BASEL/ Theater Basel: DIE TOTE STADT von Erich Wolfgang

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22.12.2016
BASEL/ Theater Basel: DIE TOTE STADT von Erich Wolfgang Korngold | Online Merker
BASEL/ Theater Basel: DIE TOTE
STADT von Erich Wolfgang
Korngold
by ac | 20. Dezember 2016 16:43
Großer Publikumserfolg in Basel: „Die tote Stadt“ von Erich Wolfgang Korngold (Letzte Vorstellung:
19. 12. 2016)
Helena Juntunen als Marietta und Rolf Romei als Paul (Copyright Sandra Then)
Mit Erich Wolfgang Korngolds Meisterwerk „Die tote Stadt“ erzielte das Theater Basel einen großen
Publikumserfolg, den man auch in der letzten Vorstellung dieser Produktion am 19. Dezember 2016 spüren
konnte. Der Komponist war 19 Jahre alt, als er 1916 begann, seine erste Oper zu schreiben, die ihn
weltberühmt machen sollte. Es bedeutete für ihn den entscheidenden Schritt aus dem Wiener Wunderkind­
Status – er hatte bereits als 11­Jähriger mit der Komposition seines pantomimischen Balletts Der
Schneemann für Aufsehen gesorgt – in den eines musikalischen Genies. Das Libretto nach dem Roman
„Bruges­la­Morte“ von Georges Rodenbach verfasste sein Vater Julius Korngold unter dem Pseudonym
Paul Schott, was erst 1957 öffentlich bekannt wurde.
Die Uraufführung der dreiaktigen Oper Die tote Stadt, die ursprünglich Der Triumph des Lebens heißen
sollte, fand am 4. Dezember 1920 sowohl in Hamburg wie auch in Köln statt. Ein Jahr später erlebte die
Oper ihre Wiener Erstaufführung, die zu einem Sensationserfolg führte. Bis in die 1950er Jahre wurde sie an
mehr als 80 Bühnen nachgespielt und war1921 die erste deutschsprachige Oper, die nach dem Ersten
Weltkrieg an der Metropolitan Opera in New York aufgeführt wurde. Danach geriet sie längere Zeit in
Vergessenheit. In den letzten Jahren jedoch stand sie wieder auf den Spielplänen vieler Opernhäuser Europas,
wie zuletzt in Wien, Graz, Innsbruck, Zürich, Frankfurt / M., Chemnitz, Magdeburg, Kassel, um nur einige
zu nennen.
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Neben dem Schlafzimmer die der toten Marie geweihte Kammer, in der Paul Marietta die Fotos zeigt
(Copyright Sandra Then)
Der in Basel geborene australische Regisseur Simon Stone lässt die Oper in der Jetztzeit spielen. In einem
im Programmheft abgedruckten Interview erläutert er seine Gedanken dazu: „Die Idee wurde vor langer Zeit
erfunden, aber die Geschichte findet im Jetzt statt. Je zeitgemäßer eine Inszenierung ist, desto deutlicher
unterstreicht man das Moment der Historie, das die Musik mit sich trägt. Wenn sich die Inszenierung
hingegen nicht verorten lassen will und irgendwo zwischen den Zeiten larviert, finden diese Spannung und
dieses Fest der Musikgeschichte nicht statt.“ Dazu ein Zitat des Dirigenten Erik Nielsen: „Diese Oper ist
auf eine ganz besondere Art immer gegenwärtig, im Jetzt verhaftet.“
Dem Regisseur gelang eine packende Inszenierung zwischen Traum und Wirklichkeit, die das Publikum bis
zur letzten Szene in Bann hielt. Mit verantwortlich hiefür das Bühnenbild, das ein großes Haus mit vielen
Zimmern zeigte und durch die Drehbühne stets neue, oftmals verblüffende Einblicke vermittelte wie in den
kleinen Raum, den Paul als Altar für seine tote Marie eingerichtet hatte (Bühne: Ralph Myers). Die
Kostüme, die der heutigen Zeit entsprachen, entwarf Mel Page. Leider nahm sie keinerlei Rücksicht auf die
gesungenen Texte („die schimmernden weißen Kleidchen der Mädchen“ waren bunte, farbenprächtige
Gewänder). Dafür war Marietta sportlich mit Turnschuhen gekleidet, was allerdings gut zu ihrem Rad passte,
auf dem sie des Öfteren auf der Bühne kurvte. Die Szene mit Mariettas Theatertruppe war außerordentlich erotisch gestaltet, wobei Fritz Marietta auf einem
Einkaufswagen über die Bühne schiebt, während er seine Arie „Mein Sehnen, mein Wähnen“ singt. Dass
dabei manches an Stimmung verlorengeht, war klar. Die Auferstehungsszene aus Meyerbeers „Robert le
diable“ wurde zu einem Kinderspektakel, das Paul an den Rand der Verzweiflung trieb. Tröstlich war, dass
das „glückliche“ Ende der Oper nicht geändert wurde, wie es in anderen Produktionen dieser Oper schon
geschehen ist.
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Auf der Drehbühne war ein Haus mit vielen Zimmern aufgebaut, in der Mitte Paul mit seiner Haushälterin
Brigitta (Copyright Sandra Then)
Der lyrische Schweizer Tenor Rolf Romei meisterte die schwierige Rolle des Paul sowohl stimmlich wie
darstellerisch sehr ansehnlich. Das Zwanghafte seiner Träume brachte er genauso gut zum Ausdruck wie die
glücklichen Momente seiner Wirklichkeit, in der er Marietta sinnlich begehrt. Ein Glücksfall für diese
Inszenierung war die jung und sportlich wirkende finnische Sopranistin Helena Juntunen in der Rolle der
Marietta und der toten Marie. Sowohl auf dem Fahrrad wie als Tänzerin der Theatertruppe war sie exzellent,
außerdem hatte sie in vielen Szenen jene erotische Ausstrahlung, die sie für ihre Rolle benötigte. Berührend
ihre Auftritte als vom Tod gezeichnete Marie in den Traumsequenzen.
Der Dresdner Bariton Sebastian Wartig hatte die Doppelrolle Frank und Fritz zu bewältigen. Als guter
Freund Frank gelang es ihm, Paul beizustehen und zu besänftigen, als Fritz hatte er als unglücklich verliebter
Pierrot der Theatergruppe den „letzten Gassenhauer der Opernliteratur“, wie man oft die Arie „Mein
Sehnen, mein Wähnen“ nennt, zu singen. Er tat es mit Inbrunst und dem nötigen Schmelz.
In Mariettas Theatertruppe waren neben Fritz noch der deutsche Tenor Karl­Heinz Brandt als Victorin, der
kanadische Tenor Nathan Haller als Graf Albert sowie die koreanische Sopranistin Ye Eun Choi als Juliette
und die in Deutschland geborene Mezzosopranistin Sofia Pavone als Lucienne. Sie alle spielten ihre Rollen
mit sichtlicher Begeisterung, wobei die beiden attraktiven Sängerinnen durch ihr leidenschaftliches Spiel in
den erotischen Szenen besonders gefielen. Als Haushälterin Brigitte bot die Schweizer Mezzosopranistin Eve­Maud Hubeaux eine souveräne
Leistung. Trotz zurückhaltendem Spiel verstand sie es, ihre Liebe zu Paul nicht zu verheimlichen. Die
Knaben­ und Mädchenkantorei Basel war sing­ und spielfreudig und tobte in Scharen lautstark durch Pauls
Haus, wobei sie nicht nur Paul nervten.
Das Sinfonieorchester Basel brachte unter der Leitung des in den USA geborenen Dirigenten Erik Nielsen
die prachtvolle Partitur des Komponisten, dessen Musik sich wie ein Sog in die Herzen des Publikums
drängt, in allen Nuancen zum Klingen. Noch ein Zitat des Dirigenten: „Was er bei diesem Stück geleistet hat,
zeigt Korngolds Genie.“ Das restlos begeisterte Publikum stimmte am Schluss in einen Jubelchor für die beiden Hauptdarsteller Rolf
Romei und Helena Juntunen ein, in den sich auch viele „Bravi“­Rufe mischten, und zollte allen
Mitwirkenden verdientermaßen einen minutenlangen, nicht enden wollenden Beifall.
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