LENTOS Kunstmuseum Linz Presseunterlage SEAN SCULLY Retrospektive DVR-Nummer 0002852 22. Juli bis 7. Oktober 2012 LENTOS Kunstmuseum Linz, A-4021 Linz, Ernst-Koref-Promenade 1 Tel: +43 (0)732.7070-3600 Fax: +43 (0)732.7070-3604 www.lentos.at Seite 2 Inhalt Ausstellungsdaten Pressetext ………………………………………………………………………….. 3 …………………………………………………………………………………… 5 Kunstvermittlungs- und Veranstaltungsprogramm …………………………………….. Biografie 6 ……………………………………………………………………………………. 9 Saalhefttexte .…………………………………………………………………………….. Katalog Vorwort Pressebilder .…………………….…………………………………………..…….…. 10 23 ……………………………………………………………………………….. Seite 3 26 Seite 4 Ausstellungsdaten Ausstellungstitel: SEAN SCULLY. Retrospektive Ausstellungsdauer 22. Juli bis 7. Oktober 2012 Eröffnung Samstag, 21. Juli 2012, 19 Uhr Pressekonferenz Freitag, 20. Juli 2012, 11 Uhr Ausstellungsort LENTOS Kunstmuseum Linz, großer Ausstellungssaal Kuratorin Dr.in Brigitte Reutner Exponate 37 Gemälde und 7 Fotografien Kooperation Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Kunstmuseum Bern, wo sie von 9. März bis 24. Juni 2012 zu sehen war. Publikation Anlässlich der beiden Ausstellungen ist im jovis Verlag der Katalog SEAN SCULLY. Grey Wolf – Retrospektive erschienen. Hrsg. von Dr. Matthias Frehner und Stella Rollig. Mit Beiträgen von Stella Rollig, Dr. Matthias Frehner, Annick Haldemann und Dr.in Brigitte Reutner und zahlreichen Abbildungen, 208 Seiten, Preis € 28,-. ISBN 978-3-86859-183-5 Seite 5 Unterstützung Die Ausstellung wird unterstützt von der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich. Saalheft Den BesucherInnen steht ein Saalheft mit Texten zu vielen der Exponate in deutscher und englischer Sprache zur Verfügung. Redaktion und Texte: Dr.in Brigitte Reutner, Dr.in Dunja Schneider Web App Das LENTOS bietet zur Ausstellung wieder ein mobiles Service für Smartphones und Tablets an (plattform- und geräteunabhängig). Mit Videos, Texten und einem Memo Spiel. Einfach vor, während oder nach der Ausstellung unter http://app.lentos.at zu erreichen. Kontakt Ernst-Koref-Promenade 1, 4020 Linz, Tel. +43(0)732/7070-3600; [email protected], www.lentos.at Öffnungszeiten Di–So 10–18 Uhr, Do 10–21 Uhr, Mo geschlossen (außer 9.4.) Eintritt € 6,50, ermäßigt € 4,50 Pressekontakt Mag.a Nina Kirsch, Tel. +43(0)732/7070-3603, [email protected] GesprächspartnerInnen bei der Pressekonferenz: Sean Scully, Künstler Seite 6 Stella Rollig, Direktorin LENTOS Kunstmuseum Linz Brigitte Reutner, Kuratorin Helmut Schützeneder, Raiffeisen Landesbank Oberösterreich Seite 7 Pressetext Die Ausstellung Sean Scully. Retrospektive ist die erste große Personale des Künstlers in Österreich seit mehr als 10 Jahren. Bereits 1997 fand in der Neuen Galerie der Stadt Linz (heute LENTOS Kunstmuseum Linz) die erste österreichische Einzelausstellung von Sean Scully statt. Mit der Präsentation von 44 Gemälden und Fotografien zeigt nun das LENTOS einen umfangreichen Querschnitt durch das Schaffen des in Irland geborenen Künstlers, der heute in New York City, Barcelona und Bayern lebt. In Scullys Frühwerk erzeugt ein Rastersystem, in dem sich Farbstreifen mehrfach überlagern, ungewöhnliche optische Effekte. Im Laufe der 1980er Jahre entwickelte der Künstler eine Malerei, die den Pinselduktus betont. Harte Kanten werden malerisch unterwandert, Konturen verschwimmen ineinander. Hellere Streifen setzen sich wirkungsvoll gegen dunklere ab. Die dadurch aufgebaute Dynamik wird durch die wohl kalkulierte Farbigkeit zusätzlich in Spannung versetzt. Zu den neueren Serien des Künstlers zählen Wall of Light und Cut Ground, in denen der Farbe als Medium des Lichts eine gesteigerte Bedeutung zukommt. Scully wählt seine Farben aus dem Gedächtnis, nach Dingen, die er gesehen und selbst erfahren hat. Der exakte Farbton entsteht in Nass-in-Nasstechnik direkt auf der Leinwand. Seite 8 Zwischen 1990 und 2002 entstandene Fotografien ergänzen die Ausstellung großformatiger Malerei. Die Fotos von frontal gesehenen Häuserfassaden entstanden während der Reisen und schaffen eine Verbindung zwischen der realen Dingwelt und den abstrakten Gemälden des Künstlers. Scullys großformatige, manchmal mehrteilige Gemälde und seine Bild-in-BildKombinationen gehören zu den Ikonen der abstrakten Malerei des 20. und 21. Jahrhunderts. Dabei ist Scullys Werk mehr als eine hoch elegante, über ihre Mittel souverän verfügende Malereireflexion. Es lotet aus, wie Malerei ein Leben begleiten kann, das des Malers und das seines Publikums: als Erinnerungsspeicher, als poetisches Nachbild des Geschauten, als erweiterter Raum der Möglichkeiten. Seite 9 Kunstvermittlungs- und Veranstaltungsprogramm FILMPROGRAMM Permanente Filmpräsentation des Künstlerporträts GEGEN DEN STROM in der Ausstellung (2008, 43 Min., Regie und Buch: Hans A. Guttner) Do 26. Juli (Uraufführung) und 27. September, jeweils 19 Uhr Filmpräsentation GREY WOLF (2012, 56 Min., Regie und Buch: Hans A. Guttner) Im Anschluss an die Kuratorinnenführungen im LENTOS-Auditorium. Der Regisseur Hans A. Guttner ist bei der Uraufführung des Films anwesend. Der Film zeigt den Entstehungsprozess eines Gemäldes von Sean Scully. Kosten: Museumseintritt Künstlerporträt Sean Scully: Art Comes From Need (2010, 93 Min., Regie und Buch: Hans A. Guttner) Filmpräsentation im Moviemento Linz, OK-Platz 1 Kombiticket I: LENTOS-Eintrittskarte & Film im Moviemento € 9,50 (Gilt für die Dauer der Ausstellung und ist im LENTOS sowie im Moviemento erhältlich) Sa 21. Juli, 17.30 Uhr und 22 Uhr So 22. bis Do 26. Juli, täglich jeweils 17.30 Uhr Do 2., Do 16. und Do 30. August, jeweils 21 Uhr Do 9., So 12. und Do 23. August, jeweils 17.30 Uhr weitere Termine ab September unter www.moviemento.at Seite 10 Kombiticket II: LENTOS-Eintrittskarte & Führung um 16 Uhr & Film im Moviemento € 12,50 (Gilt am selben Tag für folgende Termine und ist nur im LENTOS erhältlich) So 12. August & So 2., 16., 30. September und So 7. Oktober, jeweils 17.30 Uhr ÖFFENTLICHE FÜHRUNGEN Dauer 1 Stunde, Führungsbeitrag € 3,-, zuzügl. Eintritt. Keine Anmeldung erforderlich. Immer sonntags, 16 Uhr Kuratorinnenführung mit Brigitte Reutner: Do 26. Juli und 27. September, jeweils 18 Uhr Rundgang durch die SEAN-SCULLY -Ausstellung – englische Konversation im LENTOS: Do 4. Oktober, 16.30–18 Uhr Englischsprachiger Ausstellungsrundgang mit einer Dozentin der VHS Linz und einer KunstvermittlerIn des LENTOS. Wortschatz-Erweiterung bei englischer Konversation zu den präsentierten Gemälden. Zielgruppe: Personen mit Englischkenntnissen ab Niveau B 1, Kursnummer: 450, Kursleitung: Jean Mason, Gruppengröße: 8–10, Kosten: € 9,- (zuzügl. ermäßigter Eintritt) Anmeldung erforderlich. Der Besuch eines VHS-Kurses wird nicht vorausgesetzt. Bitte bereits um 16.15 Uhr im LENTOS eintreffen. Seite 11 Führungen auf Englisch und Tschechisch Flashlight Guided Tour: SEAN SCULLY / Bleskové prohlídky s výkladem: SEAN SCULLY Every 1st Saturday in a Month at 4 p.m., Duration 30 Min, € 2,- plus admission fee GRUPPENFÜHRUNGEN Dauer jeweils 1 Stunde, max. 25 TeilnehmerInnen, gegen Voranmeldung für Erwachsene € 65,- zuzügl. Eintritt für Studierende € 45,- zuzügl. Eintritt SCHULE & MUSEUM LehrerInnen-Informationsveranstaltung Do 13. September, 16–17 Uhr, Seminarnummer der PH OÖ: 56F12KMP07 SchülerInnenführungen für alle Schularten und Altersstufen Empfohlen für max. 15 TeilnehmerInnen, Dauer 1 Stunde, € 30,- Eintritt frei für SchülerInnen im Klassenverband, gegen Voranmeldung Workshops sind nach Rücksprache möglich. max. 15 TeilnehmerInnen, Dauer 2 Stunden, € 5,- pro TeilnehmerIn, Eintritt frei für SchülerInnen im Klassenverband, gegen Voranmeldung Seite 12 KINDER Di 7.–Sa 11. August, täglich von 10–13 Uhr Streifen-Alarm! Tanz, Rhythmik und Malerei zu Sean Scully Die KUDDELMUDDEL.WERKSTATT lädt ein ins LENTOS-Atelier Lass dich von einem großartigen Künstler der abstrakten Malerei inspirieren! Die Bilder von Sean Scully und der Ausstellungsraum des LENTOS bilden den Rahmen und sind zugleich „Werkstatt“. Tanz, Rhythmik und Malerei kommen von den Kindern. Unterstützt werden sie dabei von der Tänzerin Marina Koraiman, dem Percussionist Michael Mittersteiner und dem LENTOS-Atelier-Team. Am letzten Tag sind Eltern und FreundInnen zur Performance und Vernissage eingeladen. Kosten: € 85,-, für Kinder von 6–13 Jahren, max. 15 TeilnehmerInnen. Anmeldung erforderlich: Kinderkulturzentrum Kuddelmuddel, Mi und Fr 13–15.30 Uhr oder Sa und So 13–16 Uhr, T 0732.600444 oder Teleservice Center der Stadt Linz. ANMELDUNG Teleservice Center der Stadt Linz T 0732.7070, Mo bis Fr 7–18 Uhr Seite 13 Biografie 1945 geboren im irischen Dublin. 1949 Übersiedlung der Familie nach London. 1965–68 besucht er das Croydon College in London. 1968–72 studiert er Malerei an der Universität von Newcastle-upon-Tyne. Es entstehen Werke aus Linien- und Rastersystemen. Danach reist der Künstler als Stipendiat nach Cambridge, USA. 1973 stellt Scully in der Londoner Rowan Gallery aus. Im selben Jahr beginnt er, am Goldsmith’s College of Art and Design in London zu lehren. 1975 zieht er nach New York. 1980 Mexikoreise. Scully verwendet Wasserfarben, um die Erfahrung von Farbe und Licht direkt auf Papier umzusetzen. 1987 entwickelt Scully sein Bild-im-Bild-Verfahren (Inset): Er setzt kleinere Bilder in größere ein. 1989 hat er seine erste europäische Einzelausstellung (London, Madrid und München). 1993 Nominierung zum Turner-Prize. 1994 richtet er sich ein neues Atelier in Barcelona ein. 1997 erste österreichische Einzelausstellung in der Neuen Galerie der Stadt Linz (heute: LENTOS Kunstmuseum Linz) 1999 bezieht Scully ein Atelier in New York. 2002–07 unterrichtet er Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in München. 2007 heiratet er die Malerin Liliane Tomasko. 2009 kommt der gemeinsame Sohn Oisín auf die Welt. Seite 14 2012 Ausstellungen Grey Wolf – Retrospektive im Kunstmuseum Bern und SEAN SCULLY. Retrospektive im LENTOS Kunstmuseum Linz. Scully lebt in New York, Barcelona und in der Nähe von München. Seite 15 Saalhefttexte Einleitung Die Ausstellung SEAN SCULLY. Retrospektive ist die erste große Personale des Künstlers in Österreich seit mehr als 10 Jahren. Mit der Präsentation von rund fünfzig Gemälden und Fotografien zeigt das LENTOS einen umfangreichen Querschnitt durch das Schaffen des in Irland geborenen Künstlers. Als Künstler mit europäischen Wurzeln setzt Sean Scully mit seinen fein nuancierten Gemälden die Tradition der Malerei fort, deren Geschichte er bis zur Frührenaissance mit großer Kennerschaft zurückverfolgt. Scully lotet aus, wie Malerei ein Leben begleiten kann; das des Malers und das seines Publikums: als Erinnerungsspeicher, als poetisches Nachbild des Geschauten, als erweiterter Raum der Möglichkeiten. Zu den Gitterstrukturen seiner frühen Werke wurde Scully durch die sich kreuzenden Eisenbahnbrücken seiner Universitätsstadt Newcastle inspiriert. In den frühen 1980er Jahren veränderte sich das Schaffen des Künstlers grundlegend. Er ging von der Acryl- zur Ölmalerei in Nass-in-Nass-Technik über. Der Pinselstrich bleibt somit in seinen Werken sichtbar. Der endgültige Farbton entsteht direkt auf dem Bildträger als Resultat mehrerer Übermalungen. Die unregelmäßig gezogenen Fugen zwischen den einzelnen Farbfeldern stellen organische Übergänge zwischen Farbblöcken her und verleihen den Bildern Spontaneität und Lebendigkeit. Ab 2009 ist eine Veränderung im Werk des Künstlers erkennbar: hellere, wärmere Farbtöne bringen die Gemälde seither zum Leuchten: „Einer der Schlüssel zu meiner Arbeit ist der Wunsch, ein Licht zu schaffen, das Ewigkeit verspricht.“ (Sean Scully, 1995) Seite 16 Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Kunstmuseum Bern. Der Künstler hat freundlicherweise zu jedem Gemälde der Ausstellung einen kurzen Kommentar abgegeben. Die Fragen bzw. Satzanfänge hierfür stammen von Annick Haldemann, Kuratorin der Scully-Ausstellung im Kunstmuseum Bern und Brigitte Reutner, Kuratorin der Linzer Ausstellung. In englischer Originalsprache befinden sich Scullys Kommentare neben den Kunstwerken an der Wand, die deutschen Übersetzungen finden Sie hier im Saalheft. Soft Ending, 1969 Acryl auf Leinwand, Privatsammlung 1969 reist Scully zum ersten Mal nach Marokko. Die Streifen und Farben der örtlichen Webstoffe und das Licht des Südens hinterlassen bei ihm tiefe Eindrücke. Das Gemälde gehört zu den frühen Werken des Künstlers. Es zeigt Einflüsse der Optical Art (siehe Glossar) sowie der Geometrischen Abstraktion (siehe Glossar) und wurde in Acryltechnik mit einer Spritzpistole und Klebebändern ausgeführt. 1969 war für mich ein spannendes Jahr, weil… … ich ein großes Atelier am Ende eines Gebäudes in der letzten Stadt Englands vor der schottischen Grenze gemietet hatte. Mein Raum, so stellte ich mir das vor, war, im künstlerischen Sinne, die letzte Ecke Englands, und das fühlte sich irgendwie aufregend an. Seite 17 Blaze, 1971 Acryl auf Leinwand, Privatsammlung Während seines Studiums malt der Künstler großformatige Bilder, die ein kompliziertes, sich überschneidendes Linien- und Rastersystem zeigen. Dieses wiederum erzeugt ein mehrlagiges, optisches Feld. Blaze ist faszinierend, weil … … das Bild eine virtuelle Welt widergibt, die dem Computer-Cyberspace (siehe Glossar) entsprungen scheint; und es ist nicht unwichtig zu wissen, dass es vor der Erfindung der Computer entstand. Inset #2, 1973 Acryl auf Leinwand, Privatsammlung 1972–73 setzt Scully sein Studium an der Harvard University in Cambridge, USA, fort, wo er mit neuen Techniken experimentiert. Im unteren Bereich des Gemäldes zeigen zwei Felder eine ähnliche Struktur wie der Bildhintergrund in den restlichen Feldern. In dem Gemälde Inset #2 wird somit die Auflösung der geometrischen Rasterstruktur vorbereitet. Nach seiner Rückkehr aus den USA stellt Scully in der Londoner Rowan Gallery aus. Während dieser ersten Einzelausstellung verkauft der 28-jährige Künstler alle präsentierten Gemälde. Du kannst es hängen, wie Du willst … Seite 18 … weil man alles aufhängen kann, wie man will. Man kann Rembrandts „Nachtwache“ verkehrt herum hängen, wenn man will. Ich hingegen ziehe es vor, zu gewichten und einen Platz zu finden. Deshalb platziere ich die „Insets“ unten links, damit sie von dem Gitter umrahmt werden. Black on Black, 1979 Ölfarbe über Acryl auf Leinwand, Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofia, Madrid 1975 übersiedelt Scully nach Amerika. Im Jahr 1979, als Black on Black entsteht, unterrichtet er als Professor an der Princeton University, New Jersey. Durch die betonte Reduktion auf zwei unterschiedlich helle Schwarztöne werden in Black on Black Ideen der Minimal Art (siehe Glossar) aufgegriffen. Was liegt hinter der Farbe Schwarz? Schwarz hat natürlich die Bedeutung, dass diese Farbe nie schwarz ist. Sie scheint absolut zu sein, ist es aber nicht. All diese Farben, all diese Schwarztöne, die ich damals verwendet habe, sind Nachtfarben, sie enthüllen einen tief romantischen Impuls, der von einem starken Zen-Aspekt (siehe Glossar) getragen wird. Backs and Fronts, 1981 Öl auf Leinwand, Privatsammlung Backs and Fronts gilt als Schlüsselwerk Sean Scullys. Das Werk ist sechs Meter lang und besteht aus elf Tafeln. Die Außenkanten sind abgetreppt. Dadurch treten einzelnen Bildteile optisch vor oder zurück. Geringfügige Farbüberlagerungen an den Konturen der Streifen versetzen das Bildmotiv in eine lebhafte Schwingung. Seite 19 Für meine Entwicklung bedeutet dieses Bild … … eine bedeutsame Kombination und eine ebenso wichtige Eröffnung für das, was ich im folgenden Jahrzehnt in Angriff genommen habe. Ich baue Beziehungen auf, erfinde Bezüglichkeiten, die schwierig scheinen, zufällig. The Bather, 1983 Öl auf Leinwand, Privatsammlung 1983 nimmt Scully die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Mit großformatigen Gemälden wie Backs and Fronts, The Bather und Outback zieht Scully die Aufmerksamkeit der Kunstwelt auf sich. Die Teilnahme an der legendären Gruppenausstellung An international survey of recent paintings and sculptures im Museum of Modern Art (MoMA) in New York im Jahr 1983 trägt dazu bei, den Künstler international bekannt zu machen. Was steckt hinter dem Titel The Bather? Ganz allgemein gesagt habe ich versucht, die Idee des „Insets“, des Einsetzens, wieder aufzugreifen. Und in diesem Bild, das ja eine Hommage an Matisse ist, hat die orange Farbbahn genau die Abmessung meiner Schultern. Ich habe die Maße von meinem Körper genommen, um die richtige Größe zu finden. Music, 1986 Öl auf Leinwand, Privatsammlung Bedeutende Museen beginnen in den 1980er Jahren, Scullys Gemälde zu erwerben und auszustellen. Die Bilder des Künstlers wurden im Laufe der künstlerischen Entwicklung körperlicher, architektonischer und direkter in der Aussage. Seite 20 Music muss man ausstellen, weil … … es von offener Schönheit ist. Die eingebundene Diagonale verwandelt alles in Bewegung. Sie bricht mit den architektonischen Bezügen, die in fast allen meinen Werken zu finden sind und weist auf etwas anderes hin, hier auf die Musik. Catherine, 1987 Öl auf Leinwand, Modern Art Museum of Fort Worth, Texas; Sammlung Modern Art Museum of Fort Worth, Schenkung der Burnett Foundation Ab 1979 betitelte Scully manche neu entstandenen Werke mit Catherine. Anfangs wählte der Künstler klassische Bilder für diese Serie, später waren es eher expressionistische oder experimentelle Werke. Allen gemeinsam ist, dass sie einer ganz bestimmten Frau gewidmet sind. Catherine Lee ist eine amerikanische Künstlerin, … … mit der ich viele Jahre verheiratet war und die ich jedes Jahr in einem Ehrenbild festhielt. Diese Bilder sind nicht unbedingt sehr entschlossen oder klassisch, für mich aber sind sie die interessantesten Bilder, von denen ich viel lerne, weil sie in gewisser Weise persönlich sind. Day Night, 1990 Öl auf Leinwand, Privatsammlung Day Night arbeitet ausschließlich mit Farbtonwerten zwischen Weiß und Schwarz. Die Darstellung des Lichts tritt dadurch in den Vordergrund. Die Komposition besteht aus drei abgestuften Teilen. Das mittlere Paneel ist erhaben und tritt der/m BetrachterIn entgegen, während die beiden seitlichen Teile zurückweichen. Seite 21 Die Gliederung in drei Teile nimmt die Idee des mittelalterlichen Triptychons (siehe Glossar) auf und verleiht dem Werk eine Aura des Sakralen. Day Night erzählt in drei Sequenzen, wie der Tag in die Ferne rückt, um der Nacht Platz zu machen. Die Lichtwirkung in Gemälden von Caspar David Friedrich … … ist außergewöhnlich subtil. Einerseits scheinen die Bilder einfach nur illustrativ zu sein, doch die Qualität, die sie heraushebt, sind die Nahtstellen zwischen den Dingen. Man kann das auch mit Nachdruck von meinen Bildern sagen. Meine Arbeit hängt immer von den Kanten zwischen den Dingen ab. Union Black, 1995 Öl auf Leinwand, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf Scullys Kompositionen zeigen Beziehungen zwischen den einzelnen Bildteilen auf. Farb- und Formverschränkungen weisen somit von einem Punkt des Gemäldes auf einen entfernteren. Wie die Figur des Springers in einem Schachspiel führen sie die BetrachterInnen quer durch den gesamten Bildraum. Die Farbe Schwarz stellt dabei eine durchgehende Komponente dar. Der Kontrast zwischen Schwarz und Weiß … … ist immer der Versuch, Abschluss, Endgültigkeit und Direktheit zu zeigen oder gleichzeitig eine Idee ohne jene Verschönerungen abzubilden, die ihr die Komplexität von Farbe wie eine emotionale Wetterlage verleihen. Uriel, 1997 Öl auf Leinwand, LENTOS Kunstmuseum Linz Seite 22 Bereits 1997 fand eine Einzelausstellung des Künstlers in der Neuen Galerie der Stadt Linz (Vorgängerinstitution des LENTOS Kunstmuseum Linz) statt. Im Anschluss daran wurde das Bild Uriel für die Sammlung erworben. Uriel ist der Name eines Erzengels. Engel sind für mich … … Boten zwischen zwei Welten; Gesandte und Brückenbauer und die andere Seite faszinieren mich. Wall of Light Desert Night, 1999 Öl auf Leinwand, Modern Art Museum of Fort Worth, Fort Worth Wie ein unruhig flackernder Lichtvorhang baut sich Wall of Light Desert Night vor den BetrachterInnen auf. Die Konturen verschwimmen zugunsten eines gesamtheitlichen Eindrucks flirrender Formen. Das Gemälde wirkt leicht, zerbrechlich, unbeständig und körperlos wie eine Fata Morgana. Was bedeutet Stille für Sie? Stille bietet die Möglichkeit, mit sich selbst allein zu sein, ohne dass Panik ausbricht, sich selbst in Beziehung zu setzen mit der Ewigkeit. Yellow Mask, 2003 Öl auf Leinwand, Privatsammlung 2002–2007 ist Scully Professor für Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in München. Er bezieht im idyllischen bayrischen Alpenvorland ein Atelier. Gelb leuchtet Seite 23 in Yellow Mask in mehreren Feldern auf. Scully bringt diese Farbe mit Wahnsinn, Eifersucht und Sex in Zusammenhang. Die Maske ist eine gesellschaftliche Notwendigkeit, … … um bestimmte Handlungen zu erlauben, die ohne Maskierung nicht möglich wären. In diesem Sinne wird die Maske zum Medium, so wie das Malen ein Medium ist. Grey Wolf, 2007 Öl auf Aluminum, Kunstmuseum Bern Die Entstehung des Gemäldes wurde anhand des Films Grey Wolf von Hans A. Guttner dokumentiert. Die Uraufführung des Filmes findet im LENTOS am 26. Juli 2012, um 19 Uhr, im Anschluss an die Kuratorinnenführung mit Brigitte Reutner statt. Wer ist der Graue Wolf? Als ich einmal des Nachts mitten im Winter durch die Pyrenäen in Frankreich fuhr, hielt ich an, weil ich auf die Toilette musste. Ich stand neben einem Baum und ein Augenpaar sah mich an. Es war ein Wolf. Wir sahen einander an. Ich wollte dem kurzen Moment der Freundschaft, den ich mit dem wunderschönen Tier hatte, Tribut zollen. Das ist der graue Wolf. Floating Painting Sky, 2007 Öl auf Aluminium, Privatsammlung Seite 24 Malerei ist für Sean Scully ein sinnlicher, materieller Akt. Mit der Ölfarbe legt der Künstler – seiner eigenen Aussage zufolge – eine Haut über den Bildkörper aus Aluminium. Floating Painting Sky stellt sich dem/der BetrachterIn wie ein Querriegel in den Weg. Hier wird die Körperlichkeit nicht mehr mit malerischen Mitteln vorgetäuscht. Sie ist tatsächlich vorhanden. Skulpturale Malerei … … versucht, das Flache mit dem Körperlichen zu verbinden. Das „schwebende Bild“ gleicht einer Tür, die geöffnet wurde und nun senkrecht von der Wand absteht, es zeigt die angreifbare Position, die die Malerei in bestimmten Aspekten der Kultur hatte. Window Wall, 2007 Öl auf Leinwand, Privatsammlung Für Scully ist das Fenster nicht nur ein architektonisches Element. Es bildet vielmehr das Bindeglied zwischen zwei Wirklichkeiten. So wie manche Menschen die Augen als Spiegel zur Seele betrachten, kann ein Fenster zwischen Innen- und Außenraum in vielen verschiedenen Bedeutungszusammenhängen vermitteln. Das Fenster als beleuchteter Teil der Wand … … ermöglicht eine andere Sichtweise. Das ist ein Bild mit doppeltem Körper, es ist ein Körper, der einen Körper enthält. In diesem intimen Bild wird das Fenster in das Werk eingebettet und strahlt daher einen sehr subtilen Unterschied zwischen sich selbst und dem Körper aus, in dem es lebt. Seite 25 Titian’s Robe Pink 08, 2008 Öl auf Aluminium, Privatsammlung Gemälde der Serie Robe-Paintings haben ein gleichmäßiges Gitter als Grundstruktur. Sie waren ursprünglich auf Leinwand gemalt, worauf auch die Bezeichnung Robe verweist. Scully fühlt sich in seinem Schaffen dem italienischen Maler Tizian nah. Tiziano Vecellio (geb. zwischen 1488 und 1490 in Pieve di Cadore, gest. 1576 in Venedig) zählt zu den bedeutendsten Malern der italienischen Renaissance. Hat das Gemälde mit chromatischer Alchemie zu tun? Die Antwort lautet ja, weil in allen meinen Bildern die Farbe auf den Bildern entsteht. Es ist unmöglich, diese Farben auf andere Weise zu erzeugen. Sie müssen auf dem Bild gemischt werden. Sie sind das Ergebnis des Pinselstrichs, des Pinseldrucks, des Auftrags auf die Oberfläche und der Art und Weise, wie sich die Farben vor meinen Augen mischen. 12 Triptychs, 2008 Öl auf Kupfer, Privatsammlung Das Werk besteht aus 12 dreiteiligen Bildwerken. Das Beziehungsgeflecht aus unterschiedlich hellen Balken stellt einen kontinuierlichen Wandel dar. Von dem Widerschein der letzten goldenen Farbtöne des Spätherbstes wechselt die Stimmung zu einem nebelverhangenen, grauen Novembertag. Wenn sich die Dinge schrittweise verändern … Seite 26 … entsteht etwas, was man anfangs nicht voraussagen kann. Jedes kleine Bild hier ist in gewisser Weise eine Antwort auf das vorhergehende Bild. Am Ende aber fehlt – wie meistens in meinem Werk – die Endgültigkeit, das Bild ist als offenes Ende gedacht. Cut Ground Light Blue, 2010 Öl auf Leinwand, Privatsammlung Der Titel verrät, dass Sean Scully Linien in einen Untergrund zieht und ihn damit in einzelne Felder unterteilt. Dies zeigen auch Fotos von Sandzeichnungen, die 2010 auf Islamorada, vor der Südspitze Floridas, entstanden sind. Sie dokumentieren diesen künstlerischen Akt, den Wind und Wellen zu vergänglicher Kunst gemacht haben. Was denken Sie von diesem Bild? Ich meine, dass sich Cut Ground Light Blue offenkundig bei der Natur bedient: beim Himmel, beim Meer und bei der Landschaft. Es handelt sich um ein unregelmäßiges Muster, das offensichtlich von der Natur informiert ist. Cut Ground Orange Pink 6.11, 2011 Öl auf Leinwand, Privatsammlung Die kleinformatige Leinwandarbeit gilt als eine der neuesten in der Ausstellung. Sie entstand in Scullys Atelier im bayrischen Voralpenland. Als sie von den beiden Kuratorinnen im Atelier des Künstlers für die Ausstellung entdeckt wurde, griff Scully zu einem Stift und signierte sie … Wenn die Schatten verschwinden … … wird die Welt der Farbe freigesetzt, und der Raum in einem Bild wird zusehends flacher. Seite 27 Sean Scullys Fotografien Scullys Fotoserien entstanden während seiner Reisen nach Schottland, Irland, Deutschland, Frankreich, Mexiko, Marokko, in die Dominikanische Republik und nach Mallorca. Im Jahr 1979 fotografierte er in Siena erstmals eine Serie von zehn Haustüren. Die ausgewählten Türen stammten nicht von noblen Palästen der toskanischen Stadt. Vielmehr war der Künstler auf touristisch unbeachteten Seitenstraßen unterwegs. Scully erzählte, dass er, als er die Fotos schoss, genau wusste, was auf dem Foto zu sehen sein würde. Während er sich anfangs auf Türen konzentrierte, dehnte er in den 1980er Jahren den Bildausschnitt auf ganze Häuserfronten aus. Er fotografierte abgewohnte Stadthäuser und Hütten, Steinhäuser und halb verfallene Scheunen. Für seine Fotoserien sucht Scully die reale Welt nach Kompositionen aus Horizontalen und Vertikalen ab. Er konzentriert sich auf eine flächige Gestaltung des Sehmotivs, das in sich ein Rastersystem widerspiegelt: Ein Rastersystem, das das Leben selbst gezeichnet hat. Scullys Gemälde und Fotografien kommentieren sich gegenseitig. Beim Betrachten der großformatigen Bilder fühlt man sich mitunter an Sequenzen aus neorealistischen Filmen erinnert. Bilder einer unprätentiösen Welt, ausgewählt von einem Maler, dessen Gemälde weiche Formen, Zwischenstadien, Unschärfefilter und eine unendliche Offenheit der Interpretation zulassen. Glossar Abstraktion: (lat. abstractus – „abgezogen“, von abs-trahere – „abziehen, entfernen, rennen“) bezeichnet ganz allgemein den Denkprozess des Weglassens von Einzelheiten und des Überführens auf etwas Allgemeineres oder infacheres. Abstrakte Seite 28 Kunstwerke sind entweder von gegenständlicher Darstellung losgelöst oder sie zeigen in der Realität beobachtete Formen, die in Muster überführt sind. Computer-Cyberspace: Mit der Computeranimation hat der Computer für die Kunst seit den frühen 90er Jahren eine neue Bedeutung erhalten, insofern er perspektivische Räume und virtuelle Figuren als Modelle perfekter Illusion ermöglicht. Geometrische Abstraktion: Gestaltung eines Kunstwerks nach mathematischen Regeln. Es werden „konkrete“ Bildelemente Fläche, Linie, Volumen, Raum und Farbe unmittelbar verwendet. Konzeptkunst: Die Konzeptkunst umschreibt ein Kunstwerk mit Hilfe von Texten, Diagrammen und Fotografien. Charakteristisch sind auch Arbeiten, die nur durch gedanklich-assoziative Prozesse in der Vorstellung des Betrachters verwirklicht werden können. Inset: (engl.): Einfügung, Einsatz Minimalismus, Minimal Art: Reduktionstendenz in der modernen Kunst, die sich von allem schmückenden Beiwerk distanziert. Die Minimal Art zeichnet sich durch rechtwinklige und kubische Formen und häufig serielle Anordnungen aus. Optical Art: Kunstrichtung der 1960er Jahre, die in rein geometrischen Formen die optisch wechselnden Erscheinungen von Farbe und Licht zur Anschauung bringt. Dabei werden diverse Methoden der Netzhautstimulation angewendet. Triptychon: ist ein dreigeteiltes Gemälde oder eine dreigeteilte Relieftafel. Es besteht aus einer Mitteltafel und zwei meist schmaleren Flügeln. Als Flügelaltar weist es christlichen Motive und bewegliche Seitenteilen zum Verschließen des Mittelteils auf. Zen: Strömung des Buddhismus. „Zen ist nicht etwas Aufregendes, sondern Konzentration auf deine alltäglichen Verrichtungen.“ (Shunryu Suzuki) Seite 29 Quelle: DuMonts Kunstlexikon des 20. Jahrhunderts – Künstler, Stile und Begriffe, hg. v. Karin Thomas. Köln 2000 Übersetzungen der englischen Zitate (an der Wand) (Werke in chronologischer Reihenfolge) Backcloth, 1970 Acryl auf Leinwand, Privatsammlung Die Konzeptkunst der 1970er Jahre bedeutete mir … … ein ungeheures Interesse am Vorgang, ein Ritual, den Versuch, eine Art ethische Haltung wiederzubeleben und daraus Kunst zu machen und die bildhaften Ergebnisse dieses Vorgangs schlussendlich anzunehmen. Diagonal Inset, 1973 Acryl auf Leinwand, Privatsammlung Kommunikation bedeutet mir … … „sich mitzuteilen“. Und dieses Bild hat einen Gegenstand, einen offensichtlichen Gegenstand. Es handelt sich um ein verwobenes, nicht-geometrisches Inset, das im Cyberlicht in eine virtuelle Stadtlandschaft einfällt und dem Bild eine seltsame, schwierige und faszinierende Qualität verleiht: ein ziemlich verrücktes Bild. Seite 30 Hidden Drawing #2, 1975 Acryl auf Leinwand, Privatsammlung Versteckt sind … … all die Zeichnungen, die nicht zu sehen sind. Dieses Bild erschafft sozusagen keine Illusion, sondern ist ein archäologischer Vorgang. Das interessiert mich sehr: sich überlappende, simultan existierende Systeme. Outback, 1984 Öl auf Leinwand, Privatsammlung Ordnung und Chaos … … sind kreativ und in derselben Person vereint. Es ist ein Beispiel für das geteilte Selbst. Pale Fire, 1988 Öl auf Leinwand, Modern Art Museum of Fort Worth, Texas; Museumsankauf Sid W. Richardson Foundation Endowment Fund Pale Fire erzählt von … … einer perfekten Grundlage, die mit der unbefleckten amerikanischen Flagge verglichen werden könnte; sie wird von einem dunklen und ins Ungewisse führenden Fenster durchstoßen, das heute sehr prophetisch erscheint. Africa, 1989 Öl auf Leinwand, Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofia, Madrid Rhythmen sind Zeitintervalle … Seite 31 ...Nun, da kann ich Ihnen nur zustimmen. In Afrika gibt es dieses dunkle, brodelnde, staubige Licht, und dieses Bild erinnert mich an die Erde und den Sand in Afrika, wobei das Fenster, das für Auflockerung sorgt, sehr verwaschen wirkt. Hammering, 1990 Öl auf Leinwand, Kunsthalle Bielefeld Den Pinselstrich zu sehen, … … erlaubt es, seiner Erzählung zu folgen, einer Geschichte, die insistiert wie eine Art Trommelschlag, der in Schwarz und Weiß gehämmert ist. Catherine, 1991 Öl auf Leinwand, Modern Art Museum of Fort Worth, Texas Die Harmonie der Komposition … ... speist sich eher aus dem Wettbewerb als aus dem Entgegenkommen. Das Bild ist klassisch und stark, herausfordernd vielleicht, die Elemente werden in eine simultane Existenz gestellt und müssen sich immer wieder erklären, ihre Daseinsberechtigung in dem Bild erklären. Between Figures, 1992 Öl auf Leinwand und Stahl, Privatsammlung Was liegt zwischen den Figuren? Die Brücke. Das Bild handelt also von zwei Insets, das sind die Bilder, und zwischen ihnen gibt es eine Tafel, die zwischen beiden vermittelt, Informationen zwischen ihnen hin- und hertransportiert. Das erlaubt einen Übergang von einem Bild zum anderen und dafür braucht es eine Brücke. Seite 32 Lucia, 1992–1996 Öl auf Leinwand, BAWAG Foundation, Wien Lucia ist der Name … … eines Gemäldes von Caravaggio. Das ist ein Bild der reinen Rache. Ich war in Sizilien und wollte mir Caravaggios Bild in Santa Lucia ansehen. Aber wie üblich öffnen sie die Museen in Sizilien, wann sie wollen. Und da ich das Bild nie zu sehen bekam, habe ich mir mein eigenes gemalt. Stare Red Yellow, 1997 Öl auf Leinwand, Privatsammlung, Paris Erzählen Sie uns etwas über das Paar im Sinne einer menschlichen Beziehung. Stare ist etwas, das zurückstarrt. Man starrt es an, es starrt zurück. Diese beiden Muster sind zwar grundsätzlich dasselbe, doch sie verwandeln sich, weil sie in einem Kontext stehen. Das ist natürlich eine Metapher dafür, wie menschliche Wesen durch den Kontrast tiefgreifend geformt und berührt werden. Menschliche Wesen existieren nicht in der Unantastbarkeit. Landline Black, 2010 Öl auf Leinwand, Privatsammlung Wo sind Sie „gelandet“? Auf einer sehr kargen und sehr schönen Insel der Kontemplation. Small Wall of Light Light Blue, 2010 Öl auf Leinwand, Privatsammlung Wenn der Himmel durch die Mauerritzen dringt … Seite 33 … dann wird sie auf gewisse Weise menschlicher, wird sie zugänglicher. Dieses kleine Bild ist eine Landschaft, die zu einem losen Muster neu geordnet wurde. Wall of Light Golden Brown, 2010 Öl auf Aluminium, Privatsammlung Ein Meer aus Honig … … wäre eine sehr beschränkte Farbauswahl. Deshalb wird der Drang stärker, das Material herumzuschieben. Je eingeschränkter die Farben, desto mehr Sinnlichkeit entwickelt die Hand und der Pinselstrich und die Kantengebung. Und in diesem Bild droht die Farbe ins Monochromatische zu gleiten. Wall of Light Cream Magenta, 2010 Öl auf Leinwand, Privatsammlung Das Gemälde besticht durch eine gedämpfte Luminiszenz. Welche Gefühle verbinden Sie mit diesem Bild? Mit diesem Bild verbinde ich das Ende des Tages auf einem Bauernhof, weit draußen auf dem Land. Cut Ground Blue Pink, 2011 Öl auf Leinwand, Privatsammlung, Schweiz Wovon handelt das Bild? Dieses Bild hat eine große farbliche Komplexität. Die Farben sind sowohl hell als auch dunkel. Fallend und aufsteigend. Ein dunkles und doch lebenswichtiges Licht. Cut Ground Yellow Blue 6.11, 2011 Öl auf Leinwand, Privatsammlung Seite 34 Im Halbnebel ist nicht alles klar zu erkennen, … … was einer poetischen Aufladung gleichkommt. Das ist der Grund, warum wir davon angezogen werden, weil es uns eine Vereinfachung gibt. Und dieses kleine Bild ist auf einer Reise zwischen chromatischer Intensität und romantischem Nebel. Seite 35 Katalog Vorwort August 2010. Aus zwei entgegengesetzten Himmelsrichtungen treffen wir in dem winzigen Dorf ein. Wir sind in Sean Scullys Atelier in Bayern verabredet. Scully hat uns zusammengebracht. Beide hatten wir unabhängig von einander die Idee entwickelt, Sean Scully eine große retrospektive Ausstellung in unseren Häusern, dem Kunstmuseum Bern und dem LENTOS Kunstmuseum Linz, zu widmen. Diese ist überfällig, ein Desiderat für jeden, der Sean Scullys Kunst mit Neugier und Passion begleitet. Dabei scheint auf den ersten Blick kein Mangel an öffentlicher Präsenz von Scullys Werk zu herrschen, genau so wenig wie an Publikationen. Der Künstler stellt kontinuierlich aus. Scullys Biografie verzeichnet von 1972 bis zur Jahreswende 2011 / 2012 nicht weniger als 216 Einzelausstellungen; an Zweipersonen- und Gruppenausstellungen kommt noch einmal etwa die doppelte Anzahl dazu. Doch die meisten dieser Ausstellungen widmen sich einer Werkgruppe, einem thematischen Komplex, einem zeitlichen Ausschnitt und geben nicht den großen Überblick, der uns vorschwebt. Beide Besucher an diesem Augusttag sind beseelt von dem Wunsch – und dieser ist wahrscheinlich das relevanteste, das dringlichste Motiv des Kurators – vor unseren Augen zu sehen, wie, mit welchen Bewegungen, welchen Veränderungen und Übergängen sich dieses OEuvre seit mehr als vier Jahrzehnten entwickelt hat. Beide besitzen wir in unseren Sammlungen jeweils ein repräsentatives Werk, zu dem wir eine besondere Affinität spüren: Grey Wolf von 2007 im Kunstmuseum Bern und Uriel von 1997 im LENTOS. Seite 36 Die Fahrt von der nächsten Großstadt nach Mooseurach führte uns durch bayrisches Bauernland: vorbei an Feldern, an Gehölzen, Rindern auf der Weide. Der Künstler liebt die Kontraste der drei Orte, an denen er abwechselnd lebt und arbeitet: New York, Barcelona, Bayern. In Irland geboren und im wenig attraktiven Süden Londons aufgewachsen, scheint Scully sich heute die besten Lebens- und Arbeitsqualitäten in der Alten und der Neuen Welt gesichert zu haben. Doch falls einer von uns eine ländliche Idylle im Bauernhaus erwartet hatte, dann zeigte die Realität, dass für Scully die Bedingungen für das Malen bei der Entscheidung für sein Haus ausschlaggebend waren. Kein Bauernhof erwartet uns, kein kleinteilig-heimeliges Stubengefüge, sondern ein Gewerbebau mit großzügigen, lichten Räumen, in dem Wohn- und Arbeitszonen von Scully und seiner Frau, der Schweizer Malerin Liliane Tomasko, unmittelbar nebeneinander liegen. Jüngste Großformate hängen an den Wänden, manche noch in Arbeit, einige in jener Technik, die Scully in diesem Sommer bevorzugt: Öl auf Aluminium. Wir sehen, dass der Farbauftrag im Vergleich zu früher lockerer geworden ist. Die meisten Bilder sind aus rechteckigen Farbfeldern zusammengesetzt – die typischen Streifen sind größeren Farbeinheiten gewichen. Während wir dem Künstler in sein Archiv folgen, um die frühesten verfügbaren Werke ausfindig zu machen, wird uns bereits klar: Bis zum Start unserer Ausstellungen im Jahr 2012 müssen wir mit einigem neuen Material rechnen. So ist es auch gekommen. Die jüngsten Arbeiten, die wir nun präsentieren, sind vor wenigen Monaten erst fertig geworden. Sean Scully ist ein sehr produktiver Künstler. Das Werkverzeichnis auf seiner Website listet im Januar 2012 mehr als 1200 Gemälde auf, beginnend mit der realistischen Seite 37 Wiedergabe dreier Sukkulenten im Topf, Cactus von 1964, bis zur Cut Ground… Serie von 2011. Arbeiten auf Papier, Fotografie und Skulptur sind dabei nicht mitgezählt. Die Ausstellung, die wir mit großer Unterstützung des Künstlers, seiner Assistenten Arturo Rucci und Frank Hutter und gemeinsam mit den Kuratorinnen Annick Haldemann (Bern) und Brigitte Reutner (Linz) realisiert haben, setzt ein mit Scullys Entscheidung für die geometrisch-abstrakte Malerei. Soft Ending von 1969, von dem sich ein Bogen in die Gegenwart spannt, ist das älteste Werk der Ausstellung, in der beinahe jedes Jahr beispielhaft repräsentiert ist. Annick Haldemann und Brigitte Reutner haben die Fragen ausgearbeitet, die mit Scullys Antworten jedem Werk in diesem Buch eine gedankliche Grundierung verleihen. In Scullys Kunst können wir den Bezug auf Vorbilder ausmachen, geistige und formale Bezugsgrößen – Matisse, Mondrian, Pollock, Rothko – doch hat er mit seiner reduzierten, scheinbar simplen Formensprache ein unverwechselbares Erscheinungsbild geschaffen, das sein gesamtes Werk verbindet. Wer dieses OEuvre in seinem Umfang ermessen will, braucht Zeit. Doch auch wer sich nur einem Bild widmet, begegnet einem großen, unverwechselbaren Künstler, dessen Werk eine existenzielle, eine spirituelle Dimension vermittelt, wie sie in der zeitgenössischen Kunst selten geworden ist. Scully ist kein Postmoderner, der aus Rücksicht auf eine der Coolness und dem Hedonismus verschriebene (Kunst-)Welt mit Zitat und Ironie die Ernsthaftigkeit der eigenen Anliegen verkleidet: das zu erreichen, was wir im besten Fall sein können, was wir denken und schaffen können – und das zu verstehen, was uns immer wieder daran hindert, was uns hemmt und schmerzt. Immer ist der Künstler in seinem Werk präsent. In der Malerei mit der Spur der Hand, in den Bildtiteln mit Hinweisen auf autobiografische Bezüge. Jedes Werk bildet eine Seite 38 Schnittstelle zwischen Persönlichem und Allgemeingültigem. An dieser Stelle findet die spezifische Erfahrung statt, die Scullys Kunst ermöglicht. Wir danken allen Beteiligten, die an der Ausstellung und an dieser Publikation mitgearbeitet haben, insbesondere den Kuratorinnen Annick Haldemann und Brigitte Reutner. Unser großer Dank gilt Sean Scully für seine Hilfe, seine Großzügigkeit und für die Inspiration, die er uns vermittelt. Den Leihgeberinnen und Leihgebern danken wir herzlich, dass sie uns ihre Werke für diese Ausstellungen anvertraut haben. Der Stiftungsrat und die Geschäftsleitung des Kunstmuseum Bern danken außerdem herzlich der Credit Suisse, Partner des Kunstmuseum Bern, für das Vertrauen und die großzügige Unterstützung von der Ausstellung und dem Katalog, sowie dem für die Realisierung der Ausstellung verantwortlichen Team unter der Leitung von René Wochner. Der Dank des LENTOS Kunstmuseums gilt der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, die regelmäßig außergewöhnliche Projekte unseres Hauses großzügig unterstützt. Für die Realisierung sei dem Team der Museumswerkstatt unter der Leitung von Andreas Strohhammer Dank und Anerkennung ausgesprochen. Stella Rollig Matthias Frehner Direktorin LENTOS Kunstmuseum Linz Direktor Kunstmuseum Bern Seite 39 Pressebilder Pressebilder stehen auch auf www.lentos.at zum Download bereit. 1. Sean Scully 2. Sean Scully Blaze, 1971 Inset #2, 1973 Privatsammlung Privatsammlung Foto: © Sean Scully Foto: © Sean Scully 3. Sean Scully 4. Sean Scully Backs and Fronts, 1981 Pale Fire, 1988 Privatsammlung Modern Art Museum of Fort Worth, Texas Foto: © Sean Scully Museumsankauf, Sid W. Richardson Foundation Endowment Fund Foto: © Sean Scully 5. Sean Scully 6. Sean Scully Catherine, 1991 Uriel, 1997 Modern Art Museum of Fort Worth, LENTOS Kunstmuseum Linz Texas Foto: © Sean Scully Foto: © Sean Scully Seite 40 7. Sean Scully 8. Sean Scully 9. Sean Scully Grey Wolf, 2007 Wall of Light Golden Brown, 2010 Cut Ground Yellow Blue 6.11, 2011 Kunstmuseum Bern Privatsammlung Privatsammlung Foto: © Sean Scully Foto: © Sean Scully Foto: © Sean Scully 11. Sean Scully 10. Sean Scully beim Malen, 2009 Untitled Valencia, Spanien, 2002 Foto: © Sean Scully C-Print auf Aludibond Privatsammlung Foto: © Sean Scully 12. Sean Scully, 2012 13. LENTOS-Direktorin Stella Rollig, Sean Scully und Foto: © maschekS. Kuratorin Brigitte Reutner Foto: © maschekS. 14. Ausstellungsansicht 15. Ausstellungsansicht SEAN SCULLY. Retrospektive SEAN SCULLY. Retrospektive LENTOS Kunstmuseum Linz LENTOS Kunstmuseum Linz Foto: © maschekS. Seite 41 Foto: © maschekS.