Heinrich von Kleist: Prinz Friedrich von Homburg Lk12 (Lenk

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HEINRICH VON KLEIST: Prinz Friedrich von Homburg
Lk12
(Lenk)
Erwartungshorizont/ Bewertungsbogen
(Analyse III/1, V.817-876)
Inhaltliche Leistung
Anforderungen
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5.
Der Prüfling
formuliert eine Einleitung (Verfasser, Titel, Erscheinungsjahr, ggf. Uraufführung und vor allem
Themenangabe des Dramas).
erläutert den situativen Kontext. (Was passiert vorher? Was danach? Was kündigt sich hier
schon an? )
gibt den Inhalt der Szene in eigenen Worten kurz wieder. (hier: Der Prinz von Homburg ist
angesichts seiner Verurteilung immer noch der Auffassung, dass seine Begnadigung durch
Kurfürsten in absehbarer Zeit erfolgen wird. (V.817-827) Trotz Nachfragen und Zweifel des Graf
von Hohenzollern ist er sich der familiären Bande bzw. Verbundenheit, die zwischen ihm und dem
Kurfürsten scheinbar besteht, gewiss (V.828-842) und macht klar, dass er seine Tat nicht als
schwerwiegend empfindet. (V.843-859). Er setzt dabei das Gefühl dem Gesetz entgegen. (V.860876)
formuliert eine Deutungshypothese. (z.B.):
Die vorliegende Szene betont die Einstellung des Prinzen zum Kurfürsten im Angesicht seiner
Verhaftung. Der Prinz sieht im Kurfürsten einen väterlichen Freund, der die Entwicklung des
Prinzen freudig beobachtet und begünstigt und ihn aus diesem Gründen schützen wird. Er
unterscheidet hier zwischen einem allgemeinen Gesetz, dem pro forma Tribut gezollt werden
muss, und der Ausnahme aufgrund der persönlichen Beziehungen und Zuneigung.
untersucht die Szene aspektorientiert oder linear in Hinblick auf die Deutungshypothese und
fundiert seine Ausführungen durch eine sprachliche Analyse.
Verortung der Szene anhand der klassischen Dramentheorie: Die Szene gehört zum 3. Akt und
damit eigentlich zum Höhe- bzw. Wendepunkt des Dramas, alle zentralen Figuren, Orte, Zeit
sowie Konflikte sind bereits in die Handlung eingeführt. Der eigentliche Wendepunkt wird in
dieser Szene aber nicht dargestellt, die Realisierung der Realität, d.h. der Todesgefahr aufgrund
seiner Verurteilung, steht noch aus und wird erst im Folgenden berichtet. So gesehen, gehört die
vorliegende Szene noch zur steigenden Handlung.
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Bereits zu Beginn des Dialogs wird die Einstellung des Prinzen in den Mittelpunkt gerückt,
indem der Graf ihn nach einer Pause „bedenklich“ (Nebentext nach V.817) fragt, wie
dieser seine veränderte Lage begreife. (vgl. 817ff)
Dass keiner von Beiden mit einem solchen Ausgang gerechnet hat, wird durch den
Einsatz der Alliteration „seit sie so seltsam sich“ (V.818) unterstützt.
Die Rechtfertigung des Prinzen beginnt mit einer rhetorischen Frage („Ich?“, V.819) und
stützt sich im Wesentlichen auf seinen Glauben an des „Herz[…]“ (V.821) des Kurfürsten.
Er setzt die Emotion der „Pflicht“ (V.819) gegenüber und führt aus, dass er fest mit einer
Begnadigung rechnet und das Urteil nur pro forma erfolgte. Diese Sicherheit wird
deutlich, indem er für den Kurfürsten spricht, erkennbar an der auffälligen Verwendung
der Pronomen „du“ (V.822) und „ich“ (V.824).
Seine Hoffnung auf Ruhm und Auszeichnung („ Schmuck der Gnade“, V.826) schwächt er
ab, verdeutlicht durch die Wiederholung des Adverbs „vielleicht“ (V.823, V.826),
fokussiert aber deutlich sein Ziel: „Freiheit“ (V.823).
Die Reaktion des Grafen ist eher zurückhaltend, nichts desto trotz eindeutig: er scheint
entsetzt („hält inne“; Nebentext), versucht durch die Interjektion und persönliche
Ansprache des Prinzen („O Arthur!) ihn zur Besinnung zu bringen und vergewissert sich
auch direkt: „des bist du so gewiss?“ (V.828).
Nachdem der Prinz seine Gelassenheit durch die Ellipse „Nun?“ (V.828) zum Ausdruck
gebracht hat, führt er die Gründe dafür aus. Er erläutert seinen Glauben an die
Begnadigung durch die Gewissheit der Verbundenheit zum Kurfürsten („Ich bin ihm wert
[…] wie ein Sohn“ (V.829f)) und unterstützt diese durch Verwendung der Hyperbel „in
tausend Proben“ (V.831).
HEINRICH VON KLEIST: Prinz Friedrich von Homburg
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(Lenk)
Um seine Beziehung zum Kurfürsten noch näher zu charakterisieren, verwendet er die
Metapher der „Pflanze, die [der Kurfürst] selbst zog“ (V.836) und untermalt damit noch
einmal den familiären Bund der Beiden. Dabei lässt er nicht aus, zu erwähnen, dass der
Kurfürst ihn zu dem gemacht hat, der er ist (vgl. V.835) und damit auch Verständnis dafür
aufbringen müsste, wenn er im Eifer des Gefechtes unüberlegt gehandelt habe. (vgl.
838f).
Dass er keinen Widerspruch bzw. Einspruch gelten lasse, macht er anhand der Frage
„Was für ein Zweifel ists, der dich bewegt?“ (V.832), zu deren Beantwortung er keine
Möglichkeit lässt, und der Klarstellung: „das glaubt‘ ich seinem schlimmsten Feinde nicht,
viel wen’ger dir“ (V.840f), deutlich.
Der Tod stellt für den Prinzen zwar keine Option da, er ist sich dessen aber trotz
Realitätsflucht bewusst. Seine Verurteilung setzt er mit „in den Staub daniedertreten“
(V.839) gleich. Hier wird in dieser Szene erstmalig eines der Leitmotive verwendet.
Der emotionalen Rede des Prinzen stehen die rationalen Fragen des Grafen gegenüber.
Er verweist gleich zweimal auf das „Kriegsrecht“ (V.842, V.861) und macht seinem
Erstaunen deutlich Ausdruck, dass der Prinz „des Glaubens noch“ (V.843) ist.
Der letzte größere Redebeitrag des Prinzen (V.843- 859) liest sich wie ein Plädoyer für
seine Unschuld. Er betont, dass seine Insubordination kein „todeswürdiges Verbrechen“
(V.848) gewesen sei und dass die „Richter[...] herzlos [ihm] stets von der Kugel […] das
Grablied singen“ (V.853f). Hier wird deutlich, dass er von Einsicht und Erkenntnis noch
weit entfernt ist, zumal er davon ausgeht, dass der Kurfürst ihn „als ein Gott“ (V.856) aus
seiner Lage befreien und „diese Nacht von Wolken“ (V.857) vertreiben werde.
Sein Argumentationsgang ist paradox, aber innbrünstig, verwendet er doch auch hier
wieder das Leitmotive „Staub“ (V.850) zur Illustrierung seines Sieges über die Schweden
und die „Sonne“ (V.858) als Motiv der Macht und Erleuchtung nach der Begnadigung
durch den Kurfürsten.
Der Urteilsspruch „auf Tod“ (V.862) bekümmert den Prinzen „nicht im Mindestens“
(Ellipse, V.866), da er erneut sein „Gefühl“ (V.868) dem Gesetz und der Pflicht
gegenüberstellt.
Diesen Glauben betont er auch abschließend erneut, da reflektiert, dass eine
Verurteilung pro forma stattfinden musste (vgl. V.870ff), aber er sich des Herzen des
Kurfürsten gewiss sein und davon ausgeht, dass diese eher den Opfertod („Staub“,
V.876) sterben würde als „solch ein Urteil lässt vollstrecken“ (V.872).
Weitere sprachliche Besonderheiten:
- Dialog (Redebeiträge des Prinzen überliegen  Kontrast: Sprachlosigkeit Hohenzollern,
der bereits den Ernst der Lage anerkannt hat und jeder Argumentation nur mit einem
Aufbegehrens begegnet („O Arthur!“ (V.828); „Du Rasender!“ V.867))
- aufeinander aufbauende Gedankenentwicklung
- parataktisch (Aneinanderreihung von selbstständigen Sätzen)
- im Blankvers verfasst, durchgängiger Fließtext mit Versumbrüchen (Enjambements)
- Stilmittel: Rhetorische Fragen, Interjektionen, Ellipsen, Metaphern, Wiederholungen,
Einsatz der Leitmotive, Hyperbeln
→ Sprachliche Gestaltung geschieht in Hinblick auf inhaltliche Aspekte und Handlung
Wesentlich ist das klare und zielgerichtete Vorgehen in Bezug auf die Aufgabenstellung und die
Deutungshypothese. Erwartet wird eine detailierte, schwerpunktmäßige Analyse.
6.
formuliert einen Schlussteil.
(Rückbezug zur Deutungshypothese, Bedeutung der Szene für den Verlauf des Dramas bzw. des
dramatischen Konflikts, abschließende Einordnung in den historischen Kontext (Alles in allem
lässt hier feststellen, dass der Kurfürst im Gegensatz zum romantisch verklärten Prinzen das
typische Menschenbild der Klassik repräsentiert, da er eher durch Vernunft, Tugend und
Ehrlichkeit seinen Pflichten nachkommt. Das Leben des Prinzen dagegen ist zunächst keinen
Idealen gewidmet, sondern dient dem Selbstzweck.)
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