Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon Und Bellsche Ungleichung Jannik Fehre Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Fakultät für Physik und Astronomie Seminar Quantenmechanik Prof. Dr. Wolschin Wintersemester 2016/17 09. Dezember 2016 Inhalt 1. Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon - Realität, Lokalität und Vollständigkeit - Versuchsaufbau und EPR-Argument 2. Erwartungswerte - Bellsche Ungleichung - Quantenmechanik 3. Experimentelle Lage - Schlupflöcher - Einige Experimente 4. Konklusion - Interpretation der Realität - Interpretation der Lokalität Definitionen Realität: Wenn, ohne in irgendeiner Weise das System zu stören, wir mit Sicherheit den Wert einer physikalischen Quantität vorhersagen können, dann existiert ein Element der physischen Realität, welches dieser phyikalischen Quantität entspricht. Vollständigkeit: In einer vollständigen physikalischen Theorie muss jedes Element der physischen Realität ein Gegenstück haben. Lokalität: Eine Messung kann den Ausgang einer anderen Messung nicht beeinflussen, sofern die zugehörigen Ereignisse einen raumartigen Abstand voneinander haben. EPR-Argument - vorgestellt 1935 von A. Einstein, B. Podolsky und N. Rosen, hier Variante von D. Bohm - zwei Spin-1/2-Teilchen mit Gesamtspin gleich Null werden erzeugt und räumlich separiert, die Messung des jeweiligen Spins erfolgt hinreichend zeitnah - eine Messung des Spins von Teilchen A in eine Richtung legt den Spin von Teilchen B in dieselbe Richtung ebenfalls fest => dieser Wert entspricht einem Element der Realität - möglich in jeder beliebigen Richtung, also sind insbesondere die Spins in z.B. x und y-Richtung gleichzeitig festgelegt; die Quantenmechanik verneint die Existenz eines solchen Zustandes => QM ist unvollständig Erwartungswerte Betrachte den Erwartungswert des Produkts der Spins in zwei beliebige Richtungen. Die Bellsche Ungleichung (1964, J. S. Bell) folgt aus der Annahme lokaler verborgener Variablen, welche den Zustand vollständig determinieren. Die Bellsche Ungleichung kann auf andere Situationen und nicht vollständige Antikorrelation der Spins verallgemeinert werden. - Bellsche Ungleichung: 1+ E( m p,m n )|≥0 ⃗ ,n ⃗ )−|E( ⃗ ⃗ )− E( ⃗p , ⃗ - Quantenmechanik: E(⃗a , ⃗ b)=−⃗a⋅⃗b - wähle nun z.B. ⃗p=e^x m ⃗ =cos (ϕ 1)∗e^x +sin( ϕ1 )∗e^y n =cos (ϕ 2 )∗e^x +sin( ϕ 2)∗ e^y ⃗ 2π mit ϕ1 =π , ϕ 2= 3 3 => B.U. wird verletzt linkeSeite der B .U .=− 1 2 Schlupflöcher - Lokalitätsschlupfloch: Messapparate wissen voneinander => Richtungswahl zufällig unmittelbar vor der Messung - Nachweisschlupfloch: nicht alle Teilchen werden detektiert => bessere Technik, massive Teilchen - Superdeterminismus: alle Details der Messungen sind im Vorneherein bekannt => nie auszuschließen, aber unplausibel Es können deterministische Theorien konstruiert werden, welche das eine oder andere Schlupfloch nutzen, um quantenmechanisches Verhalten zu simulieren. Einige Experimente - 1972 Freedman und Clauser (noch alle Schlupflöcher offen) - 1981-2 Aspect et al. (Photonen aus Calciumabregung, Messrichtungen rotieren => Lokalitätsschlupfloch nicht vollständig gefüllt) - 1998 Tittel et al. (Entfernung über mehrere km mittels Glasfaserkabel) - 1998 Weihs et al. (verbesserter Versuchsaufbau von Aspect, Messrichtung einstellbar im Nanosekundenbereich mit zufälligen Quantenprozessen => Verletzung der Bellschen Ungleichung mit über 30 Standardabweichungen) Einige Experimente - 2000 Pan et al. (erstes Experiment mit drei verschränkten Teilchen) - 2001 Rowe et al. (Verschränkung von Ionen => über 90% der Teilchen detektiert) - 2009 Ansmann et al. (Qubits in Supraleitungen => vollständiger Nachweis, allerdings waren die Detektoren nur wenige Millimeter voneinander entfernt) - 2015 verschiedene Gruppen (hocheffiziente Photonendetektoren, zum ersten mal alle Schlupflöcher gefüllt) - Zukunft: Messeinstellungen von Lichtsignalen von Quasaren abhängig machen Interpretation der Realität Viele-Welten-Interpretation: Alle möglichen Messergebnisse sind gleichermaßen real; das Messergebnis offenbart nicht den bereits vorhandenen Zustand. - Komplementarität nach Bohr: Die Wahl verschiedener experimenteller Anordnungen entspricht der Wahl zwischen sich ausschließenden komplementären Realitäten, welche die widerspruchsfreie Definition der entsprechenden klassischen Größen erst ermöglichen. Interpretation der Lokalität - SRT: Ereignisse mit raumartigem Abstand können objektiv nicht zeitlich angeordnet werden => kein kausaler Zusammenhang möglich - Wegen des Zufalls bedeutet überlichtschnelle Beeinflussung der Experimente untereinander nicht, dass Informationen im Sinne einer Ursache-WirkungBeziehung übertragen werden; es ist irrelevant, ob A B „verursacht“ hat oder anderherum. - Das Messergebnis von A beeinflusst nicht die Erwartungswerte von B, falls ersteres den Experimentatoren bei zweiterem nicht bekannt ist (Vortrag zur Verschränkung von C.P. Zelle) => „Messergebnis vorhersagen können“ lokal deuten Quellen http://www.scholarpedia.org/article/Bell%27s_theorem https://de.wikipedia.org/wiki/Bellsche_Ungleichung https://de.wikipedia.org/wiki/Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon https://en.wikipedia.org/wiki/Bell_test_experiments A. Einstein, B. Podolsky, and N. Rosen. Can Quantum-Mechanical Description of Physical Reality Be Considered Complete? Phys. Rev. Vol. 47 (1935) N. Bohr. Can Quantum-Mechanical Description of Physical Reality Be Considered Complete? Phys. Rev. Vol. 48 (1935) J. S. BELL. On The Einstein Podolsky Rosen Paradox. Physics Vol. 1, No. 3, pp. 195-290, 1964 M. Bartelmann et al., Theoretische Physik, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015