Kapitel 2 - public.fh

Werbung
Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald
Elektronische Bauelemente
2. Halbleiterdiode
2.1 pn-Übergang
Die elementare Struktur für den Aufbau elektronischer Schaltungen sind aneinander grenzende komplementär dotierte Halbleitermaterialien. Beim Übergang eines n-dotierten Halbleiters
zu einem p-dotierten Gebiet ergibt sich der sogenannte pn-Übergang.
An dieser Stelle treffen nun die freien Ladungsträger aufeinander. Da sie eine entgegengesetzte Polarität ihrer Ladung aufweisen, neutralisieren sie sich innerhalb einer Zone um den pnÜbergang herum. Man spricht dabei von Rekombination. In dem Übergangsbereich entsteht
dabei eine von Ladungsträgern freie Zone, so dass keine Leitfähigkeit mehr gegeben ist. Daher nennt man diesen Bereich eine Sperrschicht. Gleichzeitig ergibt sich durch die
Rekombination von Elektronen und Löchern eine Raumladungszone mit einer sogenannten
Diffusionsspannung ∆U, die der weiteren Drift der Ladungsträger aufeinander zu entgegen
wirkt.
Entstehung der Diffusionsspannung beim pn-Übergang
Die sich gegenüberstehenden Raumladungen wirken wie ein Plattenkondensator. Ein
pn-Übergang wirkt also kapazitiv. Die Größe dieser Kapazität hängt neben der Fläche des
pn-Überganges auch von der Tiefe der Raumladung in die jeweils andere Dotierungszone ab.
Die Tiefe der Raumladung wiederum wird von der jeweiligen Dotierung beeinflusst und kann
zudem durch eine von außen angelegte Spannung verändert werden.
12
Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald
Elektronische Bauelemente
Spannt man das p-dotierte Halbleitergebiet positiv gegenüber dem n-dotierten Gebiet vor,
werden die freien Ladungsträger aus beiden Bereichen aufeinander zu getrieben. Die Ausdehnung w der Sperrschicht nimmt ab, bis sie letztlich verschwindet und der pn-Übergang leitend
wird.
Wird hingegen die angelegte Spannung umgepolt, so werden die Ladungsträger voneinander
weg gezogen. Damit vergrößert sich die Ausdehnung der Sperrschicht, der pn-Übergang
sperrt und ist nichtleitend.
Abhängigkeit der Sperrschichtausdehnung w von einer angelegten externen Spannung U
Ein in Sperrrichtung vorgespannter pn-Übergang lässt allerdings einen kleinen Sperrstrom
fließen. Dieser Strom ergibt sich durch thermische Generation von Elektronen-Loch-Paaren
im ansonsten ladungsträgerfreien Raumladungsgebiet (innerhalb w2). Diese Generation kann
natürlich genauso durch Bestrahlung mit Licht (zusätzlich) von statten gehen und den Sperrstrom entsprechend ansteigen lassen.
13
Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald
Elektronische Bauelemente
2.2 Diodenkennlinie
Der beschriebene pn-Übergang entspricht dem Aufbau einer Halbleiterdiode. An den externen
Anschlüssen der Diode wird die Spannung positiv von der p- zur n-Dotierung definiert und
der entsprechende Strom positiv von außen in das p-Gebiet hinein gezählt. Die
Strom/Spannungskennlinie zeigt dabei deutlich das unterschiedliche Verhalten des pnÜbergangs bei positiver oder negativer angelegter Spannung (Gleichrichtereigenschaft):

 UU
I = I s ⋅  e T − 1




typische Werte:
UT = 40mV
0
(exakter Wert bei 300 K: 26mV)
IS ≈ 10µA (Germanium)
IS ≈ 10nA (Silizium)
Typische Kennlinie einer Halbleiterdiode
Bei zu großer negativer Spannung wird die Sperrschicht schlagartig leitend, der Strom steigt
dann sehr steil an. Dies erklärt sich dadurch, dass bei dieser Spannung (Zenerspannung) innerhalb der Raumladungszone gebundene Ladungsträger durch eine zu hohe Feldstärke aus
ihren Bindungen gerissen werden. Dies kann auch durch eindiffundierende Ladungsträger
erfolgen, die dann in der Sperrschicht weitere Ladungsträger aus ihren Bindungen herausschießen (Lawineneffekt).
14
Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald
Elektronische Bauelemente
2.3 Ersatzschaltbild der Diode
Wird die Diode im leitenden Bereich betrieben, kann man ihr je nach Vorspannung U0 (Arbeitspunkt) einen differentiellen Leitwert bzw. Widerstand zuweisen, der für eine
Aussteuerung mit einer ausreichend kleinen Wechselspannung maßgeblich ist. Weiterhin
wirkt auch die bereits erläuterte Sperrschichtkapazität. Beides wird in dem Wechselspannungsersatzschaltbild einer Halbleiterdiode berücksichtigt.
Zusammenhang von nicht linearer Kennlinie und differentiellem Leitwert
Schaltbild
Ersatzschaltung
15
Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald
Elektronische Bauelemente
2.4 Diodentypen und Anwendungen
Der klassische Einsatz einer Diode ist ihre Funktion als Gleichrichter. Häufig geht man hier
von einer idealisierten Kennlinie aus, die zwischen ideal leitend und ideal sperrend betrieben
wird. Man vernachlässigt dabei die typische Flussspannung von ca. 0,7 V.
Ideale Diodenkennlinie
(Gleichrichterkennlinie)
Einweg-Gleichrichterschaltung
Eingangsspannung
Ausgangsspannung
nicht geglättet
Ausgangsspannung
mit Glättung (Kondensator)
16
Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald
Elektronische Bauelemente
Beim Einsatz einer Diode in einem Netzteil muss der zugehörige Kondensator möglichst groß
sein, um idealerweise eine konstante Ausgangsspannung (Gleichspannung) ohne Welligkeit
zu gewährleisten. Ohne ausgangsseitige Belastung entspricht diese Gleichspannung dem
Scheitelwert der eingangsseitigen Wechselspannung Û. Dabei ist zu berücksichtigen, dass
sich über der Diode in Sperrrichtung eine Spannung von 2Û ergibt:
Netzteil
Spannungen vor und hinter der Diode
17
Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald
Elektronische Bauelemente
Zweiweg-Gleichrichterschaltung
(Graetzgleichrichterschaltung)
Eingangsspannung
Ausgangsspannung
nicht geglättet
Ausgangsspannung
mit Glättung (Kondensator)
18
Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald
Elektronische Bauelemente
Wird die Diode mit ihren realen Eigenschaften betrachtet, muss ihre Kennlinie beim Entwurf
einer Schaltung berücksichtigt werden. Sie ist hier nicht mehr als ideales Bauelement
anzusehen. Als Beispiel sei eine Serienschaltung aus Widerstand und Diode an einer
Spannungsquelle U0 gegeben:
Bedingt durch die Serienschaltung ist leicht einzusehen, dass durch den Widerstand und die
Diode der gleiche Strom I0 fließt. Anderseits gilt
U0 = U R + U D
Gesucht ist bei gegebenem Widerstand, bekannter Quellenspannung U0 und vorliegender
Diodenkennlinie der Strom I0.
Die obige Darstellung liefert einen Arbeitspunkt an der Diode, der durch die beiden
Gleichwerte UD und I0 gekennzeichnet ist. Überlagert sich jetzt eine Wechselspannung u(t)
auf die Quellenspannung U0 führt das auch zu Wechselgrößen an der Diode, die sich dem
Arbeitspunkt überlagern.
Quellenspannung:
Diodenspannung:
Strom:
U 0 + u0 (t )
U D + u D (t )
I 0 + i0 (t )
19
Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald
Elektronische Bauelemente
Bei ausreichend kleiner Wechselaussteuerung ist für die Wechselgrößen die Steigung der
Diodenkennlinie maßgeblich (differentieller Leitwert bzw. Widerstand als Steigung der
Kennlinie am Arbeitspunkt).
Diodenkennlinie mit Arbeitspunkt und zusätzlicher Wechselaussteuerung
Durch Verschiebung des Arbeitspunktes verändert sich die Steilheit der Diodenkennlinie.
Damit kann man einen steuerbaren Widerstand realisieren (im Extremfall einen Schalter). Im
Verbund mit einem Spannungsteiler ist damit eine elektronische Amplitudensteuerung
möglich.
Kapazitive Ein- und Auskopplung
der Wechselgröße u1(t)
(Randbedingung: RV ; RL >> R1 ; r )
Resultierender Spannungsteiler
für die Wechselgrößen
u2 (t ) =
r
⋅ u1 (t )
R1 + r
20
Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald
Elektronische Bauelemente
Berechnung der Diodensteilheit
U

 UU
UT
T


I = I s⋅ e − 1 ≈ I s⋅e




Diodenkennlinie:
(die Näherung ist für U>0 sehr gut erfüllt)
I
Is
Aufgelöst nach U:
U = U T ⋅ ln
Steigung:
1
1 U
dU
= UT ⋅
⋅ = T =r
dI
I / Is Is
I
differentieller Widerstand
mit UT=26 mV bei 300 Kelvin ergibt sich
I
r
1 mA
26 Ω
10 mA
2,6 Ω
100 mA
0,26 Ω
1A
0,026 Ω
Der Einsatz von Dioden als Schalter liefert die Basis der klassischen Diodenlogik, mit der
unterschiedliche Gatterbausteine realisiert werden können.
AND-Gatter
OR-Gatter
X1
0
0
1
1
X2
0
1
0
1
Y
0
0
0
1
X1
0
0
1
1
21
X2
0
1
0
1
Y
0
1
1
1
Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald
Zenerdiode
Elektronische Bauelemente
In Sperrrichtung ergibt sich bei jeder Diode bei einer definierten
Spannung (Zenerspannung UZ) ein Durchbruch. Die Kennlinie
knickt scharf ab. Man kann Dioden hierfür durch besondere Dotierungen mit geringer Sperrschichtdicke für Durchbruchspannungen zwischen typisch 3...100 V herstellen.
Anwendungsbeispiel:
Stabilisiertes Netzteil mit Zenerdiode
22
Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald
Kapazitätsdiode
Elektronische Bauelemente
Durch die Raumladungszone in der Sperrschicht einer Diode
ergibt sich eine Kapazität, die in ihrer Größe von der vorhanden
Sperrspannung abhängig ist. Je größer die Sperrspannung ist,
desto tiefer erstreckt sich die Raumladungszone in die p- und nGebiete hinein. Die Schwerpunkte der beiden Raumladungen
rücken also voneinander weg. Wie bei einem Plattenkondensator
verringert sich daher die resultierende Kapazität. Mit steigender
Sperrspannung wird also die Kapazität kleiner.
Anwendungsbeispiel:
Spannungsgesteuerter Oszillator
(Voltage Controlled Oscillator - VCO)
Häufig werden zwei Kapazitätsdioden in einem Gehäuse in einer Schaltung eingesetzt. Hier ergibt sich dadurch eine
Serienschaltung der beiden Dioden. Der Schwingkreis hat damit
eine Resonanzfrequenz von
ω0 = 2π ⋅ f 0 =
1
L0 ⋅ (C0 + 12 Cd )
Dies ist auch die Schwingfrequenz des Oszillators. Durch eine
geeignet gewählte Steuerspannung USteuer kann die Oszillatorfrequenz verändert werden.
Prinzip:
Steuerspannung steigt (Sperrspannung steigt)
Sperrschicht breiter und damit Kapazität kleiner
Resonanz- bzw. Schwingfrequenz steigt
23
Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald
Elektronische Bauelemente
Ausschnitte aus dem Datenblatt der zweifach Kapazitätsdiode BB212 (entnommen aus
Datenblatt Philips):
24
Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald
Schottky-Diode
Elektronische Bauelemente
Hier wird anstelle eines pn-Überganges eine Metall-HalbleiterSchichtfolge verwendet. Dabei wird beim Halbleiter
typischerweise eine n-Dotierung verwendet. Die freien
Elektronen aus dem n-Halbleiter driften dabei in das energetisch
günstigere Metall und es bildet sich an der Grenzfläche im nGebiet eine positive Raumladungszone (durch die fehlenden
Elektronen). Damit liegt auch hier eine Sperrschicht vor.
Der Vorteil der Schottkydiode liegt in der geringeren Trägheit
beim Umschalten zwischen Sperr- und Durchlassbetrieb. Ihr
Einsatz ist also z.B. bei sehr schnellen Schaltvorgängen bis in
den Gigahertzbereich gegeben.
Tunneldiode
Die Tunneldiode besteht aus einem pn-Übergang zwischen zwei
sehr hoch dotierten Halbleitern. Durch die hohe Dotierung wird
die Raumladungszone bzw. die Sperrschichtausdehnung sehr
klein. Die jeweiligen Majoritätsträger können dabei diese sehr
dünne Sperrschicht „durchtunneln“.
Die Kennlinie einer Tunneldiode unterscheidet sich stark von
einer normalen Diode. In klassischer Sperrichtung ergibt sich
unmittelbar ein Durchbruch wie bei einer Zenerdiode. In
Durchlassrichtung hingegen weist die Tunneldiode eine
Kennlinie mit negativem Kurvenverlauf auf, der differentiell
einem negativen Widerstand entspricht. Damit ist es möglich,
einen Schwingkreis zu entdämpfen und Oszillatoren zu
realisieren. Das gilt vorzugsweise vor allem für sehr hohe
Frequenzen.
25
Herunterladen