Soziale Präsenz / Social Presence

Werbung
Soziale Präsenz / Social Presence
In den vergangenen Jahren hat sich eine örtlich getrennte, virtuelle Echtzeit Zusammenarbeit durch verschiedenste Technologien wie Audiokonferenz, Videokonferenz,
Chaträume, Application Sharing oder Media Spaces immer mehr etabliert und
weiterverbreitet. Videokonferenzen bspw. ersetzen Treffen mehrerer Personen, für die eine
Kommunikation per Telefon, Chat oder Email nicht ausreicht und ein ortliches
Zusammentreffen aus zeitlichen und kostentechnischen Gründen nicht möglich ist.
Je stärker jedoch diese Technologie Anwendung findet, desto mehr stellt sich die Frage nach
der Produktivität und den sozialen Effekten, die mit ihr einhergehen. Diese Effekte
herauszufinden und zu analysieren ermöglicht eine Verbesserung des jeweiligen Systems in
Hinblick auf dessen Anwendungsgebiete, Design, Konfiguration und Funktionalität um
verteilte Arbeitsplätze miteinander zu verbinden.
Im Weiteren wird näher auf die sog. „Soziale Präsenz“ – auch „social presence“ genannt von Gesprächspartner bei Videokonferenzen eingegangen. Soziale Präsenz ist das
Empfinden eines Zusammengehörigkeitsgefühls – ein Gefühl des „zusammen Seins“ –
zwischen den Kommunikationspartnern trotz einer ortlichen Distanz. Die soziale Präsenz
bildet somit die Grundlage für Videokonferenzen als eine erfolgreiche und akzeptable
Alternative zu herkömmlichen Konferenzen. Ist die soziale Präsenz während der
Kommunikation nicht oder nur geringfügig vorhanden, so führt dies zu Misserfolgen dieses
Kommunikationsmediums. Wobei als Voraussetzung die Technik, also das richtige
Kommunikationssystem, bestehend aus Software und Hardware, sowie den richtigen
Umgebungsbedingungen (Datenverbindung, Räumlichkeiten, Umgebungsgeräusche,
Lichtverhältnisse, usw.) gelten müssen.
Das Gefühl der Sozialen Präsenz, also das „Gefühl des zusammen Seins“ (Greef et al. 2000)
ist abhängig von verschiedenen, einzelnen Komponenten. Um die soziale Präsenz messen
zu können, müssen Indikatoren festgelegt werden, die diese Komponenten widerspiegeln.
Da diese jedoch von jeder Person subjektiv wahrgenommen werden, dienen die Indikatoren
zur indirekten Erfassung der Sozialen Präsenz. Je genauer einzelne Einflüsse, die auf die
soziale Präsenz einwirken, voneinander getrennt betrachtet werden können, desto besser
lassen sich die Indikatoren festlegen. Greef et al. (2000) schlägt folgende Indikatoren zur
Bestimmung der Sozialen Präsenz vor („Communicate-IT Project“, M. Arial, S. Guttormsen
Schär, S.38, 2002):










physische Entfernung
Lächeln
Augenkontakt
persönliche Themen während der Kommunikation
Gestiken / Bewegungen
Berührung
Tonlage der Stimme
Verhaltensweisen während eines Dialogs (z.B. seinen Gesprächspartner
unterbrechen)
körperliche Bewegungen (z.B. sich nähern oder sich entfernen vom
Gesprächspartner)
direkte (namentliche) Ansprache des Gesprächspartners
Die Soziale Präsenz kann also durch nicht verbale und persönliche Verhaltensweisen
beschrieben und gemessen werden.
Generell läßt sich Präsenz als subjektive und als objektive Präsenz messen (Ijsselsteijn et
al.,2000). Da Präsenz vornehmlich als subjektives Empfinden beschrieben wird, haben sich
Fragebögen oder Interviews zur Messung durchgesetzt. Die Fragen ergeben sich dabei aus
den vorab definierten Indikatoren.
Das subjektive Empfinden bzw. die soziale Präsenz wurde bei unseren Experimenten mittels
Fragebogen (siehe =>Communicate-IT_fragebogen?) von den einzelnen Teilnehmer nach
der Durchführung ermittelt.
Theorie der Sozialen Präsenz
In einer grundlegende Arbeit von Short, Williams und Christie wird die „Theorie der Sozialen
Präsenz“ vorgestellt, um zu beschreiben in welchem Ausmaß verschiedene
Kommuniktionssysteme soziale Verhaltensweisen fördern können. Soziale Präsenz wird
dabei als Qualität definiert, die den Grad einer eins-zu-eins Interaktion beeinflußt. Die
Autoren beschreiben, dass Audio- und Text - Kommunikationssysteme visuelle Verhaltensweisen einer face-to-face Interaktion wie Gesichtsausdruck, Augen, Gestik, Mimik und Nähe
nicht genügend zum Ausdruck bringen können. Der Grad der Sozialen Präsenz wird somit
an dem Maß der Förderung dieser visuellen Verhaltensweisen gemessen und ist somit
losgelöst von rein technisch, physiologischen Aspekten („Social Presence with Video and
Application Sharing“ ;E. Bradner / G.Mark; 2001).
Abgrenzung Telepräsenz
Neben der Präsenz im allgemeinen Sinne und der sozialen Präsenz wird des Weiteren auch
in Telepräsenz differenziert. Jedoch wird der Begriff der Telepräsenz oft für den Grad der
erlebten Präsenz in virtuellen Räumen verwendet (Sheridan, 1992, Steuer, 1992 referenziert
durch Draper, Kaber und Usher, 1998). Telepräsenz ist überall dort zu finden, wo
ferngesteuerte Arbeitsgänge aus den verschiedensten Gründen wie der Erschaffung
virtueller Räume oder auf Grund von gefährlichen Arbeitsvorgängen (bspw. Tiefseearbeiten,
Atomkraftwerk) auftreten.
Telepräsenz nach Sheridan (1992)
Bei der Telepräsenz nach Sheridan (1992) (referenziert durch Draper, Kaber und Usher
(1998)), verliert der Akteur das Bewusstsein zu seiner lokalen Umgebung, da er meint sich in
der virtuellen Umwelt zu befinden. Die empfundene Präsenz ist dabei aus vier Komponenten
zusammengesetzt: Klangtreue und Reichhaltigkeit der sensorischen Information,
Gewandtheit der Steuerung von Sensoren in der entfernten Umgebung, die Fähigkeit, die
entfernte Umgebung zu beeinflussen und die Vertrautheit mit dem System („Definitionen von
Indikatoren zur Messung sozialer Präsenz bei Videokonferenzen“; U. Richard; 2003). Je
besser der Akteur mit dem jeweiligen System vertraut ist, umso mehr wächst das Empfinden
der Telepräsenz (Held / Durlach, 1992 referenziert durch Draper, Kaber und Usher, 1998).
Telepräsenz nach Schloerb (1995)
Einen weiteren Ansatz bildet die Definition der Telepräsenz von Schloerb (1995). Die
Präsenz wird dabei in objektive Präsenz und subjektive Präsenz unterschieden, wobei mit
der subjektiven die Telepräsenz und mit der objektiven die soziale Präsenz beschrieben
wird. Unter objektiver Präsenz wird dabei das Lösen einer bestimmten Aufgaben durch den
Akteur verstanden. Das Empfinden der räumlichen Nähe oder Distanz spielt bei seiner
Definition somit keine Rolle. Dieses Empfinden der physischen Anwesenheit bezeichnet
Schloerb (1995) als soziale Präsenz.
Telepräsenz nach Sheridan sieht physische und soziale Komponenten in sich vereint
während Schloerb diese bei seiner Definition voneinander getrennt behandelt. Die
verschiedenen Definitionen sind somit je nach Anwendungsfall abzuwägen.
Quellen:
M. Arial, S. Guttormsen Schär; „Communicate-IT Project“, S.38, 2002
E. Bradner / G.Mark; „Social Presence with Video and Application Sharing“; 2001
P. de Greef / W. IJsselsteijn; „Social Presence in the PhotoShare Tele-Application“, 2000
U. Richard; „Definitionen von Indikatoren zur Messung sozialer Präsenz bei
Videokonferenzen“; 2003
Herunterladen