Thermodynamik I Kapitel 1 Einführung und Allgemeine Grundlagen Prof. Dr.-Ing. Heinz Pitsch Thermodynamik • Das Wort Thermodynamik kommt aus dem Griechischen: therme (Wärme) und dynamis (Kraft) • Lehre der Energieumwandlungen z. B. Wärme in Arbeit • C.P. Snow: The lack of knowledge of the second law of thermodynamics is equivalent to never having read Shakespeare 2 Energie • Nachfrage nach Energie bestimmt unser Leben in substantieller Weise Verkehr und Elektrizität Luftverschmutzung Globale Erwärmung 3 DOE’s International Energy Outlook 2006 • Highlights: • Fossile Brennstoffe werden weiterhin einen großen Anteil (85%) der weltweit genutzten Energie liefern • Welt-Energie-Verbrauch wird voraussichtlich von 2003 bis 2030 um 71% zunehmen • Erdöl bleibt die vorherrschende Energiequelle • Verkehr und Transport mit Anteil von ~ 25% 4 Treibhausgas-Emissionen • 85% der TreibhausgasEmissionen sind CO2 EPA Inventory of US Greenhouse Gas Emissions, 2006 5 Quellen von CO2 Der Verbrauch fossiler Brennstoffe ist beteiligt an • 95% der CO2Emissionen • 80% aller TreibhausgasEmissionen 6 Reduktion von Treibhausgas-Emissionen • Verschiedene Alternativen zum Beispiel • Wasserstoff-Wirtschaft • CO2-Sequestration (Carbon Capture and Storage, CCS) • Biobrennstoffe • Effizienzsteigerung Thermodynamik 7 Beispiel: Motoren • Moderner Dieselmotor • Trotz erheblich höheren Verkehrsaufkommens deutlich reduzierter Rußausstoß 8 Beispiel: Brennstoffzellen • PEM Brennstoffzelle • Theoretisch sehr hoher thermischer Wirkungsgrad 9 Beispiel: Gasturbinen • Brennkammer eines Pratt & Whitney 6000 Flugtriebwerks • Sicherheit hat höchste Priorität 10 Historische Beispiele: Dampfkochtopf von 1681 11 Wasserpumpe von 1663 Thomas Newcomen • Frühe Dampfmaschinen mit Wassereinspritzung zur Kondensation des Dampfes im Zylinder • Atmosphärische Dampfmaschine Kolbenrückbewegung durch den Luftdruck • Einsatz als Pumpen in Bergwerken um 1712 • Wirkungsgrad unter 1% 12 James Watt (1736 – 1819) • Verbesserung der atmosphärischen Dampfmaschine von Newcomen • Kondensation des Dampfes in einem separaten Behälter, dem Kondensator • Kolbenbewegung in beide Richtungen durch Dampfdruck angetrieben • Patent 1769 • Wirkungsgrad Wattscher Dampfmaschinen bis 3% 13 Historische Einordnung • James Watt • Sadi Carnot (1736 – 1819) (1796 – 1838) • • • • (1818 – 1889) (1822 – 1888) (1820 – 1872) (1824 – 1907) James Joule Rudolf Clausius William Rankine William Thomson (Lord Kelvin) • Ludwig Boltzmann (1844 – 1906) • Max Planck • Albert Einstein (1858 – 1947) (1879 – 1955) 14 Thermodynamisches Gerät • Beispiel: Ball • Formen der Energie - Potentielle Energie - Kinetische Energie - Spannungsenergie • Energie bleibt erhalten! • 1. Hauptsatz der Thermodynamik 15 Beispiel: Wärmekraftmaschine • Wohin geht die Energie? • Was kann man mit dieser Energie anfangen? • Kann man den Prozess umkehren? • Energietransformationen beeinflussen Qualität der Energie • Energie charakterisiert durch Qualität • 2. Hauptsatz der Thermodynamik Entropie 16 Literatur • Bosnjakovic F., Knoche K. F.; Technische Thermodynamik Teil I und II 8. Auflage, Steinkopf Darmstadt • Baehr, H. D., Thermodynamik. Grundlagen und technische Anwendungen 11. Auflage, Springer Verlag • Lucas, K., Thermodynamik, die Grundgesetze der Energie- und Stoffumwandlungen, Springer Verlag Mit Schwerpunkt auf den theoretischen Grundlagen • Schnakenberg, J., Thermodynamik und statistische Physik, • Carl-Grossmann-Verlag, Tübingen Amerikanische Lehrbücher • Moran, J. M., Shapiro, H. N., Fundamentals of Thermodynamics, J. Wiley & Sons • Cengel, Y. A., Boles, M. A., Thermodynamics, McGrawHill 17 Organisation • Vorlesung: Prof. Heinz Pitsch Institut für Technische Verbrennung, Templergraben 64, 2. Etage • Übung: Mi 08:30 Uhr, Herr Cai • Selbstrechenübung: Mi 14:15 Uhr, Herr Cai, Herr Dr. Binninger • Note: Klausur + Bonuspunkte 18 Bonussystem • Abgabe einer häuslichen Ausarbeitung der Aufgaben der Selbstrechenübung innerhalb einer Woche • Korrektur und Bewertung durch den Lehrstuhl innerhalb einer Woche • Lehrstuhl führt ein Punktekonto für jeden Studierenden • Anrechnung der Punkte als Bonus für Klausur • Nur bei einer der zwei nachfolgenden Klausuren • 100% der möglichen Punkte entsprechen ungefähr zwei Notensprüngen (z.B. 3.7 3.0) • Für genauere Informationen beachten Sie bitte das Informationsblatt „Klausurbonuspunkte“ 19 Bonussystem 100,0% Bestehensquote 80,0% 60,0% 40,0% 20,0% 0,0% 0,0% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% 50,0% 60,0% Bonuspunkte 21 70,0% 80,0% 90,0% 100,0% Kapitel 1, Teil 1: Übersicht 1 Allgemeine Grundlagen 1.1 Stoffe und Stoffumwandlungen 1.2 Energie 1.2.1 Formen und Energie 1.2.2 Innere Energie 1.3 Das thermodynamische System 1.4 Zustandsgrößen 1.5 Zustandspostulat 1.6 Die thermodynamische Betrachtungsweise 1.7 Prozess- und Zustandsänderungen 22 1. Allgemeine Grundlagen • 1.1 Stoffe und Stoffumwandlungen - Reine Stoffe: Phasenänderung flüssig – gasförmig, fest – flüssig, fest - gasförmig - Gemische: Kaffee + Milch = Milchkaffee (typisches Beispiel für nichtumkehrbaren, irreversiblen Prozess) - Chemische Reaktionen - Verbrennung im Kraftwerk: - Brennstoffzelle: 23 Steinkohle + Luft = Abgas + Asche + Wärme + elektrischer Strom + Wärme 1.2 Energie • 1.2.1 Formen der Energie Energie kinetisch potentiell elektrisch magnetisch thermisch chemisch nuklear • Gesamtenergie: 24 makroskopisch Äußere Energien Ea mikroskopisch Innere Energie U 1.2.2 Innere Energie • Innere Energie: S mikroskopischer Energien • thermisch Translation Rotation Schwingung • elektronisch • chemisch • nuklear • latent 25 Kapitel 1, Teil 1: Übersicht 1 Allgemeine Grundlagen 1.1 Stoffe und Stoffumwandlungen 1.2 Energie 1.2.1 Formen und Energie 1.2.2 Innere Energie 1.3 Das thermodynamische System 1.4 Zustandsgrößen 1.5 Zustandspostulat 1.6 Die thermodynamische Betrachtungsweise 1.7 Prozess- und Zustandsänderungen 26 1.3 Das thermodynamische System • Bereich auf den sich thermodynamische Analyse bezieht Beispiel: Gas im Zylinder mit beweglichem Kolben Klar abgegrenzt und definiert • Wirkungen der Umgebung an den Systemgrenzen bestimmt Werden bei Systemanalyse berücksichtigt • Massenbezogene Unterscheidung Geschlossene Systeme Offene Systeme 27 auf das System Geschlossene Systeme • Systemgrenzen undurchlässig für Materie • Volumen kann veränderlich sein • Arbeit und Wärme dürfen über Systemgrenzen ausgetauscht werden Weitere Eigenschaften des geschlossenes Systems • Enthält eine oder mehrere homogene Phasen • Chemische Reaktionen im System sind möglich • Systemgrenzen oft beweglich 28 Beispiel: Gas im Zylinder mit beweglichem Kolben Offene Systeme • Systemgrenzen durchlässig für Materie • mit oder ohne Wärme- und Arbeitsaustausch mit der Umgebung • oft durchströmter Kontrollraum • Volumen kann sich ändern Weitere Eigenschaften des offenen Systems • Homogenität des Systeminhalt spielt keine Rolle • Systeminhalt kann sehr komplex sein, nur der Stoff- und Energieübergang an den Grenzen wird betrachtet • Systemgrenzen oft aber nicht notwendig ortsfest 29 Abgeschlossene oder isolierte Systeme • Vollkommen abgeschnitten von der Umgebung • Keine Massen- oder Energieflüsse über Systemgrenzen • Wie geschlossenes Systeme, aber zusätzlich • kein Wärmeaustausch adiabat und • kein Austausch von Arbeit über die Systemgrenzen 30 Beispiel: Luftpumpe • Betrachtet wird das Gas innerhalb der rot gestrichelten Systemgrenze! . . • Massenstrom m • Wärmestrom Q 31 Im Gleichgewicht: Druck = Kraft/Fläche Beispiel 1 für offenes System: Turboverdichter • Zuführung elektrischer Arbeit • Kontinuierliche Verdichtung des Massenstroms durch Kompressorschaufeln 32 1.4 Zustandsgrößen • Physikalischen Größen, Eigenschaften eines Systems • Klassische thermodynamische Betrachtungsweise • Systeme makroskopischer Abmessungen werden betrachtet • Es interessieren nicht Koordinaten und Geschwindigkeiten aller einzelnen Gasteilchen im System wie in der statistischen Mechanik • Globale Größen wie Volumen V, Druck p, Temperatur T und die Masse m sowie die Zusammensetzung des System reichen zur Beschreibung aus Zustandsgrößen • Unterscheidung von Zustandsgrößen • Extensiv • Intensiv 33 Extensive Zustandsgrößen • Extensive Zustandsgrößen • Zustandsgrößen die sich bei gedachter Teilung des Systems als Summe der Zustandsgrößen der Einzelteile ergeben • Messen die Größe eines Systems • Einfache Beispiele sind Masse, Volumen und Energie • Für n Teilsysteme gilt also 34 Intensive Zustandsgrößen • Intensive Zustandsgrößen • Zustandsgrößen die sich bei gedachter Teilung eines homogenen Systems gleich bleiben • Können an jedem Punkt des Raumes definiert werden, sie können räumlich variieren • Beispiel: Druck p, Temperatur T, Dichte r,spezifisches Volumen v = 1/r 35 Extensive und intensive Zustandsgrößen • Extensive Zustandsgrößen im homogenen System proportional zu Masse oder Stoffmenge • Aus extensiven Zustandsgrößen werden intensive Zustandsgrößen durch Bezug auf entsprechende Masse oder Stoffmenge • Massenbezogene Zustandsgrößen heißen spezifische Zustandsgrößen • Stoffmengenbezogene Zustandsgrößen heißen molare Zustandsgrößen • Beispiele: • spezifisches Volumen v = 1/r = V/m • spezifische innere Energie u = U/m 36 1.5 Zustandspostulat • Betrachtet wird ein einfaches, kompressibles System1) Zustandspostulat: Zwei unabhängige intensive Zustandsgrößen bestimmen den Zustand eindeutig • Beispiel: Die Viskosität von Wasser sei h = 0,506 .10-3 Ns/m, sein Brechungsindex n = 1,3289, dann ist die Dichte festgelegt zu r = 0,9981 g/cm3, die Temperatur zu 50 oC, der Druck … • Oft werden hierfür die Zustandsgrößen Druck p, Temperatur T oder spezifisches Volumen v verwendet 1) Ein einfaches System ist ein System ohne Schwerkräfte, elektrische, magnetische oder andere äußere Kräfte, auch kinetische Energie oder Oberflächenspannung sind ausgeschlossen. In anderen Fällen sind weitere Eigenschaften, wie die Höhe im Schwerefeld bei der potentiellen Energie zu berücksichtigen. Kompressibel ist ein System ohne plastische Verformung 37 1.6 Die thermodynamische Betrachtungsweise • Gleichgewichtszustände • Aggregatzustände (fest, flüssig, …) werden als Phasen bezeichnet • Homogener Zustand innerhalb einer Phase Eigenschaften wie Druck und Temperatur sind daher in einer Phase räumlich konstant • Bei durchströmten Apparaten (z. B. ändert sich der Zustand innerhalb des Kontrollvolumens • Räumliche Verteilung wird aber dann nicht betrachtet 38 Turboverdichter) Gleichgewicht • Thermisches und mechanisches Gleichgewicht Thermisches Gleichgewicht Mechanisches Gleichgewicht • Zwangsbedingungen verhindern vollständiges Gleichgewicht Arretierungen verhindert Druckausgleich Adiabate Schichten verhindern Temperaturausgleich 39 1.7 Prozess- und Zustandsänderungen • Thermodynamische Analyse behandelt Zustandsänderungen zwischen Gleichgewichtszuständen • Üblicherweise werden quasi-statische (d. h. hinreichend langsame) Zustandsänderungen behandelt • Zwischenzustände werden als Quasi-Gleichgewichtszustände angenommen 40 Beispiel: Kompression im Otto-Motor • Annahme: Kompression so langsam, dass sie durch eine Serie von Gleichgewichtszuständen ausreichend genau approximiert werden kann. • Beispiele wohldefinierter Prozesse: isotherm (konstante Temperatur: T = const) isobar (konstanter Druck: p = const) isochor (konstantes Volumen: v = const) isentrop (konstante Entropie: s = const oder pvk = const) polytrop (pvn = const) 41 Idealisierter Otto-Prozess • Annahme: Ideales Gas, Luft als Arbeitsfluid Offenes System wird durch geschlossenes System ersetzt • Ausschieben des heißen Abgases und Ansaugen des kalten Frischgases 4 1 wird durch Prozessschritt "Kühlen bei konstantem Volumen“ ersetzt 42 Beispiel: Otto-Prozess im p,V-Diagramm V s s V Endzustand = Anfangszustand Kreisprozess 43 Merke: • Energy • Energie wird erhalten 1st Hauptsatz der Thermodynamik • Energie hat Qualität 2nd Hauptsatz der Thermodynamik • Gesamtenergie E = U + Ekin + Epot • U = Summe molekularer Energien = Thermisch + Chemisch + Latent • System • Offen: Durchlässing für Energie und Masse • Geschlossen: Durchlässig für Energie • Zustandsgrößen • Intensive Zustandsgrößen unabhängig von Stoffmenge • Extensive Zustandsgrößen proportional zur Masse/Volumen • Zustandspostulat • Zwei unabhängige intensive Zustandsgrößen definieren Zustand