Mathematisches Hauptseminar bei Frau Dr. Warmuth WiSe 09/10 Belegarbeit Thema 16: Konzept des geometrischen Orts und geometrisches Begründen und Beweisen erstellt und eingereicht von: Barbara Auel, 511679 1. FS Ma. of E. Mathematik /Englisch und Steffen Wiedemann, 511851 1. FS Ma. of E. Mathematik/ Physik 1 von 10 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung..........................................................................................................................3 2 Allgemeine Definition......................................................................................................3 3 Beispiele............................................................................................................................3 Kreis ...............................................................................................................................3 Parallelenpaar .................................................................................................................4 Winkelhalbierende .........................................................................................................4 Mittelsenkrechte .............................................................................................................4 Beweis .......................................................................................................................5 Beispielaufgabe..........................................................................................................5 In- und Umkreis..............................................................................................................6 Umkreis......................................................................................................................6 Inkreis.........................................................................................................................6 Fazit............................................................................................................................6 4 Wichtige Sätze der Schulgeometrie..................................................................................7 Kongruenzsatz SsW und nicht sSw.................................................................................7 Kreisgleichung................................................................................................................7 Satz des Thales................................................................................................................7 5 Thesen...............................................................................................................................9 1. Der geometrische Ort ist unnütz, da er intuitiv erfasst wird.......................................9 2. Der g.O. gehört in Klasse 12.......................................................................................9 3. Der g.O. hat keine nutzbringende Anwendung im Dreidimensionalen....................10 6 Literaturverzeichnis........................................................................................................10 2 von 10 1 Einleitung Das Konzept des geometrischen Ortes (abgekürzt „g.O.“), ist in der Schule ein selten behandeltes Thema. Zuerst werden wir den geometrischen Ort allgemein definieren und anhand von einfachen geometrischen Beispielen verdeutlichen. Danach stellen wir eine Anwendungsaufgabe vor, betrachten den geometrischen Ort eingehend am In- und Umkreis sowie bei wichtigen Sätzen der Schulgeometrie. Abschließend diskutieren wir drei von uns aufgestellte Thesen zum geometrischen Ort ausführlich. 2 Allgemeine Definition Die Menge aller Punkte, die eine Bedingung B erfüllen, heißt geometrischer Ort zur Bedingung B. [1] 3 Beispiele Um diese Definition zu verdeutlichen, werden wir nun ein paar explizite Beispiele vorstellen. Kreis: Der geometrische Ort aller Punkte, die von einem festen Punkt einen bestimmten Abstand haben, ist der Kreis um den gegeben Punkt mit dem gegeben Abstand als Länge des Radius. K M , r :={P∣MP =r } 3 von 10 Parallelenpaar: Der geometrische Ort aller Punkte, die von einer festen Geraden m einen vorgegeben Abstand a haben, ist das Parallelenpaar zur gegebenen Gerade im gegebenen Abstand. g Paar ={P∣d P , m=a} Winkelhalbierende: Der geometrische Ort aller Punkte, die von zwei einander schneidenden Geraden g1,g2 den gleichen Abstand haben, sind die Winkelhalbierenden der durch die gegebenen festen Geraden gebildeten Winkel. w 1,2={P∣d P , g 1=d P , g 2} [2] Mittelsenkrechte: Der geometrische Ort aller Punkte, die von zwei festen Punkten A,B den gleichen Abstand haben, ist die Mittelsenkrechte der Verbindungsstrecke der beiden gegebenen Punkte. m AB={P∣ AS=BS } 4 von 10 Ausführlicher formuliert heißt das: 1) jeder Punkt, der von A und B gleich weit entfernt ist, liegt auf der Mittelsenkrechten von A und B und 2) jeder Punkt, der auf der Mittelsenkrechten mAB liegt, ist von den zwei Punkten A und B gleich weit entfernt. Beweis Zu 1.) Voraussetzung: SA=SB Behauptung: Der Punkt S liegt auf mAB Beweis: Nach Voraussetzung ist Dreieck SBA gleichschenklig, S ist die Spitze. Deshalb liegt S auf der Symmetrieachse des Dreiecks SBA, das ist die Mittelsenkrechte mAB. q.e.d. Zu 2) Voraussetzung: Der Punkt S liegt auf mAB Behauptung: SA=SB MA=MB Beweis: MS =MS ∢BMS =∢SMA → BSM ≃ ASM (SWS) → SA=SB q.e.d. Beispielaufgabe Nachfolgend zeigen wir eine Möglichkeit, die Verknüpfbarkeit der Bedingungen für den geometrischen Ort darzustellen. Hierzu gibt man folgende Punkte und Bedingungen vor: Punkte (im kartesischen Koordinatensystem): A(4,4) ; B(3,5) ; C(5,5) ; D(4,0) Bedingungen: Lösungsbild: B1={P∣PB=0,5 cm} B2 ={P∣PA=3 cm} B3={P∣PC =0,5cm} B1={P∣PA=2 cm∧P∣ PD≤3 cm} 5 von 10 In- und Umkreis Sollen nun besondere Linien und Kreise im Dreieck betrachten werden, so kann dies mit Hilfe des geometrische Orts wesentlich anschaulicher erfolgen, denn die Frage nach besonderen Punkten im Dreieck lässt sich einfach auf die zu erfüllenden Bedingungen zurückführen. Also geht man der Frage nach „Welche Bedingungen muss der gesuchte Punkt/Kreis erfüllen?“ Umkreis Betrachtet man mit Hilfe des geometrischen Orts den Umkreis eines Dreiecks, so sucht man nach dem Punkt, welcher zu den 3 Eckpunkten des Dreiecks denselben Abstand hat. Die Menge aller Punkte, die zu zwei Punkten denselben Abstand hat, ist die Mittelsenkrechte. Hier lässt sich die Bedingung des dritten Punktes anknüpfen, woraus man folgern kann, dass der Mittelpunkt des Umkreises durch den Schnittpunkt der Mittelsenkrechten der Eckpunkte bestimmt wird. Inkreis Hier sucht man nun den größtmöglichen Kreis der innerhalb eines Dreiecks liegt. In Bedingungen ausgedrückt, ist es also der Kreis, der jede Seite als Tangente hat und dessen Mittelpunkt zu allen Seiten gleich weit entfernt ist. Das lässt sich nun sehr verständlich und anschaulich auf den Schnittpunkt der Winkelhalbierenden zurückführen. Fazit Generell ist es mit Hilfe des geometrischen Orts langfristig effektiver, sich die Bedingungen für spezielle Punkte und Kreise im Dreieck zu merken. Es wird nicht mehr auswendig gelernt, welcher Schnittpunkt der ausgezeichneten Geraden welchen Kreismittelpunkt definiert, sondern man überlegt sich einfach die Bedingungen, die die gesuchte Figur erfüllen soll. 6 von 10 4 Wichtige Sätze der Schulgeometrie Kongruenzsatz SsW und nicht sSw Im Schulalltag wird häufiger die Frage gestellt, warum es den Kongruenzsatz SsW gibt und sSw nicht. Diese lässt sich mit Hilfe des geometrischen Orts einfach und präzise beantworten. Der Kongruenzsatz SsW bedeutet, dass zwei Dreiecke kongruent sind, wenn sie in zwei Seiten und dem der größeren Seite gegenüberliegendem Winkel übereinstimmen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es nur einen geometrischen Ort gibt, der diese Bedingungen erfüllt, nämlich die Bedingung des Abstandes (durch den roten Kreis verdeutlicht) und des Winkels (rote Linie). Zeichnen wir nun einmal für den sSw Satz die Bedingungen, so erkennen wir, dass es eine Punktmenge gibt, welche aus 2 Punkten besteht, die die geforderten Bedingungen erfüllt, somit ist eine eindeutige Zuordnung nicht mehr gegeben. Kreisgleichung Über die Begriffsbildung des Kreises mit Hilfe des geometrische Ortes lässt sich auch später die Kreisgleichung leichter herleiten und verständlich machen. Wir haben oben definiert, dass die Menge aller Punkte, die zu einem festen Punkt M den Abstand r haben, einen Kreis bilden. Bei Betrachtung am Einheitskreis lässt sich nun mit Hilfe des Satzes von Pythagoras die allgemeine Kreisgleichung leicht herleiten. Satz des Thales „Konstruiert man ein Dreieck aus den beiden Endpunkten des Durchmessers eines Kreises und einem weiteren nicht identischen Punkt des Kreises, so erhält man immer ein rechtwinkliges Dreieck.“ 7 von 10 Nun zerlegen wir diese Aussage mit Hilfe des geometrischen Ortes einmal in beide Richtungen. → 1) Die Menge aller Punkte C, die auf dem Kreis liegen, wo A und B die Endpunkte eines Durchmessers des Kreises sind, bilden mit A und B ein rechtwinkliges Dreieck. ← 2) Die Menge aller Punkte, die mit den Punkten A und B, ein rechtwinkliges Dreieck bilden, liegen auf einem Kreis, wo A und B die Endpunkte eines Durchmessers sind. Häufig ist die erste Richtung sofort ersichtlich und verständlich, da sie auf diesem Weg im Allgemeinen gelehrt wird. Die 2. Richtung erschloss sich uns auch erst bewusst, als wir uns mit dem Thema des g.O. beschäftigten. Da durch das Verständnis des geometrischen Ortes nun die Voraussetzungen und Bedingungen leicht getauscht werden können, wird auch sofort klar, dass die zweite Richtung auch schon aus der Aussage ablesbar wird. 8 von 10 5 Thesen 1. Der geometrische Ort ist unnütz, da er intuitiv erfasst wird. Hier gab es eine kontroverse Diskussion mit verschiedenen Argumenten. Zum einen wird der g.O. von den meisten Schülern intuitiv erfasst, es ist jedoch nützlich ihm einen Namen zu geben, da dadurch viele Eigenschaften zusammenfassbar werden. Die Ausdrücke werden kleiner. Besonders bei den Winkelhalbierenden ist das schön zu sehen, ihre Eigenschaften werden mit dem g.O. deutlich sichtbar. Es ist jedoch in jedem Fall wichtig, dass das Verständnis genau dafür erzeugt wird, eine reine Begriffsbildung allein reicht nicht. Durch die Thematisierung des g.O. agieren wir als Lehrkräfte Verständnis orientierter anstatt reine Algorithmen zu vermitteln. 2. Der g.O. gehört in Klasse 12. Der g.O. sollte früher thematisiert werden. Dabei brauchen wir keine Angst vor der Einführung des Begriffs haben. Wir können ruhig beide Arten der Definition einführen und detailliert auf die Unterscheidungen eingehen und beim nächsten Mal zur Zuordnung zu den beiden Typen auffordern. Es wurde auch die Richtung vertreten, dass die Thematisierung vor Klasse 12 ohne Probleme erfolgen kann, eine Namensgebung jedoch sich nach der Klasse und dem Schultyp richten sollte. 9 von 10 3. Der g.O. hat keine nutzbringende Anwendung im Dreidimensionalen Die Definition des geometrischen Orts ist nicht auf den R2 beschränkt. Eine Kugel im R3 ist mit dem geometrischen Ort genauso schön wie ein Kreis im R2 zu definieren. Auch wenn eine graphische Darstellung nicht unbedingt möglich ist, so fördert das Nachdenken über den geometrischen Ort im R3 jedoch die Vorstellungskraft und ist wunderbar geeignet für Gedankenexperimente. Damit hat der geometrischen Ort auf jeden Fall nicht von der Hand zu weisende nutzbringende Anwendungen im dreidimensionalen Raum. 6 Literaturverzeichnis [1] Barth, F u.a.: Anschauliche Geometrie 8. München: Ehrenwirth, 1996 [2] Gottwald, Siegfried: Meyers Kleine Enzyklopädie Mathematik. Mannheim; Leipzig; Wien; Zürich: Meyers Lexikonverlag, 1995 10 von 10