Chronische Otitis media C Chronische Otitis media 왘 „Ich musste noch zum HNO-Arzt“, entschuldigt sich Frau Gebnickow bei ihrer Freundin. „Ich hatte in der Nacht höllische Ohrenschmerzen und am Morgen kam dann auch Flüssigkeit raus. Ich erspare dir mal weitere Details. Wir waren gestern im Schwimmbad, weil die Kinder so gequengelt haben. Ich bin mit, obwohl ich das ja wegen meiner Probleme mit den Ohren nicht so gerne mache“, erzählt Frau Gebnickow. „Außerdem höre ich in letzter Zeit eh schlecht. Ich habe mir Watte in die Ohren gestopft und eine Badekappe rübergezogen. Kannst du dich noch an die Dinger mit den Schmetterlingen drauf erinnern?“. Sie grinst. Definition Bei der chronischen Otitis media handelt es sich um eine dauerhafte bzw. immer wiederkehrende Entzündung des Mittelohrs, die mit einem Trommelfelldefekt einhergeht. Man unterscheidet die chronische Schleimhauteiterung und die chronische Knocheneiterung (Cholesteatom). Synonym: chronische Mittelohrentzündung. Ursachen Meist ist die Ursache für die chronische Otitis media eine bereits seit der Kindheit bestehende Funktionsstörung der Ohrtrompete, aus der eine Minderbelüftung des Mittelohrs resultiert. Der andauernde Unterdruck zieht das Trommelfell bis zur Ausbildung eines Defekts ein. Umbauprozesse der Mittelohrschleimhaut führen letztlich zu einer chronischen Entzündung. Seltener entwickelt sich die Erkrankung als Folge einer Verletzung oder der akuten Mittelohrentzündung. Cholesteatom. Dieses entsteht, wenn äußere Hautschichten des Trommelfells bzw. des Gehörgangs z. B. über ein Loch am Rand des Trommelfells in das Mittelohr einwachsen. Es bildet sich ein zwiebelschalenartig aufgebautes Perlgeschwulst, das Cholesteatom, das auch den angrenzenden Knochen schädigen kann. Symptome Typische Symptome sind wiederholtes Auslaufen von Sekret aus dem Ohr und eine Hörminderung. Beim Cholesteatom riecht der Ausfluss häufig übel. Da ein Cholesteatom die knöchernen Strukturen auflösen kann, sind schwerwiegende Komplikationen wie Ertaubung, Gleichgewichtsstörungen, Gesichtsnervenlähmung, → Meningitis oder eine → Enzephalitis möglich. Abb. C.17 Chronische Otitis media. Die otoskopische Untersuchung zeigt ein Trommelfell mit chronischer Perforation und entzündlichem Sekret. auch eine Schallleitungshörstörung im Hörtest (Tonschwellenaudiogramm). Eine Untersuchung von Nase, Nasenrachenraum und Nasennebenhöhlen, die Beurteilung des Gleichgewichtorgans und Röntgenaufnahmen des Warzenfortsatzes ergänzen die Diagnostik. Therapie Durch eine konservative Behandlung mit Reinigung des betroffenen Ohres und Antibiotikagabe kann die akute Exazerbation einer chronischen Mittelohrentzündung günstig beeinflusst werden. Medikamente sind allerdings meist nur kurzfristig wirksam. Anzustreben ist die sanierende Ohroperation mit Verschluss des Trommelfells. Zur Rekonstruktion der Mittelohrstrukturen kommen unterschiedliche Techniken zum Einsatz. Prognose Eine chronische Otitis media heilt meist nur nach einer Operation aus. Ist das Mittelohr nach der OP über die Ohrtrompete ausreichend belüftet, ist die Prognose günstig. Meist verbessert sich dadurch auch das Hörvermögen. Ein Cholesteatom ist ein fortschreitender Prozess ohne Tendenz zur Ausheilung. Wird ein Cholesteatom des Mittelohrs nicht operiert, drohen langfristig schwere und in einem weit fortgeschrittenen Stadium auch potenziell lebensbedrohliche Komplikationen. Infobox Diagnose Bei der ohrmikroskopischen Untersuchung (Otoskopie) sieht der HNO-Arzt den Trommelfelldefekt, der bei einer chronischen Schleimhauteiterung zentral liegt, beim Cholesteatom dagegen randständig (Abb. C.17). Typisch ist ICD-10: H66.9 Internetadresse: Leitlinien der AWMF (HNO): http://www.leitlinien.net 197 Witte, Lexikon der Krankheiten und Untersuchungen (ISBN 3131429615), 䊚 2006 Georg Thieme Verlag KG