement. In den
vergangenen 32 Jahren prägte
­Powles besonders die australische
und internationale Denkweise des
nach­haltigen Herbizideinsatzes –
durch eine reduzierte Herbizidab­
hängigkeit und höhere Vielfalt in
Agrarökosystemen.
legen wir einen großen Schwerpunkt auf einen
weitgehend integrierten Medien-Mix – ange­
fangen bei unserer Unternehmenspublikation
Farming’s Future bis hin zu den Aktivitäten in
digitalen und sozialen Medien sowie Bildungs­
ansätzen. Wir wollen den gesellschaftlichen
Dialog fördern und ein Bewusstsein dafür schaf­
fen, dass es Innovationen und neuer Techno­
logien bedarf.
Stephen Powles: Ja, es ist unerlässlich, dass
wir unsere Ergebnisse mit den Endanwendern
teilen. Nur so können wir ein Bewusstsein
für Herbizidresistenzen schaffen und Verhal­
tensänderungen anregen. Jeder spielt eine
Rolle beim Umgang mit Resistenzen und der
Ernährung einer wachsenden Weltbevöl­
kerung. Gemeinsam werden wir die Unkräuter
besiegen – durch Wissenschaft, Technologie
und ein Verständnis der evolutionären Prinzi­
pien. Jetzt ist es Zeit zu handeln!
Dossier
Dezember 2015
SIESA Food Chain Manager Edgar Garcia
(links) und sein Kollege Samuel Sanic
(rechts) inspizieren das Wachstum
und die Qualität des angebauten
Gemüses auf einer SIESA-Farm
in Guatemala.
Farming’s Future · 13
Für sichere und hochwertige Nahrung
Ein Jahrzehnt
gesunder
Partnerschaften
Food Chain Partnership, eine Initiative von Bayer,
feiert ihr zehnjähriges Bestehen. Sie ist zu einem starken
Symbol für die Zusammenarbeit innerhalb
der Wertschöpfungskette geworden – und für gemeinsame
Ziele: nachhaltige Landwirtschaft, sichere Lebensmittel
und sichere Ernährung.
14
Dossier
Dezember 2015
Das Food Chain Partnership-Projekt in Guatemala
haben Bayer und der
Gemüseexporteur SIESA
gemeinsam initiiert. Mitarbeiter Rolando Machan
(rechts) bei der Feld­arbeit.
Wir wollen mit unserem Unternehmen den
Verbrauch von hochwertigen Gemüsesorten
in unseren Exportmärkten steigern. Edgar Garcia, Produktionsleiter bei SIESA
Lebensmittel einzukaufen war noch nie so
kompliziert: Ein durchschnittlicher westlicher
Supermarkt bietet heutzutage im Laufe des
Jahres 400 bis 500 verschiedene frische Obstund Gemüsesorten an. Kein Wunder also, dass
die richtige Wahl zuweilen schwer fällt. Zudem
machen sich Kunden vermehrt Gedanken über
Herkunft und Qualität der angebotenen Waren.
Der Anspruch „aus nachhaltiger Erzeugung“
wird zum Qualitätssiegel. Sichere Lebensmittel
bleiben für Verbraucher ein äußerst wichtiges
Thema. Und häufig verknüpfen die Kunden in
ihrer Wahrnehmung diese Sicherheit vor allem
mit Pflanzenschutzmittel-Rückständen. „Unsere
Nahrung war noch nie so sicher. Doch die Verbraucher sorgen sich häufig mehr über Rückstände von Pflanzenschutzmitteln als über Salmonellen und Schimmelpilze in der Nahrung,
die eine wesentlich größere und direktere
Bedrohung darstellen“, erklärt Silke Friebe, Leiterin des Food Chain Management bei Bayer.
„Unser Ziel ist es, die Gesellschaft zu informieren, Vertrauen zu schaffen und Ängste zu entkräften, indem wir die positiven Ergebnisse
kommunizieren, die wir gemeinsam mit unseren Partnern erreicht haben“, fährt Friebe fort.
Ein globaler Erfolg
Dass Verbraucher der Lebensmittelproduktion
mehr Beachtung schenken, ist nichts Neues:
Einen Höhepunkt erreichte die Besorgnis der
Öffentlichkeit hinsichtlich sicherer Lebensmittel und Pflanzenschutzmittel-Rückstände im
Jahr 2005. Daraufhin reagierte der Einzelhandel mit verstärktem Interesse für die Produktionssysteme seiner Lieferanten. Das gab den
Anstoß für das Konzept ,Food Chain Partnership‘ von Bayer, einen ganzheitlichen Ansatz,
um integrierte Lösungen für Nutzpflanzen mit
sämtlichen Partnern der Wertschöpfungskette
zu verwirklichen: Erzeuger, Exporteure, Importeure, Verarbeitungsbetriebe und Einzelhändler.
In dieser Zeit begannen die Bayer-Experten,
eng mit den Beteiligten zusammenzuarbeiten
und vor allem beratend in Sachen landwirt-
schaftlicher Praxis und Verbesserungen im
Pflanzenschutz zur Seite zu stehen.
„Denkt man über die globale Nahrungsmittelkette nach, muss man alle am Produktionsprozess beteiligten Menschen und ihre täglichen Anforderungen in Betracht ziehen“, sagt
Silke Friebe. „Was vor zehn Jahren als gezielte
Reaktion auf die besorgte Öffentlichkeit hinHoch über dem
Atitlán-See, im
Südwesten Guatemalas, erntet
Landwirt Santos
Tun Coc mit seiner Familie
Zucker­erbsen.
Farming’s Future · 15
sichtlich der Rückstände begann, hat sich zu
etwas weit Größerem entwickelt. Das Programm ist weltweit erfolgreich und umfasst
mehr als 70 Food Chain Manager, Partnerschaften in 40 verschiedenen Ländern und
50 unterschiedlichen Nutzpflanzen“, so Friebe.
Gemüse aus Guatemala
Eine dieser Erfolgsgeschichten ist das Food
Chain Partnership-Projekt mit der SIESA Group
in Guatemala. „Wir sind einer der wichtigsten
Gemüseexporteure Großbritanniens und
der USA und haben Verträge mit 17 zertifizierten Erzeugergruppen. Zusätzlich pflegen wir
Beziehungen zu 1.200 Kleinbauern“, sagt
Edgar Garcia, Produktionsleiter bei SIESA.
„Wir wollen mit unserem Unternehmen den
Verbrauch von hochwertigen Gemüsesorten
in unseren Exportmärkten steigern.“ Zu den
von SIESA angebauten Gemüsesorten im
Hochland von Guatemala gehören Zuckererbsen, handgeschälte Erbsen, Feuerbohnen,
grüne Bohnen, Zuckerschoten, Ackerbohnen
und Broccoli. Diese Gemüsesorten werden
hauptsächlich nach Großbritannien und in die
USA exportiert, wo die Verbraucher hochwertige Erzeugnisse nachfragen, die nachhaltig,
sicher und rückverfolgbar angebaut werden.
„Viele Einzelhändler verlangen von ihren Zulieferern zudem sozial- und umweltverträgliche
Produktionsmethoden“, erläutert Silke Friebe.
Dies führte 2008 zu einer Food Chain Part-
70 Food Chain
Manager von Bayer arbeiten
in 40 verschiedenen Ländern
und mit 50 Nutzpflanzenarten
(hauptsächlich Obst und
Gemüse) an der Umsetzung
des Food Chain Partner­shipKonzepts.
nership-Initiative zwischen der SIESA Group
und Bayer. „Weil sich die Exportmärkte von
Guatemala vergrößerten und immer ausgereifter wurden, stieg auch die Nachfrage nach
hochwertigen und sicheren Waren“, sagt Garcia. Um diesen Marktanforderungen gerecht
zu werden, wollten die guatemaltekischen
Landwirte und Exporteure die neuesten Technologien nutzen, um Pflanzenschutzmittel
anzuwenden und nachhaltige Produktionsmethoden einzuführen. Die Ergebnisse sind
beeindruckend: Die exportfähigen Waren ließen sich um 20 Prozent steigern. Gleichzeitig
konnte die Anzahl der PflanzenschutzmittelAnwendungen um rund zehn Prozent gesenkt
werden. Und es gab weniger Verunreinigungen durch leere Produktbehälter. „Alle Projektpartner haben eindeutig profitiert“, erklärt Garcia. Die Gemüseerzeuger produzieren mehr
exportfähige Waren und erzielen höhere Preise.
Und SIESA schützt seine Marktanteile durch
den Export sicherer Produkte. Zudem können
die Einzelhändler bei ihren heimischen Kunden mit Qualität und Sicherheit werben. Doch
es gibt noch einen weiteren, unbezahlbaren
16
Dossier
Dezember 2015
Dank einer speziellen
Anbaumethode für Trauben in Indien ist die Produktivität relativ hoch.
Die Trauben werden vorrangig in die Europäische Union, in die Vereinigten Arabische Emirate, nach Russland
und nach Bangladesch
exportiert.
Dank des Einsatzes aller Beteiligten haben wir die Qualität und
Produktivität der Traubenherstellung erheblich gesteigert. Ben Horsburgh, Direktor des Qualitätsmanagements bei UNIVEG
Vorteil. „Das Projekt hat dazu beigetragen, die
wirtschaftliche Entwicklung der ländlichen
Gebiete Guatemalas zu fördern. Die Haushaltseinkommen verbesserten sich, sodass
Familien ihre Kinder zur Schule schicken konnten. Zudem wurden infrastrukturelle Maßnahmen und Dienstleistungen bereitgestellt. Das
schafft Arbeitsplätze und beugt der Landflucht
vor“, fügt Friebe hinzu.
Indische Tafeltrauben
Ein ähnliches Food Chain Partnership-Projekt
wurde auch in Maharashtra, Indien, umgesetzt.
Der Bundesstaat ist das Zentrum der indischen
Tafeltraubenproduktion und verantwortlich für
80 Prozent der landesweiten Exporte. Doch
vor allem der Handel mit Europa war immer
eine Herausforderung. Der Grund: die immer
strengeren Anforderungen der europäischen
Supermärkte. Der Nachweis von ChlormequatRückständen im Jahr 2010 verringerte das
Exportpotenzial der indischen Tafeltrauben weiter – und ließ das gesamte Exportvolumen nach
Das Team, bestehend
die Erzeugnisse und
aus UNIVEG und
bespricht die nächs-
Bayer, kontrolliert
ten Programmschritte.
Europa erheblich sinken. Daher startete Bayer
eine Zusammenarbeit mit der UNIVEG-Gruppe,
einem weltweiten Anbieter von Frischobst, um
die nachhaltige Produktion hochwertiger indischer Trauben zu fördern. Zuerst galt es, bei
allen Akteuren Vertrauen aufzubauen: „Es war
sehr wichtig, die Erzeuger von dem gesamten
Ansatz und der Initiative selbst zu überzeugen“, erinnert sich Ben Horsburgh, Leiter der
Qualitätssicherung bei UNIVEG. Anschließend
entwickelte Bayer ein Pflanzenschutzprogramm
für Tafeltrauben. Besonders wichtig war es,
kritische Erfolgsfaktoren zu berücksichtigen:
die Rückstandshöchstwerte in der EU, die Nutzung zugelassener Produkte, Empfehlungen
des indischen National Research Centre for
Grapes (NRCG) und Wartezeiten nach der
Ernte, aber ebenso vergangene Erfahrungen
der Anbauer und historische Labordaten der
Rückstandsanalysen. Bayer unterstützte die
Traubenanbauer zudem bei der guten landwirtschaftlichen Praxis und dem Krankheitsund Schädlingsmanagement durch die gemeinsame Nutzung von Wetterdaten.
Farming’s Future · 17
Ein Zuckerwürfel ...
Mit modernen chemi-
tionen zu diesen
in einem Lkw-Container (2.700 Liter) entspricht einem Teil pro
schen Analyseverfah-
Rückständen nutzen
­Millionen, das heißt einem Milligramm pro Kilogramm
ren lassen sich selbst
das leider häufig aus.
geringste Spuren von
Tatsächlich stellen
Rückständen bestim-
diese Spuren,
men. Diese Mengen
solange sie unter-
sind so klein, dass
halb des zulässigen
sie sich der Mensch
Höchstwerts liegen,
nur sehr schwer vor-
kein Risiko für Mensch
stellen kann. Publika-
oder Tier dar.
in einem Frachtschiff (2,7 Millionen Liter) entspricht einem Teil
pro Milliarde, das heißt einem Mikrogramm pro Kilogramm
1 µg = 0,000000001 kg
im Bodensee (2,7 Billionen Liter) entspricht einem Teil pro­
Billiarde, das heißt einem Pikogramm pro Kilogramm.
1 pg = 0,000000000000001 kg
Zu den Spezial-
(oben) und Brokkoli.
Die Ernte wird auf
optimalen Temperatu-
40 Jahren Gemüse an: Bundesstaaten.
pflanzen gehören
Aktuell baut Fresh Select
Qualität geprüft, bevor
ren bis zum Transport
16 Gemüsesorten in
Salat, Blumenkohl
auf 3.000 Hektar Land an.
sie verpackt und bei
gelagert wird.
Nachhaltigkeitsradar
In anderen, fortschrittlicheren Regionen der
Welt hat die Food Chain Partnership-Initiative
zur Entwicklung eines neuen Instruments
geführt: des Bayer-Sustainability-Radars. Damit
lässt sich der bereits erreichte Fortschritt in
Sachen Nachhaltigkeit beim Erzeuger messen.
So können die Food-Chain-Partner erkennen,
wo sie ihre Anbaumethoden verbessert haben.
Er hilft ihnen zu verfolgen, ob ihr Unternehmen
Fresh Select baut seit
drei australischen
1 mg = 0,000001 kg
Um sicherzustellen, dass sich die Erzeugnisse
bis zum Anbauort zurückverfolgen lassen,
wurden in einem Testlauf von Bayer sämtliche
Spritzbehandlungen der Landwirte über eine
elektronische Plattform erfasst. Während der
Erntezeit berieten und schulten UNIVEGExperten die Landwirte und Exporteure in Erntefragen, der Klassifizierung und Verpackung
der Trauben, um die Anforderungen der verschiedenen Supermärkte einzuhalten. „Dank
des Einsatzes aller Beteiligten haben wir die
Qualität und Produktivität der Traubenherstellung erheblich gesteigert“, betont Horsburgh.
So konnten die Landwirte ihre durchschnittlichen Exporterträge um 15 bis 20 Prozent
steigern. Die Gesamtkosten für den Pflanzenschutz ließen sich um zehn bis 15 Prozent
Prozent senken, weil die Anzahl der Spritzbehandlungen verbessert wurde. „Kurz
gesagt: Dank dieser Food Chain PartnershipInitiative werden hochwertige Tafeltrauben
erzeugt, die UNIVEG gemäß den Anforderungen der europäischen Supermärkte liefern
kann“, fasst Friebe zusammen.
auf dem richtigen Weg zu einem noch erfolgreicheren, nachhaltigen Farmbetrieb ist.
Für John Said, einen Gemüseerzeuger in der
Nähe von Melbourne in Australien, ist der Sustainability-Radar auch eine Art Bildungssystem:
„Je mehr Menschen wir schulen, desto besser
und nachhaltiger werden wir. Und der bisher
erreichte Fortschritt ist dank der Unterstützung
des Food Chain Partnership-Teams tatsächlich
überwältigend.“
Im Fall von John Said umfasst das PartnershipProjekt den Anbau von Blumenkohl, Brokkoli
und verschiedenen Salatsorten. „Wir betreiben
seit 40 Jahren Gemüseanbau und bauen 16
verschiedene Sorten in drei australischen Bundesstaaten an“, sagt er stolz. Saids Landwirt-
Je mehr Menschen wir schulen, desto
besser und nachhaltiger werden wir. John Said, Gemüseerzeuger in Victoria, Australien
18
Dossier
Dezember 2015
Unendliche Sonnenstunden und großflächige Obstplantagen
machen die spanische
Region Almeria zu
einem Zitrusfrucht­
paradies.
schaftsunternehmen Fresh Select bewirt­
schaftet 3.000 Hektar Land „mit großartiger
Unterstützung durch Bayer“, sagt Said. „Mit der
Gründung unseres Food Chain PartnershipProjekts im Jahr 2012 erkannten wir den Vorteil einer Partnerschaft. Bayer bot nicht einfach
nur Produkte an, sondern vermittelte auch Wissen über alle Schritte, die für einen erfolgreichen, nachhaltigen Betrieb nötig sind.“ Dank
der Partnerschaft erhält Fresh Select heute
maßgeschneiderte, integrierte Lösungen, die
auf effektivem chemischen und biologischen
Pflanzenschutz basieren. Zudem profitiert Fresh
Select vom ergänzenden Service in den Bereichen Umweltschutz, Effizienz und Sicherheit.
Für Said ist besonders wichtig: „Bei Food Chain
Partnership geht es nicht nur um hohe Qualität
und geringe Rückstände. Das nachhaltige
Management natürlicher Ressourcen wie Boden
und Wasser ist ein ebenso wichtiger Aspekt“,
erklärt Friebe. Beide Ressourcen sind in Australien begrenzt. Das bedeutet für John Said und
sein Team oftmals eine extreme Herausforderung: „Ohne Boden kein Anbau“, sagt er. Das
Food Chain Partnership-Team unterstützt Fresh
Select mit einem Programm zur Bodengesundheit. Zusätzlich nutzen sie Anbaualternativen
Partnerschaften und nachhaltige
Landwirtschaft sind ein Weg kontinuierlicher
Verbesserungen. Silke Friebe, Leiterin Food Chain Management bei Bayer
und Fruchtfolgen, um Boden zurückzugewinnen. John Said sorgt sich vor allem um das
Wassermanagement: „Wir kennen die Herausforderungen, die das wenig verfügbare Wasser
hier in Australien mit sich bringt. Heute achten
wir viel mehr auf unsere Wasserspiegel und verwenden bessere Systeme. Beispielsweise nutzen wir Bewässerungstechnologien, die über
Nacht laufen können, sodass wir Verluste über
Tag verringern.“
Spanisches Zitrusgewächs
Ähnliche Gedanken gehen Gregorio Aznar
durch den Kopf. Sein landwirtschaftlicher
Familienbetrieb, Antas Export, liegt im Herzen
Andalusiens in Spanien. „Es ist ein Paradies
für Zitrusfrüchte: Wir haben unendlich viele
Sonnenstunden und ein weites Land“, so
Aznar. „Aber wir kämpfen mit der Wasserknappheit.“ Wie bei Fresh Select in Australien
konzentriert sich auch die Food Chain Partnership mit Antas Export darauf, die Ressourcen effizient zu nutzen. Das umfasst eine bessere Bewässerungstechnologie kombiniert mit
maßgeschneiderten integrierten Lösungen –
beispielsweise angepassten chemischen und
biologischen Pflanzenschutzprodukten und
Farming’s Future · 19
Interview mit Andrea Granier
von Unilever
Andrea Granier ist Global Procurement Sustain­
ability Manager bei Unilever. Den größten Teil
seiner beruflichen Laufbahn war er in der integrierten Lieferkette von Agrarerzeugnissen
und der Lebensmittelindustrie tätig. Granier ist
an Unilevers Initiativen zur nachhaltigen Landwirtschaft von Beginn an beteiligt.
Wie hat sich die Verbrauchernachfrage in den vergangenen
­Jahren verändert und was bedeutet dies für Unternehmen wie
Unilever und andere Partner in der Lebensmittelkette?
Verbraucher fordern qualitativ hochwertige und zweckmäßige Produkte.
Darüber hinaus gibt es auch weitere Kriterien wie Transparenz – zum
­Beispiel ­verbunden mit den Fragen, woher die Produkte stammen oder
wie Agrar­erzeugnisse angebaut werden. Wir müssen also eine auf
Nachhaltigkeit ­beruhende Sichtweise erarbeiten. Bei Unilever ist unser
Beschaffungsteam dafür zuständig, die nachhaltige Entwicklung, ins­
besondere mit Blick auf Einkauf und Landwirtschaft, voranzutreiben.
Die andalusische Firma
Almeria Zitrusfrüchte an,
Antas Export baut auf
zum Beispiel Zitronen,
rund 300 Hektar in
Orangen und Clementinen.
weiteren ergänzenden Dienstleistungen. Antas
Export ist seit 2014 Partner von Bayer. Die Zitronen, Orangen und Clementinen des andalusischen
Unternehmens werden in Länder wie Deutschland
und Italien exportiert. „Wir sind ein kleines Unternehmen, doch wir leisten eine ganze Menge“, sagt
Gregorio Aznar stolz. Und er fügt hinzu: „Bayer
hilft uns, nachhaltige Praktiken einzuführen und
hochwertige Lebensmittel zu erzeugen.“
„Dies sind nur ein paar Beispiele“, merkt Silke
Friebe an. Heute gibt es Food Chain PartnershipProjekte für jede Region der Welt und für viele verschiedene Nutzpflanzen. „Bei Obst und Gemüse
sind wir bereits gut etabliert“, sagt Friebe. „Inzwischen kommt unser Ansatz auch bei Pflanzen wie
Reis, Getreide, Mais, Zuckerrohr und Ölsaaten in
Schwung.“ Aus einem kleinen Team ist inzwischen
ein Netz aus globalen, regionalen und lokalen Food
Chain Managers geworden. Friebe ist sich sicher,
dass diese Erfolgsgeschichte erst der Anfang ist:
„Partnerschaften und nachhaltige Landwirtschaft
sind keine einfachen Ziele, die man erreicht und
abschließt. Es ist vielmehr ein Weg kontinuierlicher Verbesserungen.“
Wie sichern Sie die Qualität innerhalb Ihres Produktportfolios?
Uns stehen verschiedene Möglichkeiten und Systeme innerhalb unserer
Lieferkette zur Verfügung, um Qualität sicherzustellen. Zum Beispiel beziehen wir in mehr als 200 Produktionsstätten Rohstoffe aus der Landwirtschaft. Unilever hat sich dazu verpflichtet, bis 2020 die gesamten
landwirtschaftlichen Erzeugnisse aus nachhaltigen Quellen zu beziehen.
Dazu brauchen wir den vollständigen Einblick in unsere Lieferkette.
­Darüber hinaus müssen auch unsere Zulieferer die Kriterien unseres
­Kodex für nachhaltige Landwirtschaft und unsere Richtlinien zur Einhaltung der Menschen- und Arbeitsrechte erfüllen. Diese Vorgaben sind im
,Unilever Supplier Qualification System‘ festgehalten.
Vor welchen Herausforderungen stehen Sie in Bezug auf Frischware wie Obst und Gemüse?
Rückverfolgbarkeit ist hier die entscheidende Herausforderung, da Lieferketten komplex und viele Beteiligte involviert sind. Eine weitere Herausforderung besteht darin, unsere Lieferkette so weit wie möglich zu straffen
und den direkten Kontakt zu Landwirten herzustellen. Dies ist Voraussetzung dafür, dass wir unsere nachhaltige Beschaffungsstrategie einführen
können. Weitere Herausforderungen beziehen sich auf die angebauten
Kulturpflanzen und Standorte und decken beispielsweise die Wassernutzung in sehr trockenen Ländern oder effektives Schädlingsmanagement
unter schwierigen Klimabedingungen ab.
Wie würden Sie den Erfolg von Bayers Food Chain Partnership
zusammenfassen?
Das Programm ist vorteilhaft, um nachhaltige landwirtschaftliche Praktiken auf Farmebene einzuführen. Vor allem dann, wenn es schwierig oder
gar unmöglich ist, mit Landwirten direkt in Kontakt zu kommen. Die Ausweitung dieser Partnerschaft auf einen größeren industriellen Rahmen
würde der gesamten Lebensmittel- und Getränkebranche helfen, nachhaltige Landwirtschaft schneller einzuführen und Nachhaltigkeit zu einem
Qualitätsmerkmal zu machen.
Essay
Dezember 2015
Zertifizierungen stärken die Nahrungsmittelsicherheit
Mehr Transparenz
schaffen
Verfasst von Dr. Kristian Möller, Geschäfts­führer
des Qualitäts­sicherungssystems GLOBALG.A.P.
Der Trend zu mehr Transparenz durchdringt
alle Lebensbereiche – auch die Nahrungsmittelindustrie. Noch vor einigen Jahren ging es
vor allem um das ,tell me‘: Also viele landwirtschaftliche Betriebe kommunizierten, dass sie
eine nachhaltige Agrarpraxis betreiben. Heute
orientiert man sich mehr in Richtung des ,show
me‘. Deshalb suchen Landwirte nach Möglichkeiten, mit denen sie ihr Versprechen transparent nachweisen können: die sichere und nachhaltige Produktion unserer Lebensmittel. Und
diese neue Art der Transparenz wird nicht
zuletzt befeuert durch die Digitalisierung. Denn
beispielsweise die sozialen Netzwerke fördern
den direkten Austausch zwischen Landwirten,
Verbrauchern und Händlern. Diese Art der Kommunikation wird zukünftig weiter wachsen.
Damit sind die Landwirte aber auch sehr schnell
direkter Kritik oder gar Vorurteilen ausgeliefert.
Den Wunsch nach mehr Transparenz können
Landwirte aktiv gestalten – beispielsweise durch
die Zertifizierung ihrer Produkte. Diese sind der
Schlüssel zu weitaus mehr Transparenz und
helfen Landwirten bei der Dokumentation ihrer
landwirtschaftlichen Praxis. Damit können sie
die hochwertige Qualität ihrer Erzeugnisse
glaubhaft belegen – und diese wird auch im
Handel und beim Endverbraucher deutlicher
wahrgenommen. Das stärkt die Geschäftsbeziehungen der zertifizierten Landwirte, weil auch
die Zwischen- und Einzelhändler von der zuverlässig hohen Qualität, der Sicherheit und Rückverfolgbarkeit der Produkte profitieren. Zudem
verschafft die Zertifizierung den Landwirten
auch entscheidende Wettbewerbsvorteile
gegenüber Konkurrenten, die keine Zertifizierung vorweisen können. Zertifizierungen sind
also nicht nur der Schlüssel zu mehr Transparenz, sie erhöhen auch die Wirtschaftlichkeit
eines Landwirts. Denn nachweisbare Qualität
lässt sich am Markt besser verkaufen.
Standard zur Orientierung
Freiwillige Aktivitäten für Zertifizierungen, wie
die GLOBALG.A.P.-Zertifizierung, unterstützen
diese Prozesse. GLOBALG.A.P. ist ein Standard
für die sichere und nachhaltige Produktion von
Lebensmitteln. Er vereinfacht das Miteinander
innerhalb der globalen Partnerschaften im
Lebensmittelbereich. So muss nicht jeder Akteur
der gesamten Lieferkette selbst seine Produkte
kontrollieren. Stattdessen kann er sich auf Standards verlassen, die kontrolliert umgesetzt
werden. Das vermeidet unwirtschaftliche Doppelungen entlang der Lieferkette, weil eine einheitliche Sprache existiert.
Die GLOBALG.A.P.-Kriterien bestehen aus 240
Fragen, die für die Erzeugung relevant sind. Dazu
gehören beispielsweise die Bereiche Umweltschutz, Rückverfolgbarkeit und Lebensmittelsicherheit. Unser Standard verlangt unter anderem
mehr Effizienz in der Produktion: Er verbessert
die Geschäftsergebnisse und hilft bei der Einsparung lebenswichtiger Ressourcen. Ebenso
erfordert er eine landwirtschaftliche Praxis, die
bestmögliche Voraussetzungen für zukünftige
Generationen schafft. Jede Farm mit einem
GLOBALG.A.P.-Zertifikat ist in unserer Datenbank
registriert. Wir arbeiten derzeit intensiv daran,
dass sich alle Landwirte weltweit mit lokalen und
globalen Lieferketten verlinken können.
GLOBALG.A.P. kooperiert seit seiner Entstehung
auch sehr eng mit Bayer und anderen führenden
Agrarunternehmen. Im Jahr 2014 beispielsweise
haben GLOBALG.A.P. und die Food Chain
Partnership-Initiative von Bayer gemeinsam vier
Expertenschulungen in Mittelamerika, Afrika,
Europa und im Raum Asien-Pazifik durchgeführt,
um Kompetenzpartner von Bayer zu qualifizieren.
Sie sorgen in den landwirtschaftlichen Betrieben
Landwirte suchen Möglichkeiten, mit denen sie ihr
Versprechen transparent nachweisen können: die sichere
und nachhaltige Produktion unserer Lebensmittel. Dr. Kristian Möller, Geschäftsführer des Qualitätssicherungssystems GLOBALG.A.P.
Farming’s Future · 21
Sie trafen sich auf
von GLOBALG.A.P.,
Möller, Vorstands­
Silke Friebe, Leiterin
der Fruit Logistica in
Ronald Guendel,
vorsitzender von
des Food Chain
Berlin (v. l.): Flavio
Global Senior Key
GLOBALG.A.P., Liam
Management
Alzueta, Vizepräsi­
Relations Manager
Condon, Vorstand­
bei Bayer Crop­
dent und Chief
bei Bayer Crop­
vorsitzender von
Science.
Marketing Officer
Science, Dr. Kristian
Bayer CropScience,
für Qualitätssicherung nach unseren Richtlinien.
Gemeinsam haben wir das neue Serviceprogramm BayGAP-Tool entworfen. Es besteht aus
drei Kernbereichen: intensive Schulung in der
Gruppe, individuelle Anbauberatung und Qualitätssicherung. Damit wurde ein Grundstein
gelegt, um auch Kleinbauern zu helfen, die Anforderungen „Guter Landwirtschaftlicher Praxis“
erfüllen zu können und lokale Kunden gemäß
deren Anforderungen beliefern zu können.
Zukunftspläne entwickeln
Das ist aber nur ein Teil unserer Arbeit. Zukünftig will GLOBALG.A.P. noch mehr Ressourcen
für eine Unterstützung landwirtschaftlicher
Betriebe bereitstellen. Das bedeutet: mehr Training und Infrastruktur. Zudem wollen wir noch
mehr Anreize schaffen, diese Praktiken auch
anzuwenden. Diejenigen, die tatsächlich nachhaltiger produzieren, müssen sich von den
Konkurrenten ohne Zertifizierung eindeutig
abheben. Denn wer verantwortungsvolle Land-
wirtschaft betreibt, muss auch die Früchte
ernten – und soll wirtschaftlich davon profitieren. Wir müssen also einen Markt für sichere
und landwirtschaftliche Warentrennung schaffen. Denn Händler und Endverbraucher werden
diese garantiert hochwertigen Produkte erkennen und wertschätzen. So trennt sich sehr
einfach die Spreu vom Weizen.
Diese Vorgehensweise ist kein Selbstzweck,
sondern eine Notwendigkeit: Denn Landwirte
stehen vor der großen Herausforderung, die
ständig wachsenden Ansprüche des Markts
zu erfüllen. Zertifizierungen können deshalb
hilfreiche und geschickte Mittel sein, um die
Sicherheit ihrer Produkte zu demonstrieren.
Durch Transparenz gewährleisten zertifizierte
Betriebe die Integrität ihrer Produkte und
sichern sich das Vertrauen ihrer Kunden. So
vergrößern sie ihr Potenzial, langfristig größere
Erträge zu erwirtschaften, und tragen zu einer
starken und sicheren Lieferkette innerhalb der
gesamten Nahrungsmittelindustrie bei.
GLOBALG.A.P.
GLOBALG.A.P. steht für gute Agrarpraxis und setzt Standards für die
globale Zertifizierung landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Es ist eines der
weltweit führenden Qualitätssicherungssysteme in der Landwirtschaft
mit einem Fokus auf Lebensmittelsicherheit. Hinzu kommt ein transparentes Integritätssystem für eine weltweit einheitliche Umsetzung der
Anforderungen. GLOBALG.A.P. entwickelt kundenspezifische Lösungen
für die Zertifizierung und Prüfung
von Betrieben und den Aufbau von
Trainingsprogrammen. Heute sind
rund 155.000 Primärproduzenten in
119 Ländern zertifiziert.
GLOBALG.A.P.-Anforderungen konzentrieren sich in erster Linie auf die
Produktsicherheit und Umweltverträglichkeit sowie die Gesundheit,
Sicherheit und das Wohlergehen
von Mensch und Tier.
Innovation
DeZember 2015
Die Raupe der Baumwoll-Kapseleule (Helicoverpa armigera) ist
ein wahrer Nimmersatt. Neben Blättern
und Stängeln hat sie
es vor allem auf die
Samenhülse der Soja­
pflanze abgesehen
(Bild).
Experten für die Schädlingsbekämpfung
Razzia gegen Raupen
Raupen bedrohen die Ernten. Eine neue Bayer-Initiative hilft
brasilianischen Landwirten bei der Abwehr der Schädlinge.
Das Programm umfasst viele Bereiche – von Monitoring und
Schulungen bis hin zur landesweit vernetzten Datenbank.
Sie sind kaum daumengroß, doch ihr Appetit
ist enorm: Die Raupen der Baumwoll-Kapseleule
suchen seit Jahren die Felder von Afrika bis Asien
heim. Auf dem amerikanischen Kontinent war der
Nachtfalter mit dem lateinischen Namen Helicoverpa armigera bislang nicht verbreitet. „2012
tauchten die ersten Berichte auf, dass eine neue
Raupenart in den Sojafeldern des Bundesstaats
Bahia im Nordosten Brasiliens gesichtet wurde“,
erinnert sich Joaquim Mariano Costa, einer der
Koordinatoren der COAMO-Kooperative. Und im
darauffolgenden Jahr bestätigte das Forschungsinstitut des brasilianischen Ministeriums für Landwirtschaft und Tierhaltung (EMBRAPA), dass der
Schädling in das Land eingedrungen war. Seitdem
verursachte die winzige Raupe auf brasilianischen
Feldern Ertragsverluste in Milliardenhöhe – und
bedroht auch Baumwolle und Mais. „Angesichts
dieser Entwicklung wird eine integrierte Schädlingsbekämpfung immer wichtiger“, erklärt Costa,
der für Mitglieder der COAMO jährlich Workshops
auf dem Feld organisiert. Dort lernen sie, die Raupenschädlinge besser zu erkennen und zu
bekämpfen. Und jetzt können er und seine Kol-
Farming’s Future · 23
legen auch auf Lösungen aus dem Projekt Bayer
Contra Lagartas (Bayer gegen Raupen) zurückgreifen.
Kontrolle für eine erfolgreiche Ernte
Dabei werden unter anderem Mottenfallen zur
Schädlingskontrolle eingesetzt. So lassen sich
das Ausmaß des Befalls bestimmen und Hinweise gewinnen, ob sich die Raupenpopulation
schlagartig vermehren könnte. „Denn die Anzahl
der Eier in einem bestimmten Gebiet hängt zum
großen Teil davon ab, wie viele erwachsene Tiere
dort leben. So können wir ziemlich genau
abschätzen, wie stark die Ernte betroffen sein
wird“, erklärt Everson Zin, Fungizidmanager bei
Bayer in Brasilien. Die dreieckigen Fallen aus
Plastik oder Holz sind mit Klebstoff bestrichen,
an dem die Motten haften bleiben. Jede Falle
lässt sich zudem mit Pheromonen präparieren,
die jeweils bestimmte Raupenarten anlocken. So
werden gezielt Arten geködert, die bereits Schäden verursacht haben. Die einzelnen Tiere und
die Produkte zu ihrer Bekämpfung lassen sich so
leichter bestimmen.
Zin zufolge sind derzeit 5.200 solcher Schädlingsfallen auf 1.300 Kontrollstationen in ganz
Brasilien verteilt. Der Schwerpunkt liegt auf Regionen, die von der Raupenplage stark bedroht
sind: Dazu gehören die Bundesstaaten Rio
Grande do Sul, Paraná, Minas Gerais, Mato
Grosso do Sul, Mato Grosso, Goiás und Bahia.
Der Produktmanager erklärt, dass in den vergan-
Everson Zin, Experte
für Pflanzenschutz
bei Bayer in Brasilien,
hilft mit innovativen
Beobachtungsprogrammen, den
Schädlingsbefall
zu reduzieren.
genen Monaten neben der Baumwoll-Kapseleule
auch weitere Raupenarten vermehrt auftraten.
„Das Hauptziel unseres Projekts ist es, ein Datennetz aufzubauen. Es soll den Farmern helfen, sich
besser auszutauschen, wenn sie Entscheidungen
zur Kontrolle der Schädlinge treffen“, so Zin.
­Darüber hinaus unterstützt Bayer Contra Lagartas die Betriebe auch dabei, ihre Produktivität zu
steigern – beispielsweise durch den effizienteren
Einsatz von Ressourcen und die Vermittlung guter
landwirtschaftlicher Praktiken.
„Die Schädlingsfallen ermöglichen einen hervorragenden Informationsaustausch zwischen den
Landwirten und den Experten von Bayer“, fasst
Zin zusammen. Farmer, die am Projekt teilnehmen
und Schädlingsfallen erhalten möchten, können
sich unter bayercontralagartas.com.br anmelden
und dort wöchentlich aktuell über ihre Kulturen
Zahlreiche Schädlinge bedrohen Sojafelder – wie dieses im Süden Brasiliens.
Joaquim Mariano
Costa arbeitet für die
COAMO-Kooperative
im Süden Brasiliens.
Diese organisiert re-
gelmäßige Praxistage,
die die Landwirte über
effektive Schädlingsbekämpfung informiert.
informieren. „Als nächsten Schritt möchten wir
eine lokale und landesweite Berichterstattung zur
Raupenbekämpfung für ganz Brasilien aufbauen“,
sagt Zin.
Monitoring
Zweifelsfrei beim
ersten Versuch
Der richtige Zeitpunkt spielt eine entscheidende Rolle, wenn es um die
Behandlung von Pilzkrankheiten bei
Sojapflanzen geht. Um das sicherzustellen, hat Bayer do Brazil ein weiteres Projekt gestartet: „De Primeira,
Sem Dúvida“, was so viel heißt wie
„Zweifelsfrei beim ersten Versuch“.
Dabei werden Sojafelder in Echtzeit
beobachtet – und Kameras in den fünf
größten Soja-Anbaugebieten des Landes aufgestellt. Renommierte Pflanzenpathologen prüfen die Videos
direkt und geben den Farmern sofort
Statusinformationen zu ihren Kulturen.
Jedes Sojagebiet wird dazu in zwei
gleich große Bereiche unterteilt. Eines
erhält die korrekte Fungizidbehandlung – beispielsweise zur Bekämpfung
von Sojabohnenrost. Im zweiten Teilgebiet sind Kontrollfelder, die später
behandelt werden. Eine weitere Projektkomponente ist ein Algorithmus:
Damit lässt sich das Risiko eines
Krankheitsbefalls vorhersagen. Mit
diesem kombinierten Ansatz kann
Bayer den Sojafarmern helfen, den
bestmöglichen Zeitpunkt für die Fungizidbehandlung zu bestimmen.
Partnerschaften
DeZember 2015
Vielfalt in der Landwirtschaft
Ein Beruf mit
vielen Facetten
Landwirte sichern die Ernährung von morgen.
Neben ihrer Schlüsselfunktion als Nahrungsproduzenten
erfüllen sie viele weitere Rollen, die der Umwelt,
der Wirtschaft und der Gesellschaft zugutekommen.
Landwirte sind Multitalente. Sie sind
Tüftler, Unternehmer, Arbeitgeber oder
Landschaftsgestalter. Ihre tägliche Arbeit
umfasst weitaus mehr, als Kühe zu melken
und Getreide für unser Brot anzubauen. Der
Beruf des Landwirts ist vielschichtig und
interdisziplinär – und das wirkt sich positiv
auf den Erfolg des Farmbetriebs und die
Umwelt aus.
Innovatoren:
Landwirtschaft wird
Hightech
Mithilfe einer Karten-App auf seinem Smartphone prüft ein Farmer auf dem Weizenfeld
den Zustand der Feldfrüchte. Auf dem Display sieht er Satellitenbilder, die zum Beispiel die Bodenbeschaffenheit und Topografie der Felder zeigen. Aus diesen Daten
ermittelt die App die geeignete Menge Pflanzenschutzmittel für die jeweiligen Flächen-
abschnitte. Der Landwirt kann direkt draußen auf dem Feld seine Entscheidungen
treffen. Was wie eine Zukunftsvision klingt,
ist in vielen Landwirtschaftsbetrieben
bereits Realität. Mit hochmodernen Ansätzen treibt Bayer diese Entwicklung voran
– wie Tobias Menne, Leiter des Bereichs
Digitale Landwirtschaft bei Bayer, erklärt:
„Die digitale Landwirtschaft verleiht den
Farmern sozusagen Superkräfte. Wir helfen ihnen dabei, ihre Entscheidungen so
präzise, effizient und einfach wie möglich
zu treffen. Zudem erleichtern die digitalen
Lösungen das Leben der Landwirte, weil
sie sich viel mehr Zeit für ihre Entscheidungen nehmen können.“
Innovationen haben die Landwirtschaft
schon immer vorangetrieben. Besonders
deutlich zeigt sich dies in Industrieländern:
Vor 115 Jahren konnte ein Landwirt nur
vier Menschen ernähren, weil die damalige
Technik sehr begrenzt war. Als 1950 landwirtschaftliche Maschinen eine größere Rolle
spielten, waren es schon zehn Personen.
Dank weiterer Innovationen in den Bereichen
Züchtung, Pflanzenschutz und Datenerfassung im Ackerbau kann ein einzelner Landwirt heute genug Nahrung für 129 Menschen
produzieren. Und es wird immer wichtiger,
dass Landwirte neuen Technologien gegenüber aufgeschlossen bleiben, denn: Die Weltbevölkerung wächst derzeit um 80 Millionen
Menschen pro Jahr. Im Jahr 2050 werden die
Landwirte voraussichtlich zehn Milliarden
Menschen ernähren müssen – und das angesichts schwindender landwirtschaftlich nutzbarer Flächen, begrenzter natürlicher Ressourcen und eines unbeständigeren Klimas.
Abgesehen von dieser globalen Verantwortung wollen viele Landwirte mit neuesten
Technologien möglichst gute Startbedingungen für ihre Nachfahren schaffen. „Wir müssen
Farming’s Future · 25
Moderne Landwirtschaft bedeutet:
ein nachhaltiges Unternehmen
­führen, komplexe körperliche Arbeit
leisten sowie Fachwissen und
Geschäftssinn besitzen.
Landwirte als Ernährer der Industriestaaten
1900
Vor den technischen Errungenschaften konnte ein
einzelner Landwirt vier
­Menschen ernähren.
1950
Rund 50 Jahre später konnte
ein Farmer bereits zehn Menschen versorgen.
2012
Dank moderner Technologien und
Geräte kann ein Landwirt heute
129 Menschen ernähren.
Quelle: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Statistisches Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (2013)
26
Partnerschaften
DeZember 2015
Die moderne Landwirtschaft
erreicht nachhaltige Produktivität durch sinnvolle neue Technologien und wissenschaftliche
Arbeitsweisen – wie beispielsweise GPS.
Wir müssen uns mit modernen
Technologien vertraut machen, weil sie
unsere praktische Arbeit immer mehr
bestimmen werden. uns selbst und die nachfolgende Generation
ermuntern, moderne Technologien kennenzulernen und zu nutzen. Denn diese beeinflussen
immer stärker unser Handeln“, erklärt Corbin
Schuster, Landwirt in Südaustralien. „Meine
Familie ist seit sieben Generationen hier. Und
ich möchte, dass die Farm auch die nächsten
sieben Generationen lang fortbesteht. Der
Schlüssel dazu ist der effektive Einsatz moderner Technologien“, fügt er hinzu.
Unternehmer:
Landwirte stärken die
Wirtschaft
Trotz großer Anstrengungen und langfristiger Strategien, die für die weltweite Ernährungssicherung
sorgen sollen, wird häufig unterschätzt, wie umfassend der Beruf des Landwirts ist. „Viele Menschen
machen sich kaum Gedanken über die Agrarproduktion und die vielen Facetten des landwirtschaftlichen Berufes“, erklärt Klaus Kirsch, Global Manager des Projekts Bayer ForwardFarming.
Landwirte sind jedoch nicht nur Welternährer,
sondern auch Unternehmer – und spielen eine
wichtige Rolle für die Weltwirtschaft. Nach Angaben der Welthandelsorganisation WTO nahmen
die weltweiten Exporte landwirtschaftlicher
Erzeugnisse im Jahre 2013 um knapp sechs
Prozent gegenüber dem Vorjahr zu – und erreichten einen Wert von 1.745 Milliarden US-Dollar.
Außerdem trug der Agrarsektor fast zu einem
Zehntel zum weltweiten Warenhandel im Jahr
2013 bei.
Corbin Schuster,
Landwirt in Südaustralien
Zugleich müssen sich die Landwirte komplexen
Herausforderungen stellen. Ihr Handeln hängt
stark von äußeren Faktoren ab – wie den Märkten und Wechselkursen. Landwirte brauchen
daher auch wirtschaftliches Know-how, um die
Chancen und Risiken für ihren Betrieb zu erkennen. Auch deshalb schließen sie sich in Berufsverbänden zusammen, um stets über wichtige
Entwicklungen informiert zu sein, die sich auf
ihren Beruf auswirken können. Eine der wichtigsten Aufgaben des australischen Landwirtschaftsverbands National Farmers’ Federation
ist es deswegen sicherzustellen, dass australische Farmer die unternehmerische Seite der
Landwirtschaft bewältigen. „Das ist ganz entscheidend, denn als Farmer braucht man handwerkliches Geschick und Köpfchen. Landwirte
Landwirte sind
auch Arbeit­geber
vieler gut
ausgebildeter
Menschen.
müssen kompetente Fachleute sein, die verantwortungsvoll mit Ländereien umgehen“, erklärt
Simon Talbot, Geschäftsführer der National Farmers’ Federation.
Der Agrarsektor ist zudem der größte Arbeitgeber der Welt. 1,3 Milliarden Menschen arbeiten
in der globalen Landwirtschaft. Das entspricht
1,3 Milliarden Menschen
40 Prozent der erwerbs­
tätigen Weltbevölkerung
arbeiten im Agrarsektor.
Farming’s Future · 27
40 Prozent der erwerbsfähigen Weltbevölkerung. Allein in Afrika ist über die Hälfte der arbeitenden Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig.
Nachhaltigkeitsexperten:
Landwirte schonen
die Umwelt
Vielen Landwirten liegt der Erhalt der Umwelt
am Herzen. Sie bemühen sich, ihre Betriebe
nachhaltig zu führen. Das Projekt Bayer ForwardFarming unterstützt diesen Ansatz. Über
die weltweite Wissensplattform für nachhaltige
Landwirtschaft werden praktische Anwendungen gemeinsam mit den Landwirten erprobt:
„Bayer ForwardFarming trägt zu einer nachhaltigen Landwirtschaft bei, die im Einklang mit den
wirtschaftlichen Zielen der Landwirte steht“, sagt
Kirsch. Das Projekt setzt dabei auf folgende
Kern­elemente: integrierter Pflanzenbau, hochwertiges Saatgut, chemischer und biologischer
Pflanzenschutz, maßgeschneiderter Service
sowie strategische Maßnahmen und Partnerschaften.
Einer der ersten Betriebe, der am Projekt ForwardFarming teilnahm, war Hof ten Bosch in
Belgien. Die Brüder Jan und Josse Peeters führen den Hof und engagieren sich, wirtschaftlichen Erfolg mit dem Schutz der Umwelt zu verbinden. „Als Bayer ForwardFarm zeigen wir, wie
sich Unternehmenserfolg als Farmbetrieb mit
der Umweltverantwortung vereinbaren lässt –
und das umfasst auch die Biodiversität“, erklärt
Jan Peeters. Vor vier Jahren begannen die Brüder dank der Bayer-Unterstützung mit dem Walloon Agricultural Research Centre zusammenzuarbeiten, um Maßnahmen gegen die Erosion
auf Kartoffelfeldern zu entwickeln. „Dadurch
konnten wir unseren Ertrag 2011 um sieben
Prozent gegenüber den üblichen Erträgen von
40 bis 45 Tonnen Pommes-frites-Kartoffeln pro
Hektar steigern“, so Peeters weiter.
Ebenfalls wichtig für Hof ten Bosch: die Gesundheit der Bienen und der Erhalt der Artenvielfalt.
Deshalb errichteten die Brüder Bienenhotels,
die neue Nistplätze bieten. Im Jahr 2015 stellten sie zudem ein weiteres und größeres Insektenhotel als Nist- und Brutmöglichkeit auf, das
zahlreiche andere Bestäuber und Nutzinsekten
anlocken soll.
In naher Zukunft werden sich weitere Betriebe
in Frankreich, Deutschland und den Niederlan-
Langzeitgäste willkom-
Moderne Landwirt-
Bienen bestäuben
mühsam genug Nah-
men! Ein Insektenhotel
schaft bedeutet
die Pflanzen, die
rung. Blühstreifen sind
auf dem Hof ten Bosch
auch, die Artenviel-
unsere Früchte,
wichtig für das Bie-
von Jan und Josse Pee-
falt zu fördern.
Nüsse und Gemüse
nen-Ökosystem, denn
tragen. Die Bestäu-
sie helfen den Insek-
ber finden oft nur
ten, sich zu ernähren.
ters in Belgien:
den dem Bayer ForwardFarming-Projekt
anschließen. Die Bandbreite der Feldfrüchte und
Erzeugnisse reicht dabei von Weintrauben und
Zwiebeln über Zuckerrüben bis hin zu Kartoffeln
und Winterweizen.
Ein wichtiger Aspekt des Projekts besteht darin,
Landwirten den sachgerechten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu vermitteln. So schützen sie
nicht nur sich selbst, sondern auch die Umwelt.
Ein Beispiel für eine neue Aufbringungsform, die
besonders bienenfreundlich ist, ist das DroplegSystem. „Durch die innovativ eingestellten Düsen
werden die Bienen geschont, weil das Pflanzenschutzmittel nicht auf die Blüten gelangen kann“,
erklärt Reinhard Friessleben, Leiter Applikationstechnik bei Bayer.
In anderen Ländern schützen Landwirte die
Umwelt, indem sie bestimmte Anteile ihrer Ackerflächen unberührt lassen. So muss zum Beispiel
der brasilianische Farmer Vinícius Formighieri Lazarini 20 Prozent seines Landes als Umweltschutzfläche erhalten: „Wir dürfen die Natur in diesem
Gebiet nicht stören“, erklärt er. „Wir versuchen,
den Bereich aufzuforsten und kontinuierlich zu
verbessern.“ Die brasilianische Regierung hat
Gesetze erlassen, denen zufolge ein bestimmter
Anteil der Flächen unberührt bleiben muss. Aufgrund dieser Forstschutzgesetze können von insgesamt 85 Millionen Hektar poten­ziell landwirtschaftlich nutzbarer Flächen in Brasilien derzeit
nur etwa 15 Millionen Hektar genutzt werden.
Technik, Nachhaltigkeit und sozialökonomische
Aspekte spielen eine zentrale Rolle in der Landwirtschaft. Die Menschen, die dafür verantwortlich sind – vor allem Landwirte – haben keinen einfachen, einseitigen Beruf. Ihre vielschichtige Arbeit
beeinflusst unsere Welt auf unterschiedlichste
Weise. Alle Facetten tragen dazu bei, die Landwirtschaft der Zukunft voranzutreiben und die weltweite Ernährung zu sichern – eine der größten
Herausforderungen unseres Jahrhunderts.
Jan Peeters,
Landwirt in Belgien
Unternehmenserfolg als Farmbetrieb lässt
sich mit Umweltverantwortung vereinbaren –
und das umfasst auch die Biodiversität. ErnährungssicherHeit
Dezember 2015
Globale ERNÄHRUNGSTRENDS
Zwischen Geschmack
und Hunger
Stachelannonen, Seealgen und Insekten landen immer
häufiger auf den Tellern der Industrienationen. Die Esskultur
ist weltweit im Wandel. Aber immer noch gibt es
Regionen, in denen die Nahrung nicht für alle reicht.
Farming’s Future · 29
Unter dem gelbgrünen Schutzpanzer der
Baobab-Frucht verbirgt sich faseriges und trockenes Fleisch. Und der säuerliche Geschmack
verrät schnell das Geheimnis der Frucht des
afrikanischen Affenbrotbaums: Baobab ist reich
an Vitamin C. Der Samen im Inneren enthält
außerdem Calcium, Magnesium, Eisen und
Phosphor sowie ungesättigte und gesättigte
Fettsäuren. Das hochwertige Nährwertprofil
macht Baobab zu einem echten Powerlieferanten für den menschlichen Körper und zu trendigem ‚Superfood‘. „Heute wollen viele Menschen gesund essen und suchen nach natürlichen Nahrungsmitteln anstelle von Fertigprodukten mit künstlichen Zusatzstoffen. Der Trend
geht zum gesunden Lifestyle“, sagt Simon
Dang, Ernährungsexperte von Weber Shandwick in China. Gerichte aus frischen, fettarmen
und zugleich nährstoffreichen Zutaten bilden
einen wachsenden Gegenpart zur ungesunden
Fehlernährung, die in vielen Ländern zum massiven Problem geworden ist.
Und der gesunde Trend erobert die Märkte mit
den gleichen Vorzügen, mit denen sich die FastFood-Welle weltweit etabliert hat: abwechslungsreiches, geschmacksintensives und
schnelles Essen für unterwegs. Vor allem in den
USA und Asien sind moderne Food Trucks
besonders beliebt – sie bieten gesunde Schnellgerichte zum Mitnehmen. In Singapur kaufen
beispielsweise 81 Prozent der Menschen ihr
Essen am liebsten unterwegs bei Straßenverkäufern – Restaurantbesuche werden seltener.
Besonders beliebt ist hochklassiges Fast Food
wie beispielsweise Gourmet-Burger. Selbst
McDonald’s setzt mittlerweile auf die gesunde
Welle: „Mit der Einführung des Veggie Clubhouse erweitern wir unser erfolgreiches Premium-Segment und erfüllen den Wunsch vieler
Gäste nach hochwertigen fleischlosen Burgern“,
sagt Holger Beeck, Vorstandsvorsitzender von
McDonald’s in Deutschland. Die Basis des Fleischersatzes bildet der Samen einer heiß begehr-
ten Pflanze aus Südamerika: „Quinoa ist eine
hervorragende Eiweißquelle und enthält neben
essenziellen Aminosäuren auch viele mehrfach
ungesättigte Fettsäuren, Mineralstoffe, B-Vitamine sowie Ballaststoffe“, sagt Hartmut Welck,
Manager des Netzwerkes Bioaktive Pflanzliche
Lebensmittel. „Die Nachfrage nach dem Getreideersatz aus Lateinamerika ist in den vergangenen Jahren enorm gestiegen“, so Welck weiter. Die Pflanze wird hauptsächlich in Peru, Bolivien und Ecuador angebaut. In ihren Herkunftsländern sind Nutzpflanzen wie Quinoa und
Amaranth schon lange ein Grundnahrungsmittel – und jetzt erobern sie den globalen Markt.
Von der Farm auf den Tisch
Aber solche Ernährungstrends sind keine
Moden: „Food-Trends ändern sich über einen
Zeitraum von etwa 15 Jahren und sind eine Antwort auf aktuelle Probleme und Herausforderungen“, sagt Hanni Rützler, Nahrungstrendforscherin am futurefoodstudio in Wien. Die Globalisierung ist nicht nur Antriebskraft für gesellschaftliche Umbrüche, sie sorgt auch für den
grundlegenden Wandel in den Küchen rund um
den Globus. Dabei rückt auch die Direktvermarktung regionaler Produkte wieder in den
Fokus: „Das Konzept ‚von der Farm auf den
Baobab ist an nur
und seine Äste
wenigen Orten der
(rechts) tragen
Welt zu finden, zum
eine besondere
Beispiel in Gebie-
Frucht. Das weiße,
ten der Sub­sahara
­trockene Frucht-
in Afrika. Der Bao-
fleisch (Mitte) sieht
bab-Baum (links)
ungewöhnlich aus,
trägt viele Geheim-
ist aber reich an
nisse in sich: Er
­Vitaminen und
speichert Wasser
Mineralien.
Tisch‘ ist weit verbreitet“, sagt Dang. Einige
gehen sogar so weit, nur das zu essen, was von
Natur aus wächst – das sogenannte ‚Wild Food‘.
Generell achten Verbraucher immer öfter auf die
Herkunft und die Erntesaison von Feldfrüchten.
Darauf reagierten Gastronomiebetriebe zunächst
mit regionalen Gerichten und dann mit regionalen Zutaten.
Auch Restaurants und Hotelküchen müssen ihr
Angebot stetig an die unterschiedlichen Bedürfnisse ihrer Gäste anpassen: „Geschmacksvielfalt
hat bei uns Konjunktur“, sagt Stefanie Heckel
vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband.
Klassische Hausmannskost und deftige Gerichte
erwachen zu neuem Leben. Aber auch neue Kreationen sind gefragt. Das sogenannte ,Hybrid
Food‘ beispielsweise kombiniert unterschiedliche
kulinarische Ansätze: vom Garnelen-Kirschsalat
bis zur Spargel-Zitronen-Tarte – der Fusions­küche
795 Millionen Menschen auf der Welt
haben nicht genug zu essen.
Quelle: FAO 2015
In vielen Industrienationen bieten
Food Trucks ein
neues Ess-Erlebnis: gesunde regionale Zutaten und
Neu-Interpretationen von klassischen Gerichten.
30
3
Ernährungssicherheit
DeZember 2015
Hunger ist vor allem ein
Verteilungsproblem. Ina Danquah, Deutsches Institut
für Ernährungsforschung
sind keine Grenzen gesetzt. Auch Seealgen in
unterschiedlichsten Kombinationen und sogar
Insekten gehören zum neuen Speiseplan. Aber
solche ,Food-Wanderwellen‘ gab es schon
immer: „Letztlich sind alle nationalen Märkte von
der globalen Esskultur beeinflusst“, sagt Rützler.
In Frankreich sind schon lange arabische
Gewürze und kulinarische Einflüsse vertreten.
England ist bekanntermaßen stark geprägt von
indischen Gewürzen und Teesorten. „Und das
peruanische Nationalgericht Ceviche – roher
Fisch in Limettensaft – hat seinen Ursprung in
der Immigration japanischer Einwanderer im
19. Jahrhundert“, so Rützler weiter.
Festessen und Hungersnot
Und diese Welle ist auch beim Fleischkonsum
zu beobachten. Dabei herrscht aber noch großes Gefälle zwischen den verschiedenen Teilen der Welt: In den Industrieländern verzehrt
im Durchschnitt jeder Mensch rund 80 Kilogramm Fleisch im Jahr – also rund 1,5 Kilogramm pro Woche. Das ist etwa das 2,5-fache
der Menge, die Menschen in Entwicklungsländern durchschnittlich zu sich nehmen. Aber
weltweit steigt der Fleischkonsum und zeigt
Indien exportiert aktuell
mehr Fleisch als Brasilien
und bedient somit die weltweit steigende Nachfrage.
Zudem gibt es dort trotz
der enormen Bevölkerung
Fortschritte im Kampf
gegen Unterernährung.
eine klare Tendenz: In Europa und den USA
bleibt der Verbrauch nahezu gleich, in Teilen
Asiens steigt die Nachfrage dagegen extrem
an. Die wachsende chinesische Mittelschicht
verzehrt zunehmend Fleisch und will versorgt
werden: Indien exportiert heute mehr Rindfleisch als Brasilien. Zugleich entsteht ein starker Gegentrend: „Fleischkonsum wird in einigen Ländern aktuell intensiv hinterfragt und
viele Menschen verzichten ganz darauf“, sagt
Rützler. Eine Alternative ist Soja: Aus dem Saft
der Hülsenfrucht wird neben Joghurt, Käse und
Co. auch Tofu erzeugt. „Kein Fleisch zu essen
ist eigentlich nichts Exotisches, sondern war in
vielen Regionen lange Tradition“, erklärt die
Ernährungsforscherin.
43 kg
Weltweit isst jeder Mensch im Durchschnitt 43 Kilogramm Fleisch pro Jahr.
Quelle: Statista, Das Statistik-Portal
Sie glaubt, „dass globale Entwicklungen bei der
Ernährung differenziert betrachtet werden müssen. Wir denken hier – etwa bei Prognosen zum
Fleischkonsum – oft zu eurozentrisch“. Zu viele
lokale Umstände bestimmen den Speiseplan.
Denn Essen ist beispielsweise in einigen Teilen
der Erde immer noch ein begrenztes Gut: Weltweit sind 795 Millionen Menschen unterernährt,
so die aktuellen Zahlen der Welternährungsorganisation FAO. In manchen Regionen hat sich
die Situation in den vergangenen Jahren verbessert, etwa in Lateinamerika, Südost- und
Zentralasien sowie in Nord- und Westafrika. Insgesamt sank die Zahl der Hungernden in den
vergangenen zehn Jahren um 167 Millionen
Menschen. Dennoch: Hunger bleibt weltweit
das größte Gesundheitsrisiko. „Jede Mutter
möchte ihre Kinder ausreichend mit Essen versorgen, aber manche haben gar nicht die Möglichkeit dazu“, sagt Ina Danquah vom Deutschen
Institut für Ernährungsforschung in PotsdamRehbrücke. Die Folgen sind Untergewicht und
Mangelerscheinungen – die körperliche und
geistige Leistungsfähigkeit der Betroffenen
nimmt ab. Dabei wird zwischen zwei verschiedenen Formen von Unterernährung unterschie-
Farming’s Future · 31
Dynamische
­Trend-Nahrung
64 %
29 %
98 %
Hanni Rützler ist Nahrungstrendforscherin des futurefoodstudios in Wien
und befasst sich mit der gesellschaftlichen Entstehung neuer Trends. In Zusammenarbeit mit dem Zukunftsinstitut
verfasst sie einen jährlichen FoodReport.
der hungernden Weltbevölkerung lebt in
Entwicklungsländern. Davon leben etwa
64 Prozent in Asien und der Pazifikregion
sowie 29 Prozent in Afrika.
Quelle: FAO State of Food Insecurity in the World, FAO 2015,
National Geographic 11/14
den: „Menschen mit einer Makronährstoffmangelernährung nehmen zu wenig Proteine auf –
sie verlieren Gewicht. Eine schleichende Mikronährstoffmangelernährung entsteht dagegen
durch fehlende Vitamine.“ Der Nährstoffmangel
hindert vor allem die Entwicklung und das
Wachstum von Neugeborenen und Kindern.
Diese Anzeichen treten aber nicht nur bei Unterernährung auf, auch die ungesunde Fehlernährung vieler Menschen in den Industrienationen
hat solche Folgen.
Effizienter Anbau nötig
Die große Diskrepanz zwischen Industrienationen und Entwicklungsländern besteht aber in
der Verfügbarkeit frischer Lebensmittel. „Wir
haben die Möglichkeit, die Welt zu ernähren
und müssen sicherstellen, dass alle Menschen
mit nahrhaftem Essen versorgt werden“, sagt
Josef Schmidhuber von der FAO in Italien. In
Südostasien, vor allem in Indien, Indonesien
und Malaysia, gelang in den späten 1950erund 1960er-Jahren ein spürbarer Fortschritt
der landwirtschaftlichen Produktivität. Aber in
großen Teilen Afrikas fehlen beispielweise diese
erfolgreichen Ansätze: funktionierende Infrastruktur, Institutionen, Bewässerungssysteme
und Wissensvermittlung. „In ländlichen Gebieten gibt es viel Armut – dort muss man ansetzen. Vor allem kleine Landwirtschaftsbetriebe sind auf Unterstützung angewiesen“,
so Schmidhuber.
Aber egal, ob es um neuste Ernährungstrends
für Industrienationen geht oder wie Kleinbauern
in Entwicklungsländern ihre Region
sicher mit Nahrung versorgen können:
Die Grundlage für eine sichere Ernährung
der Weltbevölkerung ist eine effiziente
Landwirtschaft – für gesunde QuinoaBurger in New York ebenso wie für nahrhaften Hybridreis auf asiatischen Tellern.
Josef Schmidhuber,
FAO Italien
Wir müssen die Versorgung aller Menschen mit nahrhaftem Essen sichern. Welche Ernährungstrends erwarten Sie?
In den kommenden zehn Jahren wird sich
ein sehr fundamentaler Wandel in Bezug auf
die Lebensmittelqualität vollziehen. Die jüngeren Generationen haben gelernt, mit der
Vielfalt an Wahlmöglichkeiten entspannter
umzugehen. Sie informieren sich über regionale Produkte und entdecken neue Trends,
die ihren Werten entsprechen. Essen wird
zu einem Lebensstil und einem Ausdruck
der eigenen Individualität. Und schon jetzt
gilt: Gesundes Essen muss nicht Verzicht
bedeuten – es darf richtig gut schmecken.
Wie beeinflussen gesellschaftliche
Trends unsere Ernährungsweise?
Es ist nicht neu, dass ethische und religiöse
Einstellungen die Essgewohnheiten mitbestimmen. In den vergangenen Jahren ist
der Aspekt wieder stärker geworden – man
kann eine Moralisierung der Märkte feststellen. In arabischen Kulturen gibt es Hygienerichtlinien und Bestimmungen zur Tierschlachtung – ,halal‘ ist dort ein wichtiger
Aspekt. Auch in Frankreich und England
hat der Trend an Bedeutung gewonnen.
In der amerikanischen Gastronomie spielt
,koscheres‘ Essen eine zentrale Rolle. Der
Trend könnte sich auch nach Europa ausbreiten.
ErnährungssicherHeit
Dezember 2015
Landwirtinnen sind Schlüssel­
figuren der globalen Landwirt­
schaft. Trotzdem haben viele
nicht die gleichen Chancen wie
ihre männlichen Kollegen.
Farming’s Future · 33
LANDWIRTINNEN MIT VISIONEN
Frauenpower
Sie sind das Rückgrat der heutigen Agrarwirtschaft
und leisten einen großen Beitrag zur Weltwirtschaft:
Landwirtinnen aus verschiedenen Kontinenten öffnen die
Tore ihrer Farmen und geben Einblicke in ihr Leben.
Es ist ein sonniger Spätvormittag in New
South Wales im östlichen Teil Australiens. Koa­
las klettern in den Eukalyptusbäumen im Herzen
der beeindruckenden Farmanlage. Vor dieser
Kulisse sitzt die junge Landwirtin Kate Davidson
auf einem Heuballen und nippt an ihrem Kaffee­
becher. Sie betreibt die 10.195 Hektar große
Farm gemeinsam mit ihren Eltern und ihrem
Bruder. „Ich komme gerade von meiner ersten
Schicht Feldarbeit“, erzählt sie – und sieht dabei
zwar müde, aber gleichzeitig zufrieden aus. „Die
Arbeit ist körperlich anstrengend, aber sie erfüllt
mich, denn ich fühle mich mit jedem Feld ver­
bunden.“
Leidenschaft für Landwirtschaft
Die 68-jährige Landwirtin Elaine Bellamy aus
Alberta in Kanada teilt Davidsons Begeisterung
für die Landwirtschaft: „Meine Felder tragen
Namen und haben eine eigene Geschichte.
Es ist ein Erfolgsgefühl, wenn die Raps- und
Getreideernte als Nahrungsmittel für Menschen
auf der ganzen Welt verschifft wird.“ Bellamy
arbeitete als Lehrerin, bevor sie zur Landwirt­
schaft kam: „Als mein Vater 2002 starb, war ich
überrascht, dass er die Leitung seiner Farm mir
übertrug. Doch er hatte mir schon als Kind den
Wert von Land und Boden vermittelt. Meinen
Die Kanadierin Elaine Bellamy ist Landwirtin
aus Leidenschaft. Ihr wichtigster Erfolgstipp
für Frauen in der Landwirtschaft: die
Aneignung guter Mathekenntnisse.
Eltern verdanke ich die Freude am Lernen – und
so legte ich los: Ich eignete mir das Wissen und
die Fähigkeiten an, um diesen großen landwirt­
schaftlichen Familienbetrieb führen zu können.“
Buchhaltung und Finanzplanung sind unerläss­
lich. „Man muss einen klaren Kopf bewahren
und mit Zahlen umgehen können. Zudem sind
gute Mathematikkenntnisse und eine klare Vor­
stellung von der Zukunft wichtig“, erklärt Bel­
lamy. „Wie jede Branche hat auch die Welt der
Landwirtschaft unterschiedliche Facetten. Als
Frau wird einem schnell klar, dass man Außer­
gewöhnliches leisten muss, um mithalten zu
können. Aber – egal ob Mann oder Frau – alle
Landwirte haben mit denselben Problemen zu
34
Ernährungssicherheit
DeZember 2015
43 Prozent aller landwirtschaftlichen
Arbeitskräfte in den
Entwicklungsländern
sind Frauen. Trotzdem
haben sie weniger
Chancen und schlechteren Zugang zu Ressourcen als ihre
männlichen Kollegen.
kämpfen.“ Bellamys Erfolgsrezept: „Stetig lernen
und Wissen erweitern.“
Bildung als Schlüssel
Auch für Kate Davidson ist Bildung der Schlüs­
sel zum Erfolg: „Frauen sind heute besser aus­
gebildet. Sie können ihre Fähigkeiten in den
Betrieben anwenden und ihnen so zu Wachs­
tum verhelfen“, erklärt die Landwirtin. Doch die
­Bildungschancen sind weltweit sehr ungleich
verteilt. Benachteiligt sind vor allem Frauen in
Entwicklungsländern. Und besonders deutlich
zeigt sich dies in ländlichen Regionen, in denen
weibliche Familienoberhäupter nur knapp halb
so lange zur Schule gegangen sind wie die
männlichen. In Afrika beispielsweise ist die
­Analphabetenrate bei Frauen auf dem Land
am höchsten.
Tatsache ist: Landwirtinnen sind hier gegenüber
ihren männlichen Kollegen auf vielfache Weise
benachteiligt. Grund hierfür ist die ungleiche
Chancenverteilung zwischen den Geschlech­
tern. Für indische Frauen ist es beispielsweise
sehr schwierig, Kredite zu erhalten. Denn Frauen
erfüllen nicht alle geforderten Bedingungen für
eine Kreditvergabe – beispielsweise Grundbe­
sitz. Das erschwert indischen Landwirtinnen den
Zugang zu Ressourcen, die sie für dauerhafte
Beschäftigung benötigen. Diese Kluft zeigt
sich bei den ungleichen Löhnen: So verdienen
Frauen im Agrarsektor der afrikanischen
­Entwicklungsländer nur halb so viel wie Män­
ner – und das, obwohl sie über 70 Prozent der
­afrikanischen Nahrungsmittel erzeugen.
Zwar sind 43 Prozent aller landwirtschaftlichen
Arbeitskräfte in den Entwicklungsländern
Frauen, doch ihr Einfluss ist deutlich geringer als
der von Männern. Aber hätten Frauen die glei­
chen Chancen und den gleichen Zugang zu
produktiven Ressourcen wie Männer, könnten
Frauen die Erträge ihrer Betriebe um 20 bis
30 Prozent steigern. Mit dieser Produktionsstei­
gerung könnten weitere 150 Millionen Menschen
ernährt werden.
Landwirtinnen in den Industrieländern fühlen sich
dagegen eher gleichbehandelt. Die südafrikani­
sche Obstbäuerin Karin Cluver leitet einen
Betrieb in der Nähe der Stadt Grabouw, etwa
500 Kilometer östlich von Kapstadt. Cluver
Die Arbeit ist körperlich anstrengend, aber
sie erfüllt mich auch, denn ich fühle mich
mittlerweile mit jedem Feld verbunden. Kate Davidson, Landwirtin in New South Wales, Australien
70 %
der afrikanischen Nahrungs­
mittel werden von Frauen in
der Landwirtschaft erzeugt.
Quelle: United Nations African Renewal 2015
fühlt sich nicht als ,Frau in einer Männerwelt‘:
„Ich werde in der Agrarbranche voll akzeptiert.
Ich hatte die Freiheit, Dinge auszuprobieren.
Mein Vater hatte immer ein offenes Ohr für
mich“, erklärt die 42-Jährige. Ihr Selbstbewusst­
sein verdankt Cluver nicht zuletzt der liberalen
Einstellung ihrer Familie. Ihre Großmutter war die
erste Landwirtin in der Region. Als ausgebildete
Lehrerin gründete sie 1957 eine Schule für die
Kinder der Landarbeiter. „Heute besuchen die
Kinder von 58 Betrieben diese Schule“, erzählt
Cluver. „Meine Familie und ich glauben, dass
Frauen in der Landwirtschaft vor weitaus weni­
ger Herausforderungen stehen, wenn sie sich
schon in jungen Jahren auf ihre Ausbildung kon­
zentrieren.“ Darum wurde in der Schule unter
anderem ein Praxisschwerpunkt eingerichtet,
der landwirtschaftliche Fertigkeiten vermittelt.
Cluver ist überzeugt, dass aktuelle Kenntnisse
und Fähigkeiten für die Zukunft der Landwirt­
schaft unverzichtbar sind: „Man muss nicht nur
die Grundlagen verstehen und sich mit Pflanzen,
Boden und Bewässerung auskennen, sondern
Farming’s Future · 35
Unsere Herausforderung besteht
darin, mit den technologischen
Entwicklungen Schritt zu halten. Karin Cluver, Landwirtin, Südafrika
auch Daten interpretieren können“, sagt sie. Die
vernetzte, digitale Landwirtschaft spielt für sie
eine große Rolle: „GPS-Bilder sagen oft mehr
als tausend Worte. Wir müssen dafür sorgen,
dass wir diese Daten auch nutzen. Die Heraus­
forderung für uns liegt darin, mit der Entwicklung
der Technik Schritt zu halten.“
Offenheit führt zum Erfolg
Eine offene, unvoreingenommene Einstellung
kann Landwirtinnen ebenfalls den Weg zum
Erfolg ebnen. Elaine Bellamy hat deshalb an
Landwirtschaftskongressen in Kanada und den
USA teilgenommen. Statt zu versuchen, mög­
lichst viel zu reden, hört sie lieber aktiv zu –
besonders bei Gesprächen mit männlichen Kol­
legen. „Ich habe mich in der Branche immer
akzeptiert gefühlt, auch wenn viele Männer sich
wohler fühlen, wenn sie sich mit ihren männlichen
Berufskollegen unterhalten“, erklärt sie. „Man
kann jedoch viel von ihnen lernen, indem man
einfach zuhört und Fragen stellt.“ Unabhängig
davon besucht Bellamy auch Kongresse, die sich
speziell an Frauen in der Landwirtschaft richten
– beispielsweise die Advancing Women in Agri­
culture Conference, die im kanadischen Calgary
stattfand. „Das war eine einzigartige, fast über­
wältigende Erfahrung, denn ich war noch nie bei
einer solchen Veranstaltung, an der nur Frauen
teilnahmen“, erinnert sie sich. „Die ganze Atmo­
sphäre war sehr kameradschaftlich – ein ganz
anderes Gefühl als bei Kongressen, an denen ich
als einzige Frau unter lauter Männern teilnehme.“
Auch Führungskompetenzen können Landwir­
tinnen zum langfristigen Geschäftserfolg verhel­
fen. „An den sozialen Kompetenzen arbeiten“,
empfiehlt Cluver, die für 120 fest angestellte
Mitarbeiter und 300 Saisonkräfte verantwortlich
ist. „Als Vorgesetzte muss man sein Team moti­
vieren können. Man muss die richtigen Leute in
den richtigen Positionen einsetzen und unter­
stützen. Wissen verleiht Autorität und Respekt“,
fügt Cluver hinzu.
Anteil Frauen in der
­Landwirtschaft
Stand: 2010; in %
Kanada
China
Australien
Nigeria
Indonesien
Deutschland
Indien
Südafrika
USA
Vereinigtes Königreich
Russland
Brasilien
Äthiopien
Mexiko
52,6
47,9
44,9
39,7
39,3
36,8
32,4 29,6 25,9
24,9 24,7 24,5 18,7 12,3 Quelle: FAO
Als Landwirtin erfolgreich zu sein, ist auch eine
Frage des Selbstbewusstseins. Obwohl knapp
50 Prozent der weiblichen Arbeitskräfte in Aus­
tralien in der Landwirtschaft tätig sind, vermisst
Kate Davidson oft den Mut zum Selbstver­
ständnis bei ihren Kolleginnen. „Das Problem
ist, dass sich viele Frauen immer noch nicht mit
ihrem Beruf als Landwirt identifizieren“, erklärt
sie. Eine kürzlich veröffentlichte Studie der
Welternährungsorganisation FAO bestätigt
Davidsons Einschätzung: Demnach bezeich­
nen Frauen weltweit ihre Tätigkeit weit weniger
häufig als Arbeit. Und sie berichten seltener als
Männer, dass sie in der Landwirtschaft tätig
sind. Und das, obwohl ihr Arbeitstag durch­
schnittlich länger dauert als der von Männern.
Häufig sind Landwirtinnen auch für die Familie
zuständig – zusätzlich zu der Zeit, die sie mit
der Farmarbeit verbringen. Berücksichtigt man
diesen zusätzlichen Zeitaufwand, so leisten USamerikanische Frauen insgesamt mehr Arbeits­
stunden in der Agrarwirtschaft als Männer.
Insgesamt beinhaltet der Beruf des Farmers –
ganz gleich, ob es Frauen oder Männer
sind – eine Vielzahl anspruchsvoller und faszi­
nierender Tätigkeiten. Kate Davidson fasst
es so zusammen: „Es gibt kaum Routinen.
Kein Tag ist wie der andere. Beispielsweise ist
man an einem Tag ausschließlich mit den Rin­
dern beschäftigt, dann sitzt man eine Woche
lang im Büro oder auf dem Traktor. Diese Viel­
falt gefällt mir an der Arbeit in der Land­
wirtschaft.“
Innovation
Dezember 2015
Links: Bayer-Mitarbeiter Marc Rist
­begutachtet Wurzeln
in einem Gewächshaus in Monheim.
Unten: Eier der Nematodenart Meloidogyne
incognita unter dem
Mikroskop.
Biologischer Pflanzenschutz für Obst und Gemüse
Pilz gegen Wurm
Winzige Fadenwürmer können Paprika, Tomaten, Bananen und
Co. extrem schädigen. Ein biologisches Pflanzenschutzmittel von
Bayer aus Pilzsporen kann die Wurmeier zerstören und helfen,
Erträge zu sichern.
Der unsichtbare Feind verbirgt sich im Boden:
Nematoden – auch bekannt als Fadenwürmer –
befallen die Wurzeln wichtiger Obst- und Gemüsesorten. Laut Marc Rist, Forscher bei Bayer,
verändert der Nematodenbefall den Hormonhaushalt in der Pflanzenwurzel. Die Folge: Die
Zellen teilen sich verstärkt – das führt zu einem
unregelmäßigen Pflanzen- und Wurzelwachstum.
Wenn die Nematoden aus ihren Eiern geschlüpft
sind, bohren sich die Larven der Fadenwürmer
in die Wurzeln – und verursachen weiteren Schaden. „Die Pflanze wird geschwächt und krank.
Über die klumpigen Wurzeln kann sie kaum
Wasser- und Nährstoffe aufnehmen. Das macht
die Pflanze auch anfälliger für andere Schädlinge
und Krankheiten“, sagt Rist.
Eine gesunde und
Die untere Pflanze
eine infizierte
weist Schädlings­
­Bana­nenwurzel:
befall auf.
Tritt ein Nematodenbefall auf, kränkeln die
Gewächse, tragen kleine und gelbliche Blätter
und zeigen ein verkümmertes Wachstum. Den
Landwirten drohen hohe Ernteausfälle. „Für mich
stellen Nematoden ein ernsthaftes Problem dar“,
bestätigt der türkische Paprika-Bauer Nihat
­Yildirim. „Sie verbreiten sich blitzschnell und
Farming’s Future · 37
Nihat Yildirim
(links) erntet
­Paprika und kontrolliert ihre Größe
und Qualität.
Agraringenieur
­Rodolfo Solis
(rechts) prüft die
Bananenwurzeln
können meine Ernteerträge drastisch verringern.“
Von Tomaten und Kartoffeln bis zu Mais und
Trauben – Experten schätzen die Ernteverluste
durch Nematoden über die verschiedenen Arten
von Nutzpflanzen weltweit auf bis zu 20 Prozent.
Das entspricht einem Schaden im Wert von
100 Milliarden US-Dollar. Das Tückische: Die
Fadenwürmer selbst sind so winzig, dass sie mit
bloßem Auge nicht zu sehen sind. Auch an der
Pflanze selbst ist der Befall oft nicht zu erkennen.
Nur geschulte Landwirte wissen, wo sie bei den
Wurzeln hinschauen müssen und wie sie die
richtige Diagnose stellen.
Nematoden kontrollieren
Es gibt mehr als 4.000 unterschiedliche pflanzenparasitäre Nematoden. Hinzu kommt: Die
Fadenwürmer sind robust. Manche Arten können
vier bis fünf Jahre in der Erde überleben – ganz
ohne eine Wirtspflanze. „Nach vier bis fünf
Wochen kann ein Nematodenweibchen mehrere
Hundert Eier produzieren“, sagt Rist.
Er und seine Forscher-Kollegen von Bayer möchten den Schaden durch Fadenwürmer verhindern
und entwickeln BioAct™, ein biologisches Pflan-
auf Befall an der
Central American
Experimental Ag
Station in Costa
Rica.
zenschutzmittel, das Pilzsporen enthält: Purpureocillium lilacinum Stamm 251. BioAct lässt sich
durch Tröpfchenbewässerung einfach an die
Wurzeln bringen und zerstört die Eier eines breiten Spektrums an pflanzenparasitären Nematoden. So sind Obst- und Gemüsepflanzen vor
gefräßigen Schädlingen geschützt. Die Pilzsporen haften an den Eiern der Fadenwürmer, durchdringen ihre Membran und saugen sie leer.
Bernhard Hitzberger, Produktmanager für
BioAct, betont weitere Vorteile des Produkts:
„Landwirte können ihre Felder und Plantagen
mit BioAct mehrfach und in unterschiedlichen
Wachstumsphasen bis kurz vor der Ernte
be­handeln.“
Bayer entwickelt einen integrierten Ansatz, um
die Fadenwürmer zu kontrollieren: Dazu vereinten die Forscher BioAct mit anderen Pflanzenschutzprodukten wie dem neuen Nematizid
Velum™ Prime. Feldversuche in Zentralamerika
zeigten, dass vor allem mehrjährige Gewächse
wie Bananen besonders gut auf diese Kombination ansprechen und gesündere Pflanzen mit
einem höheren Gewicht der Fruchtstände ausbilden. „Es ist eine echte Herausforderung, den
zerstörerischen Nematoden Herr zu werden.
Deswegen braucht es neue Methoden wie den
integrierten Ansatz von BioAct und Velum Prime“,
sagt Hitzberger.
BioAct ist als wasserdispergierbares Pulver und
Granulat erhältlich und bietet eine effektive und
flexible Nematodenkontrolle. „Zudem verbessern unsere Forscher BioAct weiter und entwickeln flüssige Formulierungen, mit denen sich
das Produkt bequemer ausbringen lässt“, sagt
Rist. Der Biologe und seine Kollegen treiben
die Erforschung dieser landwirtschaftlichen
Herausforderung voran.
Schaden durch Nematoden
Durchschnittliche jährliche Verluste (%)
100
20,6
20,6
19,7
15,3
15,0
14,9
14,7
90
13,8
12,5
12,2
12,2
10,9
10,7
10,6
10,2
4,2
12,3
80
Mittel­
wert
70
60
50
...
0
Tomate
Eierpflanze
Kaffee
Tabak
Weintraube
Paprika
Baumwolle
Mais
Banane
Zuckerrohr
Ananas
Melone
Kartoffel
Zuckerrübe
Sojabohne
Zitruspflanze
Quelle: Nematode-Plant Expert Information System, University of California
menschen
Dezember 2015
Brisbane
Wee Waa
Sydney
Teil dieses Familienbetriebs zu sein,
ist eine große Motivation. Daniel Kahl (rechts), Baumwollfarmer der dritten Generation bei Merced Farming,
zusammen mit seinem Bruder Sam (links) und seinem Vater James
Australische Farmer mit amerikanischen Wurzeln
Die Baumwollpioniere
In den 1960er-Jahren kurbelten Unternehmer aus den USA die Baumwollindustrie
Australiens an. Paul Kahl, Gründer von Merced Farming, ist einer davon.
Ein sonniger Tag in den Sechzigerjahren:
Paul Kahl prüft die Baumwollpflanzen seines
Feldes im australischen Bundesstaat New
South Wales. Ein zufriedenes Lächeln umspielt
sein Gesicht, denn die schneeweißen Früchte
zeigen ihre ganze Pracht – und versprechen
eine gute Ernte. Der Erfolg ist der Familie Kahl
bis heute treu geblieben. Nachdem Paul Kahl
mit seiner Frau 1961 aus Kalifornien auswandert war, gründeten sie Merced Farming in Wee
Waa, etwa 500 Kilometer nordwestlich von
Sydney gelegen. Zusammen mit anderen USamerikanischen Unternehmern stehen sie für
die Anfänge der modernen Baumwollindustrie
in Australien.
Erfolgsgeschichte mit
langer Historie
Im Jahr 2015, mehr als 50 Jahre später, existiert
Merced Farming immer noch. Paul Kahls Sohn
James und die drei Enkel Daniel, Sam und Matthew setzen die Arbeit fort. „Die Felder sind unser
Zuhause. Sie waren immer ein besonderer Ort
für uns. Teil dieses Familienbetriebs zu sein, ist
eine große Motivation“, sagt der älteste Enkel
Daniel Kahl. Er und seine Brüder sind entschlossen, das Agrar­unternehmen weiter voranzutreiben. „Unser Vater hat uns gezeigt, wie wir
unsere Stärken kombinieren können, damit sich
die Pflanzen auf dem Feld und die betriebs­
wirtschaftlichen Zahlen gleich gut entwickeln“,
fährt Daniel Kahl fort.
Heute ist Merced Farming auf 4.000 Hektar angewachsen und produziert bis zu 10.000 Baumwollballen pro Jahr. Diese Menge würde ausreichen, um die Einwohner der Millionenstadt
Köln einmal von Kopf bis Fuß einzukleiden. Der
Farming’s Future · 39
Australien ist der trockenste Kontinent
der Erde. Deshalb setzen Farmer wie die
Kahl-Familie auf besondere Bewässerungssysteme.
Ertrag ist zwar zufriedenstellend, doch James
Söhne führen das Unternehmen in Zeiten begrenz­
ter Ressourcen. Besonders die Wasserknapp­
heit ist ein ernstes Problem. „Australien ist ein
Land der Trockenheit. Das wirkt sich negativ auf
unsere Böden aus. In Australien steht der Wasserbedarf ganz oben auf der Agenda“, erklärt
James Kahl, der über 40 Jahre Erfahrung in der
Landwirtschaft aufweisen kann. „Letzten Endes
sind wir Landwirte auch Wassermanager. Innerhalb eines Jahres werden etwa acht Millionen
Liter Wasser pro Hektar benötigt, um zehn Baumwollballen zu produzieren. Doch häufig fehlt das
kostbare Nass“, fährt er fort. Dennoch haben die
australischen Landwirte einen Weg gefunden,
diese Herausforderung zu meistern: In den
Baumwollregionen Australiens wird das Wasser
in großen Reservoirs gespeichert und dann über
ein Kanalsystem zu den Feldern geleitet.
Eine weitere Herausforderung für die Familie Kahl
ist der Umgang mit Unkräutern, Schädlingen und
Pflanzenkrankheiten. Um diesen vorzubeugen,
450 Millionen Menschen könnten
jährlich mit Jeans, Socken,
Unterwäsche und einem
Shirt versorgt werden – allein
mit der Ernte australischer
Baumwollfarmer.
Quelle: Cotton Australia
setzt die Familie auf eine strenge Fruchtfolge. Die
Jahresproduktion der Farm besteht zur Hälfte
aus Baumwolle, zu einem Viertel aus Getreide
oder Mais und zu einem weiteren Viertel aus Weizen oder Mungbohnen. „Damit verhindern wir,
dass sich Resistenzen auch gegen Insektizide
oder Herbizide entwickeln. Und wir bewahren
den Nährstoffhaushalt, der sich durch den Anbau
von Monokulturen negativ verändern würde. Wir
helfen der Natur, damit sich keine schwachen,
pflegeintensiven Gewächse bilden“, sagt James
Kahl. Das Pflanzenschutzprogramm der Familie
kommt so auch den Böden der Farm zugute.
„Unsere bevorzugte Fruchtfolge schont unseren
Ackerboden. Wir müssen weiter daran arbeiten,
diesen Zustand zu verbessern – ebenso wie den
Kohlenstoffgehalt und damit die Leistungsfähigkeit der Böden“, ergänzt Kahl.
Vertrauen in Technologie
Die Landwirte der Kahl-Familie setzen bei der
Pflege ihrer Nutzpflanzen auch auf moderne Technologien. „Die Baumwollindustrie ist ein Schlüsselsegment der australischen Landwirtschaft –
und nimmt neue Technologien schnell an“, sagt
James Kahl. Viel Unterstützung bietet dabei der
Cotton Growers Service (CGS), insbesondere im
Digitalbereich. Die Organisation unterstützt Baumwollerzeuger mit modernen Techniken wie iPads,
Satelliten und Drohnen, die Daten zum Wachstum
und zur Gesundheit der Pflanzen auf den Feldern
sammeln. James Kahl: „Diese Informationen verbessern unsere Entscheidungen, sodass wir mit
weniger Einsatz hochwertigere Fasern produzieren können.“
Merced Farming verbindet traditionelle mit innovativen Elemente und jahrzehntelange Erfahrung
mit modernen Technologien. Diese Kombination
machte nicht nur die Familie Kahl erfolgreich,
sondern ist auch das Fundament der gesamten
Baumwollindustrie Australiens. James Kahl
bemerkt stolz: „Heute sind wir das Land mit der
weltweit höchsten Qualität und den größten Erträgen beim Baumwollanbau. Und diese Position
unserer Industrie möchte ich mit meiner Familie
ausbauen – trotz aller Herausforderungen.“
Fasern im Fokus: Die Kahl-Familie produ­ziert
jährlich bis zu 10.000 Baumwollballen.
Partnerschaften
Dezember 2015
Fotos, Spaß und Spannung pur:
Auf dem Youth Ag-Summit
2015 in Australien diskutierten
junge Führungskräfte aus
33 Nationen über die Zukunft
der Landwirtschaft.
Farming’s Future · 41
Youth Ag-Summit in Canberra, Australien
‚3 kleine Dinge‘
für den Wandel
Ernährungssicherung betrifft uns alle – und es
ist an der jungen Generation, Lösungen für die
Zukunft zu finden. Vor diesem Hintergrund fand der
Youth Ag-Summit 2015 in Australien statt.
„Wir wollen junge Führungskräfte
zusammenbringen, damit sie ihre Ideen
und Expertise austauschen, aber auch ihre
Leidenschaft teilen. Sie treibt uns an, die
Menschen unseres Planeten zu ernähren.
Wir glauben, dass Innovationen entstehen,
wenn Kreativität, Zusammenarbeit und die
Begeisterung für das eigene Handeln
zusammenkommen.“ Mit diesen Worten
eröffnete Bernd Naaf, Leiter Business
Affairs & Communications der Division Crop
Science bei Bayer, den Youth Ag-Summit
(YAS) 2015 in der australischen Hauptstadt
Canberra. Auf dieser außergewöhnlichen
Versammlung trafen sich 100 Vertreter aus
33 Ländern – mit einem einfachen gemeinsamen Ziel: Wege finden, um die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren.
Den diesjährigen YAS, der auf die erste Veranstaltung 2013 in Kanada folgte, richtete
Bayer zusammen mit dem Future Farmers
Network (FFN) aus. Darin sollte der Jugend
eine Plattform geboten werden, um zu diskutieren, wie eine wachsende Weltbevölkerung ausreichend ernährt werden kann.
Gleichzeitig sollte das Treffen die jungen
Landwirte dazu inspirieren, sich als aktiven
Teil eines globalen Wandels zu verstehen.
Auf der Agenda standen einfache und
packende Themen wie Innovation, Nachhaltigkeit und Führung.
Um sich als einer der 100 Finalisten am
YAS in Canberra zu qualifizieren, mussten
die Kandidaten einen Aufsatz zum Thema
„Anforderungen an die globale Ernährungssicherung“ verfassen. Laura Checa
beispielsweise studiert Agrartechnik. In
ihrem Essay behandelte sie den Mangel
an jungen Farmern in ihrem Heimatland
Spanien.
„Es gibt nicht genug junge Landwirte. Viele
Menschen interessieren sich nicht für Landwirtschaft, weil sie mit zu vielen Problemen
verknüpft zu sein scheint. Außerdem haben
wir in den Industrieländern die Nähe zur
Natur verloren, wertschätzen unsere Nahrung nicht mehr und neigen dazu, Lebensmittel zu verschwenden. In Entwicklungsländern dagegen fehlt es an geeigneten
Lagermöglichkeiten, sodass dort viel Nahrung verdirbt“, erklärt sie. In ihrem Essay plädiert Checa für eine neue Stufe des Urban
Gardening. Sie schlägt vor, bepflanzte Zierflächen in Obst- und Gemüsebeete umzuwandeln. Damit bekäme die Stadtbevölkerung einen engen Bezug zur Landwirtschaft
und zugleich könne gegen die Lebensmittelverschwendung vorgegangen werden.
Hu Pu kommt aus der chinesischen Hauptstadt Peking. Dort arbeitet er an seiner
42
Partnerschaften
Dezember 2015
Schon mit kleinen Dingen kann ich etwas
zum Wohle der Gesellschaft beitragen. ­ romotion und verbringt viel Zeit im Labor. Für
P
ihn war es deshalb nur folgerichtig, sich in seinem Essay mit wissenschaftlichen Ansätzen zu
befassen. „Ich bin ein echter Laborfreak und
möchte Lösungen finden, den Hunger in der
Welt zu bekämpfen. Deshalb habe ich einen Aufsatz über synthetische Biologie geschrieben, die
immer populärer wird. Es geht darum, die Probleme mithilfe der Gentechnik zu lösen. Zum
Beispiel müsste vielerorts der Salzgehalt im
Boden gesenkt werden, um mehr fruchtbares
Land zu gewinnen“, erklärt Pu.
Pu ist von den Vorteilen dieser Technologie überzeugt. Er sagt aber auch, dass noch viel zu tun
sei, bis sie vollständig einsatzfähig sei. Dazu
gehört, die öffentliche Wahrnehmung zu ändern.
„Viele Menschen in China, vor allem Prominente,
äußern sich gern antiwissenschaftlich und sind
gegen gentechnische Verfahren. Darum wollte
ich diesen Aufsatz schreiben und die Leute
davon überzeugen, dass biotechnologische
Methoden nicht so schädlich sind, wie die Menschen glauben. Wir sollten diese Verfahren weiterentwickeln, weil wir sie brauchen“, sagt Pu.
Edward Silva, Teilnehmer aus den USA, hat seinen Aufsatz auf das Farmleben ausgerichtet –
was nicht sonderlich verwundert: Seine Familie
baut Mandeln und Weintrauben an und hält eigenes Vieh auf ihrer Farm in Kalifornien. Silva
beschreibt, dass es weltweit rund 500 Millionen
kleine Farmbetriebe gibt, die tatkräftige Unterstützung benötigten, um ihren Beitrag zur Ernährung von mehr als neun Milliarden Menschen im
Jahr 2050 leisten zu können. „In meinem Auf-
satz suche ich Antworten auf die Frage: Wie lassen sich die Möglichkeiten von Unternehmern
ausbauen, einfach zugängliche, passende Technologien für die Kleinbauern zu entwickeln? Kleinen Farmbetrieben fällt es schwer, genauso effizient, effektiv und profitabel zu wirtschaften wie
große Landwirtschaftsbetriebe. Aber mit der
richtigen Technologie könnten sie nachhaltiger
und rentabler agieren“, erklärt Silva.
Junge Visionäre in Aktion
Zu Tagungsbeginn konzentrierten sich die Teilnehmer auf 15 Topthemen, die aus den 100 Aufsätzen ausgewählt wurden. Silva erklärt, was
damit passiert: Jeden Tag stimmen alle über
diese Themen ab, um eine Prioritätenliste mit
fünf Topthemen zu entwickeln. „Die 100 Teilnehmer wurden in Gruppen eingeteilt und haben
diskutiert, welche Themen für sie die wichtigsten sind. Sie haben sich gefragt, wie sich die
heutige Jugend bei der Ernährungssicherung
von neun Milliarden Menschen bis zum Jahr
100 Delegierte, 33 Länder: Die Chancen der
Landwirtschaft standen im Fokus.
Hu Pu, Youth Ag-SummitTeilnehmer aus China
2050 am besten einbringen kann. Durchgehend
wichtig waren die Themen Bildung und Kompetenzentwicklung, ebenso wie die Kommunikation über den Wert der landwirtschaftlichen
Berufe und Bildungsmaßnahmen für Jugendliche. Diese Auswahl war nicht erstaunlich“, so
Silva. „Aber es gab auch überraschende Themen wie R&D für Innovationen sowie Agrarprodukte, für die neue Produktionsweisen erschlossen werden.”
Am Ende der Woche standen fünf Topthemen
fest: Erziehung, Kommunikation, verantwortungsvoller und nachhaltiger Konsum, Innovation sowie persönliche Führungsqualitäten. Sie
bildeten die Grundlage für die Canberra Youth
Ag-Erklärung. Dieses wichtige Dokument enthält eine Vielzahl an Lösungsansätzen und
Handlungsvorschlägen. Laura Grubb aus Australien und Samba Ouma Zablon aus Kenia stellten sie im Oktober 2015 dem Komitee der Vereinten Nationen für globale Nahrungsmittelsicherheit in Rom vor. Die Erklärung ist aber nicht
das einzige Ergebnis des YAS: Jeder Teilnehmer
hat seine ganz persönliche sogenannte ‚3 kleine
Dinge‘-Herausforderung angenommen und sich
überschaubare Ziele gesetzt, um etwas zu verändern.
Laura Checa möchte ihre persönliche ‚3 kleine
Dinge‘-Herausforderung damit beginnen, einen
bienenfreundlichen Garten in ihrer spanischen
Heimatstadt anzulegen. „Ich glaube, uns ist nicht
bewusst, wie wichtig Bienen sind. Sie spielen
eine große Rolle für die Bestäubung, die Landwirtschaft und die Artenvielfalt. Darum sollten wir
Farming’s Future · 43
Ich suche nach einem Weg, Menschen
davon zu überzeugen, Lebensmittel nicht
zu verschwenden. Laura Checa, Youth Ag-SummitTeilnehmerin aus Spanien
uns kümmern. Zweitens beschäftigt mich die
Verschwendung von Lebensmitteln. Deshalb
möchte ich mir gerne etwas überlegen, um den
Menschen in meiner Nachbarschaft klarzumachen, dass Lebensmittel nicht vergeudet werden dürfen“, sagt sie.
Für Hu Pu war der YAS eine Möglichkeit, sich
weiterzuentwickeln, eine Welt außerhalb Chinas
kennenzulernen und zu erfahren, dass er viele
Möglichkeiten hat. Pu möchte sich bei einer
gemeinnützigen landwirtschaftlichen Organisation in China engagieren. „Bislang standen für
mich meine eigenen Angelegenheiten im Vordergrund und ich habe dabei wenig an die Gesellschaft gedacht. Aber während des Summit
wurde mir klar, dass ich eine Verantwortung
habe – und dieser möchte ich gerecht werden.
Schon mit kleinen Dingen kann ich etwas zum
Wohle der Gesellschaft beitragen. Zweitens hoffe
ich, meine Eltern davon überzeugen zu können,
dass Gentechnologie nicht so schädlich ist, wie
sie glauben. Beim YAS habe ich mir das Selbstvertrauen und die Geduld dafür erarbeitet. Der
dritte Punkt besteht darin, jede Mahlzeit aufzuessen, die ich bestelle oder zubereite. Es ist eine
Schande, dass wir hier auf dem Summit überlegen, wie wir die Menschheit ernähren sollen,
während gleichzeitig große Mengen Lebensmittel v­ ergeudet werden – vor allem in vielen Industrieländern“, erklärt Pu.
Edward Silva beginnt in Kalifornien seine ‚3 kleine
Dinge‘-Herausforderung damit, sich einer der
Prioritäten des YAS zu widmen – der Bildung.
Erstens plant er, ein lokales agrartouristisches
Geschäft aufzubauen, damit sich Landwirte und
Verbraucher besser vernetzen können. Der
zweite Punkt auf seiner To-do-Liste dreht sich
darum, die Arbeit von 30 YAS-Teilnehmern aus
der ganzen Welt bekannt zu machen – im Rahmen einer Publikation zum Thema Nahrungsmittel-Transport, die von der
US-Organisation Food Tank
ins Leben gerufen wird.
Als dritten Punkt hat er sich
eine kühne und spannende
Aufgabe gestellt: „Es gibt
eine Wettbewerbsplattform
namens HeroX. Dort kann
ich Probleme veröffentlichen,
die mich beschäftigen und
beispielsweise mit der welt-
Ich plane ein lokales Agrartouristikunternehmen, um Landwirte und Verbraucher
besser zu vernetzen. Edward Silva, Youth Ag-SummitTeilnehmer aus den USA
Laura Grubb und Samba O
­ uma Zablon durften die Youth Ag-Erklärung dem Komitee der
Vereinten Nationen für globale
Nahrungsmittel­sicherheit vorstellen.
weiten Unsicherheit in Ernährungsfragen zu tun
haben. Als Anreiz für Lösungsvorschläge kann
ich Geld sammeln, um das Problem zu lösen.
Bewerben kann sich im Grunde jeder – ganz
gleich ob Ingenieur, Architekt, Wissenschaftler
oder Nichtwissenschaftler, um das von mir
gestellte Problem bestmöglich zu lösen. Derjenige, dessen Lösung gewählt wird, bekommt
einen Geldpreis. Das ist eine gute Strategie, um
Menschen zur Problemlösung zu ermutigen“,
sagt er.
YAS 2015 trägt Früchte
Nach Ende des zweiten Youth Ag-Summit kehrten die Teilnehmer in ihre Heimat zurück – mit
den Fähigkeiten und dem Selbstvertrauen im
Gepäck, einen Wandel bewirken zu können. Hu
Pu resümiert: „Die Veranstaltung war sehr gut
organisiert – ich sehe Funken zwischen den Teilnehmern fliegen. Wir können sicher keine Patentrezepte liefern oder vielversprechende Projekte
ins Leben rufen, die alle Fragen klären. Aber es
war fabelhaft, dass sich Teilnehmer aus der ganzen Welt auf die wirklichen Herausforderungen
konzentriert haben, vor denen wir stehen.“ Der
Summit hat einen bleibenden Eindruck bei Pu
und den anderen Teilnehmern hinterlassen. „Wir
werden künftig Führungskräfte sein. Das Wohlergehen der Menschen wird auf unseren Schultern lasten. Darum ist es großartig, dass wir diese
Erkenntnis bereits in so jungen Jahren gewinnen
konnten. So haben wir noch genug Zeit und
Möglichkeiten“, fasst Pu zusammen.
Nachrichten
Dezember 2015
Bayer stärkt das Gemüsesaatgutgeschäft in Indien
Bayer übernimmt SeedWorks India
Das Unternehmen Bayer wird SeedWorks
India Pvt. Ltd. akquirieren. SeedWorks India ist
auf die Züchtung, Herstellung und Vermarktung
von Hybridsaatgut für Tomaten, Chilis, Okras
und Kürbisse spezialisiert, wurde 1998 gegründet und beschäftigt an seinen Forschungs- und
Produktionsstandorten in Bangalore und Hyderabad 180 Vollzeitmitarbeiter.
Der Erwerb wird das indische Gemüsesaatgutgeschäft von Bayer weiter stärken. „Damit bieten
wir unseren Kunden eine noch größere Auswahl
an Hochertragshybridsaatgut“, erklärte Joachim
Schneider, Leiter des Gemüsesaatgut-Bereichs
bei Bayer.
Indien ist der zweitgrößte Gemüseproduzent der Welt.
Indien ist dabei, sich zum bevölkerungsreichsten
Land der Welt zu entwickeln und muss daher
mit einer stark wachsenden Nachfrage nach
bezahlbaren Lebensmitteln rechnen. „Unser Ziel
ist es, die Ertragskraft und Qualität wichtiger
Anbaukulturen zu steigern und die Kleinbauern
in Indien umfassend zu unterstützen“, betont
Schneider. Der Geschäftsbetrieb von SeedWorks
India wird in die Organisation von Bayer eingegliedert. Bestehende und neue Sorten werden
künftig unter der Marke ­Nunhems™ vertrieben.
Innovative Partnerschaft
Neue Gemeinschaftsinitiative
Weltkonferenz
Neue Lösungen zur
Unkrautbekämpfung
Resistenz von Weidel- Herbizidresistenzen
weltweit bekämpfen
gras prüfen
Hintere Reihe (v. l.): R. Dickmann, T. Marchand
und H. Stuebler (Bayer), J. Harvey und S. Thomas (GRDC). Vordere Reihe (v. l.): A. Percy
(Bayer), R. Clark (GRDC) und der australische
Landwirtschaftsminister B. Joyce.
Das Einjährige Weidelgras zählt zu den schädlichsten Unkräutern für landwirtschaftliche
Großbetriebe in Australien und weltweit. Eine
Besonderheit ist, dass das Unkraut Resistenzen gegen verschiedene Herbizidklassen
gleichzeitig entwickelt hat.
Liam Condon, Vorstandsvorsitzender von
Bayer CropScience, beim Weed Resistance
Symposium in Paris. Die Wissenschaft spielt
nicht nur eine wichtige Rolle, um Herbizidresistenzen zu kontrollieren, sondern auch um
die Landwirtschaft der Zukunft voranzutreiben.
Bayer und die australische Grains Research &
Development Corporation (GRDC) haben mit
der Herbicide Innovation Partnership ein gemeinsames Projekt ins Leben gerufen. Damit sollen
Lösungen zur Unkrautbekämpfung erforscht und
entwickelt werden. „Unser Ziel ist es, Landwirten
neue Technologien im Umgang mit resistenten
Unkrautarten an die Hand zu geben und die
Nachhaltigkeit moderner Anbausysteme zu stärken“, erklärt Axel Trautwein, Leiter der Abteilung
Small Molecules Research bei Bayer.
Bayer arbeitet gemeinsam mit Forschern der
University of Western Australia an der Bekämpfung des herbizidresistenten Einjährigen Weidelgrases. Das Projekt umfasst Forschungsarbeiten, die von Wissenschaftlern der Australian
Herbicide Resistance Initiative gemeinsam mit
Experten des Weed Resistance Competence
Center von Bayer in Frankfurt am Main durchgeführt werden. Die Forscher wollen Gene
identifizieren, die für die metabolische Resistenz
verantwortlich sind und diese blockieren.
Mit dem Weed Resistance Global Symposium,
das im Herbst in Paris stattfand, bot Bayer eine
einzigartige Plattform: Mehr als 200 Agrarexperten aus 26 Ländern tauschten sich hier über
die Herausforderungen von Herbizidresistenzen
aus. „Dieses Problem lässt sich nur mit einem
ganzheitlichen und nachhaltigen Ansatz lösen
– basierend auf Wissenstransfer, Kooperation
und Innovation“, sagte Liam Condon, Vorstandsvorsitzender von Bayer CropScience, während
seiner Präsentation.
Farming’s Future · 45
Auf einen Blick
Moderner Gartenbau
Im September veranstaltete Bayer das
internationale Horticulture Symposium
im mexikanischen Puerto Vallarta. Die
Themen Nachhaltigkeit und Innovation
standen im Mittelpunkt. Ein zentrales
Thema für alle Teilnehmer war die mittlerweile ganzjährige Nachfrage der Verbraucher nach einer breiten Vielfalt an
hochwertigem, nachhaltig produziertem
Obst und Gemüse zu erschwinglichen
Preisen.
Reis-Partnerschaft
Beim zweiten Rice Future Forum, das im
Oktober in Vietnam stattfand, riefen Politiker und Reisexperten zu einer nachhaltigen
Reiserzeugung auf. Die Experten waren
sich einig: Öffentlich-private Partnerschaften spielen eine zentrale Rolle für die Akzeptanz neuer landwirtschaftlicher Technologien, weil die Mehrheit der Reisproduzenten
in den ASEAN-Staaten Kleinbauern sind.
NEUE Anlage eröffnet
Aufbereitung von Raps-Saatgut
Feierliche Eröffnung der neuen Europäischen Aufbereitungsanlage für Raps-Saatgut in Monheim
(v. l.): Bayer-Führungskräfte Frank Terhorst, Marc Reichardt und Martin Dawkins.
Im September 2014 eröffnete Bayer das neue
European Oilseed Processing Center in Monheim. Mit der Aufbereitungsanlage für RapsSaatgut erweitert das Unternehmen seine
Technologie-Plattform und bietet den Produzenten ein integriertes System – vom Anbau
über die Aufbereitung bis zur Auslieferung. „Die
Nachfrage nach verbesserten Raps-Hybridsorten steigt in vielen Ländern kontinuierlich an“,
sagt Marc Reichardt, Leiter Agricultural Com-
mercial Operations bei Bayer. Die beträchtlichen
Investitionen des Konzerns in die moderne
Aufbereitungsanlage unterstreichen das Ziel
von Bayer, ein führender Anbieter im europäischen Rapsmarkt zu werden. „Raps ist für
europäische Landwirte eine lukrative Feldfrucht.
Und Bayer ist Experte, wenn es um gesunde,
ertragreiche Rapspflanzen mit hohem Nährwert
geht“, ergänzt Frank Terhorst, Leiter des Saatgutgeschäfts bei Bayer.
Kartoffeln aus China
Beim neunten Annual World Potato Congress, der im Juli in Shanghai stattfand,
wurde Chinas Rolle als weltweit größter
Kartoffelproduzent bestätigt. Sowohl qualitativ als auch quantitativ gilt das Potenzial
der Kartoffel als noch nicht ausgeschöpft.
Da die Feldfrucht zudem umweltschonend
ist, könnte sie langfristig einen wichtigen
Beitrag zur Lebensmittelsicherheit in China
leisten.
Entwicklung neuer Weizensorten
Ausbau des Weizenzucht-Zentrums
Soja-Zertifizierung
Bayer und die Organisation Round Table
on Responsible Soy (RTRS) wollen gemeinsam ein Zertifikat für die Sojaproduktion
gemäß RTRS-Standard entwickeln. Ein
nicht exklusiver Vertrag zwischen Bayer
und RTRS soll diese Zertifizierung unterstützen. Dabei soll das Programm Valore
von Bayer verstärkt eingesetzt werden. Die
RTRS-Zertifizierung gewährleistet, dass
Soja – ob als Rohstoff oder als verarbeitetes Produkt – aus umweltgerechter, sozialverträglicher und wirtschaftlich tragfähiger
Erzeugung stammt.
(v. l.): der Landtagspräsident von Sachsen-Anhalt Detlef Gürth, Dr. Helmut Schramm und Dr.
Mathias Kremer (beide Bayer), Hartmut Möllring, Minister für Wissenschaft und Wirtschaft des
Landes Sachsen-Anhalt, und Frank Terhorst (Bayer).
Bayer erweitert sein Europäisches WeizenzuchtZentrum in Gatersleben, Sachsen-Anhalt. Derzeit
umfasst es etwa 40 Hektar Anbaufläche, 1.000 m²
Gewächshausfläche und 1.300 m² Labor- und
Bürofläche. Hinzu kommen weitere 1.000 m² für
die Saatgutaufbereitung. Die Weizenzuchtfläche
soll in den kommenden Jahren auf insgesamt
80 Hektar erweitert werden. „Um die Produktion
auf umweltverträgliche Weise zu steigern, benö-
tigen wir Innovationen. Daher investieren wir so
umfangreich in die Forschung hier in Gatersleben.
Extreme Wetterbedingungen haben die weltweiten Weizenmärkte bereits mehrfach destabilisiert“,
sagt Frank Terhorst, Leiter des Saatgutgeschäfts
bei Bayer. Seit der Eröffnung des WeizenzuchtZentrums im Biotechpark in Gatersleben im Jahr
2012 hat Bayer die Kapazität des Forschungskomplexes bereits verdreifacht.
menschen
Dezember 2015
Gerardo Graziano (rechts kniend), Gewinner
des YouFarm-Videowettbewerbs 2015, mit
der Familie Di Lucchio vor ihrem An­wesen
Villa delle Rose in Italien.
YouFarm: Landwirtsfamilien im Fokus
Moderne Farm, historischer
Charme
Mit dem Porträt eines landwirtschaftlichen Familienbetriebs in Italien belegte
Gerardo Graziano den ersten Platz beim YouFarm-Videowettbewerb von
Bayer. Sein Gewinn: eine Rundreise durch Asien und Australien.
Umgeben von zwei Seen und einem alten
Kloster liegt die idyllische Villa delle Rose, eine
historische Residenz aus dem Jahr 900 n. Chr. Vor
sieben Jahren übernahm die Familie Di L
­ ucchio
das Anwesen, um hier Gäste zu bewirten und
moderne Landwirtschaft zu betreiben. Zu dem
Betrieb in Atella, etwa 180 Kilometer östlich von
Neapel, gehört eine Weide mit 50 Schafen und
Ziegen. Dort erzeugt die Familie hausgemachten
Käse, Pasta und Fleisch.
YouFarm-Gewinner Gerardo Graziano ist ein
häufiger und gern gesehener Gast in der Villa delle
Die Villa delle Rose der Di Lucchios liegt in
malerischer Landschaft im Süden Italiens.
Rose. Ganz besonders schätzt er die hausgemachten Gerichte und das persönliche Ambiente.
Eines Abends kam ihm, während er mit seiner
Frau Sabrina und der Familie Di Lucchio beim
gemeinsamen Abendessen saß, die zündende
Idee: „Wenige Tage zuvor hatte meine Frau über
Facebook erfahren, dass Bayer einen Videowettbewerb unter dem Motto ‚Familienbauernhof‘
veranstaltet“, erinnert er sich. „An diesem Abend
wurde mir klar, dass mir das perfekte Beispiel einer
modernen Bauernfamilie direkt gegenübersaß:
Unsere Freunde waren die idealen Protagonisten
für ein solches Video.“
Farming’s Future · 47
Gerardo Graziano
hat sich gegen 43
Teilnehmer durchgesetzt und überzeugte sowohl
die Social-MediaGemeinde als
auch eine Jury aus
Medien- und Landwirtschaftsexperten von ­seinem
Video.
Ich möchte den jungen Leuten die Welt der
Landwirtschaft näher bringen.
Schon von Kindheit an hat Graziano einen engen
Bezug zur Landwirtschaft. „Ich habe früher oft
meinen Großvater besucht, der einen Hof in den
Bergen besaß“, erklärt er. „Neben der Tierhaltung
konzentrierte er sich auf den Anbau von Oliven und
Weintrauben. Ich habe viele schöne Erinnerungen
an diese Zeit.“ Seine Liebe zur Landwirtschaft
möchte Graziano nun auch mit seinen italienischen
Landsleuten teilen: „Nur wenige Menschen hier
möchten gerne im Agrarsektor arbeiten. Doch
die Di Lucchios sind das Wagnis eingegangen
und glaubten stets an ihren Erfolg. Ich hoffe, dass
ich mit meinem Videoporträt auch bei anderen
Menschen Interesse für Landwirtschaft wecken
kann.“ Und noch eine Botschaft möchte Graziano mit seinem Videobeitrag vermitteln: den
Aspekt der Nachfolge. „Ich möchte den jüngeren
Zuschauern die Welt der Landwirtschaft näherbringen“, erklärt er. Deshalb sind auch Studenten
der nahe gelegenen Landwirtschaftsakademie
Teil seines Videos. Sie sammeln erste praktische
Erfahrungen in der Villa delle Rose. „Angelo, der
Sohn der Di Lucchios, zeigt ihnen zum Beispiel
den Umgang mit Nutztieren. Auch er hat früher
an der Landwirtschaftsakademie studiert und ist
ein Vorbild für den Nachwuchs“, so Graziano.
Insgesamt 44 Videos wurden beim YouFarmWettbewerb eingereicht. Im öffentlichen Voting
auf den Social-Media-Kanälen von Bayer gelangte
Grazianos Beitrag unter die besten Zehn. Eine
Jury aus Landwirtschafts- und Medienexperten
traf die Endauswahl und kürte schließlich Graziano
zum Sieger. Auch Beth Roden, Kommunikationsleiterin der Division Crop Science bei Bayer, beteiligte sich als Jurymitglied: „Grazianos Video hat
Gerardo Graziano,
Gewinner des YouFarmVideowettbewerbs
uns am stärksten überzeugt, weil er die Kriterien in
Bezug auf Storytelling, Kreativität und Umsetzung
des Mottos am besten erfüllt hat“, erklärt sie.
Doch obwohl er sein Video äußerst professionell
gestaltet hat, ist Graziano kein Profifilmer – ganz
im Gegenteil: „Von Beruf bin ich Buchhalter“, sagt
er. „Das Filmen stellt für mich einen Ausgleich zu
meiner Arbeit dar und lässt mich meine kreative
Seite ausleben. Für meine Filme lasse ich mich
durch Filmevents inspirieren. Zum Beispiel besuche ich gerne das Festival von Cannes.“
Internationaler Erfahrungsaustausch
Als Sieger des Wettbewerbs nahm Graziano
an der „Farming Around the Continent Tour“
durch Asien und Australien teil. Dabei bereiste
er Indonesien, besichtigte Teeplantagen in den
Cameron Highlands in Malaysia und sogar einen
vertikalen Bauernhof in Tokio. Zu den Höhepunkten der Reise zählte die Preisverleihung beim
Youth Ag-Summit in der australischen Hauptstadt
Canberra: Dort versammelten sich junge Erwachsene aus aller Welt, um nachhaltige Konzepte zur
Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung zu
diskutieren. Graziano ist froh, dass er an diesem
Gedankenaustausch teilhaben durfte: „Ich bin mir
sicher, mit neuen Impulsen zurückzukehren, die
ich an die Landwirte zu Hause weitergeben kann.“
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um zu Gerardo Grazianos
­Gewinnervideo zu gelangen.
Farming’s Future
Herausgeber
Bayer CropScience AG
40789 Monheim am Rhein, Deutschland
Verantwortlich für den Inhalt
Beth Roden
Redaktion
Ute Bode, Bernhard Grupp,
Bayer CropScience AG
TransQuer GmbH, München/Gießen
Gestaltung
Cosmonaut Network, Brühl
Unter Mitwirkung von:
David Cussons, Toowoomba
Druck
HH Print Management Deutschland GmbH,
­Düsseldorf
Fotonachweis
Umschlag: Peter Ginter; S. 6/7: Dirk Hansen;
Claire Lincoln; S. 8/9: privat, Bayer AG/Stock Photo
Getty Images, iStock von Getty Images, Bayer
CropScience AG; S. 10/11: Bayer Crop­Science AG;
S. 12/13: Peter Ginter; S. 14/15: Peter Ginter;
S. 16/17: INIVEG, Bayer Crop­Science AG, Kubikfoto; S. 18/19: iStock von Getty Images, Bayer
CropScience AG, Antas Export, ­privat; S. 20/21:
Bayer CropScience AG; S. 22/23: Kubikfoto,
Bayer do Brazil; S. 24/25: Kubikfoto; S. 26/27:
Kubikfoto, Bayer CropScience AG, iStock von Getty
Images; S. 28/29: iStock von Getty Images, Bayer
CropScience AG; S. 30/31: privat, Bayer Crop­
Science AG, Bayer AG/Stock Photo Getty Images,
Nicole Heiling; S. 32/33: Kubikfoto, Bayer Crop­
Science Canada; S. 34/35: Kubikfoto, Peter Ginter,
Bayer AG/Stock Photo Fotolia, Bayer (Pty) Ltd,
South Africa; S. 36/37: Peter Ginter, Sascha Eilmus;
S. 38/39: Kubikfoto; S. 40/41: Bayer Crop­Science
AG; S. 42/43: Bayer CropScience AG;
S. 44/45: Bayer Crop­Science AG; S. 46/47: privat,
Bayer CropScience AG, iStock von Getty Images
Redaktionsanschrift
Bayer CropScience Aktiengesellschaft
Communications
Alfred-Nobel-Straße 50
D-40789 Monheim am Rhein, Deutschland
Telefon: +49 21 73 38 35 40
E-Mail: [email protected]
www.cropscience.bayer.com
Zukunftsgerichtete Aussagen
Farming’s Future kann bestimmte in die Zukunft
gerichtete Aussagen enthalten, die auf den gegen­
wärtigen Annahmen und Prognosen der Unternehmensleitung des Bayer-Konzerns bzw. seiner
Teilkonzerne beruhen. Verschiedene bekannte wie
auch unbekannte Risiken, Ungewissheiten und
andere Faktoren können dazu führen, dass die
tatsächlichen Ergebnisse, die Finanzlage, die Entwicklung oder die Performance der Gesellschaft
wesentlich von den hier gegebenen Einschätzungen abweichen. Diese Faktoren schließen diejenigen ein, die Bayer in veröffentlichten Berichten
beschrieben hat. Diese Berichte stehen auf der
Bayer-Website www.bayer.de zur Verfügung. Die
Gesellschaft übernimmt keinerlei Verpflichtung,
solche zukunftsgerichteten Aussagen fortzuschreiben und an zukünftige Ereignisse oder Entwicklungen anzupassen.
Farming’s Future ist eine international
veröffentlichte Zeitschrift, die nicht als Werbung oder Produktangebot gedacht ist. Sie
bietet auch Informationen zu Produkten,
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Wir bitten unsere Leser, unbedingt die nationalen Zulassungen sowie die jeweiligen
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