Personalisierte Medizin Möglichkeiten und Herausforderungen Walter Krugluger SMZO/Donauspital Genetik und Arzneimittel Individualisierte Medizin Informationen über Genotypen oder das zelluläre GenExpressionsprofil werden als Grundlage für medizinische Entscheidungen (bei Individuen mit gleichem genetischen Profil) verwendet. Personalisierte Medizin Informationen über den individuellen Genotyp oder das zelluläre GenExpressionsprofil eines Patienten werden als Grundlage für medizinische Entscheidungen verwendet. Genetik und Arzneimittel Genetik und Arzneimittel Desoxyribonucleinsäure (DNA) und Gene • DNA: Träger der Information für die Synthese von Proteinen. • Gen: Definierter Abschnitt auf der DNA, der die Information über die Anordnung von Aminosäuren eines Proteinmoleküls enthält. Ein Gen besteht aus kodierenden Elementen (EXON) und nicht kodierenden Elementen (INTRON, untranslated Elements) • Humane DNA enthält circa 3 Milliarden Nukleotide und 25.000 – 30.000 Gene. • Anteil der Nukleotide von Genen an der Gesamtnukleotidzahl der menschlichen DNA: weniger als 5%. • Jede menschliche Zelle (ausgenommen Ei, Samenzelle und Erythrozyten) enthält die gesamte genetische Information eine Individuums. Genetik und Arzneimittel Der genetische Code Genetik und Arzneimittel Die Nutzung der genetischen Information Genetik und Arzneimittel Intrazelluläre Weitergabe veränderter genetischer Information C C G Ser C Genetik und Arzneimittel Homozygote versus heterozygote Träger der Information • Homozygot: Vorkommen der gleichen genetischen Information auf beiden Genkopien (väterliches und mütterliches Allel) • Heterozygot: unterschiedliche genetische Information auf väterlicher und mütterlicher Genkopie Genetik und Arzneimittel Genotyp – Phänotyp Assoziation Genetik und Arzneimittel Keimlinien versus somatische Mutationen Genetik und Arzneimittel Susceptibility Genes Genetik und Arzneimittel Die Ursache genetischer Heterogenität: Single Nukleotid Polymorphismen (SNP) • • • • • • • • Einzelner Basenaustausch in der Erbsubstanz (DNA) Einfachste Form eines genetischen Polymorphismus 90% aller menschlichen Polymorphismen in der DNA Etwa 0.5-10 pro 1000 Basenpaare Ungleich in der menschlichen DNA verteilt >30.000.000 SNPs bekannt Ca. 1-3 Mio intraindividuelle Unterschiede SNP in Protein-kodierenden Regionen der DNA kann: Still (kein Aminosäurenaustausch) oder Variant (Aminosäurenaustausch) sein. Genetik und Arzneimittel Genetik und Arzneimittel Individualisierte Medizin - Pharmakogenomics • Individualisierte Medizin: Abstimmung der Therapie auf individuelle, genetische Eigenschaften des Patienten • Pharmakogenomics: Analyse der Wirksamkeit von Medikamenten bei bestimmten genetischen Voraussetzungen eines Individuums und Abstimmung der Medikation auf individuelle genetische Eigenschaften - 1. Somatische genetische Eigenschaften – Tumortherapie - 2. Keimlinien Eigenschaften - Pharmakogenomics Genetik und Arzneimittel Molekularbiologie in Medizin • Diagnostische Molekularbiologie Zytogenetik DNA: SNPs, Deletionen, Insertionen RNA: Nachweis und Quantifizierung • Prädiktive molekularbiologische Untersuchungen DNA: SNPs, Mutationen (Prädisposition, Pharmakogenomic) • Funktionelle (therapeutische) Molekularbiologie Beeinflussung der Transkription/Translation Genetik und Arzneimittel Individualisierte – personalisierte Medizin Genetik und Arzneimittel Gentechnikgesetz (1994) • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • I. ABSCHNITT-Allgemeine Bestimmungen (§§ 1-4) II. ABSCHNITT-Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen in geschlossenen Systemen (§§ 5-35) III. ABSCHNITT-Freisetzen von GVO und Inverkehrbringen von Erzeug... (§§ 36-63) IV. ABSCHNITT-Genetische Analysen und Gentherapie am Menschen (§§ 64-79) IVa. Abschnitt-Zivilrechtliche Haftung (§§ 79a-79m) V. ABSCHNITT-Gentechnikkommission und Gentechnikbuch (§§ 80-99) VI. ABSCHNITT-Behördenzuständigkeit, Kontrollen (§§ 100-101e) VII. ABSCHNITT-Sicherheitsforschung (§ 102) VIII. ABSCHNITT-Vorläufige Zwangsmaßnahmen (§ 103) IX. ABSCHNITT-Erlöschen der Berechtigung (§ 104) X. ABSCHNITT-Vertraulichkeit von Daten und Datenverkehr (§§ 105-106) XI. ABSCHNITT-Internationaler Informationsaustausch (§ 107) XII. ABSCHNITT-Übergangs-, Straf- und Schlußbestimmungen (§§ 108-112) Artikel II. Haftung für land- und forstwirtschaftliche Naturprodu... Artikel III. Inkrafttreten Anlage 1 Anlage 2. Anlage 4. Artikel II. (Anm.: Zu den §§ 43, 79a bis 79j, 81, 85, 87, 89, 101... Artikel II. Schluss- und Übergangsbestimmungen (Anm.: Zu den §§ 1... Artikel 3. (Anm.: Zu den §§ 2, 3, 4, 35, 37, 38, 39, 40, 41, 42, ... Gentechnikgesetz (GTG) Fundstelle Genetik und Arzneimittel Gentechnische Analysen am Menschen • § 65. GTG Genetische Analysen am Menschen zu medizinischen Zwecken (1) Genetische Analysen am Menschen zu medizinischen Zwecken dürfen nur nach dem Stand von Wissenschaft und Technik durchgeführt werden. Sie werden in vier Typen unterschieden: 1.Typ 1 dient der Feststellung einer bestehenden Erkrankung, der Vorbereitung einer Therapie oder Kontrolle eines Therapieverlaufs und basiert auf Aussagen über konkrete somatische Veränderung von Anzahl, Struktur, Sequenz oder deren konkrete chemische Modifikationen von Chromosomen, Genen oder DNA-Abschnitten 2.Typ 2 dient der Feststellung einer bestehenden Erkrankung, welche auf einer Keimbahnmutation beruht 3.Typ 3 dient der Feststellung einer Prädisposition für eine Krankheit, insbesondere der Veranlagung für eine möglicherweise zukünftig ausbrechende genetisch bedingte Erkrankung oder Feststellung eines Überträgerstatus, für welche nach dem Stand von Wissenschaft und Technik Prophylaxe oder Therapie möglich sind 4.Typ 4 dient der Feststellung einer Prädisposition für eine Krankheit, insbesondere der Veranlagung für eine möglicherweise zukünftig ausbrechende genetisch bedingte Erkrankung oder Feststellung eines Überträgerstatus, für welche nach dem Stand von Wissenschaft und Technik keine Prophylaxe oder Therapie möglich sind. (2) Verwandtenuntersuchungen (§ 70) können Untersuchungen des Typs 2, 3 oder 4 sein. Genetik und Arzneimittel Analyse von Keimbahn DNA: • Analyse von Keimlinien Aberrationen: Genotyp - Phänotyp Assoziationsuntersuchungen (z.B.: Krankheitsassoziiert) Genotyp - Response Assoziationsuntersuchungen (z.B.: Pharmakogenomics) DNA RNA Genetik und Arzneimittel Protein Arten der Keimlinien Aberrationen • Chromosomale • Auf DNA Ebene: • Anzahl von Chromosomen (z.B.: Trisomie 21) Verlust oder Translokation von Chromosomenanteilen (z.B.: Deletion, Insertion, Duplikation) Polymorphismen (Frequenz in der Population >1%) Mutationen (Frequenz in der Bevölkerung <1%) Deletionen (Verlust von 1 bis mehrere tausend Nukleotiden) Insertionen Duplikationen Art der Beeinflussung durch DNA Polymorphismen und Mutationen Keine Aminosäureaustausch im kodierten Protein Transkriptionsstörung - Frameshift mutations, Initiator codon mutations, terminator codon mutations - RNA processing mutants, Polyadenylation site mutations Translationsstörung - Termination codon - Translation initiation codon (ATG) Genetik und Arzneimittel Typen von genetischen Untersuchungen an Keimlinien – DNA: • Analyse von Keimlinien Aberrationen: Klinisch stumm: z.B.: in Abschnitten nicht für Protein kodierender DNA. Variation: Änderung des Phänotyps ohne Auswirkung auf die Gesundheit (z.B.: Augenfarbe, Haarfarbe). Erkrankungsassoziiert (oder Prädisposition): z.B. Hämophilie A und B, Sichelzellanämie und Hämoglobinopathien oder BRCA1 und Rb Gen. Das Gentechnikgesetz mit den Typ 1-4 genetischen Analysen ist nur auf den letzten Punkt abgestimmt! Nicht erkrankunsassoziierte Veränderungen sind nur unter § 66. GTG zulässig. Genetik und Arzneimittel Verfahren zur Bestimmung genetischer Unterschiede • TaqMan Sonden • Reversed Dor Blot Allel A Allel B Genetik und Arzneimittel Next generation sequencing Genetik und Arzneimittel Typen von genetischen Untersuchungen: • Analyse von Keimlinien-SNPs: Gesund Erkrankung Single nucleotide polymorphism (SNP; Vorkommen >1% in der Bevölkerung) Mutation (Vorkommen <1% in der Bevölkerung) Humanes Genom besitzt circa 3 Millionen SNPs und Mutationen Verteilung im Genom: zufällig Können (müssen aber nicht) mit einer Erkrankung assoziiert sein Genetik und Arzneimittel Typen von genetischen Studien: • Analyse von Keimlinien SNPs: Genetik und Arzneimittel Neue Ansätze des genetischen Screenings Genetik und Arzneimittel Typen von genetischen Studien – „Human genome wide association studys“ Genetik und Arzneimittel Erkrankung - Prädisposition: • Analyse von Keimlinien-Polymorphismen: FV-Leiden Genetik und Arzneimittel Typen von genetischen Studien - Prädisposition: • Analyse von Keimlinienpolymorphismen: FV-Leiden Hopmeier P, Krugluger W. N Engl J Med, 1995 Genetik und Arzneimittel Pharmakologisch relevante Polymorphismen Cytochrome P450 Genetik und Arzneimittel Wichtige Enzyme des Arzneimittel- bzw. Fremdstoff-Stoffwechsels, mit einem erblichen Polymorphismus Phase I Enzym Funktionelle Bedeutung Häufigkeit homozygoter genetischer Varianten* Bedeutung u.a. für folgende Arzneistoffe Cytochrom P450 (CYP) 1A2 hohe Induzierbarkeit 46 % Clozapin, Imipramin, Koffein, Lidocain, Paracetamol, Theophyllin CYP2A6 reduzierte Aktivität 1% Fadrazol, Halothan, Losigamon, Nikotin, Tegafur CYP2B6 reduzierte Aktivität 2% Bupropion, Propofol CYP2C8 reduzierte Aktivität 1,7 % Carbamazepin, Cerivastatin, Paclitaxel, Pioglitazon, Rosiglitazon, Tolbutamid, Verapamil, Warfarin CYP2C9 reduzierte Aktivität 1–3 % Celecoxib, Clopidogrel, Diclofenac, Fluvastatin, Glibenclamid, Ibuprofen, Losartan, Phenprocoumon, Phenytoin, Piroxicam, Sildenafil, Tolbutamid, Torasemid, Warfarin CYP2C19 fehlende Aktivität 3% Diazepam, Lansoprazol, Omeprazol, Pantoprazol, Proguanil, Propranolol, Rabeprazol CYP2D6 fehlende Aktivität / extrem hohe Aktivität durch Genduplikation 7 % / 2–3 % Ajmalin, Amitriptylin, Carvedilol, Codein, Flecainid, Fluoxetin, Galanthamin, Haloperidol, Metoprolol, Mexiletin, Ondansetron, Propafenon, Tamoxifen, Timolol, Tropisetron CYP3A4, CYP3A5, CYP3A7 Aktivitätsabschwächung Expression von CYP3A7 beim Erwachsenen mehrere, teils seltene Mutationen Chinidin, Cyclosporin A, Cortisol, Dapson, Diltiazem, Erythromycin, Lidocain, Midazolam, Nifedipin, Paclitaxel, Sildenafil, Simvastatin, Tacrolimus, Triazolam, Verapamil, Zolpidem Flavinabhängige Monooxygenase 3 (FMO3) verminderte Aktivität 9% Perazin, Sulindac, Albendazol, Benzydamin Butyrylcholinesterase (BCHE) verminderte Aktivität 0,03 % Succinylcholin Dihydropyrimidindehydrogenase (DPYD) verminderte Aktivität Genetik und Arzneimittel <1% 5-Fluoruracil Individualisierte Medizin Informationen über den individuellen Genotyp oder das zelluläre GenExpressionsprofil eines Patienten werden als Grundlage für medizinische Entscheidungen verwendet. Genetik und Arzneimittel Keimlinien versus somatische Mutationen Genetik und Arzneimittel Individualisierte Medizin • Beispiele: Somatische Genabberationen (BCR-ABL, K-Ras, p53 usw) Monogene Erkrankungen (z.B.: Gerinnungsstörungen) Polygene Erkrankungen (z.B.: Adipositas, NIDDM) Pharmakogenomics Blutgruppenserologie Transplantation Grundlage: Unterschiede im Genom oder Transkriptom zwischen Geweben oder Individuen. Genetik und Arzneimittel Therapie Behandlungserfolg Monitoring Pharmakogenomic Prognose Diagnose Symptome Screening Prädisposition Genetik und Arzneimittel Subklinische Erkrankung Symptome Molekularbiologie und personalisierte Medizin Individualisierte Medizin Pharmakogenomics Genetik und Arzneimittel Dihydropyrimidine dehydrogenase und Knochenmarks-Toxizität Genetik und Arzneimittel Pharmacogenomics • 6-thiopurine methyltransferase (TPMT) Toxizität von Azathioprin • Dihydropyrimidine dehydrogenase (DPD) Toxizität von 5-FU • Cytochrom P450: CYP2D6, CYP2C9 Geänderte Pharmakokinetik vieler Arzneimittel Genetik und Arzneimittel DPD Defizienz und Toxizität (Xeloda) Normal DPC-Defizienz Genetik und Arzneimittel DPD Expression in Lebergewebe Filipski et al. AJPREG 2004 Genetik und Arzneimittel Colon CA und Chronotherapie Krugluger et al. Cancer Res. 2007 Genetik und Arzneimittel Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! Genetik und Arzneimittel