Natur Der Eisenhut Giftige Schönheit Der Blaue Eisenhut ist eine charakteristische Sommerpflanze. Aufgrund seiner auffälligen blau-violetten Blüten wird er auch als Zierpflanze in Staudenbeeten angepflanzt. Doch beim Umgang mit ihm muss man vorsichtig sein: Er ist äußerst giftig. „Die Dosis macht es, dass ein Ding kein Gift sei“, sagte der spätmittelalterliche Arzt und Gelehrte Paracelsus. Das trifft auf den Blauen Eisenhut (Aconitum napellus) besonders gut zu. Er gilt als giftigste Pflanze Europas. Diese Giftigkeit, die übrigens alle Teile der Pflanze betrifft, zeigt sich auch in volkstümlichen Namen wie Würgling, Hundstod und Ziegentod. Giftpflanzen sind aber gerade deshalb, weil sie so stark auf den Organismus einwirken, auch für die Heilkunde interessant. Niedrig dosiert können sie sich in eine wirksame Arznei verwandeln. FOTOS ©: DHU Einfluss auf die Nerven Dr. Heiko Hentrich ist Biologe und seit 2015 bei der DHU tätig. Er leitet das Team, das Terra Medica, die Arzneipflanzenkulturen der DHU, bewirtschaftet. Auf die Gratwanderung zwischen Therapie und Tod haben sich in der Geschichte der Heilkunst zunächst aber nur wenige eingelassen. Antike Heilkundige wie Dioskurides und Plinius empfahlen Aconitum lediglich als Beimischung zu schmerzstillenden Augenmitteln, der Grieche Galen erwähnte es als Mittel zur Wundreinigung. Erst in der Pharmazie des 18. und 19. Jahrhunderts beschäftigte man sich wieder intensiver mit dem Eisenhut. Der Wiener Arzt Anton von Störck behandelte Nervenschmerzen und schlecht heilende Wunden durch innere Gabe von Presssaftextrakten aus den Blättern und Stängeln des blauen Eisenhuts. 1790 berichtete Samuel Hahnemann, dass auch er Nervenschmerzen und Gicht erfolgreich nach Störcks Methode behandelt habe. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden in Deutschland Zubereitungen aus den Wurzeln des blauen Eisenhuts als Mittel gegen Nervenschmerzen verordnet. Im 19. Jahrhundert wurde die Pflanze auch eingehend pharmakologisch untersucht und die Wirkgruppe der Alkaloide isoliert, unter denen das Aconitin das wichtigste ist. Aconitin wirkt auf die Signalübermittlung der Nervenzellen, indem es deren elektrischen Spannungsaufbau verändert und dadurch zunächst zu einer gesteigerten Nervenerregung, sodann aber zu einer Lähmung führt. Dies erklärt letztlich auch die Giftwirkung. Niedrig dosiert wird Aconitum dagegen in der pharmazeutischen Literatur als schmerzstillend bei Neuralgien (Nervenschmerzen), Gelenkrheumatismus, Ischias, Gicht und Krämpfen beschrieben. Heute ist die Verwendung von Aconitum nur noch hochverdünnt als homöopathisches beziehungsweise anthroposophisches Arzneimittel gebräuchlich. Nicht nur in Heilpflanzen- und Apothekergärten ist der Blaue Eisenhut bis heute ein gern gesehener Gast, auch in Ziergärten gilt er aufgrund seiner schönen, helmartigen, blau-violett schimmernden Blüten als Schmuckstück. Die stattliche Pflanze aus der Familie der Hahnenfußgewächse wächst bis zu 1,50 Meter hoch und blüht von Juni bis September. Vor allem für Hummeln ist der Eisenhut eine bevorzugte Nektarpflanze. Wild kommt er überwiegend in lichten Auwäldern der Mittelgebirge vor, aber auch in den Alpen ist er in Höhen von über 2000 Metern noch anzutreffen. In den Arzneipflanzenkulturen der DHU, Terra Medica, wird der Blaue Eisenhut an den von ihm bevorzugten kühlen und feuchten, nährstoffreichen, hellen bis halbschattigen Standorten angebaut. 25