Deutsch-Japanischen Gesellschaft BW eV

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Bambusblätter
Informationen für die Mitglieder und Freunde der
Deutsch-Japanischen Gesellschaft BW e.V.
Oktober 2008
1
Liebe Mitglieder, liebe Japanfreunde,
wir begrüßen Sie herzlich zu unserer Ausgabe Oktober
2008 der Bambusblätter.
Die vorliegende Ausgabe stellt das erste Exemplar dar,
das dem neuen Konzept folgt. Es besteht darin, aus
Kostengründen die Bambusblätter zu teilen in eine
Kurzausgabe „Bambusblätter Info“, die nicht mehr als
vier Seiten umfassen soll und nur aktuelle Meldungen
und Ankündigungen enthält und eine
Ausgabe
„Bambusblätter“ in der
ausführlichere Texte und
Informationen zum Thema Japan erscheinen sollen, z.B.
schriftliche Zusammenfassungen der Vortrags Veranstaltungen.
Dr. Hans-Dieter Laumeyer
Präsident
Impressum
Die Bambusblätter erscheinen in loser Folge.
Verantwortlich für diese Ausgabe: Gottfried W. Wollboldt
Tel.: 0711 – 65 83 223
Ihr Kontakt zur DJG- BW:
Geschäftsführung:
Wolfgang Grosse
Buchenweg 12, 73 650 Winterbach
Telnr. 0 71 81 – 7 39 30
e-Mail: [email protected]
Konto:
LBBW Kto.:1376 836, BLZ 600 501 01
Internet:
www.djg-bw.de
2
Inhalt
Uraufführung der 9. Sinfonie von Beethoven
in Japan im Jahre 1918, dargestellt im Film
„Bart no Gakuen“
Ansprache des Präsidenten anlässlich der
Shinnenkai Veranstaltung 2008
Seite
4
7
Abstrakt des Vortrags von
Prof. Dr. Klaus Antoni zu Isumo
15
Abstrakt des Vortrags von
M.A. Ursula Flache zu Miyajima
16
Zusammenfassung des Vortrags von
Dipl-Ing. (TU) Gottfried W. Wollboldt
zum Enryakuji
18
Abstrakt des Vortrags von
Dr. Eva-Maria Meyer:
Hinter dem Chrysanthemenvorhang
41
Was berichtet die englischsprachige Presse
in Japan über Deutschland
( vom 18.3. – 25.4.2008)?
42
3
Uraufführung der 9. Sinfonie von Beethoven in
Japan im Jahre 1918, dargestellt im Film
„Bart no Gakuen“
Vorgeführt am 21.Juni 2007 im Lindenmuseum
Bei der Uraufführung der 9. Sinfonie von Beethoven
bringt das Orchester der Kriegsgefangenen die gesamte
Bevölkerung des Dorfes Bando zum Tanzen. Seither ist
die „Ode an die Freude“ die zweite Nationalhymne der
Japaner.
Der Film zeigt das Leben von Kriegsgefangenen im
japanischen Gefangenenlager Bando, dessen Insassen,
dank der vernünftigen Verhaltensweise des japanischen
Kommandanten Matsue (gespielt von Ken Matsudaira)
ein weniger eingeschränktes Leben führen konnten als
Gefangene in sonstigen Lagern. Der Film zeigt in
einprägsamen Bildern Situationen des Lagerlebens
sowohl für die Gefangenen als auch für den Lagerleiter,
der bei manchen seiner Landsleute Missmut erregt. Am
Ende des Filmes ist klar, dass die liberale Haltung des
4
Kommandanten nicht nur vorteilhaft für die Insassen des
Lagers war, sondern auch für die das Lager umgebende
Bevölkerung des Ortes Bando. Noch heute gibt es
deutsche Unternehmungen in Japan, deren Gründer
Kriegsgefangene in Bando waren.
Der Ort Bando ist Teil der seit 1947 bestehenden
Stadtgemeinde Naruto, die etwa 30km südwestlich des
internationalen Flughafens von Osaka liegt und sich durch
eine einzigartige Sehenswürdigkeit von anderen Städten
unterscheidet, nämlich durch einen 4 mal täglich an ihrem
Meeresufer entstehenden Wasserwirbel (Whirlpool,
Malstrom), dem größten der Welt (nach National
Geographics
Naruto liegt auf der Insel Shikoku gegenüber der
kleineren Insel Awaji, die die japanische Inlandsee
(setonai kai) vom Pazifischen Ozean trennt. Bei Naruto
sind beide Meere durch eine nur 1km breite Strasse
verbunden. Der Wasserspiegel der Inlandsee kann sich
daher nicht schnell genug an den Wasserspiegel des
Pazifik anpassen, der mit den Gezeiten schwankt. Es
entstehen daher 4 Mal täglich Höhenunterschiede im
Meeresspiegel von etwa 1 Meter zwischen Pazifik und
Inlandsee. Dies löst in der Strasse von Naruto
Wasserwirbel aus. Der Film versäumt es nicht, den
Wasserwirbel in den Handlungsablauf zu bringen.
Naruto kann noch eine andere Merkwürdigkeit vorweisen.
Es ist nämlich der Ausgangspunkt der berühmten
Pilgerwege von Shikoku. Diese gehen auf einen
buddhistischen Heiligen Namens Kukai zurück, der 774 n.
Chr. in dem Ort Zentsuji auf Shikoku geboren wurde. Er
wurde posthum mit dem Ehrennamen Kobo Daishi
(Weisheit spendender großer Lehrer) ausgezeichnet, weil
er sich eine Reihe von Verdiensten erworben hat: Gründer
5
der buddhistischen Shingon – Richtung, Gründer einer
Tempelstadt auf dem Berg Koya, Gründer einer
Universität, die mittellose Begabte aufnahm, Verfasser
eines Lexikons und Schöpfer der japanischen
Silbenalphabete. Mehrmals sehen Sie Gruppen von
Pilgern durch die Filmszenen wandern.
Die Insassen des Lagers Bando sind Kriegsgefangene, die
unterlegenen Verteidiger der kaiserlich deutschen Kolonie
Tsingtau, die bei Ausbruch des ersten Weltkrieges von
Engländern und Japanern angegriffen und eingenommen
wurde.
Tsingtau war bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ein
unbedeutendes Fischerdorf. 1891 wurde es befestigt und
1898 für die Dauer von 99 Jahren an das Deutsche Reich
verpachtet. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte
sich Tsingtau durch den systematischen Ausbau des
Hafens zu einer Industriestadt europäischen Zuschnitts.
1914 besetzten japanische Truppen die Stadt. Das
Deutsche Reich musste Tsingtau 1919 gemäß den
Bestimmungen des Versailler Vertrags Japan überlassen.
1922 kam die Stadt an China zurück. Der Hafen war
zwischen 1945 und 1949 ein wichtiger Marinestützpunkt
der USA. Die Einwohnerzahl beträgt etwa 2,32 Millionen
(2000).
Noch ein Wort zu dem Telegramm, das am Anfang des
Filmes erwähnt wird: Es ist im gleichen Sprachduktus
gehalten wie dasjenige Telegramm, das der deutsche
Kaiser an die Japaner geschickt hatte, als sie nach dem
Krieg gegen China 1894/95 den Hafen Port Arthur
(Dalian) besetzen wollten. Das Telegramm wurde von den
Japanern als Beleidigung aufgefasst. Franzosen und
Russen waren von der Angelegenheit mehr betroffen als
6
die Deutschen, aber sie sind deswegen nicht bekannt als
Absender von beleidigenden Telegrammen.
Zur allgemeinen
Weltkrieges
Lage
am Anfang
des
ersten
Die deutschen Kolonien (Schutzgebiete) wurden erst nach
1871 erworben. Der Reichskanzler Bismarck meinte,
Kolonien schaffen Versorgungsposten aber keinen
allgemeinen Nutzen. Doch seit 1860 fanden privat
finanzierte Forschungs- und Handelsreisen im Pazifik
statt. Die Initiatoren hofften auf staatlichen Schutz. Der
ihnen seit 1885 gewährt wurde, weil sich Bismarck einer
Reichstagswahl stellen musste und er sich davon
Unterstützung versprach. Bei Ausbruch des ersten
Weltkrieges wurden alle Kolonien fast kampflos an die
Alliierten übergeben, außer Tsingtau und deutsch
Ostafrika. Nicht nur, weil der erste Weltkrieg
überraschend ausbrach und Verteidigungsvorsorge
unterblieb, sondern weil es Verträge gab, wonach etwaige
Kriege unter den Kolonialmächten nicht auf die Kolonien
übertragen werden durften. Nach dem Krieg wurden die
ehemaligen
Kolonien
als
Mandatsgebiete
des
Völkerbundes verwaltet ehe sie ihre Unabhängigkeit
erhielten, bzw. mit ihren traditionellen Staaten
wiedervereinigt wurden.
Ansprache des Präsidenten
Dr. Hans-Dieter Laumeyer, anlässlich der
Shinnenkai Veranstaltung am
09.Januar 2008, im Lindenmuseum, Stuttgart
Zum Neuen Jahr 2008
Zum Neuen Jahr sollte der Präsident eine Neujahrsrede
halten. Ich bedanke mich noch einmal bei allen
Mitwirkenden für den wunderbaren Abend. Unsere
7
Gesellschaft und der innere Sinn des Neujahrsfestes
shogatsu sollen mein Thema sein – das sogenannte
kokoro. Es wird nicht zu lange dauern, dann gibt es sushi
und sake und dann sagen wir kampai:
Wir wollen als Gesellschaft das Wissen über Japan
mehren und Brücken bauen. Japan sollte uns nicht als ein
ferner exotischer Fremdkörper erscheinen. Vielmehr soll
es uns in all seinen Facetten begreifbarer werden, ein
Familienmitglied unserer Gemeinschaft sein. Das ist eine
emotionale Herausforderung nach innen und außen und
darin erkennen wir alle, Mitglieder, Vorstand, Beirat,
unsere Aufgabe. Das wollen wir in einer
gemeinschaftlichen Art, fröhlich und offen tun. Und dabei
die Interessen unserer Mitglieder über alle Bereiche
hinweg berücksichtigen, individuelle Anregungen
aufnehmen und somit unsere Gesellschaft fördern und
motivieren.
Wir haben eine Geschichte von über hundert Jahren und
doch entdecken wir täglich Neues, neue Wunder an
diesem Blütenbaum, in diesem Blumengarten japanischer
Kultur. Gerade heute haben wir wieder einzigartige
Kostproben genießen dürfen. Und auf einmal ist Japan
nicht mehr fern, sondern wunderbar und menschlich, und
ganz nah. Und das ist gerade zum Neujahrsfest so schön,
zum japanischen shogatsu.
Unsere Gesellschaft hat einen breiten Fundus an
Mitgliedern mit den unterschiedlichsten Interessen. Ein
breites Spektrum des Wissens und der Erfahrung mit
Japan sitzt vor mir. Vorstand und Beirat, das ist ihre
Aufgabe, lenken diese aus verschiedensten Richtungen
kommenden Ideen und Anregungen unserer Mitglieder,
pflücken diese Blumen und bündeln sie, so wie man einen
Blumenstrauß bindet oder ein Ikebana steckt. Dann ergibt
8
sich eine Gesamtkomposition, die nach innen und außen
zu leben beginnt. Ein ganz eigenes unverwechselbares
Leben.
Viele von Ihnen waren wohl sehr lange in Japan. Und
kaum jemand hier kennt das Land nicht, das so fern und
doch irgendwie auch so nahe ist. Kaum ein anderes wirkt
so herausfordernd, so zwingend sich ihm zuzuwenden,
sich mit seiner Kultur und seinen Werten zu beschäftigen.
So war es jedenfalls bei mir. Liegt es daran, daß es
einerseits so hochmodern, so futuristisch ist, andererseits
doch so fest in seinen Traditionen wurzelt – das Land, das
als erstes in Asien ein hoch entwickeltes Industrieland
wurde - uns ebenbürtig, uns übertrumpfend, dies aber mit
nicht-westlichen Werten und Denkansätzen erreichte?
Eigentlich eine immer noch aktuelle Frage. So sind wir
immer wieder aufs Neue fasziniert. Doch: Weiß Europa
überhaupt, was in diesem für uns so bedeutenden Land
eigentlich geschieht? Wie drüben gefühlt, gedacht und
empfunden wird? Sind wir nicht schlicht angewiesen auf
das, was Japan, vielleicht gar selbstgefällig, geruht uns
mitzuteilen, für uns aufzubereiten, zu übersetzen? Das
sind Fragen, die mich immer sehr beschäftigten.
Haben wir überhaupt ein Ohr an dem Geschehen in
diesem pulsierenden Tokyo, wo die Megatrends wie in
einer
Experimentierküche, auch für uns alle getestet werden?
Schauen wir nicht durch einen Filter, den Japan für uns
gaijin immer wieder selbst und aufs Neue kreiert? Was an
unserem Japan-Bild ist authentisch und was ist Fassade,
make believe?
Und immer wieder fragen wir uns: Wie weit oder wie nah
ist uns Japan wirklich, auch innerlich, gefühlsmäßig?
Also: Eine Herausforderung auch für uns selbst. Auch für
dieses Forum Japan-erfahrener Menschen.
Denn nur selten öffnet sich die japanische Gefühlswelt in
ihrer Wirklichkeit. Das shogatsu ist eine solche
9
Gelegenheit, wenn sich Japan irgendwie offenbart und
sich selbst zelebriert. So wollen wir uns heute kurz jenem
schönen Universum zuwenden, jenem inneren Japan, der
Welt japanischen Empfindens und japanischen Denkens,
das sich kokoro nennt. Und die Tage des shogatsu sind,
und so habe ich sie Jahr für Jahr empfunden, etwas ganz
besonderes in diesem so auf Traditionen bedachten Land.
In keinem anderen Land findet sich Vergleichbares in
seiner tieferen Bedeutung - in dem bunten Reigen
japanischer Feste ein nach innen gerichtetes Ereignis, ein
Besinnen auf die Familie, auf die Gemeinschaft, auf das
eigene Selbst, auf die eigene Existenz.
Ich nehme gern Bilder zu Hilfe, wenn ich etwas
emotional ausdrücken möchte. Shogatsu: Ich sehe die
alten Traditionen, die Bilder geschäftigen Treibens vor
dem großen Ereignis, Menschen, die in die dörfliche
Heimat
zurückkehren,
satokaeri,
die
ruhige
Neujahrsnacht, omisoka, wenn wir zusammensaßen und
toshikoshi-soba schlürften, mit halbem Ohr dem
Sängerwettstreit wie in jedem Jahr im NHK-Fernsehen
zugewandt.
Ich sehe das grelle Treiben, das Gedränge nachts
beim ersten Besuch eines Shinto-Schreines, dem hatsumode, oder die besinnlichen Stunden bei japanischen
Freunden – der Hausherr im hakama, wenn wir setchiryori aßen, Tee tranken und dann die alten Kartenspiele
spielten, wobei man die alten Gedichte zitieren sollte. Und
mit den Geschäftsfreunden zelebrierten wir das nenjimawari und keiner durfte ausgelassen werden.
Die weiblichen Angestellten kamen im kimono. Und dann
stößt man mit kimpaku-zake an, dem mit Goldflocken
angereicherten
Neujahrs-Sake. Aber in erster Linie war es die japanische
Familie mit ihren Werten und ethischen Grundsätzen, die
das Wesen dieser besinnlichen Tage ausmachte. Shogatsu
10
– irgendwie die immer wieder neue Basis japanischen
Empfindens.
Ein ganz besonders stimmungsvolles Bild ist aber der
festlich geschmückte Schrein. Es gibt keine schönere Zeit,
den jedem jinja innewohnenden ganz speziellen Geist zu
erleben. Und es gibt tausende solch wunderbarer jinja.
Das sind die abgelegenen Großschreine im Tohoku und
im Ura-Nihon, der Yazaka-jinja in Kyoto genauso wie die
Schreine mitten in den Großstädten. Jeder von uns hat
seine persönlichen Erinnerungen. Meine schönsten sind
die vom Shiogama-jinja bei Sendai, wenn die Fischer ihr
hatsumode begangen.
Professor Antoni führte uns soeben in die Geheimnisse
des großen Schreines von Izumo ein, in die Welt des
ungestümen Gottes Susanoo-no-mikoto mit seiner
urtümlichen Kraft. Wir sahen die gewaltigen Dächer des
Schreines, das shimenawa und die majestätisch
aufragenden sugi-Bäume.
Unter all den bunten hatsumode-Bildern zum Neujahrstag
beeindrucken mich immer diese großen sugi-Zypressen.
Ich empfinde sie wie ein Symbol ältester japanischer
Traditionen und japanischen Empfindens. Solch ein Baum
steht im Hintergrund und breitet seine Äste aus über dem
aufgeregten Geschehen.
Und natürlich hilft mir ein haiku, Ihnen das zu vermitteln,
worüber ich angesichts einer großen sugi über einem
Shinto-Schrein nachgedacht habe. In Japan findet sich
immer ein haiku für das, was man ganz persönlich sagen
möchte, aber wie ich nicht kann. Dieses haiku nun stammt
von Buson und ich finde es passend zum shogatsu. Es
mag uns helfen, Japan auch empathisch zu erfahren,
seinem Denken und Empfinden einmal ganz nahe zu sein,
dem, was es selbst sein kokoro nennt:
Ganjitsu ya, taiju no shita no hito-kokoro
11
Der Neujahrstag, unter großem Baum die Menschen – mit
ihren Empfindungen und Gedanken
Nur eine plumpe Übersetzung, wie bei jedem haiku. Man
kann nur deuten. Wir sehen nur drei Elemente - drei
Bilder. Mikroskopisch verdichtet und damit absolut.
Jenseits von Zeit und Raum. Und sie sagen viel zum
Wesen dieses Neujahrstages, dieses wunderbaren
Ereignisses. Selbst jede für sich genommen, ließen sich
die drei Metaphern kaum verdeutschen.
Aber in seiner Abstraktion offenbart dieses dreihundert
Jahre alte haiku etwas von dem, was das shogatsu
ausmacht. Denn ganjitsu ist nicht allein der Neujahrstag.
Man sieht darin Ausdruck für das absolut Neue, das
Unfertige, das Ungestüme, das Soeben-Kreierte. Es ist das
Neugeboren-Werden, das Reine, das Unbefleckte,
kindlich-naive, ungebändigte Urkraft, Ungeformtes - auch
eine, wenn auch nur momentan, zu lebende Freiheit.
Unbelastete Jugend, positiv das Kommende erwartend,
nicht rückwärtsgewandt – also völlig anders als bei uns,
wo Gott Janus bekanntlich mit zwei Gesichtern nach
vorne und nach hinten schaut. Hier blickt man schuldlos
nach vorn, erklimmt eine neue unverbrauchte
Bewußtseinsebene.
Wohl wissend, daß diese ungebändigte Energie nur
kurzlebig sein wird und bald einer kundigen Formung
durch andere Kräfte bedarf. All das steht in dem
Schriftzeichen ganjitsu, das man nur bei Beginn eines
neuen Zyklus schreibt - auch daß die Kraft der ersten
Momente wie in einem ewigen Rhythmus sich bald den
Kodizes von Ethik und Moral beugen wird, sagt es uns.
Und diese, das Neue bald formenden Kräfte, stehen in
mystischer, dunkler Würde schon bereit.
Sie sind der große Baum über dem Schrein. Der steht
unverrückbar, ewig, und er steht für die uralten Prinzipien
12
Japans, für das sich aus der Natur auf natürliche Art
immer wieder Formende. Taiju ist also der große Baum,
wie in Izumo, der die Welt der Traditionen, der
unumstößlichen Werte symbolisiert. Die gestaltende
Kraft in seinem Stamm, in seinen Ästen am Neujahrstag,
ist die Antithese zu der noch ungeformten Energie, die am
ganjitsu wieder zu den Menschen kommt und die sie
immer wieder selbst sind. Fast wie eine magische Kraft,
wie ein Naturgesetz, ist die dunkle Majestät dieser sugi zu
verstehen. Ein ewiges Prinzip, schützend und zugleich
Ehrfurcht gebietend. Kaum von Menschen geschaffen,
vielmehr den Menschen eine Richtung weisend, sich und
seine Grenzen zu erkennen. Ein bißchen wie der
Lindenbaum am Brunnen vor dem Tore, zu dem wir
Deutsche uns so gern zurückziehen. Vielleicht erklärt
auch das die Popularität dieses Gedichts in Japan.
Unverbrauchte Kräfte modellieren sich unter der Ägide
der alten Prinzipien zu der wunderbaren Synthese des
kokoro eines Menschen und einer Nation, zu einem
animus, der Freude, Toleranz,
ein In-Sich-Ruhen,
Erkenntnis des Möglichen, ein Verstehen wirklicher
Werte, bedeutet - Balance zwischen den sich stets neu
generierenden Kräften und den ethischen Prinzipien von
Familie und Gemeinschaft, kurz: Ein Ideal japanischer
Sittlichkeit, japanischen Empfindens. Das wäre das
kokoro, das dritte Element in meinem Bild von den
großen Bäumen über dem Shinto-Schrein zum
Neujahrstag. So ist es immer gewesen, meinte Buson wohl
in seinem haiku, und so entstehen Freude und Glück und
japanische Gelassenheit.
Es ist der Mühe wert, sich mit dem Begriff kokoro zu
beschäftigen. Er ist so urjapanisch wie das ganjitsu, das
Ungestüme, oder der große Baum taiju über allem, das
Prinzip des Formenden.
Und anders als bei uns sind diese Kräfte stets
vorwärtsgewandt, nicht wie bei Goethe, der unsere
13
abendländische Welt so treffend als Neues aus Altem
geboren bedichtet, indem er sagte:
Zwischen dem Alten,
Und das Vergangne
Zwischen dem Neuen
Heißt mit Vertrauen
Hier uns zu freuen,
Vorwärts zu schauen,
Schenkt uns das Glück,
Schauen zurück.
(J.W.Goethe: Zum Neuen Jahr, 1. Strophe)
Und damit wollen wir aber nun in die Wirklichkeit
zurückkehren. Es hat das Jahr der Ratte begonnen,
nezumidoshi. Das Jahr des Schweines ist zu Ende, in dem
wir für unsere Gesellschaft Speck angesetzt und unser
Haus bestellt haben. Ich habe es Ihnen in
meinem Jahresendbrief geschildert. Die Ratte aber ist
emsig, rührig, sie hamstert und ist sehr gemeinschafts-und
familienbewußt. Und so möchte ich, Dichter Buson mag
es mir verzeihen, das haiku abwandeln und sagen:
Nezumidoshi ya, kono Lindenmuseum de, Dokunichikyokai-Kokoro!
Also gehen auch wir mit einem selbstbewußten kokoro in
das Neue Jahr, mit einem erneut erschaffenen Geist, der
heute Abend geboren wurde, und mit neuer Besinnung.
Wir schauen nicht zu sehr zurück und wir freuen uns auf
das Kommende. Und wir bauen auf eigene Tradition und
eigene Kraft. Das Jahr wird uns viel bringen und unsere
Gemeinschaft stärken. Und dabei helfen uns nicht die
sugi-Bäume. Vielmehr helfen uns Motivation und Treue
unserer Mitglieder und unserer neu gewonnenen Freunde,
wie dem Lindenmuseum oder der. Japanologie in
Tübingen mit ihren Professoren und Studenten. Aber es
mag uns allen Freude und Glück bringen, Ihnen und Ihren
Familien, und es mag die Bande mit Japan weiter stärken.
De wa, yoi o-toshi o! Ein Glückliches Neues Jahr!
14
Ansprache des Präsidenten zum Shinnenkai 2008
Vortrag: (gehalten am 9.1.2008 im Lindenmuseum)
„Izumo - das Land der Götter und die
kulturelle Vielfalt Japans“
Professor Dr. Klaus Antoni, Universität Tübingen,
Seminar für Japanologie
Die japanische Kulturlandschaft Izumo, ist seit den
ältesten Epochen der Geschichte Japans für ihre religiöse,
kulturelle und oftmals auch politische Eigenständigkeit
bekannt. Schon in den Quellwerken des 8.Jahrhunderts
wurden die Besonderheiten Izumos angeführt, ersichtlich
etwa an einer eigenen Götterwelt, die nur wenig mit den
Gottheiten des japanischen Pantheons um die
Sonnengöttin und Ahngottheit des Kaiserhauses,
Amatersu, zu tun hatte. Die kulturelle Vielfalt Izumos
geriet damit in Kontrast zur vorherrschenden Idee einer
japanischen Homogenität. Heute stellt der shintoistische
Großschrein von Izumo neben den Ise-Schreinen das
bedeutendste religiöse Heiligtum Japans dar.
15
Izumo-Taisha: Gross-Schrein in der Provinz
Vortrag: (gehalten am 8.2.2008 im Bürgerzentrum
Stuttgart-West)
Miyajima – die heilige Insel im Wandel der Zeiten
Ursula Flache M.A, Universität Stuttgart
Die Insel Miyajima in der Präfektur Hiroshima gehört mit
Matsushima und Ama no hashidate zu den so genannten
‚drei schönsten Landschaften Japans’. Sie ist auch die
Insel‚ auf der niemand stirbt und niemand geboren wird’,
denn als heilige Insel ist sie mit zahlreichen Tabus belegt.
Der englische Dichter Edmund Blunden hat sie in einem
Gedicht verewigt und sich auf diese Insel gewünscht. Der
als Weltkulturerbe designierte Itsukushima Schrein
befindet sich dort und sein im Wasser stehendes rotes
Schreintor ist im Westen zu einem Wahrzeichen Japans
geworden. Berühmte Personen aus der japanischen
Geschichte wie der Kriegsherr Taira no Kiyomori, der
Mönch Kûkai und der Landeseiniger Toyotomi Hideyoshi
haben auf Miyajima ihre Spuren hinterlassen. Bei einem
16
Streifzug durch die Geschichte der Insel sollen in diesem
Vortrag die verschiedenen Aspekte der Insel als heiliger
Ort, als Handelszentrum der Inlandsee und als
Tourismusziel beleuchtet werden.
Referentin Ursula Flache M.A. ist Bibliothekarin und
Japanologin. Sie hat von 2003 bis 2006 die Bibliothek des
Deutschen Instituts für Japanstudien in Tôkyô geleitet.
Zur Zeit promoviert sie an der Universität Tübingen mit
einer Arbeit zum Itsukushima Schrein.
Tori von Miyajima, ein Wahrzeichen Japans
17
Vortrag: (gehalten am 7.3.2008 im Bürgerzentrum
Stuttgart-West)
Enryakuji, geistiges Zentrum Japans und
Ursprung moderner Universitäten
Gottfried W. Wollboldt Dipl.-Ing. DJG-BW
Die vergangenen Veranstaltungen der Deutsch
Japanischen Gesellschaft haben Ihnen Orte vorgestellt,
wie Shikoku, Bandô, Izumo, Miyajima, die abseits vom
Zentrum liegen, aber doch Einfluss auf die Herausbildung
der Eigenschaften Japans ausgeübt haben.
Der Enryakuji oder Enryaku – Tempel ist ein anderes
Beispiel, um das es heute gehen soll. Eigentlich ist er
eine ganze Tempelstadt mit 20.000 – 30.000 Einwohnern,
die unter alten hohen Bäumen auf dem Berg Hiei 10 km
nordöstlich von Kyoto angelegt ist. In Jahre 788 wurde er
durch den Priester Saicho gegründet, um die zukünftige
Hauptstadt vor bösen Geistern zu schützen, die nach dem
Glauben der Zeit aus einem in nordöstlicher Richtung
verlaufenden engen Tal eindringen konnten. Später ist der
Tempel allerdings nicht wegen seiner Wächterfunktion zu
Ansehen gelangt, sondern weil er sich zum geistigen
Zentrum des Landes entwickelte.
Er ist ein Tempel der dritten Generation. Die Tempel der
ersten Generation sind etwa 200 Jahre älter. Ihr Bau
wurde vom ersten Verfassungsgeber des Landes
gefördert, dem Prinzen Shotoku, Sohn des Großkönigs
Yomei und Neffe der Kaiserin Suiko.
Der Prototyp der zweiten Generation von Tempeln ist der
Todaiji, der um 749 in Nara fertig gestellt wurde. Der
Kaiser Shomu hatte ihn als Zentrum eines Gottesstaates
vorgesehen, den er auf Erden errichten wollte. Doch er
starb, bevor er sein Ziel erreichen konnte und unter seinen
Nachfolgern verfiel das Werk im Chaos. Eine seiner
Töchter trat als Kaiserin Koken die Regierung an. Der
18
junge Priester Dokyo, der gerade von einer China-Mission
zurückkehrte, wurde ihr vorgestellt. Sie wollte ihn zum
Mitkaiser machen. Sie wurde abgesetzt und ihr Bruder
wurde Kaiser. Doch dieser starb nach wenigen Jahren. Die
abgesetzte Kaisertochter wurde erneut Kaiserin unter dem
Namen Shotoku und da war wieder der Priester Dokyo,
der mitregierte.
Die Priester überhaupt hatten seit Beginn der Nara-Zeit
Bedeutendes geleistet, sowohl literarisch (Nihon Shoki
und Kojiki1) als auch
bautechnisch (Todaiji und
2
Daibutsen ) und deshalb glaubten sie mitregieren zu
dürfen. Zwar starb die Kaiserin 769 an den Pocken,
Dokyo wurde verbannt und Frauen von der Thronfolge
ausgeschlossen (bis 1730), damit war die Zeit der
Gesetzlosigkeit aber nicht beendet. Das Volk murrte: „Es
ist Mappô – Zeit“. Nach buddhistischen Vorstellungen ist
die Mappô – Zeit Vorstufe zum Weltuntergang.
Der tatkräftige Kaiser Kemmu (779 – 806) sah die Lösung
des Problems in einem Neuanfang. Er verlegte die
Hauptstadt 794 nach Kyoto. 784 verließ er Nara. Er wollte
die staatlichen Funktionen von den religiösen entflechten
und suchte nach neuen Ansätzen. Im Jahre 804 entsandte
er eine diplomatische Mission nach China mit dem
Auftrag, dort nach neuen Wegen zu suchen. Der Priester
Saicho und Kukai, ein Adeliger, der sich erst kürzlich
theologischen Studien zugewandt hatte, wurden der
Mission attachiert. Saicho kehrte beladen mit dicken
Büchern 805 zurück und machte den Enryakuji zum
Hauptquartier einer neuen buddhistischen Schule, nämlich
der Tendai Shu, die stets eng mit dem Kaiserhaus
verbunden blieb.
1
Die ältesten Geschichtsbücher Japans
Der Bau des großen Tempels und insbesondere der Guss des
bronzenen Riesenbuddhas müssen nach heutigen Maßstäben als
Hightech Aufgaben angesehen werden, vergleichbar dem
Mondlandeprojekt der Amerikaner.
19
2
Im Jahre 806 starb der Kaiser Kemmu und als Kukai aus
China zurückkehrte, fand er bei dem neuen Kaiser keine
Beachtung. Kukai war jünger als Saicho, in China aber
von einem höher angesehenen Lehrmeister ausgebildet
worden, der ihm tantrisch - esoterischen Buddhismus
beibrachte. Saicho stand bei dem neuen Kaiser in hohem
Ansehen und Kukai wurde kaum beachtet. Doch Kyoto
musste nicht nur im Nordosten vor dem Zuzug böser
Geister geschützt werden, sondern hauptsächlich im
Süden. Der Bau des für diese Aufgabe vorgesehenen
Tempels (Honganji) ging nicht voran. Kukai konnte hier
aushelfen. Er hatte nicht nur Theologie studiert, sondern
auch Architektur und Ingenieurskünste. In seiner Heimat
reparierte er in kurzer Zeit die Bewässerungsanlage der
Reisfelder. In Kyoto wurde er indessen vom Kaiser zum
Zeremonienmeister bestellt, dessen Aufgabe darin
bestand, für Regen und damit für gute Ernten zu sorgen.
Das war eine riskante Aufgabe, die er offensichtlich zur
allgemeinen Zufriedenheit löste, denn inzwischen durfte
er Saicho, den Chef des Enryakuji zum Oberpriester des
esoterischen Buddhismus weihen. Der neue Kaiser Saga
(809 – 823) der zu den drei am meisten angesehenen
Kalligraphen Japans zählt, unterstützte Kukai, der
ebenfalls Mitgliedschaft in diesem illustren Kreis genießt.
Alles, was Kukai in die Hände nahm, gelang ihm, seien es
weltliche Angelegenheiten oder geistliche. Kukai prägte
damit das Aufgabenspektrum des Enryakuji, doch ging es
ihm nicht primär um die staatlichen Aspekte von
Religiösität, sondern um die persönlichen, weshalb er sich
im Jahre 816 aus Kyoto zurückzog, um auf dem 100km
südlich gelegenen Berg Koya eine eigene Tempelstadt zu
gründen, die sich den kontemplativen Aspekten von
Religion widmete und später nie erwähnt wurde, wenn es
um Einmischung von Priestern in die Politik ging.
20
Der Enryakuji entwickelte sich in der Epoche, die die
Japaner als Heianzeit (894 – 1185) bezeichnen, zum
geistigen Zentrum des Landes, das nicht nur die Funktion
des Hauptquartiers der Tendai – Schule des Buddhismus
ausfüllte und nicht nur den höheren theologischen
Nachwuchs ausbildete, sondern auch den künstlerischen,
die Architekten, die Ingenieure, die Mediziner und nicht
zuletzt die Sohei, die Mönchsoldaten.
Um nur einige Beispiele zu nennen. Ennin, der dritte Abt
oder Patriarch des Klosters war ein Musiker, der die
buddhistische Musik in Japan bis heute geprägt hat.
Toba Sōjō (1053 – 1140), der 47. Abt oder Patriarch war
ein Maler, der Bildrollen angefertigt hat, die lustige
Geschichten von Tieren und Menschen erzählen. Er kann
als erster Manga – Künstler betrachtet werden. Seine
Bildrollen sind im Kōzan Tempel, dem ältesten in Kyoto
und im Nationalmuseum zu besichtigen.
Wenn von japanischen Kriegen oder Kriegern die Rede
ist, fällt bald das Wort Samurai. Doch Samurai gab es erst
seit der Kamakura -Zeit (12. Jh.). Im Kojiki, dem ältesten
Geschichtsbuch Japans, wird von Sumotori berichtet, die
im Jahre 23 v. Chr. Wettkämpfe abhielten. Heutzutage
sind sie als dicke Schaukämpfer bekannt, die in einer
bestimmten Jahreszeit Wettkämpfe veranstalten. Vom
Fernsehen ins ganze Land übertragen, nimmt das Volk
Anteil an diesen Kampfereignissen. Interessant ist die
Rolle der alten Sumotori als Vorkämpfer, d.h. es traten bei
Streitigkeiten nicht Heere gegeneinander an, sondern die
Angelegenheit wurde durch die Vorkämpfer entschieden.
Auch in der Bibel wird von Vorkämpfern berichtet, David
und Goliath sind Spezies dieser Gattung.
Seit der Zeit des Prinzen Shotoku wurde das Land durch
kaiserliche Beamten verwaltet, die in ihrem Haushalt
Waffen tragende Personen unterhielten. Auf Dienstreisen
waren sie Begleitschutz und führten polizeiliche
Maßnahmen durch. Später wird auch von Waffen
21
tragenden Mönchen berichtet, den Sohei. Einem
amtlichen Bericht zufolge erschienen im Jahre 949
bewaffnete Mönche des Todaiji, 56 an der Zahl, in Kyoto,
um gegen die Einsetzung eines unbeliebten Abtes zu
protestieren. Auch die Sohei des Enryakuji waren in
Händel mit den Soldaten anderer Klöster verwickelt, bei
denen es um Prestige-Fragen ging. Wer soll der große
Staatstempel sein? Die Klosterordnung verbot den
Mönchen i.a. das Tragen von Waffen und das Verlassen
des Klosters während einer 12 jährigen Ausbildungszeit.
Der Buddhismus aber hatte seit seiner Entstehung (etwa
500 vor Chr.), besonders in seiner esoterischen
Ausprägung,
erhebliche
psychologische
und
physiologische Kenntnisse angesammelt. In China, Korea
und Annam hatten die Buddhisten zeitweilig staatliche
Verfolgungen über sich ergehen lassen müssen oder es
war ihnen das Tragen von Waffen verboten worden.
Daher nutzten sie ihre Kenntnisse, um waffenlose
Kampfmethoden zu entwickeln, was in Japan nicht
unbekannt war. Als die weltlichen Kampfhähne in Japan
sahen, wie geschickt die Mönche Waffen handhaben
konnten oder waffenlose Kampftechniken beherrschten,
umwarben sie die Klöster mit Geschenken, um sie im
Falle von Streitigkeiten als Bundesgenossen zu gewinnen.
So ist z.B. bekannt, dass die Machthaberfamilie der Taira
die
Mönche
des
Enryakuji
umwarb,
die
Machthaberfamilie der Minamoto aber den Miidera.
In etwa 100 Theater-Stücken oder sonstigen literarischen
Werken, einschließlich einer Fernsehserie aus 45 Folgen,
wird die Geschichte des Mönchkriegers Benkei und des
jungen Yoshitsune no Minamoto erzählt, die sich in der
Zeit von 1159 – 1189 ereignete.
Yoshitsune war der jüngste Spross der Machthaberfamilie
Minamoto, der den Kampf mit der Machthaberfamilie
Taira um die Staatsmacht als Wickelkind überlebt hatte,
22
zusammen mit drei Halbrüdern, von denen der älteste 10
Jahre zählte. Yoshitsune wurde einem Prior des Enryakuji
in Obhut übergeben, der für seine Ausbildung als Mönch
sorgen sollte. Keinesfalls durfte das Kind erfahren, dass
sein Vater der Chef des Minamoto Clans war.
Yoshitsune gewann wegen seiner Aufnahmefähigkeit das
Wohlwollen des Priors, aber durch Zufall erfuhr er seine
wahre Identität. Was ihn dazu führte, heimlich den
Umgang mit dem Schwert zu üben. Im Alter von etwa 18
Jahren trennte er sich vom Kloster und lebte in Kyoto, wo
es noch Vasallen seines Vaters gab. Zu dieser Zeit lebte in
Kyoto ein Riese von einem Kerl, nämlich Benkei, ein
Sohei, der noch nie einen Kampf verloren hatte. Als
Yoshitsune von ihm hörte, wollte er sogleich wissen,
welchen Wert seine Waffenkünste hatten. Benkei
erwartete seine Herausforderer an der fünften Brücke über
den Kamo-Fluss und Yoshitsune besiegte ihn mit seiner
jugendlichen Schnelligkeit, ohne ihn zu töten. Benkei
wollte den Namen seines Besiegers wissen und leistete
Yoshitsune auf der Stelle einen Vasalleneid, als er ihn
nannte. Nun erfuhr Yoshitsune von seinem älteren
Halbbruder Yoritomo. Er hatte den Kampf gegen die
Taira wieder aufgenommen und in Kamakura eine
Widerstandsbasis aufgebaut.
Yoritomo galt als klarsichtiger politischer Kopf, der die
Ursachen für den Verfall der Heian – Herrschaft erkannt
hatte. Um seine Politik durchzusetzen, musste er lediglich
die Taira - Familie aus ihrer Machtposition beseitigen.
Yoshitsune besuchte ihn in Kamakura und feierte die
Familienzusammenführung. Yoritomo übergab ihm eine
kleine Streitmacht und beauftrage ihn, die Tairas aus
Kyoto zu verjagen. Yoshitsune übernahm den Auftrag,
obwohl seine Erfolgsaussichten ziemlich fragwürdig
waren und es gelang ihm, bis zum Jahre 1185, die Tairas
zu besiegen. Dabei erwies er sich als mitreißender
23
Kämpfer und strategischer Kopf, der sich seinen Gegnern
gegenüber stets ritterlich verhielt, was offensichtlich als
etwas Besonderes angesehen wurde, denn sonst wäre es
nicht erwähnt worden.
Nach diesem Sieg war Yoritomo der uneingeschränkte
Herrscher in Japan, der 1187 vom abgedankten
Mönchkaiser GoShirakawa zum ersten Shogun auf
Lebenszeit ernannt wurde. Yoritomo gilt als der Gründer
der Kamakura – Epoche. Den Sieg über die Tairas hatte er
seinem Halbbruder Yoshitsune zu verdanken, aber
Yoritomo war eifersüchtig auf ihn und befahl ihm den
Selbstmord (Seppuku).
Yoshitsune hätte nun einen Kampf gegen seinen Bruder
aufnehmen können, was er aber nicht tat, sondern er
entzog sich seinem Bruder durch Flucht. Mit einer Schar
Getreuer, erreichte er den kleinen Ort Yoshino in der Zeit
der Kirschblüte. Die erschöpften Flüchtlinge erholten sich
unter Kirschbäumen und wurden von der sagenhaft
schönen Tempeltänzerin Shizuka Gozen, beim Klang von
Flötenmusik unterhalten. Sie war Yoshitsune gefolgt, der
sie am Hof des abgedankten Mönchkaisers GoShirakawa
kennen und als politische Beraterin schätzen gelernt hatte.
Yoshitsune wird als schönes Mannsbild beschrieben das
weiblichen Zuneigungen nie abweisend war. Die
Tempeltänzerin reiste von Yoshino nach Kamakura, um
Yoritomo die Schäbigkeit seiner Haltung dem Bruder
gegenüber öffentlich vorzuwerfen. Yoritomo war darüber
so wütend, dass er sie getötet hätte, wenn seine Ehefrau
ihn nicht davon abgehalten hätte.
Yoritomo hatte die staatlichen Verhältnisse erneut
stabilisiert. Zu seiner Stabilisierungsstrategie gehörte die
Institutionalisierung der Samurai, d.h. der dienenden
Krieger3. Der Shogun und die Provinzfürsten (Daimyos)
3
Die vom Shogun gegen renitente Machthaberfamilien
eingesetzt werden konnten.
24
durften eigene Streitkräfte unterhalten, was ihnen seit der
Taikareform (Ritsuryō System) nicht erlaubt war. Die
Sohei des Enryakuji dienten als kaiserliche Garde, die von
den Äbten oder Patriarchen auch für ihre eigenen Zwecke
eingesetzt werden konnten.
Yoritomo starb bald nach seiner Ernennung zum Shogun,
er stürzte nämlich vom Pferd. Seine Ehefrau Masako
erwies sich als fähige Regentin, die für einen geordneten
Übergang der Macht in die Hände der Familie Hojo sorgte
(sie selbst war eine Hojo, ein Zweig der Familie Taira.
Übrigens waren die Kaiserfamilie sowie die Machthaber Familien Fujiwara, Taira und Minamoto vielfältig
untereinander verwandt).
Die Familie Hojo war von Yoritomo mit dem Amt des
Shikken betraut worden, dessen Funktionen nicht genau
definiert worden waren. Bis zum Ende der Kamakura –
Zeit (1336) blieb die politische Macht in den Händen der
Hojo – Familie, sie hielt nie das Amt des Shogun,
sondern blieb stets Shikken (Regent des Shogun).
Während der Endphase der Heian Epoche erscholl im
Volk wieder der Ruf: „Es ist Mappô – Zeit“. Der Kaiser
Kemmu hatte das Problem der Mappô-Zeit in der Nara
Epoche durch einen politischen Neuanfang gelöst, in dem
er die Vorstellung des Kaisers Shomu vom Gottesstaat auf
Erden revidierte. Für Kemmu mussten Staat und Religion
getrennt bleiben. Die Gelehrten auf dem Berg Hiei im
Enryakuji kamen nun zu der Einsicht, dass sie selbst
gefordert waren, einen Beitrag zur Lösung des zugrunde
liegenden Problems zu leisten, der Kaiser hatte nicht mehr
die Macht, eine Lösung herbei zu führen..
Die Lösung stellte sich zwiespältig dar. Die Lehren des
Buddhismus mussten dem Volk verständlich gemacht
werden und die Folgen der buddhistischen Endzeitlehre
mussten durchdacht werden.
25
Seit der Einführung des Buddhismus in Japan hatten die
staatlichen Stellen ihn als ein Vehikel verstanden, das
ihren eigenen Interessen diente, für das Volk war der
Buddhismus viel zu kompliziert. Die staatlichen Stellen
sahen in den esoterischen Aspekten des Buddhismus
dasjenige Mittel, das sie benötigten. Sie verstanden
darunter seine Fähigkeit, Krankheiten, besser Epidemien,
zu bannen, sowie für Regen, d.h. gute Ernten zu sorgen.
Bereits bei der Einführung des Buddhismus gab es
Stimmen, die darauf hinwiesen, dass nicht nur der Staat
religiöse Bedürfnisse habe, sondern auch einzelne
Personen.
Im Jahre 699 wurde ein Mensch Namens En No Gyoja
auf die Halbinsel Ise verbannt, weil er sich um die
religiösen Bedürfnisse des Volkes kümmerte und dem
Volke predigte, wodurch er sich bei der Obrigkeit
unbeliebt machte. Er gilt als der Gründer der Shugendo
Richtung, die den Buddhismus mit der endogenen
Religion Shinto, dem Shamanismus und dem Taoismus
harmonisieren wollte. Er verkündete, dass die Hauptgöttin
des Shintoismus Amaterasu die Inkarnation eines Buddha
sei. Worauf bis in die Edo-Zeit buddhistische Tempel und
shintoistische
Schreine
friedlich
nebeneinander
existierten.
En No Gyoja wurden magische Kräfte zugeschrieben, er
heilte Kranke, half den Leuten, die Hilfe brauchten, führte
ein asketisches Leben in den Bergen und leitete auch
seine Jünger, die Yamabushi, zu eben diesem Leben an.
Er bepflanzte den Yoshino Berg mit Kirschbäumen zu
Ehren des Gottes Zao Gongen und sorgte dafür, dass
Schreine auf der Spitze von Bergen errichtet wurden, die
dann als heilig galten. Die Baumblüte in Yoshino zieht bis
heute viele Besucher aus den nahe gelegenen Städten der
Kansei – Region an. Obwohl er zu seiner Lebenszeit als
Ketzer angesehen wurde, sprach ihn ein späterer Kaiser
26
heilig, d.h. er erklärte ihn zu einem Avatar, d.h. zu einem
Menschen, der von einem gütigen Buddhaerlöser
ferngesteuert oder geleitet wird.
Die Religionsgelehrten auf dem Berg Hiei hatten also
verstanden, dass sie etwas dafür tun mussten, den
Buddhismus dem Volk verständlich zu machen.
Außerdem hatten sie die Folgen der buddhistischen
Endzeitlehre zu überdenken.
Beide Aufgaben wurden im Laufe der Kamakura – Zeit
angepackt und gelöst. Dabei spielte der Enryakuji insofern
eine Rolle, als die Urheber der Lösungsideen auf dem
Hieisan gelebt und studiert hatten. Aber auch von ihm als
Ketzer bekämpft
wurden, sofern ihre
Ideen
überkommenen Ansichten widersprachen oder dem Status
des Tempels abträglich waren. Äußerlich kann die Lösung
als die Entstehung von vier oder fünf (je nach Zählweise)
neuen buddhistischen Schulen oder religiösen Richtungen
verstanden werden:
1 Rinzei Zen
2 Soto Zen
3 Jodo shu
4 Jodo Shinshu
5 Nichiren oder Hokke Shu.
Die Zen – Schulen, deren Grundideen aus dem
chinesischen Taoismus entnommen wurden, ignorierten
die buddhistische Endzeitlehre, was auch eine Art von
Problemlösung darstellt.
Sie hielten sich für Menschen, die bereits im Zustand der
Erleuchtung existierten, denen es darauf ankam,
entsprechend zu leben. Sie wurden überwiegend von den
Samurai und deren aristokratischen Auftraggebern oder
27
Dienstherren aufgenommen und hatten die Wirkung,
deren Lebens- und Denkweise zu kultivieren. Dem
Ansehen des Enryakuji war diese Entwicklung abträglich,
denn die Zen-Adepten errichteten nun im Stadtbereich
von Kyoto fünf eigene Tempel, die zu Zentren politischer
Beratung für Machthaber avancierten (Muso Sozeki).
Die Jodo Shu und Jodo Shinshu beziehen sich auf die
Amida – Sutra, um die Folgen der Endzeitlehre zu
kompensieren.
Es gibt nicht nur im Buddhismus eine Endzeitlehre,
sondern auch im Judentum, im Christentum und im Islam.
Ob diese Endzeitlehren für virtuell oder real gehalten
werden, ist ziemlich belanglos, sie hatten geschichtlich
konkrete, meist unangenehme Auswirkungen.
Die buddhistische Endzeitlehre entstand nach dem
Ableben des historischen Buddha (Siddharta Gautama) in
Indien. Sie teilt die Zeit nach Buddha in drei Abschnitte
ein. In die Epoche des wahren Gesetzes, die Shôbô – Zeit,
in der die Doktrin und Praxis der Lehre voll gelebt
werden konnten und die angestrebte Erleuchtung möglich
war. Diese Epoche soll je nach Auslegung 500 oder 1000
Jahre lang andauern. In die Epoche des abgeflachten
Gesetzes, die Zôbô- Zeit, in der die Doktrin und Praxis
der Lehre gelebt werden konnten, es aber keine
Erleuchtung mehr gab. Auch diese Epoche sollte 500 oder
1000 Jahre lang andauern und in die Epoche der
Gesetzlosigkeit, der Mappô –Zeit, in der nur noch die
Doktrin gelebt werden könne, die Praxis aber nicht mehr
die gewünschten Ergebnisse bringe und Erleuchtung
nicht mehr möglich sei. Diese Periode solle 10000 Jahre
lang andauern. Danach aber solle der Maytrea Buddha
(japanisch der Miroko Bosatzu) auferstehen und allen
28
Menschen, die bisher die Erleuchtung nicht erreicht
haben, zur Erleuchtung verhelfen.
Dass diese Lehre bis heute Auswirkungen hat, kann am
Friedhof des Koyasan nachempfunden werden, der sich
um das Mausoleum des Kobo Daishi (Kukai) ausdehnt.
Kobo Daishi wurde in Japan als Inkarnation des Miroku
Bosatzu betrachtet. Daher sind alle Japaner, die sich
selber eingestehen, den Zustand der Erleuchtung nicht
erreicht zu haben, bestrebt, neben dem Mausoleum des
Kobo Daishi begraben zu sein. Auf dem Friedhof findet
man nicht nur die Gräber historischer Personen wie Oda
Nobunaga und des Haiku - Dichters Basho, sondern auch
moderner Industriekapitäne, z.B. der des Nissan
Konzerns.
Die buddhistischen Theoretiker der Endzeitlehre hatten
den Beginn der Mappô –Zeit auf das Jahr 1052 datiert.
Dieses Datum fällt mit dem Beginn der Machtkämpfe
zwischen der Fujiwara- und der Taira – Familie überein.
Das Volk schrie wieder: „Es ist Mappô -Zeit“, auch später
schrie es so.
Die Endzeitlehre macht die Ausübung des Buddhismus in
der Mappô –Zeit zu einer Sinnlosigkeit. Die Aufgabe der
Theologen bestand darin, die Sinnlosigkeit zu beseitigen.
Dem ersten, dem das gelang, war Honen Shonin (1133 –
1212). Er bezog sich auf das “Reine Land” – Sutra, das
bis dahin wenig beachtet worden war.
Die heiligen Schriften des Buddhismus sind als Sutren
bekannt. Auch die Hinduisten nennen ihre Heiligen
Schriften Sutra. Die buddhistischen behandeln häufig die
gleichen Themen, nur viel wortreicher. Es gibt viele
Sutren, nicht alle waren im Japan der Kamakura – Zeit
bekannt. Heutzutage ist die einzige vollständige Ausgabe
der buddhistischen Sutren in Japan erschienen. Sie
29
umfasst 80 000 Buchseiten. In anderen buddhistischen
Ländern sind Sutren aus verschiedenen Gründen verloren
gegangen.
Das „Reine Land“ Sutra berichtet davon, dass niemand
die Erleuchtung erreicht, es sei denn, vorher habe er das
„westliche Paradies“ oder das „Reine Land“ erreicht. Der
Buddha – Erlöser Amida aber habe alles dafür getan, dass
jeder das Reine Land erreiche, der in der Mappô –Zeit lebt
und aus eigener Kraft nie in das Reine Land gelangen
würde, sofern er nur die Nembutsu – Formel: „namu
Amida Butsu“ gläubigen Herzens ausspreche. Allerdings
trugen ihm seine Erkenntnisse die Vertreibung aus dem
Enryakuji und aus Kyoto ein. Kurz vor seinem Tod durfte
er nach Kyoto zurückkehren, weil er in der Fremde viele
Anhänger unter den einfachen Leuten fand, obwohl seine
Schriften vom Enryaku-ji verbrannt worden waren.
Sein Schüler Shinran (1173 – 1263) entwickelte die Lehre
des Meisters weiter und wurde von seinem Lehrer
kritisiert und angegriffen. Daher gründete er 1224 die
Jôdo Shinshu die „Wahre reines Land“ – Schule. Sein
spezielles Interesse bezog sich auf die Frage, wie die
Masse der Menschen zur Erlösung gebracht werden
könne, die Guten und Klugen kommen ohnehin alleine
zurecht. Er ergänzte die „Glauben statt Werke“ – Lehre
des Honen insofern, als er den Glauben durch
Danksagung ersetzte, d.h. die Nembutsu – Formel sollte
seiner Meinung nach nicht Ausdruck des Glaubens sein,
denn die Bemühungen des Amida reichten aus, auch
Ungläubige zu erretten. Die Nembutsu – Formel sollte als
Zeichen des Dankes für die Erlösung zitiert werden.
Shinran leugnete zudem die Notwendigkeit des Zölibats
für Priester und heiratete. Seine Lehre enthielt
demokratische Elemente, insbesondere die von der
allgemeinen Priesterschaft, d.h. jeder kann sein eigener
Priester sein.
30
Im Jahre 1207 wurden Honen und Shinran auf Betreiben
der Tempel Kofuku in Nara und Enryaku auf dem Berg
Hiei aus Kyoto verbannt. In der Zeit der Verbannung in
der Provinz Echigo4 gewann Shinran viele Anhänger für
seine Lehre, was für ihre Ausbreitung nützlich werden
sollte. 20 Jahren später kehrte er nach Kyoto zurück, wo
er die Anhänger der “Reines Land” Lehre in Bedrängnis
vorfand. Er starb 90 jährig, nachdem es ihm gelungen
war, einen Tempel, den Hongwan-ji in Kyoto zu
etablieren. Als Tempel einer ketzerischen Lehre
gegründet, existiert er auch heute noch, allerdings nicht
am gleichen Ort. An seinem Eingangstor prangt das
kaiserliche Wappen. Shinran hatte in die kaiserliche
Familie eingeheiratet.
Auch der Mönch Nichiren (1222 – 1282) studierte im
Enryakuji und fand eine Lösung für das Mappô –Problem,
die auf dem Lotus – Sutra beruht, daher heißt die Schule,
die er 1253 begründete die Hokke (Lotus) - oder Nichiren
– shu. Er galt als intolerant und nationalistisch und wurde
anfangs verfolgt. Nachdem aber alle seine düsteren
Prophezeiungen eingetreten waren, wurde seine
Verbannung aufgehoben und er fand bis heute Anhänger
für seine Lehre. Gegenwärtig sind es etwa 5 Millionen.
Die Laienbewegung Soka gakkai (Gesellschaft zur
Schaffung von Werten) speist sich aus der Nichiren – Shu,
ihr politischer Arm ist die Komeito, der Koalitionspartner
der langjährigen Regierungspartei LPD.
Die politischen und kulturellen Entwicklungen im
Verlaufe der Kamakura – Zeit wurden nicht nur von den
neuen Ideen geprägt, die vom Hieisan in das Land
herabstiegen, sondern auch von den Mongoleneinfällen in
den Jahren 1274 und 1281, von Naturkatastrophen wie
Erdbeben, Epidemien und schlechten Ernten, so dass das
4
Alte Bezeichnung für eine Provinz nördlich von Tokyo, an
die Küste des Japanischen Meeres angrenzend.
31
Land am Ende dieser Epoche wieder in eine Not – Zeit
verfiel. Das äußerte sich darin, dass der Kaiser erfolglos
versuchte, die politische Macht zurück zu erobern.
Vielmehr gab es einen erneuten Epochen – Wechsel,
nämlich in die Aschikaga – oder Muromachi - Zeit, in der
sich die Aristokratie der Kriegsherren oder Daimyos
durchgesetzt hatte. Das Verhalten dieser Kreise wurde
zwar vom Zen-Buddhismus kultiviert, aber es entstand
eine Konkurrenzsituation zwischen den verschiedenen
Spielern, die mehr und mehr unabhängig voneinander
wurden. Der Enryakuji beteiligte sich an diesen
Konkurrenzkämpfen, indem seine Sohei vom Berg
herabstiegen und z.B., die Tempelanlagen der neuen
Richtungen zerstörten und abbrannten. Diese Situation
gipfelte im Oninkrieg (1467 – 1477), der sowohl das
Kaiserhaus als auch das Shogunat als machtlos erwies.
Der Oninkrieg gilt als erster Krieg in Japan, der auf die
Zivilbevölkerung keine Rücksicht nahm. Banden von
Samurai verschiedener Kriegsherren und Sohei
verschiedener Tempel, insbesondere des Enryakuji,
lieferten sich Straßenschlachten in Kyoto und
brandschatzten die Häuser der Bewohner. Er markierte
den Anfang der 100 Jahre lang andauernden Periode der
gegeneinander kämpfenden Provinzen (Sengoku jidei).
Neben den in der Tradition verankerten Provinzfürsten
oder Kriegsherren, bildeten sich auf dem Not leidenden
Lande „üble Banden“ (Akuto)5, zu denen sich Waffen
tragende Bauern,
Mönche, Shinto-Priester, niedere
Samurai und lokale Adlige formlos zusammengeschlossen
hatten, um ihren Unmut der Regierung gegenüber
auszudrücken.
Kakunyo (1270-1351),
der dritte Patriarch des Hongwan-ji, ein
Mitglied der kaiserlichen Familie, gelang es, diese üblen
Der berühmte Film „Die sieben Samurai“ des japanischen
Regisseurs Kurasawa stellt eine Episode aus dieser Zeit dar.
5
32
Banden zu Anhängern des Jôdo – Shinshu zu machen.
Damit verloren sie die Bezeichnung Akuto und wurden
Ikki (Liga, Vereinigung) genannt. Die Ikkô-Ikki (Liga der
Gleichgesinnten) waren völlig dezentral organisiert und
folgten allenfalls den Anweisungen des nächstgelegenen
Hongan – Tempels. Allein Rennyo (1415 - 1499), dem
achten Patriarchen der Schule wird Einfluss als zentraler
Stimme auf sie zugeschrieben, die gehört wurde. Er
förderte die von Shinran eingeleitete buddhistische
Reform, verfasste theologische Schriften, die die
Volksmassen in ihrem Glauben bestärkten, die ihr
zugemutete Unbill sei nicht endlos zu ertragen. Als von
den Sohei des Enryaku – ji der Haupttempel Hongan der
Jôdo Shinshu verbrannt wurde, sorgte er für einen
Neubau im Außenbereich von Kyoto. Dieses Mal als
einer Anlage, die von den Gläubigen verteidigt werden
konnte. Im Jahre 1471 musste Rennyo aus Kyoto fliehen.
In der Provinz Kaga kam es 1488 zu einem Aufruhr der
Ikkô-Ikki. Der Daimyo6 der Provinz wurde verjagt und
die Ikkô-Ikki gründeten eine Republik, die bis 1580
bestand. Der Einfluss der Ikkô-Ikki nahm zu. Obwohl
schlecht bewaffnet und kaum militärisch geschult, stellten
sie gefürchtete Heerscharen dar, denn sie hatten nichts zu
verlieren und ihre religiöse Motivierung versprach ihnen
Belohnung für konsequentes Handeln. Trotz ihrer vagen
Organisation konnten sie sich schneller als ihre Gegner zu
beträchtlichen Streitkräften formieren. Die weltlichen
Daimyos suchten nicht selten für ihre Händel um ihre
Unterstützung nach und unterstützten sie, wo es ihnen
vorteilhaft erschien.
Oda Nobunaga (1534 - 1582) war einer von drei
aufeinander folgenden Kriegsherren, denen es gelang, die
Autorität der zentralen Regierung erneut herzustellen. Er
6
Fürst oder Kriegsherr
33
hatte es mit drei verschiedenen Gruppen von
Kontrahenten zu tun, seinen Kriegsherren – Kollegen,
dem Enryakuji und den Ikkô-Ikki. Seine Kollegen streben
nach eigener Vorherrschaft, der Enryakuji verteidigte
seinen Status als wichtigstem Staatstempel und die IkkôIkki war die Volksmenge, die einfach nur leben wollte
und darin von der Jodo Shinshu Zustimmung erfuhr, von
Oda Nobunaga aber Schlimmes befürchtete.
Im Jahre 1571 ließ Oda Nobunaga den Hieisan durch eine
Armee von 30 000 Soldaten umstellen, den Wald, unter
dessen Bäumen die Gebäude des Tempels standen,
anzünden und die gesamte Tempelanlage verbrennen. Es
soll 20 000 Tote gegeben haben,
Mönche, ihr
Dienstpersonal und deren Frauen und Kinder. So steht es
in den Geschichtsbüchern. Damit hatte er eine der drei
Gruppen von Gegnern ausgeschaltet.
Die Ikkô-Ikki störten ihn nicht wegen ihrer materiellen
Lage oder wegen ihrer religiösen Überzeugung, sondern
weil sie einen militärisch ernst zu nehmenden Faktor
darstellten und seinen Handelsbeziehungen abträglich
waren. Einen ihrer Stützpunkte konnte er militärisch
beseitigen, ihren Hauptstützpunkt, den Ishiyama Honganji
in Osaka allerdings nicht. Er gilt als diejenige Festung in
Japan, die die längste Belagerung, nämlich von 1576 bis
1580 uneingenommen überstand. Das Ende der
Belagerung ist als das japanische Gegenstück zum
Augsburger Religionsfrieden von 1555 zu betrachten. Die
Belagerung war durch einen Vertrag beendet worden, der
durch kaiserliche Vermittlung zustande kam. Die
Belagerten erhielten freien Abzug und durften aber nicht
mehr mit Kriegsherren paktieren und mussten ihre Waffen
abgeben.
Zu den Kriegsherren, die mit Oda Nobunaga um die
Macht konkurrierten, gehörten im Volk berühmte
Samuraiführer, die er nicht alle besiegen konnte. Im Jahre
34
1582 kam er ums Leben, weil seine Herberge, ein Tempel
in Kyoto, von einem seiner Generäle, der abgefallen war,
angegriffen wurde und abbrannte. Oda Nobunaga ging als
Nationalheld in die Geschichte ein, beliebt aber war er
nicht bei allen Japanern.
Schon 13 Tage nach seinem Tod stand sein Nachfolger
fest, Toyotomi Hideyoshi. Er hatte sich militärisch
durchgesetzt. Er war Zögling der Talentschmiede, die Oda
Nobunaga eingerichtet hatte. Sein Vater hätte Schulgeld
nicht bezahlen können, übrigens war auch der abtrünnige
General Zögling der Talentschmiede. Toyotomi
Hideyoshi gilt als japanischer Napoleon, weil er aus dem
Bauernstand zum nationalen Machthaber aufstieg. Er
führte das von Oda Nobunaga begonnene Einigungswerk
fort. Er war nicht nur ein überragender Stratege und
Politiker, sondern sorgte auch geschickt für seinen
Nachruhm, indem er landesweit berühmte Tempel und
Bauwerke renovieren ließ. Seine Witwe führte dieses
Werk fort und sorgte dafür, dass die renovierten Bauten
mit Schrifttafeln ausgestattet wurden, die neben dem
Namen des ursprünglichen Bauherrn auch den des
Toyotomi Hideyoshi enthielten. Insbesondere ließ er den
Enryakuji wiederbeleben. Heutzutage ist er immer noch
ein bedeutendes Ausbildungszentrum für theologische
Gelehrte, daneben ist er von der UNESCO registriertes
Weltkulturerbe, Ort der Konferenz der Religionsführer
der Welt und Ziel von in- und ausländischen Touristen.
Touristischer Besuch des Enryakuji
Kyoto liegt in einer tischflachen Ebene, die auf drei Seiten
von Bergen umgeben ist. 1970 war der Blick von
Stadtzentrum auf die Berge noch durch Bauwerke
unverstellt. Ein Bekannter sagte mir: „Das ist der Hieisan“
und zeigte in nordöstlicher Richtung auf einen Berg, der
die anderen leicht überragte. Mir fiel ein Buch ein, das ich
vorher gelesen hatte. Es enthielt ein Aquarell, das ein
35
brennendes Bauwerk zeigte, auf dessen Zinnen Hände
ringende Menschen standen, die wie buddhistische
Mönche gekleidet waren. Im Begleittext las ich, das Bild
stelle eine Episode aus der japanischen Geschichte dar.
Der Kriegsherr Oda Nobunaga habe, nachdem er 10 Jahre
lang die Mönche gewarnt habe, sich nicht in seine
Angelegenheiten einzumischen, seine Soldaten gesandt,
die den bewaldeten Berg Hiei umstellt und angezündet
hätten. Dabei seien alle Mönche verbrannt. Danach habe
er Ruhe vor politischer Einmischung von Mönchen
gehabt.
Der Blick auf den Hieisan machte diese Geschichte
irgendwie unwahrscheinlich. Der Berg war mit saftig
grünem Wald bewachsen und nicht steil genug, als dass
sich ein unten angezündetes Feuer bis auf die Spitze hoch
fressen könnte. Deshalb beschloss ich, selbst
nachzusehen, was es mit der Geschichte auf sich hätte. Ich
bestieg eine Seilbahn. Sie lief auf Schienen und wurde mit
Seilen gezogen. Allerdings merkte ich bald, dass sie nicht
auf den Gipfel des Berges führte, sondern nur auf halbe
Höhe. Gegenüber der Endstation befand sich eine
Seilbahn mit Gondeln. Als ich einsteigen wollte, wurde
mir bedeutet, dass soeben Order eingetroffen sei, den
Betrieb auszusetzen, weil ein Sturm aufkomme. Also
kehrte ich ergebnislos um.
Im Jahre 2007 hatte ich erneut Gelegenheit, nicht nur
Kyoto zu besuchen, sondern auch auf den Hieisan zu
fahren. Jedoch kam ich in der Zeit des Gion – Festes nach
Kyoto. Die Festwagen stünden im Kawaramachi – Viertel
am Wegrand zur Besichtigung frei, so hieß es. Das wollte
ich mir natürlich nicht entgehen lassen und fuhr zunächst
ins Karawamachi Viertel. Dort war die Hauptstrasse
derart mit Menschen überfüllt, die alle die Festwagen
bewunderten, dass nur im Schneckentempo voran zu
kommen war. Dann setzte auch noch ein heftiger Regen
ein, vor dem ich mich in das Kaufhaus der Hankyu – S36
Bahn retten konnte. Als der Regen nach ließ, war die
Tageszeit so weit fortgeschritten, dass der Besuch des
Hieisan nicht mehr lohnte. Ich fuhr zurück nach Osaka In
den nächsten Tagen ging die Sommerregenzeit in die
Trockenzeit über. Von einem Tag auf den andern war der
Himmel morgens nicht mit grauen Wolken bedeckt,
sondern kaiserblau und blieb den ganzen Tag blau.
Allenfalls zogen schneeweiße Wolken über das Blau.
Daher machte ich mich in der Morgendämmerung erneut
auf den Weg nach Kyoto, stieg nach einem kurzen
Fußweg durch einen Hain, auf dessen Blättern noch
Tautropfen glitzerten in die schienengeführte Seilbahn am
Fuß des Hieisan und ließ mich bergan fahren. Dieses Mal
gab es keine Sturmwarnung. Die Gondelseilbahn war in
Betrieb und sie brachte mich über den Bäumen
schwebend zur Bergstation unterhalb des Gipfels. Von
dort aus hatte ich einen weiten Blick über die Ebene von
Kyoto, von Tempelgebäuden aber war keine Spur zu
sehen. Stattdessen lud ein Freilichtkunstmuseum zum
Besuch ein. Es umfing den gesamten Gipfelbereich des
846 Meter hohen Berges. Etwas unwillig, weil ich ja
eigentlich einen Tempel besuchen wollte, aber auch
neugierig, weil ich bisher noch nie ein Freilicht
Kunstmuseum kennen gelernt hatte, betrat ich das
Museum. Meine Laune hellte sich auf, als ich merkte,
dass es sich um einen botanischen Garten handelte, in
dem Staffeleien aufgestellt waren, die die bekannten
Bilder der französischen Impressionisten zur Schau
stellten. Nicht nur das, die auf den Bildern abgebildeten
Motive waren im Garten nachgestellt. Besonders die
Nachstellung des Bildes „Seerosenteich“ von Claude
Monet ist mir in Erinnerung. Kyoto liegt auf der
geographischen Breite von Malta; das Licht ist nicht nur
hell, in der späten Vormittagszeit wirkte es anregend wie
Champagner. Was meiner Stimmung einen weiteren
Schub versetzte, war der Blick auf den Biwasee, der sich
37
darbot, nachdem ich den Kamm des Bergrückens
überschritten hatte. Der
blaue Seespiegel und die
verschwommen
durch
den
Dunst
scheinenden
Ufergemeinden boten einen unvergesslichen Anblick. Den
Höhepunkt des Museumsbesuches erlebte ich jedoch im
Innenbereich. Genau auf dem Gipfel des Berges steht ein
Pavillon mit einer drehbaren Aussichtsplattform, die von
einer ziemlich dicken Säule gehalten wird. An der Säule
waren ringsum etwa sechs Reliefplatten aus Keramik
befestigt.
Bei näherer Betrachtung stellte sich heraus, dass sie das
deutsche Märchen von Dornröschen darstellten. Der Text
des Märchens in altertümlicher Sprache war in die Platten
eingegraben. Ich kam mir vor, wie jemand, der die
Loreley besucht und dort ihr Loblied in der Form
japanischer Haikus vorfindet.
Inzwischen war die Mittagszeit überschritten und ich hatte
den Eryakuji noch nicht zu Gesicht bekommen. Am
Ausgang des Museums fragte ich nach dem Weg und
wurde auf dort wartende Busse verwiesen. Doch ich
wollte zu Fuß laufen, und fand einen Pfad, der versprach,
mich in 40 Minuten zum Enryakuji zu bringen. Er führte
bergab durch dichten hohen Zedernwald an verwitterten
Meilen-, Denkmalsteinen und kleinen verlassenen
Tempelchen vorbei, bis ich unvermittelt auf dem Hof
einer prachtvollen Tempelanlage stand. Es handelte sich
um den Neubau des zentralen Sutra – Archivs (Hokke
Soji-inn). Das Andachtsgebäude der Anlage war mit
Menschen voll besetzt, ein zeremoniell gekleideter
Geistlicher rezitierte eine Ansprache. Es war der 16.
August. Am 15. August 1945 ging der große Krieg im
pazifischen Raum zu Ende.
Es stellte sich heraus, dass der Enryakuji praktisch eine
Stadt war, die aus drei Stadtteilen besteht. 20.000 –
30.000 Menschen sind ihre ständigen Einwohner. Von
38
Kyoto aus ist die Anlage nicht zu sehen. Aber vom
Biwasee aus. Die Menschen, die auf dem Berg leben,
mussten und müssen mit Lebensmitteln versorgt werden.
Die Versorgungswege kommen vom See herauf. nicht von
Kyoto. Am Ufer des Sees liegt die Stadt Sakamoto, die
traditionell als Versorgungsbasis für den Tempel diente.
Mir wurde klar, wie die Soldaten des Oda Nobunaga
vorgegangen sein mussten, um den Tempel zu zerstören.
Sie waren nämlich zuerst über Sakamoto hergefallen,
hatten dort die Infrastruktur der Versorgung zerstört und
waren dann die Versorgungswege hoch gestiegen, hatten
jeden umgebracht, der ihnen in die Arme lief und jedes
Haus verbrannt, an dem sie vorbei kamen.
Die vom Haupteingang des Tempels ausgehende
Hauptstrasse ist beidseitig mit bebilderten Lehrtafeln
versehen, die die Besucher über die Gründungsgeschichte
des Tempels und seine Errungenschaften aufklären.
Nirgendwo aber habe ich eine Tafel gesehen, auf der die
Vernichtung des Tempels erwähnt wird. Nach der
Lösung des Mappô – Problems hatte der Enryakoji zwar
seine geistige Führungsfunktion an die Reformer verloren,
aber auch heute, lange Zeit nach der Wiedererrichtung des
Tempels durch Toyotomi Hideyoshi unterhält er eine
Universität, in der Theologen ausgebildet werden.
Das moderne Universitätswesen Japans, das in der MeijiZeit entstand, ist sicher von Einflüssen aus der westlichen
Kultur geprägt, aber insbesondere der Hongwanji, der
Haupttempel der buddhistischen Jodo Shinshu reklamiert
für sich, die Triebfeder zur Errichtung dieses Systems
gewesen zu sein.
Der Vorgängertempel des Hongwanji wurde von den
Sohei des Enryakuji als Ketzertempel verbrannt. Der
moderne Hongwanji steht am gleichen Ort, an dem Kobo
Daishi seinen Honganji errichtet hatte. Das Einganstor des
modernen Tempels ziert das kaiserliche Wappen. Die
39
kaiserliche Familie blieb auch immer mit dem Enryakuji
eng verbunden.
Blick auf den Biwa-See vom einem Pavillon des
Enryakuji
Die Leistungen von Shinran und seinem Lehrer Honen
bestehen darin, originelle theologische Ideen
hervorgebracht zu haben, Sie haben auffallende
Ähnlichkeit mit den Ideen und Leistungen von Martin
Luther, sowohl theologisch als auch politisch.
Veranstaltungsort: Bürgerhaus Stuttgart – West, Sophie-Knosp-Saal
Bebelstrasse 22 , 70193 Stuttgart
(U und S – Bahn bis Schwabstrasse)
Vortrag: (gehalten am 25.4.2008 im Bürgerhaus Stuttgart
- West)
„Hinter dem Chrysanthemenvorhang“
40
(Dr. Eva-Maria Meyer, Universität Tübingen)
Japans Kaiserhaus auf dem Weg ins 21. Jahrhundert
Eine Familiengeschichte
Japans Kronprinzessin Masako erkrankte im Dezember
2003 so schwer, dass sie nicht an den traditionellen
Neujahrsfeierlichkeiten der Kaiserfamilie teilnehmen
konnte. Im Frühjahr 2004 zog sie sich für mehrere
Wochen vollkommen aus dem öffentlichen Leben zurück
und begab sich in ein Ferienhaus ihrer Familie in der
Präfektur Nagano, nur in Begleitung ihrer Tochter Aiko
und ihrer Mutter, die ihr den Haushalt führte. Im Laufe
des Jahres wurde deutlich, dass die Kronprinzessin an
einer schweren Depression litt, offiziell war von
Anpassungsschwierigkeiten die Rede, und Kronprinz
Naruhito erregte großes Aufsehen als er auf einer
Pressekonferenz erklärte, dass es in den zehn Jahren
seiner Ehe eine Reihe von Bewegungen gegeben habe,
welche die Karriere seiner Frau und die darauf basierende
Entwicklung ihrer Persönlichkeit behindert hätten. Mit
dieser, für japanische Verhältnisse ungewöhnlich
kritischen Aussage begann eine Diskussion über die Rolle
des Kaiserhauses im 21. Jahrhundert, deren Verlauf im
Vortrag nachgezeichnet und im historischen Kontext
erläutert werden soll.
日本の皇室21世紀への途上で。
皇室の出来事
2003年に日本の皇太子妃雅子様が病にかかられ例年の皇室の新春参賀
にも出席出来ないくらいでした。2004年春には何週間も公務を完全に
休まれ長野県にある皇室の別荘で家事の面倒をみる実母と娘の愛子さ
んと一緒に引きこもられました。月日が経つにつれて皇太子妃は重い
病に罹ってられることが明確になり公的には適応障害と言われるよう
になり皇太子浩宮(徳仁)が記者会見で、10年間の結婚生活の中で「
それまでの雅子のキャリアやそのことに基づいた人格を否定するよう
41
な動きがあったことも事実です」と表明された時一大センセーション
を巻き起こしました。この日本の事情から見れば異例で批判的な発言
でもって21世紀の皇室の役割について議論が始まり、講演でその経過
が辿られその歴史的な背景が説明されます。
Was berichtet die englischsprachige
Presse in Japan
über Deutschland ( vom 18.3. –
25.4.2008)?
(Anlässlich einer Japanreise von Gottfried W. Wollboldt
zusammengestellt)
(Allgemeine Bemerkung: Die englischsprachige Presse
enthält nicht die Übersetzung der entsprechenden
japanischen Zeitungsausgaben, sondern bedient die
Interessen der englisch sprechenden Käufer. Aber sie
bringt in Rubriken wie National, Asien & Pacific, World,
Meinungen, Kultur, Sport, usw. schon ein aktuelles Bild
der japanischen Weltsicht zum Ausdruck. Die beiden
auflagenstärksten Zeitungen in Japan sind die Yomiuri
und die Asai Shinbun. Erstere gilt als fortschrittlich
orientiert, letztere als konservativ. Beide Verlage geben
auch Zeitungen in englischer Sprache heraus.)
Di. 18.3.2008.
The Daily Yomiuri
Leitartikel: “Chinese troops to quash Tibet unrest.”;
“Dollar briefly hits ¥95 over credit fears”;
Deutschland betreffend: Auf Seite 6 Rubrik WORLD:
“Merkel stellt sich der Nazi, Holocaust –Historie;
Kanzler bekräftigt die deutsche „historische
Verantwortung” in einem 3 – Tage Besuch von Israel.“
(Die deutsche Bundeskanzlerin besucht Israel anlässlich
des 60. Jahrestages der Staatsgründung und bekräftigte am
42
Sonntag, zum Auftakt des Besuchs die deutsche
„historische Verantwortung“ gegenüber Israel. Selbst
sechs Dekaden nach dem Ende des 2. Weltkrieges ist der
Besuch einer deutschen Führungsperson in Israel eine
hoch emotionale Angelegenheit, weil noch 250 000 alte
Menschen als Opfer des Holocaust überleben. Die
Nachkriegsentwicklung wird geschildert, die nach
Reparationszahlungen und heftigen Widerständen erst
1965 zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen
zwischen beiden Staaten führte. Frau Merkel wird in
deutscher Sprache vor dem israelischem Parlament
sprechen, dem ein Abgeordneter deshalb fern bleiben
wird. Schon Johannes Rau hatte im Jahre 2000 vor den
Abgeordneten gesprochen. ).
Auf Seite 9, Rubrik BUSINESS: „Siemens gibt eine
Profitwarnung über €900 Mio für das laufende
Quartal aus“ (Die Ankündigung kam als Überraschung,
nachdem im Januar noch ein doppelt so hohes Wachstum
als das Wirtschaftswachstum prognostiziert worden war.
Siemens macht dafür negative Einflüsse verantwortlich,
die zu einer Neubewertung geführt haben. Der Artikel
erwähnt auch eine Bekanntmachung von Siemens aus
dem letzten Monat, wonach Siemens seinen
Telecombereich aufgeben wird und deshalb 3800
Arbeitsplätze ab baut. )
Weitere europäische Themen sind: Titelseite
„Sarkozy´s Verluste bei den Kommunalwahlen“; Seite 5:
„UNO- und NATO – Truppen stoßen im Kosovo mit
serbischen Protestlern zusammen“.
Fr. 21.3.2008
The Daily Yomiuri / Washington Post
Leitartikel: “Prime Minister ready to negotiate on road
taxes; may agree to widen use of Revenues”; “China
admits Tibet riots spread.”;”Bank of japan vacancy risks
fanning global financial fire”.
43
Deutschland betreffend: Auf Seite 12, Rubrik Künste:
“Pina Bausch takes on epic issues with massive
productions” (Pina Bausch wird in und um Tokio und in
Otsu (bei Kyoto) verschiedene Tanztheater aufführen (Le
Sacre du Printemps, Nelken, Palermo- Palermo,
Vollmond). Ihr Aufwand für die Ausstattung der Bühnen
ist ziemlich hoch. Es wird ein Überblick gegeben über die
geistigen Ursprünge ihrer Methode und darauf verwiesen,
dass Liebe ein vitales Thema für Bausch sei, sowie die
niemals endenden Konflikte zwischen Mann und Frau.)
The Asahi Shinbun/Herald Tribune
Leitartikel: “Gold and oil lure rattled investors, despite
risks”; „Suspense in Taiwan as race is tightening” (Die
Unruhen in Tibet wirken sich auf den Wahlkampf um die
Präsidentschaft in Taiwan aus).
Deutschland betreffend: Seite 2, „Trying to revive a
tarnished medal“ (Versuche, das Eiserne Kreuz zurück
zu bringen, stolpern über seine Verwendung durch die
Nazis. Die Bundeswehr hat keine Verdienstmedaille, doch
wegen des Afghanistan Einsatzes gibt es Bedarf für
Tapferkeitsauszeichnungen. Die Wiedereinführung des
Eisernen Kreuzes stößt auf Einwände, obwohl es wegen
der Freiheitskriege gegen Napoleon 1812 gestiftet wurde
aufgrund der vorausgehenden sozialen Reformen als
Ausdruck von Gedankengängen der Aufklärung.); „Danes
weary but resolute over cartoon fury“ (Die Geschichte
um die Mohamed-Karikaturen findet eine Fortsetzung,
weil Osama-bin-Laden ernsthafte Rache gegen die
Europäer angekündigt hat. Der Artikel beschreibt auch
den deutschen Anteil an der Angelegenheit, der anfangs in
der Absetzung einer Aufführung von Mozarts „Idomeneo“
bestand, aber inzwischen soll nach islamischer Ansicht
von Innenminister Schäuble eine Bemerkung gemacht
worden sein, die auch Deutschland ins Visier der
Drohungen rückt. Schäuble soll die Presse dazu animiert
haben, was er selbst bestreitet, aus Solidarität mit dem
44
Prinzip der freien Meinungsäußerung, die Karikaturen zu
veröffentlichen.); Rubrik „In unseren Seiten vor 100, 75
und 50 Jahren“: „1933 Hitler strebt nach der Macht“
(Hitler lässt am 21 März 1933 vom Reichstag das
Ermächtigungsgesetz verabschieden, das die Legislative
vom Parlament in das Kabinett überträgt. Das Kabinett
kann auch die Verfassung ändern, falls es das für
notwendig hält, um die angekündigten Reformen
durchzuführen. Die Ermächtigung ist zunächst bis zum 1.
April 1937 begrenzt.)
Sonntag 23.3.2008
The Daily Yomiuri
Leitartikel: „Wahlausgang in Taiwan“
Deutschland betreffend: Seite 25 Rubrik Sport
„McLarens penalized at Malaysians Grand Prix“
(Beim Qualifying wurden die Mc.Larenfahrer bestraft,
weil sie zu langsam gefahren sind und damit den BMWSauber Fahrer Nick Heidfeld und den Renault – Fahrer
behindert haben.) Vorrangige Themen waren der
Wahlkampf in USA; die Verhältnisse in Iraq nach 5
Jahren Krieg; die Unruhen in Tibet; die Wirtschaft in
Taiwan und die Präsidentschaftswahlen in Pakistan.
Mo. 24. 3. 2008
The Daily Yomiuri
Leitartikel: „Man held over stabbing 8“(Ein
Mordfall);“Ma won´t visit Chinain near future“(Die
Pläne des neu gewählten Präsidenten von Taiwan
bezüglich der Beziehungen zu China); “DoCoMo cell
phones to get simpler OS”.
Deutschland betreffend: Seite 6 Rubrik World „Pope
Easter message seeks peace“ (Der deutsche Papst hält
die Ostermesse in Rom. Im „Urbi et Orbi“ mahnt er zu
45
Toleranz und Gelassenheit und erwähnt speziell Dafur,
Somalia, das heilige Land, Irak, Libanon und Tibet.
Überraschend tauft er in einer Oster Vigil-Messe Magdi
Allam, einen prominenten Moslem-Kommentator, der als
Moslem geboren wurde und zum Christentum
konvertierte. Er ist als Kritiker des islamischen
Extremismus bekannt und als Sympathisant Israels und
steht in Italien unter Polizeischutz.).“Ferrari roars
back“(Im Grand Prix – Rennen in Sepang, Malaysia
siegte Ferrari)
Allgemeine Themen: Irak; Wahlkampf in USA; von USA
ausgehende weltweite Währungskrise, Ursachen und
mögliche Wirkungen.
Di. 25.3.2008
The Japan Times
Leitartikel: „Big business confidence at all-time low“;
„U.S: Iraq death toll reaches 4000“;”Suspect calls fatal
stabbings random”(Befragung des Mord-Verdächtigten
von Montag);”Tibet protests threaten to cast shadow
over Beijing Olympic flame ceremony”;”Family of
slain Lindsay Hawker in japan to spur manhunt” (Eine
englische Familie hält Pressekonferenz in Tokio, weil ihre
Tochter vor einem Jahr ermordet wurde. Der Name des
Mörders ist bekannt, die Polizei aber hat ihn noch nicht
gefasst.)
Deutschland betreffend: Seite 6 Rubrik World News
Briefs „Attack on tourist labeled `terrorism’“ (In
Amman wurde ein Jordanier als Terrorist verurteilt, weil
er einen Deutschen mit einen Messer angegriffen hatte.
Der Deutsche wurde verletzt. Die Motive des Jordaniers
sind noch unklar.); „Muslim who was baptized by pope
says life in danger” (Die Lebensgeschichte des
islamischen Islamkritikers wird geschildert. Er fühlt sich
wegen seiner zunächst milden Islamkritik unangemessen
angegriffen. Seine Konvertierung kam 2 Tage nach Bin
46
Ladens Anschuldigung des Papstes, ein neuer
Kreuzzügler zu sein. Kardinal Giovanni Re wird zitiert
mit: „Konvertierung ist Privatsache. Wir hoffen, dass die
Taufe vom Islam nicht negativ interpretiert wird“)
Do. 27.3.2008
The Daily Yomiuri
Leitartikel: „China: Partner, rival or threat?“ (Stellt die
Frage, wie man mit China umgehen soll, wo es
inzwischen zu groß geworden ist, um auf Druck von
außen reagieren zu müssen.); „Youth pushes man onto
railway line“ (Ein Verbrechen, das von einem
orientierungslosen Jugendlichen ausgeführt wurde.);
„High school textbooks to get more difficult from
2009“ (Eine Kommission hat festgestellt, dass die
vorherige Straffung der Lehrpläne nicht den gewünschten
Erfolg brachte. Das Ausbildungsniveau muss den
Anforderungen der Eintrittsexamen der Universitäten
angepasst werden.); „Tokyo pannel OK´s ¥40Miliarden
bailout for Shinginko“ (Der Gouverneur von Tokyo
hatte 2005 eine Staatsbank (Landesbank) mit
Zustimmung der Regierungsmehrheit gegründet. Die
Tokyoter Vereinigung der kleinen- und mittleren
Unternehmen hält die Bank für unnütz. Es wird vermutet,
dass sie dem Ausgleich von Verlusten bei
Kreditspekulationen durch Steuergelder Vorschub leistet.)
Deutschland betreffend: „China steps up to show Tibet
under control“ (China setzt mehr und mehr Gewalt ein,
um die Unruhen in Tibet unter Kontrolle zu bekommen.
Bisher haben die Vereinigten Staaten, Britannien und
Deutschland China wegen des Gewalteinsatzes verurteilt,
aber sie wollen nicht die Olympischen Spiele
boykottieren. Sarcozy erwägt die Eröffnungsfeier am 8.
Aug. zu boykottieren. Der U.S. Präsident hat verlauten
lassen, dass ihn die Unruhen in Tibet nicht davon
abhalten werden, die Spiele zu besuchen.)
47
Do. 29.3.2008
The Daily Yomiuri
Leitartikel: “Chinas aid buys clout in S.E. Asia” (Dritter
der am 27.3. angekündigten Artikel zur Politik Chinas.
Diesmal wird das Vorgehen Chinas in Hinterindien,
vorwiegend in Laos und Burma beschrieben. China
sichert sich Einfluss durch Investitionen in diesen
Ländern. 80% der Auslandsinvestitionen kommen aus
China.); „Court: Books dont`t defame WWII vets“ (Das
Landgericht Osaka hat den Nobelpreisträger Kenzaburo
Oe freigesprochen. Er wurde von 2 ehemaligen
Militärkommandanten in Okinawa angeklagt, weil er in
dem Buch Okinawa Noto behauptet hatte, in der Endphase
des 2. Weltkrieges habe das Militär der Zivilbevölkerung
befohlen, Selbstmord zu begehen. Das Gericht hielt die
These Oe´s für ausreichend untersucht und begründet,
dass vernünftige Zweifel daran auszuschließen seien.);
„All tax measures except those to roads to be
extended“(In Japan läuft Ende März ein Gesetz aus, das
die Besteuerung von Gas, Benzin usw. regelt. Der Fall ist
ein Thema, das täglich in den Medien vorkommt, weil in
der Bevölkerung viel Unklarheit damit verbunden ist. Die
Regierung ist sich uneinig darüber, ob die zusätzliche
Besteuerung von Treibstoff, etwa 0,16€ pro Liter bei
einem Gesamtpreis von etwa 1€ pro Liter, fortgesetzt
werden soll oder nicht.)
Deutschland betreffend: „Schubert fest to fill Golden
Week in Tokyo“ (Seit 2005 wird in Japan in der
Goldenen Woche (Anfang Mai) ein Musikfestival unter
der Bezeichnung Ein enthusiastischer Tag aufgeführt.
Dieses Jahr steht Schubert im Mittelpunkt. Es wird ein
Überblick über das Schaffen von Schubert gegeben und
die Zielsetzung des Festivals beschrieben, nämlich
48
klassische Musik einem breiten Publikum insbesondere
Kindern näher zu bringen. Es wird etwa 400
Aufführungen geben. Die Höhepunkte werden von
Orchestern aus Frankreich, Taiwan und Shanghai
vorgetragen. Neben japanischen Künstlern treten
international bekannte Virtuosen auf. Neben Werken von
Schubert werden auch andere klassische und moderne
Komponisten zu Gehör gebracht, worunter japanische
Namen häufig genannt werden.)
1.4.2008
The Asahi Shinbun
Leitartikel: „Little short-term relief seen in new
regulation; Moves by U.S. Treasury aimed at
future”;”Food looms as engine of profit – and protest;
China`s new appetites likly to spawn global politics of
scarcity”; “Olympic celebration amid Tibet concern”;
Amerikanischer Wahlkampf und Aktuelles aus Irak.
Deutschland betreffend: Seite 2 “Readying the way for
pope`s first U.S. Tour” (Erzbischof Pietro Sambi, der
päpstliche Topdiplomat in den USA bereitet den Besuch
des Papstes vom 15 – 20. April 2008 vor. Sambi sagt,
Papst Benedikt XVI sei als unversöhnlicher Mensch
missverstanden worden, man solle seine Reden nur
vollständig anhören und begreife dann, dass es ihm nicht
um Gesten ginge, sondern um durchdachte Worte. Solche
Situationen wie in Regensburg und Brasilien, wo aus dem
Zusammenhang gerissene Worte großes Aufsehen erregt
hätten, weil Muslime und Ureinwohner sie als
Beleidigung verstanden hätten, sollen vermieden werden.
Der Papst wird sich nicht in den Wahlkampf mischen,
aber er wird ernste Themen ansprechen: Armut, den Krieg
in Irak, Abtreibung, Euthanasie, Ehen zwischen
Homosexuellen, Umweltzerstörung und Immigranten. );
Rubrik „In our Pages 100, 75 and 50 Years ago“:
49
„1933:Nazis to lift boykott“ (Der Propagandaminister
Joseph Goebbels proklamiert am 31. März, dass am 1.
April der Anti-Judenboykott ausgesetzt werden soll. Er
soll aber einen Tag später wieder in Kraft gesetzt werden,
wenn jüdische Arbeitgeber bis dahin nicht eine Reihe von
Bedingungen erfüllt hätten u.a. nichtjüdischen
Arbeitnehmern erlaubt zu haben, um 15:00h anderntags
an einer Demonstration gegen den Boykott deutscher
Waren im Ausland teilzunehmen.).
Do. 3.4.2008
The Daily Yomiouri
Leitartikel: “U.S. sailor admits killing taxi driver”;
“New body to probe medical mishaps”; (Foto von einem
Braunbären, der an der Ostküste von Hokkaido auf einem
Felsen steht und ins Treibeis blickt. Zu früh im gewohnten
Ablauf der Jahreszeiten.).
Deutschland betreffend: Seite 1 unten: „Global poll:
Japan has most positive role in world affairs“ (Die
BBC hat eine diesbezügliche Umfrag in 34 Ländern
durchgeführt, die Youmiouri – Zeitung agierte dabei als
lokaler Partner. Der Einfluss von 13 Ländern und der EU
auf den Gebieten Politik, Wirtschaft und Sicherheit sollte
durch eine Meinungsumfrage ermittelt werden. Im
Ergebnis schnitten Japan und Deutschland am besten ab,
der Iran, vor Israel und Pakistan am schlechtesten.);
Nordkorea will ein Hotel in Berlin eröffnen.
(Nordkorea braucht Devisen und hat deshalb ein
Botschaftsgebäude in Berlin in ein Hotel umgewandelt.
Die Umbauarbeiten sind abgeschlossen, doch die
Betriebsgenehmigung der Stadtverwaltung steht noch aus,
weil Gebäudepläne für Notausgänge nicht rechtzeitig
eingereicht wurden.).
Fr. 4.4.2008
50
The Japan Times
Leitartikel: „Police arrest U.S. sailer in cabby slaying”;
“Mugabe’s party loses Parliament majority”;”NATO
pours cold water on Georgia. Ukraine bids to join
Western alliance”.
Deutschland betreffend: Seite 1: “Osaka theater to
screen ‘Yasukuni’” (Das 7. Kunst-Theater im Stadtteil
Yodogawa von Osaka hat angekündigt, dass es den Film
‚Yasukuni’ des chin. Regisseurs Li Ying zeigen wird,
trotz Protesten bestimmter Kreise und Rückziehern von
anderen Theatern. Der Dokumentarfilm wurde mit
Regierungsunterstüzung gedreht und gewann in auf dem
32. Filmfestival von Honkong die Auszeichnung „bester
Dokumentarfilm“. Der Film wurde auch in Berlin, den
U.S.A. und Süd Korea gezeigt. Konservative Kreise und
Befürworter von Meinungsfreiheit und Freiheit für
politische Aktivitäten liegen im Clinch miteinander.);
Seite 10 Rubrik BUSINESS:OVERSEAS „Porsche
queries London mayor’s pollution charge plan“
(Porsche hat bei einem britischen Obergericht Klage
erhoben gegen die Pläne des Bürgermeisters Ken
Livingstone, Autos mit schmutzigen Abgasen durch
starke Steuern zu belasten. Der Bürgermeister hat
geantwortet, die rechtlichen Schritte von Porsche dienen
nur der Firma selbst. Porsche täte besser daran, seine
Ingenieure zur Entwicklung schadstoffarmer Autos
einzusetzen und die Londoner demokratisch entscheiden
zu lassen, wie sie ihre Stadt vor Schäden bewahren
wollen.)
Mo. 7.4.2008
The Japan Times
Leitartikel: „Busch, Putin fail to resolve missile row“;
„Oscar-winner Heston dies at 84“.
Deutschland betreffend: Seite 1: „Donors agree to
cooperate on aid; G-8 considers rising food prices as
51
next major worry“ (Heidemarie Wieczorek-Zeul gibt das
Thema für das diesjährige G-8 Treffen an, das in
Hokkaido unter japanischer Leitung stattfinden wird. Der
Weltbank Präsident Robert B. Zoellik hat am 2. April eine
Rede gehalten, in der er darauf hinwies, dass die scharfen
weltweiten Preiserhöhungen bei Lebensmitteln das Risiko
in sich bergen, Unruhen in den sich entwickelnden
Ländern hervorzurufen. In einem anderen Artikel wird
darauf hingewiesen, dass Fukuda, der amtierende
Ministerpräsident, sich nicht so sehr um Außenpolitik
kümmern soll, sondern um die hausgemachten Probleme,
wegen deren Ignorierung bereits sein Vorgänger abdanken
musste. Eines der aktuellen Probleme ist das Auslaufen
einer Gesetzgebung am 31. März, die Kraftstoffe mit
Steuern belegt. Die Nachfolgeregelung kann erstens
frühestens am 1.5. in Kraft treten und zweitens sind die
Parteien uneinig, wie sie verfahren sollen. ). Rubrik Sport
Seite 19: „Ono quietly reviving career with Vfl
Bochum in Bundesliga“ (Ein Bericht über den
japanischen Fußballspieler Shinji Ono, der in Europa zu
Ansehen zu kommen sucht und z.Z. bei Vfl Bochum unter
Vertrag steht.)
Mo. 8. 4. 2008
The Daily Yomiuri
Leitartikel: „Shirakawa set on be OK’d as Bank of
Japan Chef“; “Olympic torch relay cut short in Paris”
Deutschland betreffend: Seite 4 Rubrik Leserbriefe:
„Xenophobic Japanese quick to point finger of guilt“
(Ein in Japan lebender Amerikaner beschwert sich
darüber, dass Kriminalfälle, die von amerikanischen
Soldaten in Japan begangen wurden, eine viel größere
Aufmerksamkeit in den Medien bekommen, als dem
Prozentanteil der Gesamtbevölkerung an Verbrechen
entspricht. Dabei erwähnt er auch einen Artikel in der
Ausgabe vom 2. oder 3. April auf der ersten Seite, in dem
52
nach einer von der Zeitung durchgeführten internationalen
Umfrage, Japan und Deutschland, diejenigen Länder
seien, die „die positivste Rolle in globalen
Angelegenheiten haben“.) Seite 21 Rubrik Sport „Soccer
Scoreboard“ (Der aktuelle Spielstand der wichtigsten
Fußball Ligen wird aufgelistet, auch der Bundesliga.).
Do. 10.4.2008
The Daily Yomiuri
Leitartikel: „Shirakawa appointed Bank of Japan
Governor“; “S.Koreas ruling party set to win
majority”
Deutschland betreffend: Seite 4 Rubrik Editorial „Dialog
the only cure for torch, Tibet unrest“ (Einige Länder,
darunter auch Deutschland haben schon angekündigt, dass
ihre Staatsoberhäupter von der Olympischen
Eröffnungsfeier fern bleiben werden. Japan will den
Besuch des chinesischen Präsidenten im nächsten Monat
zu Gesprächen nutzen und will dahin wirken, dass die
Spiele ein glänzender Erfolg werden.)
Sa. 12.4.2008
The Asahi Shinbun/ Interenational Herald Tribune
Leitartikel: “Priests are a force in Samsung inquiry”;
“Sadr City streets are proving ground”;”Ex.- chief of
Shanghai sentenced to 18 years”.
Deutschland betreffend: Seite 1 unten mit Photo: “A clue
in disappearance of ‘Little Prince’ author” (Horst
Lippert, Pilot im 2. Weltkrieg, nimmt an, Antoine de
Saint-Exupéry abgeschossen zu haben. Auf Seite 2 wird
in einem bebilderten Artikel begründet, weshalb er das
annimmt und dass er es bereut. ); Auf Seite 17 Rubrik
Kultur: „`Yasukuni’: Is it sword or plowshare in
Japan?“ (Nachdem schon mehrfach über den Film
berichtet wurde, der in Hongkong einen Preis gewann und
in Berlin Beachtung fand, kommt nun der Regisseur zu
Wort. Er ist gebürtiger Chinese und lebt seit 17 Jahren in
53
Japan. Er sei an Politik nicht interessiert. Er erzählt die
Geschichte vermittels der Erinnerung des letzten noch
lebenden Schwertschmiedes des Yasukuni-Schreins. Der
Yasukuni-Schrein und die Chinesen vertreten jeweils eine
andere Sicht auf die Dinge, die passiert sind, und
erwarten, dass die andere Seite auf ihre Sicht eingeht, was
sie offensichtlich nicht tut. Die Essenz des Yasukuni, dem
religiösen Monument, ist das Schwert. Gläubige des
Shinto nehmen an, dass eine Schwertklinge im Yasukuni
die Seelen von 2,5 Millionen gefallenen Soldaten enthält,
die seit dem Ende der Schogunatszeit (1868) ihr Leben für
das Vaterland und dessen Unabhängigkeit gegeben haben.
Die Chinesen sehen den Sino-Japanischen Krieg, der 1937
mit der Eroberung Nankings, der damaligen Hauptstadt,
begann und viele Opfer kostete, als besonders demütigend
an. Nanking und Yasukuni sind miteinander verbunden,
sagt der Regisseur Li Ying, der gerade dabei ist, einen
Film über Tibet zu drehen. In einem weiteren Artikel auf
Seite 21 wird berichtet, dass hinter den Kulissen
Ereignisse ablaufen, die öffentliche Vorführung des Films
zu verhindern, dass aber einige Kinos zugesagt haben, den
Film gegen alle Widerstände ab Juni 2008 vorzuführen.);
„Yamanaka´s stem cell lead thrown in doubt“ (Das
Forschungslabor Bayer Yakuhin Ltd aus Osaka, ein
Zweig der deutschen Bayer Werke, beansprucht, die
Erfindung früher als das Team der Universität Kyoto
gemacht zu haben und wirft damit patentrechtliche Fragen
auf.).
So. 20.4.2008
The Japan Times
Leitartikel: „Major polluters fail to set fixed targets;
Paris talks float idea of 50% carbon cuts by 2050“;“Four
(japanese) firms make list of top 25
innovators“;“Vietnam blasts into satellit age”(Start
54
eines Telekommunikationssatelliten von Courou aus. Der
Satellit wurde von Lockheed gebaut. Vietnam hat
Isolation überwunden und ist auf dem Weg
wirtschaftlichen Wachstums.).
Deutschland betreffend: „Pope preaches diplomacy at
U.N., warns of imbalance in global power“ (Die
Ansprache des deutschen Papstes vor der U.N., die dritte
eines Papstes überhaupt, war der Höhepunkt eines aktiven
Besuchstages in U.S.A. Der Pabst beklagte die
Unausgewogenheit der globalen Machtverteilung, die 10
Mächtigsten verhindern den Willen des machtlosen
Restes. Er nannte aber keine Namen, insbesondere
erwähnte er nicht die U.S.A. obwohl der Vatikan die
Invasion Iraks 2003 ablehnte und die BushAdministration dafür nicht die Zustimmung des
Sicherheitsrats bekam.); „’Yasukuni’ distributor looks
to Kochi“ (Der Film bewegt immer noch die Gemüter.
Nun hängt die Vorführung an dem 90 Jahre alten
Schwertschmied aus der Provinz Kochi, an dessen
Auftreten im Film sich die Geister scheiden. Angeblich
hat der chinesische Regisseur nicht die Worte
wiedergegeben, die der alte Mann bei der Aufnahme
gesagt hatte, doch die Aussage macht den Film aus.
Rechte Kreise sind im Hintergrund aktiv, um die
Vorführung zu verhindern. Sie sehen den WWII – Krieg
nicht als japanischen Angriffskrieg an, sondern zur
Wahrung der Unabhängigkeit.).
22.4.2008
The Daily Yomiuri / Chikago Tribune
Leitartikel: „Japan, S.Korea deepens ties; Fukuda and
Lee agree to cooperate on North Korean issues”; “Hitachi,
GE to cut nuclear plant ties with Toshiba”.
Deutschland betreffend: Seite 2 Rubrik Kurznachrichten:
“Merkel: U.S. climate plan unlikely to work.”
(Anläßlich eines Treffens mit dem früheren
55
Premierminister Shinzo Abe, der zur Koordination des G8
– Treffens in Japan die Kanzlerin besuchte. Bezug
genommen wird auf eine Ankündigung George W. Bush’s
von Mittwoch vorher.) Drei Artikel zum Abschluss des
Papst – Besuches in U.S.A. Seite 7 Rubrik
Weltnachrichten: „Pope caps U.S. trip with Yankee
Stadium Mass“ (Der Papst hat in einem populären
Sportstadium eine Messe gelesen und wurde von den New
Yorkern freundlich begrüßt.); Seite 14: „In prologue to
pope’s visit, a look to the past“ (Der Papst hat die Kirche
St. Joseph, Yorkville N.Y. besucht, weil es sich um eine
deutsche Gründung von 1873 handelte. In der Zeit des
Kulturkampfes unter der Reichskanzlerschaft Otto von
Bismarcks wurden jesuitische Priester aus Bayern
ausgewiesen, die in Amerika ihre Arbeit fortsetzten. Die
Gemeinde war eine vorwiegend deutsche. Heute leben
Menschen aus Porto Rico in der Gegend, die zeitweilig
von Stadtentwicklern bedrängt wurde, gegen die die
Priester die Interessen der Anwohner tatkräftig vertreten
haben. ); Seite: 16 „Ghostwriting for the pope“ (Der
Schreiber zählt alle die Gedanken auf, die der Papst hätte
verkünden sollen, wenn er seien Besuch zu einem
wirklich inspirierenden Ereignis gemacht hätte.).
Für Mitglieder und Freunde der DJG-BW eine
Meldung mit Photo auf Seite 3: „Der Izumo – Taisha
Großschrein in der Provinz Shimane ist seit 59 Jahren
erstmals wieder für die Öffentlichkeit zugänglich“ (Bis
Mittwoch und dann an einigen Tagen im Mai und August.
Besucher werden gebeten, sich würdig zu bekleiden. -Prof. Antoni hat uns den Shrein in seinem Vortrag nahe
gebracht. --).
25.4.2008
The Daily Yomiuri
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Leitartikel: „¥4bil. of books shoplifted a year“ (Klage
über Ladendiebstähle von Schülern, die kein
Unrechtsbewusstsein entwickelten); „Class hours contents
to increase in 2009“ (Für Schulen im Bereich
Schulpflicht werden die Lehrstoffe und Ausbildungszeiten
der Schüler erhöht.); „Doubling of autopsies urged for
unusual cases“ (Man befürchtet, dass Todesursachen
wegen Verbrechens unentdeckt bleiben.).
Deutschland betreffend: „Govt. urged to lead G-8
summit by example on emission targets” “ (Die
japanische Regierung wird von NGO-Leitern gedrängt,
beim G-8 Gipfel im Juli in Hokkaido auf die Festsetzung
mittelfristiger Emissionsgrenzen zu setzen. Die Forderung
der 126 japanischen und ausländischen NGO – Leiter
wurde anlässlich eines Treffens mit Regierungsvertretern,
einschließlich deutscher, von 7 der G-8 Staaten, plus EUVertretern, in Kyoto erhoben.);
Seite 9 Rubrik Marktbeobachtung: „Eurozone posts
€4.3Milia current account surplus“ ( Die europäische
Zentralbank in Frankfurt gibt diese Zahl für Feb. 2008
bekannt, nachdem im Januar ein Defizit von
€7,9Miliarden zu verzeichnen war. Current Account ist
die Bilanz aller Zahlungen von 15-EU-Staaten mit dem
Rest der Welt. ECB-Angaben werden jedoch häufig
korrigiert, so dass Vergleiche schwierig sind.);
„BMW’s contemporary art collide head-on at Mori“
(Es wird über eine Ausstellung „Transparent Speed:
BMW art Collection“ in der Mori Kunst Gallerie, Tokyo,
Roppongi berichtet. In den letzten 33 Jahren sind 15
BMW-Fahrzeuge von weltweit berühmten Künstlern
bemalt worden, z.B. von Roy Lichtenstein. Fünf dieser
Kunstwerke sind in der Ausstellung zu besichtigen).
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