Thermodynamik I für den Studiengang Computational Engineering Science N. Peters Institut für Technische Verbrennung Templergraben 64 Thermodynamik Das Wort Thermodynamik kommt aus dem Griechischen: therme (Wärme) und dynamis (Kraft). Geregelte Dampfmaschine von Watt Moderner Dieselmotor Literatur: - Lucas, K., Thermodynamik. Die Grundgesetze der Energie- und Stoffumwandlung, 3. Auflage, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York - Bosnjakovic F., Knoche K. F.; Technische Thermodynamik Teil I und II 8. Auflage, Steinkopf Darmstadt - Baehr, H. D., Thermodynamik. Grundlagen und technische Anwendungen, 11. Auflage, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York mit Schwerpunkt auf den theoretischen Grundlagen - Schnakenberg, J., Thermodynamik und statistische Physik, Carl-Grossmann-Verlag, Tübingen 1. Allgemeine Grundlagen 1.1 Energie- und Stoffumwandlungen 1.2 Thermodynamische Analyse 2. Fluide Phase 2.1 Die thermischen Zustandsgrößen 2.2 Reinstoffe 2.3 Stoffmodelle für Reinstoffe 2.4 Stoffmodelle für Gemische 2.5 Gemische 3. Massenbilanz Inhalt von Thermodynamik I 0.1 4. Die Energiebilanz 4.1 Mechanische Formen der Energie 4.2 Erster Hauptsatz der Thermodynamik 4.3 Verschiedene Formen des 1. Hauptsatzes 4.4 Die spezifischen Wärmekapazitäten 4.5 Innere Energie und Enthalpie 4.6 Instationäre Prozesse 4.7 Quasistatische Zustandsänderungen in geschlossenen Systemen 4.8 Kreisprozesse 5. Entropie, 2. Hauptsatz der Thermodynamik 5.1 Irreversible und reversible Prozesse 5.2 Eine neue Zustandsgröße: die Entropie 5.3 Entropie und Entropieproduktion, Entropiebilanz 5.4 Entropie und Ordnung Inhalt von Thermodynamik I 0.2 5.5 Nassdampfgebiet 5.6 Gasgemische 5.7 Exergie 6. Energieumwandlungen als reversible und nichtreversible Prozesse 6.1 Reversibel-isotherme Prozesse 6.2 Reversibel-adiabate Prozesse 6.3 Entropie und Entropieproduktion, Entropiebilanz 6.4 Entropie und Ordnung Inhalt von Thermodynamik I 0.3 1. Allgemeine Grundlagen 1.1 Energie- und Stoffumwandlungen 1.1.1 Energieumwandlungen Energie wird genutzt als - Wärme z. B. Raumheizung, Prozesswärme in der Industrie - Mechanische Arbeit z. B. Antrieb von Fahrzeugen Energieumwandlungen sind nicht symmetrisch! Beispiele: - Arbeit kann vollständig in Wärme umgesetzt werden - Wärme kann niemals vollständig in Arbeit umgesetzt werden 1.1-1 1.1.2 Stoffumwandlungen - Reine Stoffe: Phasenänderung flüssig – gasförmig, fest – flüssig, fest - gasförmig - Mischung: Kaffee + Milch = Milchkaffee (typisches Beispiel für einen nichtumkehrbaren, irreversiblen Prozess) - Mischung und Phasenübergang: - Chemische Reaktionen Verbrennung im Kraftwerk: Brennstoffzelle: Salz + Eis = Salzwasser + Eis Steinkohle + Luft = Abgas + Asche + Wärme + elektrischer Strom + Wärme 1.1-2 1.1.3 Energie- und Stoffumwandlungen in technischen Prozessen Kraftwerk: - Verbrennung liefert Wärme - Wärme bewirkt Verdampfung von Wasser zu Dampf - Dampfturbine liefert elektrische Energie Ammoniakfabrik: N2 + 3 H2 = 2 NH3 - Reformer spaltet 2 H2O zu 2 H2 + O2 - Luftzerlegung trennt N2 von O2 - Synthesereaktion liefert NH3 - Prozess benötigt Wärme als Heißdampf 1.1-3 Verbrennungsmotor: - Verbrennung von Kraftstoff mit Luft liefert Gas bei hohem Druck - Druck setzt Kolben in Bewegung - Kurbelwelle wandelt Translations- in Rotationsenergie um 1.1-4 1.1.4 Allgemeine Schlussfolgerungen Erhaltung der Masse - Rohstoffe liefern Produkte und Abfallstoffe. - Neben der Gesamtmasse bleiben bei chemischen Umwandlungen auch die Teilmassen der chemischen Elemente erhalten. Erhaltung der Energie - Zugeführte Energie (z. B. chemische Energie) wird in Wärme, Arbeit und Abwärme (z. B. über Kühlturm) umgewandelt. - Es gibt höherwertige Energieformen (chemisch gebundene Energie, mechanische Arbeit) und minderwertige (Wärme). - Wärme kann nur unvollständig in Arbeit und chemisch gebundene Energie umgewandelt werden. 1.1-5 1.2 Die thermodynamische Analyse 1.2.1 Das thermodynamische System Ein Bereich des Raumes wird abgegrenzt, auf diesen Bereich bezieht sich die thermodynamische Analyse. Das System wird durch gedachte Systemgrenzen vom umgebenden Raum abgetrennt und die Wirkungen der Umgebung auf das System an den Systemgrenzen festgelegt. Teile der Umgebung können als weitere Systeme hervorgehoben werden. 1.2-2 Beispiel 1: Luftpumpe Betrachtet wird das Gas innerhalb der rot gestrichelten Systemgrenze! . . Wärmestrom Q Massenstrom m Im Gleichgewicht: Druck = Kraft/Fläche 1.2-2 Beispiel: Analyse des Zusammenhangs von Druck p und Volumen V bei der Zustandsänderung des Systems von 1 nach 2 anhand des p,V-Diagramms. Es soll der Fall betrachtet werden, bei dem die Öffnung der Luftpumpe zugehalten wird, also keine Masse austreten kann. Die Fläche unter der Kurve (grau schraffiert) entspricht der dem Gas bei der Bewegung des Kolbens (Volumenänderung) zugeführten Arbeit! Sie wird Volumenänderungsarbeit genannt (siehe Abschn. 4.2) und ist eine charakteristische Größe für die Quantifizierung der Zustandsänderung : 1.2-3 Beispiel 2: Turboverdichter Kontinuierliche Verdichtung des Massenstroms durch Kompressorschaufeln, die ihn unter Zuführung von elektrischerArbeit in ein immer kleiner werdendes Volumen drücken . Die pro Zeiteinheit zugeführte Arbeit wird als Leistung bezeichnet P: Nebenbedingung bei der Auslegung: Axiale Geschwindigkeit in jeder Stufe gleich groß. Da andererseits der Massenstrom durch die Anlage konstant ist nimmt der Querschnitt zum Austritt hin ab. 1.2-4 Beispiel 3: Diffusor Kontinuierliche Verlangsamung der Strömungsgeschwindigkeit durch Querschnittserweiterung und damit Verdichtung des Massenstroms auf einen höheren Druck. Entnahme der Arbeit zum Verdichten aus der kinetischen Energie der Strömung. Der Diffusor ist eine besonders einfache Vorrichtung zur Verdichtung, da keine bewegten Teile nötig sind. Allerdings besteht die Gefahr der Strömungsablösung von der Kontur, so dass der gewünschte Effekt nicht zustande kommt. 1.2-5 Definition von Systemen Geschlossene Systeme Systemgrenzen undurchlässig für Materie, Volumen kann veränderlich sein, Arbeit und Wärme dürfen über die Systemgrenzen ausgetauscht werden. Abgeschlossene oder isolierte Systeme Wie geschlossene Systeme, aber adiabat und kein Austausch von Arbeit über die Systemgrenzen, das heißt gar kein Austausch mit der Umgebung. Offene Systeme Systemgrenzen durchlässig für Materie, mit oder ohne Wärme- und Arbeitsaustausch mit der Umbebung, oft mit räumlich festliegender Bilanzhülle (durchströmter Kontrollraum). 1.2-6 1.2.2 Die thermodynamische Betrachtungsweise - In der Thermodynamik werden meist flüssige und gasförmige Substanzen betrachtet, die als Arbeitsfluide eingesetzt sind. - Diese Aggregatzustände (fest, flüssig, …*)) werden als Phasen bezeichnet. - Die thermodynamische Betrachtungsweise setzt voraus, dass innerhalb einer Phase ein homogener Zustand vorliegt. - Eigenschaften wie Druck und Temperatur in einer Phase werden als konstant angenommen (Beispiel: Luftpumpe). - Bei durchströmten Apparaten (z. B. Turboverdichter oder Diffusor) ändert sich der Zustand innerhalb des Kontrollvolumens. In diesen Fällen werden nur die Eintritts- und Austrittsgrößen betrachtet. *) Man kennt bisher 5 Aggregatzustände der Materie: neben fest, flüssig, gasförmig, das Plasma und das Bose-Einstein-Kondensat 1.2-7 Zustandsgrößen Ein System ist Träger von Variablen oder physikalischen Größen, die seine Eigenschaften kennzeichnen. In der thermodynamischen Betrachtungsweise werden Systeme makroskopischer Abmessungen betrachtet. Daher kennzeichnet schon eine geringe Zahl von Variablen ein System. Es interessieren nicht die Koordinaten und Geschwindigkeiten aller einzelnen Gasteilchen im System. Globale Größen wie Volumen, Druck, Temperatur und die Masse im System reichen zur Beschreibung aus → Zustandsgrößen . 1.2-8 Zustandsgrößen die sich bei einer gedachten Teilung des Systems als Summe der Zustandsgrößen der Teile ergeben heißen → extensive Zustandsgrößen. Extensive Zustandsgrößen messen die Größe eines Systems. Einfache Beispiel sind Masse und Volumen. Zustandsgrößen, die bei einer gedachten Teilung eines homogenen Systems gleich bleiben heißen → intensive Zustandsgrößen. Intensive Zustandsgrößen sind von der Größe des homogenen Systems unabhängig. Deshalb werden aus extensiven Zustandsgrößen, wenn sie auf die im System enthaltene Masse oder Stoffmenge bezogen sind zu intensiven Zustandsgrößen. Massenbezogene Zustandsgrößen heißen → spezifische Zustandsgrößen, auf die Stoffmenge bezogenen Zustandsgrößen heißen → molare Zustandsgrößen. 1.2-9 1.2.3 Prozess- und Zustandsänderungen - Die thermodynamische Analyse behandelt nicht Prozesse in ihrem zeitlichen und örtlichen Verlauf, sondern nur Zustandsänderungen - Sie kann auch nur quasi-statische (d. h. hinreichend langsame) Zustandsänderungen beschreiben. Z. B. das ruckartiges Anfahren eines Kolbens würde im Zylinder eine Stoßwelle erzeugen, die zu einem inhomogenen Druckfeld führt und nur mit strömungsmechanischen Methoden behandelt werden kann. Beispiel: Stoßwelle über Zylinder - Ähnliches gilt für Mischung und Schadstoffbildung. 1.2-10 Bilder: Stoßwelle über Zylinder 1.2-11