Kammermusik der S ä c h s i s c h e n S ta at s k a p e l l e Ver ant wortlich Friedwart Christian Dit tmann, Ulrike Scobel und Christoph Bechstein 5. Kammerabend M i t t wo ch 3.3.10 Vorschau 2 0 U h r · S e m p ero p er Ausführende Ulrike Scobel, Barockvioline Thomas Grosche, Tenorgambe Helmut Branny, Kontrabass Norbert Schuster, Violone Andreas Arend, Theorbe Jan Katzschke, Cembalo und Orgel Dresdner Trompeten Consort Mathias Schmutzler Tobias Willner Volker Stegmann Sven Barnkoth Gerd Graner Frank Hebenstreit Christoph Reiche Heinrich Ignaz Franz Biber (1644-1704) Rosenkranz-Sonate X für Violine solo und B.c. («Kreuzigung») Praeludium – Aria – Variatio Dietrich Buxtehude Sonata à 2, Violino & Viola da gamba con Cembalo BuxWV 254 Adagio – Allegro – Lento – Vivace – Largo – Presto – Adagio 20.3.10 2 0 U h r · F r au en k i rch e Dirigent Daniel Harding Markus Butter Bariton Solisten des Dresdner Kreuzchors MDR Rundfunkchor Leipzig Concerto á VII Clarini con Tympani Allegro – Andante – Allegro Continuo Andreas Priebst, Violoncello Helmut Branny, Kontrabass Johann Heinrich Schmelzer (1620-1680) Dietrich Becker (1623-1679) André Danican Philidor (um 1726-1795) Sonata D-Dur für Viola da gamba, Violone und B.c. BuxWV 267 Adagio – Allegro – Adagio – Allegro – Poco presto S a m s tag Johann Ernst Altenburg (1734-1801) Anonymus (Kremsier um 1760) Dietrich Buxtehude (1637-1707) Konzert in der Frauenkirche I pause Christian Langer und Simon Lauer, Pauken Kreuzorganist Holger Gehring, Orgel Sonata à 2, Violino & Viola da gamba und B.c. (Hamburg 1674) Adagio – Passacaglia – Adagio – Allegro – Gigue Gegrün de t 1854 als To n k ü n s t l e r -V e r e i n z u D r es d e n 5. Kammerabend Dr e s d e n Robert Schumann Ouvertüre zu «Genoveva» op. 81 Scherzo g-Moll (1841) «Abendmusik» B-Dur (1841), Uraufführung «Requiem für Mignon» op. 98b «Nachtlied» op. 108 Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 97 «Rheinische» Zum 200. Geburtstag des Komponisten Sonata à 5 Clarini e Organo Aria per il Balletto a Cavallo Corrente – Giga – Follia – Allemanda – Sarabanda Prélude des Divertissements Bourée de Bachus – Menuet Royal – Marcia per due Timbales – La Victoire – Prélude da capo Heinrich Ignaz Franz Biber Sonata Sancti Polycarpi für 7 Trompeten, Pauken und Continuo I m p r e ss u m Dr u c k Union Druckerei Dresden GmbH Texte Sächsische Staatsoper Dresden Intendant Prof. Gerd Uecker Die Einführungstexte von Christiane Schubert sind Originalbeiträge für dieses Programmheft. Private Bild- und Tonaufnahmen sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet. Spielzeit 2009|2010 Herausgegeben von der Intendanz © März 2010 Redak tion Tobias Niederschlag G e s ta lt u n g u n d s at z schech.net | www.schech.net w w w . s ta at s k a p e l l e - d r e s d e n . d e Kammermusik der S ä c h s i s c h e n S ta at s k a p e l l e Dr e s d e n Gegrün de t 1854 als To n k ü n s t l e r -V e r e i n z u D r es d e n Ver ant wortlich Friedwart Christian Dit tmann, Ulrike Scobel und Christoph Bechstein Dietrich Becker (1623–1679) Johann Ernst Altenburg (1734–1801) Mitwirkende Gäste Dietrich Becker, deutscher Komponist, Organist und Violinist, wurde 1623 in Hamburg geboren. Seine erste Anstellung erhielt er 1642 als Organist an der Schlosskirche in Ahrensberg, bevor er zwölf Jahre später als Geiger in der Kapelle des Grafen Magnus de la Gardie in Stockholm und danach in der Hofkapelle des Herzogs Christian Ludwig in Celle Anstellung fand. 1662 siedelte er nach Hamburg über, wo er der Ratskapelle beitrat und 1667 zu deren Kapellmeister ernannt wurde. Die «Zweystimmigen Sonaten und Suiten», aus denen heute Abend eine Sonate zu hören ist, wurden 1674 in Hamburg veröffentlicht. Dietrich Becker galt als einer der der bekanntesten Geiger Norddeutschlands im 17. Jahrhundert, und seine Kammermusik gehört heute noch zu den bedeutenden Werken der deutschen Instrumentalmusik dieser Epoche. Johann Ernst Altenburg war der Sohn eines Feld- und Konzerttrompeters. Nach einer Ausbildung als Trompeter und Organist ging er «neun Jahre in die Fremde», wo er u.a. als Feldtrompeter am Siebenjährigen Krieg teilnahm. 1767 nahm er eine Anstellung als Organist in Landsberg an, bevor er zwei Jahre später in gleicher Funktion nach Bitterfeld übersiedelte. Musikhistorische Bedeutung erlangte er durch seine Schrift «Versuch einer Anleitung zur heroisch-musikalischen Trompeter- und Paukerkunst» (1795), die als älteste deutsche Trompetenschule gilt. Über die historische Bedeutung der Schrift war sich Altenburg im Klaren, 1789 schrieb er an den Verleger Breitkopf: «Ich bin ohne Ruhm zu sagen der erste, der ein vollständiges Lehrbuch von diesen Instrumenten geschrieben u. welches noch überdies die Oberhoftrompeter –und PaukenKameradschaft zu Dresden völlig approbiert u. gelobet hat.» Im Anhang der Schrift befindet sich das dreisätzige «Concerto à VII Clarini con Tympani» für zwei Trompetenchöre und einen Solisten, das vermutlich aus einer Dresdner Sammlung stammt. Norbert Schuster violone Dietrich Buxtehude (1637–1707) Dietrich Buxtehude ist der berühmteste Vertreter der Norddeutschen Orgelschule. Er wurde 1637 als Sohn eines Organisten, wahrscheinlich in Helsingborg (Dänemark) geboren. Ab 1657 wirkte Buxtehude in Helsingør, und 1668 wurde er Nachfolger des berühmten Organisten Franz Tunder in Lübeck. Dieses Amt hatte er bis zu seinem Tod 1707 inne. 1673 führte er die sogenannten Abendmusiken ein, die als früheste Konzert­reihe in der Musikgeschichte gelten. Als Komponist schuf Buxtehude ein umfangreiches Werk – unter seinen weltlichen Werken überwiegen Triosonaten und «Clavierwerke». Heinrich Ignaz Franz Biber (1644–1704) Seine erste Anstellung erhielt der im böhmischen Wartenberg geborene Heinrich Ignaz Franz Biber 1668 als Geiger und Gambist am Hof des Ölmützer Bischofs Karl II. von Lichtenstein-Kastelkorn. 1670 trat er in die Dienste des Salzburger Hofes, wo er zunächst Hofviolinist, dann Vizekapellmeister (1678) und schließlich Hofkapellmeister (1684) wurde. Der Violinvirtuose erhielt zahlreiche Ehrungen, so auch für sein kompositorisches Schaffen: 1690 verlieh ihm Kaiser Leopold I. ein Adelsprädikat – von nun an durfte er sich «Biber von Bibern» nennen. Die «Mysterien- oder Rosenkranzsonaten», entstanden um 1674, nehmen heute eine Sonderstellung innerhalb der Violinliteratur ein. Auffällig ist dabei die programmatische Ausrichtung und Verwendung der Skordatur: Das Umstimmen einer oder mehrerer Saiten bewirkt eine Veränderung des Klangcharakters der Violine und verändert somit auch die Grifftechnik. So sind z.B. Doppelgriffe möglich, die auf einer Violine in normaler Stimmung nicht ausführbar wären. Jede Sonate hat einen thematischen Bezug, in den Anfangssätzen klingt dieser am deutlichsten an. So ist bei der Sonate X («Kreuzigung») auch die Kreuzthematik am Anfang zu hören. Biber hinterließ auch mehrere Kompositionen für Trompetenensemble. Die «Sonata Sancti Polycarpi» für 7 Trompeten, Pauken und Basso continuo entstand für den Festtag des heiligen Polycarp (26. Januar) und wurde 1673 in Salzburg uraufgeführt. Johann Heinrich Schmelzer (1620–1680) Schmelzer gilt als der bedeutendste Komponist instrumentaler Ensemblemusik im österreichischen Raum vor Heinrich Ignaz Franz Biber. Die frühesten Belege, in denen der 1620 geborenen Komponist, Violinist und Kapellmeister erwähnt wird, stammen aus dem Jahr 1643 und bezeichnen ihn als «instrumentalis musicus». 1649 wurde er an die Wiener Hofkapelle bestellt. Unter Leopold I. gelangte er zu großem Ansehen, bald galt er als «der berühmte und fast vornemste Violist in ganz Europa». Am Hofe steuerte Schmelzer ab 1665 eine Menge an Tanzsätzen bei, die für verschiedene Festveranstaltungen oder höfische Unterhaltungen, vor allem aber für die Balletteinlagen in den zahlreichen weltlichen musikdramatischen Produktionen benötigt wurden. Die Ballettsuiten Schmelzers umfassen zwei bis neun, meistens drei bis fünf, oft als «arie» übertitelte Sätze. Dabei fanden diverse Tanzarten Verwendung, insbesondere Couranten, Sarabanden, Giguen, Gagliarden, Gavotten, Bourrées, später auch vermehrt Menuette. Mit dem am heutigen Abend uraufgeKarl Friedrich wurde 1920 in Stockheim führten Streichquartettsatz «Oh Haupt (Oberfranken) geboren und erhielt voll Blut und Wunden» von Karl FriedViolinunterricht bei Hugo Seeling, Ar(um 1726–1795) rich wird die Reihe mit Werken von thur Tröber und Willibald Roth. Nach komponierenden Mitgliedern der einemFrançois ersten Engagement in Philidor der DresdDas Musikschaffen des französischen Komponisten André Danican ist Staatskapelle fortgesetzt. ner Philharmonie wurde er 1951 Mitglied heute nahezu vergessen. Philidor ist noch am ehesten als Vordenker des modernen dererersten Geigengruppe der Staatska Schachs im Bewusstsein. Schon als Knabe wurde Mitglied der Königlichen Kapelle in Versailles, wo er bereits 1738 seine erste Motette aufführen ließ. In den 1740er Jahren begann Philidors Leidenschaft für das Schachspiel, und er verdiente damit in den nächsten Jahren seinen Unterhalt. Er wurde einer der berühmtesten Schachspieler Europas und veröffentlichte 1749 «L’Analyse des échecs». 1754 kehrte er nach Frankreich zurück, aber der Misserfolg seiner Motette «Lauda Jerusalem» setzte seinen Plänen, Mitglied der Königlichen Kapelle zu werden, ein jähes Ende. Von da an widmete er sich dem Musiktheater, und seine Karriere im Bereich der Opéra comique und der Trágedie Christiane Schubert lyrique dauerte fast 30 Jahre. Philidor starb 1795 in London. André Danican Philidor Nach Unterricht in den Fächern Klavier- und Orgelspiel studierte Norbert Schuster Kontrabass an der Dresdner Musikhochschule. Seit 1977 ist er Mitglied der Dresdner Philharmonie. Daneben beschäftigt er sich intensiv mit der Aufführungspraxis Alter Musik, insbesondere des 17. Jahrhunderts, und gründete das Ensemble Alte Musik Dresden. Weiterführende Studien absolvierte er bei Siegfried Pauk in Leipzig (Viola da gamba) und bei Alexander von Brück in Dresden (Orchesterdirigieren). Seit 2006 leitet Schuster das Ensemble Cappella Sagittariana Dresden. Andreas Arend theorbe Geboren in Erding, erhielt Andreas Arend frühzeitig Unterricht auf der Gitarre und dem Violoncello. Später studierte er Gitarre in Hamburg und anschließend Laute bei Nigel North und Elizabeth Kenny in Berlin. Sein lautenistisches Repertoire reicht von der frühen Renaissance bis hin zur spätbarocken deutschen und französischen Literatur. Andreas Arend konzertiert häufig mit diversen Ensembles, die auf die Alte Musik spezialisiert sind. Jan Katzschke cembalo und orgel Jan Katzschke ist Cembalist, Mitbegründer des Ensembles concerto con voce und konzertiert international als Solist, Kammermusiker und Dirigent. Seine CD-Aufnahme der Cembalowerke von Matthias Weckmann für cpo erhielt 2007 den «Preis der Deutschen Schallplattenkritik». Als Kantor der Diakonissenhauskirche Dresden leitet er eine beliebte Bach-Kantaten- und Oratorientradition. Außerdem ist er Dozent für Orgel an der Hochschule für Kirchenmusik Dresden sowie Präsidiumsmitglied der Gottfried-Silbermann-Gesellschaft Freiberg. Frank Hebenstreit trompete Geboren in Pirna, studierte Frank Hebenstreit an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden. Kammermusikalischen Unterricht erhielt er darüber hinaus bei Ludwig Güttler, Joachim Mittelacher, Hannes Läubin und Günther Beetz. Nach Stellen im Sinfonieorchester Pirna und beim Loh-Orchester Nordhausen/Sondershausen ist er seit 2002 Trompeter der Staatsoperette Dresden. Holger Gehring kreuzorganist Holger Gehring wurde in Bielefeld geboren und studierte in Lübeck, Stuttgart, Frankfurt und an der Schola Cantorum in Basel. Meisterkurse führten ihn zu Marie-Claire Alain, Luigi Ferdinando Tagliavini, Andrea Marcon und Michael Radulescu. Er ist Preisträger mehrerer nationaler und internationaler Wettbewerbe für Orgelliteraturspiel und Orgelimprovisation. Nach kirchenmusikalischen Tätigkeiten in Ludwigsburg und Bad Hersfeld wurde er 2004 zum Kreuzorganisten an die Kreuzkirche Dresden berufen und 2005 zum Orgelsachverständigen der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens ernannt. Darüber hinaus ist er als Lehrbeauftragter an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden und beim Dresdner Kreuzchor tätig. Eine rege solistische Konzerttätigkeit führt ihn durch das In- und Ausland.