Praktikum Grundlagen der Elektrotechnik Versuch: Oszillographenmessungen im Wechselstromkreis Versuchsanleitung 0. Allgemeines Eine sinnvolle Teilnahme am Praktikum ist nur durch eine gute Vorbereitung auf dem jeweiligen Stoffgebiet möglich. Von den Teilnehmern wird daher eine intensive Beschäftigung mit der erforderlichen Theorie sowie mit der Aufgabenstellung bzw. ihrem Zweck vorausgesetzt. Es gelten die allgemeinen Verhaltensvorschriften der Hochschule, insbesondere die • Laborordnung des Fachbereiches Elektrotechnik und die • Arbeitsordnung für das Praktikum „Grundlagen der Elektrotechnik“. 08/2011 -1 - 1. Versuchsziel Kennen lernen von Messmethoden für Spannungen und Phasenwinkel im Wechselstromkreis mit Hilfe eines Oszillographen. 2. Grundlagen Eine sinusförmige Wechselspannung u = uˆ sin ( ωt + ϕu ) (1) ist durch drei Bestimmungsstücke gekennzeichnet: • Amplitude û oder auch Û , • Frequenz f bzw. Kreisfrequenz ω = 2πf = • Nullphasenwinkel ϕu. 2π , T U(t) l U T/2 ϕU π/2 π 3π/2 T t 2π ωt l −U Abb. 1: Darstellung einer sinusförmigen Spannung Für Berechnungen im Wechselstromkreis verwendet man die symbolische Methode, d.h. • Transformation der Schaltung in die komplexe Ebene, • Rechnung im Bildbereich, • Rücktransformation des Ergebnisses in den Zeitbereich (siehe auch Versuchsanleitung "Komplexe Widerstände"!). Damit erhält man die Werte für Amplitude und Phasenwinkel der gesuchten Wechselgröße. Bei Einsatz eines Oszillographen lassen sich diese Größen durch Messungen bestimmen. -2- 2.1. Darstellung einer Wechselspannung Wird an die x-Platten eines Oszillographen eine sägezahnförmige Kippspannung ux(t) angelegt, so zeigt das Display die Zeitfunktion der an den y-Platten angelegten Spannung uy(t). Abb. 2 veranschaulicht die Entstehung des Oszillographenbildes für u y = u1 = uˆ sin ( ωt − ϕu ) (2) und ⎛ t − nT2 ⎞ u x = u 2 = U 2m ⎜ 2 − 1⎟ mit nT2 ≤ t ≤ ( n + 1) T2 , n=0, 1, 2... (3) T ⎝ ⎠ 2 unter der Bedingung gleicher Frequenzen (fl =1/T2) und Amplituden ( û 1 = U 2m ) y u1 û1 0 x t −û1 -U2m U2m 0 u2 T T2/2 T2 t Abb.2 : Entstehung des Oszillographenbildes einer sinusförmigen Spannung Ein Zweikanal-Oszillograph ermöglicht die gleichzeitige Darstellung von zwei Eingangsgrößen, so dass bei seinem Einsatz die Phasenverschiebung ϕ zwischen zwei Wechselspannungen uyl und uy2 gleicher Frequenz leicht ermittelt werden kann. -3- u(t) û1 û1 uy1 π ϕ 2π ωt uy2 − û1 Abb.3 : Phasenverschiebung zweier Wechselspannungen gleicher Frequenz und Amplitude 2.2. Lissajousfiguren Lissajousfiguren entstehen beim Anlegen von je einer Wechsel-Messgröße an die x- und y-Platten eines Oszillographen. Ihre Auswertung stellt eine weitere Möglichkeit zur Bestimmung des Phasenwinkels zwischen zwei Spannungen u1 und u2 dar. Abb. 4 veranschaulicht das Zustandekommen einer Ellipse aus zwei phasenverschobenen Spannungen mit gleicher Frequenz f und gleicher Amplitude û . Wenn gilt u x = u 2 = uˆ sin ωt und u y = u1 = uˆ sin(ωt + ϕ), (4) dann lautet die Gleichung der Lissajousellipse u y − 2u x u y cos ϕ + u x − uˆ 2 sin 2 ϕ = 0 2 2 (5) Für ux = 0 oder uy = 0 ergibt sich für den Phasenwinkel u y (u x = 0) u (u = 0) = arcsin x y (6) uˆ uˆ Durch die Drehung des Koordinatensystems um ψ=45° in die Hauptachse der Ellipse kann man Gleichung (5) umformen in ϕ = arcsin ϕ = 2arctan D1 D2 wodurch die Auswertung des Displays erleichtert wird (Abb. 5). -4- (7) y û1 0 l 1 sin(ω t + ϕ ) u y = u1 = U 1 1 u1 π/2 π/2 0 x π ωt 2π 3π/2 π û 2 0 u2 π/2 l 2 sin ω t ux = u2 ( t ) = U 2 π l1 = U l2 U 3π/2 ω1 = ω2 2π ωt Abb.4 : Entstehung einer Lissajousfigur u1 D1 uy(0) ψ 2uˆ u2 ux(0) D2 ϕ = 2arctan 2uˆ Abb.5 : Auswertung des Displays -5- D1 D2 2.3. Hausrath-Brücke (Phasenschieber-Brücke) Die Hausrath-Brücke (Abb. 6) gestattet durch Veränderung des Widerstandes R die Einstellung eines Phasenwinkels ϕ von Null bis 180° zwischen den Spannungen uCD und u1. R C C UR U CD R1=R2 U1 D B A R2 R1 U Abb. 6 : Hausrath-Brücke Die Brücke wird mit einer Wechselspannung u = uˆ sin ωt (8) gespeist. Nach dem Maschensatz gilt U R + U CD − U1 = 0. (9) Durch Umstellung nach UCD und Einführen der Spannungsteiler UR R U 1 = und 1 = U R+ 1 U 2 jω C (10) erhält man U CD 1 − j2 arctan ωCR = e . U 2 -6- (11) Mit 1 = R0 ω0C ergibt sich daraus: ϕ = 2arctan R R0 und U CD = 1. U1 (12) Legt man die Spannungen UCD und U1 an die y-Eingänge eines ZweikanalOszillographen, so kann man die Phasenverschiebung zwischen beiden Spannungen als Funktion von R bestimmen. 2.4. Brückenabgleich mit Oszillographen Stellt man in der komplexen Ebene die Abhängigkeit einer komplexen Größe von einem Parameter, zum Beispiel der Frequenz, dem Widerstand oder der Kapazität als Kurvenzug dar, so ergibt sich eine Ortskurve. Gegenüber der Berechnung eines gesuchten Zusammenhanges bietet seine grafische Ermittlung als Ortskurve den Vorteil, dass man den Überblick über den Gesamtverlauf bezüglich Betrag und Phase erhält. Für die experimentelle Aufnahme der Ortskurve des komplexen Widerstandes Z x einer RC-Schaltung eignet sich die Grützmacher-Brücke (siehe auch Versuchsanleitung "Wechselstrombrücken"). Der Abgleich von Betrag Z und Phase ϕz lässt sich günstig mit einem Zweikanal- Oszillographen ausführen. -7- Betragsabgleich RN = Zx a R1 R y1 c U d y2 R2 ZX b Phasenabgleich a R1 r RN = Z x d′ y1 U c y2 d ZX R2 b R1 = R 2 Zx = R N tan Abb. 7 : Grützmacher-Brücke -8- ϕx U cd′ r = = 2 U ac R1 3. Vorbereitungsaufgaben 3.1. Stellen Sie für die untenstehende Schaltung dar: R UC ω ω = f ( ) und ϕ=f ( ) ω0 ω0 U C UC mit ω0 = U 1 , RC 0,01 ≤ ω ≤ 100. ω0 (Frequenzachse logarithmisch geteilt!) 3.2. Eine Wechselspannung u1 = uˆ 1 sin(ω1t − 45°) wird an den y-Eingang und eine Wechselspannung u 2 = uˆ 2 sin ω1t wird an den x-Eingang eines Oszillographen gelegt. Konstruieren Sie maßstäblich die entstehende Lissajousfigur für uˆ 1 = uˆ 2 und ω1 =ω2 ! 3.3. Gegeben ist eine Hausrath-Brücke (Abb. 6) mit f =1,6 kHz, C=0,1μF, R1=R2=100 Ω. Berechnen Sie die Werte für den Widerstand R, wenn zwischen den Spannungen UCD und UAB = U eine Phasenverschiebung von ϕ =0°, 45°, 90°, 135° und 180° entstehen soll! ω Zeichnen Sie maßstäblich die Ortskurve Z = f( ) für die untenstehende ω0 Schaltung und kennzeichnen Sie darin die Werte für ω 1 = 0; 0,2; 0,5; 1; 2; 5; ∞ bei ω0 = ! ω0 RC 3.4. C R 3.5. Zeichnen Sie für die Schaltung nach Abb. 6 ein maßstäbliches Zeigerdiagramm der Spannungen mit UAB=10V (Maßstab: 1V 1cm), R=3 kΩ; ω=l04s-1; C=25nF! 3.6. Erläutern Sie anhand eines einfachen Blockschaltbildes die Wirkungsweise eines Zweikanal-Oszillographen! -9- 4. Messaufgaben 4.1. Messen Sie an einer RC-Reihenschaltung mit einem ZweikanalOszillographen die Spannung UR am Widerstand R sowie den Phasenwinkel zur Gesamtspannung U in Abhängigkeit von der Frequenz ω. UR ω ω 1 = f ( ) und ϕ = f ( ) mit ω0 = dar U ω0 ω0 RC (logarithmisch geteilte Frequenzachse)! 4.1.1. Stellen Sie 4.1.2. Speichern Sie die Displaybilder für U und UR bei ω= ω0; 0,4· ω0 und 2,5· ω0; kennzeichnen Sie jeweils den Phasenwinkel ϕ! 4.2. Ermitteln Sie mit dem Oszillographen an einer Hausrath-Brücke bei konstanter Frequenz ω0 den Phasenwinkel ϕ der Diagonalspannung UCD in Abhängigkeit vom Widerstand R ! R 1 ) mit R 0 = dar R0 ω0C (logarithmisch geteilte R/R0-Achse)! 4.2.1. Stellen Sie ϕ = f ( 4.2.2. Speichern Sie die Oszillogramme der Spannungen U1 und UCD für ϕ =0°, 90° und 180°; kennzeichnen Sie jeweils die Phasenwinkel ϕ! 4.3. Bestimmen Sie an einer Hausrath-Brücke den Phasenwinkel zwischen U1 und UCD in Abhängigkeit von R mit Hilfe von Lissajousfiguren (Schaltung von 4.2. verwenden)! R 1 ) mit R 0 = dar (logarithmisch geteilte R/RoR0 ω0C Achse) und vergleichen Sie mit den Ergebnissen von 4.2.1.! 4.3.1. Stellen Sie ϕ = f ( 4.3.2. Speichern Sie die Lissajousfiguren für ϕ=0°, 45°, 90° und 180°. Nutzen Sie dabei die Ergebnisse der Vorbereitungsaufgabe 3.3.! - 10 - 4.4. Nehmen Sie mit Hilfe von Lissajousfiguren durch Messung von Strom, Spannung und Phasenwinkel den komplexen Scheinwiderstand Z des vorgelegten Zweipols in Abhängigkeit von der Kreisfrequenz ω auf. Die Messergebnisse sind in der komplexen Z -Ebene als Ortskurve darzustellen! Ermitteln Sie rechnerisch den minimalen Winkel ϕZ sowie die zugehörige Frequenz fmin für den komplexen Widerstand Z der vorliegenden RCSchaltung und vergleichen Sie die Werte mit der aufgenommenen Ortskurve! - 11 -