8 Konstruktion der ganzen Zahlen und der rationalen Zahlen

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8 Konstruktion der ganzen
Zahlen und der rationalen
Zahlen
Die natürlichen Zahlen (zusammen mit der Addition und der Multiplikation)
wurden in Kapitel 3 axiomatisch eingeführt. Aus den natürlichen Zahlen kann
ganzen Zahlen Z
reellen Zahlen
man nun die
Zahlen
, die
= {. . . , −2, −1, 0, 1, 2, . . . }
und auch die
komplexen Zahlen
die
rationalen
(zusammen mit
den jeweiligen Additionen und Multiplikationen) konstruieren. Die mit Abstand
aufwendigste Konstruktion ist die der reellen Zahlen. Das wird aber erst Teil
der Vorlesung Analysis sein.
Ganze Zahlen
Gegeben seien also die natürlichen Zahlen. Wir betrachten nun wieder die Äquivalenzrelation aus Beispiel 6.11. Es sei also
M =N×N
und
R
die Relation
R := {((a, b), (c, d)) | a + d = c + b} .
Die Element des Quotienten
M/R
sind die Klassen
. . . , Kl(1, 3), Kl(1, 2), Kl(1, 1), Kl(2, 1), Kl(3, 1), . . . .
Wir denieren nun eine Addition auf
M/R
via
Kl(a, b) ⊕ Kl(c, d) = Kl(a + c, b + d).
⊕ nur aus der bekannten Operation +
dass das Ergebnis der Addition Kl(a, b) ⊕
der Repräsentanten (a, b) ∈ Kl(a, b) bzw.
Man beachte, dass die neue Abbildung
N hervorgeht. Problematisch ist,
Kl(c, d) anscheinend von der Wahl
(c, d) ∈ Kl(a, b) abhängt1 . Man muss also noch die Wohldeniertheit der Abbildung ⊕ testen. Sei also (ã, b̃) ein Elemente aus der gleichen Äquivalenzklasse
˜ ein Elemente aus der gleichen Äquivalenzklasse wie (c, d),
wie (a, b) und (c̃, d)
in
dann ist
1 Klar
˜ = Kl(ã + c̃, b̃ + d).
˜
Kl(ã, b̃) ⊕ Kl(c̃, d)
was gemeint ist? Sowohl
lenzklasse
Kl(1, 2).
(1, 2)
wie auch
(2, 3) sind ja Elemente
⊕ eindeutig sein.
Trotzdem muss die Summe
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der gleichen Äquiva-
8 Konstruktion der ganzen Zahlen und der rationalen Zahlen
Wegen
a + b̃ = b + ã
und
c + d˜ = d + c̃
gilt aber
˜ = Kl(a + c, b + d).
Kl(ã + c̃, b̃ + d)
Ähnlich wird nun auch eine Multiplikation
⊙
auf
M/R
deniert. Nämlich
Kl(a, b) ⊙ Kl(c, d) = (ac + bd, ad + bc).
Kl(c, d) ∈ M/R sowohl Kl(1, 1)⊕Kl(c, d) =
Kl(1+c, 1+d) = Kl(c, d) wie auch Kl(1, 1)⊙Kl(c, d) = Kl(c+d, c+d) = Kl(1, 1)
gilt. Das Element Kl(1, 1) nennen wir ab jetzt 0. Die Elemente Kl(1, 2), Kl(1, 3), . . .
nennen wir −1, −2, . . . und die Elemente Kl(2, 1), Kl(3, 1), . . . nennen wir 1, 2 . . . .
Auÿerdem schreiben wir in Zukunft Z statt M/R, a + b statt a ⊕ b und ab statt
a ⊙ b.
Wir haben also auf einer neuen Menge Z eine neue Addition und eine neue
Man beachte, dass für jedes Element
Multiplikation deniert. Man kann nun nachrechnen, dass sämtliche aus der
Schule bekannten Rechenregeln auch auf unserer Menge
dere gelten alle Rechenregeln von
stellt man sich auch weiterhin
N
N
auf
Z
Z
stimmen. Insbeson-
eingeschränkt auf
als Teilmenge von
Z
1, 2, 3 · · · . Deshalb
N in unserer
vor (obwohl
Konstruktion formal etwas anderes ist).
Rationale Zahlen und reelle Zahlen
Im Gegensatz zum Zahlenbereich
N
läÿt sich jede additive Gleichung
a+x = b
a, b ∈ Z lösen. Andererseits läst sich nicht jede multiplikative Gleichung
ax = b mit a, b ∈ Z in Z lösen. Daher betrachtet man die
,
also die Brüche
o
nn
| n ∈ Z, m ∈ N .
Q :=
m
Auch hier müÿte man nun die Menge Q zusammen mit einer Addition und einer
Multiplikation formal aus N und Z konstruieren. Hierzu denieren wir auf Z × N
mit
Rationalen Zahlen
die Relation
(z1 , n1 ) ∼ (z2 , n2 ) ⇔ z1 n2 = z2 n1
Diese Relation ist eine Äquivalenzrelation. Den Quotienten
Z × N/ ∼,
also die
Menge der Äquivalenzklassen, nennen wir die Menge der rationalen Zahlen (und
Q statt Z × N/ ∼).
+ : Q × Q → Q, mittels
schreiben
Auf
Q
ist nun eine Addition, also eine Abbildung
[(z1 , n1 )] + [(z2 , n2 )] := [(z1 n2 + z2 n1 , n1 n2 )]
und eine Multiplikation mittels
[(z1 , n1 )] · [(z2 , n2 )] := [(z1 z2 , n1 n2 )]
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[(z1 , n1 )]
z1
. Übersetzt man obige Den1
nitionen zur Addition und zur Multiplikation, So erhält man
deniert. Statt
schreiben wir in Zukunft
ad + bc
a c
+ =
b d
bd
bzw
a c
ab
· = ,
b d
cd
also genau die Beziehungen, die man (hoentlich) noch aus der Schule kannte.
In der linaren Algebra werden Sie lernen was ein Körper ist. Hier sei schon
einmal gesagt, dass
Q
(genau wie
R
und
C)
ein Beispiel für einen Körper ist,
N
Z aber nicht. Für jetzt reicht uns die Erkenntnis, dass Q bezüglich Addition
und Multiplikation abgeschlossen ist, d.h. für alle p, q ∈ Q ist q + p ∈ Q und
pq ∈ Q.
und
Um vernünftig Mathematik betreiben zu können reicht die Menge der ratiox2 = 2 in Q nicht lösbar.
nalen Zahlen noch nicht aus. Z.B. ist die Gleichung
Trotzdem kann man sich Probleme vorstellen, deren Lösung eben genau die Be2
2
dingung x = 2 erfüllt . Daher erweitert man die rationalen Zahlen noch auf
die reellen Zahlen. Wie das genau geht werden Sie in der Vorlesung Analysis
erfahren.
2 Z.B.
die Frage, wie lange ist die Diagonale eines rechtwinkligen Dreiecks dessen Katheten
beide die Länge 1 haben. Wenn wir eine Mathematik nur in
wäre die Antwort: So ein Dreieck gibt es nicht.
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Q
aufziehen wollten dann
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