LENTOS Kunstmuseum Linz Presseunterlage DIE SAMMLUNG Klassiker, Entdeckungen und neue Positionen DVR-Nummer 0002852 Neuhängung ab 5. Februar 2016 LENTOS Kunstmuseum Linz, A-4021 Linz, Ernst-Koref-Promenade 1 Tel: +43 (0)732.7070-3600 Fax: +43 (0)732.7070-3604 www.lentos.at Inhalt Allgemeine Daten ……………………………………………………………………………….. 3 Kurzbeschreibung der Sammlungspräsentation …...…………..………………………….… 4 KünstlerInnenräume – die KünstlerInnen………………………….……………………….… 5 Kunstvermittlungsprogramm ….…………………………………………………………......... 6 Saalhefttexte ………………………………………………….…………………………….…… 9 Pressebilder …………………………………………………………………….…….…............ 16 2 Allgemeine Daten Ausstellungstitel DIE SAMMLUNG Klassiker, Entdeckungen und neue Positionen Eröffnung Donnerstag, 4. Februar 2016, 19 Uhr Pressekonferenz Donnerstag, 4. Februar 2016, 10:30 Uhr Ausstellungsort LENTOS Kunstmuseum Linz, Obergeschoss sowie W-LAN Netz KuratorInnen Elisabeth Nowak-Thaller, Brigitte Reutner, Stella Rollig, Magnus Hofmüller sowie die KünstlerInnen Özlem Altin, Verena Dengler, Hans Kupelwieser und ekw14,90 Exponate Mehr als 160 Exponate aus der LENTOS Sammlung sowie ein digitales Medienkunstwerk Saalheft Unseren BesucherInnen steht ein Saalheft mit Texten zu ausgewählten Werken in deutscher und englischer Sprache zur Verfügung. Web App Das LENTOS bietet zur Ausstellung ein mobiles Service für Smartphones und Tablets an (plattform- und geräteunabhängig). Einfach vor, während oder nach der Ausstellung unter http://app.lentos.at zu erreichen. Kontakt Ernst-Koref-Promenade 1, 4020 Linz, Tel. +43(0)732/7070-3600; [email protected], www.lentos.at Öffnungszeiten Di–So 10–18 Uhr, Do 10–21 Uhr, Mo geschlossen Eintritt € 8, ermäßigt € 6 / € 4,50 Pressekontakt Katharina Paulischin-Prammer, Tel. +43(0)732/7070-3646, [email protected] GesprächspartnerInnen bei der Pressekonferenz: Bernhard Baier, Vizebürgermeister und Kulturreferent der Stadt Linz Stella Rollig, Direktorin LENTOS Kunstmuseum Linz sowie Sammlungsleiterinnen Elisabeth Nowak-Thaller und Brigitte Reutner. 3 Kurzbeschreibung der Sammlungspräsentation Das Herzstück jedes Museums ist seine Sammlung. Das LENTOS Kunstmuseum Linz präsentiert seine Schätze immer wieder neu. Noch nie gezeigte Objekte finden den Weg aus dem Depot in die Ausstellung, Werke bekannter KünstlerInnen werden in unerwartete Zusammenhänge gebracht: ein spannender Streifzug durch die Kunstgeschichte mit Highlights aus der Sammlung, neuen Positionen und überraschenden Begegnungen. Das LENTOS lebt den aktiven Dialog mit KünstlerInnen: Nicht nur die Kunstexpertinnen des Museums wählen Werke für die Neupräsentation aus, sondern auch KünstlerInnen. Drei Räume der Sammlungsgalerien werden von Özlem Altin, Verena Dengler und Hans Kupelwieser gestaltet – ausgehend von eigenen Werken und einer persönlichen Auswahl aus der Sammlung. Teil der Präsentation ist ein Medienkunstwerk von ekw14,90. Das KünstlerInnenkollektiv wählt Werke aus der Sammlung aus und reagiert auf diese in einem eigenen W-LAN-Netz. Schwerpunkte liegen auf der Geschichte der Sammlung, auf Expressionismus und Neuer Sachlichkeit, auf Informel und Pop Art sowie zeitgenössischen Positionen. Unter dem Motto Zu schade für die Lade werden laufend neue Entdeckungen und Schätze aus unserem Grafikdepot vorgestellt. Mit dem Erwerb der ersten hundert Kunstwerke legte die Stadt Linz im Jahr 1953 den Grundstein zur Neuen Galerie der Stadt Linz, der Vorgängerinstitution des LENTOS. Seither wurden die Bestände kontinuierlich um markante Positionen der jeweils zeitgenössischen Kunst sowie um historische Nachkäufe erweitert. Das LENTOS verfügt nun über eine Schatzkammer, die mit etwa 1.700 Gemälden und Skulpturen sowie rund 13.500 Grafiken und 1.300 Beispielen künstlerischer Fotografie reichhaltig bestückt ist. Präsentiert werden Werke von Herbert Bayer, VALIE EXPORT, Asta Gröting (ab März 2016), Gottfried Helnwein, Gustav Klimt, Jiri Kolár, Maria Lassnig, Gabriele Münter, Egon Schiele, Andy Warhol und vielen anderen. Ein vielfältiger Überblick über das Kunstschaffen aus den letzten 150 Jahren. 4 KünstlerInnenräume – die KünstlerInnen Özlem Altin Die Künstlerin wurde 1977 in Goch, Deutschland geboren. Sie lebt und arbeitet in Berlin. Ihre Werke entstehen aus der Kombination zusammengetragener Materialen und Bilder mit eigenen Arbeiten, die Malerei, Fotografie und Collage umfassen. Özlem Altins Werk wurde in den letzten Jahren an diversen Häusern gezeigt: Witte de With, Rotterdam; Kiria Koula, San Francisco; Circus, Berlin; Kunsthalle Wien; David Roberts Art Foundation, London; Kunstraum Innsbruck. Zu Altins Schaffen erfahren Sie mehr auf Seite 11. Verena Dengler 1981 in Wien geboren, studierte Verena Dengler an der Wiener Kunstschule (2001-2003), der Akademie der Bildenden Künste Wien (2003-2009) sowie der Slade School of Art, UCL London (2006). Zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland zeigten bislang Werke der Künstlerin, u.a. New Museum Triennale New York; Metro Pictures, New York; Greene Naftali, New York; mumok Wien (solo); MAK Wien; Galerie Meyer Kainer, Wien; Kunsthalle Düsseldorf; Kunsthalle Zürich. Mehr Informationen zu Denglers Arbeitsweise finden Sie ab Seite 9 im Pressetext. Hans Kupelwieser Der Bildhauer, Grafiker, Fotograf und Medienkünstler wurde 1948 in Lunz/See, Niederösterreich geboren. Er lebt und arbeitet in Wien und Lunz/See. Hans Kupelwieser ist durch die Entwicklung unkonventioneller Techniken und Materialien sowie durch seinen reflexiven und experimentellassoziativen Zugang seit jeher ein wichtiger Impulsgeber der Konzept- und Medienkunst. Er hat ausgehend von Grafik, Fotografie, Fotogrammen, digitalen Anwendungen usw. die Definition von Skulptur wesentlich erweitert. In seinen jüngsten Arbeiten verstärkt Kupelwieser durch Bewegung und Deformation bzw. Destruktion nochmals seine methodisch-konzeptionelle Arbeitsweise und verschiebt somit neuerdings den Skulpturenbegriff. ekw14,90 Die KünstlerInnengruppe wurde 2000 in Graz gegründet. Gestartet hat sie als experimentelles Radiokonzept, aus dem sich bald andere künstlerischen Ausdrucksformen wie Performance, Video, Foto, Musik und Theater entwickelten. Die installativen Projekte stehen mit dem Präsentationsort in direktem Zusammenhang und integrieren die BetrachterInnen beziehungsweise BenützerInnen der Kunstwerke in ihre konzeptionelle Funktionsweise. ekw 14,90 und deren Umgang mit der Sammlungspräsentation wird auf Seite 15 näher ausgeführt. 5 Kunstvermittlungsprogramm und Veranstaltungen Veranstaltungen ÖFFENTLICHE FÜHRUNGEN Dauer 1 Stunde, € 3 zuzüglich Eintritt. Keine Anmeldung erforderlich. Die TeilnehmerInnenzahl ist begrenzt. MIT KUNSTVERMITTLER/IN Jeden Dienstag und Sonntag, 16 Uhr (23. Februar bis 17. März) Jeden Donnerstag, 19 Uhr (ganzjährig) Kombinierte Führungen durch die Sammlung und die jeweilige Ausstellung im Untergeschoß. Details zum Programm im Untergeschoß finden Sie auf www.lentos.at. KÜNSTLERFÜHRUNG Sonntag, 21. Februar, 15 Uhr Hans Kupelwieser präsentiert seinen neuen Künstlerraum. Anmeldung erbeten. Eintritt und Führung: Ticket Museum Total. Informationen auf www.museum-total.at KURATORINNENFÜHRUNG Donnerstag, 25. Februar, 18 Uhr mit Elisabeth Nowak-Thaller und Brigitte Reutner. Anmeldung erbeten. FÜR GEHÖRLOSE Samstag, 6. Februar, 16 Uhr BLITZLICHTFÜHRUNG IN ENGLISCH UND TÜRKISCH Samstag, 5. März, 16 Uhr Türkisch in Kooperation mit dem Verein ibuk für interkulturelle Begegnung und Kulturvermittlung. Dauer 30 Minuten. 6 GRUPPENFÜHRUNGEN gegen Voranmeldung, maximal 25 TeilnehmerInnen Blitzlichtführung Dauer 30 Minuten, € 45 zuzüglich Eintritt Führung Dauer 1 Stunde Erwachsene: € 65 zuzüglich Eintritt Studierende: € 45 zuzüglich ermäßigter Eintritt Migrantische Einrichtungen: € 45, Eintritt frei KINDER UND FAMILIE LOREEN SPIELT MIT DER ZEIT Ein kurzweiliger Ausstellungsbegleiter für Kinder ab 4 Jahren. Extra zur Neupräsentation der Sammlung. Stiftebox mit Ausstellungsbegleiter bei der Aufsicht erhältlich. Keine Anmeldung erforderlich. In Kooperation mit Faber-Castell. RABENBABY-TOUR Donnerstag, 12. Mai, 10.30 Uhr Mami, Daddy, Baby, Cool! Ein entspannter Rundgang durch die Ausstellung. Kinderwagenmitnahme möglich, Babytrage/Tragetuch bevorzugt, Fläschchen ausdrücklich erlaubt. Dauer ca. 1 Stunde. Kosten: nur Museumseintritt. Anmeldung erforderlich. LENTOS ATELIER Für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren Während der Schulzeit samstags 10–12 Uhr, in den Ferien mittwochs 15–17 Uhr. Dem experimentellen Teil geht immer ein Gespräch in der Ausstellung voraus. € 5 (für Eintritt, Material & KunstvermittlerIn) Aufgrund der begrenzten TeilnehmerInnenzahl (maximal 15 Kinder) steht nur bei rechtzeitiger Anmeldung ein Platz zur Verfügung. LOS LENTONIÑOS Ein monatlich wechselndes Programm im Museum, speziell für 4–5 jährige Kinder Jeden zweiten Samstag im Monat von 15–16.30 Uhr Für Kindergartengruppen ist das Programm zu gewünschten Terminen buchbar. Dauer 1,5 Stunden, € 4 pro Kind 7 SCHULE & MUSEUM SCHÜLER/INNENFÜHRUNGEN Eintritt frei für SchülerInnen im Klassenverband, maximal 15 TeilnehmerInnen alle Altersstufen, Dauer 1 Stunde, € 3 pro SchülerIn SCHÜLERINNENFÜHRUNGEN MIT DEM CHINESISCHEN KORB Unterstufe und Oberstufe, Dauer 1,5 Stunden, € 4 pro SchülerIn Diese assoziative Methode hilft, über Kunst ins Gespräch zu kommen und die Erfahrungen der SchülerInnen in den Vordergrund zu stellen. Es wird in kleinen Gruppen gearbeitet. WORKSHOPS Dauer 2 Stunden, € 5 pro TeilnehmerIn, maximal 15 TeilnehmerInnen Das ausführliche Workshop-Programm ist im Kunstvermittlungs- und Veranstaltungsprogramm auf www.lentos.at abrufbar. ANMELDUNG Teleservice Center der Stadt Linz an unter T 0732.7070 8 Saalhefttexte Wie alles begann Wolfgang Gurlitt und seine Freunde Im November 1946 übergibt der Berliner Kunsthändler Wolfgang Gurlitt (1888–1965) seine private Kunstsammlung als Leihgabe an die Linzer Stadtverwaltung und leitet den Aufbau der Neuen Galerie der Stadt Linz. Die erste, Alfred Kubin gewidmete Sonderausstellung findet im Juni 1947 statt. 1951 organisiert Gurlitt eine als Sensation wahrgenommene Oskar-Kokoschka-Ausstellung. Mit vielen berühmten Künstlern ist Gurlitt befreundet. Er präsentiert deren Werke bei Ausstellungen in seiner Berliner Galerie. 1953 wird der Grundstock der Neuen Galerie und des heutigen LENTOS Kunstmuseum – 84 Gemälde und 33 Grafiken – aus dem Besitz von Gurlitt von der Stadt Linz erworben. Viele der heute hoch gerühmten Klassiker wurden vom nationalsozialistischen Regime als „entartet“ verfemt. Ihre Werke wurden ab 1937 aus deutschen Museen und Sammlungen beschlagnahmt und über den Kunsthandel oder Auktionshäuser versteigert. Mit der Sammlung Wolfgang Gurlitt als Grundstock betreut das LENTOS ein ebenso glanzvolles wie zum Teil problematisches Erbe. Bis heute ist seine Rolle Gegenstand kontroverser Darstellungen: Gilt er den einen als Freund der Kunst, der verfolgten jüdischen SammlerInnen durch den Abkauf ihrer Kunstwerke behilflich war, sehen andere in ihm einen Nutznießer des nationalsozialistischen Unrechtsregimes. Wolfgang Gurlitt ist der Cousin des Kunsthistorikers und Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt. Dieser ist der Vater von Cornelius Gurlitt, dessen Sammlung in den Medien aufgrund der unklaren Herkunft vieler Kunstwerke stark diskutiert wurde. Das LENTOS ist intensiv bestrebt, die Herkunft jedes Werks aufzuklären und unrechtmäßigen Besitz zu restituieren. Die Herkunftsgeschichte von beschlagnahmten Werken, mit denen Gurlitt während des Zweiten Weltkriegs handelte, wurde mehrfach in Ausstellungen thematisiert und in Werkbeschriftungen und Publikationen veröffentlicht. Seit 2003 sind 13 Werke, u. a. die beiden Porträts von Anton Romako, die dem Museum als Dauerleihgabe verblieben, restituiert worden. Verena Dengler: Unähnliches Selbstbildnis Verena Dengler, die 1981 in Wien geboren wurde, zählt zur Generation der sogenannten Digital Natives. Für diese Kunstschaffenden ist die Digitalisierung ebenso selbstverständlich wie das Leben mit und in sozialen Medien. Erstrangige Informationsquelle ist das Smartphone, dessen Social Media Anwendungen die Veröffentlichung eigener Statements und Inhalte nicht nur ermöglichen sondern herausfordern. Denglers durch Interaktivität geschärfte Aufmerksamkeit und ihr kritischer Geist ist Grundlage eines künstlerischen Werks, das Monumentalität, geschlossene Form, eindeutige Aussage und formale Brillanz bewusst in den Hintergrund rückt. Dem Werk eingeschrieben ist Denglers 9 feministische Haltung in einem Kunstbetrieb, der weiterhin den Wettbewerb männlicher Egos fördert. Fundstücke ihrer medialen und urbanen Beutezüge verknüpft die Künstlerin mit Geschichte und Gegenwart, legt Machtstrukturen, Vorurteile und kulturelle Codes frei. Selbstgemachte und gefundene Objekte sind gleichwertig nebeneinander gesetzt, Malerei und Zeichnung neben Stickerei und Collage. Die Skulptur Germany vs. Austria zitiert mit Augenzwinkern die klassische Anordnung von Sockel und plastischem Kopfporträt. Klassizismus trifft Nachkriegsmoderne trifft Modegeschichte in einem Mix der Hinweise auf Aufstiegsträume der Mittelklasse. Diese sind oft ebenso zum Scheitern verurteilt wie die österreichische Nationalmannschaft, wenn sie auf dem Fußballplatz Deutschland gegenüber steht. Die Fototapete ist mit dem Schweizer Künstler Yoan Mudry1 entstanden. Im oberen Teil, Denglers Beitrag, wird Barack Obama von der „wahren Anführerin der Nation“ gegrüßt. Beyoncé2 wird bleiben, wenn Obama längst seinen Posten geräumt hat. Aus der LENTOS Sammlung wählt Dengler vorwiegend (Selbst-)Porträts und figürliche Darstellungen als Verbindung von Porträt und Objekt; sie interessiert sich für die Entgrenzung zwischen dem Ich und dem Außen. Als Raumtitel leiht sie sich den Namen eines Werks der Linzer Künstlerin Margit Palme, das hier selbstverständlich auch gezeigt wird. Der Mensch will sich wiederfinden. Vom Expressionismus zur Neuen Sachlichkeit „… Niemals war eine Zeit von solchem Entsetzen geschüttelt, von solchem Todesgrauen ... Auch die Kunst schreit mit, in die tiefe Finsternis hinein, sie schreit um Hilfe, sie schreit nach dem Geist: das ist der Expressionismus.“ So schildert der Schriftsteller Hermann Bahr 1916 die durch den Ersten Weltkrieg aus den Fugen geratene Welt. Aus einer apokalyptischen Grundstimmung heraus streben KünstlerInnen aller Bereiche nach Ursprünglichkeit. Sie versuchen, durch Verformung der sichtbaren Wirklichkeit ihre Gefühle und Ideen darzustellen. Der in Deutschland gegründete Expressionismus bedeutet Zertrümmern von klassischen Formen, Farbverzerrungen, eine Übersteigerung des Ausdrucks. Die Zentren des deutschen Expressionismus sind: Dresden mit der Künstlergemeinschaft Die Brücke (1905−1913, hier vertreten durch Karl Schmidt-Rottluff, Otto Mueller und Max Pechstein), Berlin mit der Secession und der von Herwarth Walden 1910 gegründeten losen Gruppe Der Sturm, zu der auch Oskar Kokoschka gehörte, und München mit dem Blauen Reiter (1908−1913, u.a. Gabriele Münter und Marianne von Werefkin). ExpressionistInnen schildern Menschen oder Landschaften nicht, sondern sie erleben diese. Sie geben nicht nüchtern wieder, sondern vereinfachen Formen und Farben, bauen ihre Bilder auf Kontrast und Flächenwirkungen auf und geben innerste Emotionen preis. 1 2 Yoan Mudry, geb. 1990 in Lausanne Beyoncé: US-amerikanische R&B- und Pop-Sängerin, Schauspielerin und 10 1918, in einem der schicksalsträchtigsten Jahre der Geschichte, zerfällt das Habsburgerreich. Die österreichische Kunstszene wird durch den Tod von Gustav Klimt und Egon Schiele bzw. durch den Weggang von Kokoschka nach Deutschland seiner wichtigsten Künstler beraubt. Die KünstlerInnen der Neuen Sachlichkeit versuchen nun, die Realität objektiv und präzise wiederzugeben. Einzelgänger wie Albin Egger-Lienz, Sergius Pauser, Oskar Laske oder Franz Sedlacek sind Vertreter dieser neu aufkommenden Richtung. Porträts von Alfred Wickenburg, Helene Funke oder Anton Koligs Entwürfe zum Eisernen Vorhang des Salzburger Festspielhauses runden den Gang durch die österreichische und deutsche Kunst der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ab. Özlem Altin: Untitled (touch or melancholy) Özlem Altin interessiert sich für Konzepte des Körpers, im Besonderen für Geste, Kontakt und Berührung. Über die Jahre hat die Künstlerin, die 1977 in Goch/Deutschland geboren wurde und heute in Berlin lebt, eine umfangreiche Sammlung von Bildern zusammengetragen. Aus diesem Archiv wählt sie Bilder oder Bildausschnitte. Diese verwendet sie assoziativ für Collagen. Für andere Werke isoliert sie Details gefundener Bilder und überhöht sie durch Vergrößerung. Manche Fotografien sind selbst inszeniert. Gefundene und selbstgemachte Bilder erhalten im Œuvre die gleiche Wertigkeit. Auffallend ist, dass Gesichter gar nicht, abgewendet oder im Hintergrund gezeigt werden, so dass die individuelle Persönlichkeit mit ihrer Geschichte keine Rolle spielt. Auch Malerei entsteht in Altins Werk, das oft die Gestalt raumgreifender Installationen annimmt. Der Körper der Betrachterin und des Betrachters setzt sich mit den präsentierten Körperbildern in Beziehung. In ihren beiden Räumen im LENTOS schafft Altin eine gewisse Stimmung der Erschöpfung, des ausdruckslosen Innehaltens. In ihrem Diptychon Untitled (Mädchen im Baum) zieht die Schwerkraft den schlaffen Körper erdwärts. Das Liegen ist ein wiederkehrendes Motiv, dem der Schlaf und letztlich der Tod verwandt sind (dies führt uns mit Paul Albert Leitner auf den berühmten Pariser Friedhof Père Lachaise). Die aktive Geste, mit der Vater Benesch seinen Sohn in die Schranken weist (Egon Schiele: Doppelbildnis Heinrich und Otto Benesch) ist die stärkste Bewegung in einem thematischen Panorama, in dem in den Fotografien von André Kertész (Bei Mondrian) oder von Elfie Semotan (Fetzen) der Mensch physisch verschwunden und nur in seinen Spuren präsent ist. Ist Kunst logisch? Geometrie und Abstraktion Edgar Knoop unterrichtete an der Münchner Akademie der bildenden Künste von 1972–2000 experimentelle Farbtheorie, setzte sich mit Licht, Farbsystemen, Farbmetrik und der Lehre von Farbkontrasten auseinander. Seine frühen farbsystematischen Arbeiten, seine Tafelbilder, standen am Anfang seiner intensiven theoretischen Forschung. Zwei Quadrate, die sich in kleinere Vierecke durch Proportionsverschiebungen untergliedern, bieten Kontraste sowie Raum- und 11 Tiefenillusionen. Das Objekt aus Plexiglas, ein welliges Farbprofil aus neonleuchtenden Stäben, stellt eine geheimnisvolle räumliche Verbindung zu den beiden Bildern her. Auch für Herbert Bayer war Farbtheorie die Grundlage seines künstlerischen Schaffens. Bayer, der am Bauhaus unterrichtete, war fasziniert von der Geometrie und Goethes Farbenlehre, von der Natur und dem Kosmos. Sein großformatiges Gemälde Suspended Secrets (Schwebende Geheimnisse) zeigt ein freies Spiel geometrischer, verschachtelter Formen. Quadrate, Dreiecke, Kreise, eine Ellipse und Segmente treiben im unendlichen Universum. Sonne, Mond und Sterne sind wichtige Bestandteile in Bayers geometrisch dominierter Bildwelt. Die jahrelange Arbeit am World Geographic Atlas verstärkte sein Naturverständnis noch weiter. Mit der Frage „Ist Kunst logisch?“ und der Aussage „Zeit ist die Summe von Informationen“ provoziert der Einzelgänger Hermann Painitz. Sein Graphisches Alphabet stellt eine intensive Auseinandersetzung mit Zeichensystemen dar. 156 mit Glas gerahmte Einzelbilder mit geometrischen Zeichen beziehen sich auf Goethes Farbenlehre. Der Pulttisch mit 26 Elementen hilft beim Enträtseln. Haben Sie die Lösung des Rebus-Rätsels auf dem letzten Einzelbild entdeckt? Pop-Ikonen Die Pop Art, die in den 1950er-Jahren in England und den USA entstand, ist auf ihrem Höhepunkt: Claes Oldenburg verkündet: „Ich bin für eine Kunst, die etwas anderes tut, als in einem Museum auf ihrem Arsch zu sitzen.“ Andy Warhol behauptet „Für mich ist die Monroe nur ein Mensch unter vielen …“. Warhol, der als Werbegrafiker begann, entnahm seine Bildvorlagen der Werbung. Er verwendete Dinge des alltäglichen Lebens wie die Campbell’s Tomatensuppendose oder ein Standbildfoto aus dem Film Niagara, in dem Marilyn Monroe die Hauptrolle spielte. Warhol gab das Marilyn-Portfolio 1967 mit 10 Siebdrucken in einer Auflage von 250 Stück heraus. Der Künstler stilisierte Marilyn, die 1962 überraschend verstorben war, und Mao Zedong, den Vorsitzenden der kommunistischen Partei Chinas, durch Farbverfremdungen und Reduktion auf ein maskenhaftes Äußeres zu Pop-Ikonen. Waren für Warhol oft Medienfotos Ausgangspunkt für seine Arbeiten, so projiziert Franz Gertsch selbst aufgenommene Dias auf die Leinwand. Was auf Entfernung wie ein Foto erscheint, ist bei näherer Betrachtung ein Gemälde auf Leinwand. Der französische Wallfahrtsort Saintes Maries de la Mer, an dem Sinti und Roma aus aller Welt zusammenkommen, ist bekannt als Ort der Ausgrenzung aber auch der Lebensfreude. Christo enthüllt durch Verhüllen. Er begann in Paris die traditionellen Gattungen der Malerei und Skulptur zu sprengen. Der Künstler wurde im Rahmen des Wiener Super Sommers 1976 eingeladen, den Flakturm im Esterhazy-Park zu verhüllen. Leider wurde das Projekt, durch das Wien die Aufmerksamkeit der internationalen Kunstwelt auf sich gelenkt hätte, nicht durchgeführt. Die collagierte Zeichnung mit Stadt- bzw. Lageplan konnte Peter Baum, damals Direktor der 12 Neuen Galerie, für Linz sichern. Durch den Erfolg der Berliner Reichstagsverhüllung wurde das Flakturmprojekt 1995 neu diskutiert, jedoch wieder abgewiesen. Lineare Strukturen Mit dem Zeichenstift oder der Kamera festgehalten: in monochromen Grafiken oder Fotografien richtet sich der Fokus auf die Linienführung. Solche Werke eignen sich daher besonders gut, um Phänomene von Raum und Zeit darzustellen. Die ausgewählten Exponate bewegen sich inhaltlich zwischen Schöpfung und Konstruktion. Gunter Damisch, Pierre Alechinsky und Othmar Zechyr setzen sich mit dem Schöpfungsmythos formal auseinander. Zeichnungen von Hans Jascha und Bertram Castell gewähren Einblicke in Landschaftsräume. Josef Sudeks Foto zeigt eine Prager Stadtlandschaft. Julie Monacos Heliogravüre eines Meeresbildes ist allerdings gänzlich virtuell konstruiert. Eine Serie von Zeichnungen von Hauenschild/Ritter mit dem Titel Köpfe variiert Themen der technischen Konstruktion und Maschinenästhetik. Martha Jungwirth befasst sich in ihrer Zeichnung Indesit mit den Anschauungsqualitäten ihres italienischen Geschirrspülers. Eduardo Chillida verleiht in Aizatu III hingegen dem Wind eine sichtbare Form. Ulrich Waibels Zeichnung thematisiert die Zeit, die als Veränderung der linearen Dynamiken im Bild sichtbar gemacht werden kann: Morgen – die kommende Zeit. In den Fotozyklen von Josef Wais und Dieter Appelt wandert das Licht als Dimension von Zeitlichkeit durch den Darstellungsraum. Einen Schritt weiter geht Branco Andrič. Seine Zeichnung visualisiert sogar ein Objekt, außerhalb bisheriger menschlicher Erfahrung. Dorothee Golz Arbeit Lebensentwurf 2004 schildert ebenfalls eine Konstruktion, nämlich jene, wie man/frau sich das Leben zurechtlegen kann. Zu schade für die Lade Zurzeit verfügt die Grafiksammlung des LENTOS über etwa 13.500 Exponate. Unter der Bezeichnung Grafik verstehen wir jede künstlerische Arbeit, die auf Papier ausgeführt wurde. Zu schade für die Lade zeigt im Grafikraum der Sammlungsausstellung in wechselnder Hängung Arbeiten sehr bekannter KünstlerInnen oder auch wahre Entdeckungen. Die Werkdatierungen liegen zwischen 1850 bis 2015. Dies ermöglicht ein schrittweises Kennenlernen des Museumsbestandes. Zusätzlich zur Ausstellung werden die einzelnen grafischen Blätter einer kunstwissenschaftlichen Betrachtung unterzogen. Den Text dazu können Sie im LENTOS Blog auf unserer Website nachlesen. 13 Stiftungen LENTOS Freunde Was haben die Kunstwerke von Hubert Scheibl, Jürgen Messensee, Alois Riedl, Herbert Boeckl, Siegfried Anzinger, Helmut Swoboda oder Gunter Damisch in diesem Raum gemeinsam? Sie alle haben dank großzügiger Stiftungen der LENTOS Freunde in die Sammlung Eingang gefunden. Im Jahr 1985 gründeten der Direktor der Neuen Galerie der Stadt Linz Peter Baum und eine Gruppe Linzer Kunst-EnthusiastInnen einen Verein zur Unterstützung des Museums. Drei Jahrzehnte später ist aus der Neuen Galerie das LENTOS Kunstmuseum Linz geworden. Der Verein der LENTOS Freunde hat über 200 engagierte Mitglieder, die sich die Förderung des Museums zum Ziel gesetzt haben. Durch den Ankauf von Werken moderner und zeitgenössischer Kunst – bislang wurden 1.7 Millionen Euro für Kunstankäufe zur Verfügung gestellt – unterstützen die LENTOS Freunde großzügig die Museumsleitung bei der notwendigen Erweiterung der Sammlung. Unübersehbar ist die wertvollste Skulptur der LENTOS Sammlung. Sie stammt vom 1949 in Liverpool geborenen Bildhauer Tony Cragg. Seine organisch wirkende Bronzeskulptur New Curly aus dem Werkkomplex der Early Forms, korrespondiert mit der nach oben strebenden Stele von Joannis Avramidis. Typisch für den griechischen Bildhauer, der Teilnehmer an der documenta und der Biennale di Venezia war, sind abstrahierte Figuren, die sich durchdringen und zu einer Säule vereinen. Alois Mosbacher zeigt eine fragile Leiter, die von einem Bienenschwarm besiedelt ist. Der naturverbundene Maler deutet an und öffnet Räume für eigene Gedanken. Die Leiter endet im Nirgendwo, droht durch den Bienenschwarm, einem Lieblingsmotiv des Künstlers, zu kippen. Viele Gemälde großer Malerei stammen aus den 1980er- und 1990er-Jahren: Wie Mosbacher waren auch Messensee, Scheibl, Damisch, Anzinger schon früh anerkannt. Immer geht es um die Grundfragen der Malerei: um Farbe, Linie, Perspektive, Licht. Hans Kupelwieser: Rotation Die Installation Swingletatlin ist ein kinetisches Kunstwerk in mehreren Medien. Die primäre Hardware besteht aus übereinander gestapelten Gartensesseln, die auf einem Drehteller montiert rotieren. Die Sesselgruppe ist von einer Ellipse aus poliertem Edelstahlblech umschlossen. Durch die Rotation sieht der Betrachter auf der inneren spiegelnden Oberfläche die „virtuelle“ Verzerrung scheinbar als Film ablaufen. Ausgangspunkt der Skulptur Roulade ist ein Fotogramm von diesen gestapelten Gartensesseln. Dieses zweidimensionale Bild ist auf Plexiglas gedruckt und eingerollt, wodurch eine neue transparente Skulptur entsteht. Kupelwieser hat zum Themenkomplex „Bewegung und Wahrnehmung“ aus der Sammlung folgende Arbeiten ausgewählt: Fotogramme von Man Ray, Alexander Rodtschenko und László Moholy-Nagy. Erika Giovanna Klien befasst sich in ihrem Frühwerk mit Licht und Schattenwirkungen von Kreisen. Bewegung spielt auch im wirbelnden Rock einer Flamencotänzerin von Inge Morath oder bei der 14 Spirale in Heinrich Heidersbergers Conchoide Rhytmogramm eine Rolle. Der nach Amerika emigrierte ungarische Fotograf André Kertész zeigt eine am Sofa liegende Tänzerin in künstlicher Pose. Herbert Bayer versetzt eine Landschaft in Bewegung und Hildegard und Harold Joos bringen schwarz-weiße Streifen in Rotation. Kinetische Kunstwerke aus den 1960er-Jahren von der Gruppe Zero (hier vertreten durch Grafiken von Günther Uecker und Heinz Mack) und die Medienkunst des Avantgardefilmers Marc Adrian, der seit 1955 Hinterglasmontagen in Op ArtManier entwickelte, spielen ebenfalls mit optischen Wahrnehmungen. Die KünstlerInnen täuschen die BetrachterInnen, suggerieren Bewegung und fordern das Publikum auf, aktiv am Kunstprozess teilzuhaben. ekw14,90: Der vierte Raum Das KünstlerInnenkollektiv wurde im Jahr 2000 von Moke Klengel, Christoph Rath, Marlies Stöger und André Tschinder in Graz gegründet und arbeitet in den Bereichen Performance, Video, Foto, Musik und Theater. Die Arbeiten von ekw14,90 zeichnen sich durch einen subtilen Umgang mit Assoziation und Sprachwitz, mit radikaler Reduktion oder absurder Überhöhung aus. ekw14,90 lädt zu einer virtuellen Reise durch die Sammlung des LENTOS Kunstmuseum Linz ein. Über zwölf W-LAN-Access-Points im gesamten Ausstellungsbereich der Sammlungspräsentation – und im Freiraum vor dem LENTOS – lassen sich unterschiedlichste Zugänge zu Kunstwerken finden. Einfach mit dem Smartphone oder Tablet in den gekennzeichneten Bereichen einloggen und die vielfältige Sammlungswelt von ekw14,90 entdecken. Hinter dem Access-Point „Welches Bild bist Du?“ verbirgt sich ein Spiel, das an Facebook erinnert. Es erlaubt, ein Kunstwerk aus der Sammlung zu wählen, das einem persönlich entspricht. An einem anderen Access-Point war das Werk 72nd Street and Broadway von Haus-Rucker-Co Grundlage für ein Hörspiel. Mit einem Text-Adventure im Stil der ersten Computerspiele reagiert ekw14,90 auf die Fotografie Party auf einer Jacht am East River von Inge Morath. Auch eigens produzierte Videokunst wie zum Beispiel eine Installation, die auf Otto S. Grewes Arbeit Auge und Ei gründet, ist Teil der Auseinandersetzung von ekw14,90 mit der Vielfalt der Sammlung. 15 Pressebilder Pressebilder stehen für die Dauer der Ausstellung auch auf www.lentos.at zum Download bereit. Lizenzfreie Nutzung unter Angabe der Bildcredits nur im Rahmen der aktuellen Berichterstattung zur Ausstellung. Özlem Altin, Untitled (Mädchen im Baum), 2013 LENTOS Kunstmuseum Linz Verena Dengler, Germany vs. Austria, 2011 LENTOS Kunstmuseum Linz Hans Kupelwieser, Swingletatlin, 2012 LENTOS Kunstmuseum Linz Andy Warhol, Marilyn, 1967 © Bildrecht Wien, 2016 LENTOS Kunstmuseum Linz Gustav Klimt, Frauenkopf, 1917 LENTOS Kunstmuseum Linz VALIE EXPORT, Ohne Titel, Aus dem geometrischen Skizzenbuch der Natur, 1981 © Bildrecht Wien, 2016 LENTOS Kunstmuseum Linz 16 Keith Haring, Red – Yellow – Blue No Portrait of Martin, 1987 LENTOS Kunstmuseum Linz Gottfried Helnwein, The Golden Age 2 (Marilyn Manson als "weißer Mickey"), 2003 © Bildrecht Wien, 2016 LENTOS Kunstmuseum Linz Maria Lassnig, Selbstbildnis mit Telefon, 1973 LENTOS Kunstmuseum Linz Albin Egger-Lienz, Ila, die jüngere Tochter des Künstlers, 1920 LENTOS Kunstmuseum Linz Gabriele Münter, Der blaue See, 1954, LENTOS Kunstmuseum Linz © Bildrecht Wien, 2016 LENTOS Kunstmuseum Linz Ab März 2016 in der Sammlungspräsentation zu sehen. Hildegard und Harold Joos, Reduktion Nr. 15, 1975 © Bildrecht Wien, 2016 LENTOS Kunstmuseum Linz 17