18 akademie Zoonosen III Die Katzenkratzkrankheit Geschwollene Lymphknoten und grippeähnliche Symptome können ihre Ursache manchmal in Bissen und Kratzern von Hauskatzen haben. Epidemiologie. Der Erreger der Katzenkratzkrankheit Bartonella henselae ist ein kleines, gramnegatives Stäbchenbakterium das zum Genus Bartonella gehört. Bartonellen können bei Mensch und Tier eine Vielzahl unterschiedlicher Erkrankungen hervorrufen. Unter anderem werden das (nur in den südamerikanischen Anden-Staaten vorkommende) Oroyafieber und die Verruga peruana durch Bartonellen verursacht. Die bazilläre Angiomatose einschließlich anhaltender Bakteriämien, Endocarditis und neurologischer Krankheitsbilder kommt dagegen insbesondere bei HIV-Patienten vor. Erreger. Von den Bartonellen sind inzwischen etwa 80 Spezies bekannt. Mikroskopisch betrachtet handelt es sich um zarte, leicht gebogene, sehr kleine, Oxidase negative und aerob wachsende anspruchsvolle Stäbchenbakterien, die in zehn Prozent Kohlendioxid enthaltender feuchter Atmosphäre nach längerer Bebrütungszeig (9 bis 40 Tage) kultiviert werden können. Einige wenige Arten sind begeißelt, viele tragen aber Pili, die eine intrazelluläre Aufnahme der Bartonellen in Erythrozyten und Endothelzellen vermitteln. Es kann heute als gesichert angesehen werden, dass B. henselae der Haupterreger der Katzenkratzkrankheit ist. Lediglich vereinzelt wurden identische Krankheitsbilder mit Nachweis von Afipia felis und B. clarridgeiae beobachtet. Risiko Kratz- und Bissverletzungen Das Klinische Bild der Katzenkratzkrankheit kommt nur beim Menschen vor, hier vor allem bei Kindern und Jugendlichen. Die Katzenkratzkrankheit kann sowohl einzelne Personen befallen, es können aber auch kleinere Epidemien vor allem in Familienverbänden beobachtet werden. 1_2010 Das Reservoir/der Hauptwirt von B. henselae sind Hauskatzen, die selbst nicht erkranken, aber eine länger anhaltende Bakteriämie aufweisen. Die Flöhe (Ctenocephalides felis) infizierter Katzen sind meist ebenfalls befallen, wobei der Floh wahrscheinlich nur als Vektor bei der Übertragung von Katze zu Katze dient, also die wirtsspezifische Übertragung sicherstellt. Als ein Infektionsweg wird vermutet, dass der trockene, erregerhaltige Kot der Katzenflöhe über Kratz- und Bissverletzungen in das subkutane menschliche Gewebe eindringt. So werden von der überwiegenden Zahl der Patienten Kratz- und Bissverletzungen vor allem durch junge Katzen, selten dagegen durch Hunde, angegeben. Klinik. Nach einer Inkubationszeit von ein bis zwei Wochen tritt eine subakute regionäre Lymphadenitis auf, bei der es in bis zu 15 Prozent der Fälle zu einer eitrigen Einschmelzung eines oder mehrerer Lymphknoten kommt. Der Hauptmanifestationsort sind die axillären, zervikalen oder die inguinalen Lymphknoten. Die Lymphknoten können mehrere Wochen vergrößert persistieren, in seltenen Fällen tritt eine generalisierte Lymphadenopathie auf. An der Eintrittspforte der Infektion kommt es nahezu immer zu einer Primärläsion in Form einer erythematösen Papel. Daneben werden Fieber, Schüttelfrost, Anorexie, Unwohlsein und manchmal auch ein generealisiertes Exanthem als seltenere Befunde beobachtet. Selten gibt es schwerere Verläufe wie z. B. ein Parinaud' sches okuloglanduläres Syndrom. Weiterhin werden in Einzelfällen (zirka zwei Prozent) eine Enzephalopathie, lang anhaltendes Fieber, Koma, Krämpfe und Erblindung infolge einer Neuritis des N. optici gesehen. Noch Fotos: Kalfar, Niza (Fotolia) 19 seltener (zirka 0,3 Prozent) sind eine granulomatöse Hepatitis, Arthralgien und Arthritis, Osteomyelitis und Pneumonien beschrieben worden. Im Allgemeinen ist die Prognose aber gut. Als Mittel der Wahl wird dann auch bei Immungeschwächten und schweren Verläufen eine Behandlung mit Azithromycin 1x500mg am 1. Tag und 1x250mg vom 2. – 5. Tag oral empfohlen. Antibiose im Einzelfall Seltene Komplikationen Klinische Diagnose. Die Diagnose erfolgt aufgrund klinischer Bilder nach folgenden Kriterien: • Das Vorliegen einer regionären Lymphadenopathie, bei der spezifische Infektionserreger wie Tuberkulose und Toxoplasmose sowie ein Lymphom ausgeschlossen wurden. • Anamnese: Kontakt mit Tieren, besonders mit Katzen oder Hunden. • Nachweis einer primären Hautläsion, eines Kratzers oder einer primären Konjunktivitis. Häufig kann drei bis 30 Tage nach Katzenkontakt eine nicht juckende persistierende rote Papel von etwa fünf mm Durchmesser nachgewiesen werden. Hiernach muss bei der körperlichen Untersuchung genau gefahndet werden. Labordiagnostik: • Nachweis des Erregers durch Anzüchtung • Nachweis von Antikörpern gegen Bartonellen (IFT, Elisa) • Molekularbiologischer Nachweis des Erregers mittels PCR • Histologie: Nachweis von multiplen Abszessen in den befallenen Lymphknoten mit nekrotischen Zentren, die von Epitheloidzellen und Eosinophilen und gelegentlich Riesenzellen umgeben sind. In der Differenzialdiagnose kommen alle Krankheiten, die mit Lymphknotenbeteiligung einhergehen in Betracht, z. B. Mononucleosis infectiosa, mykobakterielle Infektionen, Lymphogranuloma venereum, Syphilis, M. Hodgkin, Lymphome und andere Tumore, Tularämie, Brucellose, Toxoplasmose und Histoplasmose. Therapie. Die Katzenkratzkrankheit zeigt in der Regel einen gutartigen, selbstlimitierenden Verlauf. Sie bedarf deshalb nicht zwingend einer antimikrobiellen Behandlung. Eine symptomatische Behandlung mit Analgetika und Antibiotika etc. reicht in der Regel aus. Persistierende Primärläsionen werden mit warmen feuchten Umschlägen behandelt. Die Abheilung erfolgt meisten innerhalb von zwei bis drei Monaten. Vereiterte Lymphknoten müssen gegebenenfalls inzidiert oder punktiert werden, auch um Material für die histologische Untersuchung und für den Erregernachweis zu gewinnen. Über eine Antibiose sollte nach Situation und klinischem Bild für jeden Einzelfall entschieden werden. Weitere Infektionen. Bei immunkompetenten Menschen können Bartonellen, v.a. B. henselae, in seltenen Fällen persistieren oder intermittierendes Fieber auslösen, ohne dass sich lokale klinische Symptome finden. Als seltene Komplikationen werden eine Endokarditis oder auch Meningitis beobachtet. Bakteriämien mit Bartonellen können asymptomatisch lange Zeit persistieren. Bei Patienten mit Immundefekten beginnt die Bartenollose oft symptomarm und schleichend und äußert sich eher in einem allgemeinen Krankheitsgefühl, wie bei einem grippalen Infekt. Begleitender Gewichtsverlust, Hepatomegalie, rezidivierende Fieberschübe mit länger andauernder Kontinua werden beobachtet. Als auslösende Ursache Hauskatzen erkranken selbst nicht an Bartonella henselae, weisen aber eine werden auch andere Spezies als länger anhaltende Bakteriämie auf. B. henselae nachgewiesen. Ebenfalls bei immungeschwächten Patienten, insbesondere bei HIV Patienten im Spätstadium, induziert B. henselae Gefäßneubildungen in der Haut, in Lymphknoten und inneren Organen wie Leber, Milz, Lunge, Gehirn, Knochen und Darm. Die Läsionen können ulzerieren und serös oder blutig sezernieren und verkrusten. Die regionären Lymphknoten sind meist vergrößert. Ähnliche Veränderungen findet man auch an den Schleimhäuten und dem tieferen Weichgewebe. Die sogenannte viscerale Angiomatose äußert sich uncharakteristisch mit Fieber, Lymphadenopathie, Anämie, Hepato- und Splenomegalie. Therapie: Doxycyclin 100 mg/die, Ciprofloxacin 2x500-750 mg/die oder Azithromycin 250 mg/die. Kontakt Prof. Dr. med Holger Blenk synlab Nürnberg/EuromedClinic Fürth Telefon: 09 11 – 9 71 44 35 E-Mail: [email protected] 1_2010