5.4 Bindegewebebildende Tumoren 5.4.1 Benigne Tumoren 5.4.1.1

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260
Kapitel 5 Knochentumoren
5.4
Bindegewebebildende Tumoren
5.4.1
5.4.1.1
5.4.1.2
5.4.2
5.4.2.1
5.4.2.2
5.4.2.3
Benigne Tumoren 260
Benignes fibröses Histiozytom 260
Desmoplastisches Fibrom 260
Maligne Tumoren 263
Fibrosarkom 263
Malignes fibröses Histiozytom 266
Leiomyosarkom 271
Literatur 271
5.4.1
Benigne Tumoren
5.4.1.1
Benignes fibröses Histiozytom
Definition
왔 Dieser seltene Tumor bietet ein identi-
sches oder zumindest sehr ähnliches
histologisches Bild wie ein nicht-ossifizierendes
Knochenfibrom. Er tritt jedoch bei älteren Patienten
oder in Skelettabschnitten auf, die von einem nichtossifizierenden Knochenfibrom nicht oder nur selten
befallen werden.
Einige Autoren vermuten, dass es sich bei den bei
älteren Patienten diagnostizierten Tumoren um degenerierte Riesenzelltumoren handelt, wofür auch
eine häufig zu beobachtende epimetaphysäre Lage in
einem langen Röhrenknochen spricht.
Die Tumoren treten zwischen 10 und 50 Jahren
auf, wobei die meisten in der 3. bis 5. Lebensdekade
diagnostiziert werden.Viele Patienten sind asymptomatisch, nur wenige klagen über lokale Schmerzen.
Nach einer Kürettage ist die Rezidivrate höher als bei
einem nicht-ossifizierenden Knochenfibrom.
Lokalisation
Etwa ein Drittel der benignen fibrösen Histiozytome
wird im distalen Femur und in der proximalen Tibia
angetroffen. Ein weiteres Drittel findet sich im Beckenskelett, bevorzugt im Darmbein. Einige sind in
der Fibula, im proximalen Femur und den Rippen
beobachtet worden. In den langen Röhrenknochen
sind viele Tumoren epimetaphysär lokalisiert. Sie
sind häufiger exzentrisch als zentral im Knochen gelegen (Abb. 5.200).
Röntgenmorphologie
Die Tumoren sind osteolytisch und haben scharfe,
meist sklerotische Ränder. Nur selten zeigen sie unregelmäßige Ränder, die ein aggressiveres Wachstum
repräsentieren. Viele weisen eine deutliche Trabekulierung auf, wodurch sie einen Seifenblasenaspekt
bieten. Häufig wird die Kompakta ausgedünnt, selten
penetriert (Abb. 5.201, Abb. 5.202, Abb. 5.203, Abb.
5.204). In der MRT zeigen die Tumoren ein uncharakteristisches Bild und sind im T1-gewichteten Bild isointens zur Muskulatur und im T2-gewichteten Bild
deutlich hyperintens. In der Skelettszintigraphie
bieten sie eine mäßige Traceraufnahme.
5.4.1.2
Desmoplastisches Fibrom
Definition
왔 Das desmoplastische Fibrom ist ein
seltener gutartiger oder semimaligner
Knochentumor, der aus Fibroblasten besteht, die in
einer kollagenfaserreichen Bindegewebematrix eingelagert sind.
Der Tumor zeigt lokal ein destruktives und invasives
Wachstum, metastasiert jedoch nicht.
Abb. 5.200. Statistische Daten
zum benignen fibrösen
Histiozytom
5.4 Bindegewebebildende Tumoren
Abb. 5.201. Benignes fibröses Histiozytom. Der rein osteolytische epimetaphysär exzentrisch gelegene Tumor (Lodwick IC) einer 25-jährigen Patientin bietet die typische Morphologie eines Riesenzelltumors. Hier kann es sich um einen
ungewöhnlich früh degenerierten Riesenzelltumor handeln
Abb. 5.202. Benignes fibröses Histiozytom. Der ausgedehnte
osteolytische, epimetadiaphysär exzentrisch gelegene Tumor
eines 58-jährigen Patienten weist multiple grobe Trabekulierungen auf. Die Lokalisation ist mit der eines Riesenzelltumors vereinbar, sodass es sich um einen degenerierten Riesenzelltumor handeln kann
Abb. 5.203. Benignes fibröses Histiozytom. Der zentral diaphysär im Knochen gelegene Tumor eines 9-jährigen Patienten
zeigt einen lobulierten Rand und eine Trabekulierung (Lodwick IB). Bei einem mehr in Richtung der Knochenlängsachse
ausgerichteten Wachstum käme radiologisch ein großes nichtossifizierendes Knochenfibrom in Frage
Abb. 5.204. Benignes fibröses Histiozytom. Der osteolytische
Tumor eines 38-jährigen Patienten liegt kortikal und weist
eine Wachstumsrate vom Grad Lodwick IB auf. Bei einem deutlich jüngeren Patienten käme radiologisch ein nicht-ossifizierendes Knochenfibrom in Betracht
261
262
Kapitel 5 Knochentumoren
Inzidenz
Das desmoplastische Fibrom ist sehr selten und
macht weniger als 1% der gutartigen Knochentumoren aus.
Alter und Geschlecht
Der Tumor tritt in nahezu jedem Lebensalter auf.
Eine mäßige Häufung findet sich in der 2. und 3. Lebensdekade, in der etwa die Hälfte der Tumoren diagnostiziert werden. Etwa drei Viertel der Patienten
sind jünger als 30 Jahre. Männer und Frauen sind in
etwa gleicher Häufigkeit betroffen.
Klinik
Der Beginn des Tumorwachstums erfolgt in vielen
Fällen klinisch stumm. Viele Patienten klagen erst
über Beschwerden, wenn der Tumor bereits eine
stattliche Größe erreicht hat. Ansonsten sind Schmerzen mit oder ohne lokale Schwellung die führenden
Symptome. Nicht wenige Tumoren werden bei einer
Röntgenuntersuchung als Zufallsbefund entdeckt.
Lokalisation
Etwa zwei Drittel der Tumoren sind in den Röhrenknochen lokalisiert, von denen mehr als die Hälfte im
Femur gelegen sind. Unter den flachen Knochen sind
besonders das Beckenskelett und die Kieferknochen
betroffen. In den Röhrenknochen können die Tumoren zentral oder exzentrisch gelegen sein. Die meisten Tumoren sind metaphysär und metadiaphysär
lokalisiert, sie können sich aber auch in die Epiphyse
ausdehnen. Sie sind meist exzentrisch lokalisiert.
Sind sie sehr groß, dehnen sie sich in der gesamten
Zirkumferenz des Knochens aus.
Abb. 5.205. Desmoplastisches Fibrom. In der Epimetaphyse
liegt ein osteolytischer Tumor vor, der deutliche Trabekulierungen aufweist. Die laterale Kompakta ist durchbrochen
Röntgenmorphologie
Der Tumor wächst osteolytisch mit einem scharfen, teilweise sklerotischen Randsaum, wobei eine
Wachstumsgeschwindigkeit vom Typ Lodwick IB
und IC, seltener IA dominiert. Selten kann auch ein
Grad Lodwick II vorliegen. Die Grenzen können
lobuliert sein, und fast alle Läsionen zeigen Trabekulierungen. In vielen Fällen wird eine Periostschale
ausgebildet, und es sind häufig nichtunterbrochene
lamelläre oder solide Periostreaktionen sichtbar. In
nahezu der Hälfte der Fälle bricht der Tumor in die
Weichteile aus (Abb. 5.205, Abb. 5.206, Abb. 5.207).
Schnittbildmorphologie
Die CT ist geeignet, die Intaktheit der Kompakta oder
einer vorhandenen Periostschale zu demonstrieren.
Der Tumor zeigt meistens ein deutliches Kontrastmittelenhancement. Dadurch lassen sich auch in der
CT extraossäre Komponenten nachweisen.
In der MRT stellt sich das desmoplastische Fibrom
im T1-gewichteten Bild mit vergleichbarer Signal-
Abb. 5.206. Desmoplastisches Fibrom. Der epimetadiaphysär
gelegene Tumor zeigt ausgeprägte Trabekulierungen und reaktive sklerotische Areale. Die Metaphyse ist durch Ausbildung
einer Periostschale aufgetrieben
5.4 Bindegewebebildende Tumoren
intensität wie die Muskulatur dar. Im T2-gewichteten
Bild ist der Tumor recht signalintensiv und weitgehend homogen. Ist der Tumor recht zellarm, kann er
im T2-gewichteten Bild größere signalarme Areale
aufweisen. Inhomogenitäten können auch durch
sekundäre Hämorrhagien oder nekrotische Areale
bedingt sein. Nicht selten ist ein mehr oder minder
deutliches peritumorales Ödem in den Weichteilen und im benachbarten Markraum vorhanden.
Nach Kontrastmittelgabe zeigt der Tumor ein weitgehend homogenes und kräftiges Enhancement,
kann allerdings auch ein inhomogenes peripheres
Enhancement bieten. Gelenknah gelegene Tumoren
gehen nicht selten mit einer reaktiven Synovialitis
einher, die ein deutliches Enhancement aufweist
(Abb. 5.208 a, b).
Abb. 5.207. Desmoplastisches Fibrom. Der Tumor hat den unteren Schambeinast weitgehend destruiert. Periostreaktionen
sind nicht abgrenzbar
a
Differenzialdiagnose
Bei einer zentralen Lokalisation in den Röhrenknochen muss eine fibröse Dysplasie in Betracht gezogen
werden, die jedoch meist eine Mattglasmatrix aufweist. Bei einer mehr exzentrischen Lokalisation
kommt das Chondromyxoidfibrom in Frage, bei dem
jedoch in vielen Fällen eine stärkere peritumorale
Sklerosezone ausgebildet ist. Daneben muss differenzialdiagnostisch ein großes nicht-ossifizierendes
Knochenfibrom einbezogen werden, wobei dieses
immer durch einen komplett ausgebildeten Sklerosesaum begrenzt ist und nahezu immer einen deutlich
lobulierten Rand aufweist.
Therapie und Prognose
Das desmoplastische Fibrom sollte mittels weiter Resektion therapiert werden. Bei einer intraläsionalen
und sogar bei einer marginalen Resektion tritt häufig
ein Rezidiv auf. In dieser Situation kann die Abgrenzung zwischen Narbengewebe und Tumorrezidiv
intraoperativ schwierig sein. Dieses Dilemma kann
zu einer Amputation führen. Es sind auch Fälle einer
intrapulmonalen Metastasierung nach Rezidiv beschrieben worden.
5.4.2
Maligne Tumoren
5.4.2.1
Fibrosarkom
b
Abb. 5.208 a, b. Desmoplastisches Fibrom. a Der Tumor ist
kortikal gelegen und hat eine deutliche lamelläre Periostreaktion induziert. b Im kontrastmittelverstärkten FS T1-gewichteten Bild zeigt der Tumor ein deutliches Enhancement. Daneben ist eine massive peritumorale inflammatorische Reaktion
vorhanden
Definition
왔 Das Fibrosarkom des Knochens ist ein
maligner Tumor, der durch die Fähigkeit der Tumorzellen charakterisiert ist, ein Stroma
aus Kollagenfasern zu bilden, in dem jedoch kein
Osteoid oder Knorpel ausdifferenziert.
263
264
Kapitel 5 Knochentumoren
Die Tumorzellen sehen wie Fibroblasten aus, weisen
aber mehr oder minder ausgeprägte Atypien und
Mitoseaktivitäten auf. Es besteht eine gewisse Korrelation zwischen dem histologischen Bild und dem
klinischen Verlauf. Daher wird der Tumor in Abhängigkeit von der Anzahl der sichtbaren Mitosen in drei
Grade unterteilt.
∑ Grad I: gut differenzierter Tumor mit sehr wenigen Mitosen,
∑ Grad II: mäßig gut differenzierter Tumor mit einigen Mitosen und
∑ Grad III: Tumor mit einer hohen Mitoserate.
Bis vor etwa gut einem Jahrzehnt wurden Fibrosarkome recht häufig diagnostiziert. Mit der zunehmenden Akzeptanz der Existenz eines malignen fibrösen
Histiozytoms nahm die Diagnosefrequenz der Fibrosarkome stark ab. Bei mehreren retrospektiven Auswertungen der Fibrosarkome wurden viele als maligne fibröse Histiozytome und bei Jugendlichen als
eindeutige fibroblastische Osteosarkome reklassifiziert. Heute stellt die Diagnose eines Fibrosarkoms
eher eine Rarität dar.
Inzidenz
Das Fibrosarkom gehört zu den selteneren Knochentumoren und macht weniger als 5% aller primären
malignen Knochentumoren aus. Einige Fälle mit multizentrischen Fibrosarkomen sind mitgeteilt worden.
Es wurde beschrieben, dass etwa ein Fünftel der Fibrosarkome in einem anderen Tumor, meistens einem
Knorpeltumor, entsteht. Diese Kombination wird jedoch heute üblicherweise als dedifferenziertes Chondrosarkom klassifiziert. Fibrosarkome können als
Folge einer malignen Transformation in Riesenzelltumoren, einem Morbus Paget, einer fibrösen Dysplasie
oder einer chronischen Osteomyelitis entstehen.
Alter und Geschlecht
Die Fibrosarkome zeigen kein charakteristisches
Manifestationsalter.Sie werden mit ähnlicher Frequenz
von der 2. bis zur 7. Lebensdekade angetroffen. Männer
und Frauen sind in etwa gleicher Häufigkeit betroffen.
Klinik
Schmerzen sind das führende klinische Symptom.
Eine tastbare Schwellung oder die Kombination aus
Schmerz und Schwellung treten wesentlich seltener
auf. Häufig bestehen die Symptome länger als drei
Monate bevor die korrekte Diagnose gestellt wird. Bei
jedem vierten Patienten wird der Tumor erst durch
eine pathologische Fraktur klinisch auffällig.
Lokalisation
Das Fibrosarkom wird am häufigsten in den langen
Röhrenknochen angetroffen, in etwa 40% werden
das Femur und in etwa jeweils 10% der Humerus und
die Tibia befallen. Daneben sind noch das Darmbein
und die Mandibula mit jeweils knapp unter 10% der
Fälle häufiger betroffen. Innerhalb der Röhrenknochen sind um 40% der Tumoren metadiaphysär, 30%
diaphysär und 25% epimeta- oder epimetadiaphysär
lokalisiert. Die meisten Tumoren sind zentral im
Knochen gelegen (Abb. 5.209).
Röntgenmorphologie
Fibrosarkome stellen sich üblicherweise als rein osteolytische Tumoren mit einem aggressiven Wachstumsmuster vom Grad Lodwick II und III dar. Allerdings
wachsen knapp ein Fünftel der Tumoren wesentlich
langsamer und bilden eine scharf abgrenzbare Osteolyse,meist vom Grad Lodwick IC,seltener vom Grad IB,
aus. Gelegentlich zeigen die Tumoren an der einen
Grenzfläche ein relativ langsames und an der entgegengesetzten ein aggressives Wachstum. Auch wenn es
Abb. 5.209. Statistische Daten
zum Fibrosarkom
5.4 Bindegewebebildende Tumoren
keine absolute Korrelation zwischen dem histologischen Grading und der Röntgenmorphologie gibt,wird
jedoch häufig beobachtet, dass eine geographische
Osteolyse eher bei einem Fibrosarkom Grad I als bei
Abb. 5.212. Fibrosarkom Grad III. Der rein osteolytische
Tumor wächst nahezu permeativ durch den Knochen und
bildet eine zentrale geographische Osteolyse aus (Lodwick II)
einem Grad II und III anzutreffen ist. Etwa ein Fünftel
der Tumoren treibt den Knochen durch Ausbildung
einer Periostschale auf. Unterbrochene lamelläre und
selten zusätzliche spikuläre Periostreaktionen werden
bei nahezu der Hälfte der Tumoren beobachtet
(Abb. 5.210, Abb. 5.211, Abb. 5.212). Nicht selten liegt
bei Diagnosestellung eine Weichteilkomponente vor.
Das typische Fibrosarkom, soweit es
existiert, ist ein rein osteolytischer
Tumor, der im Femur oder anderen Röhrenknochen
zentral metadiaphysär gelegen ist und sehr aggressiv
wächst.
Merke
Abb. 5.210. Fibrosarkom Grad I. Der osteolytische metaphysär
gelegene Tumor zeigt eine Wachstumsrate vom Grad Lodwick
IB bis IC. Er weist etwas unscharfe Ränder auf und beginnt die
Kompakta zu infiltrieren
Abb. 5.211. Fibrosarkom Grad II. Die Schichtaufnahme zeigt
einen rein osteolytischen Tumor, der eine Wachstumsrate vom
Grad Lodwick II bietet. Die mediale Kompakta ist komplett
durchbrochen
!
Schnittbildmorphologie
In der CT sind in der Tumormatrix keine Mineralisationen nachweisbar, und der Tumor stellt sich weitgehend uncharakteristisch dar.
Auch in der MRT weisen Fibrosarkome eine recht
uncharakteristische Morphologie auf. Sie zeigen eine
vergleichbare Signalintensität wie die Muskulatur im
T1-gewichteten Bild und eine hohe Signalintensität
im T2-gewichteten Bild. Im T2-gewichteten Bild kann
die Signalintensität in Abhängigkeit von der Zusammensetzung aus fibrösem oder zellreichem Gewebe
variieren. Mehr oder minder große Areale zeigen
nach Kontrastmittelgabe ein Enhancement.
Differenzialdiagnose
Das Röntgenbild ist nicht so charakteristisch, dass
häufig eine korrekte Artdiagnose gestellt werden
könnte. In den meisten Fällen lässt sich jedoch die
Diagnose eines malignen Tumors zuverlässig stellen.
Beim Erwachsenen sind die wichtigsten Differenzialdiagnosen das maligne fibröse Histiozytom, das
identisch imponiert, tendenziell eher etwas langsamer wächst, das Chondrosarkom, das meistens
Matrixverkalkungen aufweist und das Lymphom,
das identisch aussehen kann. Bei Kindern muss der
Tumor vom Ewing-Sarkom, das meist mit unterbrochenen lamellären Periostreaktionen einhergeht,
und bei Jugendlichen vom osteolytischen Osteosarkom, das identisch aussehen kann, und vom Ewing-
265
266
Kapitel 5 Knochentumoren
Sarkom abgegrenzt werden. Bei älteren Patienten
sind die Differenzialdiagnosen die Metastase und das
Myelom, das meistens langsamer wächst.
Wenn ein Fibrosarkom eine nur mäßige Wachstumsgeschwindigkeit aufweist und auch in die Epiphyse einwächst, müssen ein Riesenzelltumor, der häufig
exzentrisch lokalisiert ist, und ein Chondromyxoidfibrom, das häufig zumindest einen partiellen Sklerosesaum besitzt, in Betracht gezogen werden.
Therapie und Prognose
Die Therapie der Wahl besteht in einer Operation mit
weitem Sicherheitsabstand, wobei ein extremitätenerhaltender Eingriff angestrebt wird. Der Tumor
ist relativ strahlenresistent. Adjuvante und neoadjuvante Chemotherapiekonzepte wurden vereinzelt
eingesetzt. Die Fünfjahresüberlebensrate liegt in der
nur chirurgisch behandelten Gruppe bei etwa einem
Drittel.
5.4.2.2
Malignes fibröses Histiozytom
왔 Das
maligne fibröse Histiozytom
(MFH) ist ein Tumor, dessen Zellen in
der Lage sind, sich in Fibroblasten oder Histiozyten
zu differenzieren. Die Tumorzellen sind typischerweise wirbelförmig angeordnet.
Definition
Diese Tumorentität wurde erst in den letzten 15 Jahren als eigenständiger Knochentumor allgemein akzeptiert. In älteren Publikationen wurden diese Tumoren als Fibrosarkome oder maligne Riesenzelltumoren klassifiziert. In dem letzten Jahrzehnt ist das
MFH der am häufigsten diagnostizierte maligne fibrogene Knochentumor.
Inzidenz
Die Inzidenz des Tumors schwankt in den Publikationen der verschiedenen Referenzzentren deutlich. So
werden Werte zwischen unter 1% und etwa 5% aller
maligner Knochentumoren angegeben. Nach eigenen Erfahrungen ist das MFH deutlich häufiger als
das Fibrosarkom.
Etwa 10–20% der MFH treten in einem vorgeschädigten Knochen auf, wobei ein Morbus Paget, eine
Knochennekrose, ein Enchondrom, ein Riesenzelltumor oder eine chronische Osteomyelitis zugrunde
liegen können. Die meisten sekundären MFH treten
nach Bestrahlung auf. Einzelne sekundäre MFH
sind nach Implantation einer Totalendoprothese beschrieben worden. Einige Fälle mit multizentrischen
Tumoren sind mitgeteilt worden.
Alter und Geschlecht
Das MFH zeigt keine charakteristische Altersverteilung. Es wird von der 2. bis zur 7. Lebensdekade in
vergleichbarer Frequenz angetroffen. Das mittlere
Erkrankungsalter beträgt 48 Jahre. Männer und
Frauen sind in etwa gleicher Häufigkeit betroffen.
Klinik
Schmerzen und seltener eine Schwellung sind die
führenden klinischen Symptome. Die durchschnittliche Beschwerdedauer bis zur Diagnosestellung
beträgt etwa fünf Monate. Nahezu ein Viertel der Patienten wird erst durch das Auftreten einer pathologischen Fraktur klinisch auffällig.
Lokalisation
Mehr als drei Viertel der Tumoren sind in den langen
Röhrenknochen lokalisiert. Etwa die Hälfte der Tumoren ist im Femur lokalisiert. Daneben sind die
Abb. 5.213. Statistische Daten
zum malignen fibrösen
Histiozytom
5.4 Bindegewebebildende Tumoren
Tibia mit etwa 16% und der Humerus mit 12% häufiger befallen. Die platten Knochen sind nur selten
betroffen. In den langen Röhrenknochen sind die
Hälfte der Tumoren metaphysär und metadiaphysär
und ein weiteres Viertel diaphysär gelegen. In einem
Viertel der Fälle dehnt sich der Tumor bis in die Epiphyse aus. Etwa 80% der Tumoren sind zentral im
Knochen lokalisiert (Abb. 5.213).
Röntgenmorphologie
Vier von fünf Tumoren stellen sich als reine Osteolysen dar. In den restlichen Fällen sind einzelne Foki
an reaktiven Verknöcherungen oder Verkalkungen
sichtbar. Ein rein osteosklerotisches MFH stellt eine
Rarität dar. Die Mehrzahl der Tumoren zeigen ein
aggressives Wachstumsmuster vom Typ Lodwick II,
selten vom Typ Lodwick III. Jedoch wachsen nahezu
ein Drittel der Tumoren unter dem Bild einer geographischen Osteolyse, meistens Lodwick IC. Lamelläre,
meist unterbrochene Periostreaktionen werden bei
etwa einem Drittel der Tumoren angetroffen. Gelegentlich treibt das MFH den Knochen durch Ausbildung einer Periostschale auf. In der Mehrzahl der Fälle liegt zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits
eine deutliche Weichteilkomponente vor (Abb. 5.214,
Abb. 5.215, Abb. 5.216, Abb. 5.217, Abb. 5.218).
Abb. 5.214. Malignes fibröses Histiozytom. Der rein osteolytische Tumor wächst unter dem Bild einer geographischen
Osteolyse mit Mottenfraßkomponente durch die Diaphyse
(Lodwick II). Er hat die laterale Kompakta destruiert; und eine
unterbrochene lamelläre Periostreaktion ist abgrenzbar
Abb. 5.215. Malignes fibröses Histiozytom. Der osteolytische
Tumor zeigt weitgehend scharfe Ränder, hat jedoch die mediale Kompakta fokal komplett penetriert (Lodwick IC). Er weist
multiple kleine reaktive Ossifikationen/Kalzifikationen auf
Abb. 5.216. Malignes fibröses Histiozytom. Der Tumor wächst
weitgehend permeativ durch den Knochen (Lodwick III). Eine
sichtbare Skleroselinie wurde als Hinweis auf eine langsam
wachsende Läsion primär fehlgedeutet
267
268
Kapitel 5 Knochentumoren
Abb. 5.217. Malignes fibröses Histiozytom. Der rein osteolytische Tumor ist epimetadiaphysär gelegen und zeigt eine
Wachstumsrate Grad Lodwick II
Abb. 5.218. Malignes fibröses Histiozytom. Es liegt ein rein
osteolytisch wachsender Tumor vor, der die mediale Kompakta komplett destruiert hat (Lodwick IC). Periostreaktionen
sind nicht nachweisbar
b
Abb. 5.219 a, b. Malignes fibröses Histiozytom. a Der rein osteolytische
Tumor wächst weitgehend permeativ durch den Knochen und hat bei erfolgter Kompaktadestruktion keine Periostreaktionen induziert. b Die CT
stellt eine ausgedehnte nichtmineralisierte Weichteilkomponente dar
a
Das typische MFH ist ein rein osteolytischer Tumor, der in den langen
Röhrenknochen, besonders im Femur angetroffen
wird, in diesen zentral meta- oder metadiaphysär
gelegen ist und recht aggressiv wächst.
Merke
!
Schnittbildmorphologie
In der CT stellen sich die meisten Tumoren als nichtmineralisierte Läsionen dar. Ein Kompaktadurchbruch ist sicher nachweisbar. Eine extraossäre Tumorkomponente zeigt ein nur mäßiges Kontrastmittelenhancement (Abb. 5.219 a, b).
5.4 Bindegewebebildende Tumoren
Abb. 5.220 a–d. Malignes fibröses
Histiozytom. a Im T1-gewichteten
SE-Bild zeigt der Tumor eine der
Skelettmuskulatur vergleichbare
Signalintensität. Lateral hat er
die Kompakta durchbrochen.
Medial hat er die Kompakta
enostal infiltriert, und es hat sich
reaktiv eine Periostschale ausgebildet. b Im STIR-Bild sind eine
intra- und extraossäre Tumorkomponente nachweisbar, wobei
letztere von einem deutlichen
peritumoralen Ödem umgeben
ist. Auch auf der medialen
Seite ist ein extraossäres peritumorales Ödem nachweisbar.
c Im T2-gewichteten SE-Bild ist
der Tumor mäßig signalintensiv
und inhomogen. Trotz weitgehend erhaltener Kompakta ist
auch eine kleine mediale Weichteilkomponente vorhanden, die
durch eine Penetration des
Tumors durch die Havers-Kanäle
entstanden ist. d Im kontrastmittelverstärkten FS T1-gewichteten SE-Bild zeigt das peritumorale Ödem ein deutlich
ausgeprägteres Enhancement
als der Tumor selbst
a
b
c
d
In der MRT weisen die MFH in der T1-gewichteten
Sequenz eine niedrige Signalintensität auf, die ähnlich hoch oder niedriger als die der benachbarten
Muskulatur ist. Sie stellen sich im T2-gewichteten
Bild überwiegend sehr signalintensiv dar und zeigen
nach Kontrastmittelgabe ein deutliches Enhancement. Dieses ist in der Peripherie meistens stärker als
im Zentrum. Sowohl im T2-gewichteten Bild als auch
im kontrastmittelverstärkten T1-gewichteten Bild
finden sich häufig ein inhomogenes noduläres Signalmuster (Abb. 5.220 a–d). In einigen Fällen sind
akute oder chronische hämorrhagische Komponenten abgrenzbar. Skipläsionen sind selten.
Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung weisen die
meisten MFH bereits eine Weichteilkomponente und
ein peritumorales Ödem auf. Eine Infiltration der neurovaskulären Bündel wird in weniger als einem Viertel
der Fälle und eine des benachbarten Gelenks ebenfalls
in weniger als einem Viertel der Fälle beobachtet.
In der Skelettszintigraphie zeigen die Tumoren
eine deutliche Traceraufnahme (Abb. 5.221 a, b)
Differenzialdiagnose
Die Röntgenmorphologie ist in vielen Fällen zu
uncharakteristisch, als dass eine zuverlässige Artdiagnose gestellt werden könnte. In den meisten Fällen wird man jedoch die Diagnose eines malignen
Tumors stellen können. Die Differenzialdiagnosen
sind bei jüngeren Patienten das osteolytische Osteosarkom und das Ewing-Sarkom. Bei älteren Patienten
müssen die Metastase, das Myelom und das Lymphom abgegrenzt werden. Bei einem relativ langsamen Wachstum unter Einbeziehung der Epiphyse
kann eine Verwechslungsgefahr mit einem Riesenzelltumor bestehen, der jedoch häufig exzentrisch
gelegen ist.
269
270
Kapitel 5 Knochentumoren
Abb. 5.221 a, b. Malignes fibröses
Histiozytom. a Der weitgehend
osteolytische Tumor zeigt im
Randbereich eine reaktive sklerotische Reaktion. Daneben findet
sich auf der medialen Kompakta
eine recht ausgereifte Periostreaktion, während die laterale Kompakta destruiert ist. Diese Läsion
kann z. B. als chronische Osteomyelitis fehlgedeutet werden.
b In der Skelettszintigraphie ist
eine starke Tracerakkumulation
nachweisbar
a
a
b
b
Abb. 5.222 a–c. Intraossäres Leiomyosarkom. a Im ventralen
Abschnitt der Epimetaphyse lässt sich eine permeative Osteolyse abgrenzen (Lodwick III). b Im T1-gewichteten SE-Bild
kommt ein ausgedehnter epimetadiaphysärer Tumor zur Darstellung, der die Kompakta ventral durchbrochen hat. c Im T2-
c
gewichteten SE-Bild stellt sich der Tumor überwiegend signalarm dar. Lediglich die Komponente, die die Kompakta durchbrochen hat, ist signalintensiv und wird von nichtmineralisiertem Periost begrenzt
5.4 Bindegewebebildende Tumoren
Therapie und Prognose
Die radikale Chirurgie ist das Behandlungskonzept
der Wahl. Dabei wird ein extremitätenerhaltender
Eingriff mit weiten Rändern angestrebt. Zusätzlich
werden eine adjuvante und neoadjuvante Chemotherapie durchgeführt. Das Verfahren unterscheidet sich
nicht von dem beim Osteosarkom. Die Fünfjahresüberlebensrate beträgt knapp 60%. Trotz dieser Vorgehensweise muss in etwa 25% der Fälle mit Lungenmetastasen gerechnet werden. Lokalrezidive treten
nach einer weiten Resektion in etwa einem Viertel
der Fälle, nach zusätzlicher Chemotherapie in weniger als 10% und nach einer alleinigen marginalen
Resektion nahezu immer auf.
5.4.2.3
Leiomyosarkom
Das primäre Leiomyosarkom des Knochens ist ein
sehr seltener Tumor, der sich elektronenmikroskopisch von anderen Spindelzellsarkomen, Fibrosarkomen und malignen fibrösen Histiozytomen,
unterschiedet. Um die Diagnose stellen zu können,
muss ausgeschlossen sein, dass es sich um eine
Metastase eines viszeralen Leiomyosarkoms, besonders des Uterus, handelt.
Der Tumor tritt in der 4. bis 8. Lebensdekade auf,
ohne dass ein bevorzugtes Manifestationsalter bekannt ist. Eine Geschlechtspräferenz scheint nicht
vorzuliegen.
Die am häufigsten betroffenen Knochen sind das
Becken, das Femur und die Tibia. Die in den langen
Röhrenknochen gelegenen Tumoren sind metaphysär lokalisiert, wobei eine Ausdehnung in die
Diaphyse oder in die Epiphyse vorhanden sein kann.
Alle Tumoren wachsen osteolytisch und zeigen ein
aggressives Wachstumsmuster, meist einen Grad
Lodwick II. Häufig sind diskrete lamelläre Periostreaktionen nachweisbar.
In der MRT sind die Tumoren im T1-gewichteten
Bild isointens zur Muskulatur. Im T2-gewichteten
Bild sind sie häufig sehr inhomogen, wobei signalintensive und häufig ausgedehnte signalarme Areale
vorhanden sind. In mehr als der Hälfte der Fälle ist
ein eher diskretes Ödem der Weichteile nachweisbar
(Abb. 5.222 a–c). In den meisten Fällen ist in der MRT
eine extraossäre Tumorkomponente abgrenzbar, die
besonders bei den Tumoren des Beckens recht groß
sein kann. Der Tumor metastasiert nicht selten in die
Lunge und seltener in den Knochen.
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5.5
Myelogene Tumoren
5.5.1
5.5.1.1
5.5.2
5.5.2.1
5.5.2.2
5.5.2.3
5.5.2.4
5.5.2.5
5.5.2.6
Benigne Tumoren 272
Intraossäres Lipom 272
Maligne Tumoren 275
Ewing-Sarkom 275
Myelom (Plasmozytom) 286
Liposarkom 290
Morbus Hodgkin 290
Non-Hodgkin-Lymphom 291
Leukämie 295
Literatur 297
5.5.1
Benigne Tumoren
5.5.1.1
Intraossäres Lipom
Während das Lipom der Weichteile ein sehr häufiger
Tumor ist, wird ein intraossäres Lipom nur selten
diagnostiziert.
Definition
왔 Ein Lipom ist ein Tumor, der aus rei-
fem Fettgewebe aufgebaut ist.
Histologisch können drei verschiedene Entwicklungsstadien unterschieden werden.
∑ Im Stadium 1 sind reife, vitale Fettzellen umgeben
von feinen fibrovaskulären Septen vorhanden.
∑ Im Stadium 2 besteht ein Nebeneinander von
vitalen Fettzellen und Fettgewebenekrosen, die
verkalken können.
∑ Im Stadium 3 dominieren die Fettgewebenekrosen, die verkalken und Zysten aufweisen. Daneben
besteht eine reaktive Knochenneubildung.
Inzidenz
Das intraossär gelegene Lipom gilt mit einer Häufigkeit von 0,1–2,5% aller Knochentumoren als Rarität.
Da der Tumor jedoch nahezu immer asymptomatisch ist und als Zufallsbefund entdeckt wird, ist seine Inzidenz wahrscheinlich deutlich höher. Weiter
muss berücksichtigt werden, dass die im Schaft eines
langen Röhrenknochens gelegenen Lipome, soweit
sie nicht verkalkt sind, auf dem konventionellen
Röntgenbild kaum oder nicht sichtbar sind.
Alter und Geschlecht
Intraossäre Lipome können nahezu in jedem Lebensalter angetroffen werden. Die meisten werden jedoch
in der 3. und 4. Lebensdekade diagnostiziert. Männer
und Frauen scheinen in etwa gleicher Häufigkeit
betroffen zu sein.
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