Das Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen ESVG 2010 Im September 2014 wird die neue europäische Norm ESVG 2010 zur Erstellung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen in Kraft treten. Diese methodische Revision ist das Ergebnis einer langfristigen Entwicklung auf internationaler Ebene. Sie soll die spezifischen Veränderungen der heutigen Volkswirtschaften besser berücksichtigen. Nachstehend finden Sie eine allgemeine Darstellung dieser Revision sowie verschiedene nützliche Dokumente, die mit ihr in Zusammenhang stehen. 1. 2. 3. 4. Allgemeiner Rahmen der Revision ESVG Neuerungen des ESVG 2010 Neue Handbücher der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen und der Zahlungsbilanz Eurostat-Dokumente zur Revision ESVG 2010 1. Allgemeiner Rahmen der Revision ESVG 1.1 Begriffe der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung Wie die Unternehmen sind auch die Länder einer Rechnungslegung unterworfen, durch die sich ihre Wirtschaftstätigkeit messen lässt. Die Grundsätze der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ähneln im Übrigen denen der Unternehmensrechnung. Ziel der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ist es, die Wirtschaftstätigkeit und ihre verschiedenen Aspekte messen zu können. Daher interessiert sie sich vor allem für die Wertschöpfung, ihre Verteilung und ihre Verwendung. Dieser bei der Herstellung von Gütern und Dienstleistungen entstehende und dem Eigentumsrecht unterliegende Mehrwert wird in Geld bewertet; dadurch lässt er sich aggregieren und als synthetisches Abbild der Wirtschaftstätigkeit darstellen, das sich aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten lässt. Das BIP und das BNE Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist der am häufigsten verwendete Indikator der Produktionstätigkeit eines Landes innerhalb eines bestimmten Zeitraums (Jahr oder Quartal). Es soll den in einem Land während dieses Zeitraums geschaffenen Wohlstand messen und gilt als zuverlässigste und für den internationalen Vergleich am besten geeignete Messgröße der Wirtschaftstätigkeit. Sein Wachstum wird von Politikern, Ökonomen und der Presse sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene genau untersucht. In der Europäischen Union (EU) werden die Staatsverschuldung und das Haushaltsdefizit im Rahmen der Überwachung der haushaltspolitischen Maßnahmen als prozentueller Anteil am BIP ausgedrückt. Die Schaffung von Wohlstand in einer Volkswirtschaft kann auf dreierlei Weise betrachtet werden: vom Produktionsaspekt, vom Ausgabenaspekt und vom Einkommensaspekt her. Vom Produktionsaspekt her wird das BIP nach dem Wertschöpfungskonzept bewertet, das eine Messgröße für den Wert aller Güter und Dienstleistungen darstellt, die innerhalb eines Zeitraums hergestellt und nicht im Rahmen des Produktionsprozesses sofort verbraucht werden, sondern wirklich für einen finalen Verwendungszweck bestimmt sind. Vom Ausgabenaspekt her kann das BIP auch als die Summe der von den Endverbrauchern von Gütern und Dienstleistungen getätigten Ausgaben gesehen werden. Diese Betrachtungsweise stellt also auf die Verwendung des Wohlstands in der Wirtschaft ab. Vom Einkommensaspekt her legt das BIP den Schwerpunkt auf die volkswirtschaftliche Verteilung des Wohlstands. Durch die Produktion werden nämlich Einkommen für alle Besitzer von Produktionsfaktoren geschaffen. Durch diesen Ansatz lässt sich somit zwischen den Vergütungen der Arbeitnehmer und den Gewinnen der Kapitaleigner unterscheiden. 2/7 Das BIP misst den im Inland geschaffenen Wohlstand, unabhängig davon, ob die dabei eingesetzten Produktionsfaktoren gebietsansässig oder gebietsfremd sind. Mit anderen Worten, es wird dabei nicht berücksichtigt, dass ein Teil dieses Wohlstands von Gebietsfremden geschaffen wurde und dass Gebietsansässige umgekehrt zur Schaffung des Wohlstands in anderen Ländern beigetragen haben können. Das Bruttonationaleinkommen (BNE) nimmt diese Korrekturen am BIP vor: Es misst den speziell von den nationalen Wirtschaftsakteuren geschaffenen Wohlstand. Das BNE dient insbesondere als Rechnungsgrundlage für die vierte Eigenmittelquelle. Die Vermögensbilanz Es genügt nicht, die von den Wirtschaftsakteuren im Jahresverlauf durchgeführten Transaktionen zu verfolgen, um die Wirtschaft eines Landes zu verstehen. Das Verhalten der Wirtschaftsakteure hängt weitgehend von ihrem Vermögen ab, das heißt von ihren Aktiva und Passiva. Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung erfasst auch diesen Bereich und ermöglicht es, die Vermögensbestände zu untersuchen und Bilanzen nach einer standardisierten Klassifikation von in institutionelle Sektoren zusammengefassten Wirtschaftsakteuren zu erstellen (siehe unten). Die Wirtschaftszweige und die Sektoren Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung bietet zwei Arten der Untergliederung der Wirtschaftsakteure, die für die Schaffung des Wohlstands verantwortlich sind: die Wirtschaftszweige und die Sektoren. - - Zur Darstellung der Produktionsprozesse werden die wirtschaftlichen Einheiten je nach Art der ausgeübten Tätigkeit in Wirtschaftszweige untergliedert, wie zum Beispiel die Landwirtschaft, verschiedene Industriebranchen, das Baugewerbe, verschiedene Dienstleistungsbereiche usw. Die Klassifikationen können je nach standardisierter Nomenklatur, auf die man sich bezieht, mehr oder weniger detailliert sein. Um die Produktionsprozesse, aber auch die Einkommen und ihre Verwendung, die Finanzströme und die Vermögensbilanz zu beschreiben, sind die wirtschaftlichen Einheiten in institutionelle Sektoren untergliedert: - 1.2 die nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften; die finanziellen Kapitalgesellschaften; die öffentlichen Haushalte; die privaten Haushalte; die privaten Organisationen ohne Erwerbszweck; der „Rest der Welt“, das heißt die im Ausland ansässigen wirtschaftlichen Einheiten, die Geschäftsbeziehungen mit inländischen Einheiten unterhalten. . Internationaler Rahmen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung : SNA 2008 und ESVG 2010 Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung wäre nicht von großem Nutzen, wenn jedes Land sie unabhängig und eigenständig mit seinen eigenen Bewertungsvorschriften, seinen eigenen Nomenklaturen, seinen eigenen Kontenschemen usw. führen würde. Die von den verschiedenen Ländern verwendeten Rahmenbedingungen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung sind daher international vereinheitlicht, um die Daten großer geografischer Zonen (Regionen, Länder, Ländergruppen) vergleichen und aggregieren zu können. Die auf diesem Gebiet weitreichendsten internationalen Richtlinien sind die des „System of National Accounts“ (SNA). Sie werden auf internationaler Ebene gemeinsam von den Vereinten Nationen, dem Internationalen Währungsfonds (IWF), dem Statistikbüro der europäischen Gemeinschaften (Eurostat), der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der Weltbank erstellt. Um den besonderen Anforderungen der EU nachzukommen, hat Eurostat in Übereinstimmung mit diesen Rahmenbedingungen das „Europäische System Volkswirtschaftlicher 3/7 Gesamtrechnungen“ (ESVG) entwickelt, das es ermöglicht, systematisch und detailliert die Volkswirtschaften der EU, ihre Komponenten und ihre Beziehungen zu den anderen Volkswirtschaften zu beschreiben. Das ESVG dient daher als zentraler Bezugsrahmen für die Wirtschafts- und Sozialstatistiken der EU und ihrer Mitgliedstaaten. Die internationalen Systeme der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen werden regelmäßig überarbeitet, um den durch die Entwicklung der modernen Volkswirtschaften entstandenen neuen statistischen Bedürfnissen gerecht zu werden und die methodischen Fortschritte zu integrieren. Bei diesen Revisionen geht es hauptsächlich darum, einen reibungslosen Übergang von den früheren Versionen zu bewerkstelligen und auf die Kohärenz mit anderweitig verwendeten Handbüchern wie dem Handbuch der Zahlungsbilanz (BPM), dem Handbuch der Statistiken der öffentlichen Finanzen und dem Handbuch der geld- und finanzpolitischen Statistiken zu achten. Der Revisionsvorgang beginnt auf der umfassendsten Ebene (der des SNA, von dem es seit seiner ersten vor über fünfzig Jahren veröffentlichten Version mittlerweile die fünfte Version – das SNA 2008 – gibt). Danach werden diese Prinzipien für die EU auf das ESVG übertragen und schließlich auf nationaler Ebene angewandt, wobei die Erstellung des ESVG durch die EU-Mitgliedstaaten einen verbindlichen Charakter hat. Das ESVG 2010 ist die jüngste Revision des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen, das im September 2014 in Kraft tritt. 1.3 Das SEC 2010 und das BPM6 Seit Ende des Zweiten Weltkriegs hat der IWF in enger Zusammenarbeit mit anderen internationalen (vor allem europäischen) Gremien sowie mit den nationalen Statistikämtern Leitlinien zur internationalen Vereinheitlichung der Zahlungsbilanzstatistiken entwickelt. Sie sind im Handbuch der Zahlungsbilanzen (Balance of Payments Manual - BPM) zusammengefasst, dessen sechste und bislang letzte Ausgabe den Namen BPM6 trägt. Die Beschäftigung mit den Zahlungsbilanzen erfolgte parallel zu den Überlegungen, die zu den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen sowohl für das SNA als auch für das ESVG angestrengt wurden, um eine maximale Kohärenz zwischen den inländischen und ausländischen gesamtwirtschaftlichen Statistiken zu gewährleisten. Wie das ESVG 2010 versucht das BPM6, die seit der vorangegangenen Überarbeitung von 1993 eingetretenen Entwicklungen der Weltwirtschaft besser darzustellen, wie insbesondere die Globalisierung, die Entwicklung der Finanzinnovationen usw. Es legt auch ein größeres Augenmerk auf den Auslandsvermögensstatus, der die Vermögenslage einer Volkswirtschaft gegenüber dem Ausland abbildet. Konkret wird diese neue Methodologie zu einigen Umgruppierungen zwischen Rubriken in der Zahlungsbilanz und ganz allgemein zu einer stärkeren Aufgliederung führen. Die Einführung des BPM6 auf EU-Ebene ist ebenfalls für September 2014 geplant. 4/7 2. Neuerungen des ESVG 2010 Durch die Einführung des neuen SNA 2008 im Jahr 2009 wurde die Anpassung des ESVG 95 notwendig, das seit 1996 für die EU verwendet wurde und auf dem vorangegangenen SNA 1993 basierte. Die Anpassung des SNA wurde durch die Verordnung (EU) Nr.549/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 zum Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene in der EU formell beschlossen, und das ESVG 2010 wurde damit eingeführt. Die meisten Neuerungen des ESVG 2010 spiegeln die des SNA 2008 wider; sie wurden jedoch mit einigen minimalen Unterschieden transponiert und präzisiert, um sie besser den Realitäten der EU anzupassen. Es geht auf jeden Fall darum, in Zeiten des schnellen wirtschaftlichen Wandels für eine größere Kontinuität des Systems der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen in wirtschaftlicher und darstellender Hinsicht zu sorgen. Eine ausführliche Untersuchung der durch das ESVG 2010 bei den Systemen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen bewirkten Änderungen führt zwar auf dieser einleitenden Internetsite zu weit (sie finden sich hingegen in den neuen Handbüchern der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen und in der Eurostat-Dokumentation),doch lassen sich diese Änderungen je nach Zugehörigkeit zu den folgenden Themenkreise in fünf Hauptgruppen unterteilen: - die Globalisierung der Wirtschaft; die wissensbasierte Wirtschaft; der Finanzbereich; die öffentlichen Finanzen; die Verfeinerung der Berechnungsmethoden. Es ist natürlich möglich, dass sich einige Änderungen gleichzeitig auf mehrere dieser Gruppen beziehen. Anzumerken ist, dass nicht unbedingt alle der vom neuen ESVG eingeführten Anpassungen die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Belgiens betreffen. Es kann nämlich sein, dass einige von ihnen sich nicht in der wirtschaftlichen Realität Belgiens niederschlagen oder aber einige Aspekte der Methodik aus Gründen der Datenverfügbarkeit nicht im eigentlichen Sinne angewandt werden können. 2.1 Die Globalisierung der Wirtschaft Wie das SNA 2008 unterstreicht auch das ESVG 2010 die Wichtigkeit, die zunehmende Globalisierung der Wirtschaft stärker zu berücksichtigen, ein dynamischer Prozess, dessen Messung für die Statistiker eine Herausforderung darstellt; durch ihn werden die nationalen Ressourcen weltweit mobiler, und so nimmt die Interdependenz der nationalen Volkswirtschaften zu. In diesem Rahmen wurde beschlossen, das Erfassungskriterium der Geschäfte enger auszulegen. Prinzip der Vermögensübertragung als In der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung wirkt sich diese engere Auslegung auf die Erfassung dreier Arten von Transaktionen aus: „Lohnveredelung“1, „Wartung und Reparatur“ und „Internationaler Transithandel“2. An den Stellen, an denen im ESVG 95 die „Lohnveredelung“ und die „Wartung und Reparatur“ als Warengeschäfte betrachtet wurden, auch wenn sie nicht zu Vermögensübertragungen führten, gelten sie im ESVG 2010 als Dienstleistungsgeschäfte. Umgekehrt war der „Internationale 1 Bei einer „Lohnveredelung“ führt ein Unternehmen eine Änderung an Gütern durch, die das Eigentum des in einem anderen Land ansässigen Auftraggebers bleibt. 2 Der „Internationale Transithandel“ bezeichnet den Kauf einer Ware durch einen Gebietsansässigen (der meldenden Volkswirtschaft) bei einem Gebietsfremden und ihren späteren Weiterverkauf an einen anderen Gebietsfremden, ohne dass die betreffende Ware auf das Staatsgebiet der meldenden Volkswirtschaft gelangt. 5/7 Transithandel“ laut ESVG 95 ein Dienstleistungsgeschäft, obschon er zu einem Vermögenstransfer führte, während er nach der neuen Methodologie als Warengeschäft betrachtet wird. Da sich die belgische Wirtschaft durch einen hohen Grad der Offenheit auszeichnet, werden diese Änderungen einen spürbaren Einfluss auf die Aufschlüsselung der Einfuhr- und Ausfuhrzahlen in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, den Zahlungsbilanzstatistiken und der Kapitalflussrechnung haben. 2.2 Die wissensbasierte Wirtschaft Da die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) als entscheidender Faktor für die mittel- und langfristige Ausbreitung des wirtschaftlichen Wohlstands angesehen werden, haben sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten die Entscheidungsträger und Analysten in besonderem Maße für sie interessiert. Laut ESVG 95 gehörten diese Ausgaben zu den Vorleistungen. Sie galten als Betriebsmittel, die während des Produktionsprozesses vollständig verbraucht wurden. Die aus den FuE-Aktivitäten gewonnenen Erkenntnisse werden jedoch weiterhin im Produktionsprozess verwendet. Die Ergebnisse der FuE können daher ihrem Eigentümer über mehrere Jahre einen wirtschaftlichen Nutzen bringen, so wie Gebäude oder Maschinen. Das ESVG 2010 hat sich dieser Realität angepasst und betrachtet nunmehr die FuE-Ausgaben – sowohl beim Kauf der Ergebnisse als auch bei der Nutzung auf eigene Rechnung – als Bruttoanlageinvestitionen. In diesem Zusammenhang wurde die Liste der produzierten Vermögensgüter erweitert, um dort die FuE-Ergebnisse als „Rechte des geistigen Eigentums“ hinzuzufügen. Die Auswirkungen dieser konzeptuellen Änderung werden zwar unterschiedlich sein, je nachdem, ob Marktproduzenten oder Nichtmarktproduzenten davon betroffen sind bzw. ob die FuE auf eigene Rechnung durchgeführt oder deren Ergebnisse gekauft wurden, doch sie wird insgesamt zu einem Anstieg verschiedener Schlüsselgrößen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung wie des BIP führen. 2.3 Der Finanzbereich Im Finanzsektor mit seinen vielfältigen Erscheinungsformen ging der Wandel in den vergangenen Jahren am schnellsten vonstatten. Diese Änderungen schlugen sich im ESVG 2010 zum einen in der Anpassung und Erweiterung des Spektrums der Transaktionen mit finanziellen Forderungen und Verpflichtungen und zum anderen in einer revidierten Definition der institutionellen Sektoren nieder. Bei den finanziellen Transaktionen wurde beispielsweise das neue Instrument „Rückstellungen für Forderungen im Rahmen standardisierter Garantien“ hinzugefügt. Bei der Klassifizierung der institutionellen Sektoren gehört der Finanzsektor zu einer erweiterten Untergruppierung. Er wurde im Übrigen angepasst, um einen neuen Teilsektor „Firmeneigene Finanzinstitute und Geldgeber“ zu bilden, der Finanzinstitute umfasst, die weder Finanzmittlergeschäfte betreiben noch Zusatzfinanzdienste leisten und deren Forderungen oder Verbindlichkeiten überwiegend nicht Gegenstand von Transaktionen an den offenen Finanzmärkten sind. Es handelt sich zum Beispiel um Holdinggesellschaften, die jetzt deutlich von den Unternehmenszentralen getrennt sein werden. Diese Änderung wird eine große Umschichtung von Finanzaktiva und -passiva von den Nichtfinanzgesellschaften hin zu den Finanzgesellschaften zur Folge haben. 6/7 Die Berechnungsmethode der „unterstellten Bankgebühren“ (services d’intermédiation financière indirectement mesurés – SIFIM) wurde ebenfalls verfeinert. Die SIFIM sind ein Bilanzwert der von den finanziellen Mittlern erbrachten und durch ihre Mittlermarge finanzierten Leistungen. Eine Änderung der Schätzungsmethode dieser Leistungen kann Auswirkungen auf das BIP und das BNE haben. Die umfassendste Änderung im Finanzbereich betrifft neue Richtlinien für die Erfassung von Pensionsansprüchen. Im Gegensatz zum ESVG 95, das nur private Altersversorgungssysteme nach dem Kapitaldeckungsverfahren anerkannte, werden im ESVG 2010 nunmehr sämtliche Altersversorgungssysteme – auch jene ohne Kapitaldeckung – anerkannt. Die entsprechenden Zahlen werden in einer zusätzlichen Tabelle zusammengefasst, die ab 2017 erstellt wird. 2.4 Die öffentlichen Finanzen Aufgrund der großen Bedeutung, die einer guten Erfassung der Daten der öffentlichen Finanzen zukommt, und in Übereinstimmung mit dem SNA 2008 präzisiert das ESVG 2010 mehrere Aspekte der öffentlichen Haushalte und der staatlichen Unternehmen. In erster Linie dürfte die Verwendung qualitativer Kriterien bei der Klassifizierung der Handels- und Nichthandelstätigkeiten (Maximierung der Gewinne von Verkäufern, Maximierung des Nutzens der Käufer, Vorhandensein effizienter Märkte) zusätzlich zum früher verwendeten quantitativen Kriterium (das seinerseits angepasst wird) zu einer höheren Anzahl der im Sektor der öffentlichen Haushalte eingeordneten Einheiten führen und einen Einfluss auf die Defizite und die Verschuldung der öffentlichen Haushalte haben. Außerdem ist die Erfassung folgender Themen jetzt geklärt: von öffentlichen Haushalten kontrollierte Zweckgesellschaften; von staatlichen Unternehmen ausgeschüttete Sonderdividenden; öffentlichprivate Partnerschaften und Umstrukturierungsagenturen; Verbriefungsvehikel; Standardbürgschaften; Erfassung von Pauschalbeträgen aus Altersvorsorgesystemen. Mehrere dieser geklärten Punkte wurden jedoch bereits in Übereinstimmung mit den diesbezüglichen Empfehlungen in die Praxis umgesetzt. 2.5 Die Verfeinerung der Berechnungsmethoden In mehreren Bereichen der aktuellen Entwicklung unserer Gesellschaften (insbesondere auf dem Gebiet der Umwelt) führt das ESVG neue Rubriken ein oder verfeinert die zuvor verwendeten Berechnungsmethoden. Dies gilt vor allem für folgende Punkte: - Aufgrund einer Änderung der Berechnungsmethode entwickelt sich die Messgröβe der Schadensversicherungsleistungen bei extremen Schadensfällen (z. B. schwere Naturkatastrophen usw.) jetzt weniger volatil. Dies wird Auswirkungen auf das BIP und das BNE haben, aber es ist nicht möglich, diese im Voraus genau zu bestimmen. - Die Erfassung der Stilllegungskosten (Kosten am Ende der Nutzungsdauer bestimmter Vermögensgegenstände – zum Beispiel von Atomkraftwerken – zum Ausgleich der damit verbundenen Umweltschäden oder Sicherheitsprobleme) erfolgt im ESVG 2010 am Ende der Nutzungsdauer und nicht mittels eines zu Beginn derselben einsetzenden Abschreibungsverfahrens. Der Einfluss dieser Änderung auf die gesamte Nutzungsdauer des Vermögensgegenstands ist zwar neutral, aber sie kann geringfügige Auswirkungen auf das Verlaufsprofil der Produktion, der Ausgaben, der Einkommen und des BIP haben. - Durch die Einführung einer zusätzlichen Kategorie der produzierten Vermögensgüter, nämlich der „Verbesserung der Böden“, können die Investitionen in die Verbesserung der Böden mit einer Änderung des entsprechenden Vermögensbestands in Einklang gebracht werden. In einigen Fällen könnte diese Änderung zu einem Anstieg des BIP und des BNE führen. 7/7 3. Neue Handbücher der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen und der Zahlungsbilanz Vollständigen Konten des ESVG 2010 Vollständigen Konten des SNA 2008 Vollständige BPM6 Verordnung (EU) Nr.549/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 zum Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene in der EU und zur Einführung des ESVG 2010 4. Eurostat-Dokumente zur Revision ESVG 2010 Allgemeine Dokumente Handbuch der Änderungen zwischen dem ESVG 95 und dem ESVG 2010