Kardiotechnik Hr. Merkle 16/06/2004 1. Venöse Kanülen und Kanülierungsarten • • • • venöse Kanülierung gewährleistet während EKZ vollständige Blutdrainage in das venöse Reservoir Druckentlastung, eine Überdehnung des linken Ventrikels führt sonst zu einer Myozytenschädigung, Wandspannung steigt- Folgen: schlechte Durchblutung und Sauerstoffversorgung, durch Überdehnung Beeinträchtigung der Kontraktilität Rückstrom aus beiden Hohlvenen erfolgt unter Ausnutzung des Heberprinzips und ist abhängig vom hydrostatischen Druckgefälle und Volumenangebot (ZVD) entsprechend der OP und den erforderlichen Minutenvolumen, Kanüle und Kanülierung auswählen Kanülierungsarten: 1.1. Kanülierung mit der Zweistufenkanüle (partieller Bypass) • • • • zwei Einlassöffnungen, für Blutdrainage aus rechten Vorhofes unter der unteren Hohlvene Vorgehen: Kanüle wird über rechte Herzohr so weit in V. Cava inferior vorgeschoben bis die zweite Öffnung im rechten Vorhof plaziert ist, Fixierung mit Tabaksbeutelnaht, Anschluss an venöse Line der HLM gelockerten Tourniquets ermöglichen einen Rückstrom aus beiden Hohlvenen in den rechten Vorhof Größenangabe des Außendurchmessers in French ( 1 French = 0.3 Charriere) • Shunt- Flow (intrapulmonaler Shunt = Blut aus der V. pulmonales kann sich im linken Ventrikel sammeln) Einsatz: - Bypass- OP - Aortenklappen- OP kein Einsatz bei OP mit eröffnetem rechten Herzen, da diese das Heberprinzip aufheben (Luftblock) und den Rückstrom in das venöse Reservoir unterbrechen Komplikation: Einreißen des Vorhofes Blutverlusten, supraventrikuläre Arrhythmien durch Manipulation am Herzen, ein Luxieren des Herzens oder ein Luftblock in der venösen Linie können Rückstrom in VR unterbrechen Tipp: rhythmisches Schlagen in der venösen Linie kennzeichnet das Festsaugen der Kanüle im rechten Vorhof und kann ebenso wie das „Luftziehen“ durch partielles Ausklemmen der venösen Linie beseitigt werden 1.2. Kanülierung der Vena cava superior und inferior (totaler Bypass) • • • • • getrennte Kanülierung der oberen du unteren Hohlvene ermögliche nahezu sämtlichen herzchirurgischen Eingriffe Routinemäßiger Einsatz bei Eröffnung des rechten Herzens, der Blutfluss aus den beiden Hohlvenen in den rechten Vorhof wird unterbrochen (so genannter totaler Bypass) Kanülen mit gerader oder gebogenen Spitze zur besseren Positionierung Vorgehen: beide Kanülen werden über rechte Herzohr oder direkt in V. Cava superior und inferior plaziert, Fixierung mit Tabaksbeutelnaht, Verbindung mit venösen Seite der HLM Abdichtung der Kanülen für totalen Bypass werden beide Hohlvenen mit Haltebändern umschlungen und mit einem Tourniquet versehen, beide Tourniquets werden angezogen, der venöse Rückstrom zum Herzen für unterbrochen Einsatz: - bei OP mit Eröffnung des rechten Vorhofs, Ventrikel - Herztransplantation - Mitralklappen- OP - Vorhofseptumdefekt, Ventrikelseptumdefekt 1.3. Kanülierung der Vena femoralis und Vena iliaca externa • • Anwendung bei Patienten die vor bzw. ohne Eröffnung des Thorax an HLM angeschlossen werden sollen, wie bei der Wiedererwärmung von unterkühlten Patienten mittels EKZ Kanülierungsart verläuft gleichzeitig mit der Kanülierung der A. femoralis bzw. A. iliaca externa 1.4. Größe der venösen Kanüle • • • Größe richtet sich dem Gefäß, den anatomischen Verhältnissen des Patienten, Ziel ist eine vollständige Drainage des Blutes in das VR Erwachsene: Zweistufenkanüle 32 Fr oder 40 Fr Hohlvenenkanülen 24-36 Fr Angabe in der Regel als Außendurchmesser! 2. Arterielle Kanülen und Kanülierungsarten • • • • • • • entsprechend der OP, erforderlichen Minutenvolumen geeignete Kanülen auswählen Anforderungen an Kanülen: strömungsgünstige Form soll laminaren Flow sicherstellen, Blutschädigung vermeiden dünnwandige Spitze mit günstigen Innen-/ Außendurchmesserverhältnis gewährleistet niedrige Druckgradienten und sicheres Kanülieren o (Gefäßnah Lumen klein, dann Lumen zunehmend) Größenangabe Innendruchmesser in French ( 1 French = 0,3mm) Widerstand ist abhängig von Innendruchmesser, geringere Wanddicke = größerer Innendurchmesser Drahtverstärkung im Mittelteil verhindert Abknicken Anschlusskonnektor mit Entlüftungsstopfen zur Verbindung und Entlüftung mit der arteriellen Linie der HLM o Thrombenbildung vermeiden durch Kanülierung des Patienten nach vollständiger Hepariniesierung (Ausnahme bei heparinbeschichteten Systemen) Tipp: Lagekontrolle der Kanüle vor OP- Beginn durch kurzzeitiges “Hochfahren“ der arteriellen Pumpe, Perfusionsdruck sollte den üblichen Wert nicht überschreiten Kanülierungsarten 2.1. Kanülierung der Aorta ascendens • • • • • • antegrade Perfusion häufig, schnell, sicher in der Regel ohne Ausklemmung der Aorta Vorgehen: Einführung in Aorta, Befestigung mit Tabaksbeutelnaht an Gefäßwand, Verbindung mit arteriellen Line Komplikation: Kalkplaquesablösung, Dissektion und Einreißen der A. ascendens, Gefäßschädigung oder hohe Perfusionsdrücke durch Abknicken der arteriellen Linie oder eine im Gefäß anliegende bzw. nicht im freien Lumen platzierte Kanüle 2.2. Kanülierung der A. femoralis und A. iliaca externa • • • • retrograde Perfusion wenn Kanülierung der A. ascendense nicht möglich oder zu risikoreich bevorzugt bei Aneurysmen im Aortenbereich, Reoperationen, verkalkter Aorta oder bei Anschluss unter Reanimationsbedingungen Komplikation: bei sklerotisch veränderten oder dissezierten Gefäßen Kanülierung eines falschen Lumen, Beschädigung der Intima oder Gefäßdissektion beim Einführen der Kanüle 3.2. Kanülierung der A. subclavia rechts/ links 4.2. Sonderfall, Kanülierung der Aorta über Herzspitze, selten Größe der arteriellen Kanüle • • • • richtet sich nach den erforderlichen Minutenvolumen des Patienten (1,6-2,4 l/qm KOF/min) und er Größe des zu kanülierenden Gefäßes Erwachsener: in der Regel 5-8 mm (16-24 Fr) Innendurchmesser durch hohe Querschnittsreduktion in art. Linie kann es, bei sehr hohen Sauerstoffpartialdrücken infolge einer Entspannung an der Kanülenspitze zu Freisetzung von Mikroblasen kommen Verringerung der Scherkräfte auf korpuskulären Blutbestandteile durch ausreichend große Kanüle 3. Entlastung und Entlüftung des linken Ventrikels Vent-Kanüle Funktion: • Verhinderung einer Luftembolie, vor dem öffnen der Aortenklemme, sorgfältige Entlüftung über Entlüftungskanüle in der Herzspitze oder über die Aortenwurzel mit der als Vent genutzten Aortic-Root- Kanüle: • Volumenentlastung, während Aortenabklemmung fließt Blut in linken Ventrikel, ohne Drainage Überdehnung des Ventrikels Verwendung spezieller Kanülen mit perforierter Spitze moderate Saugung verhindert Festsaugen der Kanüle sowie übermäßige Scherkräfte auf die festen Blutbestandteile Vent- Kanülen werden mit Tabaksbeutelnaht versorgt und Tourniquet (engl. Snagger) • • • Kanülierungsarten 3.1. Linksvent • Herzspitzen-Vent, Kanüle wird an der Herzspitze plaziert. selten, nur im Notfall 3.2. Aortenwurzelvent (einfach/ häufig) • Plazierung der Kanüle in der Aorta • zwei Funktionen: Ventrikelentlastung, intermittierende Kardioplegiegabe 3.3. Linksartrialervent • Plazierung der Kanüle über der rechten oberen Pulmonalvene (anatomisch günstig) oder über das linke Herzrohr • Kontraindikation: Zustand nach Klappen- OP 3.4. Pulmonalarteienvent = Pulmonalesvent • partieller Bypass • Plazierung der Kanüle über A. pulmonales • nur Volumenentlastung Kanülierung bei Kindern und Säuglingen • herzchirurgische Eingriffe meist zur Korrektur von angeborenen Herzfehlern • anatomischen Verhältnisse bei der Auswahl der Kanülierungstechnik berücksichtigen • zur Kanülierung geeignete Kanülen verwenden, erforderliches Minutenvolumen (2,2-3,0 l/qm KOF/min), sichere Auswahl nach individueller Beurteilung • aufgrund der Gefäßgröße, arterieller Kanülierung meist auf Aorta ascendens beschränkt • häufig, venöse Kanülierung der oberen und unteren Hohlvene • bei einem sehr kleinen OP- Feld oder komplexen Vitien nur einfache Kanülierung des rechten Vorhofes, meist nur in tiefer Hypothermie mit Kreislaufstillstand und entfernter venöser Kanüle 4. Kardioplegiekanülierung • • neben der intraoperativen Myokardprotektion ist für viele Eingriffe eine Stilllegung es Herzens während der EKZ nötig Herbeiführung des pharmakologischen Herstillstandes (gängigste Methode) durch kardioplegische Lösung abhängig von Zustand der Aortenklappe und der geplanten OP sind verschiedene Techniken anwendbar 4.1. Kanülierung bei intakter Aortenklappe • • • Infusion kardioplgischer Lösung erfolgt unmittelbar nach Aortenabklemmung und möglichst entlastetem linken Ventrikel Verwendung von Aortic- Root- Kanülen, Plazierung im Bereich der Aortenwurzel, Fixierung mit Tabaksbeutelnaht nach Kardioplegiegabe wird Kanüle zur Drainage oder Entlüftung als AorticRoot-Vent genutzt 4.2. Kanülierung bei insuffizienter Aortenklappe • • • keine Kardioplegie in die Aortenwurzel infundieren, da diese größtenteils durch nicht vollständig schließende Aortenklappe retrograd in den linken Ventrikel fließen würde um eine Myokardprotektion zu erreichen, erfolgt nach Aortenabklemmung getrennte Kanülierung der beiden Koronarostien Kanülengröße: 3-5 mm (9-15 Fr) Angabe von Außen- (Außendurchmesser minus 2x Wandstärke = Innendruchmesser) oder Innendruchmesser 4.3. Retrograde Coronar- Sinus- Perfusions (RCSP)- Kanüle • • • • • • Myokardprotektion mit Blutkardioplegie erfolgt mit einer antegraden (über die Aortenwurzel) und einer retrograden (über den Koronarvenensinus) Infusion der Kardioplegie (dadurch bessere Perfusion des Myokards) Plazierung RCSP-Kanüle über rechten Vorhof in den Coronarsinus, dann Sicherung mit Ballon im Sinus Druckmessung während der Kardioplegiegabe wechselnde Kardioplegiegabe, entweder ante- oder retrograd, niemals gleichzeitig bei retrograder Gabe auf ausreichende Ventrikeldrainage achten Komplikation: 1. bei Arteriosklerose, keine Verteilung der Kardioplegie 2. Sinusruptur 3. Kanülenfehllage