Tödliche Pracht Wilhelm Herschel entdeckt den Zentralstern eines Planetarischen Nebels 54 55 Astro_036-059.indd 54 Im Jahr 1781 veröffentlicht der französische Astronom Charles Messier seinen Catalogue des Nébuleuses & des Amas d’Étoiles (Messier-Katalog). Darin aufgelistet sind vier Planetarische Nebel, unter ihnen der Hantel-Nebel im Sternbild Füchschen und der Ring-Nebel in der Leier. Doch Messier hat keine Vorstellung, was wirklich hinter diesen schwachen Objekten steckt. Er glaubt, dass diese fast kreisförmigen Nebelflecken ferne Sternhaufen sind, deren Sterne nicht einzeln erkennbar sind. Im Sommer 1782, ein Jahr nach seiner Entdeckung des Planeten Uranus, beginnt Wilhelm Herschel mit einem großen Projekt – der Himmelskarte, in die er möglichst viele Sternhaufen, Nebelflecken und Doppelsterne einträgt. Eine seiner ersten Entdeckungen am 7. September ist ein schwacher kleiner Nebel im Sternbild Wassermann. Nahezu rund, relativ scharf abgegrenzt, etwas grünlich – genau wie der Hantel-Nebel und der Ring-Nebel. Der kleine Nebel sieht wohl der kleinen blaugrünen Planetenscheibe des Uranus ähnlich. Als Herschel Mitte der 80er Jahre des 18. Jahrhunderts ein Nebelklassifikationssystem aufstellt, nennt er diese schwachen symmetrischen Lichtfleckchen „Planetarische Nebel“. Natürlich weiß er, dass diese Nebel in Wirklichkeit nichts mit Planeten zu tun haben, doch der Name ist bestehen geblieben. Übrigens hat Herschel noch immer keine genaue Kenntnis, um welche Art von Objekten es sich eigentlich handelt. Das ändert sich am 13. November 1790. Im Sternbild Stier entdeckt Herschel einen Planetarischen Nebel, der heute die Katalognummer NGC 1514 trägt. Ebenso rund, ebenso scharf abgegrenzt und grün wie seine Entdeckung vom 7. September 1782, jedoch mit einem auffälligen Stern im Zentrum. Es handelt sich offenbar nicht um eine ferne Ansammlung schwacher Sterne, meint Herschel, sondern um einen Gas- und Staubnebel. Mit leistungsfähigeren Teleskopen entdeckt man später, dass alle Planetarischen Nebel einen zentralen Stern haben. Heute weiß man, dass die Planetarischen Nebel die letzten Atemzüge sterbender Sterne sind – aufgedunsene Riesen, die langsam ihre Außenschichten in den Raum blasen. Während der Nebel sich ausdehnt und auflöst, schrumpft der Riesenstern in sich zusammen zu einem heißen Weißen Zwerg. Die ultraviolette Strahlung des Zwergs erhitzt das flüchtige Gas, das in spektakulären Farben aufleuchtet. In einigen Milliarden Jahren bläht sich auch unsere eigene Sonne zu einem Roten Riesen auf und hüllt sich in einen anschwellenden Planetarischen Nebel. Vermutlich wird die Struktur dieses Nebels auch durch die Anwesenheit der Riesenplaneten und die abgeflachten Gürtel von Planetoiden und Eiszwergen beeinflusst, die die Sonne begleiten. Viele Planetarische Nebel sind bipolar: Das meiste weggeblasene Gas befindet sich in zwei großen Keulen beiderseits des Zentralsterns. Man vermutet als Grund dafür, dass der sterbende Stern Teil eines Doppelsternsystems ist oder dass er genau wie die Sonne ein Planetensystem besitzt. Der heiße Weiße Zwerg im Zentrum des Planetarischen Nebels NGC 2440 hat eine Oberflächentemperatur von etwa 200 000 Grad. Die energiereiche Strahlung des Sterns erhitzt das Nebelmaterial, das in einem früheren Stadium in den Raum geblasen wurde. (NASA | ESA | HUBBLE \ HERITAGE TEAM) [ Der Helix-Nebel im Sternbild Wassermann ist der am nächsten gelegene Planetarische Nebel. Dieses farbenfrohe Foto wurde anhand von Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops und des im infraroten Bereich beobachtenden Spitzer-Weltraumteleskops zusammengestellt. (NASA | JPL | ESA) 29.05.2009 14:16:53 Uhr Astro_036-059.indd 55 29.05.2009 14:16:54 Uhr