Vorwort Derzeit hat in Wien – einem internationalen Trend folgend – eine rege Planungs- und Bautätigkeit auf dem Hochhaussektor eingesetzt. In den südlichen Randbereichen Wiens (Wienerberg), entlang der Donau und Wagramer Straße, aber auch im innerstädtischen Bereich werden Hochhäuser mit Wohnungen und Büros errichtet. Im April letzten Jahres wurde der „Millennium-Tower, Österreichs höchstes und Europas dritthöchstes Gebäude, offiziell eröffnet. Der Turm weist eine Höhe von 202 m und eine Bürofläche von 38.000 m2 auf 50 Stockwerken auf. Im Vergleich zu anderen Bürobauten, wie z.B. dem derzeit höchsten Gebäude der Welt, den 452 m hohen Zwillingstürmen des Petronas Towers in Kuala Lumpur, ist der „Millenniums-Tower“ verschwindend klein. Weltweit geht der Trend zu immer größeren Projekten. Das geplante Shanghai Finace Center soll eine Höhe von 482 m, der Millenniums Tower in Tokio sogar eine Höhe von 840 m erreichen. Hochhäuser stellen hohe Anforderungen an Stadtplanung, Architektur und Ingenieurleistungen. Investoren bringen gewaltige Geldmittel auf und erwarten sich einen dementsprechend hohen Nutzen von diesen Gebäuden. Solche Gebäude stellen auch hohe Anforderungen an die Sicherheitstechnik. Zahlreiche Menschen wohnen oder arbeiten in einem solchen Haus. Ihre Sicherheit ist oberstes Gebot bei der Planung der Sicherheitseinrichtungen. In einem Hochhaus – speziell in Bürohochhäusern - befinden sich in der Regel wesentlich mehr Menschen (derzeit in Wien bis zu 2500) als in herkömmlichen Objekten. Für alle besteht im Brandfall im wesentlichen nur ein Fluchtweg: Der über die Stiegenhäuser nach unten. Andere Möglichkeiten wie seitliche Notausgänge oder Befreiung durch die Feuerwehr über Drehleitern bleiben den Menschen im Hochhaus verwehrt. Die Feuerwehr steht ebenfalls vor deutlich erschwerten Bedingungen im Brandfall: Erkundungs- und Anmarschwege sind ungleich länger als bei sonstigen Objekten, Material wie Schläuche, Atemschutzgeräte und Werkzeug muß in große Höhen transportiert werden, der Einsatz von Hubrettungsgeräten ist in der Regel mit ca. 30 m begrenzt, die Komunikation in einem solchen Gebäude ist erschwert, eine Löschwasserförderung vom Feuerwehrfahrzeug aus ist ohne technische Hilfsmittel im Gebäude in große Höhen nicht möglich. Die angeführten Fakten haben auch die Behörden und den Gesetzgeber veranlaßt, an Hochhäuser erhöhte Sicherheitsanforderungen zu stellen. Der Stand der derzeit aktuellen Richtlinien wird im folgenden kurz zusammengefasst. Um die Schutzziele in einem Hochhaus zu erreichen, sind unter Berücksichtigung gebäudespezifischer Risikomerkmale spezielle brandschutztechnische Maßnahmen und Einrichtungen erforderlich. Die Schutzziele umfassen den Personenschutz (Warnung und Alarmierung, Begrenzung der vom Brand betroffenen Personen, Flucht bzw. Rettung von Personen), den Umgebungsschutz (Brandübertragung, Gefährdung der Nachbarschaft durch Brandübertragung und Einsturz des Gebäudes), den Sachgüterschutz (Verlust von Inventar und Wissen, Verlust des Gebäudes, Betriebsausfall) und den Schutz der Einsatzkräfte (Verhinderung der Entstehung eines unbeherrschbaren Großbrandes). Ziel einer guten Planung muß es sein, alle Maßnahmen so aufeinander abzustimmen, daß bei möglichst wirtschaftlicher Ausführung das Wohnen und Arbeiten für die Menschen im Hochhaus ebenso sicher wie schön gestaltet wird. Allgemeines zum Brandschutz in Hochhäusern Anmerkung: Obwohl sich diese Artikelserie primär mit Hochhäusern in Wien beschäftigt, sind die Aussagen auf ganz Österreich umlegbar, da die Bauordnungen (mit Ausnahme der Hochhausgrenzen) überall sehr ähnlich sind, die Ausrüstung der Feuerwehren de facto ident ist und überdies kaum ein statistisch signifikanter bundesländerspezifischer Unterschied in der Reaktion von Menschen in Gefahr oder im Verlauf eines Brandes festgestellt werden konnte. Hochhäuser sind per Definition der Bauordnung für Wien Gebäude mit einer Gebäudehöhe von mehr als 26 m. Unter Gebäudehöhe ist die Höhe des Fußbodens des höchst gelegenen Geschoßes (mit Ausnahme von Technikräumen) über dem angrenzenden Niveau zu verstehen. Die meisten Hochhäuser weisen hinsichtlich der Nutzung ähnliche Strukturen auf. Im unterirdischen Bereich befinden sich Tiefgaragen und Technikräume. Im Sockelbereich der unteren Ebene befinden sich ein- oder mehrgeschoßige Shopping-Malls. Daran schließen Büroetagen und/oder Wohnanlagen an. Die an Hochhäuser gestellten Anforderungen können in die Bereiche „Baulicher Brandschutz“, „Sicherheitstechnische Einrichtungen“ und „Betrieblicher Brandschutz“ unterteilt werden. In diesem Artikel sollen nicht nur die wichtigsten einzelnen Brandschutzmaßnahmen aufgezählt, sondern auch deren Erfordernis und Hintergründe erklärt werden. Baulicher Brandschutz Die bauliche Ausführung von Hochhäusern wird durch die Bauordnungen der Länder vorgegeben. In Wien gibt es basierend auf der Bauordnung eine eigene Hochhausrichtlinie. Festgelegt werden darin unter anderem die Ausführung von Wänden, Fassaden, Decken, Brandmauern, Brandabschnittsgrößen, Türen und vor allem die Gestaltung der Stiegenhäuser. Berücksichtigt wird auch das Vorhandensein von Sprinkleranlagen, z. B. können von der Behörde Ausnahmen hinsichtlich der Parapetausbildung gewährt werden, wenn eine Sprinkleranlage vorhanden ist. Für sogenannte Doppelfassaden, bei denen der entstehende Spalt zwischen Fassade und vorgehängter Fassade mehr als 6 cm breit ist, müssen geeignete Maßnahmen zur Verhinderung der Brandübertragung vorgesehen werden, da durch den Kamineffekt ein Brandüberschlag von Geschoß zu Geschoß in diesem Bereich besonders gefährlich ist. Fenstertüren (französiche Fenster) sind nur für Loggien und Balkone zulässig, bei Vorhandensein einer Sprinkleranlage können wiederum Ausnahmen gewährt werden. Brandabschnitte und Rauchabschnitte stellen eine bewährte, störungsunanfällige Brandschutzmaßnahme dar. Die Brandabschnittsflächen werden in der Regel auf 700 m2 Geschoßfläche begrenzt. Ungeachtet dessen muß jede Wohn- oder Büroeinheit, Stiegenhäuser sowie Räume besonderer Verwendung, wie z.B. Müllräume, einen eigenen Brandabschnitt bilden. Durch die Begrenzung der zulässigen Brandabschnittsfläche bleibt die Gefährdung durch Feuer und Rauch auf die sich in diesem Brandabschnitt befindlichen Personen beschränkt. Die Rauch und Brandausbreitung wird in Verbindung mit den anlagentechnischen Brandschutzeinrichtungen durch Brandmauern, Brandschutztüren, Brandschutzklappen in Lüftungsleitungen und Brandabschottungssystemen von diversen Leitungen verhindert. Soferne ein Hochhaus mit einem sogenannten Breitfuß (Sockelbereich) gebaut wird, muß dieser öffnungslos vom eigentlichen Hochhausbereich getrennt sein. Die Trennung kann entfallen, wenn im Sockelbereich die gleichen Brandschutzmaßnahmen (Brandmeldeanlage, Sprinkleranlage) wie im eigentlichen Hochhausbereich installiert werden. Flucht- und Rettungswege Der Personenschutz und somit die Möglichkeit zur Flucht bzw. Rettung der durch Feuer und Rauch gefährdeten Personen stellt das wichtigste Schutzziel dar. Die Rettung von Personen mit Geräten der Feuerwehr, wie z.B. Schiebleiter oder Drehleiter ist i. a. bei Hochhäusern nicht möglich. Die Evakuierung einer Vielzahl von gefährdeten Personen unter Verwendung von Fluchtfiltermasken stellt jede Feuerwehr vor ein nicht beherrschbares Ereignis. Diesen Umständen wird durch zwei unabhängige Fluchtrichtungen, kurze Fluchtwege und der Rauchfreihaltung der Fluchtwege Rechnung getragen. An Stiegenhäuser und deren Ausführung werden besonders hohe Anforderungen gestellt. Jeder Brandabschnitt von maximal 700 m2 muß entweder mit zwei Sicherheitsstiegen aufgeschlossen sein (bei Gebäudehöhen von mehr als 35 m) oder mit einer Sicherheits- und einer Normalstiege (bei Gebäudehöhen von max. 35 m). Es ist zulässig die Stiegenhäuser jeweils mehreren Brandabschnitten zuzuordnen. Erleichterungen gibt es, wenn die Brandabschnittsfläche pro Geschoß nur 320 m2 aufweist und das Hochhaus nicht mehr als 35 m hoch ist. Kein Teil eines Aufenthaltsraumes darf mehr als 30 m von einer Stiege entfernt sein. Die Fluchtweglänge zur zweiten Stiege oder zu einem gesicherten Brandabschnitt ist mit 40 m begrenzt. Die Rauchfreihaltung der Fluchtwege wird durch die Unterteilung von Gängen in Rauchabschnitte von 20 m, durch den Stiegenhäusern vorgelagerte, belüftete Schleusen und die Ausbildung des Stiegenhauses als eigener Brandabschnitt mit einer entsprechenden Lüftung erreicht. Sicherheitsstiegen können als außenliegende oder innenliegende Sicherheitsstiegen ausgeführt sein. Außenliegende Sicherheitsstiegen sind über Loggien erreichbar (natürliche Dauerlüftung) und mindestens mit R30 Türen abgeschlossen. Die Schleusen können mit einer natürlichen Dauerlüftung oder einer Druckbelüftung ausgestattet sein. Innenliegende Sicherheitsstiegen sind über Schleusen erreichbar. Bei innenliegenden Stiegenhäusern darf ein Rauchabschnitt maximal 6 Geschoße umfassen Die Schleuse und das Stiegenhaus müssen über eine Druckbelüftung verfügen. Die Druckbelüftung verhindert auch bei offenen Schleusentüren den Eintritt von Rauch in das Stiegenhaus. In absehbarer Zeit wird eine Technische Richtlinie Vorbeugender Brandschutz (TRVB S 112) über die Ausführung und die erforderlichen Druck- und Strömungsverhältnisse von Druckbelüftungsanlagen erscheinen.