Neuronen im Gespräch

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turmdersinne
Sinnes Organ
Neuronen im Gespräch
Sprache und Gehirn
Symposium turmdersinne 2006
Nürnberg, 22.–24. September
„Rico“ kennt die Namen von mehr als zweihundert Personen und Gegenständen und
kann sie richtig zuordnen. Er erkennt außerdem, dass ein unbekanntes Wort zu dem
einzigen unbekannten Gegenstand inmitten vertrauter Dinge gehören muss.
Am Samstag, 23. September,
führen Referenten aus verschiedenen Disziplinen in das breite
Forschungsfeld der Neurolinguistik ein. Von den neuronalen
Grundlagen für die Sprachenvielfalt über die Art und Weise, wie
das Gehirn Sprache produziert
bis hin zu Sprachstörungen reichen die Themen des Vormittags.
Sprachwissenschaftliche Vorträge, etwa über Lesen und Gebärdensprache, stehen am
Samstag Nachmittag auf dem
Programm. Im letzten wissenschaftlichen Vortrag des Tages
geht es um die Kommunikation
bei Tieren. Referentin ist Julia
Fischer, Professorin an der
Wir danken den Partnerunternehmen des turmdersinne:
Universität Göttingen und Leiterin der Forschungsgruppe „Kognitive Ethologie“ am Deutschen
Primatenzentrum, die 2002
durch ihre Forschungen über den
Border-Collie Rico bekannt geworden ist (vgl. Abb.).
Zum Ausklang des Tages bietet
das Programm am Abend den
strapazierten Neuronen ein
musikalisch-kabarettistisches
Augenzwinkern:
Entertainer
Bernhard Bentgens präsentiert
sein neues Programm „Sing im
Unsing“ – thematisch abgestimmt auf das Thema des
Symposiums. Fühl Vergnügen!
Am Sonntag, 24. September,
geht es zunächst um die sprachli-
Friederici
ambitmagazine.co.uk
Rundgang durch den turmdersinne
Teil 14: Die Umkehrperspektive . . . . 3
2/2006
Hinter den Kulissen:
Teil 12: Prof. Dr. Angela
Friederici . . . . . . . . 4
Rosenzweig
ie Sprache begleitet uns
Menschen durchs ganze
Leben. Aber macht sie unsere Art wirklich einzigartig, oder
können auch Tiere auf ähnliche
Weise kommunizieren? Was geschieht im Gehirn, wenn wir sprechen oder lesen? Wie lernen Kinder ihre Muttersprache? Und welche Therapien helfen Menschen,
die durch Hirnschäden ihre
Sprachfähigkeit verloren haben?
Das sind nur einige Fragen, auf
die Neurowissenschaftler und
Linguisten in den letzten Jahren
spannende Antworten gefunden
haben. Beim Symposium turmdersinne geben renommierte
Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen einen Überblick über den Stand der Forschung. Der turmdersinne veranstaltet das Symposium in Kooperation mit dem Leipziger MaxPlanck-Institut für Kognitionsund Neurowissenschaften (s.
Interview S. 4). Wie jedes Jahr ist
die interessierte Öffentlichkeit
herzlich eingeladen teilzunehmen.
Am Freitag, 22. September gibt
der prominente Sprachwissenschaftler Prof. Manfred Bierwisch
aus Berlin einen Überblick über
das Thema Sprache und Gehirn.
Bierwisch machte die strukturelle Linguistik in Deutschland bekannt und hat zu vielen Bereichen der Linguistik publiziert. Als
Standardwerk bekannt ist seine
„Grammatik des deutschen
Verbs“ (1963), der zweite Band
der Reihe „Studia Grammatica“.
10.000 Euro für den turmdersinne –
PwC-Stiftung stiftet großzügig . . . . . 2
wissenschaft.de
D
Photodisc
Symposium
turmdersinne ’06 . 1
Neuer Geist in
alten Mauern . . . . 2
Midissage mit
Dmitry Rakov . . . . 3
NeuroNews . . . . . 4
turmdersinne
Neues vom turmdersinne
Liebe
Leserinnen
und Leser,
das diesjährige Symposium zum Thema „Sprache
und Gehirn“ findet etwas früher
statt als gewohnt: 22.–24.
September 2006. Aus diesem
Grund endet der Frühbucherrabatt bereits am 31. Juli 2006.
Angela Friederici, Direktorin am
Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften musste ihre persönliche
Teilnahme zwar aus terminlichen Gründen leider wieder absagen, dennoch war sie als Mitorganisatorin am Zustandekommen des Programms erheblich beteiligt. Einige Referenten stammen aus ihrem renommierten Institut, dem
die
neurowissenschaftliche
Sprachforschung im deutschsprachigen Raum viele aktuelle
und spannende Erkenntnisse
verdankt. Ein Interview mit Frau
Friederici finden Sie auf Seite 4.
Bitte beachten Sie die Partnerunternehmen des turmdersinne und die Anzeigenpartner
in dieser Ausgabe! Sie alle stützen die Arbeit des turmdersinne und ermöglichen so das Erscheinen des SinnesOrgans,
Wie Sie das SinnesOrgan regelmäßig erhalten können, lesen
Sie auf Seite 2.
Rainer Rosenzweig
Wie Sie mit Ihrem Unternehmen Partner des turmdersinne werden können und davon profitieren, erfahren Sie auf
den turmdersinne-Webseiten unter „Museum – Partner&Sponsoren“ (www.turmdersinne.de/partner.html).
alexander
paulgrafik
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SinnesOrgan 2/2006
1
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che Entwicklung des Kindes und
um die Verarbeitung von Musik
im Gehirn, bevor in der abschließenden Podiumsdiskussion noch
einmal Forscher verschiedener
Disziplinen zu Wort kommen.
Ist Sprache ein Alleinstellungsmerkmal des Menschen? Ist sie
es, die uns Menschen vom Tier
unterscheidet? Die Moderation
übernimmt TV-Wissenschaftsjournalist Volker Arzt, der bereits
in den 70er Jahren an der Seite
von Hoimar von Ditfurth in der
populärwissenschaftlichen ZDFSendereihe „Querschnitte“ mitwirkte und danach als freier
Journalist unter anderem zahlreiche preisgekrönte Reportagen
und TV-Produktionen aus Wissenschaft und Technik, Umwelt
und Natur gestaltete.
Das Symposium turmdersinne
2006 findet vom 22.–24. Septem-
ber im Aufseß-Saal, Germ. Nationalmuseum Nürnberg statt. Programm und Anmeldung unter
www.turmdersinne.de oder Tel.
(09 11) 9 44 32-81, Fax: -69. € 5
Frühbucherrabatt bei Anmeldung
bis zum 31. Juli 2006, Förderer
des turmdersinne zahlen nur die
Hälfte der Teilnahmegebühr (Anmeldung jederzeit möglich).
Inge Hüsgen
10.000 Euro für den turmdersinne
D
ie Prüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC)
hat ihren neuen Standort im Wirtschaftsrathaus der Stadt Nürnberg
am 27. April eingeweiht. Seit über
zehn Jahren in Nürnberg präsent,
beschäftigt das Unternehmen insgesamt rund 40 Mitarbeiter, darunter Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte und Steuerberater. Zu den
Gästen der Eröffnungsfeier zählten
die Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium Dagmar
Wöhrl und der Wirtschaftsreferent
der Stadt Nürnberg Dr. Roland
Fleck. Im Rahmen der Veranstaltung übergab PwC-Vorstand Prof.
Dr. Norbert Winkeljohann im Na-
men der PwCStiftung
einen Spendenscheck in Höhe
von € 10.000
an den turmdersinne. Die
PwC-Stiftung
hat es sich zum
Ziel gesetzt, einen Beitrag zur
Förderung von T. Clemm (l., Text Director PwC) und T. Hartmann (r., StandBildung und ortpartner PwC) bei der Überreichung des Schecks an die
Kultur der nach- dankenden Repräsentanten des turmdersinne -Teams
w a c h s e n d e n R. Rosenzweig (Mitte l.) und R. Pausenberger (Mitte rechts).
Generationen
zu leisten. Seit ihrer Gründung im mit insgesamt über eineinhalb Mio.
Dezember 2002 hat sie fast 70 Euro unterstützt.
Kinder- und Jugendkulturinitiativen
Rainer Rosenzweig
Neuer Geist in alten Mauern
Das besondere Museum zum Be-greifen der Sinne
E
rleben, Staunen, Begreifen: Im interaktiven
Hands-on-Museum turmdersinne in Nürnberg, erleben
„Menschen ab 14 Jahren“ (und
darunter) die Leistungen der eigenen Wahrnehmung und dabei
auch deren Grenzen. Die „Wahrnehmung am eigenen Leib“ ist
dabei sowohl Inhalt als auch Methode. Durch das Staunen über
faszinierende Phänomene werden (natur-)wissenschaftliche
Fragestellungen aus Wahrnehmungsforschung, Psychologie
und Neurowissenschaften für
Besucherinnen und Besucher im
wahrsten Sinne be-greifbar gemacht. In ergänzenden Wechselausstellungen zeigen Maler und
2
SinnesOrgan 2/2006
Grafiker das künstlerische Potenzial von Wahrnehmungstäuschungen. Der turmdersinne befindet sich in einem historischen
Nürnberger Stadtmauerturm, nur
wenige Gehminuten vom historischen Stadtkern mit der weltbekannten Burg entfernt. Ein ideales Ziel für Betriebs- und Vereinsausflüge sowie Klassenfahrten –
Voranmeldung empfohlen!
Mit seinem jährlichen Symposium (vgl. S. 1) hat sich der turmdersinne als Anbieter von populärwissenschaftlichen Debatten
um aktuelle neurowissenschaftliche Themen einen Namen gemacht. 2004 sind die Beiträge
des Symposiums in Buchform erschienen („Freier Wille – frommer
Wunsch?“, mentis-Verlag, 2006,
€ 29,80), das Buch zum Symposium 2005 („Von Sinnen – Traum
und Trance, Rausch und Rage aus
Sicht der Hirnforschung“) erscheint im Herbst 2006.
Engagement braucht
Partner
Wenn Sie sich am Erfolg des
turmdersinne beteiligen möchten, informieren Sie sich bitte telefonisch unter (09 11) 9 44 32 81
oder online unter www.turmdersinne.de > „Förderkreis“ bzw.
> „Partner & Sponsoren“ über
die vielfältigen Angebote für Förderer des turmdersinne oder
Partnerunternehmen!
Rainer Rosenzweig
turmdersinne
PwC-Stiftung stiftet großzügig
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Er-Leben und Be-Greifen
ambitmagazine.co.uk/ruccs.rutgers.edu
Ein Rundgang durch das Erlebnis-Museum turmdersinne
E
ine Paradoxie ist für mich
wie eine Perle“, sagt der
englische Maler Patrick
Hughes. Seit Mitte der 60er-Jahre
macht er mit seinen Arbeiten das
Unmögliche erlebbar, schafft Bilder mit räumlicher Tiefenwirkung,
die scheinbar jede Bewegung des
Betrachters mitmachen.
Die Illusion ist als Umkehrperspektive bekannt. Zwar wirkt der
Malgrund flach, in Wahrheit erstreckt er sich aber in drei Dimensionen. Scheinbar nahe Bildelemente sind weiter entfernt,
während scheinbar entfernte
Elemente dem Betrachter näher
sind. Mit der Entwicklung der
Umkehrperspektive ist Hughes
eine künstlerische Pionierleistung mit hohem Unterhaltungswert gelungen: Das Anschauen macht „Spaß, wie es
Kunst selten vermag“, schwärmt
nicht nur Norman D. Cook, Professor an der japanischen Kansai
Universität, der zusammen mit
dem Züricher Lorenz Leumann
den wissenschaftlichen Hintergrund des Phänomens erforscht.
Cook war es auch, der nach einem Kontakt mit Geschäftsführer
Rainer Rosenzweig am Rande einer Wahrnehmungskonferenz
2002 in Glasgow, dem turmdersinne ein Exponat zur Verfügung
stellte.
Dieses Exponat zeigt eine historische Stadtansicht. Betrachtet man das Bild aus genügender
Entfernung und bewegt dabei
den Kopf senkrecht oder waagerecht zur Beobachtungsrichtung,
scheinen die Häuserschluchten
der Bewegung zu folgen. Erst aus
unmittelbarer Nähe betrachtet
gibt das Objekt sein Geheimnis
preis: Statt einer planen Fläche
haben wir es mit einem räumlichen Gebilde zu tun, bestehend
aus mehreren flachen Pyramidenstümpfen. Die Seitenflächen
erzeugen auf der Netzhaut die
Abbildungen von Trapezen, wie
sie auch bei perspektivisch verzerrten Rechtecken auftreten.
Aber das Motiv ist „tiefenverkehrt“ auf den Untergrund geklebt: Während die perspektivische Verzerrung die weiter entfernte Parallelseite der Rechtecke verkürzt, ist es bei unserem
Exponat genau umgekehrt. Die
Enden der Straßenschluchten,
d. h. die am weitesten entfernten
Elemente der dargestellten
Stadt, sind jeweils an den kurzen
Seiten und auf den Schnittflächen der Pyramidenstümpfe platziert. Sie liegen dem Betrachter
also am nächsten.
Die Umkehrperspektive konfrontiert das visuelle System mit
widersprüchlichen Informationen. Die Netzhaut meldet dem
Gehirn
(bottom-up-Prozess),
dass sich der Blickwinkel im Bild
verschiebt – allerdings genau in
die entgegengesetzte Richtung,
Midissage im Turm
S
eit Januar sind im turmdersinne Arbeiten des
russischen Illusionsgrafikers Dmitry Rakov zu sehen. Die
Sonderausstellung „Die Logik im
Unrealisierbaren“ mit Rakovs
Werken wird nun bis Mitte September verlängert. Am 28. Juli um
20 Uhr findet eine Midissage im
und um den turmdersinne herum
statt. Nach einem kurzen Einblick
in die kunstgeschichtlichen Hintergründe seines Schaffens ergreift der russische Künstler und
Ingenieur selbst das Wort und
weiht Sie in die spannenden Zusammenhänge seiner Illusionskunst ein. Bei einer anschließen-
als wir aufgrund unserer
Erfahrung mit
realen Perspektiven (topdown) erwarten würden.
Das wäre nur
dann möglich,
wenn sich das
betrachtete Bild bewegen würde.
Diese Bewegung des Bildes ist
dann auch das (illusionäre)
Wahrnehmungsergebnis.
Das Gehirn nämlich stellt keine
der beiden Arten von Informationsverarbeitung in Frage.
Schließlich hat es sich im Laufe
der Entwicklungsgeschichte bewährt, beide zu berücksichtigen,
weil sie einander in alltäglichen
Wahrnehmungssituationen beeinflussen. So hilft uns etwa die
Erfahrung, neue Sinneseindrücke
schneller zu beurteilen.
Für Norman Cook ist die Umkehrperspektive denn auch mehr
als nur eine originelle künstlerische Ausdrucksform. Er sieht
darin ein schönes Beispiel für ein
häufiges Reaktionsmuster auf
unvereinbare Informationen –
nicht nur visueller Natur: Wir
sprechen uns (hier: Augen und
Gehirn) vom Verdacht der
Täuschung frei, indem wir der
Außenwelt paradoxe, manchmal
sogar „magische“ Eigenschaften
zusprechen.
Inge Hüsgen
Literatur
Wade, N. J.; Hughes, P. (1999): Fooling the
eyes. Trompe l’oeil and reverse perspective.
Perception, 28, S. 1115–1119.
Cook, N. D.; Hayashi, T.; Amemiya. T., Suzuki,
K.; Leumann, L: (2002): Effects of visual-field
inversions on the reverse-perspective illusion.
Perception, 31(9), S. 1147–1153.
den
Führung durch
die Sonderausstellung
stellt sich der
Künstler Ihren
Fragen.
Teilnahme
nur
unter
Voranmeldung:
(09 11) 9 44 32-81 oder E-Mail:
[email protected].
Rakov
Teil 14: Die Umkehrperspektive
Claudia Gorr
SinnesOrgan 2/2006
3
Friederici
Hinter den Kulissen
Teil 12: Prof. Dr. Angela Friederici
ie Neurowissenschaftlerin und Linguistin leitet
den Fachbereich Neuropsychologie am Leipziger MaxPlanck-Institut für Neurowissenschaften und ist Mit-Organisatorin des Symposiums turmdersinne 2006.
nes Gespräches im Gehirn ablaufen.
Das Nachdenken über Sprache beginnt erst, wenn wir etwa
erleben, wie ein Kind sprechen
lernt oder wie ein Schlaganfallpatient sich Phonetik, Wortschatz und Grammatik neu erarbeiten muss. Dann aber ist auch
bei Laien das Interesse groß.
Das Symposium ist eine ideale
Gelegenheit für Wissenschaftler,
der breiten Öffentlichkeit aktuelle Forschungsergebnisse und
spannende Fachdiskussionen
allgemeinverständlich zu vermitteln.
Was macht für Sie als Direktorin eines renommierten Forschungsinstituts die Kooperation mit einer publikumsorientierten Einrichtung wie dem
turmdersinne attraktiv?
Sprache gehört zu den grundlegenden Elementen unseres sozialen Lebens. Sie ist so selbstverständlich, dass wir uns im
Alltag kaum Gedanken über die
komplexen Vorgänge machen,
die beispielsweise während ei-
Gibt es eine zentrale Grundfrage der neurowissenschaftlichen Linguistik?
Die wohl älteste und für unser
Selbstverständnis wichtigste
Diskussion kreist um die Frage,
inwieweit die Sprache den Menschen vom Tier unterscheidet.
Noch vor zehn Jahren hielt die
überwältigende Mehrheit der
Wissenschaftler die Sprache für
das „Alleinstellungsmerkmal“
des Menschen gegenüber dem
NeuroNews
sorin für Gesundheitswissenschaften an der Boston University. Damit bringen sie Licht in eine der ältesten Fragen der Hirnforschung. Im Gegensatz zu anderen Säugern hat der Mensch
eine stark gefurchte Hirnrinde
(Cortex). Diese platzsparende
Struktur bildete sich im Zuge der
Evolution heraus, als das Volumen des Cortex schneller wuchs
als der Schädel. Die Großhirnrinde steuert willentliche Bewegungen, verarbeitet Sinnesreize
D
Die Mechanik der
Hirnfaltung
D
ie Faltung von Primatengehirnen wird vor allem
durch mechanische Kräfte erzeugt. Zu diesem Ergebnis
kommen Claus Hilgetag, Professor für Neurowissenschaften an
der International University Bremen und Helen Barbas, Profes-
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Glauben Sie an Engel?
Wir nicht.
Humanistischer Verband Deutschlands
HVD-Nürnberg. Die Interessenvertretung
für Konfessionsfreie in Nürnberg.
Gesellschafter der turmdersinne gGmbH.
www.hvd-nuernberg.de
HVD Bundesverband: www.humanismus.de
4
SinnesOrgan 2/2006
Tierreich. Inzwischen aber, nach
unzähligen Versuchsreihen, haben wir diese Position revidiert.
Es dürfte wohl nicht die Sprache
als Ganzes sein, die uns gegenüber den Tieren auszeichnet,
denn einzelne Wörter und einfachste Sätze werden auch von
Menschenaffen erlernt und angewandt. Aber die Grammatik,
also das komplizierte „Regelwerk“ für die Bildung von Wortformen und ihre Funktionen im
Satz, hat sich offenbar nur beim
Menschen entwickelt.
Das Erlebnismuseum turmdersinne zeigt eine ganze
Reihe von Wahrnehmungstäuschungen. Gibt es solche
Illusionen auch bei der
Wahrnehmung von Sprache?
Unser Hauptinteresse gilt der
gesprochenen Sprache. Die Forschung hat herausgefunden,
dass beim Verstehen von Sprache die visuelle Domäne die auditorische beeinflusst. Dies
zeigt sich, wenn Menschen mit
unterschiedlichen Seh- und
Hörreizen konfrontiert werden.
und ist für komplexe kognitive
Prozesse wie Denken oder Sprechen zuständig. Prägend für den
Verlauf der Furchen ist die Faserspannung der Nervenverbindungen zwischen den Arealen der
Hirnoberfläche, wie Hilgetag und
Barbas herausgefunden haben.
Wenn sich im Laufe der embryonalen und frühkindlichen Entwicklung zwischen den Gehirnregionen viele Nervenfaser-Verbindungen bilden, werden die verbundenen Regionen zueinander
gezogen. Umgekehrt entstehen
Furchen in Hirnarealen mit weniger Nervenverbindungen und damit geringerer Faserspannung.
Mit der Faltung der Großhirnrinde werden die Weichen für die
weitere Gehirnentwicklung gestellt, so die Forscher. Denn die
Falten bestimmen, welchen Weg
die Nervenzellen bei ihrer vorgeburtlichen Wanderung in verschiedene Hirnregionen nehmen.
Je nach lokaler Faltung treffen sie
Bei unseren Experimenten zeigten wir den Versuchspersonen
beispielsweise ein Gesicht, das
einen bestimmten Laut ausspricht, ließen sie aber einen anderen Laut hören.
Selbst wenn der gehörte Laut
objektiv gleich blieb, wurde er
doch von den Probanden unterschiedlich interpretiert, je nachdem, welchen Laut das jeweils
gezeigte Gesicht aussprach.
Auf welchen Gebieten werden
die Forschungsergebnisse Ihrer
Disziplinen praktisch angewandt?
Unsere Arbeit berührt eine
ganze Reihe von Aspekten des
alltäglichen Lebens, aber auch
der politischen Diskussion. Denken wir nur an die Debatte, in
welchem Alter der Fremdsprachenunterricht bei Kindern beginnen soll. Oder an die acht
Prozent jedes Jahrgangs, die wegen Sprachentwicklungsstörungen besondere Förderung brauchen. Darüber hinaus helfen unsere Untersuchungen auch, beispielsweise erfolgreiche Methoden für das Fremdsprachenlernen bei Erwachsenen und für die
Rehabilitation von Schlaganfallopfern zu entwickeln.
Interview: Inge Hüsgen
auf unterschiedlich starken Reibungswiderstand. Deshalb sind
in den Hügeln und Furchen der
Großhirnrinde unterschiedlich
viele Zellen zu finden. Bereits seit
längerem ist bekannt, dass etwa
bei Schizophrenie und Autismus
Lage und Gestalt von Gehirnwindungen pathologisch verändert
sind. Aufgrund ihrer Forschungsergebnisse vermuten Hilgetag
und Barbas, dass dies auf Störungen während der Entwicklung
der Nervenverbindungen zurückzuführen ist.
PloS Computational Biology,
Volume 2, Issue 3, März 2006
Impressum
Redaktion: Inge Hüsgen; Barbara Rosenzweig,
Rainer Rosenzweig; Layout: Alexander Paul;
Herausgeber: turmdersinne gGmbH,
Spittlertorgraben 45, 90429 Nürnberg,
www.turmdersinne.de, [email protected],
Tel.: (09 11) 9 44 32-81, Fax: (09 11) 9 44 32-69;
Spendenkonto: 1681 291, BLZ 760 501 01,
Sparkasse Nürnberg.
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