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aesthetik des unheils / schönheitslehre des unheils
das seiende und das nichts, das volle und das leere, die ordnung und das chaos
(ungeordnetes durcheinander zeitlos), die notwendigkeit und der zufall
(glücks-/unglücksfall), die essenz (das sosein/diesesenheit) und das beliebige
(beliebig anfallende), die botschaft und leeres getöse, das positiv und das
negativ (bejahung/verneinung) -alles in allem: das gute und das böse.
in unseren worten aber gibt es aber eine philosophie der hinterhältigkeit, sie
legt eine gewichtung des jenseitigen (metaphysischen = über den irdischen
kräften) auf das erste begriffspaar dieser grundlegenden
gegenüberstellungen,also dem sein und dem nichtsein.
gott ist tot, aber sein hinüberschreiten von diesseits ins jenseits, hat sich
auf das seiende, das sein, die wesenheit, die gnzheit usw. verlagert -es ist
die abendländische rückführung der heiligkeit, die der philosoph jacques
derrida etwas herabwürdigend, als die theologie des seins
(l'onto-théologie) bezeichnete.
es sind die bildhauer, die seit urzeiten die treibenden kräfte, wenn nicht
sogar anstifter, dieser gegenwart des jenseitigen gewesen sind. die nachahmer
des pygmalion (mythologischer könig, der als bildhauer eine traumfrau schuf allerdings leblos; aus mitleid belebte aohrodite diese und zwischen bildhauer
und kunstwerk entbrannte liebe) oder die rivalen des schöpfers, sie steigern
den wert über bronze oder marmor, über die rundungen und ihre umrisse, über
ihr gewicht, über die musealen gestalten hinaus, die noch eindrücklicher
sind, als unsere eigenen körper aus fleisch und blut. sie schuften wie die
ochsen (romains), jedoch am siebten tage, nach vollendung des werkes, räumen
sie die wekstätte, zerstören die gussform, polieren die bronze oder den
marmor, sie verlieren sich in ehrfurchtvoller betrachtung dieses geläuterten
und unanfechtbaren seienden, das sie hervorgebracht haben.
nikola zaric, er schlägt den umgekehrten weg ein. er ist einer von jenen, die
den vertrag mit dem teufel eingegangen sind, er bringt in gang den negativen
begriff der metaphysischen gegenüberstellungen, er durchkämmt die abfälle
seines ateliers, er ist ein getriebener am siebten tage.
im gegensatz zum allerursprünglichem bildhauer, vergreift er sich an der
gussform, an der leere des zwischenraumes, an den nähten, an den brüchen des
trocknungsvorganges, kurzum, es sind eher abfallartige überbleibsel, denn
vollbrachtes... ( eine widersinnige bezugnahme -référence paradoxale- oder die
wiederkehr des verdrängten:
michelangelo, gleichwohl das musterbild unter allen, verschrieb den
bildhauern, die gestalt aus der gefangenschaft des marmorblocks zu bfreien,
also durch das leere voranzugehen, vielmehr wegzulassen als zu erschaffen,
sich zum aufheber als zum urheber
- ôteur plutôt que l' auteur- zu machen.
der überlieferung nach soll er den rechten arm des david auf so eindringliche
weise gespreizt haben, weil er schliesslich auf eine schicksalshaft gegebene
scharte in der dicke der marmors eingegangen sein soll...)
so gesehen zaric monumentalisiert, erhebt die zersetzung seiner urprünglichen
modelierungen und behandelt somit das überbleibsel als das wirkliche; wir
erwischen uns dabei von einer anderen metaphysik , als derjenigen des seins
zu phantasieren, einer metaphysik de la catastrophe, des unterganges, es ist
eine ontologie, seinslehre des risses/ des bruches. so sprechen wir vom big
bang, dem urknall, als von einer furchtbaren nuklearen explosion in der
ursprünglichen leere, dem urquell der zeugung dessen, was wir als wirklichkeit
verstehen. und wenn es das gegenteil dessen wäre, was geschah: am urprung das
absolut volle, einheitlichkeit ohne spalte, der block des michelangelo als
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scherz des universums, eine kosmische kompaktheit von so einem druck, dass
eine bruchspalte sich unvermeidlich ergeben musste, eine klettenartige
zerfürchung, eine uneingeschränkte ausdehnung des leeren zwischenraumes, das
wikliche als ein desaster der ganzheit, der erfinderische riss vorgezogen der
idiotie / sprachlosigkeit der materie...
nikola zaric, der szenen-entwerfer des big bang, sapperlott!
und weiter, könnten wir das cosmische gleichnis/metapher übersetzen in die
marxistischen begriffe und seine arbeiten als eine materialistische
zurückgabe des künstlerischen vorganges verstehen, oder in freudianischen
begriffen als eine figurative rückkehr des verdrängten, oder in nietzsches
begriffen als eine inversion/ umkehrung sämtlicher werte des plastischen/ der
bildhauerei...
das bedeutet, zaric philosophische überlegungen zuzuordnen, und er ist der
erste, um dieses von sich zu weisen, werdet ihr entgegnen. wir wissen nur
allzu gut, dass der künstler zuerst schafft und danach denkt - wenn er sich
nicht zuvor dieser drückenden aufgabe an einen interpträten entledigt. in
wahrheit haben wir es mit dem künstlerischen ausdruck, mit einem plastischen
denken zu tun, das wesentlich subtiler, feingegliederter ist als die
verbalisation/ als etwas in worte zu fassen, und die das plastische denken
sogar hemmen würde.
und was es auch immer sein mag, zaric kann sehr gut den unschuldigen mimen
oder den unbewussten, wir müssen ihn als einen bildhauer-philosophen
betrachten und seine werke als herausforderungen der sinne und des geistes.
michel thévoz
traduction pavel schmidt
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