Seite 1 von 7 I n f o r m a t i o n s m a t e r i a l v o m 0 5 . 0 7 . 2 0 1 2 Was tun, wenn die Sehkraft schwindet? Millionen Menschen bekommen in der zweiten Lebenshälfte Probleme mit den Augen. Denn ab 40 lässt bei den meisten die Sehkraft nach. Nicht in jedem Fall lassen sich die Sehschwierigkeiten mit einer Brille beheben. Die "Altersbedingte Makuladegeneration" (AMD), das Glaukom (Grüner Star) und die "Diabetische Retinopathie", eine Erkrankung der Netzhaut, die durch die Zuckerkrankheit ausgelöst wird, sind die häufigsten Ursachen für den Verlust der Sehkraft. Nach Schätzungen wird im Jahre 2020 ein Viertel aller über 60-Jährigen allein von der "Altersbedingten Makuladegeneration" betroffen sein. Die Weltgesundheitsorganisation, WHO, hat die Erkrankung als Hauptursache für die Erblindung von Menschen in entwickelten Ländern anerkannt. Der gelbe Fleck Die Makula, auch Gelber Fleck genannt, ist die Stelle des schärfsten Sehens auf der Netzhaut. Ein Degenerationsprozess an dieser Stelle der Netzhaut (Retina) kann ab dem 60. Lebensjahr einsetzen. Dabei kommt es zu Störungen bei der Versorgung der Netzhaut, wodurch die Sehzellen absterben. Laut der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft sind in Deutschland ca. 4,5 Millionen Menschen von der AMD betroffen. Da Frauen eine höhere Lebenserwartung haben als Männer, sind sie auch häufiger betroffen. Die altersbedingte Makuladegeneration wird in die trockene und die feuchte Form unterschieden. Beide sind schmerzlos und führen zum Verlust des Sehens. Trockene Makuladegeneration Die trockene Variante ist die häufigere Form. Dabei entstehen Ablagerungen (Drusen) von StoffwechselEndprodukten in einer ganz bestimmten Gewebsschicht der Netzhaut. Besonders im Alter kann der Körper diese Stoffe nicht mehr ausreichend abbauen. Der "Stoffwechselmüll" führt dazu, dass immer mehr Sehzellen zugrunde gehen. Die trockene AMD entwickelt sich langsam. Frühsymptome sind leichtes verschwommenes Sehen und erhöhter Lichtbedarf. Die Betroffenen können nicht so gut vom Hellen ins Dunkle und umgekehrt wechseln. Zusätzlich werden die Farben blasser. Es kommt zu abnehmender Sehschärfe im Augenzentrum, Schriftzeichen und Bilder verschwinden im Nebel. Wenn die Erkrankung fortschreitet, wird das zentrale Sichtfeld zu einem dunklen Fleck, der sich ausbreitet. Bei der trockenen AMD gibt es derzeit leider keine Therapie, die die Ursache behebt. Feuchte Makuladegeneration Die feuchte Version tritt in 10 bis 15 Prozent der Fälle auf und ist die schwerwiegendere Form. Sie folgt immer auf die trockene Form. Dabei 1 Seite 2 von 7 kommt es zu krankhafter Neubildung von feinsten Äderchen, in dem Gewebe, welches hinter der Netzhaut liegt. Diese Äderchen sind wenig stabil und können undicht werden. Flüssigkeit und Blutbestandteile treten aus und sammeln sich unter der Netzhaut. Daher der Name "feuchte" Form. Folge dieses Prozesses: Ablösung der Netzhaut und Narbenbildung. Das Fortschreiten der Erkrankung kann mit spezifischen Medikamenten verzögert werden. Die Substanzen unterdrücken spezielle Eiweiße (Proteine) und hemmen dadurch das Wachstum krankhafter Gefäße und Entzündungsprozesse. Untersuchungs- und Behandlungsmethoden bei AMD Die Auslöser der Makuladegeneration sind größtenteils noch unbekannt. Als Risikofaktoren gelten Rauchen, UVStrahlung, Bluthochdruck und Übergewicht. Dreiviertel der Betroffenen hat allerdings die Veranlagung zur Makuladegeneration geerbt. Bei fortgeschrittener Makuladegeneration ist die Sehkraft so gering, dass die Menschen als funktionell blind gelten. Wie der Arzt die Makula untersucht Spiegelung des Augenhintergrundes Mit speziellen Augentropfen wird die Pupille erweitert. Bei der indirekten Spiegelung wird mit einer speziellen Lampe in das Auge geleuchtet Fluoreszenzangiografie Ein fluoreszierender Farbstoff wird in die Armvene injiziert, der in wenigen Sekunden in die Gefäße des Auges gelangt. Das Auge wird mit blauem Licht angeleuchtet, der Farbstoff beginnt zu leuchten. Nun kann der Arzt krankhafte Gefäße ausfindig machen, sowie ausgetretenes Blut erkennen. Das Ergebnis wird fotografiert. Optische Kohärenz Tomographie (OCT) Dabei werden wie bei jeder Tomographie Schnittaufnahmen gemacht. Der Arzt kann so kleinste Veränderungen entdecken und zeitgleich die Dicke der Netzhaut messen. Selbst-Test: Wie steht es um Ihre Makula? Ob bereits Veränderungen an der Makula vorliegen, lässt sich mit Hilfe des sogenannten "Amsler-Gitter-Test" feststellen. Er wurde vom Schweizer Augenarzt Marc Amsler entwickelt. Bei dem Test blickt man aus einem Abstand von 40 Zentimetern abwechselnd mit einem Auge auf ein Gitter, in dessen Mitte ein Punkt ist. Der schwarze Punkt wird fixiert. Nun wird darauf geachtet, ob die Linien in der Umgebung des Punktes gerade sind. Wenn die Linien verschwommen, verzerrt oder unterbrochen sind oder sogar fehlen, sollten Sie dringend einen Augenarzt aufsuchen. Behandlung Man kann den Krankheitsverlauf der Makuladegeneration nicht umkehren, jedoch verlangsamen. Dabei kommt bislang ein Laser zum Einsatz, mit dem große Areale der Netzhaut abgetragen werden. Vor allem die Neubildung von krankhaften Blutgefäßen kann so erheblich vermindert werden. Erfolge verzeichnet die Laser-Methode übrigens auch bei der diabetischen Makulopathie. Großer Nachteil der Laserbehandlung sind allerdings die Nebenwirkungen. Abhängig von der verwendeten Lasertechnik kann es zu einer Verschlechterung des Kontrast-, Farbenund Dämmerungssehens kommen. Seit Dezember 2010 steht zur Bekämpfung der Makuladegeneration auch eine biologische Substanz zur Verfügung, die mit einer feinen Nadel am Rande der Lederhaut in den Glaskörper injiziert wird und der Krankheit entgegen wirkt. Allerdings ist der Effekt auf drei Monate beschränkt, was wiederholte Anwendungen erforderlich macht. 2 Seite 3 von 7 Vitamine für die Augen Ärzte empfehlen aufgrund der sogenannten ARED-Studie hochdosierte, antioxidativ wirkende Nahrungsergänzungsmittel. Es wird angenommen, dass eine oxidative Schädigung der Netzhaut für die AMD mitverantwortlich ist. Daher haben die Gegenspieler, die Antioxidantien, eine Schutzfunktion. Die Einnahme dieser Stoffe soll nach fünf Jahren das Risiko, eine fortgeschrittene bzw. feuchte AMD zu bekommen, um 25 Prozent senken. Dies gilt für Patienten mit mittlerem bis hohem Risiko. Bei der Studie nahmen die Probanden täglich 500 mg Vitamin C, 400 I.E. Vitamin E, 15 mg Beta-Karotin, 80mg Zink und 2 mg Kupfer ein. Zink ist ein wichtiges Spurenelement für bestimmte Bereiche in der Netzhaut und verzögert vermutlich die Entwicklung der Krankheit. Raucher sollten diese Nahrungsergänzungsmittel nicht nehmen, da BetaKarotine das Lungenkrebsrisiko erhöhen. Dr. Volksmund: "Jemanden etwas aufs Auge drücken" Woher kommt eigentlich die Wendung "Jemandem etwas aufs Auge drücken"? Ein Fall für Dr. Volksmund! "Hauptsache gesund"Reporter Jan Schlegel machte sich auf den Weg, dies herauszufinden und fuhr dafür auf ein Gestüt. Doch was haben die Pferde mit unseren Augen zu tun? Die Reiter vor Ort haben keine Idee und auch die Pferde geben keine Antwort. Diese liegt jedoch auf der Weide bzw. auf dem Misthaufen. Im Mittelalter haben wandernde Heiler Menschen mit Augenkrankheiten einen Pferdeapfel auf das Auge gelegt. Ob diese Methode den gewünschten Erfolg gebracht hat, ist unbekannt. Doch kann sich jeder vorstellen, dass dies keine schöne Heilmethode war und man daher noch heute die Redewendung benutzt, wenn man eine ungewollte Tätigkeit übernehmen muss. Die Star-Krankheiten Im Jahr 1583 veröffentlichte der kurfürstlich-sächsische Hof-Oculist Georg Bartisch das erste deutsche Lehrbuch der Augenheilkunde. In diesem Buch unterteilte er die Stare – abgeleitet vom mittelhochdeutschen starblind - nach ihrer Farbe in weiße, blaue, grüne, graue, gelbe und schwarze Stare. Heutzutage wird noch in drei Formen unterschieden: Grüner Star, fachärztlich Glaukom genannt, Grauer Star, auch bekannt unter der Bezeichnung Katarakt und Schwarzer Star, eine unbehandelte Linsentrübung, die zur Blindheit führt Das Glaukom – der Grüne Star In Deutschland sind rund 800.000 Menschen an einem Glaukom erkrankt. Bei dieser Krankheit wird der Sehnerv geschädigt. Dadurch kommt es zur langsamen Verminderung des Sehens. Die Sehschwäche beginnt in den äußeren Bereichen des Gesichtsfelds und zieht dann ins Zentrum hinein. Zu Beginn kommt es zu Störungen des räumlichen Sehens. Man stößt sich häufiger an Ecken und Kanten oder hat Schwierigkeiten beim Treppensteigen und im Straßenverkehr. Wenn die Krankheit fortschreitet kann es auch zu verändertem Farb- und Kontrastsinn, sowie der Dunkelanpassung kommen. Wird nicht behandelt, sterben alle Nervenzellen ab und der Patient wird blind. Neben dem Alter gehört der erhöhte Augeninnendruck zu den Auslösern der Krankheit. Er entsteht durch Gefäßverschlüsse, Langzeitbehandlung mit Kortison oder anderen Medikamenten, sowie Durchblutungsfehlregulationen. Auch bei Diabetikern können krankhafte Gefäßneubildungen, die zu Verwachsungen im Auge führen können, den Innenaugendruck erhöhen. Früher wurde ein Glaukom nur am erhöhten Augeninnendruck festgemacht. Auf dieses Weise übersah man allerdings die Hälfte aller Fälle. Am wichtigsten für eine Diagnose ist die Beurteilung des Sehnervs. 3 Seite 4 von 7 Glaukome können mit Medikamenten, Laser und Operationen behandelt werden. Beistand finden Betroffene beim Bundesverband der Glaukom-Selbsthilfe e. V., der Adressen für regionale Selbsthilfegruppen verwaltet. Die Katarakt – Der Graue Star Die Bezeichnung kommt vom griechischen Wort "katarrhaktes" und bedeutet herabstürzend oder Wasserfall. Bei der Krankheit kommt es zu einer Trübung der Augenlinse, wodurch das einfallende Licht nicht mehr ungehindert auf die Netzhaut treffen kann und gestreut wird. Die Betroffenen nehmen eine langsam zunehmende Sehstörung wahr und haben häufig starke Blendungserscheinungen. Man sieht wie durch einen leichten Schleier, der immer dichter wird. Allerdings sehen viele in der Dämmerung und in der Nacht häufig besser, da die Pupillen sich weiter öffnen und man an den Linsentrübungen vorbeischauen kann. Der Katarakt ist vor allem eine Alterserscheinung. Er beginnt meist nach dem 60. Lebensjahr und wird daher auch als Grauer Altersstar bezeichnet. Meistens ist er erblich bedingt. Allerdings kann auch eine langfristige Medikamenteneinnahme, z.B. von Kortison, die Krankheit auslösen. Nach Absetzen der Medikamente kommt es mitunter zur Rückbildung der Trübung. Weiter haben Strahlungen eine eintrübende Wirkung, zu beachten ist dies vor allem bei Arbeitsplätzen mit erhöhtem Anteil von UV-Licht, Infrarotlicht, radioaktiven und RöntgenStrahlen sowie bei übermäßiger Hitzeeinwirkung. Schädlich wirkt sich auch hier das Rauchen aus. Doch auch Verletzungen und Erkrankungen des Auges führen zur Linseneintrübung. Bei Stoffwechselstörungen, wie Diabetes führt der erhöhte Zuckerspiegel zu Zuckerablagerungen im Auge und damit zum Katarakt. Kommt es zu einer Sichtverschlechterung ist eine Operation die einzige Behandlungsmöglichkeit. Es gibt keine Medikamente, die bei dieser Erkrankung helfen. Jedoch führt eine Operation häufig zum gewünschten Erfolg. Trockene Augen und doppeltes Sehen Alarmsignal trockene Augen: Das Sicca-Syndorm Die Bezeichnung ist vom lateinischen Wort "siccus" abgeleitet und bedeutet trocken. Der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands schätzt die Anzahl auf rund zwölf Millionen Betroffene. Beim Sicca-Syndrom kommt es zu Benetzungsstörungen der Augenoberfläche. Ursachen sind einerseits eine Verminderung der Tränenmenge und andererseits eine verstärkte Verdunstung des Tränenfilms. Beide Varianten führen zu einer Entzündungsreaktion der Augenoberfläche. Bei trockenen Augen sollte immer die Ursache immer von einem Arzt abklären werden. Die Wirksamkeit einer anschließenden Behandlung sollte regelmäßig vom Augenarzt kontrolliert werden, um ihre Wirksamkeit zu beurteilen. Dies dauert manchmal einige Wochen oder Monate. Daher benötigen Patient und Arzt Geduld. Die häufigste Therapie sind "künstliche Tränen" (Tränenersatzmitteln) in Form von Tropfen und Gelen. Sie befeuchten die Augenoberfläche und verbessern die Qualität des Tränenfilms. Kann durch die Untersuchung eine ernsthafte Erkrankung ausgeschlossen werden, können weitere Maßnahmen trockene Augen reduzieren: In Räumen mit Klimaanlage auf eine ausreichende Luftfeuchtigkeit (50-65 Prozent) achten, häufig lüften, beim Autofahren und in Flugzeugen Lüftungsstrahl nie direkt auf die Augen richten. Kontaktlinsenträger sollten ihre Linsen mit unkonservierten Mitteln behandeln und auch hin und wieder zur Brille greifen, damit sich das Auge erholen kann. Wird ein trockenes Auge nicht behandelt, kann es zu einer kompletten Hornhauttrübung und dadurch zur Erblindung kommen. Deshalb sollte rechtzeitig ein Arzt aufgesucht und die Therapie konsequent durchgeführt werden. 4 Seite 5 von 7 Diabetische Retinopathie Wird der Diabetes (Typ 1 und Typ2) nicht optimal behandelt, schädigt er schleichend und unumkehrbar auch die Netzhaut (Retina). Es gibt verschiedene Arten der diabetischen Retinopathie. Nicht-proliferative Form Zucker lagert sich in kleinen Gefäßen im Auge ab. Dadurch wird die Retina nicht mehr ausreichend durchblutet. Zudem entstehen durch den erhöhten Druck an bzw. vor den verstopften Stellen Ausbuchtungen in den Blutgefäßen, die häufig platzen. Dies führt zu Einblutungen in die Netzhaut und damit zu Sehverlust. Später sickern durch die brüchigen Äderchen auch Fette, Flüssigkeiten und Eiweiße und setzen sich in der Netzhaut fest. Proliferative Form Um die schlechte Blutversorgung im Auge auszugleichen, entwickeln sich neue Blutgefäße. Sie haben ebenfalls brüchige Gefäßwände, platzen und haben Einblutungen, auch in den Glaskörper, zur Folge. Diabetischen Makulopathie Der Zucker schädigt genau die Gefäße, die den Punkt des schärfsten Sehens (Makula), durchbluten. Diplopie: Hilfe, ich sehe alles doppelt! Das Sehbild erscheint teils verschwommen, doch die Augen sehen nicht unscharf, sondern doppelt. Doppelbilder können zahlreiche Ursachen haben. So können zum Beispiel Erkrankungen und Störungen der Augenmuskeln, Verletzungen, Entzündungen, Durchblutungsstörungen und Tumoren in Auge und Gehirn den Sehvorgang beeinträchtigen und Doppelbilder verursachen. Auch bei angeborenem und bei erworbenem Schielen (Strabismus) kommt es typischerweise zu Doppelbildern (Diplopie). Aber auch Alltagsprobleme wie Übermüdung, Stress oder falsche Brillenwerten können Auslöser sein. Einige Menschen sehen auch nur mit einem Auge doppelt, ein möglicher Hinweis auf eine Hornhauterkrankung oder einen Grauen Star. Beim Grauen Star bilden sich Doppelbilder durch die Trübung der Linse. Hier können sogenannte Spalten entstehen, an denen sich das Licht bricht und mehrere Bilder auf die Netzhaut werfen. Grundsätzlich gilt, dass Betroffene bei Doppelbildern einen Arzt aufsuchen sollten, um die Grunderkrankung feststellen zu lassen. Doppelbilder werden je nach Art der Beschwerden unterschiedlich therapiert. Blinder sieht wieder mit einem Zahn Damit wir sehen können, braucht unser Auge eine klare und durchsichtige Hornhaut. Ist sie verletzt oder trübe, kann oft nur eine Hornhautverpflanzung das Augenlicht retten. Wenn das nicht hilft, bleibt ein letzter Ausweg. Ein Zahn im Auge! Erlebt hat dies auch der aus Sachsen-Anhalt stammende Michael M. Nach einem schweren Arbeitsunfall in den 80er Jahren glaubte er zunächst, er habe sein Augenlicht für immer verloren: "Ich war von Beruf Gießer, war 18 Jahre und hatte gerade ausgelernt. Da gab es in der Aluminiumgießerei es eine Explosion. Ich stand bloß einen Meter davon weg und war sofort blind." 29 Augen-Operationen folgten. Dass Michael M. wenigstens auf dem linken Auge wieder sehen kann, verdankt er einer besonderen Prothese, die ihm eingesetzt wurde: "Im Auge habe ich jetzt einen meiner Zähne, der mir entnommen wurde. Da ist meine künstliche Hornhaut drin, damit ich durchgucken kann." Ein Zahn und Plexiglas Der Zahn im Auge – das ist eine sogenannte Osteo-Odonto-Keratoprothese. Ein Zahn aus dem Gebiss des Patienten bildet die Halterung für einen Zylinder aus Plexiglas, der die Hornhaut ersetzt. Entwickelt wurde die Methode in den sechziger Jahren vom italienischen Augenarzt Strampelli. Einer der wenigen weltweit, die heute solche Prothesen 5 Seite 6 von 7 einsetzen, ist Privatdozent Konrad Hille. Der Eingriff kommt nur bei sehr schweren Erkrankungen der Hornhaut in Frage, sagt er: "Normalerweise würde man, wenn eine Hornhaut eingetrübt ist, bei dem Patienten ein Loch in die Hornhaut hinein schneiden und dort ein Hornhautscheibchen, welches wir von einem Verstorbenen gewinnen können, einnähen. Bei einigen Erkrankungen allerdings geht dies nicht. Für diese Patienten haben wir diese letzte Möglichkeit, das Sehvermögen wieder zu erreichen." Für die Prothese wird dem Patienten ein Vorderzahn samt Knochen entnommen. Aber warum ausgerechnet ein Zahn? Die künstliche Hornhaut, der Plexiglaszylinder, kann nicht direkt ins Auge eingesetzt werden. Der Körper würde ihn abstoßen. Mit dem Zahn heilt er problemlos ins Auge ein. In mehreren Schritten wird dem Patienten die Prothese eingepflanzt. Abgedeckt wird sie mit einer Schicht Mundschleimhaut. Immerhin ein Drittel der Betroffenen gewinnt dadurch wieder volle Sehkraft. Der Eingriff ist selten, die Langzeiterfahrungen mit der Prothese sind jedoch gut. Gießer Michael M. und der frühere Chemiker Rainer L. gehören zu jenen, die am längsten mit einem Zahn im Auge leben und sehen. Beide kommen damit im Alltag bestens zurecht. Rainer L., Patient aus Dessau: "Ich bin etwas gehandicapt, wenn es dunkel ist oder die Sonne mich blendet. Das Gesichtsfeld ist klein, ich muss mich also mehr umgucken. Aber im Grunde kann ich alles das, was ich früher gemacht habe, auch wieder machen." Und auch Michael Müller ist zufrieden: "Wenn man erstmal gar nichts sieht, und jetzt kann man seine Frau angucken oder die Nachbarn – man findet sich jetzt selber zurecht im Leben. Und das ist doch sehr viel wert, so etwas, im Leben. Man ist wie neugeboren." Der sehr aufwendige Eingriff wird übrigens von den Krankenkassen übernommen. Was macht eigentlich ein Orthoptist? Diese Berufsbezeichnung lässt sich auf die griechischen Wörter "orthos" = gerade und "opsis" = sehen zurückführen. In einer dreijährigen Ausbildung an einer Berufsfachschule für Orthoptik lernen diese Spezialisten Störungen des Einzelauges sowie Störungen im Zusammenarbeiten beider Augen zu untersuchen und festzustellen. Nach der Diagnose arbeiten sie ein therapeutisches Konzept aus und überwachen die Behandlung. Immer häufiger werden Orthoptisten auch zur Vorbeugung von Augenproblemen und zur Rehabilitation von sehbehinderten Patienten aller Altersgruppen eingesetzt. Aufgrund ihrer Spezialausbildung findet man Orthoptisten meist in Universitätskliniken und Krankenhäusern sowie Einrichtungen für Sehbehinderte. Bei Augenfehlstellungen helfen den Betroffenen zum Beispiel Prismen oder Folien, die das doppelte Sehen unterbinden. Ein Prisma lenkt die ins Auge fallenden Lichtstrahlen so ab, dass der Versatz der Sichtachse des Auges ausgeglichen wird. Nun sehen beide Augen wieder das gleiche Bild. Das Prisma wird als Folie auf das Brillenglas aufgeklebt oder in das Brillenglas eingearbeitet. Sind die Doppelbilder zu stark für Prismen oder beruht die Fehlsichtigkeit auf mehreren Problemen, muss eine andere Lösung gefunden werden. Hier wird dann ein Augenpflaster eingesetzt oder die Brille mit Mattfolie abgeklebt. So werden die Fehlbilder unterdrückt. Dies ist allerdings keine dauerhafte Lösung. 6 Seite 7 von 7 Anschrift MDR FERNSEHEN Redaktion Wissenschaft und Bildung "Hauptsache gesund" 04360 Leipzig Faxabruf: 01803 151534 (0,09 € pro Minute aus dem Festnetz, Mobilfunk max. 0,42 € pro Minute) Internet: www.mdr.de/hauptsache-gesund E-Mail: [email protected] Thema der nächsten Sendung am 12.07.2012 "Lebensmittel - Medizin aus dem Supermarkt" 7