Der jüdische Glaube Das Judentum als Weltreligion Das Judentum zählt zu den Weltreligionen, wenn auch weltweit tatsächlich nur etwa 13,5 Millionen Menschen jüdischen Glaubens sind (zum Vergleich: Auf der Erde gibt es etwa 1,3 Milliarden Moslems und 2,1 Milliarden Christen). Seinen Status als Weltreligion verdankt das Judentum vor allem seiner frühen, weitreichenden Verbreitung und seiner Bedeutung für Islam und Christentum. Glaube und Alltag Thoraschrein in einer Synagoge (http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Aron_kodesh.jpg, 08.04.12) (cc) Author: Yoninah Das Judentum ist in erster Linie eine Religion der Schrift. Während in biblischen Zeiten noch der priesterliche Gottesdienst im Tempel in Jerusalem mit regelmäßigen täglichen Opferzeremonien im Mittelpunkt des religiösen Lebens stand, liegt seit der Zerstörung des Tempels der Schwerpunkt auf dem Studium der Schriften und dem Gebet. Jüdische Gemeinden werden geistlich und rechtlich von einem Rabbiner geleitet. Der Rabbiner ist ein Gelehrter der jüdischen Schriften, der als Gemeindevorsteher die Gemeindemitglieder in religiösen, persönlichen und folglich auch alltäglichen Dingen berät. Die jüdischen Gottesdienste werden meist von einem Kantor bzw. einem Vorbeter geleitet und finden in einer Synagoge (griech.: Versammlung) statt. Mittelpunkt und Quelle des jüdischen Lebens ist die Thora. Der Bund, den Gott in der Thora mit dem jüdischen Volk schloss, umfasst diverse Anweisungen, die ein Jude befolgen soll, um ein Leben unter dem Segen Gottes zu führen. Diese insgesamt 613 sogenannten Mitzwot (hebr.: Gebote) prägen große Teile des Alltags eines gläubigen Juden. So dürfen gläubige Juden am Schabbat keine Arbeit verrichten, da Gott am siebten Tag der Schöpfung ruhte. Dabei gibt es genaue Vorschriften, was als Arbeit verstanden wird. Darunter fällt unter anderem auch die Nutzung von Elektrizität. Man darf daher am Schabbat zum Beispiel nicht kochen. Aus diesem Grund wird das Essen meist schon am Tag vor dem Schabbat gekocht und mit speziellen Geräten warm gehalten. Neue Synagoge in Berlin (http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Berlin_Neue_Synago ge_2005.jpg, (cc) Author: Andreas Praefcke, 08.04.12) Wichtige Gebote betreffen auch die Speisen, die gegessen werden dürfen. Viele Tiere gelten als unrein und dürfen von einem gläubigen Juden grundsätzlich nicht verzehrt werden. Dazu zählen zum Beispiel Schweine, Hasen oder Meeresfrüchte. Auch für die Zubereitung erlaubter Speisen gibt es genaue Regeln. So müssen etwa fleisch- und milchhaltige Speisen streng voneinander getrennt werden und dürfen nicht gemeinsam in einer Mahlzeit verzehrt werden. Streng gläubige Juden haben deshalb sogar getrennte Geschirre, um die Mahlzeiten zuzubereiten und zu servieren. Ein wichtiger Teil des jüdischen Lebens sind auch die verschiedenen Feste und Feiertage. Auch diese werden größtenteils bereits in der Thora festgelegt und vorgeschrieben. Gefeiert werden zum Beispiel: Pessach (hebr.: Auszug), das Fest zur Erinnerung an den Auszug aus Ägypten, das in etwa mit unserem Osterfest zusammenfällt Schawuot (hebr.: Wochen), das Fest sieben Wochen nach Pessach, das an den Empfang des Gesetzes durch Mose erinnert und gleichzeitig ein Erntedankfest zum Beginn der Ernte ist Juden beim Gebet in einer Synagoge an Jom Kippur (http://en.wikipedia.org/wiki/File:Gottlieb-Jews_Praying_in_the_ Jom Kippur (hebr.: Tag der Sühne), der Synagogue_on_Yom_Kippur.jpg, 23.07.14) höchste jüdische Feiertag, der nach einer zehntägigen Zeit der Umkehr mit einem Fastentag begangen wird und an dem Versöhnung für begangene Sünden geschieht Sukkot (hebr.: Laubhütten), ein Erntefest zum Abschluss der Ernte. Das Fest dauert sieben Tage und gläubige Juden bauen dafür im Freien Laubhütten, die an das provisorische Leben nach dem Auszug aus Ägypten erinnern. Während der sieben Tage des Festes werden dort die Mahlzeiten eingenommen. Ein wichtiger Tag im Leben eines jüdischen Jugendlichen ist die Bar Mitzwah (hebr.: Sohn des Gebots) für einen Jungen, die Bat Mitzwah (hebr.: Tochter des Gebots) für ein Mädchen. Die Bar Mitzwah wird mit 13 Jahren gefeiert, die Bat Mitzwah mit 12. Ab diesem Tag ist der Jugendliche mündig im Sinne des Glaubens und damit verpflichtet die Gebote in eigener Verantwortung zu halten. Er wird in die Gemeinde aufgenommen und erstmals voll in den Gottesdienst einbezogen. Heils- und Messiaserwartung Der jüdische Glaube ist stark im Diesseits verankert. Gottes Handeln zeigt sich in der Geschichte mit seinem Volk, sowohl befreiend und segnend als auch strafend. Wer Gottes Gebote hält, kann in diesem Leben Segen erwarten. Der Glaube an die Auferstehung und ein Gericht nach dem Tod ist vermutlich erst relativ spät entstanden. Auch die Messiaserwartung ist stark irdisch geprägt. Eines Tages wird Gott einen Erlöser senden, den Messias (hebr.: Gesalbter). Er wird ein Nachkomme König Davids sein und das frühere Königreich Davids wieder errichten. Er wird alle Juden dazu bringen, die Gebote zu halten, die Zerstreuten Israels zurückbringen und den Tempel wieder aufbauen. Strömungen des religiösen Judentums Nicht alle Juden praktizieren ihren Glauben gleichermaßen streng. Im religiösen Judentum gibt es heute mehrere Strömungen. Grundsätzlich kann man orthodoxe und nicht-orthodoxe jüdische Strömungen unterscheiden. Die nicht-orthodoxen Strömungen werden auch als progressiv, reformiert oder liberal bezeichnet. Eine Mittelstellung zwischen orthodoxem und liberalem Judentum nimmt das im 19. Jahrhundert entstehende konservative Judentum ein. Orthodoxe Juden begreifen die Thora als unmittelbar von Gott offenbart. Aus diesem Grund werden alle jüdischen Religionsgesetze und Regeln von ihnen strikt befolgt. Liberale Juden beachten die jüdischen Religionsgesetze hingegen weniger. Sie gehen davon aus, dass die religiösen Gebote nicht von Gott gegeben, sondern von Menschen gemacht wurden. Daher können Schrift und Gebote auch vom Menschen neu ausgelegt und erklärt werden. Das konservative Judentum, vor allem in den USA stark vertreten, ist einerseits darum bemüht, jüdische Tradition zu bewahren, andererseits aber mit dem jüdischen Religionsgesetz vereinbare Modernisierungen durchzusetzen.