046-053__gerstengarbe.qxd 29.04.2010 10:18 Seite 46 forschung geographie FRIEDRICH-WILHELM GERSTENGARBE WILFRIED ENDLICHER Continents under Climate Change Von den Kipp-Prozessen im Erdsystem zum Dominoeffekt des Klimawandels Früher haben alle nur über das Wetter geredet, heute über das Klima. Dabei ist ver- wenigen bewusst, was man unter Klima überhaupt versteht und wie komplex schie- dieses als System ist. denen Teilsphä- 46 Klima als System ren des Klima- Alexander von Humboldt war der erste, der die viel- systems zu be- fältigen Zusammenhänge und Wechselwirkungen schreiben. Im Erd- erahnte, als er in seinem »Kosmos« definierte: zeitalter der Menschheit, »Der Ausdruck Klima bezeichnet in seinem allge- dem Anthropozän, gibt es in- meinsten Sinne alle Veränderungen in der Atmo- zwischen keine Zweifel mehr, dass sphäre, die unsre Organe merklich afficiren …« sicht- und messbare Veränderungen des Kli- (Humboldt 1845, S. 340). Und wenn man heute masystems, insbesondere des am besten bekann- Klima als ein System, bestehend aus Atmosphäre, ten Klimaelementes Temperatur, auf die menschli- Hydrosphäre, Kryosphäre, Lithosphäre und Bio- chen Eingriffe in das Klimasystem, insbesondere sphäre definiert, also nicht allein auf den Luftraum die Freisetzung von Treibhausgasen seit der Indu- beschränkt, erhält man vielleicht eine kleine Ah- strialisierung, zurückgehen. Der UN-Gipfel 1992 nung von den Schwierigkeiten, denen die Klima- in Rio de Janeiro, auf dem die UN-Konvention zum forschung unterworfen ist. Seit wenigen Jahrzehn- Schutz des Klimas verabschiedet wurde, und das ten stehen nunmehr die bereits von Alexander von Protokoll von Kioto 1997, auf dem erste Maßnah- Humboldt angesprochenen Veränderungen des men verbindlich vereinbart wurden, hoben das derzeitigen Klimazustandes weltweit im Mittel- Problem auf die politische Ebene. Auch auf dem punkt des Interesses. Aus diesem Grund hat sich kürzlich zu Ende gegangenen 15. Vertragsstaaten- die Humboldt-Universität in ihrem 200. Grün- treffen in Kopenhagen 2009 wurde deutlich, dass dungsjahr entschlossen, einen internationalen der Klimawandel in allen Dimensionen der Kongress zum Wandel des Klimas in den verschie- Mensch-Umwelt-Beziehungen eine nicht mehr zu denen Erdgegenden auszurichten, die damit zu- vernachlässigende Größe ist. Die Klimaforschung sammenhängenden physikalischen Zusammen- hat dabei damit zu kämpfen, dass weltweite Mes- hänge zu diskutieren und die Folgen für die sungen erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts vorlie- humboldt-spektrum 1–2/2010 046-053__gerstengarbe.qxd 29.04.2010 10:18 Seite 47 forschung geographie hundert ist dabei bekannt, dass das CO2 zu den stark wirksamen Treibhausgasen zählt und mit 7.2 K nach dem unsichtbaren Wasser- dampf mit 20.2 K den zweithöchsten Anteil am natürlichen Treibhauseffekt hat. Damit lag die Schlussfolgerung nahe, dass sich der CO2-Anstieg auch im globalen Temperaturregime widerspiegeln müsse. Dies war tatsächlich der Fall, denn die Messungen bestätigten einen Anstieg der globalen Mitteltemperatur im letzten Jahrhundert um 0.6 K. Ist dies nun beunruhigend viel oder beruhigend wenig? Verändert sich das Klima dramatisch, oder sind es nur Fluktuationen, gen die im Rahmen des »Üblichen«, also innerhalb der des- natürlichen Variationen des Klimas liegen? Da das halb auf diesen Da- Klima eine komplexe Größe ist und nicht direkt ge- und ten beruhende, globale Klimaein- messen werden kann, können reale Klimaänderun- teilungen erst zu Anfang des 20. Jahrhunderts auf- gen auch nur durch eine komplexe Betrachtungs- gestellt werden konnten. weise nachgewiesen werden. Eine solche Größe ist Abb. 1 Collage zur Konferenz »Continents under Climate Change« (21.–23. April 2010) anlässlich des 200jährigen Jubiläums der HumboldtUniversität zu Berlin der Klimatyp (Köppen 1900). Die Erde besitzt eine Bereits eingetretene Veränderungen der Klimate Reihe von Klimatypen, von den Trockenklimaten der Erde der Wüsten über die tropischen Klimate bis hin zu Eine der am weitesten verbreiteten und auch noch den Eisklimaten. Jeder einzelne dieser Typen wird bis heute genutzten Einteilungen ist die von Wladi- nun nicht nur durch die Temperatur, sondern auch mir Köppen aus dem Jahr 1900 (Köppen, 1900). durch andere meteorologische Größen (wie z.B. Nie- Noch bis Mitte des letzten Jahrhunderts nahm man derschlag) und deren Verteilung im Jahr, durch die an, dass das Klima, bis auf die langzeitigen, durch Vegetation und die geographischen Gegebenheiten die Variation der Erdbahnparameter hervorgerufe- beschrieben. Die Klimatypen stellen also eine kom- nen Schwankungen zwischen Warm- und Kaltzei- plexe Ausdrucksform des Klimas dar. Eine Verände- ten, quasi-stationär ist. Ein Umdenken setzte erst rung im Klima liegt dann vor, wenn sich diese Kli- ein, als ein rapider Anstieg der CO2-Konzentration matypen verändern, d.h. sich auf dem Globus ver- in der Atmosphäre festgestellt wurde (von ~280 ppm schieben, vergrößern oder verkleinern, wenn also um 1900 auf aktuell 390 ppm). Seit über einem Jahr- ein Klimatyp in einen anderen übergeht. Solche Un- 1–2/2010 humboldt-spektrum 47 046-053__gerstengarbe.qxd 29.04.2010 10:18 Seite 48 geographie Abb. 2 Globale Klimaeinteilung 1901–2002 Tab. 1 Flächenhafte Veränderungen der Tundren- und Eisklimate sowie der Wüsten im 20. Jahrhundert tersuchungen wurden zum Beispiel mit der bereits teilen. Die mittlere Verteilung dieser Klimatypen für erwähnten Klimaklassifikation den Zeitraum 1901 bis 2002 ist in Abb. 2 dargestellt. durchgeführt (Rubel & Kottek 2010; Gerstengarbe & Berechnet man die Lage der Klimatypen für den Werner 2009; Fraedrich et al. 2001). Bei der Klima- Zeitraum 1988/2002 und vergleicht diese mit dem klassifikation nach Köppen handelt es sich um eine Gesamtzeitraum, bekommt man eine Aussage über subjektiv erstellte Einteilung, da anhand von deren Veränderungen. Diese Veränderungen sind Schwellenwerten, die subjektiv festgelegt werden, in Abb. 3 durch die rot gekennzeichneten Regionen die Klimatypen zu bestimmen sind. Um diesen sub- dokumentiert. Man erkennt sofort, dass bereits deut- jektiven Einfluss auszuschalten, wurde eine objekti- liche Verschiebungen der Klimaregionen auf allen ve Klimaklassifikation entwickelt (Gerstengarbe & Kontinenten zu beobachten sind. Tab. 1 gibt bei- Werner 1999), bei der mittels einer speziellen Clu- spielhaft die Veränderungen der Tundren- und Eis- steranalyse die Klimatypen definiert werden und da- klimate sowie der Wüsten nochmals in Zahlen wi- nach deren Schwellenwerte für die eingesetzten me- der. Danach haben sich die Tundren- und Eisgebie- teorologischen Größen festgelegt werden. Damit te in dem 15jährigen Zeitraum 1988/2002 gegenü- lassen sich die Kontinente in 32 Klimatypen unter- ber dem Gesamtzeitraum um 1.788.000 km² verrin- Köppen’schen gert, die Wüsten dagegen haben um 1.336.000 km² zugenommen. Das entspricht einer »Tagesleistung« in Sachen Klimagebietsverschiebungen von –326.6 km² bei den Tundren- und Eisklimaten bzw. +244.0 km² bei den Wüsten. Das heißt, dass im globalen Maßstab zur Zeit schon dramatische Klimaänderungen zu beobachten sind. Das Klima der Erde ist aber nicht nur, wie bereits erwähnt, ein sehr komplexes System, sondern reagiert auch schon auf relativ kleine Störungen außerordentlich sensitiv. Will man die Einflüsse des Menschen an den oben beschriebenen Veränderungen der Klimate quantifizieren, so ist man ei- 48 humboldt-spektrum 1–2/2010 046-053__gerstengarbe.qxd 29.04.2010 10:18 Seite 49 geographie Abb. 3 Globale Klimaeinteilung 1901–2002 Verschiebung der Klimatypen für den Zeitraum 1988–2002 bezogen auf den Gesamtzeitraum 1901–2002 ner weiteren Schwierigkeit ausgesetzt. Das Klima- duktion im globalen Maßstab ausgehen –, so ist mit system besitzt einerseits interne Variationen und einer globalen Temperaturzunahme über dem vor- reagiert schon auf relativ kleine Störungen. Ein industriellen Wert realistischer Weise von ≈ 3,5 °C Beispiel für diese interne Variabilität und der Kop- bis, pessimistischer Weise, von ≈ 7 °C auszugehen. pelung zwischen Hydrosphäre und Atmosphäre ist Von diesem Betrag haben wir erst ca. 0,6 bis 0,8 °C das in mehr oder weniger regelmäßigen Abstän- erreicht, weil das Klimasystem nur träge auf die den auftretende El Niño-Phänomen im Pazifik, bei Veränderungen der Treibhausgaskonzentration dem für einige Monate vor der südamerikanischen reagiert. Der politische Kompromiss einer erdsyste- Westküste kaltes Oberflächenwasser durch war- misch notwendigen Begrenzung der globalen Mit- mes ersetzt wird, was zu erheblichen Konsequen- teltemperatur auf 2 °C über dem vorindustriellen zen für die atmosphärische Zirkulation über dem Wert wurde von der Staatengemeinschaft in Kopen- Pazifik und sogenannten Telekonnektionen für das hagen lediglich »zur Kenntnis genommen.« globale Klima führt. Andererseits gibt es weitere natürliche, auf verschiedenen Zeitskalen wirkende Dabei gibt es verschiedene Regionen auf der Erde, Einflüsse auf das Klimasystem wie die Schwankun- bei denen das Ökosystem bei Überschreiten eines gen der Orbitalparameter unseres Planeten (geolo- bestimmten thermischen Kipp-Punktes in einen gisch-langfristig wirksam) und der Sonnenstrah- anderen, irreversiblen Zustand gerät (Lenton et al. lung, aber auch kurzzeitig (ein bis zwei Jahre) wir- 2008; Schellnhuber 2009). Diese »Tipping Points« kende Vulkanausbrüche. Dagegen kann die gegen- oder »Tipping Elements« besitzen eine unter- wärtige globale Erwärmung weitgehend auf schiedliche Sensitivität hinsichtlich der globalen menschliche Einflüsse zurückgeführt werden. Erwärmung bei gleichzeitig unterschiedlicher Unsicherheit ihres Auftretens. Die höchste Sensitivität Anthropogen induzierte Kipp-Prozesse bei gleichzeitig geringster Unsicherheit haben das im System Erde Rückschmelzen des arktischen Meereises und das Schreitet die Emission von Treibhausgasen bis zum Abschmelzen des grönländischen Eisschildes. In Ende dieses Jahrhunderts in der derzeitigen Schnel- den letzten Jahren konnte im Nordsommer bereits ligkeit fort – und nach dem Scheitern der Konfe- ein deutlicher Rückgang des Meereises beobachtet renz von Kopenhagen im Dezember 2009 kann werden. Eine im Sommer vollständig eisfreie Ark- man kaum noch von einer raschen Emissionsre- tis kann bereits in diesem Jahrhundert erwartet 1–2/2010 humboldt-spektrum 49 046-053__gerstengarbe.qxd 29.04.2010 10:18 Seite 50 forschung geographie werden; dieses Element scheint also bereits jetzt schen Subarktis, bei denen Methan, ein 20fach »gekippt« zu sein. Auch das Abschmelzen des stärkeres Treibhausgas als CO2, freigesetzt würde, grönländischen Eisschildes, zumindest an seinen was erneut eine positive Rückkoppelung und damit Rändern, ist bei einer globalen Temperaturzunah- eine Verstärkung des Treibhauseffektes bewirken me von nur ca. 2°C nach jetzigem Kenntnisstand würde. So würde das Umkippen einzelner Regio- nicht auszuschließen. Das Abschmelzen Grön- nen zu einem Dominoeffekt führen, da über die at- lands würde zwar mehrere Jahrhunderte andauern, mosphärische und ozeanische Zirkulation eine glo- wäre jedoch irreversibel und würde zu einem An- bale Übertragung dieser Signale erfolgen würde. stieg des Meeresspiegels in der Größenordnung Tab. 2 Potentielle anthropogen induzierte Kipp-Prozesse im Erdsystem. Quelle: Lenton et al. 2008 (vereinfacht und ergänzt) 50 von zwei bis sieben Metern führen (Lowe et al. Derzeit können etwa 15–16 solcher Kipppunkte de- 2007; Notz 2009). Diese beiden Kipp-Prozesse ha- finiert werden, wobei deren neun und die damit ben jedoch weitere Auswirkungen, zum Beispiel verbundenen Grenzwerte der globalen Erwärmung auf die Tauprozesse in der sibirischen und kanadi- schon bereits verhältnismäßig genau definiert sind humboldt-spektrum 1–2/2010 046-053__gerstengarbe.qxd 29.04.2010 10:18 Seite 51 geographie Abb. 4 Potentielle anthropogen induzierte Kipp-Prozesse im Erdsystem. Quelle: Lenton et al. 2008, Schellnhuber 2009 (Abb. 4 und Tab. 2). Einer dieser Kipppunkte ist wird. Dieses Schmelzwasser trägt ebenso wie die auch der Tieflandregenwald Amazoniens, das thermische Ausdehnung des Ozeanwassers und größte Regenwaldgebiet der Erde mit einer Fläche das Tauwasser von den polaren Landeisschilden zu anderthalb mal so groß wie die der Europäischen einer Erhöhung des Meeresspiegels bei. Insbeson- Union. Zehn Prozent der gesamten weltweiten bio- dere die Gletscher von Hochasien bilden mit einer logischen Vielfalt sind dort konzentriert. Stand in Fläche von ca. 3 Mio. Hektar das größte Eisgebiet den letzten Jahrzehnten die Abholzung und agrari- außerhalb der Polarzone. Alle großen Ströme Asi- sche Nutzung im Mittelpunkt der Besorgnis, so ens, wie Ganges, Brahmaputra, Irawadi, Mekong, wuchs spätestens seit der größten, jemals in Ama- Jangtsekiang, Hwangho, Syr-Darja und Amu-Darja zonien registrierten Dürre im Jahr 2005 die Be- haben ihre Quellgebiete in den zentralen Hochge- fürchtung, dass neben der Schädigung des Regen- birgen Asiens. Viele hundert Millionen Menschen waldes durch weiteren Holzeinschlag, der Zunah- in China, Indien, Bangladesh, Nepal, Pakistan, me von Rinderweiden und der Neuanlage von So- Bhutan, Tadschikistan, Usbekistan etc. hängen von jafeldern der Kollaps des Regenwaldsystems als ihrer Wasserspende ab. Ganzes näher rückt. Da etwa die Hälfte der Niederschläge in Amazonien durch autochthone Evapora- Sicherheitsrisiko Klimawandel und nachhaltige tions- und Transpirationsprozesse »recycelt« wird, Entwicklung hätten länger anhaltende Dürren ein Vertrocknen Neben diesen Kipp-Prozessen hat der Wissen- der Regenwaldvegetation zur Folge. Dabei würde schaftliche Beirat der Bundesregierung Globale wie bei der Brandrodung des Waldes der in der Ve- Umweltveränderungen selbst Gefährdungen der getation gespeicherte Kohlenstoff der Atmosphäre internationalen Stabilität und Sicherheit definiert, als Treibhausgas zugeführt (Lewis et al. 2006; Mal- die direkt als Folge des Klimawandels angesehen hi et al. 2009). werden können (WBGU 2007). Ähnliche Befürchtungen hat auch der Generalsekretär der Vereinten Von nicht geringerer Problematik ist der Kipp-Pro- Nationen bei der Vollversammlung der Staatenge- zess, der durch das weltweit zu beobachtende Ab- meinschaft im September 2009 geäußert (UN Ge- schmelzen der großen Gebirgsgletscher ausgelöst neral Assembly 2009): 1–2/2010 humboldt-spektrum 51 046-053__gerstengarbe.qxd 29.04.2010 10:18 Seite 52 forschung geographie Abb. 5 Sicherheitsrisiken durch Klimawandel; ausgewählte Brennpunkte, die sich zu Krisenherden entwickeln können. Quelle: WBGU 2007, verändert 1. Die Zahl der schwachen und fragilen Staaten als Folge des Klimawandels könnte zunehmen, ins- wandel verantwortlich und denen, die überwiegend seinen Folgen ausgesetzt sind. besondere in den schon jetzt als »Hungergürtel« bekannten Regionen der Sahelzone und des südlichen Afrika. 4. Die Gefährdung der Menschenrechte und der Legitimation der Industrieländer als »GlobalGovernance-Akteure« nimmt zu, da ungebrem- 2. Risiken für die weltwirtschaftliche Entwicklung ster Klimawandel existenzielle Lebensgrundla- wären nicht mehr auszuschließen, da sich die gen in Gefahr bringt und zu einer Aushöhlung Voraussetzungen für regionale Produktionspro- menschlicher Sicherheit führt. Ungebremster zesse und Versorgungsstrukturen drastisch än- Klimawandel trägt in dieser Hinsicht zur Verlet- dern, etwa in Folge regionaler Wasserknappheit. zung von Menschenrechten bei. 3. Die bestehenden Verteilungskonflikte zwischen 5. Klassische Sicherheitspolitik ist durch die künf- Hauptverursachern und Hauptbetroffenen des tigen gesellschaftlichen Wirkungen eines unge- Klimawandels könnten zunehmen. Da der Kli- bremsten Klimawandels zweifelsohne überfor- mawandel vor allem von den Industrie- und dert. Schwellenländern verursacht wurde und wird, 52 gibt es eine weiter zunehmende Gerechtigkeits- Die wichtigsten durch den Klimawandel ausgelö- lücke zwischen den Staaten, die für den Klima- sten Sicherheitsrisiken und ihre Brennpunkte sind humboldt-spektrum 1–2/2010 046-053__gerstengarbe.qxd 29.04.2010 10:18 Seite 53 forschung geographie in Abb. 5 zusammengefasst. Die Karte zeigt bei- Rahmstorf, S., Schellnhuber, H.-J. (2008): Tipping spielhaft jene Regionen, die sich zu Krisenherden Elements in the Earth’s Climate System. PNAS, entwickeln können, also weitere Domino-Effekte in vol. 105, no. 6, 1786–1793 den sozioökonomischen Systemen der Staaten aus- Schellnhuber, H.-J. (2009): Tipping elements in the lösen würden. Es wird deutlich, dass ohne eine von Earth System. PNAS, USA, vol. 106, 20561–20563 den für den Zusatztreibhauseffekt verantwortli- Wissenschaftlicher Beirat Globale Umweltveränderun- chen Industrieländern unterstützte, nachhaltige gen (2007): Welt im Wandel – Sicherheitsrisiko Kli- Entwicklung in den betroffenen Ländern keine Lö- mawandel. Berlin. www.wbgu.de sung des Klimadilemmas möglich ist (Kates 2001; Banuri 2009; Patt et al. 2010). Prof. Dr. Friedrich-Wilhelm Der Weltklimarat hat in seinem vierten Gutachten Gerstengarbe klare Aussagen über die Notwendigkeit einer Re- Jg. 1948, ist seit März 2008 duktion von Treibhausgasen (Mitigation) gemacht, S-Professor für Systematische zugleich jedoch auch auf die Notwendigkeit hinge- Klimatologie am Geographi- wiesen, sich an die schon nicht mehr abzuwenden- schen Institut der Humboldt- den Folgen des Klimawandels anzupassen (Adapta- Universität zu Berlin sowie Lei- tion; IPCC 2007). Im »Stern-Report« legt der Autor ter der Arbeitsgruppe »Klima- dar, dass je früher wir Maßnahmen zur Begren- analyse / Klimaszenarien« am zung der Treibhausgasemission ergreifen desto ge- Potsdam-Institut für Klimafol- ringer die damit verbundenen Kosten wären (Stern genforschung. Arbeitsschwerpunkte: Statistik, Klimaanalyse, Kli- 2006). Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesre- mawandel und Klimafolgen. gierung Globale Umweltveränderungen hat dabei Humboldt-Universität zu Berlin, Geographisches Institut und detaillierte Vorschläge für Deutschland und Euro- Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung pa entwickelt (WBGU 2003; 2009). Dem Stand der E-Mail: [email protected] Wissenschaft von Vorbeugungs- und Anpassungs- www.pik-potsdam.de/ maßnahmen in den verschiedenen Regionen der Erde ist auch die Humboldt-Jubiläums-Konferenz Prof. Dr. Wilfried Endlicher »Continents under Climate Change« im April 2010 Jg. 1947, seit 1998 Professor für gewidmet (Endlicher & Gerstengarbe 2007; 2010). Klimageographie und klimatologische Umweltforschung an Ausgewählte Literatur der Humboldt-Universität zu Endlicher, W., Gerstengarbe, F.-W. (Hrsg., 2007): Der Berlin und Leiter des Fachge- Klimawandel – Rückblicke, Einblicke und Aus- biets Klimatologie. Arbeits- blicke. Potsdam, 134 S. schwerpunkte: Klimatologie, http://edoc.hu-berlin.de/miscellanies/klimawandel/ Stadtökologie, Luftreinhaltung, Gerstengarbe, F.-W., Werner, P.C. (2009): A short up- Landschaftsdegradation. date on Koeppen climate shifts in Europe between Humboldt-Universität zu Berlin, Geographisches Institut 1901 and 2003. Climate Change 92, 99–107. E-Mail: [email protected] Lenton, T.M., Kriegler, E., Hall, J.W., Lucht, W., www.geographie.hu-berlin.de/physische_geographie/klimatologie 1–2/2010 humboldt-spektrum 53