Forschungszentrum Karlsruhe in der Helmholtz-Gemeinschaft Institut für Meteorologie und Klimaforschung Atmosphärische Umweltforschung (IMK-IFU) Einfluss erhöhter UV-Strahlung auf die bodennahe Verteilung von Photooxidantien Abschlussbericht zum Teilprojekt C3 des Forschungsverbundes BayForUV Gefördert vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz März 2004 Dr. Renate Forkel, Dr. Richard Knoche Forschungszentrum Karlsruhe GmbH Institut für Meteorologie und Klimaforschung IMK-IFU 83467 Garmisch-Partenkirchen Kreuzeckbahnstraße 19 –1– Inhalt Kurzfassung 3 Wissenschaftlicher Abschlussbericht 4 Beitrag zu den Rundgesprächen der Kommission für Ökologie der Bayerischen Akademie der Wissenschaften –2– 17 Kurzfassung Das Klima unserer Erde unterliegt ständig mehr oder weniger großen Schwankungen natürlichen Ursprungs. Der größte Teil der zurzeit beobachteten weltweiten Erwärmung ist jedoch der durch den Menschen verursachten Zunahme der treibhauswirksamen Gase in der Erdatmosphäre zu zuschreiben. Dieser so genannte anthropogene Treibhauseffekt wird in den nächsten Jahren ständig zunehmen und das Klimageschehen mehr und mehr dominieren. Es ist damit zu rechnen, dass sich regional sehr unterschiedliche, teilweise gravierende Veränderungen in den klimatischen Bedingungen ergeben werden. Dies wird sicherlich nicht ohne Einfluss auf die UVStrahlungsverhältnisse und auf die Transport- und Umwandlungsprozesse wichtiger chemischer Spurenstoffe bleiben, so dass auch eine Veränderung der Photosmogsituation zu erwarten ist. Um modellgestützte Aussagen zur möglichen zukünftigen Klima- und Photosmogentwicklung in Bayern machen zu können, wurden in der hier vorgestellten Studie regionale Klima-Chemie-Simulationen für Süddeutschland und den Alpenraum durchgeführt. Das dazu eingesetzte Modell MCCM (Multiscale Climate and Chemistry Model) berechnet in hoher Auflösung die meteorologischen und gleichzeitig die relevanten chemischen Prozesse. Ausgangspunkt ist eine globale mehrhundertjährige Klimasimulation mit dem globalen Klimamodell ECHAM4. Aus dieser globalen Simulation mit einer horizontalen Auflösung von rund 250 – 300 Kilometern werden die Ergebnisse als Randwerte für die regionalen Simulationen mit MCCM übernommen und in zwei Stufen auf eine Auflösung von 20 km verfeinert. Simuliert wurden zwei etwa 10 Jahre umfassende Zeiträume, welche gegenwärtige bzw. in 30 bis 40 Jahren zu erwartende zukünftige Klimabedingungen repräsentieren. Das Modell berechnet für das hier zugrunde gelegte Zukunftsszenario generell ein wärmeres und trockeneres Sommerklima. In den Monaten Juni bis August nimmt die Temperatur in Bayern in den nächsten 30 bis 40 Jahren um rund 2 Grad zu. Da gleichzeitig die Bewölkung abnimmt, simuliert das Modell einen Anstieg der UV-BEinstrahlung an der Bodenoberfläche. Der Zuwachs beträgt in den Sommermonaten im Mittel über Bayern rund 6 mW/m2 (etwa 4%). Die stärksten Veränderungen treten im August auf. Der Monatsmittelwert nimmt hier um 10 bis 15 mW/m2 zu, wobei die höheren Werte eher in Nord- und Mittelbayern auftreten. Unter der Annahme, dass die lokalen anthropogenen Emissionen von Ozonvorläufersubstanzen in der Zukunft unverändert bleiben, simuliert das Modell im Sommer einen Anstieg der täglichen Ozonmaxima. Dieser reicht von etwa 4 µg/m3 in den nördlichen Randgebieten Bayerns bis zu 10 µg/m3 im Alpenvorland, was etwa 6 bis 9% entspricht. Dieser Anstieg der mittleren Tagesmaxima hat zur Folge, dass im Modell die Zahle der Tage, an denen der Richtwert von 120 µg/m3 für das 8-Stundenmittel überschritten wird, in Nordbayern um etwa 3 und in Südbayern um bis zu 13 Tage zunimmt. Da diese Ergebnisse auf einer Simulation beruhen, in der lediglich eine Änderung der global initiierten klimatischen Verhältnisse angenommen wird, könnte der daraus resultierende Anstieg der Ozonkonzentration durch lokale Minderungsmaßnahmen kompensiert oder abgeschwächt werden. –3– Teil 1 Wissenschaftlicher Abschlussbericht –4– Einfluss erhöhter UV-Strahlung auf die bodennahe Verteilung von Photooxidantien 1) Zusammenfassung Die für die nahe Zukunft erwartete Änderung des globalen Klimas und die Veränderungen der stratosphärischen Ozonschicht haben Auswirkungen auf die UV-Strahlung und die troposphärische Photochemie. Zur Untersuchung daraus resultierender Änderungen der Photosmogsituation in Bayern wurden regionale Simulationen mit dem gekoppelten Klima-Chemie-Modell MCCM durchgeführt. Aufbauend auf Ergebnissen des globalen Klimamodells ECHAM4 wurden gegenwärtige und möglicherweise in 30 bis 40 Jahren zu erwartende Bedingungen simuliert. Ein Vergleich der beiden Modellszenarien zeigt, wie sich die zugrunde gelegte Klimaänderung auf die UV-Strahlung und die Produktion von Photooxidantien auswirkt. Die Simulationen ergeben für die Sommermonate eine Abnahme von Wolkenwasser und Wolkeneis und damit einhergehend einen Anstieg der UV-B-Strahlung sowie der Emissionen biogener Kohlenwasserstoffe. Daraus resultiert für Bayern eine Zunahme des mittleren Tagesmaximums der Ozonkonzentration am Boden von etwa 10%. Die Häufigkeit von Überschreitungen des Zielwerts von 120 µg/m3 für das 8-Stundenmittel nimmt im Modell regional unterschiedlich um 5 bis 10 Tage pro Jahr zu. 2) Abstract The change of global climate expected for the near future and the change in stratospheric ozone layer depth have an effect on UV radiation and tropospheric photochemistry. In order to investigate possible effects on the resulting changes in the photosmog situation in Bavaria simulations with the coupled regional climate-chemistry model MCCM were performed. Based on results of the global climate model ECHAM4, present day conditions and conditions to be expected within the next 30 to 40 years were simulated. Comparison of the two model scenarios shows how the underlying climate change influences the UV radiation and the formation of photooxidants. For the summer months the simulations show a decrease of cloud water and ice along with a corresponding increase of UV radiation and emissions of biogenic hydrocarbons. This results in a higher mean daily maximum of the near surface ozone concentration by nearly 10% for Bavaria. According to the simulations the target value of 120 µg/m³ for the 8 hour average of the ozone concentration will be exceeded by additional 5 to 10 days per year. 3) Einführung Eine Intensivierung der UV-Strahlung als Folge des stratosphärischen Ozonabbaus führt zu einer höheren Ozonphotolyse und damit zu einer höheren Konzentration des OH-Radikals in Bodennähe. Dies kann wiederum zu einer Zunahme des troposphärischen Ozons und anderer Photooxidantien führen. So zeigen Boxmodellrechnungen und globale 3D-Modellrechnungen, dass in verschmutzten Gebieten mit hohen NOund Kohlenwasserstoffkonzentrationen eine höhere OH-Konzentration eine verstärkte Ozonbildung zur Folge hat [z.B. Fuglestved et al. 1994, Hauglustaine et al. 1998]. Der Rückgang des stratosphärischen Ozons über Mitteleuropa hat inzwischen möglicherweise das Maximum überschritten, so dass in der Zukunft mit einer langsamen Erholung der Ozonschicht in mittleren Breiten gerechnet werden kann [Reuder et al. 2000] und deshalb kaum noch größere Auswirkungen auf die Photochemie zu erwarten sind. Andererseits dürfte es aufgrund der globalen Klimaänderung in Bayern zu abnehmender Bewölkung und damit zu einem Anstieg der UV-Strahlung und zu höherer Ozonproduktion am Boden kommen. Zusätzlich tragen höhere Lufttemperaturen im –5– Sommer (erwartet werden in den nächsten 30 bis 40 Jahren zum Teil bis zu 3 Grad Temperaturzunahme) zu einem beschleunigten Abbau der Ozonvorläufersubstanzen sowie zu höheren Emissionen biogener VOC bei, was ebenfalls zu einer verstärkten Ozonbildung führt. Schließlich kann es auch durch die erwartete längere Dauer von Hochdruckwetterlagen zu einer deutlich erhöhten Akkumulationsrate von Ozon und anderen Photooxidantien in den bodennahen Luftschichten kommen. Um die oben genannten Auswirkungen einer Klimaänderung näher untersuchen zu können, wurden im vorliegenden Projekt gekoppelte Klima-Chemiesimulationen für Bayern durchgeführt. Sie ermöglichen modellgestützte Aussagen zur zukünftigen Entwicklung und erlauben erste quantitative Abschätzungen der zu erwartenden Veränderungen. Vergleichbare ähnlich detaillierte Untersuchungen sind bisher nicht durchgeführt worden. 4) Material und Methoden Für die regionalen Klima-Chemie-Simulationen wurde das gekoppelte Klima-ChemieModell MCCM eingesetzt. Simuliert wurden zwei jeweils zehnjährige Zeiträume, welche gegenwärtige und zukünftige Klimabedingungen repräsentieren. 4.1 Das regionale Modell MCCM Das Meteorologie-Klima-Chemie-Modell MCCM [Grell et al. 2000a, Grell et al. 2000b] basiert auf dem mesoskaligen Meteorologiemodell MM5 [Grell et al. 1994], das am NCAR und der Penn State University entwickelt wurde. MCCM ist ein nichthydrostatisches Modell, das mit horizontalen Auflösungen von etwa 1 bis 100 km betrieben werden kann. Es ist in einer nichtäquidistanten terrainfolgenden Vertikalkoordinate formuliert, die eine höhere vertikale Auflösung in der atmosphärischen Grenzschicht erlaubt. Für die regionalen Modellstudien im Rahmen von BayForUV wurde das Modell weiterentwickelt und an die Erfordernisse langzeitlicher Klima-Chemie-Simulationen angepaßt. MCCM enthält prognostische Gleichungen für Temperatur, Feuchte und Druck, für die drei Komponenten der Windgeschwindigkeit, für vier flüssige und eisförmige Wolkenund Niederschlagskomponenten und für die Konzentrationen von 39 gasförmigen Luftverunreinigungen. Das angekoppelte Mehrschichten-Bodenmodell löst Haushaltsgleichungen für die Temperatur und die Feuchte im Boden, den Wassergehalt auf der Vegetation und die Masse einer eventuell vorhandenen Schneedecke [Smirnova et al., 1997]. Die Emissionen biogener Kohlenwasserstoffe und die NO-Emissionen aus dem Boden werden in Abhängigkeit von den einzelnen Gitterpunkten zugeordneten Landnutzungsklassen zu jedem Zeitschritt als Funktion der aktuellen Temperatur und der aktuellen kurzwelligen Einstrahlung bestimmt [Simpson et al. 1995]. Für die Berechnung der chemischen Umwandlung von Spurengasen wird der RADM2Mechanismus verwendet, welcher 39 chemische Spezies als prognostische Variable betrachtet und praktisch einen Standard für die regionale Chemiemodellierung darstellt. Der RADM2 beschreibt insgesamt 152 chemische Reaktionen, davon 21 Photolysereaktionen. Die UV-Strahlung und die Photolysefrequenzen werden mit dem Photolysemodell von Madronich [Madronich 1987] berechnet, wobei neben der stratosphärischen Gesamtozonsäulendichte aktuell berechnete Werte von Temperatur, Wolkenwasser- und eisgehalt und troposphärischer Ozonkonzentration in das Photolysemodell eingehen. –6– 4.2 Globale ECHAM4-Klimaszenarien Grundlage der regionalen Simulationen sind Szenarienrechnungen, die mit dem globalen Klimamodell ECHAM4 [Roeckner et al. 1996] des Deutschen Klimarechenzentrums [DKRZ) und des Max Planck-Instituts (MPI) für Meteorologie in Hamburg durchgeführt wurden. Diese liefern - mathematisch in Form von Randwerten - den Antrieb für das regionale Modell MCCM, welches dann in höherer Auflösung das regionale Klimageschehen simuliert und die vor diesem Hintergrund ablaufenden photochemischen Prozesse direkt berechnet. Ausgewählt wurden die Zeiträume 1991 bis 2000 und 2031 bis 2040. Der Bezug zu realen Kalenderjahren ergibt sich durch die Vorgabe der Treibhausgaskonzentrationen in der globalen Langzeitsimulation: Für die ersten 130 Simulationsjahre wurden die in den Jahren 1860 bis 1990 beobachteten Werte verwendet, die Werte für die folgenden 110 Jahre sind entsprechend dem Emissionsszenario IS92a des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) für 1990 bis 2100 gesetzt. Danach liegt die CO2Konzentration um 2031 etwa 100 ppm über den Werten von 1991, was einem Anstieg von etwa 28 % entspricht. Die von ECHAM4 für diesen Zeitraum simulierte Temperaturzunahme beträgt für Süddeutschland etwa 2 Grad (Abbildung 1). Die horizontale Auflösung des globalen ECHAM4-Modelllaufs beträgt in der spektralen Darstellung T42, in der Vertikalen ist die Atmosphäre in 19 Schichten aufgelöst. Das zugeordnete Gaußsche Gitter weist 128 Gitterpunkte in West-Ost-Richtung und 64 Gitterpunkte in Nord-Süd-Richtung auf, wodurch sich für Mitteleuropa ein Gitterabstand von etwa 200 bzw. 310 km ergibt. 30 T (°C) 25 20 15 10 1960 1980 2000 2020 2040 2060 2080 Jahr Abbildung 1: Mittlere Julitemperatur für Süddeutschland aus den Simulationen mit ECHAM4. Die unterbrochene Linie zeigt die Lage der Zeitfenster für die regionalen Simulationen mit MCCM. Figure 1: Average temperatur in July for Southern Germany as simulated by ECHAM4. The broken lines indicate the time slices for the regional simulations with MCCM. 4.3 Szenarien für stratosphärisches Ozon und anthropogene Emissionen Neben den meteorologischen Antriebsdaten aus ECHAM4 gehen in die regionalen Simulationen auch Szenarien der stratosphärischen Ozonschichtdicke und der anthropogenen Emissionen von Spurengasen ein. Für die Säulendicke der stratosphärischen Ozonschicht unter gegenwärtigen Bedingungen wurden Monatswerte des zonalen Mittels aus den Jahren 1985 – 1997 [Bojkov et al. 1999, zitiert nach Hein et al. 2001] verwendet. Die Änderungen zwischen 1990 und 2040 wurde mit Hilfe der bei Reuder et al. [2001] beschriebenen Szenarien abgeschätzt. Diese auf Modellrechnungen mit dem globalen ECHAM/CHEM-Modell [Dameris et al., 1998, Grewe et al., 1998, Hein et al., 2001] basierenden Szenarien ergeben, –7– dass bis zum Jahr 2050 mit großer Wahrscheinlichkeit (Szenario PROB2050 bei Reuder et al., [2001]) die Ozonschichtdicke wieder höhere Werte als 1990 haben dürfte. Für Frühjahr und Sommer wird über Süddeutschland sogar ein Anstieg von etwa 20 Dobson Units prognostiziert, während im Herbst und Winter nur eine geringe Zunahme vorhergesagt wird. Die für die regionale Simulation benötigten Werte für 2030 bis 2040 wurden durch lineare Interpolation aus den veröffentlichten Ergebnissen für die Szenarien PROB2015 und PROB2050 bestimmt. Die ebenfalls benötigten Vorgaben der anthropogenen Emissionen von NO, SO2 und Kohlenwasserstoffen wurden in stündlichen Intervallen für die Sommer- und die Wintersaison bereitgestellt und jeweils in einem wöchentlichen Zyklus wiederholt. Grundlage sind Emissionsdaten mit 20 km Auslösung, die vom IER Stuttgart zur Verfügung gestellt wurden [Friedrich et al. 2000]. Emissionsszenarien für zukünftige Bedingungen können je nach den zugrunde liegenden Annahmen über Minderungsmaßnahmen sowohl höhere als auch niedrigere Werte als zur Zeit enthalten. Nach Roelofs et al. [1998] sind z.B. für das Jahr 2025 im Falle von auf dem IPCC-Scenario IS92a basierenden NO-Emissionen für Europa und Nordamerika etwa 5 % niedrigere Werte anzusetzen als in den neunziger Jahren, während für Südostasien, Afrika und Südamerika von einem starken Anstieg der Emissionen in den nächsten Jahrzehnten ausgegangen wird. Da die zukünftige Entwicklung der Emissionen von mit größeren Unsicherheiten behaftet ist und da das vorrangige Ziel der vorliegenden Untersuchung die Bestimmung des UV-B-Einflusses auf die Photooxidantienkonzentrationen ist, wurden für die Simulation der gegenwärtigen und der zukünftigen Bedingungen die gleichen Emissionsdaten verwendet. 4.4 Die regionalen MCCM-Simulationen Die Simulationen der meteorologischen Entwicklung und des Spurengashaushalts mit MCCM erfolgt in zwei aufeinander folgenden Nestungsstufen. Zunächst werden Simulationen für ein nahezu ganz Europa umfassendes Modellgebiet (Domain D1, vergl. Abbildung 2) mit einer horizontalen Gitterauflösung von 60 km durchgeführt, wobei die Zahl der Gitterpunkte in Nord-Süd-Richtung 59 und in Ost-West-Richtung 66 beträgt. An den seitlichen Rändern dieses Modellgebiets werden die ECHAM4-Antriebsdaten als Randbedingungen verwendet, wobei die im 12-Stunden-Abstand vorliegenden Daten zeitlich interpoliert werden. Als Anfangs- und Randwerte der chemischen Spezies werden für D1 typische Backgroundwerte angenommen. Das MCCM-Modellsystem verfügt über Präprozessoren, die in einer bestimmten Struktur vorgegebene Antriebsdaten für die Übernahme von Randwerten in MCCM vorbereiten. Um auch für die Übernahme der im Originalgitter vorliegenden ECHAM4Daten möglichst viele der vorhandenen Programme nutzen zu können, wurde zunächst ein neues Präprozessor-Schnittstellenprogramm erstellt, welches die zum IFU transferierten ECHAM4-Daten für die beiden Zeitscheiben entsprechend aufbereitet. Dazu gehört unter anderem die Approximation des ursprünglichen Gauss-Gitters durch ein äquidistantes Latitude-Longitude-Gitters und die Ableitung zusätzlich benötigter Felder aus den vorhandenen ECHAM4-Feldern. In einem nächsten Schritt wurden die atmosphärischen ECHAM4-Antriebsdaten auf das Gitter von MCCM interpoliert und für die Verwendung als Anfangs- und Randwerte bereitgestellt. Um die Auflösung weiter zu steigern wurden in einem zweiten Nestungsschritt die Simulationen mit einem Gitterabstand von 20 km wiederholt. Das dafür ausgewählte Modellgebiet D2 (vergl. Abbildung 2) enthält 64 mal 64 Gitterpunkte und umfaßt annähernd ganz Mitteleuropa, Ostfrankreich und Norditalien. Die relativ weite Erstreckung des Modellgebietes nach Westen und Süden stellt eine annähernd freie, vom Modellrand nur wenig gestörte Umströmung der Alpen sicher. Für diese Nestungsstufe dienen die zuvor von MCCM für D1 berechneten und dreistündlich abgespeicherten Felder der 10 meteorologischen und 39 chemischen Variablen als Antrieb. –8– Die Simulation für D1 überbrückt den ansonsten übermäßig großen Skalensprung der Gitterweiten von ECHAM4-Simulation und regionaler Simulation für D2. Außerdem können sich im Modellgebiet D1 aufgrund der Emissionen aus den zunächst nur als Hintergrundwerte vorgegebenen Spurenstoffkonzentrationen realistische Werte entwickeln, so dass für das Modellgebiet D2 adequate Chemie-Randbedingungen zur Verfügung stehen. Über dem Meeresflächen bildet die Wasseroberfläche den Unterrrand des Modellgebietes. Als Randwert verlangt das Modell die Vorgabe der Wasseroberflächentemperatur. Diese wird den im 12-stündigen Abstand vorliegenden ECHAM4-Daten entnommen und unter Berücksichtigung der zugehörigen detallierteren regionalen Land-SeeMasken auf die Modellgitter der beiden Gebiete D1 und D2 interpoliert. Abbildung 2: Nestingstrategie für die Klima-Chemiesimulationen mit MCCM. Figure 2: Nesting strategy for the climate chemistry simulation with MCCM In der verwendeten Modellkonfiguration löst MCCM die Atmosphäre in 25 Schichten auf, wobei die Schichtdicke kontinuierlich mit der Höhe zunimmt und für die unterste Schicht etwa 40 m beträgt. Die Modellobergrenze liegt bei 100 hPa. Im Boden werden 5 Schichten bis in eine Tiefe von etwa 3 m betrachtet. Die Modellsimulationen wurden in getrennten, jeweils einen Monat umfassenden Rechenläufen durchgeführt, wobei der Endzustand des Vormonats als Anfangszustand für den Folgemonat übernommen wird. Wegen der geringen Bedeutung der Photochemie im Winter wurden aus Gründen der Rechenzeitersparnis für das Modellgebiet D2 in den Monaten November bis Februar lediglich die meteorologischen Prozesse modelliert. Die von MCCM gelieferten Variablensätze enthalten die meteorologischen Standardgrößen (z.B. Temperatur, Feuchte, Bewölkung, Wind), UV-Strahlung und Photolysefrequenzen und die Konzentrationen der 39 chemischen Spezies. Zur statistischen Aufbereitung und graphischen Darstellung dieser Daten wurden verschiedene Nachbearbeitungstools neu entwickelt sowie Schnittstellenprogramme für die Nutzung bereits vorhandener Graphikroutinen erstellt. 5) Ergebnisse Augenfälligstes Kennzeichen der gegenwärtigen und für die nahe Zukunft erwarteten globalen Klimaänderung ist der weltweite Anstieg der bodennahen Lufttemperatur. –9– Abbildung 3: Simulierte Sommertemperatur in Grad Celsius für Modellgebiet D1 (60 km Auflösung, oben) und D2 (20 km Auflösung, unten) für derzeitige (links) und zukünftige Bedingungen (rechts). Figure 3: Simulated average summer temperature in degrees Celsius for model domain D1 (60 km resolution, above) and model domain D2 (20 km resolution, below) for present day (left) and future conditions (right). 25 3 Jetzzeit 20 Zukunft Mitte Süd 2 ∆ T (°C) 15 T (°C) Nord 2.5 10 1.5 1 5 0.5 0 0 -5 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Monat -0.5 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Monat Abbildung 4: Jahresgang der über Bayern gemittelten simulierten Temperatur für derzeitige und zukünftige Bedingungen (links) und Differenz zwischen Jetztzeit- und Zukunftsklima der über Teilgebiete Bayerns gemittelten Temperatur (rechts). Figure 4: Simulated annual course of mean temperatures over Bavaria for present day and future conditions (left) and difference between present day and furture conditions for the northern, middle, and southern part of Bavaria (right). – 10 – Auch die ECHAM4- und die regionalen Simulationen mit MCCM liefern eine deutliche Temperaturzunahme innerhalb der nächsten 30 bis 40 Jahre. Die Abbildung 3 zeigt dazu die simulierte mittlere Temperatur im Sommer in den Modellgebieten D1 und D2 für die beiden betrachteten Zeitscheiben 1991 – 2000 und 2031 – 2040. Die mittleren Verhältnisse für Bayern sind in der Abbildung 4 wiedergegeben. Der hier dargestellte Jahresgang der Temperatur unter Gegenwartsbedingungen zeigt im Vergleich zum Beobachtungsklima für die Wintermonate etwas zu hohe Werte, während sich für die Sommermonate eine relativ gute Übereinstimmung ergibt. Für zukünftige Bedingungen simuliert das Modell durchwegs eine Temperaturzunahme, wobei der Anstieg der Temperatur von Monat zu Monat unterschiedlich ausfällt und in den Sommermonaten zum Teil mehr als 2 Grad erreicht. Wie die Abbildung 4 weiter zeigt, gilt dies auch, wenn die Teilgebiete Nord-, Mittel- und Südbayern getrennt betrachtet werden. Lediglich im Winter besteht die Tendenz von Nord nach Süd deutlich zunehmender Erwärmungsraten. Die meteorologische Größe mit dem stärksten Einfluß auf die UV-Strahlung und die Photolyse ist die Bewölkung. Wie die Abbildung 5 anhand der Differenz der Werte für gegenwärtige und zukünftige Bedingungen zeigt, nimmt der Wolkenwassergehalt in den Sommermonaten ebenso wie der hier nicht dargestellte Wolkeneisgehalt in Bayern überall deutlich ab, wobei jedoch stark ausgeprägte regionale Muster zu verzeichnen sind. Der simulierte Rückgang des Wolkenwassergehalts beträgt zwischen 10% in Mittelfranken und bis zu über 25% in Unterfranken und am östlichen Alpenrand. Für die übrigen simulierten Monate des Jahres (vergl. Abbildung 6) ergibt sich im Modell überwiegend eine Bewölkungszunahme, insbesondere auch in den für die Photochemie ebenfalls relevanten Monaten April und Mai. Abbildung 5: Räumliche Verteilung der Differenz des vertikal integrierten Wolkenwassergehalts in g/m2 (links) und der UV-B-Nettostrahlung in mW/m2 (rechts) zwischen Jetztzeit- und Zukunftsklima im Sommer. Figure 5: Difference between present day and future conditions for the spatial distributions of the vertically integrated cloud water in g/m2 (left) and the UV-B net radiation in mW/m2 (right). Wegen des starken Einflusses der Bewölkung auf die UV-B-Strahlung entsprechen die räumlichen Muster der Zunahme der UV-Strahlung in den Grundzügen denen der Abnahme des Wolkenwassers (Abbildung 5). Da unter optisch sehr dicken Wolken die UV-Strahlung so gering ist, dass eine Änderung des Wolkenwassergehalts kaum noch eine Rolle spielt, kann jedoch keine vollständige Übereinstimmung erwartet werden. Abbildung 6 zeigt über Bayern eine Zunahme der UV-B-Strahlung in den Monaten Juni bis August, in denen auch die Abnahme des Wolkenwassergehalts am ausgeprägtesten ist. Der Anstieg beträgt im Mittel mehr als 6 mW/m2. Im August, dem Monat mit – 11 – der stärksten Strahlungszunahme werden 10 bis 15 mW/m2 erreicht, wobei die höheren Werte eher in Nord- und Mittelbayern auftreten. 250 50 40 Jetztzeit 200 30 ∆ QL_int (g/m**2) QL_int (g/m**2) Zukunft 150 100 50 20 10 0 -10 Nord -20 Mitte -30 Süd -40 0 -50 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1 2 3 4 5 Monat 250 8 9 10 11 12 ∆ UVnet (mW/m**) Zukunft 200 7 8 9 10 11 12 7 8 9 10 11 12 Nord 15 Jetztzeit UVnet (mW/m**2) 7 25 300 150 100 Mitte Süd 5 -5 -15 50 0 -25 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 1 12 2 3 4 5 6 Monat Monat 100 50 80 40 Jetztzeit ∆ E_ISO (ug/m**2/h) E_ISO (ug/m**2/h) 6 Monat Zukunft 60 40 20 Nord Mitte Süd 30 20 10 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Monat 1 2 3 4 5 6 Monat Abbildung 6: Jahresgang der über Bayern gemittelten simulierten Werte von Wolkenwassergehalt (oben), UV-B-Nettostrahlung (mitte) und Isoprenemission (unten) für derzeitige und zukünftige Bedingungen (links) und Differenz zwischen Jetztzeit- und Zukunftsklima der über Teilgebiete Bayerns gemittelten Werte (rechts). Figure 6: Simulated annual course of mean values of cloud water content(above), UV-B net radiation (middle), and isoprene emission (below) over Bavaria for present day and future conditions (left) and difference between present day and future conditions for the northern, middle, and southern part of Bavaria (right). Eine wichtige Vorläufersubstanz für die Bildung troposphärischen Ozons ist neben NO und verschiedenen anthropogen emittierten Kohlenwasserstoffen das vor allem von einigen Eichenarten und von Fichten emittierte Isopren. Die Emission dieser Vorläufersubstanz steigt mit zunehmender Temperatur und Strahlung an. Daher wird wegen der höheren Temperatur und der aufgrund der geringeren Bewölkung stärkeren Einstrahlung für den Zeitraum 2031 – 2040 eine im Vergleich zu 1991 – 2000 erhöhte Isoprenemission aus den Waldflächen in Süddeutschland simuliert (Abbildung 6). Das räumliche Muster der Emissionsänderung ist vor allem durch die Lage der Waldbestände mit hoher Isoprenemission bestimmt. Da diese Waldbestände vorwiegend in Südbay– 12 – ern vertreten sind, sind auch dort die stärksten Unterschiede zwischen Jetztzeit-und Zukunftsklima zu verzeichnen. Die Ozonkonzentration hängt sowohl von der meteorologischen Situation als auch von der regionalen Verteilung der Quellen der Vorläufersubstanzen ab, d.h. von NO und anthropogen und biogen emittierten Kohlenwasserstoffen. Im Mittel werden für Süddeutschland sowohl für gegenwärtige wie auch für zukünftige Bedingungen höhere Ozonkonzentrationen als für den Norden berechnet, was vor allem auf die geringere Bewölkung und die höhere Emission biogener Kohlenwasserstoffe zurückzuführen ist. Generell ergeben die Simulationen für Bayern im Sommerhalbjahr einen Anstieg der mittleren Ozonkonzentration. Für viele Belange von größerer Bedeutung sind jedoch Aussagen zu Änderungen der Tagesspitzenwerte. Die Abbildung 7 zeigt dazu die Differenz der über die Sommermonate gemittelten täglichen Ozonmaxima zwischen Jetztzeit- und Zukunftsklima. Das Modell simuliert für ganz Bayern einen Anstieg der Tagesmaxima. Die Werte reichen von etwa 2 ppb in den nördlichen Randgebieten Bayerns bis zu 5 ppb im Alpenvorland, was einer Zunahme von 6 bis 9% entspricht. Der Anstieg des mittleren Tagesmaximums hat zur Folge, dass die Zahl der Tage, an denen der Richtwert von 120 µg/m3 (60 ppb) für das 8-Stundenmittel der Ozonkonzentration überschritten wird, in Nordbayern um 3 und in Südbayern um bis zu 13 Tage zunimmt (Abbildung 7). Da im Süden das Tagesmittel der Ozonkonzentration bereits unter Gegenwartsbedingungen höhere Werte aufweist als im Norden, führt hier der Anstieg der Tagesmaxima zu einer stärkeren Zunahme der Tage mit Richtwertüberschreitungen. Abbildung 7: Räumliche Verteilung der Differenz des mittleren täglichen Ozonmaximums in ppb (links) und der Anzahl von Tagen mit Überschreitungen des Ozonrichtwerts von 120 µg/m3 zwischen Jetztzeit- und Zukunftsklima im Sommer (rechts). Figure 7: Spatial distribution of the difference between present day and future conditions of the mean daily ozone maximum in ppb (left) and of the number of days with exceedances of the target value of 120 µg/m3 (right). Die stärkste Zunahme zeigt das mittlere Ozonmaximum in den Monaten Juni bis August (Abbildung 8), in denen ohnehin die höchsten mittleren Maxima der Ozonkonzentration simuliert werden. In diesen Monaten nehmen auch die Temperatur, die UV-BStrahlung und die Isoprenemission über Bayern deutlich zu (vergl. Abbildung 4 und 6). Letzteres ist auch als Ursache für den vergleichsweise starken Anstieg in Südbayern anzusehen. Von besonderem Interesse bei der Betrachtung von Klimaszenarien sind Häufigkeitsverteilungen, insbesondere Angaben über das Vorkommen von Extremsituationen. Abbildung 9 zeigt die Häufigkeitsverteilungen der Tagesmaxima der Ozonkonzentration in den Sommermonaten. Gegenüber dem Jetztzeitklima ist die Verteilung für das Zu– 13 – kunftsklima deutlich zu höheren Ozonwerten hin verschoben. Drastische Änderungen zeigen sich bei der Auftretenshäufigkeit hoher Konzentrationen. So steigt die Anzahl der Ereignisse mit Ozonmaxima über 90 ppb fast auf das sechsfache von 0.14 auf 0.78. Zu beachten ist, dass diese Zahlen Durchschnittswerte für alle in Bayern liegenden Modellgitterpunkte darstellen. Für einzelne Teilregionen werden deutlich größere Häufigkeiten erreicht. 8 80 70 6 Zukunft ∆ O3 (ppb) 50 Mitte 4 40 30 Süd 2 0 20 -2 10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 -4 12 1 2 3 4 Monat 5 6 7 Monat 8 9 10 11 12 Abbildung 8: Jahresgang der über Bayern gemittelten simulierten Werte des Tagesmaximums der Ozonkonzentration für derzeitige und zukünftige Bedingungen (links) und Differenz zwischen Jetztzeit- und Zukunftsklima der über Teilgebiete Bayerns gemittelten Werte (rechts). Figure 8: Simulated annual course of the mean values of the mean maximum ozone concentration (left) and difference between present day and future conditions for the northern, middle, and southern part of Bavaria (right). 3.5 3 Jetztzeit 2.5 Zukunft Anzahl O3 (ppb) Nord Jetztzeit 60 2 1.5 1 0.5 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 Ozon (ppb) Abbildung 9: Häufigkeitsverteilung der simulierten Tagesmaxima der Ozonkonzentration in Bayern in den Monaten Juni bis August Figure 9: Frequency distribution of the simulated daily ozone maxima in Bavaria during June to August. 6) Schlussfolgerung Im vorliegenden Teilprojekt wurden die regionalen Auswirkungen der globalen Klimaänderung und Veränderungen der stratosphärischen Ozonschichtdicke auf die Bildung von Photooxidantien in der Troposphäre untersucht. Dazu wurden erstmals regionale gekoppelte Klima-Chemiesimulationen in einer vergleichsweise hohen Auflösung von 20 km über längere Zeiträume von jeweils 10 Jahren vorgenommen. Die Modellergebnisse zeigen, wie sich eine mögliche Klimaänderung innerhalb der kommenden 30 bis 40 Jahre auf die meteorologischen Bedingungen, die UV-Strahlung und die Produktion von Photooxidantien im Rahmen des betrachteten Klimaszenarios in Bayern auswirken könnte. – 14 – Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass es sich bei derartigen Simulationen um Szenarienrechnungen handelt. Die globalen ECHAM4-Simulation basieren auf Annahmen über den Anstieg treibhauswirksamer Spurengase, insbesondere des Kohlendioxids. Zugrundegelegt ist hier das Szenario IS92a, das zum Zeitpunkt der ECHAM4-Simulationen als plausibelstes Szenario angesehen wurde und bei der Treibhausgasemission im Vergleich zu neueren Abschätzungen im mittleren Bereich liegt. Zwar zeigen die verschiedenen Szenarien deutliche Differenzen, wegen der Trägheit des Klimasystems wirken sich diese Unterschiede jedoch erst nach mehreren Jahrzehnten auf die globale Temperaturentwicklung nennenswert aus. Andere, die Klimaentwicklung beeinflussende Ereignisse, z.B. Vulkanausbrüche, werden nicht oder nur unzureichend erfaßt. Hinzu kommt, dass in den regionalen Simulationen die Photooxidantienkonzentrationen stark von den zugrundeliegenden Emissionensszenarien für die Vorläufergase beeinflußt werden. Das globale Klimamodell ECHAM4 stellt einen international anerkannten Standard dar. Ein Vergleich verschiedener Klimamodelle zeigt insbesondere auf der subkontinentalen Skala gewisse Unterschiede in den Ergebnissen. Tendenziell ergibt sich jedoch für alle Simulationen eine, wenn auch unterschiedlich ausgeprägte globale Erwärmung. Verschiedene Modellvalidierungen haben gezeigt, dass MCCM globale Klimamuster realistisch regionalisiert und beobachtete Photosmogsituationen gut reproduziert, so dass – unter Zugrundelegung des ECHAM4-Modellklimas – die Ergebnisse der MCCM-Simulationen als aussagekräftig angesehen werden können. Als wesentliche Ergebnisse zeigen die Simulationen für die Sommermonate eine Abnahme von Wolkenwasser und Wolkeneis und damit einhergehend eine Zunahme der UV-B-Strahlung sowie der Emission biogener Kohlenwasserstoffe. Die simulierte Zunahme des mittleren Tagesmaximums der Ozonkonzentration erreicht für Bayern bis zu 5 ppb. Dieser Anstieg von fast 10% ist durchaus beträchtlich und könnte nur kompensiert werden, wenn umfangreiche Minderungsmaßnahmen bei den Emissionen der Vorläufersubstanzen getroffen werden. Drastische Änderungen zeigen sich bei der Auftretenshäufigkeit hoher Konzentrationen. So steigt die Anzahl der Ereignisse mit Ozonmaxima über 90 ppb fast auf das sechsfache. Dies macht deutlich, dass die für die Zukunft erwarteten Klimabedingungen das Auftreten von sehr hohen Ozonkonzentrationen in Bayern wahrscheinlicher werden lassen. 7) Literatur Dameris, M., V. Grewe, R. Hein, C. Schnadt, C. Brühl und B. Steil (1998) Assessment of the future development of the ozone layer. 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Ein Vergleich der beiden Zeiträume zeigt einen Anstieg der Sommertemperaturen von fast 2 Grad zusammen mit einem deutlichen Rückgang der Bewölkung. Gleichzeitig wird eine Zunahme der UV-B-Strahlung und der Emissionen biogener Kohlenwasserstoffe simuliert. Daraus resultiert im Modell für Bayern ein Anstieg des mittleren Tagesmaximums der bodennahen Ozonkonzentration von rund 10% und eine deutliche Zunahme von Tagen mit Grenzwertüberschreitungen. Abstract The changes of the global climate expected for the near future will also have an effect on the UV radiation and on tropospheric photochemistry, and therefore on the photosmog situation in Bavaria. In order to give a quantitative estimate of the possible future development, regional simulations with the coupled climate-chemistry model MCCM were performed. Based on results of the global climate model ECHAM4, present day conditions and conditions to be expected within the next 30 to 40 years were simulated. Comparison of the two time periods shows an increase of the summer temperatures by almost 2 degrees and a significant decrease of cloudiness. Simultaneously an increase of the UV-B radiation and the emission of biogenic hydrocarbons is simulated. This results for Bavaria in an increase of the mean daily maximum of the near surface ozone concentration by nearly 10% and leads to a significantly higher number of days with threshold value exceedances. Einführung Das Klima unserer Erde unterliegt ständig mehr oder weniger großen Schwankungen natürlichen Ursprungs. Sie ergeben sich im wesentlichen aus dem komplexen Wechselspiel von Atmosphäre, Ozean, Landoberflächen und den großen Eismassen sowie aus periodischen und nichtperiodischen Variationen der Sonneneinstrahlung. Der größte Teil der zur Zeit beobachteten Erwärmung ist jedoch der durch den Menschen verursachten Zunahme der treibhauswirksamen Gase in der Erdatmosphäre zu zuschreiben. Dieser so genannte anthropogene Treibhauseffekt wird in den nächsten Jahrzehnten ständig zunehmen und das Klimageschehen mehr und mehr dominieren, – 18 – so dass mit einer weiteren, deutlichen Erhöhung der globalen Mitteltemperatur gerechnet werden muss. Die Erwärmung der Erdoberfläche hat eine Änderung der großräumigen atmosphärischen Strömungen zur Folge, so dass sich regional sehr unterschiedliche, teilweise gravierende Veränderungen in den klimatischen Bedingungen ergeben werden. Dies wird sicherlich nicht ohne Einfluss auf die UV-Strahlungsverhältnisse, auf die Entwicklung der Vegetation einschließlich der biogenen Emissionen und auf die Transport- und Umwandlungsprozesse wichtiger chemischer Spurenstoffe bleiben. Es ist somit auch eine Veränderung der Photosmogsituation zu erwarten, welche erhebliche ökologische und ökonomische Auswirkungen haben kann. Für die Planung von Vermeidungs- oder Anpassungsstrategien sind daher Informationen über die zukünftige Entwicklung – vor allem auf regionaler Basis – unerlässlich. Ausgehend von Annahmen zu Bevölkerungswachstum, Wirtschaftsentwicklung und Technologiefortschritt lassen sich verschiedene Szenarien der Treibhausgasemissionen für die nächsten Jahrzehnte entwickeln. Darauf aufbauend können die daraus resultierenden Veränderungen des Weltklimas abgeschätzt werden. Quantitative Aussagen sind wegen der Vielzahl der im Klimasystem Erde ablaufenden Prozesse jedoch nur mit Hilfe aufwendiger Computer-Simulationen möglich. Die dazu verwendeten globalen Modelle berücksichtigen neben den Ozeanen und der Atmosphäre auch die großen Eisschilde, die oberen Bodenschichten und zunehmend auch die Biosphäre. Sie simulieren – ähnlich wie die Wettervorhersagemodelle – eine stetige Abfolge von Wetterlagen, allerdings über einen Zeitraum von mehreren Jahren bis zu mehreren Jahrhunderten. Die auf diese Weise gewonnen (fiktiven) Wetterdaten bilden dann die Grundlage für weitergehende statistische klimatologische Analysen. Um den Rechenaufwand in Grenzen zu halten, arbeiten die globalen Klimamodelle mit einer vergleichsweise geringen räumlichen Auflösung. Das heißt, das für die Rechnungen verwendete, die gesamte Erde überziehende Gitternetz ist sehr grobmaschig. Für die regionale Klimaausprägung wichtige Faktoren wie zum Beispiel Küstenform, Höhenlage, Lee- oder Luveffekt von benachbarten Gebirgen können so nicht oder nur unvollkommen erfasst werden. Aussagen zu den regionalen Auswirkungen der globalen Klimaänderung sind daher erst möglich, wenn aus den eher pauschalen Ergebnissen der globalen Modelle detailliertere regionenbezogene Informationen abgeleitet werden können. Dies kann mit Hilfe eines weiteren Modells erreicht werden, welches nur die Atmosphäre und die oberen Bodenschichten für den jeweils interessierenden Teilbereich der Erde betrachtet. Ein solches regionales Klimamodell kann dann für ausgewählte kürzere Zeiträume die Wetterentwicklung für den betrachteten Bereich in deutlich höherer Auflösung nachsimulieren. Modelltechnisch spricht man von der Nestung eines regionalen Modells in ein globales Modell. Mathematisch wird dies dadurch realisiert, dass die an den seitlichen Rändern des regionalen Modellbereichs fortwährend benötigten Informationen als Randwerte aus dem übergeordneten globalen Modell übernommen werden. Um modellgestützte Aussagen zur möglichen zukünftigen Klima- und PhotosmogEntwicklung in Bayern machen zu können, wurden in der hier vorgestellten Studie regionale Klima-Chemie-Simulationen durchgeführt. Das dazu eingesetzte Modell MCCM (Multiscale Climate Chemistry Model, Grell et al., 2000) berechnet in hoher Auflösung die meteorologischen und gleichzeitig die relevanten chemischen Prozesse. Simuliert werden zwei etwa 10 Jahre umfassende Zeiträume. Sie sollen gegenwärtige bzw. in 30 bis 40 Jahren zu erwartende zukünftige Klimabedingungen repräsentieren, wobei eine Emissionsentwicklung nach dem als IS92a bezeichneten Szenarium unterstellt wird. Dieses Szenarium geht von der Annahme ‚Business as usual’ aus und legt die daraus resultierenden Treibhausgaskonzentrationen für die Zukunft fest. – 19 – Eine auf dem IS92a-Szenarium basierende globale mehrhundertjährige Klimasimulation wurde vom Max-Planck-Institut in Hamburg mit dem globalen Klimamodell ECHAM4 (Roeckner et al. 1996) durchgeführt. Aus dieser Simulation werden für die Modelljahre 1991 – 2000 und 2031 – 2039 die Ergebnisse übernommen und für die regionalen Simulationen mit MCCM verwendet. Dabei wird nach der oben skizzierten Nestungsmethode verfahren. Regionale Simulationen Das für die regionalen Simulationen eingesetzte Modell MCCM (Grell et al. 2000) ist ein am IMK-IFU weiterentwickeltes direkt gekoppeltes Klima-Chemie-Modell. Der meteorologische Teil basiert auf dem amerikanischen Modell MM5 (Grell et al. 1994) und enthält prognostische Gleichungen für Temperatur, Feuchte, Wind und Druck sowie für vier flüssige und eisförmige Wolkenwasser- und Niederschlagskomponenten. Der chemische Modellteil beschreibt die Entwicklung von 39 gasförmigen Luftbeimengungen, wobei der hier verwendete sogenannte RADM2-Mechanismus (Stockwell et al. 1990) insgesamt 152 chemische Reaktionen berücksichtigt. Weitere wichtige Modellbestandteile sind ein Mehrschichten-Bodenmodell sowie Module zur Berechnung der atmosphärischen UV-Strahlung und zur Berechnung der biogenen Emissionen aus der Vegetation und aus dem Boden. Verschiedene Modellvalidierungen haben gezeigt, dass MCCM/MM5 globale Strukturen realistisch regionalisiert und erfolgreich für hydrologische oder andere Anwendungsstudien (Knoche et al. 2003) eingesetzt werden kann. Insbesondere konnten auch beobachtete Photosmogsituationen gut reproduziert werden (Forkel et al., 2002). Die in diesem Projekt durchgeführten regionalen Simulationen mit MCCM erfolgten in zwei Schritten. Zunächst wurden Simulationen für ein nahezu ganz Europa umfassendes Modellgebiet mit einer horizontalen Gitterweite von 60 km durchgeführt, wobei das Modell direkt in das globale Modell ECHAM4 genestet wurde. Die in der globalen Simulation mit einer Auflösung von lediglich 200 bis 300 km enthaltenen Klimasignale konnten so beträchtlich verfeinert werden. Um die Auflösung weiter zu steigern wurden in einem zweiten Nestungsschritt die Simulationen für ein verkleinertes Modellgebiet mit einem Gitterabstand von 20 km wiederholt. Die Abbildung 1 zeigt dazu die Modellgebiete der regionalen Simulationen sowie die der jeweils gewählten Auflösung entsprechende Modelldarstellung der Höhe der Erdoberfläche (Orographie). Während die Alpen im globalen Modell nur eine maximale Höhe von nicht einmal 1000 Metern aufweisen, erreichen die höchsten Erhebungen im regionalen Modell bereits Werte von 2200 bzw. fast 3000 Metern. Die Barrierewirkung wird damit wesentlich realistischer dargestellt, was sich insbesondere bei der Simulation von Föhn- oder Stau-Wetterlagen positiv bemerkbar macht. Neben den vom globalen Modell übernommenen großräumigen Klimabedingungen sind für die regionalen Simulationen eine Reihe weiterer Rahmenbedingungen zu spezifizieren. Dazu zählt insbesondere die Vorgabe der stratosphärischen Ozonkonzentrationen. Zwar wurde in den letzten Jahrzehnten ein ständiger Rückgang der Ozonschicht beobachtet, neuere Untersuchungen legen aber nahe, dass dieser Prozess bereits zum Stillstand gekommen ist und sich die Ozonschicht über Europa langsam wieder erholen wird. Aufgrund von verschiedenen Modellabschätzungen (z. B. Reuder et al. 2001) wird daher in den Simulationen für die Zeit um 2035 gegenüber 1995 eine jahreszeitlich unterschiedliche Zunahme angenommen, die in den relevanten Sommermonaten um die 6% beträgt. – 20 – Abbildung 1: Modellbereich der MCCM-Simulationen und Höhe der Erdoberfläche in Metern in der 1. Nestungsstufe mit 60 km Gitterabstand (oben) und in der 2. Nestungsstufe mit 20 km Gitterabstand (unten) Figure 1: Model domains of the MCCM simulations and surface elevation in meters for the first nest with 60 km grid distance (top) and for the second nest with 20 km grid distance (bottom) Weiter wird vorausgesetzt, dass die regionalen Vegetations- und Bodeneigenschaften und die anthropogenen Emissionen von Ozonvorläufersubstanzen in den beiden hier betrachteten Zeiträumen identisch sind. Diese Studie zeigt damit ausschließlich jene möglichen Entwicklungen auf, deren Ursache globaler Natur sind (Änderung des Klimas und Veränderung der stratosphärischen Ozonschicht) und im wesentlichen von Vorgängen außerhalb Bayerns gesteuert werden. – 21 – Ergebnisse Mit den hier beschriebenen regionalen Simulationen wurden erstmals gekoppelte Meteorologie-Chemie-Simulationen über klimatologisch relevante Zeiträume durchgeführt. Die Simulationsdauer von 10 bzw. 9 Jahren stellt bereits größere Anforderungen an die Rechenkapazität. Um auch seltene Extremereignisse statistisch signifikant erfassen zu können, wären noch längere Zeiträume wünschenswert. Für eine Beurteilung der Entwicklung von Mittelwerten oder typischen Werten dürfte die hier gewählte Länge der Zeiträume jedoch ausreichen. Dies gilt somit auch für die im folgenden dargestellten Ensemblegrößen, das heißt für die jeweils über den Zeitraum 1991 bis 2000 und 2031 bis 2039 gemittelten Werte einschließlich der daraus gebildeten Differenzwerte. Alle hier wiedergegeben Ergebnisse stammen aus den MCCM-Simulationen der 2. Nestungsstufe mit der Auflösung von 20 km. Abbildung 2: Jahresgang der über Bayern gemittelten simulierten Temperatur für die Zeiträume 1991 – 2000 und 2031 – 2039 Figure 2: Annual course of the simulated area-mean temperatures over Bavaria for the time periods 1991 – 2000 and 2031 – 2039 Augenfälligstes Kennzeichen der gegenwärtigen und für die nahe Zukunft erwarteten Klimaänderung ist der weltweite Anstieg der bodennahen Lufttemperatur. Auch die regionalen Modellsimulationen für Bayern ergeben eine deutliche Temperaturzunahme innerhalb der nächsten 30 bis 40 Jahre. Die Abbildung 2 zeigt dazu den Jahresgang der über ganz Bayern gemittelten bodennahen Temperaturen in den beiden simulierten Zeiträumen. Danach nimmt die Temperatur in allen Monaten des Jahres zu. Der stärkste Anstieg mit rund 2 Grad ist in den Sommermonaten (Juni, Juli, August), insbesondere im Monat August zu verzeichnen. Dies trifft mehr oder weniger für alle Regionen Bayern zu (vgl. Abbildung 3). – 22 – Abbildung 3: Simulierte mittlere Sommertemperatur in Grad Celsius für die Zeiträume 1991 – 2000 (oben) und 2031 – 2039 (unten) Figure 3: Simulated average summer temperature in degrees Celsius for the time periods 1991 –2000 (top) and 2031 – 2039 (bottom) Die meteorologische Größe mit dem stärksten Einfluss auf die UV-Strahlung und die damit verbundenen photochemischen Prozesse ist die Bewölkung. Hier ergeben die Simulationen für die Sommermonate einen deutlichen Rückgang sowohl des Wolkenwassergehalts wie auch des Wolkeneisgehalts über Bayern. Allerdings sind stark ausgeprägte regionale Muster zu verzeichnen. Für den Wolkenwassergehalt liefern die Simulationen Differenzwerte, die von 10% Abnahme in Mittelfranken bis zu mehr als 25% in Unterfranken und am östlichen Alpenrand reichen (Abbildung 4 oben). Außerhalb der Sommersaison, insbesondere auch in den für die Photochemie ebenfalls relevanten Monaten April und Mai, simuliert das Modell hingegen überwiegend eine Bewölkungszunahme. – 23 – Abbildung 4: Differenz des vertikal integrierten Wolkenwassergehalts in g/m2 (oben) und der UV-B-Strahlung in mW/m2 (unten) zwischen 2031 – 2039 und 1991 – 2000 Figure 4: Difference of the vertically integrated cloud water content in g/m2 (top) and of the UV-B radiation in mW/m2 (bottom) between 2031 – 2039 and 1991 – 2000 Wegen der starken Abhängigkeit der UV-B-Strahlung von den Bewölkungsverhältnissen liefert das Modell für die bodennahe UV-B-Strahlung ein ähnliches, allerdings gegenläufiges Veränderungsmuster. Die Abbildung 4 zeigt dazu die räumliche Verteilung der Differenz der UV-B-Einstrahlung an der Bodenoberfläche zwischen den beiden ausgewählten Zeiträumen. Der Anstieg beträgt im Mittel über Bayern rund 6 mW/m2, was etwa 4% entspricht. Die stärksten Veränderungen treten im August auf. Der Monatsmittelwert nimmt hier um 10 bis 15 mW/m2 zu, wobei die höheren Werte eher in Nord- und Mittelbayern auftreten. – 24 – Abbildung 5: Differenz des mittleren täglichen Ozonmaximums in µg/m3 (oben) und der Anzahl von Tagen mit Überschreitungen des Ozonrichtwertes von 120 µg/m3 (unten) zwischen 2031 – 2039 und 1991 – 2000 Figure 5: Difference of the mean daily ozone maximum in µg/m3 (top) and of the number of days with exceedances of the threshold value of 120 µg/m3 (bottom) between 2031 – 2039 and 1991 – 2000 Die Bildung von troposphärischem Ozon, welches die Hauptkomponente im Photosmog darstellt, hängt sowohl von der meteorologischen Situation als auch von der regionalen Verteilung der Quellen der Vorläufersubstanzen ab. Neben den anthropogen emittierten Stickstoffoxiden und verschiedenen Kohlenwasserstoffen trägt vor allem das von einigen Eichenarten und von Fichten emittierte Isopren zur Ozonbildung bei. Die Emission dieser Vorläufersubstanz steigt mit zunehmender Temperatur und Strahlung an. Daher simuliert das Modell wegen der höheren Temperatur und der aufgrund der geringeren Bewölkung stärkeren Einstrahlung für den Zeitraum 2031 – 2039 eine im Vergleich zu 1991 – 2000 erhöhte Isoprenemission aus den Waldflächen in Süddeutschland. Generell ergeben die Simulationen für Bayern im Sommerhalbjahr einen Anstieg der mittleren Ozonkonzentration. Für viele Belange von größerer Bedeutung sind jedoch Aussagen zu Änderungen der Tagesspitzenwerte. Die Abbildung 5 zeigt dazu die Diffe– 25 – renz der über die Sommermonate gemittelten täglichen Ozonmaxima zwischen Jetztzeit- und Zukunftsklima. Das Modell berechnet für ganz Bayern einen Anstieg der Tagesmaxima. Die Werte reichen von etwa 4 µg/m3 in den nördlichen Randgebieten Bayerns bis zu 10 µg/m3 im Alpenvorland, was einer Zunahme von 6 bis 9% entspricht. Dieser generelle Anstieg der mittleren Tagesmaxima hat zur Folge, dass die Zahl der Tage, an denen der Richtwert von 120 µg/m3 für das 8-Stundenmittel der Ozonkonzentration überschritten wird, in Nordbayern um etwa 3 und in Südbayern um bis zu 13 Tage zunimmt (Abbildung 5 unten). Da im Süden das Tagesmittel der Ozonkonzentration bereits unter Gegenwartsbedingungen höhere Werte aufweist als im Norden, führt hier der Anstieg der Tagesmaxima zu einer stärkeren Zunahme von Richtwertüberschreitungen. Abbildung 6: Über Bayern gemittelte Häufigkeitsverteilungen der simulierten täglichen Ozonmaxima in den Sommermonaten für die Zeiträume 1991 – 2000 und 2031 – 2039 Figure 6: Area-mean frequency distribution of the simulated daily ozone maxima in Bavaria during summer for the time intervals 1991 – 2000 and 2031 – 2039 Eine Warnung der Bevölkerung erfolgt, wenn die Ozonkonzentration den Schwellenwert von 180 µg/m3 überschreitet. Nach den Modellberechnungen könnte dies in Zukunft wesentlich häufiger der Fall sein. Dies zeigt sich deutlich auch in einer Veränderung der über Bayern gemittelten Häufigkeitsverteilung der täglichen Ozonmaxima (Abbildung 6). Gegenüber dem Jetztzeitklima ist die Verteilungskurve für das Zukunftsklima deutlich zu höheren Ozonwerten hin verschoben. So steigt die über Bayern gemittelte Zahl der Tage mit einer maximalen Ozonkonzentrationen über dem Schwellenwert von rund 0.14 auf 0.78 pro Sommersaison, das heißt auf nahezu das Sechsfache. Zu beachten ist, dass diese Zahlen Durchschnittswerte für alle in Bayern liegenden Modellgitterpunkte darstellen. Für einzelne Teilregionen werden deutlich größere Häufigkeiten simuliert. Fazit Als wesentliche Ergebnisse zeigen die Simulationen für die Sommermonate eine Abnahme von Wolkenwasser und Wolkeneis und damit einhergehend eine Zunahme der UV-B-Strahlung sowie der Emission biogener Kohlenwasserstoffe. Die simulierte Zunahme des mittleren Tagesmaximums der Ozonkonzentration erreicht für Bayern bis zu 10 µg/m3. Noch deutlicher sind die Änderungen der Auftretenshäufigkeit hoher Konzentrationen. So steigt die Anzahl der Ereignisse mit Ozonmaxima über 180 µg/m3 fast – 26 – auf das sechsfache. Die für die Zukunft erwarteten Klimabedingungen lassen somit das Auftreten von sehr hohen Ozonkonzentrationen in Bayern sehr viel wahrscheinlicher werden. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass es sich bei diesen Simulationen nicht um Prognosen sondern um Szenarienrechnungen mit zwei wesentlichen Annahmen handelt. Zum einen basieren die globalen ECHAM4-Simulationen auf Annahmen über den Anstieg treibhauswirksamer Spurengase, insbesondere des Kohlendioxids. Das hier zugrunde gelegte Szenario IS92a, das zum Zeitpunkt der Durchführung der globalen Simulationen als plausibelstes Szenario angesehen wurde, liegt im Vergleich zu neueren Abschätzungen im mittleren Bereich. Die Spannweite der für möglich gehaltenen Szenarien ist jedoch relativ groß. Dennoch darf die daraus resultierende Unsicherheit nicht überschätzt werden. Wegen der Trägheit des Klimasystems wirken sich Unterschiede in den Treibhausgaskonzentrationen erst nach mehreren Jahrzehnten auf die globale Temperaturentwicklung nennenswert aus. Viel entscheidender ist die Tatsache, dass in diesen Simulationen implizit mit dem Szenarium ‚Keine zukünftige Veränderung der anthropogenen Emissionen von OzonVorläufersubstanzen’ gerechnet wurde. Dies bedeutet, dass durch entsprechende Minderungsmaßnahmen die hier aufgezeigte mögliche künftige Entwicklung noch positiv beeinflusst werden kann. Um jedoch den vom Modell simulierten Anstieg der Ozonkonzentrationen zu kompensieren müssten die Emissionen der Vorläufersubstanzen deutlich reduziert werden. Bisher durchgeführte Untersuchungen haben gezeigt, dass sich Minderungen der Stickstoffoxid- und Kohlenwasserstoffemissionen im Bereich von bis zu 20% auf regionaler Ebene zwar nur geringfügig auf die mittlere Ozonbelastung auswirken. Andererseits können sie jedoch durchaus positive Auswirkungen auf die Reduktion der Spitzenwerte um und oberhalb von 180 µg/m³ haben (Obermeier et al., 1995, Forkel et al., 2004). Da auch die Vorbelastung der einströmenden Luftmasse einen starken Einfluss auf die Ozonproduktion hat, würden sich Minderungsmaßnahmen auf überregionaler europäischer Ebene zusätzlich positiv auswirken. Wegen der Nichtlinearität der an der Ozonbildung beteiligten chemischen Reaktionen können genauere quantitative Angaben zu den erforderlichen Minderungsmaßnahmen nur mit Hilfe entsprechender Modellsimulationen für konkrete Verhältnisse gemacht werden. Literatur Forkel, R. G. Smiatek, F. Hernandez Ortega, R. Iniestra Gomez, R. Knoche, G. Schädler, R. 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