Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald Technologie elektronischer Verstärker 4. Berechnung von Transistorverstärkerschaltungen 4.1 Arbeitspunkteinstellung Grundvoraussetzung für den Entwurf einer Transistorverstärkerstufe ist die Realisierung eines Arbeitspunktes, um den herum im Kennlinienfeld die dynamischen Vorgänge linearisiert beschrieben werden können. Alle differentiellen Elemente aus der Vierpolbeschreibung bzw. Giacoletto-Ersatzschaltbildes hängen in ihrer Größe hiervon ab. Wichtig ist auch die Stabilisierung des Arbeitspunktes in Bezug auf thermische Änderungen. Da z.B. bei steigender Temperatur des Transistors der Basisstrom bezüglich einer festen Basis-Emitterspannung ansteigt, muss in der Schaltung zur Arbeitspunkteinstellung eine entsprechende Kompensation erfolgen. Eine einfache Arbeitspunkteinstellung für einen Transistorverstärker in Emitterschaltung lässt sich mit einem einzigen Widerstand Rv von +UB zur Basis realisieren. Damit wird ein definierter Basis-Gleichstrom als Arbeitspunkt eingestellt. Das eigentliche Nutzsignal, das als Wechselgröße vorliegt, wird über einen Kondensator eingekoppelt. Bei der Arbeitpunktdiskussion brauchen daher nur Gleichwerte betrachtet werden. IC Rv Ra IB UB UCE UBE Arbeitpunkteinstellung für die Emitterschaltung Die Temperatureinflüsse werden hier bereits gut kompensiert, da bei zunehmender Temperatur der Basisstrom ansteigt, was wiederum einen größeren Spannungsabfall über Rv ergibt, so dass letztlich die Basis-Emitterspannung UBE sinkt und der Basisstrom stabil bleibt. Problematisch ist hier, dass bei toleranzbehafteten Werten der Gleichstromverstärkung B=IC/IB der Widerstand Rv an den jeweiligen Transistor in seinem Wert angepasst werden muss, damit der ausgangsseitige Gleichspannungswert UCE im gewünschten Bereich liegt. 4-1 Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald Technologie elektronischer Verstärker Eine günstigere Variante der Arbeitspunkteinstellung stellt ein Basisspannungsteiler in Verbindung mit einem zusätzlichen Emitterwiderstand dar. Damit sich für das Nutzsignal als Wechselgröße keine Veränderungen ergeben, wird dieser Emitterwiderstand durch einen Kondensator wechselspannungsmäßig überbrückt. IC R1 I1 Ra IB UCE I2 U2 R2 UB IE UBE URE RE Arbeitpunkteinstellung mittels Basisspannungsteiler 4.2 Emitterschaltung, Basisschaltung und Kollektorschaltung Im folgenden sind die drei Grundschaltungen des Transistors mit den typischen Arbeitspunkteinstellungen und den zugehörigen Koppelkondensatoren für das Nutzsignal dargestellt. Die Kapazitäten wirken für das Nutzsignal als Kurzschlüsse. Allerdings muss hier bei niedrigen Signalfrequenzen von dieser idealisierten Betrachtungsweise abgerückt werden. Im allgemeinen führen diese Einflüsse zu einer unteren Grenzfrequenz der Verstärkerstufe. 4-2 Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald Technologie elektronischer Verstärker Emitterschaltung: +UB U2 U1 Basisschaltung: U1 +UB +UB U2 U2 U1 direkte Struktur umgezeichnete Struktur +UB Kollektorschaltung: U1 4-3 U2 Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald Technologie elektronischer Verstärker Wechselstromersatzschaltung der Emitterschaltung: I1 U1 I2 Cb'e gb'e SU1 Ra U2 (Rückwirkungsleitwert und Ausgangsleitwert vernachlässigt) Spannungsverstärkung: v u SRa Stromverstärkung: vi I2 IC S I1 I B g b 'e jCb 'e Grenzfrequenz der Stromverstärkung: fg 1 gb 'e 2 Cb 'e Auswirkung der Kollektor-Basis-Kapazität: Ccb' I1 U1 Cb'e gb'e I2 SU1 Ra U2 Die Analyse dieses Einflusses lässt sich über das Miller-Theorem leicht angeben, mit der die vorliegende Schaltung in zwei einfache Teilstufen zerlegt werden kann. 4-4 Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald Technologie elektronischer Verstärker Miller-Theorem: I R U1 U2 I I U1 R1 R2 U2 Die beiden Teilnetzwerke sehen in beiden Fällen die gleichen Schnittstellenbedingungen mit identischen Strömen und Spannungen. Damit ergeben sich zwangsläufig die Größen der beiden neuen Widerstände R1 und R2: Querstrom: Spannungen: Widerstände: I U1 U 2 R U1 U 2 R U U2 U 2 R2 I R2 1 R U1 R1 I R1 R1 R 1 vu bzw. bzw. R2 und 4-5 1 U 2 / U1 1 vu R1 R R 1 U 2 / U1 1 vu U2 R2 R2 U1 R R 1 R1 vu v R u R 1 vu vu 1 Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald Technologie elektronischer Verstärker Die vorliegende Schaltung enthält anstelle eines Widerstandes R eine Kapazität Ccb’. Es muss also die Impedanz 1/jCcb’ berücksichtigt werden. Ccb' I U1 U2 I I U1 U2 C1 mit C2 C1 1 vu Ccb ' und C2 vu 1 Ccb ' vu Resultierende Ersatzschaltung: I1 U1 C1 I2 Cb'e gb'e SU1 C2 Ra U2 Die ursprüngliche Eingangskapazität Cb’e wird durch die parallel zu berücksichtigende Kapazität C1 vergrößert und verringert damit die Grenzfrequenz der Stromverstärkung. Dabei leitet sich C1 aus der kleinen Rückwirkungskapazität Ccb’ ab, die aber durch den Miller-Effekt um den Faktor 1-vu vergößert erscheint. Da vu in der Emitterschaltung negativ ist, ergibt sich als Vergrößerungsfaktor der Wert 1+|vu|. 4-6 Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald 4.3 Technologie elektronischer Verstärker Kopplung von Verstärkerstufen Die Analyse von zwei aufeinanderfolgenden Transistorstufen in Emitterschaltung soll exemplarisch die Berechnung von gekoppelten Verstärkerstufen darstellen. Die eigentliche Kopplung soll dabei rein wechselspannungsmäßig über Koppelkondensatoren erfolgen. Zusammen mit den internen Kapazitäten der Transistoren ergibt sich für das Gesamtsystem ein Frequenzgang mit unterer und oberer Grenzfrequenz. +UB Rv Ra Rv Ra I3 I4 CK I1 I2 U4 U2 U1 U3 Zwei gekoppelte Verstärkerstufen Jeder Transistor soll mit dem Giacoletto-Ersatzschaltbild unter Vernachlässigung des Ausgangsleitwertes gce sowie des Rückwirkungsleitwertes gcb’ und der KollektorSperrschichtkapazität Ccb’ beschrieben werden. Weiterhin soll angenommen werden, dass der für die Arbeitspunkeinstellung erforderliche Widerstand RV sehr groß gegenüber Ra ist. I1 U1 Cb'e I2 gb'e SU1 Ra CK U2 I3 U3 Cb'e I4 gb'e SU3 Ra Giacoletto-Ersatzschaltbild der beiden gekoppelten Verstärkerstufen 4-7 U4