Vorlesungsfolien GdE2 - Fakultät für Elektrotechnik und

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Vorlesungsfolien
Grundlagen
der
Elektrotechnik II
Lehrstuhl für Allgemeine
Elektrotechnik und Plasmatechnik
Prof. Dr. P. Awakowicz
Ruhr Universität Bochum
SS 2009
Die Vorlesung wird in Anlehnung an das Buch von
Prof. Dr. Reinhold Pregla / Univ. Hagen gehalten:
Reinhold Pregla, Grundlagen der Elektrotechnik,
Hüthig Verlag Heidelberg (49 €)
alternativ zu empfehlen:
Manfred Albach, Grundlagen der Elektrotechnik 1,
Pearson Studium (29,95 €)
Inhalt der Vorlesung Elektrotechnik II im SS 2009
(siehe auch R. Pregla, „Grundlagen der Elektrotechnik“)
5. Das magnetische Feld
5.1 – 5.8 ⇒ Vorlesungsfolien Teil I
5.9 Der magnetische Kreis
5.10 Anwendungen der magnetischen Kraftwirkung
6. Die elektromagnetische Induktion
6.1 Induktionsvorgänge
6.2 Das Induktionsgesetz
6.3 Das induzierte elektrische Feld
6.4 Beispiele zum Induktionsgesetz
6.5 Selbstinduktion und Gegeninduktion
6.6 Berechnung von Induktivitäten und Gegeninduktivitäten
6.7 Energie im magnetischen Feld
6.8 Wirbelströme und Stromverdrängung
6.9 Die Grundgleichungen des elektromagnetischen Feldes
8. Wechselströme und Netzwerke
8.1 – 8.11 ⇒ Vorlesungen „Grundlagen der Informationstechnik“
und „Schaltungstheorie“
8.12 Der Transformator
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3
5.9 Der magnetische Kreis
Wir haben gesehen:
Hochpermeable Stoffe führen das magnetische Feld. Daher
werden sie auch magnetische Leiter genannt.
Wir wissen:
Die magnetischen Feldlinien sind in sich geschlossen. Daher
muss zur vollständigen Führung eine Anordnung aus magnetischen Leitern geschlossen sein: der magnetische Kreis.
5.9.1 Der magnetische Fluss
Im Folgenden soll gezeigt werden, dass es eine skalare Größe
gibt, magnetischer Fluss genannt, die analog zum Strom I im Φ
elektrischen Kreis innerhalb eines magnetischen Leiters konstant
ist.
Dazu wird ein magnetisches Leiterstück (Bild 5.27) betrachtet:
Bild 5.27
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4
Diese Leiterstück durchschneide eine geschlossene Fläche A.
Links schneide der Leiter aus A die Fläche A1 heraus, rechts A2.
Wendet man nun den Gaußschen Satz auf die geschlossene
Hüllfläche A an, so gilt:
r r
r r
r r
0 = ∫∫ B ⋅ dA = −∫∫ B1 ⋅ dA1 + ∫∫ B2 ⋅ dA2 ,
A
A1
A2
r
r
da dA1 und dA entgegengesetzt sind und da außerhalb des
magnetischen Leiters das Feld vernachlässigbar ist.
Daraus ergibt sich:
r r
r r
∫∫ B1 ⋅ dA1 =∫∫ B2 ⋅ dA2 = const.= Φm
A1
(5.55)
A2
die Definition des magnetischen Flusses und seine Konstanz
innerhalb eines magnetischen Leiters (analog zum el. Strom).
Für die Einheit gilt:
[Φm ] = Vs = Wb = Tm2
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5
Wird die mag. Flussdichte in einzelnen Abschnitten als homogen
betrachtet, dann ergibt Gl. (5.55):
Φm = B1 A1 = B2 A2 = B3 A3 ,
(5.56)
wobei die Flächen Ai senkrecht zu den Feldlinien der mag.
Flussdichte B liegen müssen. Im Beispiel von Bild 5.28 sind die
Flächen Ai genügend weit von den Änderungen des
Querschnittes entfernt.
Bild 5.28
Mit Gl. (5.56) kann man die relative Größe der magnetischen
Flussdichte B in jedem Querschnitt angeben.
Damit ist B um so größer, je kleiner der Querschnitt des
magnetischen Leiters ist.
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6
r
Im Gegensatz zur Flussdichte B ist der Fluss φ eine skalare
Größe.
Das Vorzeichen von φ ist abhängig von der Richtung der
r
Flächennormalen zur Richtung von B .
Die Zählrichtung des Flusses gibt an, nach welcher Seite der
Querschnittsfläche die Flächenvektoren zeigen.
Der Fluss hat dann ein positives Vorzeichen, wenn die Linien der
mag. Flussdichte die Fläche in Richtung des Zählpfeiles
durchstoßen.
5.9.2 Das Ohmsche Gesetz des magnetischen Kreises
Es liegt nahe, mit den obigen Gesetzmäßigkeiten, die analog zum
elektrischen Leiter sind, den magnetischen Kreis zu betrachten
(Bild 5.29).
Bild 5.29
Die Querschnittfläche A sei längs des Leiters konstant. Der
mittlere Kreisumfang sei lm.
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7
Der Kreisumfang sei wesentlich größer als die Querschnittabmessungen (z.B. Durchmesser). Mit
R >> r
gilt:
B ≈ konst. Damit wird:
Φm = B A
mit der gewählten Zählrichtung von φm in Richtung B. Ebenso
kann B auch als Mittelwert der mag. Flussdichte über den
Querschnitt aufgefasst werden.
Um die Flussdichte zu erzeugen, ist eine magn. Erregung nötig:
H=
B
µr µ0
Diese wiederum wird nach dem Durchflutungsgesetz durch einen
Strom, genauer eine el. Durchflutung erzeugt:
r r 0
∑ I = Θ =∫ H ⋅ ds = V m = H lm
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(*)
8
Die Integration von (*) ist längs eines mittleren Weges
auszuführen, weil der Mittelwert von B etwa auf diesem
mittleren Weg zu finden ist.
Mit den obigen Gleichungen ergibt sich:
0
Θ = V m = RmΦm
(5.57)
mit
Rm =
Θ
H lm
l
=
= m
Φm µ0 µr H A µ0 µr A
(5.58)
Da Gl. (5.57) formal dem Ohmschen Gesetz U=RI entspricht,
wird Gl. (5.58) als Ohmsches Gesetz des magnetischen Kreises
bezeichnet. Dabei ist Rm der magnetische Widerstand.
Die Durchflutung Θ entspricht der Quellenspannung U und der
magnetische Fluss φm dem elektrischen Strom I.
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9
Mit diesen Analogien kann das Ersatzschaltbild des
magnetischen Kreises (Bild 5.30) angegeben werden:
Bild 5.30
Für Stoffe mit variablem µr ist der magnetische Widerstand Rm
nicht konstant, sondern eine Funktion der Erregung (siehe
Hystereseschleife) und damit eine Funktion von θ.
Besteht der Kreis aus Abschnitten unterschiedlichen Querschnitts, so hat jeder Abschnitt eine zugehörige, unterschiedliche
magn. Flussdichte B (Gl. (5.56)). Daraus folgt, dass auch die
erforderliche magn. Erregung H in jedem Abschnitt
unterschiedlich sein muss.
Weiterhin ist die Flussdichte auch noch abhängig von der
jeweiligen erregungsabhängigen Permeabilität µ0 µrdes
Materials des jeweiligen Abschnitts.
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10
Die Randspannung (= gesamter magnetischer Spannungsabfall)
erhält man somit (im einfachen Kreis) als Summer der
magnetischen Spannungen der einzelnen Abschnitte:
r r
Vm = ∫ H ⋅ ds = ∑ Hilmi = ∑Vmi
0
i
i
Damit wird Gl. (5.57) jetzt:
0
Θ = V m = Φm ∑ Rmi ,
(5.59)
i
wobei für den magnetischen Widerstand des jeweiligen
Abschnitts gilt:
Rmi =
lmi
µri µ0 A
Die Gl. (5.59) entspricht der Kirchhoffschen Maschenregel im
einfachen elektrischen Stromkreis.
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11
Im Bild 5.31a ist ein einfacher magnetischer Kreis mit
unterschiedlichen Abschnitten eingezeichnet, in 5.31b das
zugehörige Ersatzschaltbild.
Bild 5.31 b
Bild 5.31 a
Eisengerüste dieser Form kommen z.B. bei Transformatoren und
Drosselspulen vor.
Man bezeichnet die senkrechten Teile als Schenkel, die
waagrechten als Joch. In Bild 5.31a sind jeweils die beiden
Schenkel und die beiden Joche gleich. Daher wurden diese im
Ersatzschaltbild 5.31 b zusammengefasst.
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12
Die Berechnung des magnetischen Flusses in einem Kreis ist
kompliziert, da die Widerstände Rm unterschiedlich von Φm
abhängen.
Es ist wesentlich einfacher, von einer geforderten magnetischen
Flussdichte auszugehen:
1. Da der magnetische Fluss im einfachen Kreis überall gleich
ist, können bei gegebener Flussdichte in einem Abschnitt in
den anderen Abschnitten i die zugehörigen magnetischen
Flussdichten Bi bestimmt werden.
2. Zu diesen verschiedenen Flussdichten Bi wird aus der
Magnetisierungskurve die notwendige Erregung Hi abgelesen.
3. Aus den Hi wird die magnetische Spannung Vmi mittels der
mittleren Länge lmi des jeweiligen Abschnitts berechnet.
4. Alle Spannungen werden zu Null aufsummiert, bzw.
ergibt die Summe der Quellenspannungen Θi die
Spannungsabfälle in den Widerständen Rmi.
5. Ist Θ vorgegeben, muss man sich iterativ mit dem gleichen
Verfahren an Φ heranarbeiten.
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5.9.3 Der verzweigte magnetische Kreis
Anhand eines Beispiels soll in Analogie zum elektrischen
Stromkreis ein verzweigter magnetischer Kreis berechnet
werden. Das Eisengerüst in Bild 5.32 wird für Drehstromtransformatoren verwendet.
Bild 5.32
Zunächst wird die Kirchhoffsche Knotenregel für Punkt A
angewendet, wobei zufließende Ströme negativ gesetzt werden:
− Φ1 − Φ2 + Φ3 = 0
(5.60)
Die Kirchhoffsche Maschenregel für das linke Fenster ergibt:
Θ1 = Rm1Φ1 + Rm3Φ3
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(5.61a)
14
und für das rechte Fenster:
Θ2 = Rm2Φ2 + Rm3Φ3
(5.61b)
Die Widerstände Rmi sind längs der Wege i zwischen den
Punkten A und B gesetzt. Daher setzen sich Rm1 und Rm2 aus
verschiedenen Abschnitten (Schenkel und Joche) zusammen.
Die Gln. (5.60, 5.61a, b) stellen ein System von drei Gleichungen
für die drei Unbekannten Φ1, Φ2, Φ3 dar.
In Bild 5.33 ist das zugehörige Ersatzschaltbild gegeben.
Bild 5.33
Die Zählpfeile für die Flüsse entsprechen denen aus Bild 5.32.
Die Zählpfeile für die Durchflutung müssen dann so gewählt
werden, dass die zugehörigen Flüsse in die vorgegebene
Richtung getrieben werden.
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5.9.4 Der magnetische Kreis mit Luftspalt
Wir haben gesehen:
Näherungsweise können die Zusammenhänge auch auf Kreise
mit Luftspalt angewendet werden:
Bild 5.34 a
Bild 5.34 b
Eine Anordnung gemäß Bild 5.34 b ist für Elektromagnete und
Elektromotoren wichtig.
Da der magnetische Widerstand von Luft sehr viel größer ist als
der von Eisen, laufen manche Feldlinien direkt von Schenkel zu
Schenkel (Bild 5.34 b) und nicht durch den Luftspalt.
Damit der Streufluss klein bleibt, muss der Luftspalt d klein sein
gegen die Querschnittsabmessungen der Schenkel.
In der Praxis nimmt man an, dass das Feld im Bereich des
Spaltes homogen ist und außerhalb nicht existiert.
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16
Hat der Schenkel die Querschnittfläche A, wird der magnetische
Widerstand des Luftspaltes:
Rmd =
l
µ0 µr A
=
d
µ0 A
Dieser liegt in Reihe mit den anderen Widerständen.
Da im Luftspalt im Vergleich zum Eisen gilt:
µrd << µre ,
ist der Widerstand des Spaltes viel größer als die Widerstände
der Eisenabschnitte. Damit wird klar, dass zur Erregung des
Luftspaltes der größte Teil der Durchflutung aufgewendet
werden muss.
In Bild 5.35 sind die Magnetisierungskurve des Eisens (Kurve 1,
vgl. Bild 5.24 „Neukurve“) sowie die Geradengleichung für den
Luftspalt (Kurve 2) angegeben:
B = µ0 H
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(*)
17
Kurve 3, die Gesamtkurve, setzt sich aus den Kurven 1 und 2
zusammen:
• Für eine benötigte Flussdichte B ergibt sich mit Kurve 1 der
Spannungsabfall VE in den Eisenabschnitten.
• Mit Kurve 2 und Gl. (*) erhält man für die gleiche Flussdichte
wie im Eisen einen sehr viel größeren Spannungsabfall im
Luftspalt VL.
• Die Summe aller Spannungsabfälle ergibt die notwendige
Gesamtdurchflutung Θ.
• Damit ist Kurve 3 so zu konstruieren, dass die Abszissenwerte
(x-Achse) für einen vorgegebenen, fixen Ordinatenwert (yAchse) addiert werden. Dies nennt man Scherung:
Bild 5.35
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18
5.9.5 Berechnung von Dauermagnetkreisen
Bisher wurde angenommen, dass die magnetischen Kreise aus
magnetisch weichem Material aufgebaut sind. Daher musste die
Erregung mit Spulen erzeugt werden.
Jetzt sollen Dauermagnete zur Erregung des Kreises dienen, wie
es z.B. bei Lautsprechern, elektrischen Maschinen, Messgeräten,
Sensoren oder Generatoren der Fall ist.
Zunächst soll noch einmal der Dauermagnet für sich betrachtet
werden:
Bild 5.1 e*
Das Feld der magnetischen Flussdichte des Dauermagneten
entspricht dem einer stromdurchflossenen Spule.
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Daher können für den Permanentmagneten in Bild 5.36 a die
Feldlinien der magnetischen Flussdichte eingezeichnet werden:
Bild 5.36 b
Bild 5.36 a
Wichtig ist, dass im gesamten Raum auch eine magnetische
r
Erregung H vorherrscht, obwohl keine Durchflutung, d.h. kein
Erregungstrom, vorhanden ist. In Bild 5.36 b sind die Linien der
magnetischen Erregung eingezeichnet.
Im Außenraum des Dauermagneten stimmen sie mit den Linien
der Flussdichte wegen
r
r
B = µ0 H
überein.
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20
Innerhalb des Dauermagneten sind die Feldlinien der Erregung
denen der Flussdichte entgegengesetzt.
Denn bildet man:
r r
∫ H ⋅ ds = Θ mit Θ = 0
so ist das nur möglich, wenn die Feldlinien der Erregung gemäß
Bild 5.36 b verlaufen. D.h. der Beitrag zum Integral im Außenraum muss durch einen entgegengesetzt gleich großen Beitrag
innerhalb des Magneten kompensiert werden.
Im Bild 5.36 c sind für einen Punkt im Außenraum
r r (P1)
r und
einen Punkt im Innenraum (P2) die Vektoren B, H , M qualitativ
eingezeichnet.
Bild 5.36 c
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21
Zur Erinnerung:
In Abschnitt 5.8.1 wurde hergeleitet, dass sich das Vektorfeld der
magnetischen Flussdichte berechnen lässt mit der magnetischen
Erregung und der Magnetisierung:
r
r r
B = µ0 (H + M )
(5.39)*
Weiterhin wurde besprochen, dass die Erregung mit allen, nur
nicht mit den scheinbaren Strömen Im verknüpft ist. D.h. H ist die
äußere, vom Stoff unabhängige Größe, während M allein vom
Stoff aufgebracht wird.
Wichtig war auch, dass in
r r
∫ H ⋅ ds = Θ
für Θ nur die von außen aufgebrachten Ströme, nicht aber die im
Material auftretenden scheinbaren Ströme IM, berücksichtigt
werden dürfen.
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22
Beispiel: einfacher magnetischer Kreis mit Permanentmagnet
In einem einfachen magnetischen Kreis (Bild 5.37), der von
einem Permanentmagneten erregt wird, soll die magnetische
Flussdichte im Luftspalt berechnet werden.
Der Magnet ist grau eingezeichnet, die Polschuhe, deren
magnetischer Spannungsabfall gegenüber dem Luftspalt klein ist,
sind mit P bezeichnet.
Bild 5.37
Der Spannungsabfall in P wird mit dem sog. Eisenfaktor kE > 1
berücksichtigt. Die Breite des Luftspaltes ist d.
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23
Das Durchflutungsgesetz ergibt:
H E lE + H L lL k E = 0
(5.62)
mit HE und HL dem Betrag der Erregung im Eisen und im
Luftspalt. Wird in (5.62) HL=BL/µ0 und lL=d gesetzt, dann folgt
für BL:
H E lE
BL = −
µ0
d kE
(*)
Vernachlässigt man den Streufluss, dann ist im einfachen Kreis
ΦL=ΦE und damit gilt:
BL AL = BE AE
(5.63)
Wird nun (*) eingesetzt in (5.63), erhält man:
BE =
− µ0 lE AL
H E = −m x
kE d AE
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(5.64)
24
Gl (5.64) ist eine Geradengleichung mit negativer Steigung m.
Jetzt ist jedoch gleichzeitig BE eine nichtlineare Funktion in
Abhängigkeit von HE, deren Zusammenhang über die jeweilige
Magnetisierungskurve gegeben ist.
Um dieses Gleichungssystem bestehend aus beiden Funktionen
lösen zu können, muss hier ein graphischer Weg gewählt werden
(Bild 5.38).
Bild 5.38
Die Lösung ist der Schnittpunkt beider Funktionen (siehe Bild
5.38).
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25
Gl. (5.63) umgeformt ergibt:
BL = BE
AE
AL
Wird dies mit Gl. (*) multipliziert, erhält man:
AE  H E lE µ0 
 −

B = BE
AL 
kE d 
2
L
Nach BL umgeformt ergibt sich:
BL =
µ0 lE AE
kE d AL
(− BE H E )
(5.65)
Daraus folgt, dass eine große Flussdichte im Luftspalt ein großes
Produkt aus BE und HE erfordert.
Andererseits kann, wenn dieses Produkt sehr groß ist, das
Volumen des Permanentmagneten (VE=AE lE) zum Erreichen
einer bestimmten Flussdichte klein gewählt werden.
Weiterhin sieht man, dass die Eisenverluste der Polschuhe
ebenso wie die Dicke des Luftspaltes gering zu halten sind.
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26
5.10 Anwendungen der magnetischen Kraftwirkung
5.10.1 Der Hall-Effekt
Zur Erinnerung: Magnetische Felder bewirken eine Kraft auf
bewegte Ladungen, d.h. die Ladungsträger werden abgelenkt.
Betrachtet wird ein Kupferstreifen in Bild 5.39, durch den ein
Strom I fließe. Senkrecht zum Streifen herrsche ein homogenes
magnetisches Feld B.
Bild 5.39
Wir wissen: im metallischen Leiter sind die Träger des Stromes
die negativ geladenen Elektronen. Diese haben eine Driftgeschwindigkeit vd, die der Stromrichtung entgegengesetzt ist.
Auf die Elektronen wirkt dann eine Kraft:
r
r r
F = −e vd × B
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(5.2)*
27
Diese steht senkrecht auf vd und auf B und bewirkt einen
Elektronenüberschuss auf der Seite b und einen Elektronenmangel auf der Seite a.
Dadurch wird quer zum Strom ein elektrisches Feld E aufgebaut,
das dieser Ladungstrennung entgegenwirkt. Dieses Feld zeigt
von a nach b (d.h. von + nach -). Auf diese Weise entsteht ein
Gleichgewichtszustand zwischen der elektrischen Kraft und der
magnetischen Kraft:
r
r r
e E = −e (vd × B)
Damit wird das elektrische Feld von a nach b:
r
r r
E = − vd × B ,
(5.66)
das zwischen den beiden Seiten eine Spannung zur Folge hat:
b
r r
r r
Uab = ∫ E ⋅ ds = −Bd (vd ⋅ eI )
(5.67)
a
mit dem Einheitsvektor
r
eI in I-Richtung.
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28
r
r
Da im Falle negativer Ladungsträger vd und eI entgegengesetzt
sind, wird Uab in Gl. (5.67) positiv. Im Falle positiver Ladungsträger wird Uab negativ.
Dieser Effekt wurde 1879 von dem amerikanischen Physiker
E.H. Hall entdeckt und heißt daher Hall-Effekt. Die Spannung
Uab bezeichnet man somit als Hall-Spannung.
Wird Gl. (5.67) erweitert um die Ladung q, die Ladungsträgerdichte pro Volumen n und die Dicke des Streifens t, dann
ergibt sich:
n qt
J
I
BI
Uab = B d vd
= Bd
t=B
= RH
nqt
nqt
nqt
t
mit
RH =
(5.69)
1
,
nq
wobei für die Stromdichte J gilt:
r
r
r
J = ρ vd = n qvd
mit q = ±e
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(5.68)
29
Anwendung des Hall-Effekts:
Bestimmung der Ladungsträgerdichte
Aus Gl. (5.67) erhält man bei bekannter Flussdichte B und
gemessener Hallspannung U direkt die Driftgeschwindigkeit der
Ladungsträger vd.
Mit Gl. (5.68) und der Messung der Stromdichte kann daraus die
Ladungsträgerdichte ermittelt werden.
Ebenso kann mittels einer Strommessung und aus Gl. (5.69) die
Dichte bestimmt werden.
Tabelle 5.1 zeigt einen deutlichen Unterschied zwischen berechneten (je Atom ein Elektron) und gemessenen Dichtewerten für
einwertige Metalle.
Metall
Natrium
Cäsium
Kupfer
Silber
Gold
n aus Hall-Messung
in 1022 cm-3
2.5
0.8
11.0
7.4
8.7
n berechnet
in 1022 cm-3
2.6
0.85
8.4
6.0
5.9
Tab. 5.1
Diese Diskrepanz lässt sich nur mittels der Quantenmechanik
beheben, die den Hall-Effekt auch in Halbleitern brauchbar
beschreibt.
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30
Bei Halbleitern
ist die Hall-Spannung viel größer als in Metallen, da die
Ladungsträgerdichte n viel kleiner ist.
In Indiumarsenid und Indiumantimonid erhält man bei I=1 A
eine Spannung von 0.1 V je 0.1 T.
Diese Materialien verwendet man zur Herstellung von HallGeneratoren: 2 Anschlüsse für den Steuerstrom + 2 Anschlüsse
für die Hall-Spannung. Gleichzeitig müssen diese Plättchen sehr
dünn sein (t klein!). Daher verwendet man dünne Schichten
(einige µm) auf einen Träger (Substrat) aufgetragen und mit
Keramik oder Gießharz eingefasst.
Hall-Generatoren werden zum Messen magnetischer Felder und
zum Steuern verwendet.
Widerstandserhöhung
Im Hall-Plättchen erhält man eine durch das angelegte magnetische Feld hervorgerufene Widerstandserhöhung für den
Steuerstrom I (Bild 5.40). Auch diese wird zum Ausmessen
magnetischer Felder verwendet.
Bild 5.40
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31
5.10.2 Das Drehspulmessinstrument
Beim sog. Drehspulmessinstrument wird die Kraftwirkung des
magnetischen Feldes auf einen stromdurchflossenen Leiter
ausgenutzt (Bild 5.41).
Bild 5.41
Die Anordnung besteht aus den zwei Polen eines Permanentmagneten, einem Zylinder aus Weicheisen und einer drehbar
gelagerten Spule im Spalt zwischen Magnetpolen und Eisenzylinder.
Der Strom wird der drehbaren Spule über zwei planare
Spiralfedern zugeführt, die so befestigt sind, dass die Spule in
eine bestimmte Lage, der Ruhelage, gehalten wird.
Aus Bild 5.41 und den bisherigen Überlegungen geht hervor,
dass im Spalt, also im Bereich der Drehspule, das B-Feld radial
verläuft. Damit steht es auf den Wicklungen der Spule senkrecht.
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32
Zur Erinnerung:
Für das Drehmoment auf eine
r stromdurchflossene Spule der
Fläche A (Flächennormale n ), der Windungszahl N, die vom
Strom I durchflossen werden und dem Magnetfeld B ausgesetzt
ist, gilt:
r
r r
T = AN I (n × B)
(5.10)*
Daher kann jetzt für das Drehmoment, das auf die Spule
ausgeübt wird, geschrieben werden:
TSpule = AN I B
(5.70)
Die oben erwähnten Spiralfedern üben ein Gegenmoment aus,
das linear proportional zum Auslenkwinkel α ist:
TFeder = konst. ⋅ α
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(5.71)
33
Eine Gleichgewichtslage (α) stellt sich ein, wenn beide Momente
gleich sind:
NIAB = konst. ⋅ α
Damit gilt für den Gleichgewichtsausschlag:
α=
N AB
I =KI
konst.
(5.72)
D.h. der Ausschlag ist direkt proportional zum Strom I. Soll ein
bestimmter Messbereich gespreizt werden („Zoom“), dann kann
der Luftspalt entsprechend variiert werden. Die magnetische
Flussdichte ist dort größer, wo der Luftspalt kleiner ist.
Bauformen
Für den Eisenkreis sind verschiedene Bauformen üblich:
Bild 5.42 a
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Bild 5.42 b
34
Die helleren Bereiche (Abschnitte) sind Permanentmagnete, die
übrigen Teile bestehen aus Weicheisen.
Wie bekannt, ist die Güte der Magneten bestimmt durch die
Koerzitivfeldstärke Hc und die Remanenzflussdichte Br.
Ist Hc groß, kann der Magnet kurz gewählt werden. Ist Br groß,
kann der Querschnitt klein sein.
Der Kreis 5.42 a besteht aus Chrom- und Wolframstählen (lang
gestreckte Bauform), der Kreis 5.42 b wird aus Kobaltstahl
hergestellt. Bei hochkoerzitiven Stählen wählt man eine einfache
Form, da die Herstellung schwierig ist (Bild 5.42 c).
Bild 5.42 c
Bild 5.42 d
Sehr hochwertige Dauermagnete mit großem Br erhält man
durch Sintern von Al-Ni-Co Pulver, d.h. durch Pressen mit
hoher Temperatur und hohem Druck.
Neueste Forschungen erlauben auch die Abscheidung von
hochwertigen, sehr dünnen Magnetschichten aus Plasmen.
Vorlesungsfolien GdE II
35
Aufgrund der extrem feinen (mit Plasmen hergestellten)
Körnung werden sehr homogene magnetische Felder erreicht.
Bauform 5.42 d und e sind Beispiele für sehr kompakte
Ausführungen, die eine geringe magnetische Streuung aufweisen
und daher unempfindlich gegen äußere Magnetfelder sind.
Bild 5.42 e
Bild 5.42 e zeigt ein sog. Kernmagnetmesswerk, das in sehr
kleinen Bauformen erhältlich ist.
Da mittlerweile durchweg elektronische Strom- und
Spannungsmessgeräte verwendet werden, soll hier nicht weiter
auf die Drehspulmessgeräte eingegangen werden. Weitere
Informationen sind in R. Pregla, „Grundlagen der
Elektrotechnik“ aufgeführt.
Vorlesungsfolien GdE II
36
5.10.3 Elektroakustische Wandler
Elektroakustische Wandler formen elektrische Energie in
Schallenergie (Lautsprecher) um und umgekehrt (Mikrophon).
In Bild 5.44 ist ein elektrodynamischer Wandler (Lautsprecher)
gezeigt: Dieser besteht aus einer trichterförmigen Membran, die
im Mittelbereich eine leichte Tauchspule trägt. Diese bewegt sich
im ringförmigen Luftspalt eines Eisenkerns. Durch einen
Permanentmagneten wird in diesem Kreis die Flussdichte B
erzeugt.
Bild 5.44
Die Spule habe den Durchmesser d, die Windungszahl N, befinde
sich im Magnetfeld B und werde vom Strom i durchflossen, dann
wird auf sie die Kraft F ausgeübt:
F = dπ N B i
Vorlesungsfolien GdE II
(5.75)
37
Zur Erinnerung:
Die längenbezogene Kraft auf einen stromdurchflossenen Draht:
r r
r
dF = I (dl × B)
(5.7)*
Der Strom i in Gl. (5.75) ist zeitlich veränderlich, die anderen
Größen seien hier konstant. Damit erfolgt die Kraftwirkung
proportional zum Strom.
Im nächsten Kapitel wird gezeigt, dass dieser Vorgang auch
umkehrbar ist. D.h. durch Bewegung der Membran wird ein
Strom induziert.
5.10.4 Das Zyklotron
Als letztes Beispiel für die Anwendung magnetischer Kraftwirkung soll das sog. Zyklotron besprochen werden. Dieses dient
der Beschleunigung geladener Teilchen auf hohe Energien, die
für Kernzertrümmerungsversuche benötigt werden.
Durchläuft ein Teilchen mit der Ladung e (1,6 ·10-19 As) die
Potentialdifferenz U, so nimmt es die Energie eU auf. Diese ist in
Form kinetischer Energie vorhanden:
m v2
eU =
2
Vorlesungsfolien GdE II
38
Um derartige Beschleunigungsstrecken für geladene Teilchen
nicht sehr lang werden zu lassen, wurde das Zyklotron
entwickelt, das in einer Kreisbahn den Teilchen „portionsweise“
Energie zuführt (Bild 5.45).
Bild 5.45
Das Zyklotron besteht in der Mitte aus einer Ionenquelle I, in der
z.B. Deuterium-Moleküle (D2: schwerer Wasserstoff) mit
hochenergetischen Elektronen (100 eV) beschossen werden:
D2 + e− → D + D+ + 2e−
(*)
Die chemische Symbolgleichung (*) ist ein Beispiel (von
mehreren) der Ionenerzeugung, wobei hier die sog. dissoziative
Ionisation gezeigt ist. Dissoziation bezeichnet die Zerlegung
eines Moleküls in mehrere Teile, Ionisation das Herausschlagen
eines gebundenen Elektrons vom Atom oder Molekül. Für
obigen Prozess ist eine Stoßenergie von etwa 16 eV notwendig.
Vorlesungsfolien GdE II
39
Die so entstandenen positiven Ionen (es gibt auch negative)
treten durch eine kleine Öffnung in das Zyklotron ein. Dort
werden sie durch die HF-Spannung UHF beschleunigt und durch
das senkrechte Magnetfeld auf eine Kreisbahn gelenkt.
Die HF-Spannung liegt zwischen zwei halben Metalldosen, den
sog. Duanten D1 und D2. Zwischen diesen herrscht das HF-Feld,
innerhalb der Duanten herrscht kein Feld. Die ganze Apparatur
befindet sich im Hochvakuum (10-6 mbar).
Tritt nun ein D+ aus der Quelle aus, so wird es zum negativen
Duanten, z.B. D1 beschleunigt. Dann fliegt es auf einer
Kreisbahn und tritt aus D1 aus. In diesem Moment wird D1
positiv und D2 negativ, d.h. es wird erneut beschleunigt und tritt
in D2 ein. Der zugehörige Radius der Kreisbahn lautet:
mv2
F=
= mω 2r = qvB
r
(5.1, 5.2)*
Damit ergibt sich für den Radius:
mv
r=
qB
Vorlesungsfolien GdE II
(5.76)
40
Das Ion durchfliegt in den Duanten die Halbkreisbahn der Länge
π r mit der Bahngeschwindigkeit v. Daher beträgt die Zeit für
einen Halbumlauf bis es wieder zum Spalt gelangt:
πr
mπ
t0 =
=
v
eB
(**)
Bei jedem neuen Eintritt in den nachfolgenden Duanten wird die
Geschwindigkeit größer, entsprechend wird auch der Bahnradius
r ∝ v größer (Gl. (5.76)).
Damit bleibt jedoch die Umlaufdauer konstant. Diese hängt
gemäß (**) nur von der Masse, der Ladung und dem Magnetfeld
ab.
Damit das Ion im richtigen Takt von der Hochfrequenz
beschleunigt wird, benötigt diese die Periodendauer T gleich der
vollen Umlaufzeit 2 t0:
2π m
T = 2t0 =
eB
(5.77a)
bzw. die Frequenz:
f=
1 eB
=
,
T 2π m
(5.77b)
die für B = 1 T im Megahertz-Bereich liegt.
Vorlesungsfolien GdE II
41
Die Gesamtbahn ist eine Spirale (Bild 5.45). Gelangt das Ion in
die Nähe des Deflektors A, der ein negatives Potential hat, dann
verlässt das Ion tangential die Kreisbahn mit der Energie:
mv2 mω 2 R2
=
E=
2
2
Diese hängt somit vom Radius R des Zyklotrons ab. Da mit
zunehmender Geschwindigkeit die Masse zunimmt, wird für sehr
große Geschwindigkeiten die Umlaufzeit größer (Gl. (5.77a)). In
diesem Fall ist die Synchronisation zur HF-Spannung nicht mehr
gegeben.
Vorlesungsfolien GdE II
42
6
Die elektromagnetische Induktion
Die vorausgegangenen Kapitel zeigen, dass ein Zusammenhang
zwischen elektrischen und magnetischen Feldern besteht: Das
magnetische Feld wird von elektrischen Strömen hervorgerufen,
und ein magnetisches Feld übt Kräfte auf bewegte elektrische
Ladungen und elektrische Ströme aus.
Doch der Zusammenhang geht noch weiter: im Jahre 1831
entdeckte Michael Faraday (englischer Physiker), dass auch sich
ändernde magnetische Felder in der Lage sind, elektrische Felder
hervorzurufen.
Dies war eine der wesentlichen Entdeckungen der Elektrotechnik
mit weit reichenden Folgen für alle Bereiche (Energietechnik,
Nachrichtentechnik, HF-Technik).
6.1 Induktionsvorgänge
6.1.1 Bewegungsinduktion
1. Versuch
Zwischen den Polen eines Hufeisenmagneten ist ein elektrischer
Leiterstab an dünnen, nichtleitenden Fäden aufgehängt (Bild
6.1). Die Enden des Leiterstabes sind mit einem hochohmigen
Spannungsmesser über dünne, leitende Drähte verbunden. Auf
diese Weise kann der Leiterstab im Magnetfeld pendeln.
Vorlesungsfolien GdE II
43
Solange sich der Leiterstab im Magnetfeld nicht bewegt, zeigt
das Messgerät nichts an.
Bild 6.1
Wird der Stab ausgelenkt und pendelt, zeigt das Messgerät einen
Strom bzw. eine Spannung an, die von der Pendelrichtung
abhängt.
Der Vorgang wird als elektromagnetische Induktion und der
Strom als Induktionsstrom bzw. die Spannung als Induktionsspannung bezeichnet.
Das gleiche Ergebnis erhält man, wenn man den Stab festhält
und den Magneten bewegt.
Bewegt man den Stab in Richtung des magnetischen Feldes,
passiert nichts.
Vorlesungsfolien GdE II
44
Resultat:
1.Die relative Bewegung zwischen Magnetfeld und Stab ist
entscheidend.
2.Die Richtungen von Feld und Bewegung zueinander spielen
ebenfalls eine Rolle.
Erklärung
Die Erfahrungen können mit den bekannten Gesetzmäßigkeiten
gedeutet werden, die bereits beim Hall-Effekt verwendet wurden
(vgl. 5.10.1).
Da mit dem Leiterstab die Elektronen bewegt werden, übt das
Magnetfeld auf diese eine Kraft aus:
r
r r
F = q v×B
(6.1)
Diese Kraft wirkt in Richtung der Stabachse in Bild 6.1, wodurch
die Elektronen in dieser Richtung verschoben werden. Da es sich
hier um einen geschlossenen Stromkreis handelt (im Falle der
Strommessung) fließt ein Strom durch den Stab und die Drähte
zum Messgerät.
Vorlesungsfolien GdE II
45
Zur Berechnung der induzierten Spannung soll der Stab die
Länge l besitzen und gemäß Bild 6.2 im homogenen Magnetfeld
B angeordnet sein.
Bild 6.2
Wird der Stab nun mit der Geschwindigkeit v bewegt, werden die
Elektronen zum unteren Ende b bewegt. Am oberen Ende a
entsteht ein Elektronenmangel. Dadurch ergibt sich ein
elektrisches Feld E zwischen a und b, das auf die Elektronen eine
Gegenkraft ausübt:
r
r r
E = −v × B
(6.2)
Die an den Enden a und b induzierte Spannung lautet dann:
b
r r
uab = ∫ E ⋅ dl = l v B
(6.3)
a
Vorlesungsfolien GdE II
46
6.1.2
Transformationsinduktion
2. Versuch
Im zweiten Versuch befindet sich eine Drahtschleife, die an
einen Spannungsmesser angeschlossen ist, im magnetischen Feld
einer Spule (Bild 6.3).
Ist der Stromkreis der Spule in Bild 6.3 geschlossen, fließt in der
Spule ein Strom, der ein stationäres Magnetfeld erzeugt, welches
die Drahtschleife durchsetzt.
• Im eingeschwungenen Zustand und bei festgehaltener Drahtschleife passiert nichts.
• Wird die Drahtschleife im stationären Feld bewegt, zeigt der
Spannungsmesser einen Ausschlag.
Bild 6.3
Vorlesungsfolien GdE II
47
Nun wird die Drahtschleife festgehalten und der Strom durch die
Spule verändert z.B. durch Öffnen und Schließen des Schalters:
• Dadurch beginnt ein Strom durch die Spule zu fließen (bzw.
hört auf zu fließen, je nach Anfangszustand), der eine
Änderung des Magnetfeldes auch im Bereich der Drahtschleife
hervorruft.
• Am Spannungsmesser stellt man fest, dass durch die zeitliche
Änderung, d.h. solange sich das Magnetfeld auf- oder abbaut,
in der Drahtschleife eine Spannung induziert wird.
• Wird das Feld aufgebaut, zeigt der Spannungsmesser ein
anderes Vorzeichen der gemessenen Spannung an als
während des Feldabbaus.
Zunächst soll herausgefunden werden, wie sich die Orientierung
der Drahtschleife auf die Spannung auswirkt. Dazu wird Bild 6.4
betrachtet.
Bild 6.4
Vorlesungsfolien GdE II
48
Zunächst bringt man die Drahtschleife in ein homogenes Feld
und verändert den Winkel α zwischen der Feldrichtung und der
Achse der Drahtschleife (Bild 6.4).
Man stellt fest, dass die induzierte Spannung am größten ist,
wenn α gleich Null ist.
Mit wachsendem α nimmt die induzierte Spannung gemäß
cos(α) ab .
Für α = 90° wird die Fläche der Drahtschleife nicht mehr
durchsetzt. Daher wird keine Spannung induziert.
Daraus schließen wir:
Es kommt auf den die Drahtschleife durchsetzenden
magnetischen Fluss Φ an.
Damit ergibt sich die Flussregel von Faraday:
„Die in einer Drahtschleife induzierte Spannung ist gleich der
zeitlichen Änderung des durch sie hindurchtretenden
magnetischen Flusses.“
6.1.3
Lenzsche Regel
Zur Bestimmung der Richtung der induzierten Ströme und
Spannungen soll nun eine Regel aufgestellt werden, die von Lenz
(Lenz, Heinrich, 1804 - 1865, baltischer Physiker) angegeben
wurde.
Vorlesungsfolien GdE II
49
„Der induzierte Strom fließt in eine solche Richtung, dass er
durch sein Feld der Flussänderung, durch die er entsteht,
entgegenwirkt.“
• D.h. die Drahtschleife baut mittels des induzierten Stromes ein
Gegenfeld auf, das bestrebt ist, seinen Zustand aufrechtzuerhalten.
• Der induzierte Strom erzeugt in der Drahtschleife aufgrund
ihres Widerstandes Wärmeenergie. Diese muss von außen
aufgebracht werden, z.B. durch mechanische Energie.
Dazu ein Beispiel:
In Bild 6.5 wird ein Stabmagnet mit seinem Nordpol auf einen
leitfähigen Drahtring zu bewegt. Das Feld des Permanentmagneten durchsetzt in zunehmendem Maße den Ring.
Bild 6.5
Vorlesungsfolien GdE II
50
Durch diese Bewegung nimmt der magnetische Fluss im Ring
zu. Wegen der Lenzschen Regel muss nun im Ring ein Strom
induziert werden, der der Feldzunahme in der vorgegebenen
Richtung entgegenwirkt (Bild 6.5).
Damit hat der Ring den in Bild 6.5 gezeigten Nord- bzw. Südpol.
Energiesatz:
Da sich gleichnamige Pole abstoßen, muss zur Bewegung des
Permanentmagneten eine Kraft und damit mechanische Energie
aufgebracht werden. Diese Energie entspricht derjenigen, die in
Form vom Wärme (Ohmschen Verluste ) im Ring erzeugt wird.
Aus diesem Grund der Energieerhaltung ist bei diesem Beispiel
die entgegengesetzte Stromrichtung im Ring nicht möglich, da
dann Nord- und Südpol des Rings vertauscht würden und der
Permanentmagnet in den Ring hineingezogen würde. Damit
würde der Magnet mech. Energie gewinnen, gleichzeitig würde
Wärme erzeugt werden → Perpetuum mobile!
Bild 6.6
Vorlesungsfolien GdE II
51
In Bild 6.6 ist zu den Gegenkräften ein Demonstrationsversuch
gezeigt:
Ein leitender Ring liegt auf einem Elektromagneten (Spule mit
Eisenkern). Schaltet man den Strom des Elektromagneten ein,
springt der Ring aufgrund der Gegenkraft, die der induzierte
Strom erzeugt, nach oben.
6.2
Das Induktionsgesetz
Versuch 1 zeigte die Bewegungsspannung, Versuch 2 die
Transformationsspannung . Es soll in einem Modellversuch
gezeigt werden, dass beide durch die gleiche Gesetzmäßigkeit
beschrieben werden können:
In Bild 6.7 durchsetzt ein homogenes, konstantes magnetisches
Feld senkrecht eine Teilfläche einer Drahtschleife. Die Fläche
der Drahtschleife wird durch einen leitenden Stab verändert, der
auf zwei leitenden Gleitschienen aufliegt.
Bild 6.7
Vorlesungsfolien GdE II
52
Wird der Metallstab mit der Geschwindigkeit v gezogen, wirken
auf die im Stab enthaltenen Ladungsträger die Kräfte gemäß Gl.
(6.1) entlang der entlang der Stabachse.
Die im Stab erzeugte Spannung ist gleich der Spannung u0,
solange der Strom i in der Schleife klein ist. Klein heißt, dass das
durch i erzeugte Magnetfeld sowie der Spannungsabfall in der
Schleife vernachlässigbar sind. Idealerweise ist der Spannungsmesser so hochohmig, dass i gegen Null geht.
Die induzierte Spannung u0 wirkt nun als Quellenspannung. Die
Flussänderung der Drahtschleife mit der Zeit ergibt sich zu:
dΦ = B dA = B l v dt
(*)
Wir erinnern uns an Gl. (6.3):
r r
uab = u0 = ∫ E ⋅ dl = l v B
b
a
und vergleichen diese mit Gl. (*). Daraus folgt:
dΦ
= l v B = u0
dt
Vorlesungsfolien GdE II
(6.4)
53
Damit erhält man das Induktionsgesetz:
u0 =
dΦ
dt
„Die induzierte Quellenspannung ist gleich der mit ihr verketteten Flussänderung pro Zeiteinheit.“
Das Ergebnis ist unabhängig von der Form der Leiterschleife und
der Bewegung im Magnetfeld.
Dieses Ergebnis, das aus der Bewegungsinduktion hergeleitet
wurde, entspricht der Flussregel von Faraday, die aus der Transformationsinduktion ermittelt wurde.
In Bild 6.8 ist die Zuordnung von induzierter Quellenspannung,
Stromrichtung und Flussänderung gezeigt.
Bild 6.8
Vorlesungsfolien GdE II
54
Die Richtungen der Größen dΦ, u0 und i gehen unmittelbar aus
der Lenzschen Regel hervor. Wird die Richtung von u0 oder dΦ
vertauscht, muss Gl. (6.4) mit einem Minuszeichen versehen
werden.
Noch mal zurück zum Unterschied zwischen Bewegungs- und
Transformationsinduktion:
Die Bewegungsinduktion kann direkt aus der Kraftwirkung auf
bewegte elektrische Ladungen (Elektronen) im Magnetfeld
verstanden werden. Wie aber ist die Kraftwirkung im Falle der
Transformationsinduktion zu verstehen?
Betrachtet man zunächst die Summe aller möglichen Kräfte auf
elektrische Ladungen, die durch die Lorentz-Beziehung (Gl.
(5.4)) gegeben ist:
r
r r r
F = q E +v×B
(
)
(5.4)*
und bedenkt man, dass im Falle der Transformationsinduktion
nichts bewegt wird, d.h. v = 0 gilt, dann folgt daraus, dass die
Kraftwirkung in diesem Fall dem elektrischen Feld E zuzuschreiben ist.
Daraus wiederum folgt die Erkenntnis, dass
„immer dann, wenn ein sich zeitlich veränderndes
magnetisches Feld vorliegt, ein elektrisches Feld induziert
wird“. Dieses treibt dann die Ladungsträger im Stromkreis.
Vorlesungsfolien GdE II
55
Um diesen Zusammenhang verständlicher zu machen, wird in
Bild 6.9 ein kreiszylindrisches magnetisches Feld betrachtet, das
aus der Zeichenebene senkrecht austritt und innerhalb der
gestrichelten Fläche homogen ist. Dieses Feld möge in diesem
Gebiet in gleicher Weise zeitlich zunehmen.
Bild 6.9
• In diesem Feld befinde sich eine konzentrische Drahtschleife.
Da das B-Feld zunimmt, ist die Flussänderung dΦ ebenfalls
aus der Zeichenebene heraus gerichtet.
• Die Drahtschleife (Radius r) habe an einer Stelle eine kleine
Öffnung (klein gegen die gesamte Schleifenlänge). Daher kann
an dieser die induzierte Spannung u0 gemessen werden.
• Schließt man an die Klemmen über die gestrichelt
gezeichneten Drähte einen Widerstand an, erhält man nach der
Lenzschen Regel den Strom i.
Vorlesungsfolien GdE II
56
• Die Ladungsbewegung erfolgt durch das induzierte elektrische
Feld Ei.
• Ohne Draht im Magnetfeld ist aus Symmetriegründen die
induzierte elektrische Feldstärke längs des Kreises (Radius r)
überall gleich groß und stets tangential gerichtet.
• Durch den Drahtring wird dieses kreissymmetrische
elektrische Feld verändert, da innerhalb eines elektrischen
Leiters kein elektrisches Feld herrscht. D.h. durch die
Ladungsbewegung aufgrund des induzierten elektrischen
Feldes werden an einem Schleifenende positive, am anderen
negative Ladungen angehäuft. Daher baut sich solange ein
Gegenfeld auf, bis das Gesamtfeld im Leiter zu Null
geworden ist.
• Aus diesem Grunde verbleibt nur noch zwischen den nahe
benachbarten Drahtenden ein elektrisches Feld. Die Spannung
zwischen den Drahtenden erhält man durch Integration der
induzierten Feldstärke:
r r
u0 = ∫ E ⋅ dl ,
(*)
wobei nur der Spalt zwischen den Drahtenden
r einen Beitrag
liefert. In (*) entspricht die Richtung von dl der der induzierten
Feldstärke.
Vorlesungsfolien GdE II
57
r
r
Dreht man das Wegelement um, d.h. dl = −ds , dann ergibt sich
für die Quellenspannung:
r r
u0 = −∫ E ⋅ ds
(6.5)
Die Integration erfolgt entlang des nahezu geschlossenen Weges
auf der Drahtschleife, bevor diese in das Magnetfeld gegeben
wird.
Setzt man für u0 das Induktionsgesetz gemäß Gl (6.4) ein:
r r
dΦ
∫ E ⋅ ds = − dt
(6.6)
und schreibt anstelle von Φ das Flächenintegral der magnetischen Flussdichte, dann erhält man:
r r
d r r
∫C E ⋅ ds = − dt ∫∫A B ⋅ dA
(6.7)
das Induktionsgesetz in allgemeiner Form.
Vorlesungsfolien GdE II
58
Bemerkungen zu Gl. (6.7) „Allgemeines Induktionsgesetz“:
• Auf der linken Seite ist die Integration längs des Randes C der
Fläche A auszuführen.
• Auf der rechten Seite ist der Fluss durch genau diese Fläche A
zu berechnen.
• Die Umlaufrichtung für das Linienintegral und die Richtung
der Flächenvektoren sind mit einer Rechtsschraube verknüpft.
Daher wurde ds in Gl. (6.5) entgegen dl gewählt.
• Gl. (6.7) gilt für beliebige, zeitlich sich ändernde oder
konstante magnetische Felder. A ist eine beliebige Fläche,
C die zugehörige Randkurve.
• Diese Gleichung gilt auch für die Anordnung mit Draht. Die
Feldstärke E auf der linken Seite ist dann die Gesamtfeldstärke. Da diese im Draht Null ist, trägt nur der Wegabschnitt zwischen den Drahtenden zum Integral bei.
• Damit das Integral den Wert u0 ergibt, muss die Feldstärke
zwischen den Drahtenden entsprechend größer sein als ohne
Draht.
Vorlesungsfolien GdE II
59
Bei ruhenden Medien können auf der rechten Seite von Gl. (6.7)
Integration und Differentiation vertauscht werden:
r
r r
dB r
∫C E ⋅ ds = −∫∫A dt ⋅ dA
(6.8)
Damit haben wir nun neben dem Durchflutungsgesetz
r r
r r
∫ H ⋅ ds = ∫∫ J ⋅ dA
C
(5.28)*
A
eine zweite Gleichung, die das elektrische und magnetische Feld
miteinander verknüpft.
6.3
Das induzierte elektrische Feld
Es wurde gezeigt, das zeitlich veränderliche magnetische Felder
ein elektrisches Feld zur Folge haben, das jedoch nicht von
Ladungsträgern ausgeht. Das Linienintegral entlang eines
geschlossenen Weges über dieses elektrische Feld wird nicht zu
Null, da die Feldlinien in sich geschlossen sind.
Vorlesungsfolien GdE II
60
Damit gilt:
Das durch ein zeitlich verändertes magnetisches Feld hervorgerufene elektrische Feld ist ein Wirbelfeld.
Beispiel:
Betrachtet man Bild 6.9, wo die Linien der induzierten Feldstärke konzentrische Kreise bilden. Der Betrag der Feldstärke ist
in jedem Punkt einer geschlossenen Feldlinie gleich. Der Betrag
ist jedoch eine Funktion von r. Die Abhängigkeit von r wird mit
Gl. (6.8) berechnet. Für r < r0 ist dB/dt innerhalb des Kreises
überall gleich:
− E 2π r = −
damit:
dB 2
πr
dt
r
E = B& für r ≤ r0 ,
2
d.h. die Feldstärke nimmt mit wachsendem r zu. Für r > r0 liefert
nur der Bereich innerhalb des Kreises mit r0 einen Beitrag zum
Integral der rechten Seite:
2
− E 2π r = −B& π r0
Vorlesungsfolien GdE II
61
Damit wird:
1 r02 &
E=
B für r > r0
2r
(*)
Die Richtungen der Feldstärkevektoren sind in Bild 6.9 angegeben. Sie sind entgegengesetzt zur Richtung des Wegelements
ds. Aus (*) geht hervor, dass im Außenbereich die Feldstärke
wieder abnimmt.
In Bild 6.10 ist die Abhängigkeit der Feldstärke im Innen- und
Außenbereich dargestellt.
1
E0 = r0 B&
2
Bild 6.10
Vorlesungsfolien GdE II
62
6.4
Beispiele zum Induktionsgesetz
6.4.1
Die induzierte Spannung in einer Spule
Betrachtet man in Bild 6.11 eine Spule mit N Windungen, so
kann man sich diese als eine Hintereinanderschaltung von N
Drahtschleifen wie z.B. in Bild 6.9 vorstellen.
Bild 6.11
Will man die Spannung u0 berechnen, so muss im Prinzip die
induzierte Feldstärke jeder Schleife (d.h. jeder Wicklung) entlang
dieser integriert werden. Da in der obigen Anordnung alle Windungen mit der selben Flussänderung dΦ verkettet sind, also in
jeder Schleife die gleiche Spannung induziert wird, ergibt sich
die Gesamtspannung durch Aufsummieren der Spannungen der
einzelnen Schleifen:
dΦ
u0 = N
dt
Vorlesungsfolien GdE II
(6.9)
63
Gl. (6.9) entspricht der N-fachen Anwendung von Gl. (6.4).
Anstelle von Gl. (6.9) schreibt man auch:
dΨ
u0 =
dt
(6.10)
wobei man unter Ψ = NΦ den gesamten, mit allen Drahtschleifen verketteten Fluss versteht.
Sind die Flüsse durch die einzelnen Windungen unterschiedlich,
gilt:
N
Ψ = ∑Φi
(6.11)
i =1
Wie bereits früher besprochen, gelten Gln. (6.9) und (6.10)
unabhängig davon, ob es sich um Bewegungs- oder Transformationsinduktion handelt.
Vorlesungsfolien GdE II
64
6.4.2
Gleichmäßig rotierende Spule im konstanten
Magnetfeld
Zur Erzeugung einer sinusförmigen Spannung ist die Spulenanordnung in Bild 6.12 gegeben. Die Spule ist entlang der
Spulenachse drehbar gelagert. Die Drahtenden der Spule sind mit
Schleifringen verbunden, auf denen Schleifkontakte laufen.
Wenn sich die Spule dreht, drehen sich die Schleifringe, über die
die stehenden Schleifkontakte die induzierte Spannung abgreifen
können.
Bild 6.12
Vorlesungsfolien GdE II
65
Die Spule befindet sich in einem homogenen (= räumlich
konstanten), stationären (= zeitlich konstanten) Magnetfeld.
Die Spule wird mit konstanter Winkelgeschwindigkeit ω (z.B.
von einem Motor) gedreht.
Aufgrund des Zusammenhangs
α = ωt mit ω = konst.
wächst der Drehwinkel α linear mit der Zeit.
Zum Zeitpunkt t = 0 möge das Feld die Spulenfläche A senkrecht
durchsetzen. Für t = 0 gilt:
Φ(t = 0) = Φmax = B A
(6.12)
Dreht sich die Spule um den Winkel α weiter, verringert sich der
Fluss mit
Φ(t ) = B A cosα = Φmax cosωt ,
(6.13)
da die effektive Fläche der Spule, die mit dem Feld verkettet ist,
um den Kosinus des Drehwinkels abgenommen hat.
Vorlesungsfolien GdE II
66
Der Verlauf Φ(t) ist in Bild 6.13 als Funktion des Drehwinkels
ωt bzw. (weil ω konstant ist) der Zeit t gezeigt.
Bild 6.13
T
Nach einer halben Umdrehung ist der Vektor der Spulenfläche A
dem Feld entgegengesetzt . Deshalb hat Φ zum Zeitpunkt t = T/2
den negativen Wert -Φ max . Nach einer vollen Umdrehung t = T
befindet sich die Spule wieder in ihrer Ausgangslage, d.h. Φ hat
wieder den Wert BA. Der Verlauf des Flusses wiederholt sich
periodisch mit der Periodendauer T.
Mit Gl. (6.9) erhält man die in der Spule induzierte
Quellenspannung:
dΦ
u0 = N
= −NΦmaxω sinωt
dt
Vorlesungsfolien GdE II
67
oder zusammengefasst:
u0 = −Umax sinωt
mit Umax = Nω Φmax
(6.14)
Der Verlauf der induzierten Spannung ist ebenfalls in Bild 6.13
eingetragen. Beide Verläufe sind „sinus-förmig“. Die Maxima
sind um die Dauer einer Viertelperiode verschoben. Man spricht
von „Phasenverschiebung um π/2“.
Der Verlauf hat in der Technik eine große Bedeutung:
• Alle Generatoren hoher Leistung liefern Quellenspannungen
dieser Form.
• Den Wechsel zwischen zwei gleich großen, entgegengesetzten
Maxima (Amplitude) bezeichnet man als Wechselspannung
(oder Wechselstrom).
• Hier handelt es sich speziell um sinus-förmigen Wechselstrom.
Vorlesungsfolien GdE II
68
6.4.3
Drahtschleife im veränderlichen inhomogenen
Magnetfeld
Als Beispiel für ein inhomogenes Magnetfeld wird ein stromdurchflossener gerader Leiter verwendet, in dessen Magnetfeld
eine rechteckige Drahtschleife liegt. Beide liegen in einer
gemeinsamen Ebene.
Bild 6.14
Der Leiter ist von Wechselstrom durchflossen:
i(t ) = I max cosωt
Vorlesungsfolien GdE II
69
Die zeitliche Änderung des Stromes soll langsam erfolgen, d. h.
in jedem Moment soll das zugehörige Magnetfeld dem momentanen (Gleich-) Stromwert des Wechselstroms entsprechen. Dies
wird mit quasistationär bezeichnet.
Wie aus Abschnitt 5.5 und Gl. (5.20) bekannt, wird die Drahtschleife von einem ringförmigen, in sich geschlossenen
Magnetfeld um den Leiter senkrecht durchsetzt. Im Abstand r
vom Leiter beträgt die Flussdichte:
B(r, t ) =
µ0
i(t )
2π r
Die Zählrichtung für den Fluss zeige in Bild 6.14 in die Blattebene hinein. Das Flächenelement dA = bdr, durch das ein Teil
des Flusses dringt, eingesetzt:
B(r )dA =
µ0 b i(t )
dr
2π r
Den gesamten Fluss erhält man durch Integration von r1 bis r2:
r2
µ0 b i(t ) 1
µ0 b i(t ) r2
Φ = ∫∫ B(r)dA =
dr =
ln
∫
2π r r
2π
r1
A
(6.15)
1
Vorlesungsfolien GdE II
70
Bei bekanntem Fluss kann nun auch die induzierte Spannung
berechnet werden:
dΦ µ0 b r2 di(t )
=
u0 =
ln( )
dt 2π
r1 dt
Wird i(t) = Imaxcosωt differenziert, erhält man schließlich:
µ0 b ω
r2
u0 = −
I max ln( ) sinωt
2π
r1
(6.16)
An diesem Beispiel soll nochmals die Vorzeichenregel für die
induzierte Spannung veranschaulicht werden:
• Das Feld der magnetischen Flussdichte sowie der Fluss durch
die Drahtschleife sind bei positivem i (d.h. in Richtung des
eingezeichneten Pfeils) in die Blattebene hinein gerichtet.
Dies ist z.B. in der ersten Viertelperiode der Fall.
• In der ersten Viertelperiode nimmt jedoch der Fluss in die
Blattebene ab. Damit ist ein aus der Blattebene
herausweisendes dΦ wirksam.
• Da in diesem Zeitintervall in Bild 6.14 dΦ und u0 nicht gemäß
Bild 6.8 zugeordnet sind, ist das aktuelle u0 negativ.
• Die Übereinstimmung mit der Lenzschen Regel lässt sich
leicht nachprüfen.
Vorlesungsfolien GdE II
71
6.4.4
Das Barlowsche Rad als „Ausnahme“ von der
Flussregel
Wie besprochen, gilt die Flussregel unabhängig davon, wie die
Flussänderung zustande kommt. Zur Erklärung wurden zwei
unterschiedliche physikalische Phänomene, die Kraftwirkung
eines Magnetfeldes auf bewegte Ladungen und das mit der
Änderung des Magnetfeldes verknüpfte elektrische Feld,
herangezogen.
Allerdings: die Flussregel stellt eine Zusammenfassung dar, nicht
ein übergeordnetes Grundprinzip! Es gibt Fälle, bei denen muss
die einzelne Gesetzmäßigkeit herangezogen werden, da die
Flussregel „nicht greift“.
Dazu ein Beispiel:
Betrachtet wird das sog. Barlowsche Rad in Bild 6.15.
Bild 6.15
Barlow, P., 1776 - 1862, englischer Mathematiker und Optiker
Vorlesungsfolien GdE II
72
Dieses stellt eine leitende Kreisscheibe dar, die auf einer Achse
drehbar gelagert ist. Senkrecht zur Scheibenebene wirkt ein
konstantes magnetisches Feld. Auf der Achse und am Umfang
der Scheibe sind Schleifkontakte angebracht. Die Scheibe wird
mit der Winkelgeschwindigkeit ω gedreht.
Da das Magnetfeld zeitlich konstant ist und auch ein gedachter
Strompfad, der die Schleifkontakte über das sich drehende Rad
hindurch verbindet, zeitlich konstant ist, ist die Flussänderung,
die für die Spannungsinduktion in Frage kommt, gleich Null.
Betrachtet man aber die Bewegungsinduktion für den Teil der
Scheibe zwischen den beiden Schleifkontakten, d.h. den Weg des
Stromes durch die Scheibe, dann wird dieser mit der Winkelgeschwindigkeit ω bewegt. Daher erfahren die dort befindlichen
Ladungsträger eine Kraftwirkung, die für positive Ladungsträger
vom Radinneren nach außen zeigt:
r
F r r
= v×B ,
q
wobei v = rω . Da v und B senkrecht stehen, gilt („Kraft pro
Ladung“):
F
= ω rB
q
Vorlesungsfolien GdE II
73
Bei homogenem Magnetfeld ergibt sich für die induzierte
Spannung (= „Arbeit pro Ladung“):
R
1
u0 = Bω ∫ rdr = ω BR2
2
0
(6.17)
mit dem Radius R der Scheibe und dem Mittelpunkt r = 0 für
eine sehr dünne Achse (r << R), auf der die Scheibe gelagert ist.
Schätzt man die Spannung ab für B = 1T, R = 15 cm, ω = 2π f,
f=50 s-1, dann erhält man:
U0 = π ⋅ 50 ⋅1⋅ 0,152
Vs 2
m = 3,53 V
2
ms
Diese Anordnung liefert eine geringe Spannung, wobei die
Stromstärke erheblich sein kann.
Vorlesungsfolien GdE II
74
Missverständliche Formulierung: „Spannungen werden induziert,
wenn bewegte Leiter Magnetfeldlinien schneiden“
In Bild 6.16 wird eine Drahtschleife in einem homogenen Feld
bewegt. In diesem Beispiel werden Feldlinien durch die Leiter
geschnitten, dennoch wird keine Spannung erzeugt, da sich die
an beiden Längsseiten induzierten Spannungen gegenseitig
aufheben. Auch die Flussänderung in der Schleife ist gleich Null.
Bild 6.16
Vorlesungsfolien GdE II
75
6.5
Selbstinduktion und Gegeninduktion
6.5.1
Selbstinduktion
Bisher wurde bei allen Überlegungen das Eigenmagnetfeld des
induzierten Stromes vernachlässigt. Jetzt soll eine Drahtschleife
von einem zeitlich veränderlichen Strom durchflossen werden,
wobei kein äußeres Magnetfeld vorhanden sein soll. Dieser
Strom erzeugt ein zeitlich veränderliches Magnetfeld und dieses
durchsetzt wiederum die Drahtschleife selbst. Die
Stromänderung soll genügend langsam (quasistatisch) erfolgen,
so dass stets der Momentanwert des Stromes zur Berechnung des
Magnetfeldes herangezogen werden kann. Im Bild 6.17 ist eine
Drahtschleife mit Stromquelle gezeigt.
Bild 6.17
Vorlesungsfolien GdE II
76
Der Strom i erzeugt nun den Fluss Φ. Die Stromänderung di
bewirkt die Flussänderung dΦ in der eingezeichneten Richtung.
Durch dΦ wird eine Spannung uL induziert, die selbstinduktive
Spannung genannt wird. Die Zuordnung von uL und dΦ
entspricht Bild 6.8, daher kann auch Gl. (6.4) verwendet werden:
dΦ
uL =
dt
(6.18)
Befindet sich kein magnetisches (d.h. nichtlineares) Material im
Feld, ist der Fluss Φ proportional dem Strom i:
Φ = Li
(6.19)
mit der Proportionalitätskonstante L. Damit wird aus der
induzierten Spannung:
u=L
di
,
dt
(6.20)
wobei die Größe L Selbstinduktivitätskoeffizient oder kürzer
Induktivität genannt wird.
Vorlesungsfolien GdE II
77
Die Induktivität L ist nur von der Geometrie der Drahtanordnung
abhängig und ist analog zur Kapazität im elektrischen Feld eine
integrale Größe des magnetischen Feldes.
Aus Gl. (6.20) ergeben sich folgende Einheiten:
s Vs
 dt 
[L] = [u]  = V = = H
A A
 di 
Für N dicht nebeneinander liegende Windungen gilt:
dΦ
uL = N
dt
(6.21)
und
NΦ = Li
(6.22)
Schaltsymbole für Induktivitäten bzw. Spulen sind:
z.B.
5 µH
oder
Vorlesungsfolien GdE II
12 mH
78
6.5.2
Gegeninduktion
In Bild 6.18 sind zwei getrennte Drahtschleifen bzw. Spulen
gegeben, wobei jede Windung einer Spule mit demselben Fluss
verkettet ist. Zunächst soll nur durch die Spule 1 ein Strom i1
fließen (Bild 6.18a):
Bild 6.18a
Ein Teil des von ihm hervorgerufenen Feldes durchsetzt die
Spule 2, ein anderer Teil nicht. Der Fluss durch Spule 1 sei Φ11,
der Teilfluss durch die Spule 2 sei Φ21. Ändert sich der Strom i1,
ergeben sich gemäß Gl. (6.21) folgende Spannungen:
dΦ
′
u1 = N1 11 (sprich: in "1" von"1")
dt
dΦ21
′
u2 = N2
(sprich: in "2" von"1")
dt
Vorlesungsfolien GdE II
79
Die Spannung u1´entsteht durch Selbstinduktion, u2´ durch
Gegeninduktion: In Spule 2 wird eine Spannung induziert, wobei
die Flussänderung durch Spule 1 hervorgerufen wird.
Im zweiten Fall möge nur in Spule 2 ein Strom i2 fließen (Bild
6.18b).
Bild 6.18b
Aus den mit i2 verknüpften Flüssen entstehen in Spule 1 durch
Gegeninduktion und in Spule 2 durch Selbstinduktion folgende
Spannungen:
dΦ22
u2 = N2
dt
dΦ
″
u1 = N1 12
dt
″
Vorlesungsfolien GdE II
80
Fließen durch beide Spulen Ströme, dann überlagern sich deren
Felder und die Flüsse linear. Damit gilt für die Spannungen:
dΦ11
dΦ12
u1 = u1 + u1 = N1
+ N1
dt
dt
′
″
(6.23)
dΦ21
dΦ22
u2 = u2 + u2 = N2
+ N2
dt
dt
′
″
In Gl. (6.23) sind die Flüsse Φ11 und Φ21 dem Strom i1
proportional, d.h. sie werden durch diesen hervorgerufen.
Die Flüsse Φ22 und Φ12 sind dem Strom i2 proportional. Damit
kann man schreiben:
N1Φ11 = L11 i1
N1Φ12 = L12 i2
N2Φ21 = L21 i1
N2Φ22 = L22 i2
Vorlesungsfolien GdE II
(6.24)
81
Damit kann Gl. (6.23) umgeschrieben werden:
di1
di2
u1 = L11 + L12
dt
dt
(6.25)
di1
di2
u2 = L21 + L22
dt
dt
Die Koeffizienten L11 und L22 sind die Selbstinduktionskoeffizienten oder Induktivitäten der Spulen 1 und 2, L12 und L21
sind die Gegeninduktionskoeffizienten oder Gegeninduktivitäten,
für die gilt:
L12 = L21 = M ,
(6.26)
was noch gezeigt werden muss.
Sind mehr als zwei Spulen vorhanden (in Dreiphasensystemen
z.B. 3), können die Gln. (6.23) und (6.25) problemlos erweitert
werden.
Vorlesungsfolien GdE II
82
6.6
Berechnung von Induktivitäten und
Gegeninduktivitäten
6.6.1
Allgemeines Verfahren --> siehe „Elektrische
und magnetische Felder (Prof. Brinkmann)
6.6.2
Berechnung der Induktivität aus dem
magnetischen Fluss
Für einige einfache Fälle sollen nun die Induktionskoeffizienten
mittels Gl. (6.24) bestimmt werden. Die Vorgehensweise besteht
darin, mittels:
L jj i j = N j Φjj
(*)
die Selbstinduktivität der Spule j zu bestimmen und mittels:
L jk ik = N j Φjk
(**)
deren Gegeninduktivität zur Leiteranordnung k zu ermitteln.
Vorlesungsfolien GdE II
83
Wie aus (*) und (**) hervorgeht, benötigt man dazu einerseits
den Fluss, der durch Integration der Flussdichte über die Fläche
der Leiterschleife ermittelt wird:
r r
Φ = ∫∫ B ⋅ dA
A
und andererseits den Strom, den man aus dem Feld mit Hilfe des
Durchflutungsgesetzes erhält:
r r
r r
∫ H ⋅ ds = ∫∫ J ⋅ dA
C
A
Beide Gesetze wurden auch zur Aufstellung des Ohmschen
Gesetzes des magnetischen Kreises verwendet. Dies kann auch
hier so gemacht werden, wenn als magnetischer Kreis der Raumbereich gewählt wird, der von den Feldlinien der Flussdichte
erfüllt wird.
Das Ohmsche Gesetz des zur Induktivität gehörenden
magnetischen Kreises lautet:
N j i j = Θ jj = Rm jj Φ jj
Vorlesungsfolien GdE II
84
umgeformt nach dem Fluss Φjj folgt:
Φ jj = N j
ij
Rm jj
damit folgt aus (*):
L jj =
Nj
ij
Nj
ij
Rm jj
=
Nj
2
Rm jj
(6.29)
Also:
„Die Selbstinduktivität einer Spule ist dem Quadrat ihrer
Windungszahl proportional.“
Zur Bestimmung der Gegeninduktivität wird Φjk ebenfalls aus
dem Ohmschen Gesetz ermittelt:
Nk ik = Θk = Φjk Rm jk
nach Φjk umgeformt:
Φjk =
Θk
i
= Nk k
Rm jk
Rm jk
Vorlesungsfolien GdE II
85
Damit erhält man für die Gegeninduktivität:
L jk =
Nj
ik
Nk
N j Nk
ik
=
Rm jk
Rm jk
(6.30)
Also:
„Die Gegeninduktivität zwischen zwei Spulen ist dem Produkt
der beiden Windungszahlen proportional.“
Die Gln. (6.29) und (6.30) zeigen, dass die magnetischen Widerstände noch zu bestimmen sind, um die Induktionskoeffizienten
zu berechnen. Dazu werden im Folgenden einige Spezialfälle
betrachtet.
6.6.2.1 Lange Zylinderspule
In Bild 6.20 ist eine lange Zylinderspule zu sehen, deren Feld im
Inneren als homogen angenommen wird.
Bild 6.20
Vorlesungsfolien GdE II
86
Aufgrund der Homogenität ist der Fluss durch alle Windungen
gleich. Da der Fluss außerhalb der Spule einen unendlichen
Raum zur Verfügung hat, soll der magnetische Widerstand des
Außenraumes vernachlässigt werden. Für den Widerstand
innerhalb der Spule gilt:
Rm,innen ≈ Rm ≈
l
µ0 A
Mit Gl. (6.29) wird damit:
L = N2
µ0 A
(6.31)
l
Wickelt man nun in der Mitte der langen Spule eine zweite (s.
Bild 6.20), so durchsetzt in guter Näherung der ganze Fluss der
Spule 1 auch Spule 2. Es gilt:
Rm jk ≈ Rm11 = Rm
Damit erhält man für die Gegeninduktivität:
M ≈ N1 N2
µ0 A
(6.32)
l
Vorlesungsfolien GdE II
87
Würde man die Spule 1 stromlos halten und durch Spule 2 einen
Strom schicken, könnte man aus dem Feld, das Spule 1
durchsetzt, grundsätzlich auch die Gegeninduktivität berechnen.
Da jedoch Spule 2 recht kurz ist, ist innerhalb von Spule 2 das
Feld nicht homogen. Weiterhin würde in Spule 1 aufgrund des
Feldes von Spule 2 ein sehr inhomogenes Feld herrschen, was
die Berechnung deutlich erschweren würde.
6.6.2.2 Die Toroidspule
In Bild 6.21 ist eine Toroidspule mit rechteckigem Windungsquerschnitt mit den entsprechenden Abmessungen gezeigt.
Bild 6.21
Die Windungen der Spule liegen so eng, dass kein Feld nach
außen dringen kann.
Vorlesungsfolien GdE II
88
Da die Stromverteilung fast kontinuierlich ist, spricht man von
einem sog. Strombelag.
Die Feldlinien der Flussdichte sind konzentrische Kreise, die alle
innerhalb der Spule liegen (außerhalb ist die Spule feldfrei).
Damit bildet der ringförmige Innenraum den magnetischen
Leiter, dessen Widerstand möglichst genau bestimmt werden
soll, um die Induktivität der Toroidspule zu ermitteln.
Mit Gl. (5.58) kann sofort eine Näherung angegeben werden:
Rm =
lm
(5.58)*
µ0 µr A
Setzt man für
lm = 2π
R1 + R2
,
2
dann gilt mit A = ab
Rm =
und damit:
π (R1 + R2 )
µ0 µr ab
ab
L ≈ µ0 µr N
π ( R1 + R2 )
2
Vorlesungsfolien GdE II
(6.33)
89
Doch in diesem Fall kann die Induktivität genau berechnet
werden. Dazu wird (wie eingangs erwähnt) das Durchflutungsgesetz auf einen konzentrischen Kreis innerhalb der Spule
angewendet (auf dem B und H überall den gleichen Betrag
haben):
r r
Θ = Ni = ∫ H ⋅ ds = H 2π r
damit ist:
Θ
H=
2π r
bzw.
B=
µ0 µr Θ
2π r
Der Fluss wird bestimmt,
indem über den Querschnitt der Spule
r
integriert wird ( B steht überall senkrecht auf der Fläche A).
Als Flächenelement wird bdr gewählt:
Θ
Φ = ∫∫ BdA = µ0 µr b
2π
A
R2
1
∫R r dr
1
und damit:
Φ=Θ
µ0 µr
R
b ln 2
2π
R1
Vorlesungsfolien GdE II
90
Da das Ohmsche Gesetz des magnetischen Kreises lautet:
Θ = RmΦ
ergibt sich für den magnetischen Widerstand:
Rm =
2π
R2
µ0 µr b ln
R1
Die Induktivität der Toroidspule wird damit:
N2
L=
=
Rm
N 2 µ0 µr b ln
R2
R1
(6.34)
2π
Vorlesungsfolien GdE II
91
6.6.2.3 Doppelleitung
Als drittes praxisrelevantes Beispiel soll die Induktivität einer
Doppelleitung pro Längeneinheit bestimmt werden. In Bild 6.22
ist diese in Form zweier parallel zur z-Achse verlaufender Leiter
mit endlichem Durchmesser 2a gezeigt. Die Doppelleitung liegt
in der x-z-Ebene (d.h. y = 0 Ebene)
Bild 6.22
Der Betrag der Ströme ist gleich, die Richtung entgegengesetzt
(d.h. Hin- und Rückleitung ). Zur Unterscheidung wird das Feld,
das durch den linken Leiter hervorgerufen wird, mit „l“ indiziert
und das des rechten mit „r“.
Vorlesungsfolien GdE II
92
Das erzeugte magnetische Feld ist aus früheren Überlegungen
bekannt (Bild 5.2b). Es kann durch lineare Überlagerung aus den
Feldern der einzelnen Leiter zusammengesetzt werden:
Bild 5.2b*
Zur Berechnung der Induktivität soll zunächst über die magnetische Flussdichte der magnetische Fluss zwischen beiden
Leitern berechnet werden.
Aus Bild 5.2b geht hervor, dass die Feldlinien auf der Ebene
zwischen den Leitern (y = 0 Ebene) senkrecht stehen, d.h. sie
besitzen nur eine y-Komponente.
Zur einfacheren Berechnung werden zunächst die Teilfelder der
einzelnen (geraden) Leiter bestimmt, die nur vom Abstand zur
Leiterachse und vom Strom abhängen. Zur Erinnerung:
B = µ0
I
2π r
Vorlesungsfolien GdE II
(5.20)*
93
Da die Leiter eine endliche Dicke aufweisen, muss auch das Feld
innerhalb der Leiter berücksichtigt werden. Auch das wurde
bereits in Kap. 5.5 besprochen. Zur Erinnerung:
B = µ0
r
I für r ≤ a
2
2π a
(5.30)*
Der Ursprung des Koordinatensystems wurde genau zwischen
beiden Leitern gewählt, d.h. der Mittelpunkt des linken Leiters
liegt bei x = -d. Daher gilt für das Feld des linken Leiters:
innen
µi
Byl = i
( x + d ) für x + d ≤ a
2
2π a
außen
Byl = i
µ0
2π ( x + d )
für x + d ≥ a ,
(*)
(**)
wobei µi die Permeabilität des Leitermaterials ist. Analog wird
mit dem rechten Leiter verfahren, dessen Mittelpunkt sich bei
x = +d befindet:
innen
außen
µi
Byr = i
(d − x) für x − d ≤ a
2
2π a
Byr = i
µ0
2π (d − x)
für x − d ≥ a
Vorlesungsfolien GdE II
94
Für die eingezeichneten Stromrichtungen in Bild 6.22 ist der
Verlauf der Flussdichte symmetrisch zur y-Achse. Es genügt
daher, die Überlegungen für das Feld des linken Leiters zu
machen.
Innerhalb des linken Leiters nimmt die Flussdichte gemäß Gl. (*)
linear mit x zu, außerhalb des Leiters gemäß Gl. (**) mit 1/x ab.
Macht man eine Koordinatentransformation ξ = x+d, wodurch ξ
= 0 im Zentrum des linken Leiters liegt, erhält man in Bild 6.23
den Verlauf der magnetischen Flussdichte einer Doppelleitung
(für µ0 = µi).
Bild 6.23
Nun soll der äußere Fluss aus dem Feldverlauf des linken Leiters
bestimmt werden. Zur Gesamtflussbestimmung muss dann nur
noch mit 2 multipliziert werden.
Vorlesungsfolien GdE II
95
Da das Feld sich entlang der z-Achse, d.h. parallel zu den
Leitern, nicht ändert, kann zur Integration über die Fläche
zwischen den Leitern das Flächenelement dA = ldξ gewählt
werden:
2d
µ0 l i 2d 1
Φa = ∫ Byl (ξ ) l dξ =
dξ
∫
2π a ξ
a
Damit ergibt sich für den Fluss:
µ0l 2d
Φa = i
ln
2π
a
So kann nun die äußere Induktivität berechnet werden (L=Φ/i):
µ0 l 2d
La =
ln
,
2π
a
(6.35)
wobei die obere Grenze der Integration (2d) nicht exakt ist.
Vorlesungsfolien GdE II
96
Der innere Fluss kann ebenso berechnet werden. Allerdings muss
beachtet werden, dass der Flussanteil Bylldξ innerhalb des Leiters
(ξ < a) nicht mit dem gesamten Strom i verknüpft ist, sondern
nur mit dem, der innerhalb des Kreises mit dem Radius ξ < a
fließt. Dieser Stromanteil beträgt damit:
 πξ 2   ξ 2 
i  2  = i  2 
πa   a 
Entsprechend ist auch der mit diesem Stromanteil verkettete
Fluss zu berechnen:
dΦi = Bi l dξ =
ξ2
a
2
Byl l dξ
und damit gilt für den Anteil der inneren Induktivität:
dLi =
ξ 2 Byl
a
2
i
l dξ
Vorlesungsfolien GdE II
97
Die innere Induktivität des linken Leiters erhält man durch
Integration über alle dLi, die zu den dξ innerhalb des Leiters
gehören:
ξ 2 µi
µi l a 3
µi l
ξ l dξ =
ξ dξ =
Li = ∫ 2
2
4 ∫
a 2π a
2π a 0
8π
0
a
(6.36)
Die innere Induktivität eines runden Leiters ist somit unabhängig
von seinem Radius.
Die Gesamtinduktivität einer Doppelleitung mit µ0 = µi der
Länge l ist nun:
µ0 l
2d
L = 2 (Li + La ) =
(1 + 4 ln )
4π
a
(6.37)
Die Gesamtinduktivität nimmt ab, wenn der Abstand der beiden
Leiter verringert wird.
Dies ist sowohl für induktivitätsarme Widerstände (bifilar)
wichtig, als auch für Datenleitungen mit hoher Übertragungsrate
(„twisted pair“).
Vorlesungsfolien GdE II
98
6.6.2.4 Gegeninduktivität zwischen zwei
Doppelleitungen
Verlaufen zwei (Doppel-) Leitungen parallel, so wird durch
Gegeninduktion von der einen in die andere hinein eine
Spannung induziert. Dieses mit Übersprechen bezeichnete
Phänomen ist in der Praxis unerwünscht.
Den allgemeinen Fall zeigt Bild 6.24, in dem die Leiter 1 und 2
die (Doppel-) Leitung I bilden, Leiter 3 und 4 die Leitung II.
Bild 6.24
Vorlesungsfolien GdE II
99
Die Abstände zwischen den einzelnen Leitern werden mit rjk bezeichnet. Dabei sind j und k die Nummern der Leiter.
Zur Bestimmung des Gegeninduktionskoeffizienten L21 benötigt
man den magnetischen Fluss in Leitung II, hervorgerufen durch
die Ströme in Leitung I.
Der Gesamtfluss, den Leitung I in Leitung II hervorruft, setzt
sich zusammen aus den Teilflüssen in II, hervorgerufen durch die
Leiter 1 und 2. Dies und die anschließende Summenbildung der
Teilflüsse ist leichter zu berechnen, als der Fluss der überlagerten
Felder.
Betrachtet man zunächst die magnetische Flussdichte des Leiters
1, die als konzentrische Kreise in Bild 6.24 eingezeichnet sind.
Die Flussdichte erzeugt in Leitung II, d.h. innerhalb von Leiter 3
und 4, einen Fluss, der mit dem durch 3´ und 4 übereinstimmt
(da durch
r 3 und 3´ keiner hindurchtritt). Der Flussdichtevektor B1 steht auf der Fläche zwischen 3´und 4 senkrecht, daher
kann der Betrag verwendet werden:
B1 =
µ0iI
2π r
,
wobei iI der Strom in Leitung I ist.
Vorlesungsfolien GdE II
100
Zur Flussberechnung innerhalb von 3 und 4 bzw. 3´und 4 wird
das Flächenelement ldr gewählt, wobei l parallel zu den Leitern
liegt:
r14
ΦII,1 =
∫ B1 dA = ∫
A3´4
r13
µ0 l iI
dr
2π r
und damit:
µ0 l iI r14
ΦII,1 =
ln
2π
r13
(6.38)
Gl. (6.38) liefert das richtige Vorzeichen für den Fluss bezogen
auf die Richtung von Φ in Bild 6.24. Für r14> r13 ist ΦII,1 positiv,
für r13 > r14 negativ.
Nun muss noch der Fluss in II berechnet werden, der durch
Leiter 2 hervorgerufen wird. Diesen erhält man, indem in Gl.
(6.38) der Index 1 durch 2 ersetzt wird:
µ0 l
r24
ΦII,2 = −
iI ln
2π
r23
(6.39)
Allerdings muss das Vorzeichen geändert werden, da der Strom
in Leiter 2 entgegengesetzt ist.
Vorlesungsfolien GdE II
101
Der Gesamtfluss des Feldes der Leitung I durch die Leitung II
ergibt sich durch die Summe der Flüsse:
µ0 l
r14r23
ΦII,I = ΦII,1 + ΦII,2 =
iI ln
2π
r13r24
Die Gegeninduktivität erhält man mit ΦII,I = LII,I iI:
µ0 l r14r23
LII,I =
ln
2π r13r24
(6.40)
Die Gegeninduktivität verschwindet, wenn gilt:
r14 r23
=1
r13 r24
(6.41)
und damit:
r14 r13
=
r24 r23
bzw.
r14 r24
=
r13 r23
Vorlesungsfolien GdE II
(6.41a)
102
Zur praktischen Ausführung müssen die Leitungen entsprechend
Bild 6.25 angeordnet sein.
Bild 6.25a)
6.25b)
6.25c)
Bildet man die Verhältnisse gemäß Gl. (6.41a) dann sieht man,
dass Bild 6.25c ein Sonderfall aus 6.25a und b ist. Dieses
Doppelleitungspaar bezeichnet man als Sternvierer, der gemäß
den Gln. (6.40) und (6.41) keine Gegeninduktivität besitzt und in
denen damit auch kein Übersprechen auftritt.
Vorlesungsfolien GdE II
103
6.7
Energie im magnetischen Feld
Zur Erinnerung: im elektrischen Feld ist Energie gespeichert mit
der Energiedichte:
1
wE = ε E 2
2
(1.53)*
Analog dazu ist auch im magnetischen Feld Energie gespeichert.
Das kann man sich überlegen, indem man den Abstand zwischen
zwei stromführenden parallelen Drähten verändert. Haben die
Ströme gleiche Richtung, ziehen sich die Drähte an. Daher muss
man Arbeit verrichten, wenn man diese voneinander entfernt.
Diese Arbeit muss anschließend im Feld gespeichert sein.
Die Energieänderung kann jedoch nicht alleine aus der aufgebrachten mechanischen Arbeit berechnet werden, da durch die
Leiterbewegung Induktion auftritt. Die induzierten Spannungen
beeinflussen die Quellen, welche die Ströme durch die beiden
Leiter treiben. Daher müssen in die Energiebetrachtung die
Quellen mit einbezogen werden.
6.7.1
Magnetische Energie in Spulen
Zur grundsätzlichen Überlegung soll in Bild 6.26 eine Spule L
mit einer idealen Quelle verbunden werden.
Vorlesungsfolien GdE II
104
Zur Strombegrenzung dient der Widerstand R.
Bild 6.26
Nach erfolgter Verbindung fließt ein Strom durch die Spule, der
ein Magnetfeld aufbaut. Dadurch wird die Spannung uL an den
Spulenklemmen induziert, die den Aufbau des Feldes zu
verhindern versucht. Ein Maschenumlauf ergibt:
di
u0 = i R + uL = i R + L
dt
(6.42)
Innerhalb einer kurzen Zeit dt treibt also die Quelle die Ladung
idt durch den Stromkreis und verrichtet dabei die Arbeit u0 idt.
Vorlesungsfolien GdE II
105
Diese von der Quelle abgegebene Arbeit (=Energie) in der Zeit
dt wird genauer betrachtet, in dem Gl. (6.42) mit idt multipliziert
wird:
u0idt = i 2 R dt + L idi
Wie gesagt: die linke Seite ist die Energieabgabe der Quelle in
der Zeit dt. Der erste Term rechts beschreibt die in R dissipierte
Wärmeenergie, der zweite Term wird von der Spule aufgenommen, wobei deren Energie im Feld gespeichert ist:
dWM = L i di
Die Energiezunahme ist also der Stromzunahme proportional
unabhängig von der benötigten Zeit. Durch Aufintegration aller
Energiebeiträge dWM von i = 0 bis i erhält man:
i
1
WM = ∫ dWM = ∫ Li´di´ = Li2
2
0
(6.43)
Dies kann man direkt vergleichen mit der im Kondensator
gespeicherten elektrischen Feldenergie:
1
WE = CU 2
2
Vorlesungsfolien GdE II
(1.52)*
106
Das Ergebnis von Gl. (6.43) kann auch als Analogie zur
kinetischen Energie aufgefasst werden:
1
Wkin = mv2
2
⇔
1
Wm = Li2
2
Dabei entspricht die Masse, die sich gegen die
Geschwindigkeitsänderung „wehrt“, der Induktivität, die sich
gegen die Stromänderung wehrt.
Strom i und (Teilchen)bewegung v sind ohnehin gut
vergleichbar.
Eine weitere Analogie besteht zwischen dem Kraftgesetz und der
induzierten Spannung:
F =m
dv
dt
⇔
u=L
di
dt
D.h. die Geschwindigkeit kann sich in der linken Gleichung nicht
sprunghaft ändern, da dazu eine unendlich große Kraft nötig
wäre. Gleiches gilt für die Stromänderung in einer Spule, die
auch nicht sprunghaft geändert werden kann, da keine unendliche
Spannung zur Verfügung steht.
Eine weitere Analogie besteht zwischen Kraft F und Quellenspannung u0.
Vorlesungsfolien GdE II
107
Die gespeicherte magnetische Energie in einer Spule ist durch
Gl. (6.43) gegeben. Jetzt soll die magnetische Energie für zwei
benachbarte Spulen (Bild 6.26 a) berechnet werden, die auch
eine Gegeninduktivität besitzen. Dazu werden beide Spulen an je
eine Spannungsquelle angeschlossen.
i2
u01
Bild 6.26 a
u02
Das Gleichungssystem (6.25) wird auf beiden Seiten analog zur
Herleitung von Gl. (6.43) mit idt multipliziert:
u01i1dt = L11i1 di1 + L12 i1 di2
(*)
u02i2dt = L21i2 di1 + L22 i2 di2
Vorlesungsfolien GdE II
108
Die linke Seite von Gl. (*) entspricht der vom Generator oder der
Quelle in die Spulen eingespeisten Energien während der Zeit dt,
die rechte Seite entspricht der vom Feld aufgenommenen
Energie.
Insgesamt wird im Feld eine Zunahme der Energie in dt durch
dWM = L11i1 di1 + L12 i1 di2 + L21i2 di1 + L22 i2 di2
beschrieben. Die Energiezunahme ist nicht von der Zeitfunktion
der Stromzunahme abhängig, sondern nur von der Zunahme di
(egal, ob diese langsam oder schnell vollzogen wird).
Als nächstes müssen die Beiträge dWM aufintegriert werden von
einem Zustand i1 = i2 = 0 bis zu beliebigen i1, i2. Zur Berechnung
der gesamten Feldenergie wird zunächst nur eine Stromänderung
i1 von 0 bis i1 betrachtet, wobei i2 = di2 = 0 bleiben:
dWM1 = L11i1 di1
Vorlesungsfolien GdE II
109
Damit ergibt sich für diesen Energiebeitrag:
i1
1
2
WM1 = ∫ L11i1′di1′ = L11i1
2
0
Im zweiten Schritt wird nun der Strom i1 konstant gehalten (d.h.
di1 = 0) und die Zunahme der Feldenergie durch die Stromänderung von i2 = 0 auf i2 betrachtet:
dWM2 = L12 i1 di2 + L22 i2 di2
Dadurch ergibt sich für die gesamte magnetische Feldenergie:
1
1
2
2
WM = L11i1 + L12 i1 i2 + L22 i2
2
2
Vorlesungsfolien GdE II
(6.44)
110
Berechnet man umgekehrt die Feldenergie dadurch, dass
zunächst i1 = 0 gesetzt wird und i2 von Null auf i2 ansteigt, d.h.
i1 = 0 und di1 = 0, dann erhält man:
1
2
WM′ 1 = L22i2
2
Nimmt man jetzt den Strom i1 hinzu, wird daraus ebenfalls die
gesamte im Feld gespeicherte Energie:
1
1
2
2
′
WM = L11i1 + L21i1 i2 + L22 i2
2
2
(6.45)
Durch Vergleich von WM und WM´ ergibt sich:
WM = WM′ ⇒ L12 i1 i2 = L21 i1i2
und damit:
L12 = L21 = M
Vorlesungsfolien GdE II
(6.46)
111
Der Kopplungsfaktor
Zunächst sollen nochmal in Bild 6.26 b zwei benachbarte Spulen
mit den zugehörigen Flüssen gezeigt werden, um die Zuordnung
der einzelnen Flussanteile zu verdeutlichen.
Spule 1
Spule 2
Φ12
i1
u1
Φs1
·
Φs2
i2
Φ21
+
+
Φ11
·
u2
Φ22
Bild 6.26 b
Für den Fluss in Spule 1 erzeugt durch i1 ergibt sich:
Φ11 = Φ21 + Φs1
(*)
mit dem Streufluss Φs1 , der von Spule 1 erzeugt wird, nicht
aber in Spule 2 fließt. Analog gilt für Spule 2:
Φ22 = Φ12 + Φs 2
Vorlesungsfolien GdE II
(**)
112
Natürlich gilt für dieses Bild auch der in den Gln. (6.23)
angegebene Zusammenhang zwischen den Spannungen an den
Spulen und den verketteten Flüssen.
Der Kopplungsfaktor k beschreibt die Qualität oder Güte der
magnetischen Kopplung zwischen beiden Spulen (Definition):
2
M
k2 =
L11L22
Mit Gl. (6.24)
L21 = L12 = M =
N2Φ21 N1Φ12
=
i1
i2
und
L11 =
N1Φ11
i1
L22 =
N2Φ22
i2
gilt:
k2 =
Φ12 Φ21
Φ11 Φ22
Vorlesungsfolien GdE II
(***)
113
Setzt man die Gln. (*) und (**) ein, erhält man für den
Kopplungsfaktor oder Koppelkoeffizient:
Φ11 − Φs1 Φ22 − Φs 2
k =
Φ11
Φ22
2
(****)
Daraus folgt, dass gilt:
0 ≤ k2 ≤1
Keine Kopplung, d.h. k2 = 0, liegt vor, wenn Φ21 = 0 oder
Φ12 = 0 (siehe Gl. (***)) .
„Feste Kopplung“ ist erreicht, wenn k2 = 1, d.h. wenn die
Streuflüsse Null sind (Gl. (****)). In der Praxis wird dieser
Idealfall nicht erreicht.
Werte um k = 0.98 ... 0.99 sind technisch realisierbar.
Aus rein mathematischen Überlegungen ist die Gleichung für
den Kopplungsfaktor auch herleitbar (siehe Buch von R. Pregla).
Da hier eine anschaulichere Deutung gewählt wurde, soll an
dieser Stelle auf die Herleitung verzichtet werden.
Vorlesungsfolien GdE II
114
6.7.2
Energiedichte im magnetischen Feld
In diesem Kapitel soll die Energie pro Volumen (Energiedichte)
berechnet werden. Dazu ist es sinnvoll, sich eine kleine
Zylinderspule vorzustellen, die klein genug ist, um damit ein
makroskopisches Magnetfeld zu detektieren, wenn man die
kleine Spule an die jeweilige Stelle im Magnetfeld bringt.
Weiterhin sei die Länge dieser Spule l sehr viel größer als deren
Durchmesser, so dass man innerhalb dieser mit einem homogenen Feld rechnen kann. Die Zunahme der Feldenergie ist
gegeben durch:
dWM = uLidt = N
dΦ
i dt = N i dΦ
dt
(*)
Die Spule habe den Querschnitt A und die Länge l, damit ergibt
sich innerhalb des Volumens V = Al die Energiedichte:
wM =
WM WM
=
V
Al
Eine Zunahme der Energiedichte ist damit:
 WM  1
dwM = d
 = dWM
V  V
Vorlesungsfolien GdE II
115
Gl. (*) eingesetzt ergibt:
dwM =
N i dΦ Θ dΦ
=
Al
l A
Aus der Definition des magnetischen Flusses:
Φ r
=B
A
und mit dem Durchflutungsgesetz Θ = Hl erhält man:
r r
dwM = H d B
(6.49)
Da H und B im vorliegenden Fall stets gleichgerichtet sind, kann
mit den Beträgen gerechnet werden. Allgemein gilt jedoch
(bleibt hier unbewiesen) :
r r
dwM = H ⋅ dB
Vorlesungsfolien GdE II
(6.50)
116
Die Energiedichte erhält man nun durch Aufintegration aller
Werte von B = 0 bis B:
B
r r
wM = ∫ H ⋅ dB
(6.51)
0
Sind die beiden Feldvektoren gleichgerichtet, gilt:
B
wM = ∫ H dB
(6.52)
0
In linearen Stoffen, wenn also B = µH gilt, kann die Integration
analytisch durchgeführt werden (also nicht in ferromagnetischen
Stoffen):
1 B2 1 2
wM = ∫ BdB =
= H µ
2 µ 2
µ0
1
B
(6.53)
Diese Beziehung ist analog zu der für das elektrische Feld:
1 r2
wE = ε E
2
Vorlesungsfolien GdE II
(1.53)*
117
Soll nun die Gesamtenergie des magnetischen Feldes aus der
Energiedichte bestimmt werden, so muss über das gesamte
Volumen integriert werden:
 B r r
WM = ∫∫∫wM dV = ∫∫∫  ∫ H ⋅ dB  dV
V
V 0

Vorlesungsfolien GdE II
(6.54)
118
6.7.3
Hystereseverluste
Zur Bestimmung der Energiedichte in ferromagnetischen Stoffen
gemäß Gl. (6.50) ist die Magnetisierungskurve (Bild 6.27) nötig,
da kein analytischer Zusammenhang verfügbar ist.
Liegt im ferromagnetischen Material, das gemäß Bild 6.27 entlang der Neukurve magnetisiert wird, die Erregung H1 vor, so
resultiert daraus die Flussdichte B1. Erhöht man die Flussdichte
um dB, dann erhält man gemäß
dwM = H dB
(6.49)*
eine Zunahme der im Feld gespeicherten Energiedichte, die dem
dunkelgrauen Bereich in Bild 6.27 entspricht.
Bild 6.27
Vorlesungsfolien GdE II
119
Wird das Material von B = 0 bis B = B2 entlang dieser Neukurve
magnetisiert, entspricht die aufgenommene Energiedichte der
gesamten Fläche zwischen Neukurve und B-Achse (hellgraue
Fläche in Bild 6.27).
Die gesamte Energie erhält man durch Multiplikation mit dem
Volumen des ferromagnetischen Materials, wenn die
Magnetisierung homogen ist.
Fährt man die Neukurve zurück (ohne Hysterese), wird
(theoretisch) die gesamte Energie zurückgewonnen (vgl. dazu
Abschnitt 5.8.5).
Jetzt soll gemäß Bild 6.28 die Hysterese mitberücksichtigt
werden!
Bild 6.28
Vorlesungsfolien GdE II
120
• Wird die magnetische Flussdichte von Punkt 1 (d.h. B = 0) auf
Punkt 2 (B = B2) erhöht, muss Energie aufgewendet werden,
die der gesamten Fläche zwischen der Magnetisierungskurve
und der B-Achse entspricht. Fläche: 0-1-2-3-4-0
• Verringert man die Erregung H auf Null, sinkt B auf den Wert
des Punktes 4 entlang der oberen Hysteresekurve von 2 nach 4.
Dabei wird Energie frei, da H > 0 und dB < 0, d.h. HdB < 0.
Diese Energiedichte entspricht der Fläche: 2-3-4-2 (Bild 6.28).
• Wird B nun zu Null gemacht, d.h. die Kurve von Punkt 4 auf
Punkt 5 durchlaufen, gilt H < 0 und dB < 0, d.h. HdB > 0, muss
wieder Energie aufgewendet werden. Der Energieaufwand pro
Volumen entspricht der Fläche: 4-5-0-4.
Damit wurde bisher beim Durchlaufen von Punkt 1 auf 5 genau
die Energiedichte in Wärme umgewandelt, die der Fläche innerhalb des oberen Teils der Hysteresekurve entspricht. Lediglich
ein kleinerer Teil (2-3-4-2) konnte wieder zurückgewonnen
werden.
Geht man nun weiter von 5 auf 6, ist H < 0 und dB < 0, damit
wird HdB > 0, d.h. Energieaufnahme. Analog gilt für den Weg
von 6 auf 8 H < 0 und dB > 0, also HdB < 0, d.h. Energierückgabe und von 8 zurück auf 1, also H > 0 und dB > 0, also
ebenfalls Energieaufnahme des Materials.
Analog zur oberen Hälfte entspricht auch in der unteren Hälfte
die Energieaufnahme bzw. der Verbrauch oder Umsatz in
Wärmeenergie der Fläche innerhalb der Hysteresekurve.
Vorlesungsfolien GdE II
121
Dieser Verlust an elektrischer Energie(dichte) wird Hystereseverlust genannt. In jeder Periode wird die Hysteresekurve einmal
durchlaufen, damit tritt jedesmal dieser Verlust auf. Aus diesem
Grund haben die ferromagnetischen Materialien in elektrischen
Maschinen und Transformatoren schmale Hysteresekurven
(magnetisch weich). Magnetisch harte Materialien hätten an
dieser Stelle viel zu große Hystereseverluste. Dies gilt
insbesondere auch für HF-Anwendungen wie z.B. für getaktete
Netzteile in PCs etc.
6.7.4
Berechnung der Kraftwirkung aus der Energie
Bereits im Falle von Kondensatorplatten wurde die Kraft
zwischen den Platten mit dem Prinzip der virtuellen
Verschiebung“ berechnet (siehe Abschnitt 1.8.2). Dieses soll nun
auf zwei Eisenschenkel mit Luftspalt (Bild 6.29) im
magnetischen Kreis angewendet werden.
Bild 6.29
Vorlesungsfolien GdE II
122
Der Luftspalt ist klein gegen die Querschnittsabmessungen,
daher ist das Feld im Spalt homogen. Beide Eisenteile werden
vom gleichen magnetischen Fluss durchflossen, damit herrscht in
beiden die gleiche Flussdichte vor (da auch die Querschnitte
gleich sind).
Die linke Seite (Bild 6.29) entspricht einem magnetischen Nordpol, die rechte einem Südpol. Daher ziehen
sich die Eisenenden
r
an. Am linken Ende greift die Kraft F in der eingezeichneten
Richtung an. Lässt man aufgrund der Krafteinwirkung eine
kleine, d.h. virtuelle Verschiebung dx dieses Eisenteils zu, dann
verrichtet das Feld die Arbeit
r r
F ⋅ dx = Fdx = −dWM ,
(*)
d.h. das Feld verliert genau diesen Energiebetrag. Allerdings soll
sich die Flussdichte B dabei nicht ändern, um Induktionsvorgänge vernachlässigen zu können.
Da das Eisenteil während der Verschiebung das Volumen
V = Adx überstreicht, wird die Energieänderung des Feldes, also
der Energiegehalt dieses Volumens, vor und nach der
Verschiebung berechnet.
Vorlesungsfolien GdE II
123
Vor der Verschiebung ist die im Feld des Luftspaltes gespeicherte Energie gegeben durch:
WM1 = wM1V =
1 2
B Adx
2µ0
wobei Gl. (6.53) verwendet wurde. Nach der Verschiebung
befindet sich Eisen im Feld. Verwendet man der Einfachheit
halber eine mittlere Permeabilität µr der Magnetisierungskennlinie, dann erhält man:
WM 2 =
1
2µ0 µr
B2 Adx
Somit beträgt die Energieänderung durch die Verschiebung:
dWM = WM2 − WM1 =
1 
1 2
B Adx  −1
2µ0
 µr 
Vorlesungsfolien GdE II
124
Aus Gl. (*) erhält man damit:
1 2  1 1 2
F=
B A 1 −  ≈
B A ,
2µ0
 µr  2µ0
(6.55)
da in der Regel µr >> 1 gilt. Da die Flussdichte quadratisch
eingeht, wird diese für Anwendungen möglichst groß gewählt.
Allerdings bleibt man unterhalb der Sättigungsmagnetisierung,
um einen zu großen Erregerstrom zu vermeiden.
In der Praxis gibt es zahlreiche Möglichkeiten der Anwendung,
die über Hebemagnete f. große Lasten, Relais zum Schalten
elektrischer Leistung, elektropneumatische Ventile bis zu
magnetgelagerten Hochvakuumpumpen
(Turbomolekularpumpen) gehen.
Ist die Bewegung von Eisenteilen im Magnetfeld nicht infinitesimal sondern endlich, kann man die Induktion nicht mehr
vernachlässigen: Wenn z.B. der Luftspalt verkleinert wird und
damit einen geringeren magnetischen Widerstand aufweist,
werden der Fluss und die Flussdichte zunehmen. Diese Zunahme
des Flusses induziert eine Spannung, die die Flusszunahme zu
verhindern sucht. Dadurch verändert sich während der
Bewegung auch die Kraft.
Vorlesungsfolien GdE II
125
Im zweiten Beispiel wird dieses verdeutlicht:
Kraft zwischen zwei Spulen
Zwei nebeneinander liegende Spulen sind mit den Quellen u1
bzw. u2 verbunden und werden von den Strömen i1 bzw. i2
durchflossen. In Bild 6.30 ist auch die Kraft in x-Richtung
eingezeichnet, die auf die linke Spule aufgrund der
eingezeichneten Ströme wirkt.
Bild 6.30
Die magnetische Gesamtenergie wurde in Gl. (6.44) bereits
angegeben:
1
1
2
2
WM = L11i1 + M i1i2 + L22 i2
2
2
Vorlesungsfolien GdE II
(6.44)*
126
Da sich bei einer Verschiebung der linken Spule um dx lediglich
die Gegeninduktivität ändert, erhält man für die Energieänderung des magnetischen Feldes:
dWM = i1 i2 dM
Berechnet man wie im ersten Fall (der beiden Eisenteile) die
Kraft aus der virtuellen Verschiebung, so erhält man:
Fx dx = −dWM = −i1 i2 dM
falsch!
ein Ergebnis, das eine umgekehrt gerichtete Kraft ergibt, wenn
die eingezeichneten Stromrichtungen so wie vorgegeben sind
und wenn die Gegeninduktivität zunimmt, was bei einem
Zusammenrücken der beiden Spulen der Fall ist. Das jedoch
widerspricht dem Lorentzgesetz von Gl. (5.4) oder (5.7) und ist
daher falsch!
Um die Kraft richtig zu berechnen, muss die Induktion
berücksichtigt werden. Durch die Verschiebung der Spulen
verändern sich die mit diesen verketteten magnetischen Flüsse
Ψ12 = N1 Φ12 und Ψ 21 = N2 Φ21 . Dadurch erhält man eine
Spannungsänderung an den Spulenklemmen:
Vorlesungsfolien GdE II
127
uL1 =
dΨ12
dM
= i2
dt
dt
dΨ 21
dM
uL 2 =
= i1
dt
dt
Um die Ströme i1 und i2 durch die Spulen konstant zu halten,
müssen die Quellen uL1 und uL2 Energie abgeben, die sich wieder
durch Multiplikation mit idt berechnen lässt:
uL1i1dt = i1 i2 dM = dWM1 = dWM
uL2i2dt = i1 i2 dM = dWM2 = dWM
Die Energiebilanz ergibt:
Nach der Verschiebung im Feld gespeicherte Energie = von den
Quellen gelieferte Energie - abgegebene (virtuelle) mechanische
Arbeit, also:
dWM = dWM1 + dWM2 − Fx dx = 2dWM − Fx dx
Vorlesungsfolien GdE II
128
Damit ergibt sich für die Kraft:
dWM
dM
Fx =
= i1 i2
dx
dx
Die Kraftwirkung ergibt sich also jetzt in der eingezeichneten
Richtung, und zwar nach Maßgabe der Änderung der Gegeninduktivität aufgrund der Verschiebung in x-Richtung.
6.7.5
Berechnung von Induktivitäten aus der Energie
In Gl. (6.43) wurde die in einer stromdurchflossenen Spule
gespeicherte magnetische Energie angegeben:
1 2
WM = Li
2
(6.43)*
Will man daraus die Induktivität der Spule berechnen, erhält
man:
L=
2WM
i2
Vorlesungsfolien GdE II
(6.57)
129
Der Vorteil dieser Methode beruht darauf, dass das Feld nicht
bekannt sein muss, bzw. durch numerische Verfahren bestimmt
wird. Mit Gl. (6.57) ergeben sich genauere Ergebnisse, da in
einer gegebenen Anordnung das Feld ein Energieminimum
annimmt und in unmittelbarer Umgebung des Minimums die
Abweichungen gering sind.
Als Anwendungsbeispiel wird noch mal die innere Induktivität
eines geraden Leiters bestimmt (vgl. 6.6.2.3 „Doppelleitung“). In
Bild 6.31 ist der Querschnitt des Leiters gegeben.
Bild 6.31
Das Magnetfeld innerhalb des Leiters ergibt sich mit Gl. (5.30)
zu:
r
B = µi
i ,
2
2π a
Vorlesungsfolien GdE II
(*)
130
wenn der Strom i gleichmäßig über den Querschnitt verteilt ist.
Das Feld in Gl. (*) ist gleichzeitig dasjenige, welches sich im
Kreiszylinder mit Radius r der Dicke dr befindet, innerhalb
dessen es natürlich konstant ist.
Berechnet man nun die im Volumen eines solchen Zylinderabschnittes der Länge l gespeicherte magnetische Energie, erhält
man mit Gl. (6.53):
2
1 2
1 µi r 2i 2
dWM = wMdV =
B dV =
2π r l dr
2 4
2µi
2µi 4π a
also:
dWM =
µi l 2 3
i r dr ,
4
4π a
da das Volumen dieses Kreiszylinders gegeben ist durch:
dV = 2π r ldr
Vorlesungsfolien GdE II
131
Die gesamte magnetische Energie im Inneren des Leiters der
Länge l ergibt sich damit:
µil i 2 a 3
µil i 2
WM =
r dr =
4 ∫
4π a 0
16π
Mit Gl. (6.57) erhält man für die innere Induktivität:
µi l
L=
,
8π
das gleiche Ergebnis das in Gl. (6.36) angegeben wurde.
Vorlesungsfolien GdE II
132
6.8
Wirbelströme und Stromverdrängung
6.8.1
Beispiele für Wirbelströme
Nicht nur in Drähten sondern auch in elektrisch leitenden
Blechen werden Ströme induziert. So kann man z.B. in Bild 6.6
den Aluminiumring auch durch eine Aluminiumplatte ersetzen,
Bild 6.6*
die ebenso in die Luft geschleudert wird (wie der Ring), wenn
man den Spulenstrom einschaltet.
Daher liegt die Vermutung nahe, dass auch in der Platte
kreisförmige Ströme induziert werden (wie im Ring), die der
Feldänderung entgegenwirken.
Diese Ströme nennt man Wirbelströme.
Vorlesungsfolien GdE II
133
In Bild 6.32 ist eine Metallplatte gezeigt, die aus einem zu ihr
senkrecht stehenden Magnetfeld herausgezogen wird.
Bild 6.32
Beobachtung:
Es wirkt eine Kraft, die dem Herausziehen entgegenwirkt.
Erklärung:
Da an der Grenze zwischen Feld und feldfreiem Gebiet durch das
Herausziehen das Feld in der Platte abgebaut wird, fließen dort
Wirbelströme, die diesen Feldabbau zu verhindern suchen. D.h.
die Wirbelströme an dieser Grenze sind innerhalb der Platte so
gerichtet, dass versucht wird, das ursprüngliche Feld aufrecht zu
erhalten.
Diese Ströme wiederum ergeben mit dem vorgegebenen externen
Magnetfeld eine Kraft, die dem Herausziehen entgegenwirkt.
Schiebt man die Platte in das Feld hinein, entstehen Wirbelströme in entgegengesetzter Richtung. Dadurch wirkt auch die
Kraft in die andere Richtung, d.h. sie wirkt wieder der vorgegebenen Bewegung entgegen.
Vorlesungsfolien GdE II
134
In Bild 6.33 ist eine Kupferplatte gezeigt, die an einem Stab aufgehängt ist und pendelt. Bei ihrer Pendelbewegung durchläuft die
Platte ein zu ihr senkrecht stehendes Magnetfeld, das zwischen
den Polen eines Elektromagneten erzeugt wird.
6.33b
Bild 6.33a
1. Beobachtung:
Wird das Magnetfeld eingeschaltet, hält das Pendel fast sofort an,
sobald die Kupferplatte in das Magnetfeld eintaucht.
Vorlesungsfolien GdE II
135
Erklärung:
Im Moment des Eintauchens in das Magnetfeld werden Wirbelströme in der Platte induziert, die dem Aufbau des Magnetfeldes
entgegenwirken. Diese Ströme ergeben zusammen mit demFeld
des Elektromagneten eine Kraft, die der Pendelbewegung
entgegengesetzt ist.
Wäre das Kupfer supraleitend, wären die induzierten Ströme so
groß, dass das Pendel aus dem Magnetfeld zurückschnellen
würde. Aufgrund des endlichen elektrischen Widerstands des
Kupfers, wird die Platte nur stark abgebremst. Dabei bewegt sich
das Pendel langsam in die Ruhelage.
2. Beobachtung:
Ersetzt man die Kupferplatte durch eine kammartige Scheibe
(Bild 6.33b), schwingt das Pendel auch bei eingeschaltetem
Magnetfeld nahezu ungehindert weiter.
Erklärung:
Aufgrund der Kammstruktur wird die Ausbildung von Wirbelströmen stark behindert. Dadurch sind die daraus resultierenden
Kräfte (mit dem externen Magnetfeld) nur sehr gering.
Vorlesungsfolien GdE II
136
Technische Anwendung: Induktiv gekoppelte Plasmaquelle zum
Ätzen mikrostrukturierter Bauelemente
i(t)
Spule
dielektrische Platte
u(t)
Bild 6.33c
Vakuumgfäß
In Bild 6.33c ist ein sog. induktiv gekoppelter Plasmareaktor zu
sehen. Innerhalb des Vakuumgefäßes befindet sich der zu
ätzende Wafer (Siliziumscheibe). Weiterhin befindet sich im
Reaktor ein Ätzgas (z.B. SF6) im Unterdruck (1 Pa). Der Deckel
des Reaktors besteht aus einem Dielektrikum (Quarz, Keramik).
Über dem Deckel ist eine Spule angebracht (hier: Ring). Diese ist
an einen Hochfrequenzgenerator (u(t)) angeschlossen, der einen
Strom i(t) in der Spule treibt. Dadurch entsteht ein magnetisches
Wechselfeld, das sich auch im Reaktor befindet. Dieses magnetische Feld induziert ein (sekundäres) elektrisches Feld, das das
Innere des Reaktors in den Plasmazustand (teilweise ionisiertes
Gas) versetzt.
Das leitfähige Plasma bildet die Sekundärwicklung ähnlich
einem Transformator.
Vorlesungsfolien GdE II
137
Da die Spule eine endliche Fläche hat, geht von dieser im
Wechselstrombetrieb auch ein (primäres) elektrisches Feld aus,
das sich ebenfalls in das Gefäß hinein ausbreitet. Aus verschiedenen Gründen soll das in einigen Anwendungsfällen vermieden
werden.
Dazu wird eine radial geschlitzte Aluminiumscheibe zwischen
Spule und dielektrischem Deckel montiert. Diese lässt das
magnetische Feld durch und hält das elektrische Feld zurück.
Wäre diese Abschirmung nicht geschlitzt, wären die
Wirbelstromverluste so groß, dass auch das magnetische Feld
nicht durchkäme. Dies nennt man i.d. Plasmatechnik FaradayAbschirmung.
Supraleiter
Versuche zeigen, dass ein Strom in einem Supraleiter sich auch
nach Jahren nicht messbar ändert. Da die elektrische Leitfähigkeit σ = ∞, würde ein kleines elektrisches Feld unendlich hohe
Ströme zur Folge haben. Daraus folgt, dass in einem Supraleiter
kein elektrisches Feld existieren kann. Aus diesem Grund kann
auch kein magnetischer Fluss in einen Supraleiter eindringen.
Nähert man sich gemäß Bild 6.34 mit einem Stabmagneten einer
supraleitenden Platte, dann werden im oberflächennahen Bereich
Ströme erzeugt, die das Magnetfeld in der Platte gerade
kompensieren.
Vorlesungsfolien GdE II
138
Anders gesagt wird das Feld derart verändert, dass es komplett
außerhalb der supraleitenden Platte bleibt (Bild 6.34).
Supraleiter
Bild 6.34
Die Wirbelströme, die in der Platte fließen, üben auf den
Magneten eine abstoßende Kraft aus. Diese Kraft wird bei
genügend nahem Abstand groß genug, um den Magneten
festzuhalten. In Experimenten wurde gezeigt, dass, wenn ein
flacher Magnet und eine zur Schale geformte supraleitende Platte
gewählt wird, der Magnet über der Schale schwebt.
Im Falle einer nicht ideal leitenden Platte werden ebenfalls
Wirbelströme erzeugt, die das Eindringen der Magnetfelder zu
verhindern suchen. Allerdings werden diese Ströme in der Platte
durch den endlichen Widerstand gebremst, d.h. der Strom nimmt
zeitlich ab. Dadurch sinkt der Magnet ab und induziert dabei
wieder einen Strom usw.. Im Endeffekt fällt der Magnet auf die
Platte.
Vorlesungsfolien GdE II
139
Abschirmende Wirkung:
Wechselfelder, die in elektrisch leitende Oberflächen eindringen
wollen, erzeugen Wirbelströme. Je schneller sich das Feld ändert,
d.h. je größer seine Frequenz ist, desto größer ist auch die
magnetische Flussänderung und damit auch der induzierte
Wirbelstrom. Da dieser das magnetische Feld daran hindert in
die Oberfläche einzudringen, ist die abschirmende Wirkung
umso besser, je höher die Frequenz ist und je besser die
Leitfähigkeit des Materials ist.
Anwendungen:
• Wirbelstromgedämpfte Zeiger in Messgeräten
• Wirbelstrombremsen (S-Bahn, ...)
• Induktionsöfen (Küchenherd, Materialhärten, ...)
• alle Arten der elektromagnetischen Abschirmung
• Erzeugung von technischen Plasmen
nicht gewollt:
• Wirbelstromverluste in magnetischen Kreisen (Trafos)
• Verluste in elektrischen Maschinen
• Verluste in HF-Anordnungen (Plasmareaktoren, etc.)
Vorlesungsfolien GdE II
140
6.8.2
Wirbelstrom in einem dünnen Blech
Um Wirbelstromverluste in Eisenkreisen (z.B. in Transformatoren) möglichst klein zu halten, werden diese aus gegeneinander
isolierten Blechen aufgebaut. Dabei ist die Richtung des
magnetischen Feldes parallel zum Blech.
Ein derartiges Blech ist in Bild 6.35 dargestellt. Dieses wird
entlang der Längsachse von einem magnetischen Wechselfeld
durchsetzt. Die Flussdichte ist in z-Richtung orientiert.
Bild 6.35
Das magnetische Feld sei homogen über den Querschnitt verteilt,
d.h. Feldverdrängung (s. nächster Abschnitt) wird vernachlässigt.
⇒ Der magnetische Fluss ist homogen über dem Querschnitt.
Vorlesungsfolien GdE II
141
Die Wirbel des elektrischen Feldes umschließen das magnetische
Feld in Flächen senkrecht zum magnetischen Feld (s. Bild 6.35,
vgl. Abschnitt 6.2). Diese Querschnittsflächen z = const. sind
sehr viel breiter als hoch, d.h. 2a >> d.
Aus diesem Grund verlaufen die elektrischen Feldstärkelinien
parallel zu den Breitseiten in x-Richtung.
Nur an den Kanten bei |x| = a haben die Feldstärkelinien auf sehr
kurzem Weg eine y - Komponente. Daher soll zur Berechnung
der el. Feldstärke angenommen werden, dass E nur eine Komponente in x - Richtung besitzt für |x| < a, |y| ≤ d/2.
Weiterhin gilt aus Symmetriegründen: Ex(y) = - Ex(-y).
Unter Verwendung des Induktionsgesetzes für ruhende Medien
r
r r
dB r
∫C E ⋅ dl = −∫∫A dt ⋅dA
(6.8)*
kann man für die rechte Seite schreiben:
r& r
∫∫ B ⋅ dA = B&z A = B&z 2 a 2 y = 4a y B&z ,
A
Vorlesungsfolien GdE II
142
wenn man als Gesamtfläche A ein Rechteck wählt, das durch die
Koordinatenlinien x = ± a und ± y gegeben ist, wobei für |y| ≤ d/2
gilt.
Zum Linienintegral entlang der Berandung C (linke Seite von Gl.
(6.8)) liefern praktisch nur die Längsseiten des Rechtecks einen
Beitrag.
Aufgrund der Feldhomogenität ist Ex an den Längsseiten unabhängig von x.
Wegen der Rechtsschraubenregel und der Richtung des Flächenelements in z-Richtung erfolgt die Integration entgegengesetzt zu
den eingezeichneten Feldlinien:
r r
∫ E ⋅ dl = −2aEx − 2aEx = −4aEx
C
Setzt man beides in Gl. (6.8) ein, erhält man:
− 4 a Ex ( y) = −4a y B& z
und daraus:
dBz
&
Ex ( y) = y Bz = y
dt
Vorlesungsfolien GdE II
(6.58)
143
Setzt man die magnetische Flussdichte sinus-förmig an
Bz = Bˆ sinωt ,
dann erhält man für das elektrische Feld in x - Richtung:
Ex = y ω Bˆ cosωt
(6.59)
Mittels der elektrischen Leitfähigkeit ergibt sich für die
Wirbelstromdichte:
J x = σ Ex = σ yω Bˆ cosωt
(6.60)
Die Wirbelstromdichte nimmt demnach (Näherung!) linear von
der Blechmitte zu den Breitseiten zu. Die Amplitude ist proportional zur Kreisfrequenz ω.
Vorlesungsfolien GdE II
144
Zur Berechnung der Verlustleistungsdichte in einem Volumen
dV = dx dy dz wird zunächst der Spannungsabfall du längs dx an
einer Stelle (x,y,z) berechnet:
du = Exdx
Der Strom, der durch dieses Volumenelement fließt, ist:
di = J x dy dz
Damit beträgt die in dV in Wärme umgesetzte Leistung (vgl.
Abschnitt 2.6):
2
dP = du di = Ex J x dx dy dz = Ex J x dV = Ex σ dV
Setzt man die Gln. (6.59) und (6.60) ein, erhält man:
(
)
2 2
ˆ
dP = σ ω B cosωt y dV
(6.61)
Die Verlustleistung im ganzen Blech erhält man durch
Aufintegration über das gesamte Volumen. Die Verluste sind
proportional zum Quadrat von ω.
Vorlesungsfolien GdE II
145
6.8.3
Stromverdrängung
Bisher wurde immer angenommen, dass sich der Strom in einem
(zylindrischen) Leiter gleichmäßig über dessen Querschnitt verteilt. Diese Annahme ist für Gleichstrom erfüllt, für Wechselstrom wird sie mit zunehmender Frequenz immer schlechter, da
der Strom immer mehr aus dem inneren Bereich des Querschnitts
nach außen in Richtung Oberfläche gedrängt wird.
Dieses wird als Stromverdrängung oder Skineffekt bezeichnet.
Zur Berechnung des Skineffekts in einem zylindrischen Leiter ist
in Bild 6.36 die Stromdichte und das zugehörige Magnetfeld
eingezeichnet.
Bild 6.36
Vorlesungsfolien GdE II
146
Um das Magnetfeld als Funktion von r zu berechnen, wird das
Durchflutungsgesetz auf eine Kreisfläche mit Radius r angewendet (linkes Bild 6.36):
r r
r r
∫ H ⋅ dl = ∫∫ J ⋅ dA
dA = 2πρ dρ und B = µi H eingesetzt, ergibt:
2π r
µi
r
B = ∫ J (ρ ) 2π ρ dρ
0
und damit
B(r ) =
µi
r
J ( ρ ) ρ dρ
∫
r
(*)
0
Das zeitlich variable magnetische Feld (in ϕ-Richtung) erzeugt
ein elektrisches Feld in z-Richtung. Da bei Stromzunahme das
Magnetfeld zunimmt, ist in diesem Fall das induzierte elektrische
Feld so gerichtet, dass es der Magnetfeldzunahme entgegenwirkt.
Damit zeigt das elektrische Feld innerhalb der betrachteten
Magnetfeldlinie in negative z-Richtung, außerhalb in positive.
Bereits daran erkennt man, dass der Strom in der Mitte des
Leiters zum Rand hin verdrängt wird.
Vorlesungsfolien GdE II
147
Im zweiten Schritt soll nun das Induktionsgesetz (für ruhende
Medien: Gl. (6.8)) auf das in Bild 6.36 (rechts) eingezeichnete
Rechteck „R“ angewendet werden:
r
dB r
⋅ dA
∫∫
dt
R −Fläche
r r
∫ E ⋅ dl = −
R -Rand
(6.8)*
Zunächst wird das Linienintegral ausgewertet:
r r
∫ E ⋅ dl = Ez (r) a − Ez (r + dr) a = −dEz a
R
dann das Flächenintegral:
r& r
& a dr
B
⋅
d
A
=
B
∫∫
R
damit erhält man:
− dEz a = −B& a dr
Vorlesungsfolien GdE II
148
Daraus ergibt sich für die Änderung der el. Feldstärke:
dEz (r ) & dB(r )
=B=
,
dr
dt
(**)
d.h. mit zunehmendem Radius wächst die el. Feldstärke, wenn
das Magnetfeld zeitlich zunimmt (also auch wenn die Stromdichte zunimmt).
Setzt man Gl. (*) in (**) ein und schreibt für E = J/σ :
r
r
µi d
σ µi &
dJ z (r )
=σ
J (ρ )ρ dρ =
J ( ρ )ρ dρ (6.62)
∫
∫
dr
r dt 0
r 0
In Gl. (6.62) wurde die Reihenfolge von Differentiation und
Integration vertauscht, da sich die zeitl. Änderung nur auf die
Stromdichte bezieht, nicht auf die Fläche. Differenziert man Gl.
(6.62) nach r :
r
r

∂ 2 J ∂  µi &
1
& ( ρ ) ρ dρ + σ µi J& (r) r


σ
ρ
ρ
ρ
σ
µ
=
J
(
)
d
=
−
J
i∫
2

∂r 2 ∂r  r ∫0
r
r
0

(***)
Vorlesungsfolien GdE II
149
Ersetzt man nun das Integral in Gl. (***) durch Gl. (6.62), ergibt
sich:
∂2 J 1
∂J r σ µi ∂J
+ 2 σ µi
−
r =0
2
∂r r
∂r σµi
r ∂t
nach einigem Kürzen erhält man
∂ 2 J 1 ∂J
∂J
+
− σµi
=0
2
∂r r ∂r
∂t
(6.63)
eine partielle Differentialgleichung, deren Lösung bei
sinus-förmiger Zeitabhängigkeit eine Bessel-Funktion nullter
Ordnung für die Ortsabhängigkeit ergibt. Die obigen
Differentialgleichungen wurden mit „∂“ geschrieben, um die
Differentiation nach mehr als einer Variablen (Radius r und
Zeit t) zu kennzeichnen.
Vorlesungsfolien GdE II
150
6.9
Die Grundgleichungen des elektromagnetischen
Feldes
Als Grundgesetze zur Verknüpfung von elektrischem und
magnetischem Feld wurden bisher das Durchflutungsgesetz
r r
r r
∫ H ⋅ ds = ∫∫ J ⋅ dA
C
A
und das Induktionsgesetz eingeführt:
r r
∂ r r
∫C E ⋅ ds = − ∂t ∫∫A B ⋅ dA
In beiden Fällen ist das Linienintegral über die geschlossene
Kurve C durchzuführen und das Flächenintegral über die Fläche
A, die von C umrandet wird. (Rechtsschraube!)
Beide Gleichungen sind in ihrem Aufbau ähnlich, wobei auf den
linken Seiten lediglich E und H gegeneinander ausgetauscht
wurden.
Vorlesungsfolien GdE II
151
Die erste Gleichung besagt, dass eine Stromdichte in einer
Fläche A (also ein Gesamtstrom durch A) ein Magnetfeld entlang
einer Kurve C hervorruft. Dieses Feld wurde magnetisches
Wirbelfeld genannt.
Die zweite Gleichung besagt, dass mit der zeitlichen Änderung
eines magnetischen Feldes (bzw. auch durch Bewegung in einem
stationären Feld) ein elektrisches Wirbelfeld erzeugt wird, das
der von außen erzwungenen zeitlichen Änderung
entgegengesetzt ist (Minuszeichen).
Eine Aussage, dass, analog zur zweiten Gleichung, eine
Änderung des elektrischen Feldes ein magnetisches Feld
hervorruft, fehlt noch.
6.9.1
Das magnetische Feld des Verschiebungsstromes
Es wird ein Draht betrachtet, der einen Plattenkondensator
auflädt. Dieser kann nur aufgeladen werden, wenn eine Ladung
dQ über den Draht fließt:
dQ
I=
dt
Vorlesungsfolien GdE II
(6.65)
152
In Bild 6.38 ist eine Kondensatoranordnung gezeigt. Durch den
Draht fließt ein Strom I, zwischen den Platten ist I = 0.
b)
Bild 3.81 a)
Der Strom im Draht erzeugt natürlich in Drahtnähe ein
kreisförmiges Magnetfeld, da dies unabhängig davon sein muss,
wohin der Strom fließt.
Wendet man das Durchflutungsgesetz auf die graue Fläche A in
Bild 3.81 a an, erhält man:
r r
∫ H ⋅ ds = I
(6.66)
C
Vorlesungsfolien GdE II
153
Wendet man nun das Durchflutungsgesetz auf die in Bild 6.38 b
gegebene gekrümmte Fläche A´ mit der gleichen Randkurve C
an, ist die rechte Seite von Gl. (6.66) Null, weil durch A´ kein
Strom fließt:
r r
∫ H ⋅ ds = 0
falsch!!!!
C
Dies ist offensichtlich falsch, da demnach auf der Randkurve C
kein Magnetfeld vorhanden sein dürfte. Da diese Behauptung der
Erfahrung widerspricht, muss das Durchflutungsgesetz erweitert
werden:
Zwischen den Kondensatorplatten wird die Fläche A´ bei
Ladungstransport durch den Draht von einem sich auf- oder
abbauenden elektrischen Feld durchsetzt. Dieses Feld geht von
den auf den Kondensatorplatten gespeicherten Ladungen aus.
Nach dem Gaußschen Satz gilt:
Q=
r r
r r
∫∫ D ⋅ dA = ∫∫ D ⋅ dA = Ψ D
A′ + "Deckel"
(*)
A′
Vorlesungsfolien GdE II
154
Setzt man Q gemäß Gl. (*) in Gl. (6.65) ein, erhält man
r
r
r
dQ d
∂D r
I=
= ∫∫ D ⋅ dA = ∫∫ ⋅ dA
dt dt A′
∂t
A′
(6.67)
eine Verknüpfung des Stromes I im Draht mit der elektrischen
Verschiebung D zwischen den Kondensatorplatten.
Mit dieser Feststellung kann der Strombegriff erweitert
werden:
Wie aus Gl (6.67) direkt hervorgeht, kann dψ D dt als Strom
und dD dt als Stromdichte aufgefasst werden.
Nach Maxwell (Maxwell, J.C., 1831 - 1879, engl. Physiker)
bezeichnet man diese als Verschiebungsstrom und als
Verschiebungsstromdichte.
Gl. (6.67) kann man auch so interpretieren, dass der
Verschiebungsstrom zwischen den Platten die Fortsetzung des
Leitungsstroms im Draht ist.
Vorlesungsfolien GdE II
155
Befindet sich anstelle von Luft ein Dielektrikum zwischen den
Kondensatorplatten, dann wird
r
r r
D = ε0E + P
in obige Gleichungen eingesetzt, wobei die Polarisation P als ein
Ausrichten der elektrischen Dipole im Feld interpretiert wird
(vgl. V6 ET I).
Ersetzt man nun im Durchflutungsgesetz die Stromdichte durch
die Verschiebungsstromdichte, erhält man:
r
r r
∂D r
∫C H ⋅ ds = ∫∫A´ ∂t ⋅ dA = I
(6.68)
Also:
Die magnetische Wirkung des Verschiebungsstromes ist die
gleiche wie die eines gleichgroßen Leitungsstromes.
Vorlesungsfolien GdE II
156
Im allgemeinen Fall wird eine Fläche A sowohl von der Stromdichte J als auch von der Verschiebungsstromdichte ∂D / ∂t
durchsetzt. Daher müssen beide addiert werden:
r
r r
 r ∂D  r
∫C H ⋅ ds = ∫∫A´  J + ∂t  ⋅ dA
(6.69)
Mit Bild 6.38 b kann Gl. (6.69) eine weitere Erkenntnis liefern:
Bild 6.38 b*
Lässt man die Randkurve C immer kleiner werden, wird die
Fläche A´ im Grenzfall eine geschlossene Fläche und C
verschwindet.
Vorlesungsfolien GdE II
157
In diesem Fall gilt:
r
r

∂D  r
0 = ∫∫ J +  ⋅ dA
∂t 
A´ 
(6.70)
Das heißt, dass wenn der Leitungsstrom in eine geschlossene
Fläche eintritt, er auch durch einen Verschiebungsstrom
fortgesetzt werden kann, oder
Der Gesamtstrom aus Teilchen- und Verschiebungsstrom
bildet stets geschlossene Linien.
Formt man Gl. (6.70) um gemäß
r r
∂ r r
∫∫A´ J ⋅ dA = − ∂t ∫∫A′ D ⋅ dA
und verwendet man den Gaußschen Satz, erhält man:
r r
∂
J
⋅
d
A
=
−
Q
∫∫A´
∂t
Vorlesungsfolien GdE II
(6.71)
158
Die Ladungserhaltung für das durch die Fläche A´ begrenzte
Volumen:
Die linke Seite von Gl. (6.71) beschreibt den in das
Volumen eintretenden Teilchenstrom, die rechte Seite die
Ladungsabnahme im Volumen.
6.9.2
Die Maxwellschen Gleichungen
Mit dem bisher Gesagten lauten die vollständigen
Grundgleichungen des elektromagnetischen Feldes:
r
r r
 r ∂D  r
∫C H ⋅ ds = ∫∫A  J + ∂t  ⋅ dA
r
r r
∂B r
∫C E ⋅ ds = −∫∫A ∂t ⋅ dA
1. Durchflutung
2. Induktion
3. Gaußscher Satz
r r
∫∫ D ⋅ dA = Q
4. Quellenfreiheit des
Magnetfeldes
r r
∫∫ B ⋅ dA = 0
(6.72)
Vorlesungsfolien GdE II
159
Das Gleichungssystem (6.72) nennt man Maxwellsche
Gleichungen, die durch zahllose Experimente bestätigt werden
konnten. Zu diesen kommen noch die Materialgleichungen:
r
r
J = σ E,
r
r r
r
D = ε 0 E + P = ε E,
r
r r
r
B = µ0 H + M = µ H
(
)
(6.73)
Da die Maxwell Gleichungen nicht die Kraftwirkung der Felder
auf Ladungen enthalten, wird noch die Lorentz-Beziehung
benötigt:
r
r r r
F =Q E + v×B
(
)
(6.74)
Da alle Ladungsträger auch eine Masse m besitzen, muss die
Kraftwirkung der Felder auf die Ladungsträger durch das
Bewegungsgesetz der Mechanik beschrieben werden:
r dpr
F= ,
dt
r
m0v
r
r
p = mv =
v
1−  
c
2
(6.75)
mit dem Impuls p, der relativistischen Masse m und der Ruhemasse m0. Die Gln. (6.72) - (6.75) bilden ein vollständiges
System, mit dem die gesamte Elektrodynamik beschrieben
werden kann.
Vorlesungsfolien GdE II
160
8.12 Der Transformator
Ein wichtiges in der Elektrotechnik anzutreffendes Bauelement
ist der Transformator.
Mit ihm können (theoretisch verlustfrei) Spannungen bzw.
Ströme an die jeweils benötigten Verhältnisse angepasst werden.
Dieses Verhalten wird in vielen Bereichen benötigt, nicht nur in
der Energietechnik, sondern auch in der Nachrichtentechnik und
der Messtechnik.
Je nach Anwendungsgebiet wird der Transformator auch
Umformer, Wandler oder Übertrager genannt.
Ein Transformator besteht im Wesentlichen aus zwei miteinander
gekoppelten Spulen, wie sie bereits im Kapitel 6.5 behandelt
wurden.
Abhängig vom Anwendungsfall kann die Kopplung nur durch
die Luft (Bild 8.49a) oder über einen gemeinsamen Eisenkern
(Bild 8.49b) erfolgen.
Ersteres wird auch als „Lufttransformator“ bezeichnet und findet
z.B. in der Hochfrequenztechnik Anwendung.
a)
b)
Vorlesungsfolien GdE II
Bild 8.49
161
8.12.1 Der ideale Transformator
Um den Transformator besser verstehen zu können, soll nun
zuerst ein idealisiertes Modell erstellt werden. Später werden
wir dann durch Hinzufügen von weiteren idealen Bauelementen
(R, L, C) dieses Modell den realen Gegebenheiten annähern.
Betrachten wir zunächst die Anordnung in Bild 8.50:
Bild 8.50
Zur Berechnung nehmen wir folgende Idealisierungen vor, die
teilweise schon beim magnetischen Kreis angewendet wurden:
• keine Streuflüsse (Feld wird vollständig im Eisen geführt,
Koppelkoeffizient der Spulen k = 1)
• konstante magn. Permeabilität µ (keine Hysterese)
• µr sei unendlich groß (ideale magn. Leitfähigkeit des Eisens,
Rm = 0)
• Keine ohmschen Widerstände der Leiter
Vorlesungsfolien GdE II
162
Damit ergibt sich für die Flüsse im Kreis:
Φ = Φ11 + Φ12 = Φ21 + Φ22
(Zur Erinnerung:
Φ12
Teilfluss in Spule 1 von Spule 2)
Der Gesamtfluss entsteht also aus der Überlagerung der Flüsse
der beiden Spulen und ist innerhalb des Kreises konstant.
Mit dem Induktionsgesetz ergibt sich:
u1 = N1
dΦ
dt
und
u2 = N2
dΦ
dt
(8.101)
Damit folgt für die Spannungen am idealen Transformator
(Spannungsübersetzung):
u1 N1
=
u2 N2
(8.103)
Oftmals hat man es bei Strom und Spannung mit sinusförmigen
Größen zu tun. Dann ist auch der Fluss sinusförmig und man
kann mit Hilfe komplexer Amplituden schreiben:
Uˆ 1 = jω N1Φˆ
und
Uˆ 2 = jω N2 Φˆ
Vorlesungsfolien GdE II
(8.102)
163
Auch hiermit ergibt sich für die Spannungsübertragung
Uˆ 1 U 1 N1
=
=
ˆ
U 2 U 2 N2
wobei
U=
1 ˆ
U
2
Merke: Die Spannungen am idealen Transformator stehen im
gleichen Verhältnis wie die Windungszahlen.
Ebenso wie für die Spannungen kann man auch eine Beziehung
für die Ströme finden.
Wendet man das ohmsche Gesetz des magnetischen Kreises an,
erhält man für die Durchflutung Θ:
Θ = Θ1 + Θ2 = N1i1 + N2 i2 = Rm Φ
(8.104)
Mit den angenommenen Idealisierungen ergibt sich für Rm:
Rm =
l
µ0 µr A
=0
Damit haben wir eine Formel für die Stromübersetzung
gefunden:
N1 i1 + N2 i2 = 0
oder
i1 N2
− =
i2 N1
(8.105)
Das negative Vorzeichen wird durch die gewählten Zählpfeilrichtungen für die Ströme bedingt (vgl. Bild 8.50)!
Vorlesungsfolien GdE II
164
Für sinusförmige Größen ergibt sich mit den komplexen
Amplituden:
Iˆ1
I
N
− =− 1 = 2
I 2 N1
Iˆ2
Merke: Die Beträge der Ströme am idealen Transformator stehen
im umgekehrten Verhältnis wie die Windungszahlen.
Eine weitere wichtige Erkenntnis über den Transformator
gewinnt man, wenn man die Gleichungen
u1 N1
=
u2 N2
und
i1 N2
− =
i2 N1
miteinander multipliziert:
−
u1 i1 N1 N2
=
⇔ u1i1 = −u2 i2
u2 i2 N2 N1
⇒ u1 i1 + u2 i2 = 0
(8.107)
u1i1 =p1(t) und u2i2 =p2(t) sind die momentanen Leistungen, die
in die Spulen 1 und 2 hineingeschickt werden (Beide Spulen im
Verbraucherzählpfeilsystem). Damit gilt:
p1 (t ) + p2 (t ) = 0
Vorlesungsfolien GdE II
(8.108)
165
Im idealen Transformator wird also weder Energie verbraucht
noch gespeichert. Die Leistung, die über die eine Spule zugeführt
wird, wird über die andere Spule zwangsläufig auch wieder
abgegeben.
Mit diesen Erkenntnissen kann man den idealen Transformator
als ideales Bauelement mit einem einzigen Parameter
beschreiben.
Hierzu definiert man das Übersetzungsverhältnis
ü=
u1
i
; ü=− 2
u2
i1
bzw.
ü=
N1
N2
(8.109 / 110)
als Verhältnis der Eingangs- und Ausgangsspannungen. Nach
Gl. 8.103 kann man das Verhältnis der Spannungen auch über
die Windungszahlen ausdrücken.
Allerdings kann ü auch negativ werden, wenn in unserem
Beispiel die Zählpfeilrichtung einer Spannung umgedreht wird.
Um dies zu berücksichtigen, wird mit dem Betrag gearbeitet.
Der ideale Transformator hat das folgende Schaltsymbol:
Bild 8.51
Vorlesungsfolien GdE II
166
Die Punkte geben dabei den Wicklungssinn an. Ist einer der
beiden Punkte versetzt, so wird das Übersetzungsverhältnis
negativ (Eine Spannung ändert bei den angegebenen Zählpfeilen
ihr Vorzeichen).
Der Doppelstrich in der Mitte steht für die feste Kopplung
zwischen den Spulen.
Der ideale Transformator und Gleichspannungen
Betrachtet man noch einmal die Gleichungen 8.103 und 8.105
u1 N1
=
u2 N2
und
i1 N2
− =
i2 N1
,
so fällt auf, dass formal auch Gleichspannungen und
Gleichströme über den idealen Transformator übertragen
werden. Dies widerspricht zunächst dem allgemeinen
Verständnis, dass nur Wechselgrößen über einen (realen)
Transformator übertragen werden können.
Allerdings muss bedacht werden, dass wir zu Beginn zahlreiche
Idealisierungen vorgenommen haben, wodurch die
Gleichgrößenübertragung „hinzugewonnen“ wurde.
Tatsächlich ist der ideale Transformator nur über die obigen
Gleichungen definiert und überträgt deshalb per Definition auch
Gleichspannungen/ -ströme!
Vorlesungsfolien GdE II
167
Impedanztransformation
Bild 8.52
Beschaltet man einen idealen Transformator auf der
Sekundärseite wie im Bild 8.52 zu sehen mit idealen
Bauelementen R,L,C und führt einen Maschenumlauf durch, so
ergibt sich mit den idealen Bauelementgleichungen
u2 = (−i2 )R + L
d(−i2 ) 1
+ ∫ (−i2 ) dt . (8.111)
dt
C
Nun kann man mit der Definition des Übersetzungsverhältnisses
aus Gl. 8.109 u2 und i2 durch u1 und i1 ersetzen:
u1
d(i ü) 1
= (i1 ü)R + L 1 + ∫ (i1 ü) dt
ü
dt
C
2
d
i
ü
⇔ u1 = ü 2 R i1 + ü 2 L 1 + ∫ i1 dt
dt C
Vorlesungsfolien GdE II
(8.112)
168
Wie an dieser Gleichung zu erkennen ist, sind die beiden
Schaltungen in Bild 5.52 also gleichwertig.
Bauelemente können somit von der Sekundärseite auf die
Primärseite eines idealen Transformators verschoben werden,
2
wenn ihr (komplexer) Widerstand mit ü multipliziert wird.
(Die andere Richtung ist natürlich auch möglich, hier ist der
2
Faktor 1/ ü )
Dies gilt auch dann, wenn der Wicklungssinn gegensinnig ist:
Durch das Quadrat fällt ein eventuelles Vorzeichen stets heraus.
Damit sind auch diese Schaltungen identisch:
Vorlesungsfolien GdE II
169
8.12.2 Ersatzschaltungen für den realen Transformator
Bei den bisherigen Betrachtungen für den idealen Transformator
wurden einige Näherungen gemacht, die für viele reale
Transformatoren nicht zutreffen.
So haben die Wicklungen einen endlichen ohmschen
Widerstand, die Kopplung der Spulen ist nicht ideal (es treten
Streuflüsse auf) und die magnetischen Widerstände sind nicht
vernachlässigbar.
Zusätzlich gibt es im Eisen Verluste durch Hysterese und
induzierte Wirbelströme, was aber zunächst nicht berücksichtigt
werden soll.
Betrachten wir dazu folgendes Modell in Bild 8.53:
Bild 8.53
Φh ist dabei der Hauptfluss, der beide Spulen durchsetzt.
ΦS1 und ΦS2 sind die Streuflüsse, die jeweils in einer Spule
erzeugt werden und nicht durch die andere hindurchtreten.
Vorlesungsfolien GdE II
170
Wendet man nun das Induktionsgesetz an, so ergibt sich mit
Berücksichtigung der ohmschen Widerstände
d
u1 = i1 R1 + N1 (ΦS1 + Φh ) ,
dt
d
u2 = i2 R2 + N2 (ΦS2 + Φh ) .
dt
(8.113)
Anhand des Modells erkennt man, dass die Streuflüsse ΦS1 nur
von i1 und ΦS2 nur von i2 abhängen. Deshalb definiert man die
primäre und sekundäre Streuinduktivität LS1 und LS2 mit der
bekannten Gleichung
N1ΦS1 = LS1 i1
und
N2 ΦS2 = LS2 i2 .
Damit gilt jetzt für Gleichung 8.113:
di1
u1 = i1 R1 + LS1 + u1i
dt
dΦh
; u1i = N1
dt
di2
u2 = i2 R2 + LS 2
+ u2i
dt
dΦh
; u2i = N2
dt
(8.114)
Außerdem berücksichtigen wir nun den magnetischen
Widerstand des Eisens (ohmsches Gesetz des magn. Kreises):
Θ = Θ1 + Θ2 = N1i1 + N2 i2 = Rm Φh
Vorlesungsfolien GdE II
(8.115)
171
Rm ist hier eine Rechengröße, die den magnetischen Hauptfluss
Φh mit den Durchflutungen Θ1 und Θ2 verknüpft. Rm entspricht
einem magnetischen Widerstand, welcher aber nicht unbedingt
gleich dem magnetischen Widerstand des Transformatorkerns ist.
Damit können wir nun u1i und u2i schreiben als:
2
dΦh N1 di1 N1N2 di2
di1
di2
u1i = N1
=
+
= Lh1 + M
dt
Rm dt
Rm dt
dt
dt
2
dΦh N1N2 di1 N2 di2
di1
di2
u2i = N2
=
+
= M + Lh 2
dt
Rm dt Rm dt
dt
dt
wobei Lh1 primäre und Lh2 sekundäre Hauptinduktivität genannt
werden und M die Gegeninduktivität bezeichnet. Es gilt:
2
N1
Lh1 =
,
Rm
2
N2
Lh2 =
,
Rm
N1N2
M=
Rm
(8.116)
Für das Ersatzschaltbild ist es allerdings von Vorteil, die
Eigenschaften des schon besprochenen idealen Transformators
auszunutzen und von diesen drei Elementen nur Lh1
beizubehalten.
Zur Erinnerung:
ü=
N1
N2
Übersetzungsverhältnis eines
idealen Transformators
Vorlesungsfolien GdE II
172
Durch einfache Umformung erhalten wir:
u1i =
2
N1 d 
N2 
 i1 + i2  =
Rm dt 
N1 
Lh1
d 1 
 i1 + i2 
dt  ü 
2
N2 N1 d 
N2  1
d 1 


u2i =
i1 + i2  = Lh1  i1 + i2 

N1 Rm dt 
N1  ü dt  ü 
Der Ausdruck
1
i1 + i2 = iM1 entspricht offenbar der
ü
Summe aus dem Primärstrom und dem auf die Primärseite
transformierten Sekundärstrom und sorgt in Lh1 für einen
Spannungsabfall.
Der gleiche Spannungsabfall tritt auch auf der Sekundärseite auf,
nur um den Übertragungsfaktor 1/ü kleiner.
Aus der Herleitung wird deutlich, dass der magnetische
Widerstand Rm hierfür verantwortlich ist. Deshalb wird der
Strom iM1 auch Magnetisierungsstrom genannt.
Setzt man die bisherigen Gleichungen zusammen, so ergibt sich:
di1
u1 = i1 R1 + LS1 +
dt
d 1 
Lh1  i1 + i2 
dt  ü 
(8.117)
di2 1
d 1 
u2 = i2 R2 + LS 2
+ Lh1  i1 + i2 
dt ü dt  ü 
Vorlesungsfolien GdE II
173
Hieraus kann man direkt das Ersatzschaltbild eines
Transformators ablesen:
Bild 8.54
Hierbei wurde der ideale Transformator verwendet, um die
nötigen Umrechnungen der Ströme und Spannungen zu
gewährleisten.
Wie bereits zu Beginn angekündigt, kann das Verhalten eines
realen Transformators also durch ein Ersatzschaltbild bestehend
nur aus idealen Elementen angenähert werden.
An diesem kann man z.B. leicht erkennen, warum ein realer
Transformator keine Gleichspannungen überträgt: Bei sehr
kleinen Frequenzen ist Lh1 und damit der Übertrager
kurzgeschlossen.
Vorlesungsfolien GdE II
174
Das Ersatzschaltbild kann man noch weiter vereinfachen:
Mit den bekannten Impedanztransformationen können LS2 und R2
auf die Primärseite gebracht werden.
Der ideale Transformator befindet sich somit am rechten Ende
des ESBs und kann auch weggelassen werden, wenn man dies
bei den Strömen und Spannungen auf der rechten Seite
entsprechend berücksichtigt:
Bild 8.55
Vorlesungsfolien GdE II
175
Vergleich T-Ersatzschaltbild mit gekoppelten Induktivitäten
In Kapitel 6.5 hatten wir bereits für die Darstellung zweier
magnetisch gekoppelter Spulen die Beschreibung über
Induktivität und Gegeninduktivität eingeführt:
di1
di2
u1 = L11 + M
dt
dt
di
di
u2 = M 1 + L22 2
dt
dt
(8.118)
Bild 8.58
Das T-Ersatzschaltbild beschreibt unter Vernachlässigung der
ohmschen Widerstände genau den gleichen physikalischen
Zusammenhang. Damit muss es also möglich sein, die
Induktivitäten des T-Ersatzschaltbildes aus der obigen
Darstellung zu bestimmen.
Wir gehen vom vereinfachten T-Ersatzschaltbild in Bild 8.59
aus, für das folgende Gleichungen gelten:
di1
u1 = LS1 +
dt
u2 = LS 2
d 1 
Lh1  i1 + i2 
dt  ü 
di2 1
d 1 
+ Lh1  i1 + i2 
dt ü dt  ü 
Vorlesungsfolien GdE II
(8.117*)
176
Bild 8.59
Durch einfaches Umsortieren nach den Strömen und Vergleich
von (8.117*) mit (8.118) erhält man sofort:
L11 = LS1 + Lh1 ,
1
M = Lh1 ,
ü
1
L22 = LS 2 + 2 Lh1
ü
Aufgelöst nach den Größen des T-Ersatzschaltbildes ergibt sich:
Lh1 = ü M
LS1 = L11 − ü M
1
LS 2 = L22 − M
ü
ü 2 LS 2 = ü 2 L22 − ü M
Mit diesem Zusammenhang kann das T-Ersatzschaltbild einfach
aus der Darstellung gekoppelter Induktivitäten gewonnen
werden.
Vorlesungsfolien GdE II
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Belasteter Transformator
Im Gegensatz zum idealen Transformator beeinflusst eine
angeschlossene Last die Übertragungseigenschaften des
Transformators wesentlich.
Aus dem Ersatzschaltbild ist sofort ersichtlich, dass sich bei
zunehmender Last die Ausgangsspannung sowohl im Betrag wie
auch in der Phase verändern wird.
Um diese Veränderungen leichter untersuchen zu können, wird
oftmals ein komplexes Zeigerdiagramm verwendet.
Für unser Beispiel nehmen wir eine Last an der Sekundärseite
des Transformators an, welche aus einem ohmschen Widerstand
R und einer Induktivität L besteht.
Außerdem wollen wir die Spannung U2´ = ü U2 als unsere
Ausgangsgröße annehmen, was die Berechung vereinfachen
wird. (vgl. dazu Bild 8.55)
Ist die Spannung U2´ bekannt, so kann über das ohmsche Gesetz
einfach der Laststrom -I2´ bestimmt werden, der durch die Last
vorgegeben wird und der dem Spannungszeiger um einen Winkel
φ nacheilt (induktive Belastung).
Mit diesem Strom können die Spannungsabfälle UR2´ und US2´
an der sekundären Streuinduktivität und ohmschen Widerstand
ermittelt werden.
Addiert zu U2´ ergibt sich somit die Spannung Uh1 an der
Hauptinduktivität.
Vorlesungsfolien GdE II
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Damit ist auch der Magnetisierungsstrom IM1 durch die
Hauptinduktivität bekannt, der der Spannung Uh1 um 90°
nacheilt.
Durch die Anwendung der Knotenregel ist klar, dass
IM1 = I1 + I2´ gilt.
Daraus ergeben sich auch die Spannungen an der primären
Streuinduktivität und ohmschen Widerstand US1 und UR1.
Die Primärspannung U1 kann damit bestimmt werden zu:
U1 = US1 + UR1 + Uh1.
Mit diesen Informationen kann jetzt ein Zeigerbild angegeben
werden (Bild 8.56 a):
a)
b)
Bild 8.56
Vorlesungsfolien GdE II
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In der Praxis ist aber meistens die Spannung U1 statt U2´
vorgegeben.
Die angegebene Methode zur Bestimmung des Zeigerdiagramms
kann aber trotzdem angewendet werden, wenn zum Schluss die
Spannung U1 und damit auch alle anderen Spannungen und
Ströme entsprechend skaliert werden. Denn die Verhältnisse und
Phasenverschiebungen untereinander ändern sich nicht, wenn die
Eingangsspannung in ihrer Höhe verändert wird.
Verhalten bei sehr kleinen IM
Oftmals ist es so, dass der Magnetisierungsstrom IM sehr klein
gegenüber dem Primär- und Sekundärstrom ist und damit in
guter Näherung vernachlässigt werden kann. (Dies entspricht
Lh1 → ∞ )
Ist das der Fall, vereinfacht sich das Zeigerdiagramm:
Die Wicklungswiderstände und Streuinduktivitäten können zu
einer Größe zusammengefasst werden mit
R = R1 + ü 2 R2 und
X S = ω(LS1 + ü 2 LS 2 ) (8.119)
und den entsprechenden Spannungsabfällen
U R = U R1 + U ′R2
und
U S = U S1 + U ′ S 2
(8.120)
Daraus ergibt sich das vereinfachte Zeigerdiagramm in
Bild 8.56 b).
Zu bemerken ist noch, dass sich in diesem Fall die Ströme wie
beim idealen Transformator verhalten!
Vorlesungsfolien GdE II
180
Das eingefärbte Dreieck wird Kapp‘sches Dreieck genannt.
Solange der Betrag des Stromes I2 konstant bleibt, sich der
Phasenwinkel φ aber ändert, bleibt das Dreieck in Form und
Größe erhalten und ändert lediglich seine Lage.
Eine weitere wichtige Größe ist die Kurzschlussspannung Uk, die
sich aus der Summe von UR und US ergibt.
Sie bezeichnet die Spannung an der Primärseite des
Transformators, wenn die Sekundärseite kurzgeschlossen wird
(U2 = 0) und in die Primärseite der Nennstrom (= Strom, für den
der Transformator ausgelegt ist) eingespeist wird.
Oftmals wird diese Spannung auf die Nenn-Eingangsspannung
bezogen und in Prozent angegeben.
Ebenfalls wichtig ist die Phasenverschiebung φk zwischen Strom
und Spannung, die in diesem Betriebszustand auftritt.
Verhalten bei sehr kleinen I2
Ist dagegen der Sekundärstrom I2 vernachlässigbar klein (z.B. im
Leerlauf oder bei geringer Last), so fällt an den
Streuinduktivitäten und ohmschen Widerständen so gut wie
keine Spannung ab, sofern zusätzlich gilt: ω Lh1 >> ω LS1 , R1.
Damit können diese Elemente (R, LS ) also näherungsweise
weggelassen werden und die Spannungen verhalten sich nun so
wie am idealen Transformator!
Merke:
IM vernachlässigbar Ströme verhalten sich ideal
I2 vernachlässigbar Spannungen verhalten sich ideal
Vorlesungsfolien GdE II
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Nachtrag zum ESB:
Wie bereits angedeutet wurde, ist das verwendete
Ersatzschaltbild für den realen Transformator eine Näherung, die
je nach Betriebsfall auch noch erweitert oder vereinfacht werden
kann/ muss.
So haben wir z.B. die Verluste im Eisen durch Hysterese und
Wirbelströme vernachlässigt, ebenso wie etwaige Kapazitäten
zwischen den Wicklungen.
Erstere könnte man in grober Näherung durch einen
Verlustwiderstand RFe parallel zu Lh beschreiben.
In dieser Vorlesung soll jedoch darauf verzichtet werden.
Praktische Bestimmung der ESB- Elemente:
In der Praxis können die ESB- Elemente eines realen
Transformators näherungsweise über den so genannten
Kurzschluss- und Leerlaufversuch bestimmt werden.
Beim Leerlaufversuch wird an die Primärwicklung des
Transformators die Nennspannung (= Spannung, für die der
Transformator ausgelegt ist) angelegt und die Sekundärwicklung
offen gelassen.
An den offenen Sekundär- Klemmen wird die Spannung U2
gemessen, aus der sich direkt das Übersetzungsverhältnis ergibt.
Außerdem wird der Primärstrom gemessen, der fast
ausschließlich von Lh1 verursacht wird ( ω Lh1 >> ω LS1 , R1 ),
woraus die Hauptinduktivität direkt berechnet werden kann. Die
Streuelemente werden dabei vernachlässigt.
Vorlesungsfolien GdE II
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Beim Kurzschlussversuch wird die Sekundärseite des
Transformators kurzgeschlossen und auf der Primärseite die
Spannung langsam hochgeregelt, bis sich der Nennstrom
einstellt.
Jetzt ist die Hauptinduktivität praktisch kurzgeschlossen
( R2 , ω LS2 << ω Lh1 ) und durch Messung von Strom und
Phasenverschiebung auf der Primärseite können der gesamte
ohmsche Widerstand und die gesamte Streuinduktivität bestimmt
werden:
Rges = R1 + ü 2 R2 = cos(ϕ ) Z
LS , ges = L1 + ü 2 L2 =
1
2π f
mit
Z=
U1
I1
sin(ϕ ) Z
Diese Gesamt- Werte müssen dann noch auf die einzelnen
Elemente aufgeteilt werden, z.B. im Verhältnis der
Windungszahlen.
Die ohmschen Widerstände der Wicklungen lassen sich auch
genauer durch eine einfache Gleichstrommessung bestimmen
(z.B. mit einem Multimeter)
Vorlesungsfolien GdE II
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8.12.4 Einsatzbereiche von Transformatoren
Der wohl bekannteste und auch wirtschaftlich bedeutsamste
Einsatzbereich von Transformatoren ist die Energietechnik.
Hier werden sie eingesetzt, um die elektrische Leistung
möglichst effektiv über weite Strecken zu übertragen.
Die Verlustleistung, die an einem ohmschen Widerstand und
damit an einer langen Leitung auftritt, berechnet sich nach
PV = R I 2 ,
ist also dem Quadrat des Stromes proportional.
Wird nun mit Hilfe eines Transformators die Spannung hochund damit die Ströme heruntergesetzt, so wird die
Verlustleistung drastisch reduziert.
Im Versorgungsnetz sind Spannungen im Bereich von 110kV –
220kV üblich.
Diese erfordern natürlich einen hohen Aufwand und sind deshalb
für die Endverteilung zu den Haushalten nicht geeignet. Deshalb
werden die Spannungen hier erneut über mehrere Ebenen auf die
bekannten 230V/400V transformiert.
Transformatoren werden auch häufig für die Erzeugung von
Kleinspannungen eingesetzt (z.B. für Unterhaltungselektronik),
und gewährleisten zusätzlich eine galvanische Trennung vom
Netz.
Eine weitere, zunehmende Anwendung sind Schaltnetzteile, die
bei hohen Frequenzen arbeiten und somit trotz großer Leistungen
mit kleinen und damit leichten Transformatoren realisiert werden
können.
Vorlesungsfolien GdE II
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Aber auch abseits der Energietechnik sind Transformatoren zu
finden, zum Beispiel als Messwandler, die große Ströme und
Spannungen auf messbare Werte bringen.
In der Nachrichtentechnik werden Transformatoren, auch
Übertrager genannt, eingesetzt, um eine Quelle optimal an einen
Verbraucher anzupassen, so dass dieser die maximal verfügbare
Wirkleistung erhält. Hierbei nutzt man vor allem die
Impedanztransformation eines idealen Transformators aus.
Eine weitere Anwendung besteht in der Filterung von
kombinierten Gleich- und Wechselsignalen, da ein realer
Transformator nur die Wechselgrößen übertragen kann.
Dies findet z.B. in der Fernsprechtechnik Verwendung.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass der Transformator
eines der vielseitigsten Bauteile der Elektrotechnik darstellt und
aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken ist.
Vorlesungsfolien GdE II
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