Galotti_interpretationaspekte

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Emilia Galotti
Interpretationsaspekte
Liebe
In diesem Stück tauchen verschiedenartige Beziehungen zwischen den einzelnen Personen
auf, die sich wie folgt beschreiben lassen können:
Prinz – Emilia:
Der Prinz glaubt, Emilia zu lieben, doch diese Liebe ist in Frage zu stellen, da sie sich im
Besitzanspruch ausdrückt. Seine Hauptmotive sind in diesem Fall Leidenschaft und
Triebhaftigkeit. Die anfängliche Leidenschaft wandelt sich später in wahre Liebe. Emilia
hingegen lässt ihren Gefühlen nicht freien Lauf; sie hat Angst, dem Prinzen nicht widerstehen
zu können, da sie von ihm angetan ist.
Orsina – Prinz:
Die Beziehung zwischen Orsina und dem Prinzen ist eine Hassliebe. Diese Hassliebe geht von
Orsina aus: Der Prinz empfindet ihr gegenüber nur noch Gleichgültigkeit. In der Liebe
Orsinas spiegelt sich Leidenschaft, gekränkte Eitelkeit und zum Schluss nur noch Hass. Sie
will den Prinzen vernichten.
Appiani – Emilia:
Diese „Liebe“ scheint sehr unterkühlt. Von Emilias Seite besteht sie wohl mehr aus Respekt,
Achtung und Bewunderung (sprich: Zweckheirat). Sie ging diese Heirat nur auf Wunsch ihrer
Eltern, besonders des Vaters ein, der Appiani sehr schätzt. Appiani hingegen scheint wahre
Liebe für sie zu empfinden. Er äußert seine Liebe nicht wie der Prinz, sondern in
zurückhaltender Verehrung.
Emilia – Odoardo:
In dieser Beziehung ist es schwer, von wahrer Liebe zu sprechen, da der Vater die Ehre der
Tochter über ihr Leben stellt. Aber andererseits besteht die Auffassung, dass sich gerade darin
die wahre Vaterliebe zeigt: Er opfert sein Kind, um es vor der Schande zu retten.
Claudia – Odoardo:
Ihr Verhältnis zueinander ist fest und unzertrennlich. Jedoch besteht zwischen ihnen keine
wahre Liebe.
Fazit:
Wahre Liebe wird in diesem Stück nicht explizit erwähnt; allenfalls könnte man im Fall
Appiani/Emilia und Emilia/Prinz von wahrer Liebe sprechen.
Motive des Marinelli
Das Hauptmotiv des Marinelli, den Grafen Appiani umzubringen, ist die Machtergreifung in
Bezug auf die Staatsgeschäfte. Da er eine Vertrauensstellung bei dem Prinzen innehat, lauert
er auf eine Chance, diese Macht zu erlangen. Der Prinz verliebt sich in Emilia Galotti und
erhofft, sie durch Marinellis Hilfe zu besitzen. Da Marinelli von der Unterhaltung zwischen
Emilia und dem Prinzen in der Kirche weiß, hat er den Prinzen in der Hand. Denn würde die
Beziehung des Prinzen zu Emilia bekannt, würde der Verdacht auf den Prinzen fallen. Der
Prinz wird Marinelli die Staatsgeschäfte aus folgenden Gründen überlassen:
(a)
Er braucht genügend Zeit für Emilia:
(b)
Er wird sein Leben lang fürchten müssen, dass seine Verschwiegenheit bricht, den
Vorfall an die Öffentlichkeit bringt und dadurch die Stellung des Prinzen gefährdet.
Sprache
Die Sprache im Text ist eine förmliche, wie sie vermutlich zu jener Zeit von den oberen
Schichten geführt wurde („Er weiß wohl nicht, was er tut.“ = direkte Anrede!)
Personen
Prinz
Der Prinz wird zwiespältig dargestellt. Einerseits als typischer Prinz, der sich – durch den
Einfluss Marinellis – tugendlos, hinterlistig und egoistisch verhält und andererseits als
Mensch, weil er bei seiner Liebe zu Emilia nicht auf den Stand achtet, dem sie angehört. [...]
Die eigentliche Machtstellung eines damaligen Prinzen kommt nicht zum Ausdruck. Im Punkt
„Liebe“ wendet sich der Prinz gegen die damaligen Normen. Er liebt Emilia, obwohl sie eine
Bürgerliche ist. [...] Er fürchtet die Reaktionen der Welt auf seine Intrigen.
Vater Galotti
Er verkörpert das zur damaligen Zeit angestrebte Ideal eines stolzen, unbeugsamen
Familienoberhauptes, der sich durch starke Religiosität und Tugendhaftigkeit auszeichnet. Er
ordnet sich voll und ganz den damaligen Normen und Prinzipien unter, obwohl er – was
damals sehr ungewöhnlich war – von seiner Familie getrennt lebte. [...]
Eventuelle Gründe für die Ermordung seiner Tochter sind:
(a)
Er tötet sie aus väterlicher Liebe:
(b)
aus Angst vor der Schande (sich wegen seiner Prinzipien vor der Gesellschaft
bloßzustellen).
Welche Person ist tragisch?
Emilia
Sie gerät in den Zwiespalt zwischen Liebe (Trieb) und Tugend bzw. Religion. [...] Ein anderer
Aspekt ist, dass sie den Tod wählt, weil sie im Falle des Zusammenlebens mit dem Prinzen
gesellschaftlich und religiös tot wäre.
Prinz
Die Tragik gipfelt in dem Verlust seiner wahren Liebe. Auch er ist nur zum Teil tragisch (wie
Odoardo, E. V.), da er nicht stirbt und so die Möglichkeit hat, sich eine neue Zukunft bzw.
neue Liebe aufzubauen.
Religion
Religion übt einen erwartet starken Einfluss auf die mittleren Schichten aus, zu denen auch
die Familie Galotti gehört. In den höheren Kreisen, z. B. beim Prinzen und bei Marinelli,
spielt sie überhaupt keine Rolle. Sie schrecken nicht vor Gewalt oder einer Mordtat zurück.
Stellung der Frau in der Gesellschaft
Die damalige Gesellschaft wurde hauptsächlich durch Männer bestimmt und stark von der
Religion beeinflusst. Die Frau wurde als Lustobjekt angesehen, von der man erwartete, dass
sie sich ihrem Gatten, den sie nicht einmal selbst aussuchen durfte, unterwarf. Das öffentliche
Leben war hauptsächlich den Männern vorbehalten. Dagegen hatten die Frauen in der
Gesellschaft keine Bedeutung. Sie mussten sich bestimmten Normen beugen (z. B.
Tugendhaftigkeit, Gehorsam, Bescheidenheit und Christlichkeit). [...] Das Philosophieren und
Nachdenken war einer Frau nicht gestattet, denn: „Eine Frau, die nachdenkt, ist wie ein Mann,
der sich schminkt.“ Die Gräfin Orsina bildet in diesem Fall eine Ausnahme, da sie
selbstbewusst und stolz ist. Sie setzt ihren Willen durch und philosophiert auch. Das gibt
vielen den Anlass (im Stück), über Orsina herzuziehen.
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