Einsatz der RKI-Falldefinitionen zur Übermittlung von

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Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz
2000 · 43:839–844 © Springer-Verlag 2000
Leitthema: Infektionsschutzgesetz
Einsatz der RKI-Falldefinitionen
zur Übermittlung
von Einzelfallmeldungen
Zusammenfassung
Mit Einführung des Gesetzes zur Verhütung
und Bekämpfung von Infektionskrankheiten
beim Menschen (Infektionsschutzgesetz –
IfSG) werden erstmals gemäß § 4 (2) Falldefinitionen zur routinemäßigen Übermittlung
der meldepflichtigen übertragbaren Krankheiten in Deutschland in verbindlicher Form
eingeführt.Mit Hilfe der Falldefinitionen
werden Krankheitsbezeichnungen mit einer
definierten Beschreibung der Erkrankung in
Verbindung gebracht.Die damit einhergehende Abstraktion führt zur Schaffung “nosologischer Entitäten”. Die gemäß IfSG vom
Robert Koch-Institut erstellten Falldefinitionen versetzen die Gesundheitsämter in die
Lage, die ihnen gemeldeten Erkrankungsoder Todesfälle sowie die Nachweise von
Krankheitserregern nach einheitlichen Kriterien zu bewerten und über die Landesgesundheitsbehörden der Bundesländer an das
Robert Koch-Institut (RKI) zu übermitteln.
Durch die Einführung der Falldefinitionen
wird die Qualität der Meldedaten deutlich
verbessert, da jede gemeldete Erkrankung/Infektion definierte Kriterien erfüllt
und somit unklare Erkrankungsfälle oder
Diagnosen nicht mit gesicherten vermischt
werden.
Schlüsselwörter
Infektionsschutzgesetz · Übermittlung · Falldefinitionen
Warum überhaupt
Falldefinitionen?
Allgemein gesprochen, versuchen Falldefinitionen, eine Krankheitsbezeichnung
mit der möglichst charakteristischen Beschreibung einer Erkrankung in Verbindung zu bringen. Die damit einhergehende Abstraktion führt zur Schaffung
“nosologischer Entitäten”.Verbunden ist
dies mit der Erwartung, dass überall
dort, wo die gleiche Falldefinition benutzt wird, dann auch tatsächlich gleiche
“nosologische Entitäten”erfasst werden.
Ähnlich klinischen Testverfahren oder
Laboruntersuchungen bewegen sich Falldefinitionen zwischen den Polen “Spezifität” und “Sensitivität”. Man wird bei Falldefinitionen für die Übermittlung meldepflichtiger Erkrankungen einer hohen Spezifität den Vorzug geben. Zusätzlich ist es
nach den hier vorgestellten Falldefinitionen möglich, den gemeldeten Fall gestaffelt nach festen Kriterien,gemessen an der
diagnostischen Sicherheit,zu übermitteln
(siehe unten). Dies schließt auch Bedingungen ein, unter denen Fälle mit einer
hohen Sensitivität erfasst werden (siehe
z. B. Falldefinition zu Masern oder Tuberkulose). Falldefinitionen sind in epidemiologischen Untersuchungen – seien es
FeldstudienoderklinischeStudien–unabdingbare und inzwischen auch gebräuchliche Instrumente in der Erfassung und
Präsentation von Erkrankungen.Dagegen
sind sie bei der routinemäßigen Übermittlung der meldepflichtigen übertragbaren
Krankheiten in Deutschland in verbindlicher Form bisher nicht üblich und auch in
andereneuropäischenLändern noch nicht
so weit verbreitet,wie es von der Sache her
geboten wäre.
Die in diesem Heft gemäß § 4 (2)
IfSG veröffentlichten Falldefinitionen
sind keine Falldefinitionen, die das Meldekriterium für meldepflichtige Ärzte
darstellen. Vielmehr sollen diese Falldefinitionen dazu benutzt werden, die Ge-
sundheitsämter in die Lage zu versetzen,
die ihnen gemeldeten Erkrankungsoder Todesfälle sowie die Nachweise von
Krankheitserregern nach einheitlichen
Kriterien zu bewerten und über die Landesgesundheitsbehörden der Bundesländer an das Robert Koch-Institut zu übermitteln. Die hier vorgestellten Falldefinitionen wurden vom RKI erstellt. Fachgesellschaften, Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes sowie Infektiologen,
Epidemiologen und Mikrobiologen mit
speziellen Erfahrungen wurden in die
Erstellung mit einbezogen. Die Falldefinitionen werden in Abhängigkeit von der
Entwicklung neuer diagnostischer Tests
sowie vom Erkenntnisgewinn in Bezug
auf die erfassten Erkrankungen in gewissen Zeitabständen fortgeschrieben werden. Um dies zeitnah zu ermöglichen,
wurden sie nicht als fester Gesetzes-Bestandteil in das IfSG aufgenommen.
Auf EU-Ebene werden z. Z. ebenfalls
allgemeine Falldefinitionen erarbeitet.
Die zuständige europäische Arbeitsgruppe hat einen ersten Entwurf vorgelegt,der
derzeit auf europäischer Ebene diskutiert
wird.Dieser Entwurf ist über das Internet
einsehbar (http://www. smittskyddsinstitutet. se/archive. asp? theSection=4). Ziel
ist es,in absehbarer Zeit allgemeingültige
Falldefinitionen für die Europäische Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen, so
dass im Rahmen von europäischen Netzwerken Erkrankungen nach den gleichen
Falldefinitionen gemeldet werden.Bei der
Erstellung der deutschen Falldefinitionen
für das IfSG wurde versucht, den Entwurf
der europäischen Falldefinitionen nach
Möglichkeit zu berücksichtigen.
Kriterien der Falldefinitionen
Grundanliegen der Falldefinitionen ist es,
für die einzelnen nach §§ 6 und 7 IfSG
meldepflichtigen Krankheiten und labordiagnostischen Nachweise nach dem
Stand der Wissenschaft zu regeln, welche
Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 11•2000
839
Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz
2000 · 70:839–844 © Springer-Verlag 2000
Use of the RKI case definitions for
transmission of single case reports
Abstract
With the institution of the Protection against
infection Act, case definitions will be officially introduced for the routine transmission of
notifiable infectious diseases from local
health departments to state and national
health institutions in Germany for the first
time.Case definitions link the disease entity
with a defined description of the disease.The
abstraction thereby required leads to the
creation of “nosological entities”.The case
definitions, which were developed by the
Robert Koch Institute (RKI) according to the
Protection against infection Act, enable the
local health departments to assess and categorise reported cases, deaths and laboratory
reports of pathogens according to uniform
criteria prior to transmission to the RKI via
the state health institutions.The quality of
surveillance data will be significantly improved, as each reported case/infection will
fulfil defined criteria, thereby enabling unclear cases/diagnoses to be separated from
those that are confirmed.
Keywords
Protection against infection Act · Transmission of data · Case definitions
Leitthema: Infektionsschutzgesetz
Kriterien erfüllt sein müssen, um eine
Zählung als “Fall”im Berichtswesen über
Infektionskrankheiten und damit einen
Übermittlungsvorgang an die zuständige
Landesbehörde und das RKI auszulösen
(einen kompletten Überblick über die
verschiedenen Melde- und Übermittlungskriterien gibt Tabelle 1).
Bei diesen Kriterien handelt es sich um
◗ das klinische Bild,
◗ den epidemiologischen Zusammenhang zwischen Erkrankungen und
◗ den labordiagnostischen Nachweis.
Aus der Kombination dieser Kriterien
ergeben sich folgende Gruppen, die
gleichzeitig Stufen der diagnostischen
Sicherheit markieren, mit der vom Vorliegen der Infektion/Erkrankung ausgegangen werden kann.
Klinisch bestätigte Erkrankung (klinisch
bestätigte Erkrankung ohne labordiagnostischen Nachweis und ohne epidemiologischen Zusammenhang mit einer
durch labordiagnostischen Nachweis
bestätigten Infektion)
Eine klinisch bestätigte Erkrankung, ohne labordiagnostischen Nachweis und
ohne epidemiologischen Zusammenhang mit einer durch Erregernachweis
bestätigten Infektion gilt bei
◗ hämolytisch-urämischem Syndrom
(HUS),
◗ akuter Hepatitis Non A–E nach Ausschluss aller bekannten Virushepatitiden,
◗ Masern,
◗ Tuberkulose,
◗ Poliomyelitis,
◗ Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK)
als übermittlungspflichtiger Fall. Für
diese Diagnosen werden krankheitsspezifische klinische Kriterien angegeben,
die eine Einordnung als “klinisch bestätigte Erkrankung” in Abgrenzung zum
Krankheitsverdacht regeln.
Klinisch-epidemiologisch bestätigte Erkrankung (klinisch bestätigte Erkrankung, ohne Erregernachweis, mit epidemiologischem Zusammenhang zu einer
durch labordiagnostischen Nachweis
bestätigten Infektion)
Eine klinisch bestätigte Erkrankung ohne labordiagnostischen Nachweis kann
dann als Fall gezählt werden und ist bei
840
Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 11•2000
den meisten Erkrankungen (Ausnahmen siehe unten) zu übermitteln, wenn
ein epidemiologischer Zusammenhang
mit einer labordiagnostisch gesicherten
Infektion (z. B. Mensch, Tier, Lebensmittel) vorliegt. Der “epidemiologische Zusammenhang” muss ausdrücklich den
Nachweis mindestens einer labordiagnostisch gesicherten Infektion beim
Menschen einschließen. Folgende Konstellationen kommen in Betracht:
◗ Erkrankung ohne labordiagnostischen Nachweis, die binnen der erregerspezifischen Inkubationszeit nach
übertragungsrelevantem Kontakt zu
einer anderen Person aufgetreten ist,
bei der eine gleichartige labordiagnostisch gesicherte Infektion zum
Zeitpunkt des Kontakts bestand.
◗ Erkrankung ohne labordiagnostischen Nachweis, die binnen der erregerspezifischen Inkubationszeit nach
übertragungsrelevantem Kontakt zu
einem Tier oder Tierprodukt aufgetreten ist, bei dem der die Erkrankung
auslösende Erreger labordiagnostisch
nachgewiesen wurde und die als Infektionsquelle einer gleichartigen labordiagnostisch gesicherten Infektion
bei mindestens einer anderen Person
anzusehen ist. So ist beispielsweise die
Infektion nach Kontakt zu einem an
Bacillus anthracis infizierten Tier nur
dann als klinisch-epidemiologisch bestätigte Erkrankung zu übermitteln,
wenn mindestens eine labordiagnostisch gesicherte Infektion bei einem
Menschen aufgetreten ist, der binnen
der erregerspezifischen Inkubationszeit einen übertragungsrelevantem
Kontakt zu diesem Tier hatte. Insektenstiche oder Zeckenbisse gelten nur
in einem ausgewiesenen Hochrisikogebiet als hinreichender epidemiologischer Zusammenhang.
◗ Erkrankung ohne labordiagnostischen Nachweis, die binnen der erregerspezifischen Inkubationszeit nach
Verzehr eines Lebensmittels oder
Genuss von Wasser aufgetreten ist,
bei dem der die Erkrankung auslösende Erreger labordiagnostisch
nachgewiesen wurde und das als Infektionsquelle einer gleichartigen labordiagnostisch gesicherten Infektion bei mindestens einer anderen
Person anzusehen ist. So ist beispielsweise die Infektion nach Genuss eines mit Botulismus-Toxin
kontaminierten Lebensmittels nur
Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 11•2000
841
14
g)*15
13
12 b
f)* 12 a
g)*11
9
10
c) 8
6
a) 7
4
5
3
j) 2
1
Nr. 1
X*
X
X
X
X
X
X
X
Namentliche
Meldung des
labordiagnostischen Nachweises nach § 7 (1)
Namentliche
Meldung des
Verdachts, der
Erkrankung und
des Todes nach § 6
§ 6 (1)
§ 6 (1)
1
2
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X*
Nichtnamentliche Meldung
direkt an das RKI nach §7(3)
Meldepflichtig an das
Gesundheitsamt
Escherichia
X*
coli (EHEC)
Escherichia coli sonst.
darmpathogene Stämme
Francisella
tularensis
FSME-Virus
GelbfieberX*
virus
Bacillus
anthracis
Borrelia
recurrentis
Brucella sp.
Campylobacter
spp.darmpathogen
Chlamydia psittaci
Clostridium botulinum
od.Toxinnachweis
Corynebacterium diphtheriae,Toxin bildend
Coxiella burnetii
Cryptosporidium
parvum
Ebolavirus
Adenoviren
Nennung nach Erreger
IfSG
§6 §7 §7
(1)(1) (3)
X
X*
X
X
Nichtnamentliche Übermittlung
des Verdachts, der Erkrankung
oder des Todes an RKI über
zuständige oberste Landesgesundheitsbehörde nach § 12
X*
klinisch
bestätigte
Erkrankung
bestätigte
Erkrankung
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
klinischepidemiologisch
tisch
bestätigte
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X*
Klinisch
und labor
diagnosNachweis–
asymptomatisch
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X*
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X*
Verlauf
*bei hämorrhagischem
*bei hämorrhagischem
Verlauf
* nur HUS
* nur direkter
Nachweis im
Konjunktivalabstrich
LaborNur labor- Anmerkungen
diagnos- diagnostitischer
scher Nachweis – klin.
Bild nicht
ermittelbar
Vom Gesundheitsamt an RKI über zuständige Landesbehörde zu übermitteln
Übersicht über die nach §§ 6 und 7 IfSG meldepflichtigen Krankheiten und Erreger sowie über die Kategorien der Übermittlung nach den §§ 11 und 12 IfSG
Tabelle 1
842
Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 11•2000
Masernvirus
X
Mycobacterium leprae
h) 30
31
X*
X*
X
X
X
X
X
X
X*
X*
X
X
X
X
X
X
X
X
X*
X
X
X
X
X
X
X
X
Namentliche
Meldung des
labordiagnostischen Nachweises nach § 7 (1)
Namentliche
Meldung des
Verdachts, der
Erkrankung und
des Todes nach § 6
§ 6 (1)
§ 6 (1)
1
2
Marburgvirus
Legionella sp.
Leptospira interrogans
Listeria monocytogenes
Lassavirus
HepatitisA-Virus
HepatitisB-Virus
Hepatitis
C-Virus
Hepatitis
D-Virus
HepatitisE-Virus
Akute Virushepatitis
Non A–E
Influenzaviren
Giardia lamblia
Haemophilus
influenzae
Hantaviren
Nichtnamentliche Meldung
direkt an das RKI nach §7(3)
Meldepflichtig an das
Gesundheitsamt
g)*29
26
27
28
g)* 25
24
e) 23a
e) 23
e) 22
e) 21
e) 20
e) 19
g)*18
16
17
Nr. 1
Nennung nach Erreger
IfSG
§6 §7 §7
(1)(1) (3)
Fortsetzung Tabelle 1
X*
X*
X*
X*
Nichtnamentliche Übermittlung
des Verdachts, der Erkrankung
oder des Todes an RKI über
zuständige oberste Landesgesundheitsbehörde nach § 12
X
X
X*
klinisch
bestätigte
Erkrankung
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
klinischepidemiologisch
bestätigte
Erkrankung
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
Klinisch
und labor
diagnostisch
bestätigte
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
Labordiagnostischer
Nachweis–
asymptomatisch
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
*nur bei gastroenteritischem
Verlauf
*bei hämorrhagischem Verlauf
*bei Ausschluss
bekannter
Hepatitis-Erreger
*nur direkte
Nachweise von
Influenzaviren
*bei hämorrhagischem Verlauf
*bei hämorrhagischem Verlauf
Nur labor- Anmerkungen
diagnostischer Nachweis – klin.
Bild nicht
ermittelbar
Vom Gesundheitsamt an RKI über zuständige Landesbehörde zu übermitteln
Leitthema: Infektionsschutzgesetz
Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 11•2000
843
d) 2)
d) 1)
l) 46
g)*47
45
1
2
3
4
5
6
Treponema pallidum
HIV
Echinococcus sp.
Plasmodium sp.
Rubellavirus
Toxoplasma gondii
Neue
Variante CJK
X
Vibrio
X
cholerae O 1 und O 139
Yersinia enterocolitica,
darmpathogen
Yersinia pestis
X
andere
X*
Erreger hämorragischer Fieber
Klassische
X
CJK
42
43
41
n) 40
b) 44
X
X
X
X
Rickettsia prowazekii
Rotavirus
Salmonella
X
Paratyphi
Salmonella
X
Typhi
Salmonella,
sonstige
Shigella spp.
Trichinella spiralis
Neisseria
meningitidis
Norwalkähnliches Virus
Poliovirus
Rabiesvirus
Mycobacterium tuberculosis
Komplex
37
38
n) 39
k) 35
m) 36
34
i) 33
32
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X*
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X*
X*
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X*
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X*
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X*
*bei hämorrhagischem Verlauf
*klinisch und
pathologisch/
histologisch
bestätigt
*klinisch und
pathologisch/
histologisch
bestätigt
*nur bei gastroenteritischem
Verlauf
Erkrankung
*auch nach dem
Tode bestätigte
Leitthema: Infektionsschutzgesetz
dann als klinisch-epidemiologisch
bestätigte Erkrankung zu übermitteln, wenn mindestens eine labordiagnostisch gesicherte Infektion bei
einem Menschen aufgetreten ist, der
das kontaminierte Lebensmittel
ebenfalls konsumiert hat.
◗ Erkrankung ohne labordiagnostischen Nachweis, die binnen der erregerspezifischen Inkubationszeit nach
übertragungsrelevantem Kontakt
zum Erreger selbst (z. B. im Labor)
oder zu einem Material aufgetreten
ist, in dem der Erreger labordiagnostisch nachgewiesen wurde und das
als Infektionsquelle einer gleichartigen labordiagnostisch gesicherten
Infektion bei mindestens einer anderen Person anzusehen ist.
Ausnahmen
Für Hepatitis B-D und Lepra wurde wegen der langen Inkubationszeiten in
Kombination mit einem wenig charakteristischen Krankheitsbild auf die
Übermittlung einer klinisch-epidemiologisch bestätigten Erkrankung verzichtet. Hier sollte in jedem Fall eine Labordiagnostik angestrebt werden. Für die
Non A-E-Hepatitis und die CJK ist die
Übermittlung einer klinisch-epidemiologisch bestätigten Erkrankung ebenfalls nicht vorgesehen.
Durch Erregernachweis bestätigte
Infektion/Erkrankung
Die nach § 7 IfSG gemeldeten labordiagnostischen Nachweise bedürfen vor ihrer Übermittlung und erst recht vor der
Einleitung von Umgebungsuntersuchungen oder Maßnahmen des Infektionsschutzes stets einer ergänzenden Information seitens des Patienten oder des
behandelnden (bzw. des das Untersuchungsmaterial einsendenden) Arztes,
aus der hervorgeht, ob die klinischen
Symptome und Befunde des Patienten
mit der durch den Erregernachweis nahegelegten Diagnose vereinbar sind. Bei
Vorhandensein des klinischen Bildes
liegt eine klinisch und durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Erkrankung vor. Ist das klinische Bild nicht vorhanden, liegt eine durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte asymptomatische Infektion vor. Hierbei ist auch an
die Möglichkeit einer Probenverwechslung oder eines falsch-positiven Labor-
844
befundes zu denken und auszuschließen, dass Auseinanderfallen von klinischem Bild und labordiagnostischem
Nachweis auf dieser Fehlerquelle beruht.
Sollte das klinische Bild ausnahmsweise nicht zu ermitteln sein, so können
diese Fälle als durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Infektion
übermittelt werden. Diese Kategorie
sollte nur für die Fälle reserviert bleiben,
in denen die mutmaßlich erkrankte Person durch das Gesundheitsamt nicht zu
ermitteln ist. Gehäufte Übermittlungen
von Erkrankungen über diese Kategorie
weisen auf eine inkomplette Nachrecherche der Gesundheitsämter hin.
Aufbau der einzelnen
Falldefinitionen
Die einzelnen Falldefinitionen sind nach
folgendem Schema aufgebaut:
a)Klinisches Bild
Hier werden die charakteristischen
Symptome der einzelnen Erkrankungen
in kurzer Form und ohne Anspruch auf
Vollständigkeit aufgeführt. Unter dem
Begriff “Klinisches Bild” können in Einzelfällen auch diagnostische Befunde
mit aufgeführt werden.
b)Labordiagnostischer Nachweis
Hier sind die entscheidenden Testmethoden aufgeführt, deren positive Ergebnisse nach dem gegenwärtigen Wissenstand als Nachweis des jeweiligen
Erregers anzusehen sind. Die angegebene Reihenfolge der Testmethoden ist
nicht als Wertung zu verstehen. Im Vergleich der gemeldeten Laborbefunde
und der hier niedergelegten Kriterien
ergibt sich, ob ein Fall die Qualität einer
durch labordiagnostischen Nachweis
bestätigten Infektion/Erkrankung hat
oder ob es sich um eine nur klinisch/klinisch-epidemiologisch bestätigte Erkrankung handelt.Andere labordiagnostische Testverfahren die nicht explizit
aufgeführt sind, zählen grundsätzlich
nicht als labordiagnostische Nachweise
im Sinne der Falldefinition und sind daher nicht als Entscheidungskriterium
für die Übermittlung eines Falles einzubeziehen.
c) Über zuständige Landesbehörde an
das RKI zu übermittelnde Infektion/Erkrankung
In diesen Abschnitt sind die jeweiligen
Stufen der diagnostischen Sicherheit im
Sinne von Bedingungen ausgeführt, die
ein Fall erfüllen muss, um einen Über-
Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 11•2000
mittlungsvorgang und damit eine Zählung des Falles im Berichtswesen über
Infektionskrankheiten auszulösen. Diese Einteilung ist auch für den internationalen Datenabgleich erforderlich.
Es sind dies
◗ klinisch bestätigte Erkrankung,
◗ klinisch-epidemiologisch bestätigte
Erkrankung,
◗ klinisch und durch labordiagnostische Nachweis bestätigte Erkrankung,
◗ durch labordiagnostische Nachweis bestätigte asymptomatische
Infektion,
◗ nur durch labordiagnostische Nachweis bestätigte Infektion.
Im Rahmen der Definition der klinischepidemiologisch bestätigten Erkrankung ist für die meisten Erkrankungen
die Inkubationszeit angegeben. Die angegebenen Zeitintervalle sind als Richtangabe zu verstehen. Einzelerkrankungen mit Abweichung von den angegebenen Inkubationszeiten sind möglich.1
Unabhängig vom Übermittlungsverfahren nach § 11 IfSG besteht nach §
12 IfSG für bestimmte Infektionen eine
unverzügliche Übermittlungspflicht. Die
Schwelle für diese Informationsweitergabe ist im Sinne eines Frühwarnsystems für übertragbare Krankheiten bewusst niedrig gehalten. Die Übermittlung nach § 12 IfSG schließt Verdachtsfälle ausdrücklich mit ein. Die Übermittlungspflicht nach § 12 IfSG ist als zusätzliche Pflicht zu verstehen. Die Übermittlungspflicht nach § 11 IfSG bleibt davon
unberührt.
d) Anmerkungen
In diesem Abschnitt werden Besonderheiten des jeweiligen Erregers/der Erkrankung in Bezug auf das Melde- und
Übermittlungsverfahren behandelt. So
finden sich hier beispielsweise Hinweise zu den Endemiegebieten. Insbesondere finden sich Hinweise, welche klinische
Erscheinungsbilder explizit nicht an das
Robert Koch-Institut übermittelt werden sollen (z. B. Verdachtsfälle).
1 Die hier angegebenen Inkubationszeiten
wurden einheitlich aus Control of Communicable Diseases Manual, 2000, J. Chin, 17. Auflage, American Public Health Association,
Washington DC, USA entnommen.
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